Diskrete Strukturen. Dietmar Lammers. Vorlesung SoSe Wirklichkeit - Struktur - Abstraktion - Modell

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Transkript:

Diskrete Strukturen Dietmar Lammers Vorlesung SoSe 2011 Wirklichkeit - Struktur - Abstraktion - Modell Informatik und Mathematik sind nicht losgelöst von der Welt, Strukturwissenschaften Untersuchte Dinge sind so meist nicht handhabbar: abstrahieren Abstrahierte Objekte -> Modell des Problems. Modell -> Untersuchung der Struktur des Problems. Worum geht es bei DS? Diskret: einzelne, wohlunterscheidbare Objekte / Ereignisse, nicht stetige Prozesse Also: N ist diskret, R nicht. Probleme, die mit abzählbaren Mengen modellierbar sind Rechner: alle dort auftretenden Größen sind eigentlich endlich und diskret. Was werden wir behandeln? Grundlagen der Logik, Beweise Mengen, Relationen, Funktionen Grundlagen der Algebra Zählen und Kombinatorik Graphen Arithmetik und etwas Zahlentheorie Rekursionsgleichungen und Laufzeiten von Algorithmen... 1

1 Grundlagen: Objekte, Mengen, Aussagen, Beweise 1.1 Logik Logik Die Nacht war kalt und sternenklar, Da trieb im Meer bei Norderney Ein Suahelischnurrbarthaar. Die nächste Schiffsuhr wies auf drei. Mir scheint da mancherlei nicht klar, Man fragt doch, wenn man Logik hat, Was sucht ein Suahelihaar Denn nachts um drei am Kattegatt? (J. Ringelnatz) Was ist Logik? Formale Logik ist die Sprache der Mathematik und Informatik Eindeutige Sprache eindeutige und nachvollziehbare Schlüsse Formale Sprache formale (maschinelle) Beweise. Zweiwertige Prädikatenlogik Eine Aussage ist entweder wahr oder falsch: tertium non datur Aussagen setzen sich aus Teilaussagen zusammen. Ein (n-stelliges) Prädikat ist eine Aussage mit n Leerstellen: _ 1 ist-mächtiger-als _ 2 [ P(x,y) ] Quantoren binden Freistellen: x : P(x) bzw. x : P(x) Junktoren verknüpfen Aussagen: x P(y) Q(y) Wichtige Junktoren A B - A und B müssen gelten A B - A oder B muss gelten A B - Wenn A gilt,gilt auch B A B - A gilt genau dann, wenn auch B gilt Man kann die Werte der Relationen über Wahrheitstafeln genau festlegen. a b a b a b a b a b... w w w w w w w f f w f f f w f w w f f f f f w w Insgesamt gibt es 2 4 = 16 2-stellige Junktoren! (siehehttp://de.wikipedia.org/wiki/junktor#junktoren_der_klassischen_aussagenlogik) 2

Syntax und Semantik Eine Sprache hat eine Syntax und eine Semantik. In etwa ist die Syntax (Satzbau, Grammatik, Wörter) die Theorie, und die Sematik (Bedeutung, Interpretation) das Modell. Die Bedeutungsfunktion liefert den Zusammenhang. Ein Interessantes Beispiel dafür ist die Geometrie: Die Axiome bilden die Theorie, und je nach Parallelenaxion gibt es drei passende Modelle: euklidische, elliptische und hyperbolische G. (http://de.wikipedia.org/wiki/nichteuklidische_geometrie#grund Definitionen Definition 1. Eine Definition ist ein Vereinbarung über eine abkürzende Schreibweise für eine Reihe von Eigenschaften. Ein Begriff ist wohldefiniert, wenn das definierte Objekt existiert, und die Definition widerspruchsfrei ist. Wichtig ist auch die Überprüfbarkeit, d.h. das man beweisen kann, das ein Objekt tatsächlich diese Definition erfüllt, oder eben nicht. Beispiele für Definitionen Def: Eine Zahl n Z ist genau dann gerade, falls es eine Zahl k Z gibt mit der Eigenschaft n = 2 k (schlecht:) Eine Zahl w heisst Wurzel aus x, falls w 2 = x (schlecht:) Lecker := {m m ist sehr gutes Marmorkuchenrezept} Induktive Definitionen Interessant sind induktive (rekursive) Definitionen: Man gibt einzelne (initiale) Elemente an, und Konstruktionsregeln, wie man aus diesen zu neuen Elementen kommt. Oft kommt dann noch eine Eindeutigkeitsregel dazu, z.b. "kleinste Menge mit dieser Eigenschaft", etc. BSP Induktive Definition - Binärbaum Definition 2. Ein Binärbaum über einer Menge M ist ein Ausdruck B, der folgende Bedingungen erfüllt: 1. Für alle Elemente m aus M ist m ein Binärbaum. 2. Wenn a und b Binärbäume sind, so ist auch (a.b) ein Binärbaum. BSP Ind. Def. N - nach Peano Definition 3. Die Menge der natürlichen Zahlen - N 1. 0 N 2. n N existiert genau ein Nachfolger n N. 3. ( n N : 0 = n ) 4. n N : (n = m n = k ) m = k 5. Von allen Mengen X, welche die Zahl 0 und mit jeder natürlichen Zahl n auch deren Nachfolger enthalten, ist N die kleinste. (Quelle: wikipedia, 3/2009) 3

Was ist ein Satz / Theorem? Wichtigere Erkenntnisse, die nicht unmittelbar klar sind, formuliert man in Sätzen bzw. Theoremen. Der Aufbau ist dabei i.a. so, das aus Voraussetzungen (die ggf. auch implizit sein können) auf Folgerungen daraus geschlossen werden: A B bzw. A B verkürzt für (A B) (B A) Beispiele für Vermutungen / Sätze s Z s ist gerade s + 1 ist ungerade Für alle Primzahlen p ist die Wurzel aus p keine natürliche Zahl. (M c ) c = M sin 2 x + cos 2 x = 1 Beispiele für Vermutungen / Sätze Ausführlicher: s Z k : s = 2k ( m Z : (s + 1) = 2m) p N, p ist eine Primzahlen > ( p N) M : (x (M c ) c > x M) (x M > x (M c ) c ) xx R > (sin 2 x + cos 2 x = 1) Was ist ein Beweis? Streng: Eine formale Herleitung einer Aussage aus den Axiomen in einem formalen System Mindestens: Eine semiformale Herleitung einer Folgerung aus (allen) Voraussetzungen, bei denen alle Begriffe dem Leserkreis bekannt sind, die Einzelschritte für den Leserkreis gut nachvollziehbar sind und ggf. auch vollständig im formalen System formuliert werden könnten. Nicht: Eine schwammig begründete Meinungsäusserung oder ein Votum. Beweistechniken (1) Sei der Satz A B zu beweisen. Das kann man auf mehrere Arten machen. direkt/deduktiv: Man nimmt an, das A gilt, und leitet daraus mit gültigen (formalen) Schritten B ab. indirekt: Man nimmt an,das B nicht gilt, und folgert daraus, das dann auch A nicht gilt. durch Widerspruch: Man nimmt an, das gilt A B, und leitet daraus eine Widerspruch zu einer gültigen Aussage ab. auf den Schultern von Riesen... Bei allen Beweistechniken darf man übigens schon bewiesenes benutzen. Wenn es nicht zum Allgemeingut gehört, muss man dann allerdings angeben, woher der Beweise stammt (und man muss das auch finden können). Der Beweis geht i.a. dann ggf. so: zu zeigen: A->B bekannt: C->B man zeigt: A->C, und erhält A->C->B, also A->B. 4

Definitionen auflösen! Wenn Sie nicht so recht weiterkommen, wandeln Sie alle im Satz vorkommenden Begriffe in ihre Definitionen um. [HMU], Induktive Beweise Aussagen über induktiv definierte Strukturen kann man oft am besten auch induktiv beweisen. Der Beweis von Eigenschaften aller Elemente der Struktur geht dann folgendermassen: 1. Ich weise die Eigenschaft für die kleine Menge der benannten (initialen) Elemente nach - der Induktionsanfang (IA) 2. Ich weise für alle Konstruktionsregeln nach, das die Eigenschaft für das konstruierte Element gilt, wenn sie bereits für die zur Konstruktion verwendeten Elemente galt. - der Induktionsschritt (IS) Da alle Elemente so erzeugt werden, ist damit die Eigenschaft für alle Elemente der Struktur bewiesen. Beispiel: Induktionsbeweis Theorem 4 (fast der Fundamentalsatz der Artithmetik). Jede natürliche Zahl n > 1 lässt sich als Produkt von Primzahlen darstellen. Beweis. IA: Für n = 2 ist die Behauptung offenbar richtig. IV: Sei die Aussage nun für alle Zahlen, die kleiner als n sind, korrekt. IS: Für n haben wir zwei Möglichkeiten: 1. n ist eine Primzahl. Dann stimmt die Behauptung. 2. n = mk für zwei Zahlen m und k, die kleiner als n sind. Dann gilt die Induktionvoraussetzung für m und k, es gibt also Primzahlen p i mit m = p e1 1 pe2 2...pe l l und k = q f1 1 qf2 2...qeo o, und damit eine Darstellung n = p e1 1 pe2 2...pe l l qf1 1 qf2 2...qeo o Weiters BSP Satz; x N : x >= 4 2 x >= x 2 Beweis: IA: Sei x = 4, dann ist 2 x = 16 = 4 2 IV: Sei die Behautung richtig für ein festes x. Dann ist 2 x+1 = 2 2 x = 2 x + 2 x, und (x + 1) 2 = x 2 + 2x + 1 Wegen 2 x >= x 2 stimmt die Behauptung, wenn 2 x > 2x + 1. Das ist insbesondere dann richtig, wenn x 2 > 2x + 1, und das, wenn x > 2 + 1/x. Das ist für x >= 4 offenbar der Fall. Definition 5. Klammerausdrücke () ist ein Klammerausdruck. Ist K ein Klammerausdruck, so ist auch (K) ein Klammerausdruck Sind K und L Klammerausdrücke, so ist auch KL einer. Satz 6. Ein Klammerausdruck enthält immer gleich viel linke wie rechte Klammern. Beweis. Bew: Induktion über den Aufbau IA: () - ok. IV: sei für die Klameraudrücke A und B die Behauptung richtig. IS: Neue Klammerausdrücke entstehen auf zwei Wegen: - q.e.d Für (A) kommen ein ( und ein ) dazu, die Beh. bleibt richtig, und für AB komen keine Klammern hinzu, - 5

Wechselseitige Rekursion Interessant ist auch die Verknüpfung zweier (oder mehrerer) Aussagen A 1 (n) A 2 (n)... A k (n). und deren Beweis mit wechselseitiger oder parallele Induktion BSP Ein einfacher Schalter als endliche Automat: Start = a (aus), Eingabe d = Drücken, wechselt von a zu e = ein und von e zu a. Satz: sein n die Anzahl der Drückvorgänge, und S(n) der Zustand. Dann gilt T1: S(n)=a n gerade T2: S(n)=e n ungerade BSP-Beweis Beweis mit wechselseitiger Induktion. Wichtig ist, im IA wie im IS alle Fälle zu behandeln: IA: n=0 (T1, =>): Startzustand ist a, und 0 ist gerade. (T1, <=): 0 ist gerade, und nach 0x Drücke sind wir im Startzustand = a. (T2,=>): S(0) ist nicht e, insonfer ist die Hypothese nie erfüllt und die Aussage korrekt. (T2,<=): 0 ist nicht ungerade, insonfern ist die Hypothese nie erfüllt und die Aussage korrekt. IV: Sei nun der Satz für ein festes n erfüllt. IS: Was passiert dann bei n+1? - q.e.d. (T1,=>) S(n+1)=a -> S(n)=e -> n ungerade -> n+1 gerade (T1,<=) n+1 gerade -> n ungerade -> S(n)=e -> S(n+1)=a (T2,=>) dito (T2,<=) dito. Sätze zur Logik - Logik-Algebra Seien a,b und c logische Ausdrücke, dann gilt: 1) a = a Law of double complement 2) (a b) = a b, (a b) = a b DeMorgan s laws 3) a b = b a, a b = b a Commutative laws 4) a (b c) = (a b) c associative laws a (b c) = (a b) c 5) a (b c) = (a b) (a c) Distributive laws a (b c) = (a b) (a c) 6) a a = a, a a = a Idempotent laws 7) a f = a, a w = a Identity laws 8) a a = w, a a = f Inverse laws 9) a w = w, a f = f Domination laws 10) a (a b) = a, a (a b) = a absorption laws 6

Logik-Algebra - Beweise Diese Sätze kann man alle einfach beweisen. Hier ist es sogar besonders einfach, da die vorkommenden freien Ausdrücke nur zwei Werte annehmen können. Man kann für alle Wertkombinationen Wertetafeln der linken und rechten Seiten aufstellen und vergleichen. Stimmen die Werte überein, stimmt die Aussage, da andere Fälle nicht vorkommen können. Bsp: a (a b)=a Bew: a b a (a b) a w w w w w f w w f w f f f f f f Anwendung der Algebra Mit den oben gelisteten Regeln kann man viele Zusammenhänge einfach direkt beweisen, etwa den folgenden Satz: Theorem 7. Für zwei Aussagen A und B gilt (A B) = A B Beweis. (A B) = A B = A B Die erste Gleichheit gilt wegen der de Morganschen Regel, die zweite wegen des Gesetzes der doppelten Verneinung. 1.2 Mengen Wir haben Mengen ja nun schon benutzt, ohne im Grunde genau zu wissen was das ist. Der Mengenbegriff geht zurück auf Georg Kantor (1845-1918,http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Cantor) Da wir hier schon von einem formalen Umfeld ausgehen, fange ich hier mal mit dem Begriff Element an: Definition 8. Ein Element ist ein im vorliegenden formalen System benennbares Individum. Je zwei Elemente sind entweder gleich oder unterscheidbar. Definition 9. Eine Menge ist eine (möglicherweise leere) Ansammlung von unterscheidbaren Elementen. Die Zuordnung der Elemente zur Menge ist dabei eindeutig entscheidbar. Man schreibt x M genau dann, wenn x ein Element der Menge M ist. x / M genau dann, wenn x kein Element der Menge M ist. Darstellung von Mengen Wir verwenden hier die folgenden (üblichen) Darstellungen: Die Menge ohne Element, die leere Menge, wird mit oder {} bezeichnet Kleine endliche Mengen kann man durch Angabe ihrer Elemente in geschweiften Klammern, durch Komma getrennt, angeben, oder auch graphisch durch Umschliessen der Elemente mit einem geschlossenen Linienzug (z.b. {5,4,3}, {rot, blau, grün}) Durch ein (im aktuellen Zusammenhang eindeutiges) Schema bzw. eine Bildungsregel (z.b. {2,4,6,8,...}, {1,1/2,1/3,1/4,...,1/200}) Durch Angabe eine Eigenschaft P der Elemente der Menge in der Form {x P(x)} (z.b. {n n > 3}, {n N n > 5}) Example 10. Sind im grundlegenden System Ziffern und Grossbuchstaben Bezeichner, so ist 7

{1, 2, 3, B} eine Menge {2, 2, 5, B, A} keine Menge Die Sammlung der besten Marmorkuchenrezepte keine Menge Man findet die interessanterweise genau die gleichen Gesetze der Logik-Algebra Gesetze bei Mengen, wenn man 1. durch, 2. durch, 3. durch, 4. f durch und 5. w durch das Universum U ersetzt: Mengenalgebra 1) A = A Law of double complement 2) A B = A B, A B = A B DeMorgan s laws 3) A B = B A, A B = B A Commutative laws 4) A (B C) = (A B) C Associative laws A (B C) = (A B) C 5) A (B C) = (A B) (A C) Distributive laws A (B C) = (A B) (A C) 6) A A = A, A A = A Idempotent laws 7) A = A, A U = A Identity laws 8) A A = U, A A = Inverse laws 9) A U = U, A = Domination laws 10) A (A B) = A, A (A B) = A Absorption laws Logik/Mengen-Algebra - Beweise Diese Aussagen kann man kanonisch beweisen, indem man zeigt 1) x : x linke Seite => x rechte Seite, und 2) x : x rechte Seite => x linke Seite Man kann die Aussagen über Mengen aber auch verifizieren, indem man den Wert der Zugehörigkeitsfunktion χ M betrachtet. Das erklärt auch den eigentlich ja zunächst erstaunlichen Zusammenhang der Aussagen: Definition 11. Für jede Menge M sei die Zugehörigkeitsfunktion χ M definiert durch { 1 falls x M χ M (x) := 0 falls x / M Damit geht der Beweise der analogen Mengenregel zur oben bewiesenen Logikregel folgendermassen: Satz: A (A B) = A Bew: Für alle möglichen x gibt es nur die folgenden Möglichkeiten: χ A (x) χ B (x) χ A (A B) χ A (x) 1 1 1 1 1 0 1 1 0 1 0 0 0 0 0 0 Wie man sieht, sind die sich ergebenden Werte für χ A (A B) und χ A (x) immer gleich, deswegen müssen auch die Mengen gleich sein. - q.e.d. 8

Henne und Ei... ist eine Menge ohne Elemente, und existiert, { } ist eine Menge mit einem Element, und existiert, {, { }} ist eine Menge mit zwei Elementen, und existiert, {, { }, {, { }}} ist eine Menge mit drei Elementen, und existiert,... Auch so kann man die natürlichen Zahlen definieren! Definition 12 (Mächtigkeit). Sei A eine Menge, dann bezeichnet A die Anzahl der Elemente von A (Mächtigkeit von A) Beziehungen zwischen Mengen - Struktur Definition 13. Seien A und B Mengen. Dann definieren wir A = B (A ist gleich B) genau dann, wenn alle Elemente a A auch in B enthalten sind, und alle Elemente b B auch in A enthalten sind. Formal: x(x A x B) A B (A ist Teilmenge von B) genau dann, wenn alle Elemente a A auch in B enthalten sind. Formal: x(x A x B) A ist echte Teilmenge von B genau dann, wenn A B, und A nicht gleich B ist. Formal: x(x A x B) (A = B) Definition 14. Zwei Mengen A und B mit A B = nennt man disjunkt. Potenzmenge Definition 15. Sei A eine Menge, dann ist 2 A die Menge aller Teilmengen (Potenzmenge) von A Formal: Insbesondere gilt 2 A und A 2 A. 2 A := {S S A} Theorem 16. Sei A eine endliche Menge, dann ist 2 A = 2 A Beweis. (durch Induktion nach der Anzahl der Elemente) Sei OBdA A n = {a 1,...,a n }, habe also n Elemente IA: Für die leere Menge ist n = 0 und es gilt die Behauptung, da 2 = { } und 2 0 = 1 = { } IV: 2 An 1 = 2 n 1 IS: Die Mengen der Teilmengen von A n zerlegen sich in die Teilmengen ohne a n, also aus {a 0,...,a n 1 } (also nach IV 2 n 1 Mengen) plus den Teilmengen von {a 0,...,a n 1 }, zu denen man jeweils a n dazu nimmt, also nach IV noch mal 2 n 1, zusammen also 2 n 1 + 2 n 1 = 2 2 n 1 = 2 n Mengenbaukasten Definition 17. Aus vorhandenen Mengen kann man nun neue Mengen bauen, indem man je zwei oder mehr geeignet verknüpft. Wir definieren: A B := {x x A x B} die Vereinigung von A und B A B := {x x A x B} die Schnittmenge von A und B, 9

A B := A\B := {x x A x / B} die Differenz von A und B, A ohne B A B := (A\B) (B\A) die symmetrische Differenz von A und B A B := {(a,b) a A b B} das Kreuzprodukt von A und B A 1 A 2... A n := {(a 1, a 2,...,a n ) a i A i, i {1,...,n}} A c := A := {x x / A} Das Komplement von A (bzgl. eines Unversums U) BSP Später beim Zählen von Möglichkeiten werden wir folgendes Theorem noch benutzen: Theorem 18 (Produktregel). Seien für ein n N A 1,...,A n endliche Mengen, mit den Mächtigkeiten A 1 = k 1,..., A n = k n. Dann ist A 1 A 2... A n = k 1 k 2... k n. Beweis. (Induktion nach n und k n ) IA n=1: - A 1 = k 1 = 1 k 1 k i. Sei die Behauptung für festes n 1 beweisen. (n-1)->n: IS: (Ind. nach k n :) IA: k n = 1, sei dann A n = {b}, dann folgt A 1... A n = {(a 1,...,a n 1, b) a i A i fr i = 1,...,n 1} hat also, da das a immer fest ist, genau so viel Elemente wie A 1... A n 1 : A 1... A n = A 1... A n 1 1 = k 1... k n IS: Sei die Beh. nun für festes k n korrekt. Wir betrachten nun den Schritt k n > k n + 1: Für den Fall sei A n = {b 1, b 2,...,b kn, c} Man kann die Menge A 1 A 2... A n nun in zwei disjunkte Mengen teilen: Die Menge der Tupel, deren letzes Element das c ist (nennen wir sie C), und die anderern, nennen wir sie B. Für B gilt unserer Induktionsvoraussetzung, für C die Betrachtungen aus dem aktuellen Induktionsanfang, also zusammen A 1... A n = B + C = k 1... k n 1 k n + k 1...k n 1 1 = k 1... k n 1 (k n + 1) 1.2.1 Relationen und Funktionen Relationen Definition 19. Seien A und B, und für n N seien A 1, A 2,...A n Mengen 1. Eine Teilmenge R A B heißt (binäre) Relation von A und B. Für zwei Elemente a A, b B schreibt man statt (a,b) R meist kurz: arb Ist A = B, spricht man auch von einer Relation auf A. 2. Eine Teilmenge R A 1 A 2...A n heißt (n-stellige) Relation über A 1,...,A n. Beispiele Für geordnete Zahlenmengen sind =, <,,... beliebte Beispiele von Relationen - so geläufig, das man sie meist gar nicht als Teilmengen sieht: 3 < 4 wird meist nicht interpretiert als (3,4) <, < (N N) Für Wörter über einem Alphabet kann man z.b. die nützliche Relation ist Anfangswort von definieren. Verwandschaftsbeziehungen bei Menschen sind Relationen - ist Tante von, ist Elternteil von, ist Kind von,... Relationale Datenbanken bestehen im wesentlichen aus mehrstelligen Relationen, die den Zusammenhang der Daten herstellen. Sie sind in Tabellen geordnet, die wesentlichen Operationen sind: project: Wähle Teilspalten einer Tabelle select: Wähle aus einer Tabelle die Einträge, die angegebenen Bedingungen genügen, und join: verknüpft Werte anhand von korrespondierenden Werten 10

Darstellung Binäre Relationen auf kleinen Mengen kann auch als Matrix darstellen: R {o 0,...,o m } {p 0,...,p n } { R 1 falls (oi, p = (r ij ) i=0,...,m j=0,...,n mit r ij = j ) R 0 sonst Eigenschaften von Relationen Definition 20. Eine Relation R über M M heißt genau dann 1. symmetrisch, wenn a,b : arb bra 2. antisymmetrisch, wenn a,b : (arb bra) a = b 3. transitiv, wenn a,b,c : (arb brc) arc 4. reflexiv, wenn a M : ara 5. Aequivalenzrelation, wenn sie reflexiv, transitiv und symmetrisch ist. 6. partielle Ordnung oder Halbordnung, wenn sie reflexiv, transitiv und antisymmetrisch Ordnungen, also Ordnungsrelationen, gibt es noch viele mehr, die man definieren kann. Es gibt z.b. Striktordnung, Totalordnung, Wohlquasiordnung,... Schon der Basisbegriff Ordnung wird nicht ganz einheitlich verwendet, insofern sollte man sich bei Benutzung des Begriffs immer versichern, worüber man aktuell redet. Hasse-Diagramme Bei einer Halbordnung R spricht man bei arb auch von a als Vorgänger von b, gibt es kein Zwischenelement z mit arz und zrb auch von a als direktem Vorgänger von b. Halbordnungen kann man so in Hasse-Diagrammen aufzeichnen. Knoten sind dabei die Elemente der Menge, ein direkter Vorgänger wird unter seinen Nachfolger geschrieben, und beide mit einer Kante verbunden. Aequivalenzklassen Definition 21. Für eine Aequivalenzrelation A auf einer Menge M heisst für jedes x M die Menge definiert durch Equiv(x,A) := {y M (x,y) A} die Aequivalenzklasse von x (bzg. A). Für jede Aequivalenzrelation bilden die (diskunkten) Aequivalenzklassen eine Partition der Ausgangsmenge, d.h. die Vereinigung aller Aequivalenzklassen einer Aequivalenzrelation ergibt die Gesamtmenge: Theorem 22. Aequivalenzklassen sind gleich oder haben einen leeren Schnitt Beweis. Sei X := Equiv(x,A) und Y := Equiv(y, A) Wenn X Y = ist der Satz erfüllt. Es gebe also nun ein w X Y, und sei z X beliebig, Dann gilt xaz zax xaw zaw, weiter yaw way, zusammen zay, also z Y und damit X Y. Analog folgert man Y X, zusammen X = Y. Beispiel 23. Sei für Z die Relation = 5 definiert durch a = 5 b k N 0 : b = k 5 + a = 5 ist eine Aequivalenzrelation, und es gilt Z = Equiv(0,= 5 ) Equiv(1,= 5 )... Equiv(4,= 5 ) 11

Transitiv-reflexive Hülle Definition 24. Sei R M M eine Relation. Dann ist die transitiv-reflexive Hülle R von R definiert als die kleinste Menge mit folgenden Eigenschaften: 1. a M : (a,a) R 2. R R 3. a,b,c : ((a,b) R (b, c) R ) (a,c) R Statt von trans.-ref. Hülle spricht man auch von transitiv-reflexiver Fortsetzung. Für a,b R gilt dann entweder a = b, oder n, a 1,...,a n : a = a 1, a 1 Ra 2, a 2 Ra 3,...,a n 1 Ra n = b transitiv kann man auch mechanisch als transitionsschritt interpretieren, z.b. bei der Interpretation von Programmen, oder bei der Syntaxanalyse im Übersetzungsprozess im Compilerbau. Definition 25. Eine Relation R über A B heißt linkstotal, wenn gilt: a A b B : arb rechtsstotal, wenn gilt: b B a A : arb linkseindeutig, wenn gilt: a,b,c : (arb crb) a = c rechtseindeutig, wenn gilt: a,b,c : (arb arc) b = c Funktionen Definition 26. B. 1. Eine rechtseindeutige Relation f A B heißt partielle Funktion oder Abbildung von A nach 2. Eine linkstotale partielle Funktion (also rechtseindeutige Relation) f A B heißt (totale) Funktion von A nach B. 3. Statt (a,b) f A B schreibt man bei Funktionen üblicherweise f : A B, b = f(a) oder a f(a) bzw. a b Funktionen sind also linkstotale und rechtseindeutige Relationen. Definition 27. 1. Eine rechtstotale Funktion heißt surjektive Funktion oder Surjektion 2. Eine linkseindeutige Funktion heißt injektive Funktion oder Injektion 3. Eine surjektive und injektive Funktion heißt bijektive Funktion oder auch Bijektion. Definition 28. 1. Zu f : N M ist f(n) := {m M n N : m = f(n)} das Bild von N unter f, und f 1 (M) := {n N f(n) M} das Urbild von M bzgl. f. 2. Zu f : N M ist für alle m M f 1 (m) := {n N f(n) = m} das Urbild von m unter f. 3. Bei injektiven Funktionen ist das Urbild eindeutig, man identifiziert das eine Element dann mit der Menge und spricht bei f 1 von Umkehrfunktion. 12

Bijektive Funktionen Mengen M,N mit einer bijektiven Abbildung f : M N sind in gewisser Weise gleich, man kann sie elementweise miteinander identifizieren, und Strukturen der einen Seite auf die anderer übertragen. Definition 29. Zwei Mengen M, N sind gleich mächtig (haben gleiche Kardinalität), in Zeichen M = N, wenn es eine Bijektion zwischen ihnen gibt. Theorem 30. Es gibt keine bijektive Abbildung zwischen einer Menge M und ihrer Potenzmenge 2 M. Beweis. Angenommen f : M > 2 M wäre so eine Bijektive Abbildung, und sei C := {y M y / f(y)} Es ist sicher C 2 M. Dann hat C unter f ein Urbild x := f 1 (C) in M. x kann nun entweder in C liegen. oder nicht. Wir können also zwei Fälle annehmen: 1. Wenn x C, dann ist x / f(x) = C - Widerspruch! 2. Ist anderernfalls x / C, dann ist x f(x) = C - Widerspruch! 1.2.2 Unendliche Mengen Unendliche Mengen Es gilt N =, Q =, R = und Z =... Aber: Ist R = N? Es gibt offenbar unterschiedliche Unendlichkeiten. Das folgt auch schon aus dem Satz, das es keine Bijektion zwischen einer Menge und ihrer Potenzmenge gibt. Tatsächlich gilt z.b. N = Z = {n 2 n N} =...(=: ℵ 0 ). Theorem 31. N = Q Beweis. (Cantors 1. Diagonalargument) Man schreibt alle möglichen Brüche auf, indem man mit 1/1 bginnend horizontal immer dem Zähler um 1 erhöht, vertikal den Nenner. Das Schema kann man diagonal abzählen, und indem man kürzbare Brüche auslässt, erhält man eine Bijektion: (Grafik aus Wikipedia, 4/2011) Aber es gilt eben N R (=: ℵ) - die überabzählbar unendlichen Mengen Genauer gilt sogar: Theorem 32. Das offene Einheitsintervall der reellen Zahlen [0,1( ist überabzählbar 13

Beweis. (Cantors 2. Diagonalargument) Angenommen, das Intervall [0,1( sei abzählbar. Dann ich alle Elemete in einer Folge z 1 = 0, a 11 a 12 a 13 a 14... z 2 = 0, a 21 a 22 a 23 a 24... z 3 = 0, a 31 a 32 a 33 a 34... z 4 = 0, a 41...... in der üblichen Dezimaldarstellung aufzählen. Wir konstruieren nun eine neue Zahl x = 0, x 1 x 2 x 3... aus den Diagonalelementen, und zwar so: Für i = { 1,2,... ist 4 falls aii = 5, x i := 5 sonst Dann ist unsere konstruierte Zahl x offenbar im Intervall [0,1( enthalten, aber nicht in der Folge z 1, z 2,..., denn sonst wäre ja für einen Index j der Wert x j = a jj, und das ist per Konstruktion ja nicht der Fall. Wir haben also einen Widerspruch zur Annahme erhalten, und bewiesen, das [0,1( überabzählbar ist. Cantors Kontinuumshypothese Theorem 33. Es gibt keine Menge, deren Mächtigkeit zwischen der Mächtigkeit der natürlichen Zahlen und der Mächtigkeit der reellen Zahlen liegt. Diese These ist das 1. Problem auf David Hilberts Liste der 23 wichtigsten ungelösten Probleme von 1900. (http://de.wikipedia.org/wiki/david_hilbert) Inzwischen ist klar, das sie unter ZFC nicht beweisbar ist, d.h. sowohl die Annahme der Kontinuumshypothese wie auch deren Verneinung führen im üblichen Axiomensystem der Mathematik nicht zu Widersprüchen. Berechenbarkeit - Das Wortproblem Welche Probleme können überhaupt gelöst werden? Man kann alle Probleme so medellieren: Die Probleme sind (universelle) Maschinen, die Lösungen sind Eingaben dazu. Man redet dann statt von korrekten Lösungen auch von (Wörtern der) Sprache, die die Maschinen akzeptieren: Lösungen L := {l l löst das Problem P }. Wenn man eine effiziente Maschine angeben kann, die entscheiden kann, ob eine Lösung zu L gehört, ist das Problem entscheidbar. 1.3 Algebraische Grundlagen Algebra Wir finden bzw. erschaffen Struktur auf dem, was wir bislang definiert haben: Eine Algebra ist etwas, womit man rechnen kann. Algebraische Zahlen sind die Nullstellen algebraischen Gleichungen, Logik kann man in der booleschen Algebra rechnen. Definition 34. Eine (universelle) Algebra ist ein Tupel A = (S, f 1,...f n ) aus einer Trägermenge S und n Operationen f 1,...,f n. Eine (m-stellige) Operation f ist dabei eine Funktion f : S m S. Man beachte, das die Operationen abgeschlossen sind! Nullstellige Operationen sind Konstanten. Beispiele: (N, max,min) ist eine Algebra mit zwei zweistelligen Operationen. Zeichenketten über einem Alphabet mit der Operation aneianderhängen ((Σ, concat)) ist eine Algebra ({w, f},,, ) ist eine boolesche Algebra 14

Algebra - Neutrales und Nullelement Definition 35. Gibt es in einer Algebra (S, ) mit binärer Operation 1. ein r S mit x S : x r = x, nennt man r rechtneutrales Element 2. ein l S mit x S : l x = x, nennt man l linksneutrales Element Theorem 36. Gibt es in einer Algebra (S, ) ein rechtsneutrales Element r und ein linksneutrales Element l, so gilt r = l Beweis. l = l r = r Man spricht in Analogie zur Multiplikation dann auch von Einselement und schreibt 1 oder e. Algebra - Inverses und Nullelement Definition 37. In einer Algebra (S, ) heißt für ein Element x ein Element y mit y x = e Linksinverses zu x. (Rechtsinverses, Inverses entsprechend) Definition 38. In einer Algebra (S, ) heißt ein Element mit x S : 0 x = 0 linkes Nullelement. (rechtes Nullelement, Nullelement entsprechend) Homomorphismus Definition 39. Die Signatur einer Algebra (S, f 1,...,f n ) ist die Liste der Stelligkeiten der Operationen f 1,...,f n Definition 40. Für zwei Algebren (S, f 1,...,f k ) und (M,g 1,...,g k ) mit gleicher Signatur heißt eine Abbildung h : S M (Algebra-)Homomorphismus, wenn für i = 1,...k und alle s l S gilt g i (h(s 1 ),...,h(s n )) = h(f i (s 1,...,s n )), also h f i = g i h. Isomorphismus Definition 41. Ist mit den Benennungen der letzen Definition h bijektiv, so nennt man h einen Algebra-Isomorphismus und die beiden Algebren isomorph. Beispiel 42. 1. Die boolesche Algebra ({t, f},,, ) ist isomorph zur Algebra ({1,0}, max,min, m 1 ) mit der Operation m 1 (x) = 1 x, mit h(t) := 1, h(f) := 0. 2. ({t, f},,, ) ist auch isomorph zur Algebra ({U, },,, c ) für eine beliebige nichtleere Menge U, mit h(t) := U, h(f) := Assoziativ Hat man einen geeigneten Isomorphismus gefunden, kann man Probleme sehr schön in andere Bereiche verlagern, um sie dort zu lösen - die schnelle Fouriertransformation FFT ist dafür ein konkretes Beispiel. Definition 43. In einer Algebra (S, ) mit eine binären Verküpfung nennt man diese assoziativ, wenn gilt a,b,c : a (b c) = (a b) c. Theorem 44. Gibt es ein einer Algebra (S, ) mit assoziativer Operation zur einem a S ein Rechtsinverses l und ein Linksinverses r, so gilt l = r. Insbesondere ist das Inverse eindeutig bestimmt. Beweis. l = l e = l (a r) = (l a) r = e r = r 15

Halbgruppe,Monoid,abelsch Definition 45. 1. Eine Algebra mit assoziativem binärem Operator heißt Halbgruppe 2. Eine Halbgruppe mit neutralem Element nennt man Monoid 3. Ein Monoid, bei dem für jedes Element ein Inverses existiert, heißt Gruppe 4. Eine Gruppe (ein Monoid, eine Halbgruppe) (S, ) nennt man abelsch, wenn gilt a,b S : a b = b a. Boolesche Algebra Definition 46. Eine Algebra (B,,, ) mit den binären Operationen und und der unären Operation nennt man boolesche Algebra, wenn gilt: 1. (B, ) ist ein ablesches Monoid mit neutralem El. 0, 2. (B, ) ist ein abelsches Monoid mit neutralem El. 1, 3. Für die Operation gilt a B: a ( a) = 1 und a ( a) = 0 4. Es gilt a,b,c B : a (b c) = (a b) (a c) und a (b c) = (a b) (a c) Die Trägermenge einer boolschen Algebra kann also durchaus mehr als zwei Elemente enthalten! Wichtiges Beispiel ist dafür die Potenzmengenalgebra (2 U,,, ) zu einer Menge U. In booleschen Algebren gelten die im Kapitel Mengenlehre / Logik aufgestellten Rechenregeln. In einer booleschen Algebra wie oben ist a b : a b = a für a,b B eine Halbordnung (Bew: Übungen). führt über Atome u.a. zum Darstellungssatz durch Atome Ring, Körper Nimmt man eine weitere Operation dazu, kommt man zu mehr Struktur: Definition 47. 1. Ein Ring ist eine Algebra (R,+, ) mit zwei Operationen + und, so das (R,+) eine abelsche Gruppe mit neutralem Element 0 ist, (R, ) eine Halbgruppe, und die folgenden Distributivgesetze gelten: a,b,c R : a (b + c) = a b + a c und a,b,c R : (a + b) c = a c + b c 2. Ein Körper ist ein Ring wie oben. bei dem zusätzlich (R {0}, ) eine abelsche Gruppe mit neutralem Element 1 ist Körper kann man bauen, indem man die Nullstellen bestimmter Polynome über Ringen hinzunimmt und dann vervollständigt. Auch endliche Körper sind sehr interessant. 2 Zählen und Zufall Kombinatorik Nach den eher ziemlich abstrakten Grundlagen kommen wir nun zu Werkzeugen, die recht konkret für die Modellierung von Zähl-Problemen dienen. Man will also wissen, wie oft gewisse Objekte oder Ereignisse auftreten. Abzählen von Ereignissen oder Möglichkeiten kommt immer wieder vor. Z.B. berechnen sich Wahrscheinlichkeiten über diskreten Ereignismengen als Bruch, in dessen Nenner die Anzahl der zu berechnenden Fälle, und im Zähler die Zahl alle möglichen Ereignisse steht. Etwa ist bei Würfeln für jede Zahl von 1-6 die Wahrscheinlichkeit 1/6. 16

Urnenmodell Oft passt zu diesen Fragestellungen ein einfaches Urnenmodell. Was können wir mit einer Urne und unterscheidbaren (nummerierten) Kugeln modellieren? Man kann die Kugeln nach dem Ziehen zurücklegen, oder nicht die Reihenfolge der Ziehung kann eine Rolle spielen, oder nicht Kombinatorik - Beispiele 1. Ziehen von zwei Karten aus einem Kartenstapel von verschiedenen Karten bei MauMau: Ziehen ohne Zurücklegen, Reihenfolge unwichtig 2. Lotto 6 aus 49: Ziehen ohne Zurücklegen, Reihenfolge unwichtig 3. Losziehung mit 6-stelliger Losnummer: 6x Ziehen mit Zurücklegen aus 0-9, Reihenfolge wichtig 4. Würfeln mit 2 Würfeln (z.b. Maier): 2x Ziehen mit Zurücklegen aus 1-6, Reihenfolge unwichtig 5. Anzahl der möglichen Wörter mit 6 verschiedenen Buchstaben: 6x Ziehen ohne Zurücklegen aus {a,...,z}, Reihenfolge wichtig. Wir reden also davon, k Objekte aus n vorhandenen auszuwählen. Theorem 48. Beim Ziehen von k aus n unterscheidbaren Kugeln (aus einer Urne) ergeben sich die in der folgenden Tabelle gelistenen Anzahlen von verschiedenen Ergebnissen: k aus n geordnet ungeordnet ( ) n+k-1 mit Zurücklegen k-stichprobe n k k-auswahl ( k ) n! n ohne Zurücklegen k-permutation (n k)! k-kombination k Wir beweisen das im Folgenden in vier Teilen, ein Teil für jede Variante. Beweis. (k-stichprobe) Das Ergebnis des geordneten Ziehens mit Zurücklegen ist ein k-tupel. Für jede Position haben wir n Möglichkeiten, das ergibt n k Möglichkeiten insgesamt. Das ist ein Spezialfall von Theorem 18. Beispiel 49. bei M = {a,b,c} und k = 2 haben wir die folgenden 3 2 = 9 Ergebnisse: (a,a) (a,b) (a,c) (b, a) (b, b) (b, c) (c, a) (c, b) (c, c) Beweis. (k-permutation) Beim geordneten Ziehen ohne Zurücklegen ist das Ergebnis wieder ein k-tupel. Für die 1. Position habe ich n Möglichkeiten. Für die 2. Position bleiben noch n 1 Möglichkeiten. Für die 3. Position bleiben noch n 2 Möglichkeiten... 17

Für die k. Position bleiben noch n k + 1 Möglichkeiten. Zusammen: P(n, k) := n(n 1)(n 2)...(n k + 1) = n! (n k)! Möglichkeiten Auch das ist ein Spezialfall von Theorem 18 - die Grundmenge wird immer um ein Element kleiner. Beispiel 50. bei M = {a,b,c} und k = 2 haben wir die folgenden (3 2)/1 = 6 Ergebnisse: (a,b) (a,c) (b, a) (b, c) (c, a) (c, b) Beweis. (k-kombination) Beim Ungeordneten Ziehen ist das Ergebnis immer eine Menge. Ziehen wir ohne Zurücklegen, hat die Ergebnismenge immer k Elemente. Das Modell entspricht also der Bildung von k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge, da ja die Reihung keine Rolle spielt, und Elemente nur ein mal auftreten dürfen. Als Grundlage der Berechnung können wir dann die k-permutation annehmen, müssen aber die doppelt gezählten Elemente wieder abziehen. Für die Anordung einer k-elementigen Menge gibt es P(k, k) = k!/(k k)! = k! Möglichkeiten. Das geht bei der k-permutation als Produkt ein Zusammen: C(n, k) := (1/k!) P(n, k) = (1/k!) (n!/(n k)!) = n!/(k!(n k)!) = ( ) n k Beispiel 51. bei M = {a,b,c} und k = 2 haben wir die folgenden ( ) 3 2 = 3! 2!1! = 3 Ergebnisse: {a,b} {a,c} {b, a} {b, c} {c, a} {c, b} Einschub: Binominalkoefizienten Den Bruch ( n k) nennt man auch Binomialkoeffizient, da er beim Ausmultiplizieren der binomischen Formel als Koeffizient der Einzelprodukte auftritt: Theorem 52. (a + b) n = k=0,...,n ( ) n a k b n k k Man beweist die Formel meist durch Induktion über n, man kann die Binominalkoeffizienten nun aber auch kombinatorisch herleiten: Beweis. Da (a+b) n = (a+b)(a+b)...(a+b) ergeben sich also Produkte der Form a k b n k. Wie oft kann nun jedes Produkt auftreten? Das ist aequivalent zu dem Probem, wie oft ich k a-s auf n Positionen verteilen kann, und das ist wiederum genau die Anzahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge (der Positions-Indices), also ( n k). Insgesamt ergibt sich die binomische Summmenformel. Nach diesem kurzen Einschub machen wir weiter mit dem letzen Teil des Beweises zu den Kombinationsmögliochkeiten. Dieser Teil ist etwas komplexer: 18

Beweis. (k-auswahl) Für die Berechnung der Möglichkeiten beim ungeordneten Ziehen mit Zurücklegen führen wir diese auf den Fall ohne Zurücklegen (k-kombination) zurück. Dazu muss ich bei den Ziehungen von den Positionen über eine Elementeigenschaft, z.b. die Ordnung, abstrahieren. Einen Zug einer k-auswahl kann ich durch ein Wort über {, } beschreiben: steht für den Übergang zum nächstkleineren Element, für ein gezogenes Element z.b: Bei M = {1,2,3,4} kodieren die Züge (4,1,2,4) oder (1,4,2,4) zu, also 2x das größte, 0x das zweitgrösste, 1x das drittgrößte und 1x das kleinste Element. Für jedes Element der Ausgangsmenge bis auf das kleinste bekomme ich also einen, für jeden Zug einen, insgesamt immer n 1 + k Zeichen im Codewort. Alle möglichen Verteilungen der k -Symbole auf die n + k 1 Positionen liefern also alle möglichen Ergebnisse der Ziehung k-auswahl. Man muss also k-positionen aus n+k 1 Plätzen ziehen. Das ist aber gerade die k-kombination aus (n+k 1)- Elementen, wir bekommen also insgesamt ( ) n+k 1 k Möglichkeiten für die k-auswahl aus n Elementen. Beispiel 53. bei M = {a,b,c} und k = 2 haben wir die folgenden ( ) 3+2 1 2 = 4! 2!2! = 6 Ergebnisse (wobei im Folgenden [] eine Ziehung andeuten soll, bei der es auf die Reihenfolge nicht ankommt, also [a,b] = [b, a]): [a,a] [a,b] [a,c] [b, b] [b, c] [c, c] 2.1 Zählprinzipien Beim Abzählen von Ereignissen etc. treffen wir immer wieder auf ähnliche Verfahren. Einige (Summenformel, Produkregel und Gleichheitsprinzip) hatten wir schon kennengelernt, einige komplexerer sollen in den folgenden Abschnitten kurz erläutert. Das erste ist die Exclusion von Mehrfachzählungen Wenn wir doppelt zählen, müssen wir das doppelt gezählte wieder abziehen. Das formalisiert die einfache Siebformel Satz 54 (einfache Siebformel). Für endliche Mengen A, B gilt A B = A + B A B Beweis. Sei ObdA A B = {s 1, s 2,...s l }, A = {a 1, a 2,...,a n, s 1, s 2,...s l }, und B = {b 1,...,b m, s 1, s 2,...s l }. Dann ist A B = n + m + l, und A + B A B = n + l + m + l l = n + m + 2l l = n + m + l Der Spezialfall mit leerem Schnitt ergibt die Summenformel: Satz 55. Für disjunkte endliche Mengen A, B gilt A B = A + B Zur Erinnerung: Die mit Theorem 18, der Produktregel, bewiesene Anzahl von verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten ist übrigens auch ein Zählprinzip. Das Prinzip von Inklusion und Exklusion lässt sich weiter verallgemeinert in der allgemeinen Siebformel fassen: Satz 56 (Siebformel). Für endliche Mengen A 1,...,A n gilt: A i = ( 1) r 1 i=1,...,n r=1,...,n Beweis. z.b. Induktion nach n, oder kombinatorisch, s. Steger p 27. 1 i 1... i r n j=i 1,...,i r A j 19

Nützlich bei Diskretisierungen von Problemen sind Gaussklammern, die reellen Werten ganzzahlige zuordnen: Definition 57 (floor, ceiling). 1. r R : floor(r) := r := max{z Z z r} 2. r R : ceiling(r) := r := min{z Z z r} Beispiel 58. Wie viele natürlichen Zahlen kleiner oder gleich 100 gibt es, die durch 2,3 und 5 teilbar sind? Sei A k := {n N n 100 k teilt n} Dann ist die Antwort A 2 A 3 A 5 = A 2 + A 3 + A 5 ( A 2 A 3 + A 2 A 5 + A 3 A 5 ) + A 2 A 3 A 5 Es ist A k = 100/k, und A k A l = A kl, damit ergibt sich A 2 + A 3 + A 5 ( A 6 + A 10 + A 15 ) + A 30 = 50 + 33 + 20 16 10 6 + 3 = 103 32 + 3 = 74 Das Prinzip von Inklusion und Exklusion kann man auch verwenden, wenn das zuviel Gezählte als Produkt eingeht: Beispiel 59. Wenn man k Personen auf k Plätze verteilen soll, hat man (geordnetes Ziehen ohne Zurücklegen) k! Möglichkeiten. Sind die Plätze aber an einem runden Tisch, ist der Startposition egal, man muss also den Faktor k wieder herausnehmen, beleiben (k!/k = (k 1)! verschiedene Möglichkeiten. Weitere einfache Zählprinzipien: Gleichheitsprinzip: Falls f : A B bijektiv ist, ist A = B. Doppeltes Abzählen: Für eine binäre Relation R A B gilt R = x A {y B (x,y) R} und R = y B {x A (x,y) R} Schubfachprinzip: Verteilt man n Dinge auf m Schubladen, und ist n > m, liegen in mindestens einer Lade mindestens zwei Dinge. (Bew: Widerspruch) Etwas formaler gilt das verallgemeinerte Schubfachprinzip (pigeonhole principle): Satz 60 (Schubfachprinzip). Sei f : A B eine Funktion, dann gilt: A b B : f 1 (b) B Beweis. durch Widerspruch Beispiel 61. (Spezialfall des Satzes von Ramsey) In einer Gruppe von 6 Personen gibt es entweder drei, die sich kennen, oder drei, die sich alle nicht kennen. (kennen ist dabei symmetrisch) Sei die Gruppe P = {p 1, p 2,...,p 6 }, und kenn1 : P \ {p 1 } {0,1} die kennen-funktion für p 1. Dann liegen im Urbild von 0 oder 1 mindestens 5/2 = 3 Elemente. Wir nehmen mal an, das das für 1 der Fall ist (im anderen Fall argumentiert man analog mit nicht kennen), und numerieren mal so, das zumindest p 2, p 3, p 4 darin liegen. Beispiel 62. Nun haben wir folgende Fälle: 1. p 2, p 3, und p 4 kennen sich alle nicht - dann haben wir drei Personen, die sich alle nicht kennen - fertig. 2. Zwei davon - OBdA p 2, p 3 - kennen sich. Da sie aber auch beide p 1 kennen, haben wir drei Personen, die sich kennen - auch fertig. - q.e.d. 2.2 Permutationen Definition 63. Für n N, n > 0 ist [n] := {1,...,n} Definition 64. Sei M eine endliche Menge. Eine bijektive Abbildung π : M M nennt man Permutation. Ein Wert m M mit π(m) = m heisst Fixpunkt der Permutation. Es genügt, alle Permutationen auf [n] zu untersuchen, denn es gilt 20

Satz 65. Für jede bjektive Abbildung f einer endlichen Menge M mit M = n in sich selbst gibt es bijektive Abbildungen num : M [n] und π : [n] [n] mit f = num 1 π num Beweis. Jede endliche Menge ist numerierbar. Beispiel 66 (Derangement-Zahlen). Mit den o.g. Siebformel kann man auch der Anzahl der fixpunktfreien Permutationen der Länge n, die sogenannten Derangenment-Zahlen D n, berechnen.: D n = n!(1 1 + 1/2 1/3! +... + ( 1) n 1/n!) Beweis: Wir berechnen die Anzahl aller Permutationen (n!), und ziehen davon die Anzahl der Permutationen mit mindestens einem Fixpunkt (ξ n )ab. Sei A i := {p : [n] [n] p(i) = i} Dann liefert uns die Siebformel das Ergebnis für ξ n = i=1,...,n A i = r=1,...,n ( 1)(r 1) 1 i 1<...<i r n j=1,...,r A i j Die j=1,...,r A ij sind genau die Permuationen mit p(i j ) = i j für alle j = 1,..,r. Diese liegen also fest. Die übrigen sind nicht eingeschränkt. Damit gibt es dort (n r)! Möglichkeiten. Davon gibt es C(n, r) Kombinationen. Mit der Überlegung erhalten wir: ξ n = r=1,...,n ( 1) (r 1) n! (n r)! = r!(n r)! r=1,...,n (r 1) n! ( 1) r! Für die Derangement-Zahlen D n ergibt sich zusammengefasst die o.g. Darstellung. Die Permutationen auf [n] bilden die Symmetrische Gruppe S n. Es gibt unterschiedliche Darstellungen für Permutationen: Wertetabelle: π = ( 1 2... n π(1) π(2)... π(n) ) ggf. auch nur als untere Zeile π = (π(1)...π(n)). Matrixdarstellung: mit m 11... m 1n π =..... = (m ij ) i,j=1,...,n m n1... m nn { 1 falls π(i) = j m ij := 0 sonst Damit ist die Anwendung der Permutation die Multiplikaton mit der Matrix. Zykeldarstellung: Definition 67. Für eine Permutation π ist ein Zykel bzw. Zyklus der Länge k eine Folge (p 1,...,p k ) bei der für i = 1,...,k 1 gilt p i+1 = π(p i ), und π(p k ) = p 1. Man kann jede Permutation auch als Produkt von Zykeln schreiben. Zykel sind gewissermassen Kreise - das Startelement ist gleichgültig, aber die Reihenfolge ist wichtig! 21

Beispiel 68. Die Anzahl der Permutationen von [3] ist 3! = 6: (1 2 3) = ((1)(2)(3)) (1 3 2) = ((1)(3 2)) (2 1 3) = ((2 1)(3)) (2 3 1) = ((3 1 2)) (3 1 2) = ((3 2 1)) (3 2 1) = ((3 1)(2)) Wir haben also: 1 Permutation mit 3 Zykeln, 3 Permutationen mit zwei Zykeln, und 2 Permutationen mit einem Zykel. 2.3 Stirling-Zahlen 1. Art Definition 69 (Stirling-Zahlen 1. Art). Für n, k N bezeichnet man die Zahlen als Sterling-Zahlen erster Art James Stirling (1692-1770) Satz 70. s n,k := {π : [n] [n] π ist eine Permutation mit genau k Zykeln} n s n,k = n! k=1 Beweis. Jede Permutation hat mindestens einen und maximal n Zykel. Andererseits genau es genau n! Permutationen über [n] Satz 71. Setzt man s 0,0 := 1, so gilt für alle n k: s n,k = s n 1,k 1 + (n 1)s n 1,k Beweis. (kombinatorisch): Wie kann eine Permutation über [n] mit k Zyklen entstehen? Entweder entsteht sie durch Zufügen des Zyklus (n) zu den Permutationen mit k 1 Zyklen über [n 1]. Das ergibt den 1. Summanden. Oder n wird in einen der k-zyklen über [n 1] hinzugefügt. Da die Reihenfolge bei Zykeln wichtig ist, hat man dafür (n 1) Möglichkeiten. Das ergibt den 2. Summanden. Mit der Rekursionsformel kann man ein Dreieck der Stirling-Zahlen erster Art aufbauen. Die Zeilennummer ist dabei das n, die Zahlposition in der Zeile das k, und die Zählung beginnt bei (0,0): 1 0 1 0 1 1 0 2 3 1 0 6 11 6 1 0 24 50 35 10 1 0 120... Beginnt man die Zählung bei (1,1) und betrachtet nur k > 0, kommt man auf folgendes Dreieck: 22

1 1 1 2 3 1 6 11 6 1 24 50 35 10 1 120... 2.4 Mehr zu Binominalkoeffizienten Auch die Binominalkoeffizienten haben einige weitere interessante Aspekte: Satz 72. ( n k ) = ( n n-k ) Beweis. Das folgt mit n (n k) = k direkt aus der Definition. Satz 73. 2 n = n k=0 ( n k Beweis. Das folgt aus 2 n = (1 + 1) n und der binomischen Formel. Beweis. (alternativ, kombinatorisch): 2 n ist die Menge der Elemente der Potenzmenge einer n-elementigen Menge, und ( n k) ist die Anzahl der die k-elementigen Teilmengen. Summiert man über alle k, muss die Anzahl aller Teilmengen entstehen. auch hier gibt es eine Rekursionsformel: ) Satz 74. (Pascal-Dreieck) Für n, k N mit n > k gilt: ( ) ( n n-1 = k k-1 ) ( n-1 + k ) Beweis. (kombinatorisch): Die linke Seite der Gleichung entspricht der Anzahl der k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge. Wie setzen sich diese zusammen? Nun, man diese in zwei Gruppen zerlegen, indem man ein Element - sei dies mit e n bezeichnet - auswählt. Die n-elementigen Teilmengen von M setzen sich dann zusammen aus den Teilmengen, die e n enthalten, und denen, die e n nicht enthalten. Das sind einerseits die (k-1)-elementigen Teilmengen von M {e n }, zu denen man das Element e n hinzunimmt, und andererseits die k-elementigen Teilmengen von M {e n }. Deren Anzahlen stehen aber genau in der Summe auf der rechten Seite der Gleichung. Damit kann man das Werte rekursiv berechnen. Nimmt man n für die Zeile, und k für die Spalten, und startet bei n=1, k=1, ergibt sich 1 1 1 1 2 1 1 3 3 1 1 4 6 4 1 1 5 10 10... Es gilt auch die Vandermondesche Identität: 23

Satz 75. k,m, n N gilt: ( n+m k ) = k j=0 ( n j ) ( m k-j Beweis. Der Beweis ist klarer, wenn man die n und m nach Eigenschaften gruppiert, hier - obda - in männlich und weiblich. Seien die n und m die Mächtigkeiten unterscheidbarer Teilmengen ( ) einer Menge, z.b. n Frauen und n+m m Männer einer Personengruppe. Es gibt nun, wie bereits beweisen, k-elementige Teilmengen davon. k Andererseits hat jede k-elementige Teilmenge 0 j k Frauen aus den n Frauen ausgewählt, und entsprechend (k j) Männer. ( ) ( ) n m Beweis. Es gibt also für jede k-elementige Teilmenge mit j Frauen genau Möglichkeiten. Nun j k-j müssen wir noch über alle möglichen j summieren, um alle möglichen k-elementigen Teilmengen der (n + m)- elementigen Menge zu bekommen. Das ist genau die rechte Seite der Gleichung. Das Berechnungsschema des pascalschen Dreiecks findet man auch bei den Bernsteinpolynomen der Bezierkurven wieder. Definition 76. Für n, i N, n i ist das i-te Bernsteinpolynom n-ten Grades ( n B n,i (t) := i ) t i (1 t) n i Definition 77. Für t [0,1] ist eine Bezierkurve n-ten Gerades C(t) zu n + 1-Stützpunkten (Kontrollpunkten, Bezierpunkten) P 0,...,P n definiert durch n C(t) := B n,i (t)p i Satz 78. i=0 B n,i (t) = tb n 1,i 1 (t) + (1 t)b n 1,i (t) 2.5 Mengenpartitionen - Stirling-Zahlen 2. Art Definition 79. Die Zerlegung einer Menge M mit n Elementen in k disjunkte Teilmengen, also M = i=1,...,k A i mit A i A j = für i j nennt man k-partition Die Anzahl der k-partitionen einer n-elementigen Menge wird mit S n,k bezeichnet. Diese Zahlen nennt man auch Stirling-Zahlen 2. Art Für k > n ist sicher S n,k = 0, und für n > 0 gilt auch S n,0 = 0. Mit einem sinnvoll definiertem Wert für S 0,0 kommt man damit wieder zu einer schönen Rekurzsonsformel: Satz 80. Sei S 0,0 := 1, dann gilt für n, k N, n > k: S n,k = S n 1,k 1 + ks n 1,k Das ergibt wieder ein Dreieck, beim Start bei (1,1) und k > 0: 1 1 1 1 3 1 1 7 6 1 1 15 25 10 1 1 31 90... ) 24

Beweis. (kombinatorisch): Links steht die Anzahl der k-partitionen einer n-elementigen Menge. Wie entstehen diese? Wir wählen wieder ein festes Element e n aus M. Man kann die k-partitionen von M dann zusammensetzen aus den k-partionen von M {e n }, indem man einer der k Teilmengen das Element e n hinzufügt. Dafür hat man k Möglichkeiten - das ergibt den rechten Summanden. Oder man hat {e n } als eigene Partitionsmenge, dort kommen dann die (k 1)-Partitionen von M {e n } hinzu - das ergibt den ersten Summanden. 2.6 Zahlpartitionen 4 = 1 + 1 + 1 + 1 = 2 + 1 + 1 = 2 + 2 = 3 + 1 = 1 + 3 = 1 + 1 + 2 = 1 + 2 + 1 2.6.1 Geordnete Zahlpartitionen Satz 81. Die Anzahl der geordneten Zahlpartitionen mit k Summanden ist Dieser Satz löst einen Spezialfall bei diophantischen Gleichungen. ( n-1 k-1 ) Beweis. (kombinatorisch) Man kann die Zahl als Summe von 1-sen schreiben, und dann k Klammerpaare hinzufügen: m = (1 + 1 +..1) + (1 +.. + 1) + (1) +... + 1). Dann stehen k 1 + zwischen den Klammerpaaren. ( Für die ) n-1 Auswahl dieser k-1 aus den n-1 Positionen - das ist ungeordnetes Ziehen ohne Zurücklegen - habe ich k-1 Möglichkeiten. 2.6.2 Ungeordnete Zahlpartitionen Definition 82. Die Anzahl der Möglichkeiten, eine natürliche Zahl n als Summe von k Summanden zu schreiben, wird mit P n,k bezeichnet. Man setzt P 0,0 := 1 Satz 83. Für alle n, k N mit n k 1 gilt P n,k = k j=0 P n k,j Beweis. Wir sortieren die möglichen Partitionen, so das die 1-sen vorn stehen. Es ist dann n = n 1 +...+n i +n i+1 +... + n k, wobei n 1 = n 2 =... = n i = 1 gilt. Also sind alle n i+1,...,n k 2. Zieht man von dem Teil bei jedem Summanden eine 1 ab, kommt man also auf eine Zahlpartionierung von (k i)-partitionierung von (n k). Umgekehrt kann man jede k-partitionierung von n mit i 1-sen so erzeugen. Es gibt also genau P n k,k i verschiedene Partitionen mit i 1-sen. Summiert man über alle mögliche i, bekommt man mit i=0,...k P n k,k i = j=0,...,k P n k,j die Behauptung - q.e.d. 2.7 Mehr Rekursionsformeln - Catalanzahlen Definition 84. Eine Triangualisierung ist eine Partition des konvexen n-ecks in Dreiecke durch sich gegenseitig nicht schneidende Diagonalen. Ein Binärbaum ist ein Baum mit einem eindeutigen Wurzelknoten, bei dem jeder Knoten maximal zwei Kindknoten hat. 25

Definition 85. Ein korrekter Klammerausdruck ist ein Wort über {(,)}, das folgendermassen aufgebaut ist: 1. Das leere Wort ist ein korrekter Klammerausdruck 2. Sind U und V korrekte Klammerausdrücke, so sind das auch Beispiele: () ()(), (()) (a) UV und (b) (U) ()()(), (())(), ()(()), ((())) ()()()(), (())()(), ((()))(),... 26

Definition 86. Sei n N. Dann bezeichnet C n die Anzahl der syntaktisch korrekten Klammerausdrücke mit n Klammerpaaren (Catalanzahlen) B n die Anzahl der Binärbäume mit n Knoten, und T n die Anzahl der Triangulierungen eines konvexen n-ecks Satz 87. Sei n N, dann gilt mit C 0 := 1 für n > 0: C n = n C k 1 C n k k=1 Beweis. Wir zerlegen wieder die Menge der möglichen Klammerausdrücke: Für k n sei A k die Menge aller legalen Klammerausdrück, deren erste Klammer an der Position 2k geschlossen wird. Innerhalb der erste Klammer liegen dann k 1 Klammerpaare, ausserhalb gerade n k. Für alle Möglichkeiten müssen wir nun wieder von k = 1,...,n summieren. Satz 88. Sei n N, dann gilt mit B 0 := 1 für n > 0: B n = n B k 1 B n k k=1 Beweis. ganz analog zum letzen Satz, nutr teilen wir hier in Binärbäume mit k-knoten im linken Teilbaum, und n k im rechten Satz 89. Sei n N, dann gilt für n > 2: T n = n T k 1 T n k+2 k=3 Beweis. Es ist ja T 2 = 1. Sei also ein konvexes n-eck gegeben, wir numerieren dann die Ecken bei beliebigem Startpunkt im Uhrzeigersinn mit 1,...,n. Dann können wir die Menge aller Triangualisierungen in n 2 Klassen A k, k = 3,...,n aufteilen: A k enthält jeweils die Triangularisierungen, bei der denen die Ecken 1,2, k ein Dreieck bilden. Jede Triangularisierung von A k besteht dann aus einer Kombination der Triangualisierungen des k 1-Ecks mit den Ecken 2,3,...,k, und des n k + 2-Ecks mit den Ecken 1, k,...,n. Also A k = T k 1 T n k+2, und durch Summieren folgt die Behauptung. Drei recht unterschiedliche Abzählprobleme mit der gleichen Rekustionsformel, die man auch noch auflösen kann, wie wir später zeigen: n N : B n = C n = T n+2 = 1 ( ) 2n n + 1 n 2.8 Mehr Urnen Viele Fragestellung kann man auch durch das Verteilen von Bällen auf mehrere Urnen modellieren. Dabei können Bälle wie auch Urnen unterscheidbar sein, oder auch nicht: 1. 2 gleiche Bälle b, 2 gleiche Urnen: [],[b,b] oder [b],[b] 2. 2 gleich Bälle b auf 2 Urnen U,V: U=[],V=[b,b] oder U=[b],V=[b] oder U=[b,b],V=[] 3. 2 Bälle b,r auf 2 gleiche Urnen: [],[r,b] oder [r],[b] 27

4. 2 Bälle b,r auf 2 Urnen U,V: U=[],V=[r,b] oder U=[r],V=[b] oder U=[b],V=[r] oder U=[r,b],V=[] Man kann auch auch an die Abbildung, die die Bälle auf die Urnen verteilt, noch mehr Anforderungen stellen, Wenn B die Menge der Kugeln und U die Menge der Urnen ist, kommt vor: Jede Urne muss mindestens eine Kugel enthalten (surjektiv, B U ) Jede Urne darf höchstens eine Kugel enthalten (injektiv, B U ) Jede Urne muss genau eine Kugel enthalten (bijektiv, B = U ) Jede Möglichkeit liefert andere Anzahlen von Verteilungsfunktionen f. Sei im folgenden B = n, U = m 2.8.1 Fall: Bälle und Urnen unterscheidbar f beliebig: Jeder der n Bälle kann auf jede der m Urnen entfallen. Wir ziehen also n mal eine Urne, mit Zurücklegen - macht m n Möglichkeiten. f surjektiv: u U : f 1 (u) 1, die Urbilder der Urnen bilden also eine m-partition von B. Anders herum liefert jede m-partition von B eine Klasse von surjektiven Abbildungen B U. Das sind, wie gerade gelernt, S n,m mögliche Partitionierungen, und jeder kann ich auf m! Weisen die Urnen zuordnen. Es gibt also n!s n,m surjektive Funktionen. f injektiv: Das ist geordnetes Ziehen der Urne ohne Zurücklegen - m!/(m n)! Möglichkeiten. f bijektiv: Das sind alle Permutationen: n! = m! Möglichkeiten 2.8.2 Fall: Bälle nicht, Urnen unterscheidbar f beliebig: Wir können die Bälle mit * und die ( Urnengrenzen ) ( mit codieren, ) Das Problem ist dann, m 1 Striche auf n+m-1 n+m-1 m + n 1 Positionen zu verteilen: = Optionen. m-1 n f surjektiv: ( Verteilt man ) die n Bälle, ergeben die Anzahlen der Bälle in den m Urnen eine geordnete m-zahlpartition, also n-1 m-1 ( ) m f injektiv: Wir wählen aus m Urnen die n aus, in denen ein Ball liegen soll:. n f bijektiv: Jede Urne ein Ball: 1 Möglichkeit. 2.8.3 Fall: Bälle unterscheidbar, Urnen nicht f beliebig: Eine Funktion, die n Bälle auf k Urnen verteilt, ist eine k-partitionierung der Bälle. Da die Urnen leer bleiben dürfen, habe ich k = 1,...,m Möglichkeiten, also insgesamt k=1,...,m S n,k f surjektiv: Wie oben, aber nur der Fall k = m, also S n,m f injektiv: In n der m Urnen liegt eine Ball, da die Urnen ununterscheidbar sind: 1 Möglichkeit f bijektiv: 1 Möglichkeit 28

2.8.4 Fall: Bälle und Urnen nicht unterscheidbar f beliebig: Jede Verteilung entspricht einer Zahlpartition von n, in diesem Fall kommt dabei jede Urnenzahl von k = 1,...,m in Frage, also gibt es k=1,...,m P n,k verschiedene Funktionen. f surjektiv: s.o. - P n,m verschiedene Funktionen. f injektiv: s.o. - 1 Möglichkeit f bijektiv: s.o. - 1 Möglichkeit 2.9 Diskrete Stochastik Definition 90. Eine abzählbare Menge heisst auch diskreter Ereignisraum, ein Element der Menge elementares Ereignis. Definition 91. Sei S ein Ereignisraum. Eine injektive Funktion P : S [0,1] mit x S P(x) = 1 nennt man Wahrscheinlichkeitsfunktion. Für Ereignisse A aus mehreren Elementarereignissen, also A S, definiert man P(A) := x A P(x) Im einfachsten Fall, der Gleichverteilung, bei der alle Elementarereignisse die gleiche Wahrscheinlichkeit haben, gilt P(x) = 1 A und P(A) = S S Hier kommt es also im wesentlichen auf das Zählen der Elemente von Mengen an! Beispiel 92. Welche Wahrscheinlichkeit hat man bei Würfeln mit zwei Würfeln für die Augensumme 7? 1/6: S = 6 2 = 36, A = {(1,6),(2,5),(3,4),(4,3),(5,2),(6,1)} Beispiel 93. Wie viele Leute muss man zusammenrufen, damit wahrscheinlich (also P(A) > 1/2) zwei am gleichen Tag Geburtstag haben? 23 Personen: Man betrachtet das Anti-Ereignis B, bei dem keine zwei Personen am gleichem Tag Geburtstag haben. Die Möglichkeiten dafür sind bei k Personen (k-maliges Ziehen ohne Zurücklegen aus {1,...,365}): 365!/(365 k)!. Der Gesamtereignisraum ist k-maliges Ziehen mit Zurücklegen aus {1,...,365}, also 365 k Also ist P(B, k) = 365! (365 k)!365 k. Nachrechnen: P(B, 1) = 1, P(B, 2) = 364/365, P(B, 3) = 364 364/365 2,...,P(B, 23) 0,4927... 2.10 Abschätzungen 2.10.1 Landau-Symbole Zum Abschätzung des Wachstums einer Funktion definiert man Größenklassen, die man Landau-Symbole nennt. Hier für Funktionen auf N: Definition 94. o(g) := {f c > 0, n 0 N : n n 0 gilt f(n) < c g(n) } O(g) := {f C 0, n 0 N : n n 0 gilt f(n) C g(n) } Ω(g) := {f C 0, n 0 N : n n 0 gilt f(n) C g(n) } ω(g) := {f c > 0, n 0 N : n n 0 gilt f(n) > c g(n) } Θ(g) := O(g) Ω(g) 29

Beispiel 95. Der Test, ob eine Eingabe der Länge n zu einer gegebenen kontextfreien Grammatik gehört kann man in O(n 3 ) Schritten lösen. Das beweist man, indem man einen Algorithmus angibt, der das macht, und dessen Schritte zählt. Genauer kann man sogar sagen, das das Problem zu o(n 3 ) gehört, denn die Potenz ist geringfügig kleiner als 3. Speziellere Grammatiken erlauben effizientere Tests, Grammatiken der LR(1)-Klasse z.b. erlauben es, das Wortproblem in O(n) Zeit zu lösen. Immer wird das Wortproblem einer Grammatik aber von der Länge der Eingabe abhängen, deswegen ist es sicher in ω(1). Beispiel 96. Einschätzung der Größenordnungen Θ(1): konstanter Aufwand, unabhängig von n Θ(n): linearer Aufwand (z.b. Einlesen von n Zahlen) Θ(n lnn): Aufwand guter Sortierverfahren (z.b. Quicksort) Θ(n 2 ): Einfache Algorithmen auf Matrizen,... Θ(n k ): polynomialer Aufwand (bei festem k) Θ(2 n ): exponentieller Aufwand Θ(n!): Bestimmung aller Permutationen von n Elementen Um eine Vorstellung davon zu haben, was schwer zu berechnen ist - unter der Annahme, das 1 Berechnungsschritt 1 µs = 0.000001 s) dauert, ergeben sich folgende (ungefähre) Berechungsdauern: n = 10 20 30 40 50 60 n 10 µ 20 µs 30 µs 40 µs 50 µs 60 µs n 2 100 µs 400 µs 900 µs 1.6 ms 2.5 ms 3.6 ms n 3 1 ms 8 ms 27 ms 64 ms 125 ms 216 ms 2 n 1 ms 1 s 18 min 13 Tage 36 J 366 Jh 3 n 59 ms 58 min 6.5 J 3855 Jh 10 8 Jh 10 13 Jh n! 3.62 s 771 Jh 10 16 Jh 10 32 Jh 10 49 Jh 10 66 Jh 2.10.2 Einige bekannte Abschätzungen Satz 97. Für n 15 gilt n n/2 n! (n/2) n Beweis. Recht kanonisch, z.b. Steeger 46f Satz 98. ( (n/k) k n k ) (ne/k) k Beweis. Idee: ausmultiplizieren und n/k gegen (n i)/(k i) abschätzen, Reihenentwicklung der Exponentialfunktion... Satz 99. (Stirlingformel) n! = 2πn( n ( e )n 1 + 1 12n + O( 1 ) n 2 ) 3 Zusammenhänge und Graphen 3.1 Graphen Graphen dienen der Darstellung und formalen Behandlung von Zusammenhängen. Definition 100. Ein (ungerichteter) Graph ist ein Tupel G = (V,E), wobei V eine endliche, nichtleere Menge von Knoten ist, und die Menge E = {{x,y} x,y V } die Kanten zwischen Knoten spezifiziert.. Zur Vereinfachung der Schreibweise schreibt man auch (x,y) für eine Kante in E, und setzt für ungerichtete Graphen (x,y) = (y, x). 30

Definition 101. Ein gerichteter Graph ist ein Tupel G = (V,E), wobei V eine endliche, nichtleere Menge von Knoten ist, und die Menge E V V die Kanten zwischen Knoten spezifiziert.. Definition 102. Ein Graph S = (U, L) heißt (schwacher) Subgraph von einem Graphen G = (V,E), falls U V und L E. Definition 103. Zwei Graphen G = (V,K) und H = (U, L) heissen isomorph, wenn es eine bijektive Abbildung f : V U der Knotenmengen gibt mit der Eigenschaft, das für alle Knotenpaare (v,k) K eine Kante (f(v), f(k)) L existiert, und L auch keine weiteren Kanten enthält. f heisst dann auch Graphisomorphismus. Definition 104. Für einen Graph (V,E) und v V heisst der Grad von v. deg(v) := {x (v, x) E} ist die Nachbarschaft des Knotens v. Neigh(v) := {x (v, x) E} Beispiel 105. Satz 106. Für jeden Graphen (V,E) gilt: deg(v) = 2 E v V Beweis. Auf der linken Seite der Gleichung wird jede Kante (a,b) des Graphen zwei mal gezählt: einmal beim Knoten a, einmal beim Knoten b. Auf der rechten Seite zählen wir direkt jede Kante doppelt. Satz 107. (Korollar) Für jeden Graphen gilt: Die Anzahl der Knoten mit ungeradem Grad ist gerade. Beweis. Wir teilen im obigen Satz die Summe in Knoten mit geraden und die mit ungeraden Grad. Da die Summer der Knoten mit gradem Knotengerad durch 2 teilbar ist, muss auch die anderere Teilsumme durch 2 teilbar sein. 3.1.1 Spezielle Graphen Definition 108. Graphen mit gleichem Grad k für allen Knoten nennt man k-regulär. Definition 109. k-reguläre Graphen (V,E) mit k = V 1 heißen vollständig. Vollständige Graphen mit n Knoten werden mit K n bezeichnet. Beispiel 110. (Vollständige Graphen K n ) 31

Bemerkung: Der vollständige Graph K n hat n(n 1) 2 Kanten. Bew: Abzählen! Definition 111. Graphen mit n paarweise zyklisch verbundenen Kanten heißen Kreise (vom Grad n) und werden mit C n bezeichnet. Beispiel 112. Definition 113. Ein vollständig bipartiter Graph K(n, m) ist ein Graph über zwei disjunkten Knotenmengen V und W mit V = n und W = m, bei dem 1. jeder Knoten aus V zu jedem Knoten aus W direkt benachbart ist, und seinerseits keine Nachbarn in V hat, 2. und umgekehrt jeder Knoten in W zu jedem in V direkt benachbart ist, aber keine Nachbarn in W hat. Beispiel 114. 32

Definition 115. Ein d-dimensionalen (Hyper-)Würfel Q d ist isomorph zu dem Graph (V,E) mit 1. V = {0,1} d 2. (v, k) E genau dann, wenn v und k sich an genau einer Stelle unterscheiden. Konstruktion: Einen d + 1-dimensionalen Hyperwürfel kann man aus einem d-dimensionalen gewinnen, indem man letzteren verdoppelt, und dann die gleichen Kantenknoten verbindet, und beim Original eine 0, bei der Kopie ein 1 an jeden Knotennamen voranstellt. (hier die {0,1}-Tupel als Binärzahlen): Q 0 ({.}, {}) Q 1 ({0,1}, {(0,1)}) Q 2 ({00,01,10,11}, {(00,01),(10,11),(00,10),(01,11)}) Q 3 ({000,001,010,011,100,101,110,111}, {(000,001),(010,011),(000,010),(001,011), (100,101),(110,011),(100,110),(101,111), (000,100),(010,110),(010,110),(011,111)}) Satz 116. Ein Würfel der Dimension d hat 1. Grad d (für alle Knoten) 2. 2 d Knoten 3. d 2 d 1 Kanten 4. 2d Seiten Beweis. (1) und (2) folgen direkt aus der Konstruktion. zu (3): Jeder der 2 d Knoten hat Grad d, es gehen also d Kanten von ihm weg. Wenn ich über alle Knoten zähle, zähle ich aber jede Kante doppelt, also d 2 d 1 (4): Seiten sind (d 1)-dimensionale Hyperwürfel, die Subgraphen sind. Dann folt die Behauptung wieder aus der Konstruktion. Behauptung: Allgemein gibt es für k = 0,...,d 1 genau (d!/(d k)!) 2 d k k-dimensionale Grenzelemente eines Hyperwürfels. 3.1.2 Pfade und Bäume Definition 117. In einem Graphen G = (V,E) ist Ein Weg (der Länge n) von v 0 nach v n ist ein Element (v 0,...,v n ) V n, bei dem für i = 1,...,n 1 jeweils (v i, v i+1 ) E liegt. Ein Pfad ist ein Weg ohne doppelt autretende Knoten. U V heißt Zusammenhangskomponente, wenn für alle Paare v, w U ein Pfad von v nach w existiert. G = (V,E) heißt zusammenhängend, wenn V eine Zusammenhangskomponente ist. Bemerkungen: 1. Die Zusammenhangskomponenten bilden eine Partitionierung der Knotenmenge. 2. Jeder Graph (V,E) enthält mindestens V E Zusammenhangskomponenten (Bew: Induktion nach E ) 33

3. Für jeden zusammenhängenden Graphen (V,E) gilt E V 1 4. Nicht jeder Graph mit E > V 2 ist zusammenhängend (Bsp: K 4 mit einem zusätzlichen, solitären Knoten) Definition 118. 1. Ein Baum T = (V,E) ist ein zusammenhängender, kreisfreier Graph. Ein Knoten v V mit deg(v) = 1 heißt Blatt. 2. Ein Wurzelbaum ist ein Tupel (T, r), wobei T = (V,E) ein Baum ist, und r V ein (ausgezeichneter) Knoten, der Wurzel genannt wird. Definition 119. Sei G = (V,E) ein Graph, und v V. Dann ist G [v] der Graph, der aus G durch Entfernen des Knotens v und aller mit ihm verbundenen Kanten entsteht, also. G [v] := (V v, {(x,y) E x v y v} Lemma 120. Ein Baum mit mehr als einem Knoten hat mindesten zwei Blätter. Beweis. Durch den Aufbau: die Zahl der Blätter beim Hinzügen einer Kante (und damit eines neuen Blattes) bleibt mindestens gleich. Lemma 121. Ist T = (V,E) ein Baum mit mindestens zwei Knoten, und b ein Blatt, so ist T [b] auch ein Baum. 34

Beweis. Sei T := T [b]. T ist sicher kreisfrei, da T kreisfrei war, und wir nur etwas weggenommen haben. T ist aber auch immer noch zusammenhängend, denn für alle Knoten x,y T gibt es einen Pfad in T, da T ein Baum ist. Alle inneren Knoten dieses Pfades haben einen Grad > 1, also kann b nicht zu dem Pfad beigetragen haben, und der Pfad ist auch ein Pfad in T. Satz 122. Für einen Baum T = (V,E) gilt E = V 1 Beweis. (Widerspruch): Für V = 1 gilt die Aussage. Angenommen die Aussage ist falsch, dann muss es ein in der Knotenzahl kleinstes Gegenbeispiel T = (V, E ) geben, mit V > 1 und E = V 1, und alle Bäume mit weniger als V Knoten erfüllen die Aussage. Entfernen wir aus T ein Blatt, von dem es ja mindestens zwei geben muss, bleibt nach dem zweiten Lemma immer noch ein Baum mit n := V 1 Knoten und m := E 1 Kanten, da wir genau eine Kante entfernt haben. Für diesen Baum muss, da T ja kleinstes Gegenbeispiel war, die Aussage des Satzes zutreffen, also m = n 1. Damit gilt auch E = m + 1 = n = V 1 - Widerspruch! Bäume haben also die minimale Kantenzahl für zusammenhängende Graphen. Definition 123. Sei ein Graph G = (V,E) gegeben. Ein Baum T = (W, F) heisst Spannbaum von G, falls V = W und F E. Satz 124. Jeder zusammenhängenden Graph enthält einen Spannbaum. Beweis. Solange G einen Kreis enthält, entfernt man eine beliebig Kante dieses Kreises. Am Ende hat man einen kreisfreien zusammenhängenden Graphen. mit allen Knoten Beispiel: 35

Satz 125. (Cayley): Für n > 1 gibt es n n 2 Bäume mit n verschieden markierten Knoten. Betrachtet man die Anzahlen der möglichen unmarkierten Bäume, also nur bis auf Isomorphie eindeutige Bäume, findet man erheblich weniger! Das Entscheidungsproblem, ob Bäume isomorph sind, ist aber schwer. 3.1.3 Speicherung von Graphen / Suchen auf Graphen Um das (maschinelle) Suche auch Graphen zu optimieren ist die Art der gewählten Speicherung sehr wichtig. Hier nur kurz als Beispiel erwähnt seien die Speicherung als Adajazenz-Matrix bzw. -Liste: 36

3.2 Touren 3.2.1 Eulerkreise Gibt es in der Stadt Königsberg einen Rundweg, bei dem man alle sieben Brücken der Stadt über den Pregel genau einmal überquert und wieder zum Ausgangspunkt gelangt? Leonhard Euler, 1707-1783 Definition 126. Eine Eulertour oder ein Eulerkreis ist ein Kreis in einem Graphen, der jede Kante genau einmal enthält. Enthält ein Graph G einen Eulerkreis, nennt man ihn eulersch. Satz 127. Ein zusammenhängender Graph G = (V,E) ist genau dann eulersch, wenn der Grad aller Knoten gerade ist. 37

Beweis. ( ): Enhält G eine Eulertour, geht diese in jeden Knoten genau so oft hinein wie hinaus - deswegen ist der Knotengrad gerade. ( ): Sei also der Knotengrad gerade für alle Knoten. Wir wählen nun einen beliebigen Knoten v 1, und gehen von dort zu einem Knoten v 2, und markieren dabei die Kante (v 1, v 2 ) als benutzt. Von v 2 gehen wir über eine noch nicht markierte Kante (mindestens eine muss es ja geben) weiter zu v 3, und markieren wieder. Das Verfahren setzen wir fort. Da es immer eine unbenutze Kante finden, müssen wir irgendwann wieder in in v 1 ankommen. Dann haben wir zwei Situationen: 1. Es gibt noch mindestens einen Knoten w mit unmarkierten Kanten. Da G zusammenhängend ist, muss es dann eine nicht markierte Kante geben. die von w ausgeht. Wir können dann das Verfahren (rekursiv) in w wieder starten, und nacher die beiden Wege zu einem verbinden. 2. Alle Kanten sind markiert - dann haben wir einen Eulerkreis gefunden. Mit diesem Satz ist klar, das es für das Königsberger Brückenproblen keinen Weg gibt, da die Knotengrade ungerade sind: Definition 128. Eine offene Eulertour ist eine Eulertour, bei der Anfangs- und Endknoten nicht übereinstimmen. Satz 129. Ein zusammenhängender Graph G = (V,E) enthält genau dann eine offene Eulertour, wenn der Grad aller Knoten bis auf zwei gerade ist. Beweis. Wenn man die beiden Knoten mit zwei zusätzlichen Kanten und einem zusätzlichen Knoten verbindet, hat man einen Eulerkreis. Ein bekanntes Beispiel: Das Haus vom Nikolaus : 38

3.2.2 Hamiltonkreise Definition 130. In einem Graph G = (V,E) nennt man einen Kreis, der alle Knoten aus V genau einmal durchläuft, einen Hamiltonkreis. Enthält ein Graph eine Hamiltonkreis, nennt man ihn hamiltonsch. William Rowan Hamilton, 1805-1865 Satz 131. Gilt in einem (wie alle unserer Graphen schleifenfreien) Graphen G = (V,E), das für alle Paare x,y V mit x y und (x,y) / E folgt deg(x) + deg(y) V, so gibt es in dem Graphen einen Hamiltonkreis. Beweis. (durch Widerspruch, etwas komplexer, z.b. Steger S. 78) Korollare 1. Hat jeder Knoten in einem schleifenfreien Graphen G = (V,E) einen Grad von mindestens V /2, ist der Graph hamiltonsch. 39

2. Die vollständigen Graphen K n sind hamiltonsch Satz 132. Jeder Hyperwürfel der Dimension d 2 ist hamiltonsch. Beweis. (Induktion nach d): IA: Für d = 2 ist der Hamiltonkreis genau der ganze Graph. IS: Q d+1 entsteht aus Q d, indem man Q d mit Namenswerweiterung der Knoten um führende 0 bzw. 1 verdoppelt, und dann jeweils die ehemals gleichen Knoten in Original und Kopie miteinander verbindet. In den Q d gibt es nach Voraussetzung Hamiltonkreise. Wir entnehmen diesen Kreisen nun eine beliebige Kante, aber in Original und Kopie die entsprechend gleiche, und verbinden die beiden nun offenen Kreise an den Bruchstellen über die Verbindungen von Kopie und Original. Das liefert einen Hamiltonkreis in Q d+1 3.2.3 Gray-Code Die Hyperwürfel-Konstruktion liefert nebenher einen binären Code, bei dem sich die einzelnen Codewörter nur um ein Bit unterscheiden - den Gray-Code. Definition 133. Der Gray-Code G(k) in n N Bits ist rekursiv aufgebaut. Für jeden Zweierpotenzbereich, also 2 n 1 k < 2 n ist G(k) gerade 2 n 1 G((2 n 1) k), dabei ist das bitweise oder, und 2 n die Binärzahl mit nur genau einer 1 an der n-ten Postition. Als Beispiel für n=4: G(0) = 0000 G(1) = 2^0 G(0) = 0001 n=1 G(2) = 2^1 G(1) = 0011 n=2 G(3) = 2^1 G(0) = 0010 G(4) = 2^2 G(3) = 0110 n=3 G(5) = 2^2 G(2) = 0111 G(6) = 2^2 G(1) = 0101 G(7) = 2^2 G(0) = 0100 G(8) = 2^3 G(7) = 1100 n=4... G(15) = 2^3 G(0) = 1000 Dezimalwerte, Gray- und Standard-Binärcode für 4 Bits: dez. 0 1 2 3 4 5 6 7 std. 0000 0001 0010 0011 0100 0101 0110 0111 Gray 0000 0001 0011 0010 0110 0111 0101 0100 dez. 8 9 10 11 12 13 14 15 std. 1000 1001 1010 1011 1100 1101 1110 1111 Gray 1100 1101 1111 1110 1010 1011 1001 1000 Der Gray-Code hat einen Hamming-Abstand von 1, und wird gern zur Codierung digitalisierter, ursprünglich stetiger Analogsignale verwendet. 3.3 Planare Graphen Etwas informell: Definition 134. Ein Graph heißt planar oder eben, wenn an ihn kreuzungsfrei in die Ebene einbetten kann. Definition 135. Für einen planaren Graphen G nennt man die Bereiche der Ebene, die man erhält, wenn man den Graphen an den Kanten zerschneidet, Gebiet. Die Anzahl der sich so ergebenden Gebiete wird mit faces(g) bezeichnet. Das äussere Gebiet zählt dabei mit. 40

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Satz 136. (Eulersche Polyederformel) Sei G = (V,E) ein zusammenhängender ebener Graph. Dann gilt faces(g) = E V + 2 Beweis. Induktion nach E. Der IA sind Bäume, das IS-Argument Kreise! IA: Sei T ein Baum. Bäume sind planar und enthalten keine Kreise, es ergibt sich also faces(t) = 1. Ausserdem gilt für Bäume E = V 1, also E V + 2 = 1. IS: Sei nun ein Graph G = (V,E) gegeben, der kein Baum ist. G enhält mindestens einen Kreis, und dieser Kreis umschliesst ein Gebiet. Entfernt man eine Kante e aus dem Kreis, hat der Graph genau ein Gebiet weniger, und damit nach IV ( E 1) V + 2 Gebiete. G selbst hat genau ein Gebiet mehr, also E V + 2 Gebiete. Satz 137. Für jeden planaren Graphen G = (V,E) mit V > 2 gilt E 3 V 6 Beweis. Eine Einbettung in die Ebene liefert g Gebiete. Jedes Gebiet wird durch mindestens drei Kanten begrenzt, jede Kante begrenzt maximal zwei Gebiete, also: 3 g 2 E. Also 2/3 E g = E V + 2, mithin (1/3) E V 2 Folgerungen: 1. Es gibt keine planare Darstellung für den K 5. 2. Bei Triangularisierungen wird jedes Gebiet von genau drei Kanten begrenzt, für diese gilt daher E = 3 V 6 Satz 138. (Kuratowski) Ein Graph ist genau dann planar wenn er weder eine Unterteilung des K 5 noch des K 3,3 als Teilgraphen enthält. Beweis. Casimir Kuratowski: Sur le problème des courbes gauches en topologie. In: Fund. Math. 15. 1930, 271-283 Bemerkungen 1. Unterteilungen eines Graphen sind Graphen., bei denen einzelnen Kanten durch Pfade ersetzt werden 2. K(5) und K(3,3) sind also gewissermassen die einzigen echten Bausteine für mehrdimensionale Graphen 42

3.4 Graphenfärbungen Im WLAN gibt es 6 Frequenzen, und die AccessPoints müssen so verteilt sein, dass sich in ihrem Sendebereich keine gleichen Frequenzbereiche überlappen, da es sonst zu Störungen kommt. Das kann man durch 6 Farben modellieren: Definition 139. Sei G = (V,E) ein Graph. Eine Knotenfärbung mit k Farben von G ist eine Abbildung c : V [k] mit der Eigenschaft, das für alle Kanten (v, w) E gilt c(v) c(w). Definition 140. Zu einem Graphen G ist die chromatische Zahl (χ(g)) das minimale k, für das eine Knotenfärbung für G existiert. 43

Petersen-Graph P mit χ(p) = 3 Vollständige Graphen K n haben die chromatische Zahl n Kreise mit gerader Knotenzahl kann man abwechselnd färben, also gilt für alle n > 1: χ(c 2n ) = 2 Für Kreise mit ungerader Knotenzahl muss man für den letzten Knoten eine neue Farbe wählen, also gilt hier n > 1: χ(c 2n+1 ) = 3 Bipartite Graphen G haben χ(g) = 2 Satz 141. Ein Graph G = (V,E) ist genau dann bipartit, wenn er keinen Kreis ungerader Knotenzahl als Teilgraphen enthält. Beweis. : Angenommen, G sei bipartit und beinhalte einen Kreis ungerader Ordnung. Dann gäbe es eine Knotenfärbung mit zwei Farben auch für den Kreis - Widerspruch! Beweis. : Man beginnt bei einem Knoten, färbt ihn rot, und färbt in Breitensuche immer nach dem Abstand (also der Zahl der Knoten dazwischen), bei geradem Abstand rot, ungeradem Abstand blau. Da es keinen Kreis ungerader Knotenzahl als Untergraphen gibt, kann man so alle Knoten färben, und die Knoten gleicher Farbe bilden jeweils eine Partition des bipartiten Graphen Satz 142. (Vierfarbensatz): Für jeden planaren Graphen ist χ(g) 4 Beweis. Als Vermutung ist diese Aussage schon recht alt, konnte aber erst 1977 durch Appel und Haken gelöst werden. Er wurde von Mathematikern zunächst (und ggf.immer noch) nur ungern gesehen, da er das Problem in mehrere Mengen von Problemfällen teilt. Der Beweis für die unendliche Menge war dann formal,aber für den Nachweis der Aussage für 1963 problematische Fälle wurde ein Computer(programm) bemüht. Im allgemeinen ist das Problem, χ(g) für einen gegebenenen Graphen bestimmen, recht aufwändig. 44

Das Problem Ist für einen gegebenen Graphen χ(g) 3? ist NP-vollständig. In der Praxis verwendet man daher Näherungslösungen, die idr auf lokalen Informationen beruhen. Beispiel 143. (Greedy-Algorithmus:) Wir besuchen die Knoten des Graphen in einer beliebigen Reihenfolge v 1, v 2,...,v n und ordnen dem aktuellen Knoten jeweils die kleinste Farbe zu, die noch nicht für einen benachbarten, bereits besuchten Knoten verwendet wird. Der Greedy-Algorithmus benötigt im worst case max({deg(v) v V }) Farben. Statt der Knoten kann man auch die Kanten färben Definition 144. Sei G = (V,E) ein Graph. Eine Kantenfärbung mit k Farben von G ist eine Abbildung c : E [k] mit der Eigenschaft, dass für alle Kanten e,f E mit e f (e und f haben also mindestens einen gemeinsamen Knoten) gilt c(e) c(f). Definition 145. Zu einem Graphen G ist der chromatische Index (χ (G)) das minimale k, für das eine Kantenfärbung für G existiert. Definition 146. Für G = (V,E) ist maxdeg(g) := max{deg(v) v V } Sicher muss χ (G) maxdeg(g) gelten. Es gilt aber folgender Satz von Vizing (Wadym G. Wysyng, 1964): χ (G) maxdeg(g) + 1 Zum Beweis gab Wysyng einen Algorithmus an, der in O( V E ) eine Kantenfärbung liefert. Das Entscheidungsproblem, ob für einen gegebenenen Graphen G gilt χ (G) = maxdeg(g) oder χ (G) = maxdeg(g) + 1 ist aber wieder NP-vollständig (Holyer, 1981). Eine Annäherung an die Lösung lieferten Erdős & Wilson 1977 mit dem Satz: χ (G) = maxdeg(g) für fast alle Graphen maxdeg(p) = 3, χ(p) = 3, χ (P) = 4 3.5 Matchings Es sind oft Elemente einer Menge einer anderern paarweise nach gewünschten Eigenschaften zuzuordnen, z.b. Stellen zu Arbeitssuchenden Zeitungsartikel den Plätzen auf einer Seite, Vorlesungen zu Räumen, 45

... Beispiel 147. Fünf Vorlesungen V25M, V40B, V45, V60B und V200M suchen entsprechend grosse Räume, die mit Beamer und/oder Musikanlagen ausgestattet sind. Dazu gibt es folgende Hörsääle mit Platzzahlen und Ausstattung: H200BM, H150B, H100B, H120M, H50BM. Gibt es ein sinnvolle Verteilung der Vorlesungen auf die Hörsääle? Definition 148. Sei ein Graph G = (V,E) gegeben. 1. Eine Teilmenge M E heisst Matching oder Paarung, wenn die Kanten von M paarweise keine gemeinsamen Knoten haben, d.h. e,f M : e f =. 2. Ein Knoten k heisst (von einem Matching) überdeckt, wenn er in einer Kante des Matchings enthalten ist. 3. Ein Matching M heisst maximal, wenn für alle Kanten e E M gilt: M {e} ist kein Matching mehr. 4. Ein Matching M heisst perfekt, wenn alle Knoten überdeckt sind. Links einfaches, rechts perfektes Matching. 46

U.a. für Sterngraphen gibte es kein perfektes Matching. Satz 149. (Heiratssatz, Hall 1935:) In bipartiten Graphen G mit Bipartition {A, B} existiert genau dann ein Matching, das jeden Knoten aus A überdeckt, falls für jedes S A gilt, dass ihre Nachbarschaft mindestens so groß ist wie S selbst. Die Nachbarschaft einer Knotenmenge sind dabei die Nachbarn all ihrer Knoten. Mi V45M statt V25 gäbe es hier ein Problem, denn N({V 25M,V 45M, V 200M}) = 2 Erfüllt ein bipartiter Graph G = (V,E) die Bedingungen des Satzes von Hall, so kann man ein Matching M der Kardinalität M = A in Zeit O( V E ) bestimmen. 4 Arithmetik - Zahlentheorie Die Menge der ganzen Zahlen Z ist bezüglich der Division nicht abgeschlossen. Deswegen ist interessant zu untersuchen, wann Divisionsergebnisse wieder in Z liegen. Definition 150. k m = n 1. Seien n, m Z. Man sagt m teilt n (m n), wenn es ein k Z, k 0 gibt, für das gilt: 2. Für n, m Z bezeichnet den grössten gemeinsamen Teiler von n und m 3. Für n, m Z bezeichnet das kleinste gemeinsame Vielfache von n und m 4. m, n 0 : kgv (m, n) = m n ggt(m,n) ggt(n, m) := max{d N : d m und d n} kgv (n, m) := min{v N : m v und n v} 47

Definition 151. Die eulersche Phi-Funktion ϕ ordnet natürlichen Zahlen n > 1 die Anzahl der teilerfremden Zahlen zu, die kleiner als n sind: ϕ(n) := {m N : m < n ggt(m, n) = 1} Beispiel 152. ϕ(5) =4, ϕ(6) =2, ϕ(7) =6, ϕ(12) =4,... 4.1 Moulo-Arithmetik Definition 153. Sei m N, m > 0. Zwei Zahlen a,b Z heissen kongruent modulo m genau dann, wenn m (a b). Man schreibt dann a b (mod m) 1. a b (mod m) k Z : a = k m + b 2. a b (mod m) a : m = b : m = r (Division mit Rest) 3. Für den eindeutig definierten Rest r gilt ja a = b/m m + r. Man schreibt dann einfach a mod m = b mod m = r 4. Damit: a b (mod m) a mod m = b mod m Satz 154. 1. (a + b) mod m = ((a mod m) + (b mod m)) mod m 2. (a b) mod m = ((a mod m) (b mod m)) mod m Beweis. A, B Z : a = A m + a mod m, b = B m + b mod m. Summieren liefert (1). Produkt bilden und (1) anwenden liefert (2), denn für beliebige z gilt natürlich z m mod m = 0. Der Satz erspart ggf. das Rechnen mit sehr grossen Zahlen, wenn uns nur das Ergebnis modulo m interessiert, wie u.a. bei der Verschlüsselung oder bei Bestimmung von modulo-basierten Checksummen. 4.2 RSA-Arithmetik Für die RSA-Codierung, die auf dem Chinesischen Restsatz beruht, sei N der RSA-Modul, ein Produkt zweier (großer) Primzahlen, e der zu ϕ(n) teilerfremde Verschlüsselungs-Exponent, d das multiplikative Inverse zu e bzgl. des des Moduls ϕ(n), also e d 1 (mod ϕ(n)), der Entschlüsselungs- Exponent 48

K der Klartext, und C der Code. Dann erfolgt Verschlüsseln via: C K e (mod N) und Entschlüsseln via: K C d (mod N) (http://de.wikipedia.org/wiki/rsa-kryptosystem) Beispiel 155. e = 23, N = 143, d = 47. Kodiert werden soll 5: C = 5 23 mod 143 = ((((5 2 ) 2 5) 2 5) 2 5) mod 143 = (((53 5) 2 5) 2 5) mod 143 = ((122 2 5) 2 5) mod 143 = ((12 5) 2 5) mod 143 = 125 Beispiel 156. e = 23, N = 143, d = 47. Dekodieren von 125: 125 47 mod 143 = (((((125 2 ) 2 125) 2 125) 2 125) 2 125) mod 143 = (((((38) 2 125) 2 125) 2 125) 2 125) mod 143 = ((((14 125) 2 125) 2 125) 2 125) mod 143 = (((34 125) 2 125) 2 125) mod 143 = ((27 125) 2 125) mod 143 = ((86) 2 125) mod 143 = (103 125) mod 143= 5 Beispiel 157. Die letzte Stelle der ISBN-Nummer (ISBN-10, bis 2006) ist die nach Position gewichtete Summe der Ziffern davor mod 11. Einfache (Tipp-)fehler sind dann leicht zu erkennen. Z.B: ISBN 3-540-46660-6: 1 3 + 2 5 + 3 4 + 4 0 + 5 4 + 6 6 + 7 6 + 8 6 + 9 0 = 171 171 mod 11 = 6 Beispiel 158. Weitere Beispiele des Einsatzes der Modulo-Arithmetik Die Prüfziffer bei ISBN-13 berechnet sich so: z 13 = (10 ((z 1 + z 3 + z 5 + z 7 + z 9 + z 11 + 3 (z 2 + z 4 + z 6 + z 8 + z 10 + z 12 )) mod 10) mod 10 Ein vergleichbares Verfahren verwendet der EAN-Barcode, (http://de.wikipedia.org/wiki/european_article_number) Eine Zahl ist durch 3 teilbar, wenn ihre Quersumme durch drei teilbar ist. Das ist mit der Beobachtung k : 10 k mod 3 = 1 mit dem Satz einfach beweisbar.... Satz 159. Für a,b,c, d,m Z und m > 1, a b (mod m) und c d (mod m) gilt: 1. (a + c) mod m = (b + d) mod m 2. (a c) mod m = (b d) mod m Beweis. A, C : a b = A m, c d = C m, mithin (a + c) (b + d) = (A + C) m Teil (2) entsprechend. Achtung - die Umkehrung gilt i.a,. nicht. Insondere folgt aus (a c) (b c) (mod m) nur dann a b (mod m), wenn m und c teilerfremd sind. Satz 160. (Euklid) Für natürliche Zahlen m < n, mit wobei m n nicht teilt, gilt ggt(m, n) = ggt(n mod m, m) 49

Beweis. Es gilt k : n mod m = n k m. Damit gilt für ein d: (d n d m) d (n mod m) Gilt andersherum für ein d: d n d (n mod m), so gilt wegen n = k m + (n mod m) auch d n. Dieser Satz liefert einen effizienten Algorithmus zur Berechung des ggt : function euklid(m,n) { if (m=0) return n else return euklid(n mod m, m); } z.b.: euklid(15,10) = euklid(10,15) = euklid(5,10) = euklid(0,5)= 5 I.A. sind in der Modularithmetik Lösungen linearer Gleichungen nicht mehr so eindeutig. Gibt es eine Lösung x für die Gleichung a x = b mod m, so ist auch auch x + k m für alle ganzen Zahlen k eine Lösung. Schränkt man den Lösungsbereich auf das Repräsentantensystem ein, kann es immer noch mehrere Lösungen geben. z.b: 2 x = 4 mod 6 hat als Lösung in Z 6 x = 2 und x = 5. Um Eindeutigkeit zu erreichen, benötigt man hinreichend viele Module Satz 161. (Der Chinesische Restsatz) Für natürliche Zahlen a 1,...,a k, m 1,...,m k, wobei die m i paarweise teilerfremd sind, und m := m 1... m k, gibt es genau ein x Z m mit: x a 1 (mod m 1 ), x a 2 (mod m 2 ),... x a k (mod m k ). Beweis. Man kann den Satz recht einfach mit unseren bekannten Methoden beweisen, indem man die Bijektivität der Abbildung x (x mod m 1,...,x mod m k ) nachweist. Meist wird er allerding mit dem etwas komplexeren Vokabular und den Methoden der Algebra beweisen, z.b. bei Wikipedia: http://de.wikibooks.org/wiki/beweisarchiv: _Algebra:_Ringe:_Chinesischer_Restsatz 4.3 Primzahlen Laut Don Zagier, Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn:... gehören sie trotz ihrer einfachen Definition zu den willkürlichsten, widerspenstigsten Objekten, die der Mathematiker studiert. Sie wachsen wie Unkraut unter den natürlichen Zahlen, scheinen keinem anderen Gesetz als dem Zufall unterworfen... [Zugleich zeigten sie aber]... die ungeheuerlichste Regelmäßigkeit auf und sind durchaus Gesetzen unterworfen, denen sie mit fast peinlicher Genauigkeit gehorchen. Aus: http://www.spektrum.de/artikel/972374&_z=798888 Definition 162. Eine natürliche Zahl p > 1 heisst Primzahl oder prim, wenn nur p selbst und 1 p teilen. Formaler: p N, p > 1 ( n N,0 < n < p : ggt(n, p) = 1) Beachte: 1 ist keine Primzahl Satz 163. (Fundamentalsatz der Arithmetik) Jede natürliche Zahl ist (bis auf die Reihenfolge eindeutig) als Produkt von Primzahlpotzenzen darstellbar. Beweis. 1. (Existenz - Induktion nach n:) IA: n=1 ist prim. IS: n prim - ok, sonst n=k*m, beide kleine. Mit IS - q.e.d. 2. (Eindeutigkeit - Widersprich:) In beiden Darstellungen schreiben, kürzen - dann muss ein Primzahlprodukt übrig bleiben, was aber durch eine anderer Primzahl teilbar ist - Widerspruch! 50

Satz 164. (Euklid): Es gibt unendlich viele Primzahlen Beweis. (Widerspruch:) Angenommen, es gäbe nur k < viele Primzahlen p 1,...,p k. Es ist dann q := (p 1 p 2... p k ) + 1 eine Zahl, die nicht durch p 1,...p k teilbar ist. Es muss aber eine Darstellung von q als Produkt von Primzahlpotenzen geben - Widerspruch! Definition 165. π(n) := {p n : p ist prim} bezeichnet die Anzahl der Primzahlen kleiner oder gleich n. BSP: π(10) = 4, π(100) = 25, π(1000) = 168,... Satz 166. (Primzahlsatz) Für alle n N gilt: π(n) = (1 + o(1)) n ln(n) In der Praxis ignoriert man den o(1)-term meist, und schätzt π(n) direkt mit n/ln(n) ab. BSP: Es ist exp(10) 22062, ln(exp(10)) = 10, also gibt es etwa 2206 Primzahlen die kleiner als 22062 sind. Goldbach-Vermutung: Jede gerade Zahl > 3 lässt sich als Summe zweier Primzahlen ausdrücken. 4=2+2, 6=3+3, 8=5+3, 10=5+5, 12=7+5, 14=7+7. 16=11+5, 18=11+7, 20=13+7,... Vermutung: Es gibt unendlich viele Primzahlzwillinge, also Paare (p, p + 2), wobei p und p + 2 prim sind. (3,5), (5,7), (11,13), (17,19),... Primzahlzwillinge müssen die Form 6n 1, 6n + 1 haben. Anfang 2009 sind zwei Zahlen mit fast 59000 Dezimalstellen das grösste bekannte Zwillingspaar. Im Juli 2010 steht im wiki als derzeit grösste bekannte Paar von Primzahlzwillingen 65516468355 2 333333 ± 1(= 111659...716160 ± 1), das sind Zahlen mit 100355 Stellen. Fermat vermutete, er habe eine gute Methode gefunden, grosse Primzahlen zu finden: Definition 167. Eine Primzahl der Form p = 2 n + 1 für n N heisst Fermatsche Primzahl Natürlich sind nicht alle Zahlen der Form Primzahlen! BSP: 3 = 2 + 1, 5 = 2 2 + 1, 17 = 2 4 + 1 sind prim, 9 = 2 3 + 1 nicht. Definition 168. Eine Zahl F(n) = 2 2n + 1 mit n N, heisst n-te Fermatsche Zahl Satz 169. Eine Fermatsche Primzahl ist eine Fermatsche Zahl Beweis. (Widerspruch) Annahme, eine Fermatsche Primzahl enthalte im Exponenten einen ungeraden Faktor u : p = 2 u v +1 = 2 vu +1 = a u +1, mit a = 2 v. Für ungerade Exponenten (und nur für solche) kann man aber eine Zahl der Form a u + 1 zerlegen: a u + 1 = (a + 1) (a u 1 a u 2 +... + a 2 a + 1) Also ist p nicht prim - Widerspruch! 51

F(0) = 3, F(1) = 5, F(2) = 17, F(3) = 257, F(4) = 65537 sind prim. F(5) = 4294967297 = 641 6700417 ist nicht prim (Euler, 1732) F(6) = 274177 * 67280421310721 ist nicht prim (Landry, 1880) F(7) = 59649589127497217 * 5704689200685129054721 (Morrison/Brillhart, 1970) Auch für einige grösserer Fermatsche Zahlen sind Zerlegungen bekannt. Man vermutet inzwischen, das nur F(0),..., F(4) Primzahlen sind. Definition 170. Eine Primzahl p = 2 n 1 für ein n N heisst Mersenne-Primzahl Natürlich sind nicht alle Zahlen der Form Primzahlen! BSP: 3, 7, 63 sind prim, 15 nicht Für Mersenne-Zahlen lässt ist ein relativ einfacher, effizienter Primzahltest, der Lucas-Lehmer-Test, anwenden. Deswegen sind die grössten bekannten Primzahlen sind meistens Mersenne-Primzahlen. Gemeldet wurden 2008 zwei neue grösste bekannte Primzahlen: 2 37156667 1 mit 11185272 Stellen, und 2 43112609 1 mit 12978189 Stellen. Bei der Suche nach grossen Primzahlen werden seit 1951 Computer eingesetzt. Bis 1996 waren das idr einzelne (Super-)Computer, danach ein per Internet verteilt rechnendes System GIMPS (Great Internet Mersenne Prime Search), das die Leerlaufzeiten von Rechnern ausnutzt. Dem steht imzwischen etwas der Energiespargedanke entgegen. (http://de.wikipedia.org/wiki/primzahl#gr.c3.b6.c3.9fte_bekannte_primzahl) Primzahltests: brute force: Dividieren bis zum Wert der Wurzel Mit einem Sieb: http://de.wikipedia.org/wiki/sieb_des_eratosthenes Lukas-Lehmer-Test: Nur für Mersenne-Zahlen. (u.a. GIMPS)... Der Fermatscher Primzahltest beruht auf dem kleinen Fermatscher Satz. Er sagt aus, das eine Zahl n nicht prim ist, wenn für alle 1 < a < n nicht gilt a n 1 1 (mod n). Das ist nur eine hinreichende, keine notwendige Bedingung. Es gibt also zerlegbare Zahlen, die die obige Bedingung auch erfüllen. Auf einer Verfeinerung davon, die die Anzahl der zu prüfenden Faktoren herabsetzt, beruht auch der Lukas- Lehmer-Test, der dann für Zahlen mit einer einfachen und kleinen Primfaktorzerlegung gut funktioniert. Der Wahrscheinlichkeitstest nach Solovay-Strassen beruht auf einem Satz von Euler und liefert Eulersche Pseudoprimzahlen. Der Miller-Rabin-Test beruht auf einem Satz von Miller und liefert starke Pseudoprimzahlen. Lemma 171. Sei p ein Primzahl, k N, dann ist ϕ(p k ) = p k (1 1/p) Beweis. Es gibt p k Zahlen, die kleiner oder gleich p k sind. Von diesen wird p k genau von den Vielfachen von p geteilt. Davon gibt es genau p k 1. Also sind die teilerfremden Zahlen die Differenz: ϕ(p k ) = p k p k 1 = p k (1 1/p) Lemma 172. Sei n N, n > 1 mit folgender Primzahlzerlegung: Dann ist n = p m1 1 pm2 2...pm k k ϕ(n) = (p 1 1)p m1 1 1 (p 2 1)p m2 1 2... (p k 1)p m k 1 k 52

Beweis. direkt mit dem obigen Lemma. Satz 173. (Euler): Für alle natürlichen Zahlen n > 1 gilt für alle a mit n > a > 0 und ggt(n, a) = 1: Für Primzahlen gilt natürlich ϕ(p) = p 1 a ϕ(n) 1 (mod n) Satz 174. ( kleiner Fermat ): Für alle natürlichen Zahlen p > 1 gilt: p ist eine Primzahl m Z p {0}: m p 1 1 (mod p) Beweis. ( :) aus der Bemerkung und dem Satz von Euler ( :) Sei q ein beliebiger Teiler von p, dann gibt es k, l mit q p 1 = 1 + k p, und l q = p, also q p 1 1 = k l q. Das kann nur für q = 1 allgemein gelten, also ist p prim. Beispiel: p = 4, Z p = {0,1,2,3}, 1 3 = 1, 1 1 (mod 4) 2 3 = 8, 8 0 (mod 4) 3 3 = 27, 27 3 (mod 4) Beispiel: p = 5, Z p = {0,1,2,3,4}, 1 4 = 1, 1 1 (mod 5) 2 4 = 16, 16 1 (mod 5) 3 4 = 81, 81 1 (mod 5) 4 4 = 256, 256 1 (mod 5) 4.4 Polynome Definition 175. Sei K ein Körper, n N und a 0,...a n K, dann ist ein Polynom vom Grad n (deg(p) = n) über K p(x) := a n x n + a n 1 x n 1 +... + a 1 x + a 0 p(x) = x 2 53

p(x) = x 3 p(x) = x 3 + x 2 Definition 176. Sie p(x) = a n x n + a n 1 x n 1 +... + a 1 x + a 0. Dann ist diese Darstellung nennt man Horner-Schema p(x) = (((...(a n x + a n 1 ) x + a n 2 ) x + a n 3 )... + a 1 ) x + a 0 Das Horner-Schema ist mit folgendem Algorithmus zu berechnen: INPUT: x enthalten den Argumentwert, das Array a[] die Koeffizienten. OUTPUT: Der Wert p(x) in der Variable p p = a[n]; for (i=n; i>0 ; i = i-1) { p = p*x + a[i-1] } Man kann p(x) für ein x also in O(n) Schritten auswerten. Definition 177. Für zwei Polynome p(x) = a n x n + a n 1 x n 1 +... + a 1 x + a 0 und q(x) = b m x m + b m 1 x m 1 +... + b 1 x + b 0 und k := max(m, n) ist (mit entsprechend ergänzten Koeffizienten) 1. (p + q)(x) := p(x) + q(x) = (a k + b k )x k +... + (a 1 + b 1 )x + (a 0 + b 0 ), 2. (p q)(x) := p(x) q(x) = (a k b k )x k +... + (a 1 b 1 )x + (a 0 b 0 ), und 3. (pq)(x) := p(x) q(x) = c (m+n) x (m+n) + c (m+n) 1 x (m+n) 1 +... + c 1 x + c 0. Für i = 0,...,n + m ist dabei c i := j=0,...,i a jb i j 54

Satz 178. Seien a(x), b(x) zwei Polynome, und b(x) 0. Dann gibt es eindeutig bestimmte Poynome q(x) und r(x) mit 1. a(x) = q(x)b(x) + r(x) 2. r(x) = 0 oder deg(r) < deg(b) Beweis. (1. Existenz:) Falls deg(b) > deg(a) ist offenbar mit r := a,a = 0 q + a der Satz erfüllt. Wir betrachten also nur noch deg(a) deg(b) und machen eine Induktion nach deg(a): IA: deg(a) = 0 = deg(b) => a = a 0 und b = b 0 sind konstant. Damit erfüllt q(x) = a 0 /b 0 und r(x) = 0 die Erwartungen. IS: deg(a) > 0, deg(b) deg(a), und sei a(x) = a n x n + a n 1 x n 1 +... + a 1 x + a 0 und b(x) = b m x m + b m 1 x m 1 +... + b 1 x + b 0. Sei weiter s(x) := a(x) (a n /b m )x n m b(x) Dafür gibt es nach IV eine Darstellung s(x) = t(x)b(x) + r(x). Es ist dann also a(x) = s(x) + (a n /b m )x n m b(x) = t(x)b(x) + (a n /b m )x n m b(x) + r(x) = (t(x) + (a n /b m )x n m )b(x) + r(x), wir haben also eine Darstellung für a(x) als Produkt mit Rest wie im Satz gefunden. Beweis. (2. Eindeutigkeit:) Angenommen. es gäbe zwei Darstellungen der o.g. Form, also a(x) = q 1 (x)b(x)+r 1 (x) = q 2 (x)b(x) + r 2 (x) Dann gilt auch (q 1 q 2 )b = r 2 r 1 Wenn q 1 q 2 0, ist deg((q 1 q 2 )b) deg(b). Es ist aber deg(r 2 r 1 ) < deg(b) Widerspruch! Die Polynome q und r aus dem obigen Satz lassen sich in O(n 2 ) Schritten bestimmen. Man kann die Begriffe teilt und Teiler ganz kanonisch auf Polynome erweitern, damit auch die gesamte Modulo- Rechung, und auch den ggt zweier Polynome mit dem Euklidischen Algorithmus bestimmen. 4.4.1 Nullstellen Definition 179. Für ein Polynom p(x) heisst ein Wert x 0 mit p(x 0 ) = 0 Nullstelle von p. Für lineare Polynome ist das einfach: x a = 0 x = a Für quadratische Polynome kann man eine Formel herleiten ax 2 + bx + c = 0 x 2 + (b/a)x + c/a = 0 wird mit Umbenennung p := b/a und q := c/a zu der normierten Form x 2 + px + q = 0 Lösung durch quadratische Ergänzung: Man überlegt, das man eine Gleichung der Form (x + s) 2 = 0 durch einfaches Ziehen der Wurzel lösen kann Mit dem Ansatz über (x + s) 2 = x 2 + 2sx + s 2 identifiziert man p = 2s also s 2 = (p/2) 2. Damit: x 2 + px + q = 0 x 2 + px = q, ergänze (p/2) 2 55