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genau dann der Fall von ϕ(a) nicht zwei Punkten aus ϕ(m) liegt, wenn also ϕ(a) ein Extremalpunkt von ϕ(m) ist. Ist schließlich s R 2 ein Strahl, also s = a + R 0 u für a, u R 2 mit u 0 so folgt ϕ(s) = Aa + u + R 0 Au, d.h. ϕ(s) ist ein Strahl mit Startpunkt Aa + u = ϕ(a). Damir kommen wir zu den Strecken und den zu ihnen passenden Kongruenzbegriff. Definition 1.25 (Strecken und Kongruenz von Strecken) Sei d N. Eine Strecke im R d ist ein Paar ab := (a, b) zweier verschiedener Punkte im R d. Zwei Strecken ab und a b heißen kongruent, in Zeichen ab a b, wenn es eine Bewegung ϕ des R d mit ϕ(a) = a und ϕ(b) = b gibt. Für Strecken bedeutet Kongruenz dann die Abstandsgleichheit, seien also a, b, a, b R d mit a b und a b gegeben. Dann behaupten wir das genau dann ab a b gilt wenn ab = a b ist. Ist zunächst ab a b so existiert eine Bewegung ϕ mit ϕ(a) = a und ϕ(b) = b also ist auch a b = ϕ(a)ϕ(b) = ab. Nun nehme umgekehrt ab = a b an. Betrachte die Strahlen s mit Startpunkt a und s mit Startpunkt a mit b s und b s. Wie schon gezeigt gibt es eine Bewegung ϕ mit ϕ(s) = s, also auch ϕ(a) = a. Dann ist ϕ(b) s mit a ϕ(b) = ab = a b, die Eindeutigkeit des Abtragens von Ecken auf einem Strahl liefert also ϕ(b) = b und wir haben ab a b. Anstalle der Strecke ab können wir hier gleichwertig das Intervall [a, b] R d betrachten, es ist auch genau dann ab a b wenn [a, b] [a, b ] ist. Die Implikation von links nach rechts ist dabei klar, und für die andere Implikation beachte das a, b die beiden Extremalpunkte von [a, b] sind, also muss eine Bewegung ϕ mit ϕ([a, b]) = [a, b ] auch {ϕ(a), ϕ(b)} = {a, b } erfüllen und insbesondere ist ab = a b, wir haben also ab a b. Bei der Kongruenz von Strecken spielt es also keine Rolle ob wir den zur Streckdenefinition verwendeten Tupelstandpunkt oder den Mengenstandpunkt verwenden, wobei letzteres bedeutet anstelle des Paares (a, b) die Teilmenge [a, b] des R d zu betrachten. Bei anderen Objekttypen kann dies anders aussehen. Im nächsten Schritt führen wir die Kongruenz orientierter Winkel ein. Definition 1.26 (Kongruenz orientierter Winkel) Zwei orientierte Winkel (u, v) und (u, v ) heißen kongruent, in Zeichen (u, v) (u, v ), wenn es eine Bewegung ϕ des R 2 mit ϕ(u) = u und ϕ(v) = v gibt. Die Kongruenzklassen orientierter Winkel werden durch das nicht orientierte Winkelmaß bestimmt und nicht etwa durch das orientierte Winkelmaß, dieses bleibt nur unter eigentlichen Bewegungen erhalten. Wir wollen dies einmal als ein Lemma formulieren. Lemma 1.39 (Kongruenzeigenschaften orientierter Winkel) Seien (u, v) und (u, v ) zwei orientierte Winkel im R 2. (a) Ist ϕ eine Bewegung des R 2 so gilt { (u, v), (ϕ(u), ϕ(v)) = (u, v), ϕ ist eigentlich, ϕ ist nicht eigentlich. 12-2

(b) Genau dann ist (u, v) (u, v ) wenn (u, v) = (u, v ) gilt. Beweis: (b) = Dies ist klar nach Lemma 37.(c). = Zunächst wissen wir bereits das u u ist, es gibt also eine Bewegung ϕ mit ϕ(u) = u. Dann ist v := ϕ(v) ein Strahl mit demselben Startpunkt wie u und wie bereits gezeigt gilt (u, v ) = (u, v) = (u, v ). Ist v = v so sind wir bereits fertig. Im anderen Fall v v ergibt die Eindeutigkeit des Abtragens von Winkeln auf eine vorgegebene Seite das v und v auf verschiedenen Seiten der Gerade l R 2 mit u l liegen. Damit liegen v und σ l (v ) auf derselben Seite von l und wegen (u, σ l (v )) = (u, v ) = (u, v ) ergibt eine weitere Anwendung der Eindeutigkeit des Abtragens von Winkeln das σ l (v ) = v gilt. Wir erhalten die Bewegung ψ := σ l ϕ mit ψ(u) = u und ψ(v) = v, also ist auch in diesem Fall (u, v) (u, v ). (b) Ist v = u oder ist v der u gegenüberliegende Strahl so trifft dies auch auf ϕ(u) und ϕ(v) zu und wir haben (ϕ(u), ϕ(v)) = (u, v) {0, π}, in diesem Fall gilt die Behauptung damit. Andernfalls sei a der gemeinsame Startpunkt von u und v und wähle b u\{a} und c v\{a}. Dann sind a, b, c nicht kollinear und bilden somit eine affine Basis des R 2. Zunächst nehme weiter an das a, b, c eine positiv orientierte affine Basis des R 2 ist. Nach Aufgabe (18.a) ist 0 < (bac) < π und nach Lemma 37.(c) haben wir (ϕ(b)ϕ(a)ϕ(c)) = (bac) = (bac). Ist ϕ eigentliche Bewegung so ist auch ϕ(b), ϕ(a), ϕ(c) positiv orientiert, also ist wieder nach Aufgabe (18.a) auch 0 < (ϕ(b)ϕ(a)ϕ(c)) < π und somit (ϕ(b)ϕ(a)ϕ(c)) = (ϕ(b)ϕ(a)ϕ(c)) = (bac). Ist ϕ keine eigentliche Bewegung, so ist ϕ(b), ϕ(a), ϕ(c) nach Lemma 37.(b) eine negativ orientierte affine Basis des R 2, nach Aufgabe (18.a) ist damit π < (ϕ(b)ϕ(a)ϕ(c)) < 2π und es folgt (ϕ(b)ϕ(a)ϕ(c)) = 2π (ϕ(b)ϕ(a)ϕ(c)) = (bac). Im verbleibenden Fall ist a, b, c eine negativ orientierte affine Basis des R 2. Dann ist a, c, b nach Aufgabe (18.b) eine positiv orientierte affine Basis des R 2 und nach der bereits bewiesenen Teilaussage ist (ϕ(c)ϕ(a)ϕ(b)) = (cab) wenn ϕ eine eigentliche Bewegung ist und (ϕ(c)ϕ(a)ϕ(b)) = (cab) sonst. Wegen (bac) = (cab) und (ϕ(b)ϕ(a)ϕ(c)) = (ϕ(c)ϕ(a)ϕ(b)) folgt die Behauptung auch in diesem Fall. Schließlich wollen wir noch einen Kongruenzbegriff für Dreiecke einführen. Definition 1.27 (Dreiecke und Kongruenz von Dreiecken) Ein Dreieck ist ein Tripel abc := (a, b, c) aus drei nicht kollinearen Punkten des R 2. Wir nennen das Dreieck orientiert wenn a, b, c eine positiv orientierte Basis des R 2 ist. Zwei Dreicke abc und a b c heißen kongruent, in Zeichen abc a b c wenn es eine Bewegung ϕ des R 2 mit ϕ(a) = a, ϕ(b) = b und ϕ(c) = c gibt. Zu jedem Dreieck abc in R 2 haben wir eine zugehörige Teilmenge des R 2, nämlich die konvexe Hülle co({a, b, c}). Oftmals bezeichnen wir auch diese Menge als ein Dreieck. Beachte aber das die Kongruenz von Dreiecken nicht der Kongruenz dieser Teilmengen entspricht, aus abc a b c folgt zwar co({a, b, c}) co({a, b, c }) aber nicht umgekehrt. Die drei Punkte a, b, c sind die Extremalpunkte ihrer konvexen Hülle co({a, b, c}), aus co({a, b, c}) co({a, b, c }) folgt also nur {a, b, c} {a, b, c }. 12-3

Die Kongruenz von Dreiecken läßt sich bereits an ihren Seitenlängen entscheiden, zwei Dreiecke sind genau dann kongruent wenn in ihnen entsprechende Seiten dieselbe Länge haben, der sogenannte Kongruenzsatz SSS für Seite Seite Seite. Bei unserem Aufbau ist es beweistechnisch günstig zuvor den Kongruenzsatz SWS für Seite Winkel Seite zu behandeln, dass also zwei Dreiecke genau dann kongruent sind wenn ein Paar entsprechender Seiten und der Winkel zwischen ihnen kongruent sind. Satz 1.40 (Kongruenz von Dreiecken) Seien abc und a b c zwei Dreiecke im R 2. (a) Ist abc a b c so gelten ab = a b, bc = b c und ca = c a sowie (bac) = (b a c ), (cba) = (c b a ) und (acb) = (a c b ). (b) Genau dann gilt abc a b c wenn ab = a b, bc = b c und ca = c a gelten. (c) Genau dann gilt abc a b c wenn ab = a b, ac = a c und (bac) = (b a c ) gelten. Beweis: (a) Die Aussage über die Seiten ist klar und die für Winkel gilt nach Lemma 37.(c). (c) = Klar nach (a). = Seien u, v die Strahlen mit Startpunkt a und b u, c v sowie u, v die Strahlen mit Startpunkt a und b u und c v. Dann gilt (u, v) = (u, v ) und nach Lemma 39.(b) existiert eine Bewegung ϕ des R 2 mit ϕ(u) = u und ϕ(v) = v. Damit ist ϕ(b) u mit a ϕ(b) = ab = a b, die Eindeutigkeit des Abtragens von Strecken längs eines Strahls liefert also ϕ(b) = b. Analog folgt ϕ(c) = c und wir haben abc a b c. (b) = Klar nach (a). = Nach dem Cosinussatz Satz 32 gilt auch ( ) ( ) ab 2 + ac 2 bc 2 a b 2 + a c 2 b c 2 (bac) = arccos = arccos = (b a c ), 2 ab ac 2 a b a c also ist nach (c) wieder abc a b c. 1.7 Einige Anmerkungen In diesem Kapitel haben wir gesehen wie sich die elementare ebene und räumliche Geometrie aufbauend auf den Begriffen und Aussagen der Grundvorlesungen exakt begründen läßt. Insbesondere haben wir eingesehen das die auf Anschauung beruhende Argumentation des Schulunterrichts nicht nur aus heuristischen Plausibilitätsbetrachtungen besteht sondern sich als exakte Beweisführung auffassen läßt. Dass etwas anschaulich klar sei ist natürlich niemals eine echte Begründung, zumindest im Rahmen 12-4

der Elementargeometrie kann man die anschaulichen Argumente aber als Bauplan für eine solche auffassen. Da sich dies zumeist recht mechanisch durchführen läßt, oft muss man das betrachtete Bild ja nur in Worten ausformulieren, wollen wir in den verbleibenden Kapiteln dieses Skripts auch nicht mehr alle Details vollständig begründen. An dieser Stelle wollen wir nur noch zwei kleine abschließende Bemerkungen unterbringen. Die Bewegungen der Ebene bilden eine Gruppe G, die sogenannte Bewegungsgruppe der Ebene. Mit dem Satz von Chasles Satz 38 folgt das es in G genau zwei Typen von Involutionen, also von Elementen der Ordnung Zwei, gibt, zum einen die Menge S := {σ g g R 2 ist eine Gerade} aller Geradenspiegelungen und zum anderen die Menge P := {σ p : R 2 R 2 ; x 2p x p R 2 } aller Punktspiegelungen. Dabei sind S und P beides Konjugiertenklassen in G. Die Konjugiertenklasse S aller Geradenspiegelungen ist ein Erzeugendensystem von S, es gilt also G = S, die Menge P der Punktspiegelungen aber nicht, es ist nur P = P T = {x σx + a a R 2, σ { 1, 1}} wobei T die Menge aller Translationen ist. Die Menge S der Geradenspiegelungen läßt sich also vollständig in Termen der Gruppenstruktur von G beschreiben. Die Menge P wird dann zu P = {ab a, b S, ab = ba 1} und für p R 2 und Geraden g, h R 2 sind p g σ p σ g = σ g σ p, g h σ g σ h = σ h σ g 1. In diesem Sinne ist die euklidische Geometrie der Ebene in ihrer eigenen Automorphismengruppe enthalten. All dies wirklich zu beweisen wird in Aufgabe (27) durchgeführt. Tatsächlich lassen sich viele der geometrischen Aussagen über die Ebene durch Spiegelungsrechnen beweisen und dies legt es nahe die Situation umzudrehen und die Geradenspiegelungen als Grundbegriff zu verwenden. Bei diesem Ansatz startet man mit einer Gruppe G und einer involutorischen Konjugiertenklasse S G mit G = S. Die Elemente von S nennt man dann Geraden. Weiter nennen wir ein Element p von G dann einen Punkt wenn es a, b S mit p = ab = ba 1 gibt, bezeichne P G die Menge aller Punkte. Weiter sagen wir dann das ein Punkt p auf einer Geraden g liegt wenn pg = gp 1 ist und wir nennen zwei Geraden g, h senkrecht aufeinander wenn gh = hg 1 ist. Ohne weitere Annahmen für G und S wird dies natürlich keine vernünftige geometrische Struktur ergeben, man kann nun aber beginnen geeignete Axiome für (G, S) zu suchen und dann untersuchen 12-5

welche Geometrien sich so ergeben. Dies führt letztlich zu einer ausgedehnten Theorie die unter dem Namen Aufbau der Geometrie aus dem Spiegelungsbegriff bekannt ist. Soviel zu den Spiegelungen, wir kommen nun zu einer Anmerkung über hier nicht diskutierte Begriffe. Zunächst gibt es neben den orientierten und nicht orientierten Winkeln zwischen Strahlen auch noch orientierte und nicht orientierte Winkel zwischen Geraden, zwischen Ebenen im Raum und allgemeiner zwischen Hyperebenen sowie Halbhyperebenen in Rd. Beispielsweise ist der Winkel ψ in Aufgabe (23.c) ein solcher orientierter Winkel zwischen Geraden. All diese Begriffe lassen sich ähnlich zu den bei uns behandelten Winkeln von Strahlen einführen und untersuchen, wir wollen hier aber darauf verzichten dies weiter auszuführen. Winkel zwischen Ebenen werden wir später trotzdem verwenden. Ebenfalls nicht behandelt haben wir die Begriffe von Fläche und Volumen, für eine wirklich befriedigende Behandlung dieses Themas müssten die Anfänge der Maßtheorie vorausgesetzt werden wie sie etwa in der Analysis III behandelt werden. Der naive Flächenbegriff läßt sich in gewissen Sinne noch rechtfertigen, der entsprechende räumliche Begriff stellt sich allerdings als in sich widersprüchlich heraus. Bei ei- nem naiven Flächenbegriff erwarten wir das jeder Punktmenge M R 2 eine Zahl A(M) R 0 {+ } als ihre Fläche zugeordnet wird. Die Fläche A(M) = 0 wird dabei für niederdimensionale Mengen, also beispielsweise Teilmengen von Geraden, und die Fläche A(M) = für zu große Mengen, beispielsweise die ganze Ebene, verwendet. Naheliegende Anforderungen sind dann: 1. Einfache Flächen, also beispielsweise Rechtecke, Dreiecke, Kreise und so weiter, sollten wie gewohnt sein. 2. Ist M = U V mit disjunkten A, B R 2 so gilt A(M) = A(U) + A(B). 3. Sind M R 2 und ist ϕ eine Bewegung so gilt A(ϕ(M)) = A(M). In (2) kann man dann auch allgemeiner erlauben das A(U V ) = 0 ist. Banach hat gezeigt das eine solche Flächenfunktion A tatsächlich existiert, der Beweis ist allerdings bereits recht kompliziert. Schlechter ist die Situation im Raum, ein Volumenbegriff mit den zu oben analogen Eigenschaften existiert nicht. Das sogenannte Banach-Tarski Paradoxon besagt das man die Einheitskugel B im R 3 disjunkt in acht Teilmengen B = A 1 A 8 zerteilen kann so, dass sich sowohl A 1, A 2, A 3, A 4 als auch A 5, A 6, A 7, A 8 durch geeignete Bewegungen wieder zur vollen Einheitskugel B zusammensetzen lassen, es gibt also Bewegung ϕ j des R 3 für j = 1,..., 8 mit B = ϕ(a 1 ) ϕ(a 2 ) ϕ(a 3 ) ϕ(a 4 ) = ϕ(a 5 ) ϕ(a 6 ) ϕ(a 7 ) ϕ(a 8 ). Dabei ist mit Paradoxon kein Widerspruch gemeint, es handelt sich nur um ein unerwartetes Ergebis. Die Existenz des Banach-Tarski Paradoxons ergibt das es keinen Volumenbegriff geben kann, dieser implizierte nämlich den Widerspruch vol(b) = 2 vol(b) > 0. In Analysis III sieht man dann wie sich dieses Problem umgehen läßt, 12-6

man ordnet nicht mehr jeder Teilmenge des R 3 ein Volumen zu, sondern betrachtet nur Volumina geeigneter Mengen, der sogenannten meßbaren Mengen. 2 Dreiecke In diesem Kapitel werden wir die Trigonometrie, also die Dreiecksberechnung, die hierbei verwendeten trigonometrischen Funktionen, die speziellen Punkte im Dreieck, also etwa den Höhenschnittpunkt, und damit sonst zusammenhängende Themen besprechen. Dabei werden wir im Gegensatz zum vorigen Kapitel hauptsächlich synthetisch, also ohne explizite Koordinatenwahl vorgehen, nur wenn ein analytisches Vorgehen deutlich einfacher ist werden wir letzteres verwenden. Die üblichen Bezeichnungen bei diesem Vorgehen unterscheiden sich von denen in der analytischen Geometrie, beispielsweise werden Punkte meist mit Großbuchstaben bezeichnet. Gemäß der in 1 besprochenen Definition ist ein Dreieck in der Ebene durch seine drei Ecken A, B, C R 2 C gegeben und wir betrachten nur nicht γ ausgeartete Dreiecke, fordern also das A, B, C nicht kollinear sind. Traditionell werden die Ecken eines Dreiecks a seit Euler wie hier mit großen lateinischen Buchstaben bezeichnet und zwar b im Gegenuhrzeigersinn aufsteigend. Die einer Ecke gegenüberliegende Seite wird β dann mit dem entsprechenden lateinischen Kleinbuchstaben beschrieben. Da- B c bei ist mit Seite hier in der Regel die α Länge der Seite gemeint, also der Abstand der beiden anderen Eckpunkte. al- A so werden im obenstehenden Bild a = BC, b = AC und c = AB. Weiter wird der an eine der Ecken anliegende Winkel innerhalb des Dreiecks mit dem entsprechenden griechischen Kleinbuchstaben geschrieben, es sind also α = (cab), β = (abc) und γ = (bca). 2.1 Dreiecksberechnung mit Seiten und Winkeln In diesem Abschnitt wollen wir die sogenannte Dreiecksberechnung, oder Trigonomtrie behandeln. Einen jedem Dreieck sind diverse numerische Werte zugeordnet, zum 12-7

Beispiel die drei Seitenlängen a, b, c, die drei Winkel α, β, γ, die Fläche, die Radien von Innkreis und Umkreis, und man kann noch einige mehr solcher Zahlen erfinden. Das Problem der Dreiecksberechnung besteht nun darin, dass einige dieser Werte vorgegeben werden, zum Beispiel eine Seite, der ihr gegenüberliegende Winkel und die Fläche, und dann die folgenden Fragen gestellt werden: 1. Gibt es überhaupt ein Dreick in dem diese Werte angenommen werden? 2. Wenn es eines gibt, ist dieses dann eindeutig? 3. Wenn es tatsächlich genau ein solches Dreieck geben sollte, wir kann man dann die anderen numerischen Größen des Dreiecks in Termen der gegebenen Werte ausrechnen? 4. Wie kann man das Dreieck effektiv zeichnen? Zu dieser Frage gibt es dann immer einige Varianten, je nachdem welche Hilfsmittel man zum Zeichnen zulassen möchte. Man kann beispielsweise Konstruktionen mit Geodreieck betrachten, dass also Strecken und Winkel abgetragen werden können, oder auch Konstruktionen mit Zirkel und Lineal. Bei letzteren sind immer umarkierte Zirkel und Lineal gemeint, wir können also nur gegebene Strecken verlängern und Kreise zeichnen deren Mittelpunkt ein schon gegebener Punkt ist und deren Radius als eine schon gegebene Strecke definiert ist. Typischerweise muss man drei Werte vorgeben, und gelegentlich müssen diese dabei Nebenbedingungen erfüllen. In diesem Abschnitt beschränken wir uns auf die Betrachtung der Seiten und der Winkel. Bis auf einige Ausnahmen bestimmen je drei der sechs Werte a, b, c, α, β, γ das Dreieck bis auf Kongruenz. Eine offensichtliche Ausnahme ist, dass die Vorgabe der drei Winkel α, β, γ nicht ausreicht, wir können ein Dreieck ja beliebig strecken ohne seine Winkel zu verändern. Das ist auch nicht so überraschend, wie wir noch sehen werden ist die Winkelsumme immer 180, daher legen zwei der Winkel den dritten bereits fest, es sind also in Wahrheit nur zwei Informationen vorgegeben, und das reicht nicht aus. Wir werden systematisch alle Möglichkeiten durchgehen, geordnet nach der Zahl vorgegebener Seiten. Der erste Fall ist dann, dass alle drei Seiten a, b, c bekannt sind, und wir die drei Winkel α, β, γ hieraus ermitteln möchten. Dies haben wir im wesentlichen schon im vorigen Kapitel erledigt, der Kongruenzsatz SSS gibt uns die Eindeutigkeit des Dreiecks bis auf Kongruenz und mit dem Cosinussatz können wir die Winkel in Termen der Seiten berechnen. Zu beliebig vorgegebenen a, b, c > 0 muss es aber keinesfalls ein Dreieck mit diesen Seitenlänge geben, denn wie wir hatten bereits eingesehen das in einem Dreieck die Länge einer jeden Seite echt kleiner als die Summe der Längen der beiden anderen Seiten ist. Dies ist gerade die Dreiecksungleichung in ihrer ursprünglichen, namensgebenden Gestalt. Satz 2.1 (Dreiecksberechnung bei gegebenen Seiten) Seien a, b, c > 0 gegeben. Genau dann existiert ein Dreieck mit den Seitenlängen 12-8

a, b, c wenn die Dreiecksungleichungen a < b + c, b < a + c und c < a + b erfüllt sind. In diesem Fall ist bis auf Kongruenz eindeutig bestimmt und die Winkel in sind in den Standardbezeichnungen gegeben durch ( ) b 2 + c 2 a 2 α = arccos, 2bc ( ) a 2 + c 2 b 2 β = arccos, 2ac ( ) a 2 + b 2 c 2 γ = arccos. 2ab Zum Beweis dieses Satzes werden wir in der nächsten Sitzung kommen. 12-9