30. SVK-Tagung. Grundsätze der Privilegierung gem. 35 Baugesetzbuch, Eckpunkte der gutachterlichen Darstellung



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Transkript:

30. SVK-Tagung Grundsätze der Privilegierung gem. 35 Baugesetzbuch, Eckpunkte der gutachterlichen Darstellung Rechtsanwalt Michael Halstenberg, Ministerialdirektor a. D. Künzell, den 7. März 2012

Privilegierung gem. 35 BauGB Der Landwirtschaft kommen die Ackerflächen abhanden 1

Nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes gehen täglich rund 90 ha an landwirtschaftlicher Nutzfläche verloren, vor allem durch Versiegelung, aber auch durch Umwandlung in Naturschutzflächen. - 2012: 35,71 Mio. ha landwirtschaftliche Nutzfläche (rd. 50% der Bundesfläche) - 2002: 36,51 Mio. ha (-0,8 Mio. ha) landwirtschaftliche Nutzfläche Nationalparks plus 48 %, Naturschutzgebiete: plus 174 %; Vogel- und FFH Schutzgebiete 4 Mio. ha. Neben Nahrungsmittelproduktion soll vermehrt Energie produziert werden. Die Energiewende muss ohne unnötig hohen Flächenverbrauch erfolgen. 2

Privilegierung gem. 35 BauGB Grundsätze 1. Außenbereich sind alle Flächen, die nicht von den 30 34 BauGB erfasst werden. Negativ-Definition. 2 Der Außenbereich ist von baulichen Anlagen freizuhalten, soweit diese Vorhaben nicht ihrem Wesen nach in den Außenbereich gehören. 3

1 Aber die Politik muss den Spagat zwischen Strukturwandel und Bewahren bewältigen: Ergebnis 35 BauGB ist eine komplexe Vorschrift 2 Prinzip von Einheit von baulicher Substanz und Funktion Entprivilegierung führt zu Nutzungsänderung 3 Grundsatz der Planmäßigkeit ( Leiten von Vorhaben ) Planersetzende Zulässigkeitsregelungen ( 35 BauGB): Soweit Vorhaben privilegiert sind, hat der Gesetzgeber bereits generell (nicht konkret standortbezogen) geplant (grds. Baurecht!). Soweit Vorhaben nicht privilegiert sind gilt ein grundsätzliches Bauverbot mit Ausnahmevorbehalt mit Modifizierungen für Nutzungen bestimmter Bausubstanz. 4

Unterteilung der Vorhaben: II. Privilegierte Vorhaben (Abs. 1) III. Sonstige Vorhaben (Abs. 2): IV. Spezielle sonstige Vorhaben mit modifizierten Anforderungen : 1 Änderungen der bisherigen Nutzung (Abs. 4 Nr. 1) 2 Neuerrichtung von gleichartigem Wohnraum (Abs. 4 Nr. 2) 3 Neuerrichtung zerstörter Gebäude (Abs. 4 Nr. 3) 4 Änderung erhaltungswürdiger Gebäude (Abs. 4 Nr. 4) 5 Erweiterung eines Wohngebäudes (Abs. 4 Nr. 5) 6 Erweiterung eines gewerblichen Betriebs (Abs. 4 Nr. 6) 7 Durch Satzung zugelassene Wohnzwecken dienende Vorhaben (Abs. 6) 5

I. Privilegierte Vorhaben sind dem Außenbereich aufgrund des Zwecks, dem sie dienen, zugewiesen - angemessene Dauer und ernsthafte Verfolgung der privilegierten Tätigkeit sind daher Genehmigungsvoraussetzungen: a. Land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb (Nr. 1) b. Betrieb der gartenbaulichen Nutzung (Nr. 2) c. Vorhaben zur öffentlichen Versorgung (Energie, Wasser) (Nr. 3, 1. Alt.) d. Vorhaben dient ortgebundenem gewerblichen Betrieb (Nr. 3, 2. Alt.) e. Vorhaben soll nur im Außenbereich ausgeführt werden (Nr. 4) f. Nutzung von Wind- oder Wasserenergie (Nr. 5) g. Nutzung von Biomasse (Nr. 6) h. Nutzung der Kernenergie (Nr. 7) i. Nutzung solarer Strahlungsenergie (Nr. 8) 6

Sonstige Vorhaben sind alle Vorhaben, denen öffentliche Belange nicht entgegenstehen: Beispiele: (Überschneidungen mit Abs. 1 Nr. 4 denkbar) Altenheime; Altenteilerhäuser; Fischerhütten, Atelier eines Landschaftsmalers, Ausflugslokal, Badehütten, Berghütten, Bienenhäuser, Campingplätze, Erholungsanlagen, Fasanenzucht, Fischzucht, Freibäder, Golfplätze, Hotel, Jagdhütten, Jugendherbergen, Kunstfigur, Lagerhalle, Luftschutzbunker, Sägewerke, Schießplätze, Schrottplätze, Schutzhütten, Tankstellen. 7

Aussichttürme / Leuchttürme und Freilichtbühnen 8

Privilegierte Vorhaben sind (nur) zulässig, wenn 1 Öffentliche Belange nicht entgegenstehen (Abs. 3) 2 Ausreichende Erschließung ist gesichert (Erschließungsangebot) 3 Beachtung der schonenden Bauweise (Abs. 5, S. 1) Optimierungs- / Schonungsgebot : Zwingend: Flächensparende und den Außenbereich schonende Bauweise die sich auf das notwendige Maß beschränkt. 4. Vorhaben gem. Abs. 1 Nrn. 2-6 Rückbauverpflichtung (Abs. 5, S. 2) Kompletter Rückbau nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung Prototyp der Befristung von Baurechten; auch als Auflage auch bei sonstigen Vorhaben denkbar. Geeignete Sicherungsmittel zur Finanzierung der Rückbaukosten. Rechtlich zweifelhaft, Praktische Bedeutung wohl eher gering. 9

II. Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn 1 Ausführung oder Benutzung beeinträchtigt öffentliche Belange nicht (Abs. 3). 2 Erschließung ist gesichert. 3 Beachtung der schonenden Bauweise (Abs. 5, S. 1) 4 Erleichterungen bei bestimmten sonstigen Vorhaben a. (Weiter-) Nutzung bisheriger (privilegierter) Bausubstanz soweit außenbereichsverträglich (Abs. 4) a. Satzungsprivilegierte Wohnzwecken dienende Vorhaben (Abs. 6) - Planungsrechtliche Steuerung von Splittersiedlungen durch Lückenfüllungssatzung 10

Außenbereichsverträglichkeit Privilegierte Vorhaben sind (nur) zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigen Öffentliche Belange (unbestimmter Rechtsbegriff in Abs. 3 erläutert): Alle Gesichtspunkte, die für das Bauen im Außenbereich rechtserheblich sein können: Frage des konkreten Einzelfalles! - Leitgedanken einer geordneten städtebauliche Entwicklung. - S. 1: wichtige Kriterien - S. 2: Ziele der Raumordnung kein Entgegenstehen - S. 3: Planvorbehalt Flächennutzungsplan / Ausweisung an anderer Stelle 11

Privilegierte Vorhaben Außenbereichsverträglichkeit Öffentliche Belange S. 1: wichtige Kriterien Nr. 1 Darstellungen des Flächennutzungsplans Nr. 2 Darstellung in Fachplänen Nr. 3 Schädliche Umwelteinwirkungen, Gebot der Rücksichtnahme Nr. 4 Unwirtschaftliche Aufwendungen (Erschließung) Nr. 5 Naturschutz, Bodenschutz, Orts- und Landschaftsbild Nr. 6 Agrarstruktur, Wasserwirtschaft, Hochwasserschutz Nr. 7 Splittersiedlung, Zersiedlung Nr. 8 Funkstellen / Radaranlagen Fachplanungen (Bundesfernstraßen) BVerwG: Planungserfordernis (bislang nur sonstige Vorhaben gem. Abs. 2) nunmehr immer wenn ausgleichbedürftige Belange konkret vorliegen. 12

Privilegierte Vorhaben Außenbereichsverträglichkeit Öffentliche Belange S. 1: wichtige Kriterien Nr. 1 Darstellungen des Flächennutzungsplans Eindeutige standortbezogene positive Aussage Keine Aussage; weißer Fleck steht dem Vorhaben nicht entgegen keine gemeindliche Blockade oder Reservierung möglich. Übereinstimmung mit der Wirklichkeit erforderlich (keine Rechtsnorm) 13

Privilegierte Vorhaben Außenbereichsverträglichkeit Öffentliche Belange Abs. 3 S. 2: Ziele der Raumordnung Auswirkungen zu erwarten, die über den unmittelbare Nahbereich Hinausgehen; Beispiele: Regionaler Grünzug, Frischluftschneise, schützenswertes Flusstal, Wasservorratsgebiet Öffentliche Belange Abs. 3 S. 3: Planvorbehalt Flächennutzungspläne sind auch für privilegierte Projekte von Bedeutung, sofern diese Projektstandorte festlegen (Flächen für den Kiesabbau) Aber: nachvollziehbare Abwägung, keine bloße Verhinderungsplanung, scheinbarer Standort ausreichende Darstellung von Positivflächen, gesamträumliches Planungskonzept (z. B. Naturschutz, Nistplätze, Zugvögel) 14

Privilegierte und sonstige Vorhaben sind gegenüber öffentlichen Belangen unterschiedlich durchsetzungsfähig: Beeinträchtigung und Entgegenstehen : Es bedarf keiner eigentlichen Abwägung sondern einer wertenden Gegenüberstellung des gesamten Vorhabens und den tatsächlich am Standort vorhandenen öffentlichen Belangen i. S. e. nachvollziehbaren Abwägung. Wertend vergleichende Betrachtung zwischen den Belangen. Denn der Gesetzgeber hat die abstrakte Entscheidung bereits getroffen. Daher ist auch keine Kompensation möglich. 15

Privilegierte Vorhaben - Land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb (Nr. 1) Vgl. Definition 201 BauGB: - Unmittelbare Bodenertragsnutzung einschließlich Tierhaltung - Planmäßig eigenverantwortliches Wirtschaften - Beitrag zur Existenzsicherung / Gewinnerzielungsabsicht - Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebs - Organisatorische Voraussetzungen - Nachhaltigkeit ernsthaftes und dauerhaftes Wirtschaften für Generationen gedachtes, lebensfähiges Unternehmen - Nebenerwerbsbetriebe reichen aus - Verfügbarkeit ausreichender Flächen, die dem Betrieb sachdienlich zugeordnet sind. 16

Privilegierte Vorhaben - Land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb (Nr. 1) Zulässigkeit nichtlandwirtschaftlicher Nutzungen sind in einem bestimmten (untergeordnetem) Umfang zulässig, sie werden von der Privilegierung gleichsam mitgezogen, wenn sie diesem aus Sicht eines vernünftigen Landwirts dienen (sollen) und ein örtlicher Bezug besteht: - Bearbeitung, Veredelung, Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte - Schaffung marktfähiger Produkte - Sachlicher Zusammenhang mit Landwirtschaft - Einschließlich Direktvermarktung - Auch Ferien auf dem Bauernhof - Ferienwohnungen Aber: Landwirtschaft muss das Erscheinungsbild des Betriebs (noch) prägen. 17

Privilegierung bei Pferdezucht? Reiten? Reithalle? Pensionspferdehaltung? Therapiepferde? Dressur? 18

BVerwG: 2 Pferde nicht ausreichend VG Düsseldorf: Pferdezucht: mindestens 20 Pferde VGH Mannheim: Keine Pferdezucht bei 4-5 Pferden OVG Lüneburg Keine Nebenerwerb bei Pferdeunterstand für 7 eigene und 3 fremde Pferde OVG Münster: Pferdehaltung und Reitunterricht dürfen für den Gewinn nicht maßgeblich sein. 19

I. Privilegierte Vorhaben (Abs. 1) a. Betrieb der gartenbaulichen Nutzung (Nr. 2) b. Standortgebundene Vorhaben zur öffentlichen Versorgung (Energie, Wasser) (Nr. 3, 1. Alt.) - Fernmeldeanlage - Mobilfunkanlage c. Vorhaben dient ortgebundenem gewerblichen Betrieb (Nr. 3, 2. Alt.) Nicht nur Zweckmäßigkeit, sondern technische Anforderungen und typisches Erscheinungsbild eines solchen Betriebs - vor allem Abbau von Bodenschätzen (Kies, Torf, Sand, Gips) - Tankstelle, Sägewerk, Ziegelei 20

Privilegierte Vorhaben (Abs. 1) a. Vorhaben soll nur im Außenbereich ausgeführt werden (Nr. 4) b. Auffangtatbestand sog. subsidiärer Privilegierungen Vorhaben sind sachgerechter weise dem Außenbereich zuzuordnen oder können in der konkreten städtebaulichen Situation nicht im Innenbereich untergebracht werden. Denkbare Beispiele: Gefahrstoffdepot; Autokino; Schießanlage; Massentierhaltung; Lagerplatz; Tierheim; Recyclinganlage, meist nicht: Sportanlagen, Wochenendhäuser etc. Kriterium: im öffentlichen Interesse, für eine unbeschränkte Allgemeinheit Erfüllung einer gesetzlichen nicht religiösen Pflicht (Jagd, Fischereirecht) 21

Privilegierte Vorhaben (Abs. 1) Nutzung von Wind- oder Wasserenergie (Nr. 5) Denkbar auch als mitgezogene Nutzung Nutzung von Biomasse (Nr. 6) Hintergrund: Strukturwandel a. Häufig immissionsschutzrechtliche genehmigungsbedürftige Anlage (BImSchG) diese umfasst die Baugenehmigung (Konzentrationswirkung) b. Klagemöglichkeit durch 5 Abs. 1 BImSchG c. Ggf. auch Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich d. Geruchsbelästigungen normenkonkretisierende technische Vorschriften (GIRL-Richtlinie) e. Standort! Räumlich-funktionaler Zusammenhang mit Hofstelle, die Biomasse einbringt, erforderlich. Kein Gülletourismus. 22

Privilegierte Vorhaben (Abs. 1) Nutzung solarer Strahlungsenergie (Nr. 8) - Neue Privilegierung im Außenbereich - In, an und auf Dach- und Außenflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, (keine aufgegebenen privilegierten Nutzungen) - wenn die Anlage baulich untergeordnet ist. - Nicht erforderlich ist eine funktionelle Unterordnung. Daher ist auch eine Einspeisung möglich. - Privilegiert ist nur die Nutzung von Gebäuden, nicht von anderen Anlagen (z. B. Silo) 23

Nutzungsänderung: (Weiter-) Nutzung bisheriger (privilegierter) Bausubstanz (Abs. 4) Soll den Strukturwandel in, der Landwirtschaft flankieren: der Begünstigte Darf unter bestimmten Voraussetzungen zu einer neuen Nutzung wechseln. Gleichzeitig wird dem Bestandsschutz Rechnung getragen und das investierte Kapital bleibt weiterhin nutzbar. Nr. 1 Nutzungsänderung: Die erleichterte Nutzungsänderung kann nur einmal stattfinden. Nach bis zu drei Wohnungen je Hofstelle möglich (bei Änderung zu Wohnzwecken, nicht bei Entprivilegierung von Wohnraum!) Nr. 2 Neuerrichtung: Rheumaklausel über zwei Jahre unter unzumutbaren Umständen selbst bewohnt. 24

Rechtsschutz / Schutznormtheorie / subjektives Abwehrrecht Die Zulassungsentscheidung ist letztlich in allen Fällen eine gebundenen Entscheidung auf die Erteilung besteht ggf. ein einklagbarer Rechtsanspruch. Abwehranspruch im Außenbereich grundsätzlich kein begünstigter Personenkreis aber Gebot / Grundsatz der Rücksichtnahme: Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass erhebliche Belästigungen den Betroffenen nicht zumutbar sind, wenn es um besonders schützenswerte Positionen geht. Anhaltspunkte liefern zum einen die in 35 Abs. 3 S. 1 genannten öffentlichen Belange und technische Regelwerke (TA Luft, TA Lärm, VDI-Richtlinien), die unter Berücksichtigung der konkreten bauplanungsrechtlichen Verhältnisse Anwendung finden. Stichwort: Heranrückende Wohnbebauung 25

Ausblick: Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden wird eine weitere Städtebaurechtsnovelle erwartet: Für den Außenbereich ist aber nur eine Anpassung der Zulässigkeitsvoraussetzungen an neue Fragestellungen zu erwarten. 26

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 27

HFK Michael Rechtsanwälte HalstenbergLLP Bleichstraße Rechtsanwalt 8-10 40211 Düsseldorf Tel.: Ministerialdirektor +49 / 211 a. / 542165 D. - 0 / Fax -99 Mobil: +49/160/7064184 Mail: halstenberg@hfk.de Web: www.hfk.de Frankfurt Berlin München Hamburg Düsseldorf Stuttgart Hannover Wien 28