Krankenhaushygiene. Studentenvorlesung Essen Februar Walter Popp
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- Steffen Geier
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1 Krankenhaushygiene Studentenvorlesung Essen Februar 2015 Walter Popp Operationssaal um 1880 Folie Autor 2 1
2 Adolf Neubauer ( ) Trennung von septischen und aseptischen OPs. Einführung von OP-Sälen mit abwaschbaren Wänden. Curt Schimmelbusch ( ) Schimmelbusch-Trommel zur Lagerung von Sterilgut. Johann v. Mikulicz (1897) Mundschutz. Folie Autor 3 Dampfsterilisator. Erster Sterilisator für einen aseptischen OP. Prototyp für die Klinik des Chirurgen Ernst von Bergmann in Berlin. Firma Lautenschläger, 1889 Folie Autor 4 2
3 Folie Autor 5 OP der Clinique Ste. Thérèse, Luxemburg, um 1925 Folie Autor 6 3
4 Folie Autor 7 Themen Was sind Krankenhausinfektionen? Krankenhausinfektionen: Zahlen Ätiologie Multiresistente Keime Wieviele nosokomiale Infektionen können verhindert werden? Krankenhaushygiene Surveillance Ausbrüche Folie Autor 4
5 Nosokomial Im Krankenhaus erworben. Im allgemeinen nach dem 2. Tag Aufenthalt. Als Reaktion auf das Vorhandensein von Mikroorganismen oder deren Toxine liegen lokale oder systemische Infektionszeichen vor. Keine Kolonisation. Vermeidbarkeit / Nichtvermeidbarkeit hat keinen Einfluss. Keine Schuld frage. Bei Ausbruch Meldepflicht nach 6 IfSG. Ebenfalls Meldepflicht bei definierten Erregern nach 6 IfSG. Auch im ambulanten Bereich! Folie Autor Risiken Tödlicher Ausgang, Wahrscheinlichkeit für 1 Individuum pro Jahr Risiko Wahrscheinlichkeit Herzkrankheiten 1 : 405 Zigarettenrauchen 1 : 500 Nosokomiale Infektion, stationär (bezogen auf Patienten) 1 : 600 Krebs 1 : 910 Verletzung durch Unfall oder Gewalt 1 : Nosokomiale Infektion, stationär (bezogen auf Gesamtbevölkerung) 1 : Unfälle aller Art 1 : Autounfall 1 : Verbrechen 1 : Flugzeugunfall 1 : Blitzschlag 1 : Hundeattacke 1 : Folie Autor 5
6 Infektionen Sepsis hohe Mortalität zentrale Katheter Lungenentzündung (Pneumonie) - Beatmung Wundinfektionen Harnwegsinfektionen - Blasenkatheter Gastroenteritis Sonstige, z.b. Auge, Gehirn Folie Autor Ein-Tages-Prävalenz-Studie 72 Krankenhäuser 4 externe Erheber Patienten Prävalenz 3,5 % Folie Autor 6
7 Folie Autor Das Problem bei der Erfassung Sepsis: Anzahl der Blutkulturen Sepsis mit Hautkeim? Pneumonie: Röntgenbild: Wer bewertet es? Eindeutigkeit des Röntgenbildes Gastroenteriden: oft nicht erfasst Wundinfektionen: Erfassung nach Entlassung? klinische Diagnosen: oft nicht einbezogen Folie Autor 7
8 NI Todesfälle % Reduktion möglich Folie Autor Realistische Abschätzung für Deutschland SepNet: Sepsisfälle pro Jahr, davon 60 % nosokomial erworben. D.h nosokomiale Sepsis-Fälle pro Jahr. Bei mittlerer Letalität von 40 %: nosokomiale Todesfälle pro Jahr. Nimmt man nur die schweren Sepsisfälle mit 55 % Letalität: nosokomiale Todesfälle pro Jahr. Folie Autor 8
9 Realistische Abschätzung für Deutschland Deutsche Gesellschaft für Pneumologie: Jährlich Erkrankungsfälle an nosokomialer Pneumonie. Sterblichkeit, insbesondere auf Intensivstationen, bis zu 50 %. Direkt auf Pneumonie zurückzuführende Letalität bis zu 50 %. (Pneumologie, 2003, 57, 532) Folie Autor Folgerungen NI Unterschätzung realistisch 2 bis vielleicht sogar 3 Mal so viele Todesfälle Unterschätzung realistisch bis Folie Autor 9
10 Folie Autor SSI Land/System Infektionsrate (%) Appendektomie KISS - laparoskopisch 0,64 KISS - offen 4,46 Swissnoso 3,8 Laparoskopisch: 3,6 Offen: 4,8 Cholezystektomie KISS 1,3 Swissnoso 3,0 Hernien-OP KISS - laparoskopisch 0,16 KISS - offen 0,47 Swissnoso 1,2 Colonchirurgie KISS 8,8 Swissnoso 12,8 Sectio caesarea KISS 0,5 Swissnoso 1,8 Herzchirurgie KISS 2,9 Swissnoso 5,4 Hüftgelenksprothesen KISS 1,1 Swissnoso 1,6 Kniegelenksprothesen KISS 0,7 Folie Autor Swissnoso 2,0 10
11 Folie Autor Norwegen: 80 % der Wundinfektionen treten poststationär auf! HIS congress, Lyon, November 2014 Folie Autor 11
12 Universitätsklinikum Hannover 2 Monate prospektive Erfassung in ,2 % nosokomiale Infektionen 10,7 % mitgebrachte Infektionen Folie Autor Universitätsklinikum Jena, , 12 Fachabteilungen, 809 Betten 5,3 % nosokomiale Infektionen nach CDC 8,4 % einschließlich klinischer Diagnosen Folie Autor 12
13 Folie Autor Erreger Häufigkeit Escherichia coli 15 % Staphylococcus aureus 12 % Pseudomonas aeruginosa 11 % Enterococcus spp. 10 % Koagulase-neg. Staph. 8 % Klebsiella spp. 8 % Candida spp. 5 % Enterobacter spp. 4 % Acinetobacter spp. 4 % Streptococcus spp. 4 % Proteus spp. 3 % Anaerob. Bacilli 2 % Serratia spp. 2 % Andere Enterobakterien 2 % Stenotrophomonas malt. 1 % Folie Autor 13
14 Häufigste Erreger nosokomialer Infektionen auf Intensivstationen Erreger Beatmungsassoz. Infektionen der unteren Atemwege ZVK-assoz. Sepsis HWK-assoz. Harnwegsinfektionen S. aureus davon MRSA Folie Autor 21 % 7 % 9 % 6 % Koagulase-neg. S. 32 % P. aeruginosa 18 % 14 % Enterococcus 19 % 27 % Klebsiella spp. 12 % 5 % 8 % E. coli 12 % 28 % Enterobacter spp. 6 % 5 % Candida albicans 6 % 9 % Staphylococcus aureus: Nase, Rachen Wundinfektionen MRSA Darmkeime: Escherichia coli Harnwegsinfektionen MRGN, VRE Umweltkeime: Pseudomonas Atemwegsinfektionen MRGN Keime Folie Autor 14
15 Multiresistente Erreger MRSA Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus MRGN Multi-resistente Gram-negative Erreger: Darmkeime, Enterokokken, Serratia Pseudomonas Acinetobacter VRE - Vancomycin-resistente Enterokokken vor allem Enterococcus faecium (Toxin-bildende Clostridium difficile) ESBL derzeit in Deutschland nicht mehr zwingend gekennzeichnet Folie Autor Folie Autor 15
16 MRSA MRGN stationär 1,5 2 % > 1 % Bevölkerung 0,5 % > 3-4 % Sanierung %? 50 % negativ nach Mon. Folie Autor Multiresistente Erreger Weitgehende Schutzmaßnahmen, z.b. Isolierung Eigene Toilette Schutzkittel, Handschuhe Mund-Nasen-Schutz, Kopfhaube Sanierungsversuche bei MRSA Folie Autor 16
17 Folie Autor IGES-Institut 250 Krankenhäuser, InEK-Daten Kosten durch jeden MRE- Patienten Max refinanziert über DRG Folie Autor 17
18 30 % aller NI sind vermeidbar Ursprung: Anfänge der Implementierung von infection control - Maßnahmen 1975/76 in USA SENIC-Projekt: Retrospektive Auswertung von Krankenakten Reduktion der NI-Rate um bis zu 30 % nur unter folgenden Bedingungen: Fortlaufende Surveillance der Infektionen in Kombination mit aktiven Präventionsmaßnahmen, Vorhandensein von qualifiziertem infection control -Personal und im Falle von postoperativen Wundinfektionen Kommunikation an die Chirurgen. Folie Autor Pronovost-Studie: Sepsis: Dramatische Reduktion möglich 108 Intensivstationen in Michigan, USA ( ) Bundle: Händehygiene Schutzkleidung beim Legen Hautdesinfektion mit Chlorhexidin Kein Femoralkatheter Unnötige Katheter entfernen Senkung der ZVK-bedingten Sepsisrate von 2,7 pro Kathetertagen auf 0 nach 3 Monaten. Der Erfolg hielt auf vielen Intensivstationen über mehrere Jahre an. Folie Autor Pronovost et al: N Engl J Med 2006, 355,
19 Land Jahr Teilnehmer Reduktion der ZVK-bedingten Sepsisraten um USA, Pennsylvania Intensivstationen 68 % USA, 4 Staaten Krankenhäuser 38 % USA, Rhode Island Intensivstationen Spanien Intensivstationen USA, Michigan Intensivstationen 74 % 50 % SENKUNG auf 0 Folie Autor Reviews zu device-assoziierten Harnwegsinfektionen und Reduktion durch Bundles Harnwegsinfektionen Geeignete Reduktion Artikel Meddings et al % Meddings et al % Rebmann and Greene % Pneumonien Krankenhäuser Reduktion Berenholtz et al % Berenholtz et al % Lambert et al % Folie Autor 19
20 Hygieneplan Aufgaben der Krankenhaushygiene Schulung, Ausbildung Überwachung, Surveillance, Umgebungsuntersuchungen, Begehungen Beratung, z.b. bei Bau- und Renovierung Aufbereitung Medizinprodukte Folie Autor Hygienepersonal Krankenhaushygieniker Hygienefachkräfte Hygienebeauftragte Ärzte Hygienebeauftragte Pflegekräfte Hygienekommission Die Verantwortung liegt bei der Krankenhausleitung! Folie Autor 20
21 Folie Autor 41 Folie Autor 21
22 TRBA 250 Stand Juli 2013 Bei Tätigkeiten, die eine hygienische Händedesinfektion erfordern, dürfen an Händen und Unterarmen keine - Schmuckstücke, - Ringe, einschließlich Eheringe, - Armbanduhren, - Piercings, - künstliche Fingernägel, - so genannte Freundschaftsbänder getragen werden. Fingernägel sind kurz und rund geschnitten zu tragen und sollen die Fingerkuppe nicht überragen. Hinweis: Nagellack kann Nährboden für Krankheitserreger sein. Deswegen ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu entscheiden, ob darauf verzichtet werden muss. Folie Autor Folie Autor 22
23 Surveillance: Struktur, z.b. wieviele Einzelzimmer, z.b. wieviel Hygiene-Personal z.b. Pflege-Patient-Relation Prozess, z.b. Verbrauch Händedesinfektionsmittel z.b. Erregerstatistik z.b. Antibiotika-Verbrauch Ergebnisse, d.h. vor allem Infektionsraten Surveillance der Ergebnisse: KISS Externe Qualitätssicherung, ehemals BQS Kassendaten (AOK, Barmer GEK) MRSA in Blutkultur Folie Autor Folie Autor 23
24 Folie Autor Folie Autor 24
25 Ergebnisse KISS Externe Qualitätssicherung, ehemals BQS Kassendaten (AOK, Barmer GEK) MRSA in Blutkultur MRSA nosokomial Nosokomiale Infektionen melden Re-OPs durch Infektionen Folie Autor Folie Autor 25
26 Folie Autor Kassendaten (AOK, Barmer GEK) 2008, > 250 AOK-Versicherte operiert Folie Autor 26
27 Externe Qualitätssicherung, ehemals BQS Folie Autor Kiss 1,1 % SwissNoso 1,6 % Folie Autor 27
28 MRSA in Blutkultur Meldepflicht Immer schwere Erkrankung Aber: Kleine Zahl Bezug nötig für Vergleichbarkeit (z.b. auf Häufigkeit von BK-Abnahmen) Folie Autor Folie Autor 28
29 Nosokomiale Infektionen melden Folie Autor Ausbruchsdefinition nach 6 Abs. 3 IfSG Das gehäufte Auftreten nosokomialer Infektionen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird. Meldepflicht! Folie Autor 29
30 Infektionen,die bereits bei vereinzeltem Auftreten Anlass für eine hygienische Analyse darstellen können Während eines Krankenhausaufenthaltes auftretende Legionellose, Pertussis, Infektion mit Streptococcus pyogenes (Gruppe A), Konjunctivitis epidemica, Scabies, RSV, Influenza. Folie Autor Infektionen, bei denen bei einem Auftreten bei zwei oder mehr Patienten ein epidemischer Zusammenhang gegeben sein kann Infektionen mit Erregern gleicher Spezies und gleicher Resistenzmuster. Infektionen mit ungewöhnlichem Erreger. Sepsis mit einheitlichem Erreger (Einheitlichkeit auf Speciesebene und gegebenenfalls im Resistenzmuster). Infektionen durch blutübertragene Erreger (z.b. HBV, HCV). Erreger der Gastroenteritis (z.b. Clostridium difficile, Rotaviren). Folie Autor 30
31 Ausbrüche Derzeit ein zentrales Problem der Hygiene: Deuten immer auf Fehler hin. Hohe mediale Wirksamkeit. Mögliche juristische Folgen. Kosten! Folie Autor Ausbruch Neonatologie Bremen ESBL-bildende Klebsiellen. Ausbruch über Monate nicht erkannt (Mikrobiologie, Station). Desinfizierende Reinigung: Quaternäre Ammoniumverbindung. Konzentration entsprechend 4-Stunden-Wert. Eco-Wipes-Tücher (Pseudomonas nachgewiesen). Ungenügende Schulungen. Pflegeschlüssel zu niedrig bis zu 6 Frühchen pro Schwester. Zu wenig Hygienefachkäfte. Ausbruchsmeldung zu spät Meldungskette defizitär. Individuelle Fehler. Folie Autor 31
32 Outbreak University Clinics Leipzig Klebsiella pneumoniae carbapenemase First case from Greece in patients, over 40 dying. Ending Carpapenemase producing bacteria University Clinics Leipzig Since October 2012 (screening) Folie Autor 63 Folie Autor 32
33 Folie Autor Ausbrüche Selten monokausal Meist multikausal Folie Autor 33
34 Was sieht der Patient? Händehygiene (korrekte und häufige Händedesinfektion, kein Tragen von Uhren, Ringen, Schmuck) Wundversorgung regelmäßige (desinfizierende) Reinigung der Zimmer und Sanitärbereiche Isolierung von MRSA-Patienten Bettenaufbereitung Folie Autor 67 34
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