Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

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1 Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Staatsminister Helmut Brunner Symposium anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des Lehrstuhls für Bodenordnung und Landentwicklung an der TU München Thema: Der (gesellschafts)politische Auftrag an Bodenordnung und Landentwicklung 2. Oktober 2014, München Es gilt das gesprochene Wort! Referat Presse Telefon Ludwigstraße München Telefax

2 Anrede! 40 Jahre Lehrstuhl für Bodenordnung und Landentwicklung an der Technischen Universität München zu diesem schönen Jubiläum gratuliere ich herzlich im Namen der Bayerischen Staatsregierung, meiner Verwaltung für Ländliche Entwicklung und auch persönlich! Mein Haus hat eine ganz besondere Beziehung zu Ihrem Lehrstuhl: Er wurde von meinem Vorgänger, Dr. Hans Eisenmann, mitinitiiert und tatkräftig unterstützt. Bis dahin deckten Lehrbeauftragte aus der Verwaltung das Fachgebiet der Bodenordnung und Ländlichen Entwicklung ab. Alle 3 Professoren und Lehrstuhlinhaber der letzten 40 Jahre Möser, Hoisl und Magel hatten ihre beruflichen und fachlichen Wurzeln in der Flurbereinigungsverwaltung! Vor allem aber bilden Sie die Experten für meine Verwaltung aus. Ob im Ministerium oder an den Ämtern für Ländliche Entwicklung (ÄLE) fast alle haben ihr Handwerk hier erlernt. Dieser Personalfluss in beide Rich- S e i t e 1

3 tungen war und ist auch die Basis für eine rege Zusammenarbeit im Bereich der Forschung. In zahlreichen Forschungsarbeiten haben Sie die Arbeit meiner Verwaltung begleitet. Projekte über die Kooperation von Stadt und Land, das zukunftsorientierte Landmanagement, Beteiligungs- und Prozessstrukturen in der Ländlichen Entwicklung und die Dorferneuerung 2020 haben immer wieder Wegmarken in die Zukunft gesetzt. Als Think Tank und Expertenschmiede haben Sie wesentlich zu den Erfolgen der Landentwicklung in Bayern in den vergangenen Jahrzehnten beigetragen. Ich hoffe, dass wir diese fruchtbare Kooperation auch in Zukunft fortführen. I. Wachsende Herausforderungen Ich halte das auch für dringend notwendig: Die Herausforderungen für die ländlichen Räume und damit für diejenigen, die sich in Wissenschaft und Praxis mit ihrer Entwicklung befassen, gewinnen an Umfang und Kom- S e i t e 2

4 plexität. Ich nenne beispielhaft die demografische Entwicklung, den technologischen Fortschritt, die dynamischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen sowie den Klimawandel und seine Folgen. Positiv auf Ihr Arbeitsumfeld wirkt sicher die Tatsache, dass es deutschland- und europaweit wenige Länder gibt, die so engagiert den ländlichen Raum fördern wie Bayern. Das ist dem erklärten Willen von Politik und Gesellschaft geschuldet: Mit überwältigender Mehrheit haben die Bürgerinnen und Bürger per Volksentscheid das Staatsziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern in die Bayerische Verfassung geschrieben. Wir nehmen diesen Auftrag ernst: Eine Enquête- Kommission im Landtag wird sich in den kommenden 2 Jahren intensiv mit der Thematik befassen und aufzeigen, wie ein Auseinanderdriften Bayerns in stärker und schwächer werdende Gebiete verhindert bzw. gestoppt werden kann. S e i t e 3

5 II. Blickwechsel: Ländlicher Raum Starker Raum Die erste Voraussetzung dafür ist, so meine ich, dass wir einen Blickwechsel wagen. Als Wissenschaftler wissen Sie: Die Fragestellung entscheidet über das Ergebnis. Wir setzen neue Energien frei, wenn wir den ländlichen Raum nicht defizitär sehen, sondern ganz bewusst seine Potenziale und Stärken in den Fokus rücken. Dieser Ansatz steht hinter den Visionen für den ländlichen Raum 2030, die wir seit rd. 2 Jahren gemeinsam mit den Kommunen erarbeiten. Das Ergebnis von 10 Regionalkonferenzen mit fast 1300 Verantwortungsträgern, darunter 500 Bürgermeister, lautet: Die Stärkung ländlicher Regionen als zukunftsfähige, vitale Wirtschafts- und attraktive Lebensräume ist die Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse! Ohne sie leidet die soziale und politische Stabilität. Negativbeispiele aus der ganzen Welt führen uns dies immer wieder vor Augen. S e i t e 4

6 Dabei dürfen wir gleichwertig nicht als gleich definieren. Gleichwertig hat mit Werten und damit subjektiven Einschätzungen zu tun. Das Leben an einem der vielen Dorfplätze in Bayern wird immer anders sein als das Leben am Marienplatz in München. Anders aber nicht schlechter! Versorgungsdefizite sollten zwar rasch behoben werden, z.b. bei der flächendeckenden Breitbandversorgung oder der Mobilität. Worauf es aber ankommt, ist, dass wir die Unterschiede des Landes zu den Städten als Stärke begreifen und hier ansetzen. III. Zukunft durch Zusammenarbeit Eine erfolgreiche Zukunftsgestaltung wird nur in enger Partnerschaft des Freistaats und seiner Verwaltungen mit den ländlichen Gemeinden sowie in vertrauensvoller Zusammenarbeit von Gemeinden in Gemeindeallianzen (ILE) und Stadt-Land-Partnerschaften und mit der Zivilgesellschaft möglich sein. Diese Querschnittsorientierung erfordert eine verstärkte Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Anwendung beste- S e i t e 5

7 hender und der Entwicklung neuer Instrumente. Die ländlichen Räume haben einen Anspruch darauf, dass Verwaltungen über alle fachlichen und administrativen Grenzen hinweg für die ländlichen Gemeinden zusammenarbeiten. Hier sind wir mit der Integrierten Ländlichen Entwicklung auf einem guten Weg: 90 Gemeindezusammenschlüsse mit über 600 Gemeinden packen die Zukunftsaufgaben gemeinsam an. IV. Den demografischen Wandel gestalten Auch bei der demografischen Entwicklung braucht es einen Blickwechsel: Rückgang und veränderte Altersstruktur der Bevölkerung sind gerade auf dem Land eine Entwicklung, die wir nicht umkehren können. Es gilt, den demografischen Wandel bewusst zu gestalten! Diese Aufgabe schließt fast alle Bereiche mit ein, wie die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze, Generationengerechtigkeit, leistungsstarke technische und soziale Infrastruktur, die flächendeckende Daseinsvorsorge und S e i t e 6

8 die Erhaltung und Gestaltung vitaler Ortskerne. Besonders erfolgversprechend ist der Ausbau vielfältiger und gut erreichbarer Bildungs- und Qualifizierungsangebote. Hier ist der Freistaat mit dem Ausbau der Hochschulen in der Fläche gut aufgestellt. Bestes Beispiel ist die Hochschule Deggendorf. Ihre Technologiecampi im Bayerischen Wald sind beispielhaft. Sie schaffen dynamische Impulse für Bildung und wirtschaftliche Entwicklung. Nur wenn wir die Bürger intensiv einbeziehen, entstehen maßgeschneiderte Zukunftskonzepte, die auch angenommen werden. Das ist ein Handlungsprinzip in der Ländlichen Entwicklung, gerade auch in der Dorferneuerung, und gehört zu den weithin anerkannten Stärken unserer Förderprogramme. V. Die bäuerliche Landwirtschaft erhalten Die bäuerliche Landwirtschaft ist ein wichtiger Aktivposten im ländlichen Raum. Bäuerliche Familienbetrie- S e i t e 7

9 be sind flexibel, stabil und leistungsfähig. Sie schaffen Wertschöpfung und Beschäftigung im ländlichen Raum, auch durch den Aufbau weiterer Einkommensstandbeine. Wir unterstützen die Betriebe, sich im Wettbewerb zukunftsfähig aufzustellen, mit einer breiten Palette an Maßnahmen und Förderprogrammen. Dazu gehören auch die Flurneuordnung sowie der Erhalt und zeitgemäße Ausbau der Wege. Hier bieten wir mit unserer Initiative Ländliches Kernwegenetz gemeindeübergreifende Ansätze an. VI. Die natürlichen Lebensgrundlagen sichern Grundvoraussetzung für eine gute Zukunft nicht nur auf dem Land ist es aber, dass es uns gelingt, unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu sichern. Bereits heute sind wir von den Folgen des Klimawandels betroffen. Darauf müssen wir uns einstellen: Ich denke an den Hochwasserschutz, der 2013 durch verheerende Überschwemmungen in den Fokus gerückt ist. Meine Verwaltung trägt zur Wasser- S e i t e 8

10 rückhaltung in der Fläche bei und hilft mit der Bodenordnung, die nötigen Flächen für technische Schutzmaßnahmen bereitzustellen. Ich denke an den Boden- und Gewässerschutz, den wir aktuell mit der Initiative boden:ständig unter intensiver Einbindung der Landwirte und Kommunen forciert angehen. Ich denke an den Natur- und Artenschutz, dem wir z.b. mit Biotopvernetzungssystemen Rechnung tragen. Unsere Kulturlandschaft ist einmalig! Kulturlandschaft schützen heißt aber Kulturlandschaft nutzen! Das setzt voraus, dass wir mit der Bodenordnung und Landentwicklung steuernd eingreifen, um Maßnahmen an den passenden Stellen zu verwirklichen, um den Flächenverbrauch zu verringern und um sicherstellen, dass eine flächendeckende Nutzung erhalten bleibt; vergessen wir dabei auch nicht unser Ziel einer Energiewende sie kann nur im und mit den ländlichen Räumen gelingen. S e i t e 9

11 VII. Experten für den Ländlichen Raum ausbilden Wenn wir uns einig sind, gibt es wenig, was wir nicht können, sagte John F. Kennedy. Ich denke, wir sind uns einig, dass wir Experten für den ländlichen Raum brauchen! Experten, die ein umfassendes Fachwissen haben und gleichzeitig Sozialkompetenz. Experten, die mit den Menschen in unserer bayerischen Heimat kreative Ideen entwickeln und sie strukturiert umsetzen. Experten, die in der Lage sind, über Fachgrenzen hinweg zu denken und zusammenzuwirken. Diese Experten werden am Lehrstuhl für Bodenordnung und Landentwicklung ausgebildet. Sie haben sich hier am Lehrstuhl stets neuen Herausforderungen gestellt und können heute auf 4 erfolgreiche Jahrzehnte zurückblicken. Dafür danke ich dem gesamten Lehrstuhl-Team, insbesondere Herrn Prof. Dr. Holger Magel, Herrn Prof. Dr. Thomas Wunderlich und Herrn Prof. Dr. Richard Hoisl. Ich wünsche Ihnen weiterhin viele Absolventen, erfolgreiche Forschungsarbeiten und für die Zukunft alles Gute! S e i t e 10