Organisationsdiagnostik mit Kennzahlen Bielefelder Fachtagung 21.10.2014 Prof. Dr. Bernhard Badura ernhard Badura, Universität Bielefeld, Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Beschwerdefreie Lebensjahre 70,7 70,9 65,7 64,7 63,9 62,6 61,5 62,1 62,5 Bezugsjahr 2012; Angaben in Jahren, Italien, Frankreich geschätzte Werte Quelle: Eurostat 2014 58,9 57,9 Schweden Spanien Frankreich Italien Österreich Niederlande Deutschland Frauen Männer 60,2 63,5 57,4 2
Nicht jeder Abwesende ist krank. Nicht jeder Anwesende ist gesund. Quelle: Gallup 2014 http://www.gallup.com/strategicconsulting/168167/gallup-engagement-index-2013.aspx 3
Quelle: Statistisches Bundesamt 2013 - Todesursachenstatistik 4
Quelle: RKI & GEKID 2013 modifizierte Darstellung nach Prütz et al. 2014 deutsches Krebsregister 5
Stationäre Fallzahlen mit Hauptdiagnose Psychische und Verhaltensstörungen (F00-F99) nach Geschlecht, 2000-2012 (Altersstandardisierung: alte Europastandardbevölkerung) Quelle: Statistisches Bundesamt 2013 Krankenhausstatistik 6
7
8
Organisationsdiagnostik mit Fehlzeitenstatistiken 9
Zunahme von Fehlzeiten mit der Diagnose psychische Erkrankung 1997-2012 Quelle: DAK Gesundheitsreoprt 2013, IGES Institut GmbH 10
Abteilungsvergleich innerhalb einer Stadtverwaltung 11
Angebot und Akzeptanz des BEM in einer Stadtverwaltung Anzahl In Prozent Beschäftigte gesamt 5.389 100,0% Betroffene 1.774 32,9% BEM-Angebot 767 45,0% Zustimmung 237 30,9% Ablehnung 324 42,2% Aufschub MA/-in 176 22,9% BEM=Betriebliches Eingliederungsmanagement 12
Standort A Standort B Mitarbeiteranzahl 321 221 Anzahl gewerblicher MA 291 181 Fehlzeitenquote gewerbliche MA [%] 7,3 3,19 Fehlzeitenquote gewerbliche Mitarbeiter (Gesamtunternehmen) [%] 6,5 Branchenschnitt Stahlindustrie (Min-Max) [%] 6,6 (4,1-7,8) Durchschnittsalter gewerbliche MA [Jahre] 44,5 42 Fehlzeitenquote Angestellte [%] 4,2 2,3 Fehlzeitenquote Angestellte (Gesamtunternehmen) [%] 3,2 Branchenschnitt (Min-Max) [%] 3,9 (2,3-4,7) Durchschnittsalter Angestellte [Jahre] 44,2 48 Anzahl Facharbeiter 212 122 Facharbeiterquote [%] 72,9 67,4 Anzahl leistungsgewandelter Mitarbeiter 17 3 Quote [%] 5,8 1,7 Anzahl Langzeitkranker (AU Dauer > 6 Wochen) 30 7 Arbeitsplatzwechsel aus gesundheitlichen Gründen 23 1 Durchschnittliche Betriebszugehörigkeit [Jahre] 20,2 17 Durchschnittliche Länge des Arbeitsweges [km] 9,2 11,2 Unfallereignisse 100 66 Meldepflichtige Unfälle 15 5 Unfallhäufigkeit 39 18,75 Verbesserungsvorschläge / 1000000 h 87,7 215,21 13 Quelle: Krüger 2013
Korrelationen zwischen Fehlzeiten und Organisationsmerkmalen Quelle: Walter, Münch 2009 Akzeptanz des Vorgesetzten Güte d. Kommunikation d. Vorges. Team-Kohäsion Partizipationsmöglichkeiten Fairness und Gerechtigkeit d. Vorges. Vertrauen in den Vorgesetzten Kommunikation im Team Soziale Unterstützung im Team Vertrauen im Team "Sozialer Fit" des Teams Gerechtigkeit der Org. Konfliktkultur in der Org. Zufriedenheit mit Rahmenbedingungen Machtorientierung d. Vorges. -1-0,75-0,5-0,25 0 0,25 0,5 0,75 1-0,4223-0,3802-0,3772-0,3733-0,3516-0,3503-0,3309-0,3219-0,3201-0,3123-0,2403-0,2401-0,2392 0,2366 14
Zur Fehlzeitenbekämpfung bedarf es einer Einzelfallbetrachtung Generell gilt für die Fehlzeitenanalyse wie insgesamt für die Organisationsdiagnostik: Jede Organisation ist ein Fall für sich mit seiner eigenen Historie und Kultur Innerhalb einer jeden Organisation besteht eine erklärungsbedürftige Varianz der Fehlzeiten Es gibt einen generalisierbaren Wissensstand zur Erklärung dieser Varianz 15
Fehlzeitenstatistiken Stärken leicht verfügbar leicht kommunizierbar bezahlte aber nicht geleistete Arbeit ist ein Produktivitätskiller Häufung von Fehlzeiten klares Indiz für Organisationsprobleme und Handlungsbedarf Ursachen Schwächen Keine Aussage über zugrunde liegende Probleme und ihre Ursachen kein verlässlicher Indikator für realen Gesundheitszustand der Abwesenden Keine Information zum Gesundheitszustand der Anwesenden Nichterfassung verdeckter Produktivitätsverluste durch Präsentismus 16
Fazit: Gleichsetzung von Fehlzeiten mit Krankenstand ist ein Kunstfehler! 17
Eisbergmodell zur Organisationsdiagnostik Quelle: Badura, Walter 2014 18
Organisationsdiagnostik mit Mitarbeiterbefragungen 19
Zusammenhang zwischen Sozialkapital und Gesundheitsindikatoren Körperlicher Psychosomatische Depressivität Wohlbefinden Gesundheitszustand Beschwerden Netzwerkkapital,390* -,276* -,422*,189* Führungskapital,355* -,375* -,359*,241* Wertekapital,458* -,422* -,441*,447* Quelle: Schwarting, Ehresmann 2013 20
Zusammenhang zwischen Sozialkapital und Burn-out in Rehabilitationskliniken Burnout Signifikanz Qualität der Führung 0.356 <0.001 Teamzusammenhalt 0.335 <0.001 Organisationskultur 0.399 <0.001 Quelle: Ehresmann 2014 21
Organisationsbedingungen und Mobbing 1 2 3 4 Mobbing 1 Führung -,524** 1 Teambeziehungen -,604**,602** 1 Kultur -,359**,462**,460** 1 **. Die Spearman Korrelation ist auf dem 0,01 Niveau signifikant (zweiseitig). Quelle: Ehresmann 2013 22
Korrelationsdiagramm zwischen dem Werte- und Überzeugungskapital und dem Qualitätsbewusstsein Quelle: Weller 2013 ***Correlation is significant at the 0.005 level (2-tailed). r = 0,602 p = < 0,001 N = 853 23
Gesundheit in Unternehmen mit und ohne Restrukturierung Quelle: Tintor 2014 24
Absentismus, Präsentismus, Arbeitsqualität Untersucht wurde ein herstellendes Unternehmen (n = 1.363). Ergebnisse: Durchschnittlicher Produktivitätsverlust durch Präsentismus = 4,6%. Durchschnittlicher Produktivitätsverlust durch Fehlzeiten = 8,2%. Verhältnis = 1 : 1,8 Im Durchschnitt gehen somit pro Mitarbeiter 12,8% der Arbeitsproduktivität durch Abwesenheit oder gesundheitliche Beeinträchtigungen verloren. Quelle: Steinke 2014 25
Risikofaktor Organisation bei der Polizei Quelle: Bartsch N, Maier F, Pedal W (2012): Präv Gesundheitsf 2012/7:63 Methodik: Arbeitssituationsanalyse N = 1017 26
Auf die Bindung kommt es an! Ergebnisse der Regressionsanalyse zur Motivationsvariable Commitment D4 Gemeinschaftsgefühl 1,435 A6 Sinnhaftigkeit der Aufgabe D2 Gelebte Unternehmenskultur D1 Gemeinsame Werte C4 Akzeptanz Vorgesetzter D5 Gerechtigkeit A1 Partizipation B1 Ausmaß Zusammengehörigkeit Team A7 Zufriedenheit organisatorische Rahmenbedingungen A2 Fachliche Überforderung Nagelkerke R Square 0,558 CI (95%) Quelle: Lükermann 2013,925 1,086 1,076 1,050 1,125 1,112 1,202 1,202 1,269 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 27
Kennzahlen zur Organisationsentwicklung sollten folgenden inhaltlichen Kriterien genügen. Sie sollten: 1. Aussagen über den Ist-Zustand der gesamten Organisation ermöglichen ( Total Health Management ) 2. Neben Arbeits- auch Organisationsbedingungen erfassen 3. Aussagen über Licht- und Schattenseiten einer Organisation erlauben 4. Interne Vergleiche und wo möglich Benchmarks enthalten 5. Betriebswirtschaftliche Folgen von Absentismus und Präsentismus abschätzen 6. Routinedaten und Befragungsdaten zusammenführen 28
Wirkungsketten Führung Kultur Beziehungsklima im Team Sinnhafte Tätigkeiten Grundvertrauen Unternehmensbindung Wohlbefinden Qualitätsbewusstsein Absentismus Präsentismus 29
ISBN: 978-3-642-36912-54 30
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 31