Grundrisse des Rechts. Arbeitsrecht. von Prof. Dr. Wilhelm Dütz, Prof. Dr. Gregor Thüsing, Dr. Heike Jung. 15., neu bearbeitete Auflage
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1 Grundrisse des Rechts Arbeitsrecht von Prof. Dr. Wilhelm Dütz, Prof. Dr. Gregor Thüsing, Dr. Heike Jung 15., neu bearbeitete Auflage Arbeitsrecht Dütz / Thüsing / Jung schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG Thematische Gliederung: Ausbildungsliteratur Verlag C.H. Beck München 2010 Verlag C.H. Beck im Internet: ISBN Inhaltsverzeichnis: Arbeitsrecht Dütz / Thüsing / Jung
2 I. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz 139 schiedener menschlicher Rassen anerkannt werden, BT-Drucks. 16/ 1780, S. 31. Schwieriger noch scheint zu bestimmen, was sich hinter dem Begriff der ethnischen Herkunft verbirgt. Nicht gleichzusetzen ist das Merkmal mit dem der Nationalität. Eine positive Umschreibung findet sich in der RL jedoch nicht. Die britische Rechtsprechung wird in Ausdeutung des Race Relations Act präziser. Danach ist eine ethnische Herkunft definiert durch eine lange gemeinsame Geschichte, deren sich die Gruppe bewusst ist als ein Unterschied gegenüber anderen Gruppen; eine eigene kulturelle Tradition, einschließlich familiären und sozialen Gebräuchen und Sitten, oftmals aber nicht notwendig im Einklang mit religiösen Gebräuchen; eine gemeinsame Religion unterschiedlich von der benachbarter Gruppen oder der sie umgebenden Allgemeinheit ; oder viertens eine Gruppe in der Minderheit, oder eine benachteiligte Gruppe innerhalb einer größeren Gruppe, Lord Fraser in Mandla v. Lee, 2 AC 548 (House of Lords 1983). Ethnische Gruppen sind damit wohl Sinti und Roma, Sorben in der Oberlausitz, Banater Schwaben oder Russlanddeutsche. Ethnische Gruppe sind demgegenüber nicht Farbige, denn diese verbindet keine gemeinsame kulturelle Herkunft. Der Begriff des Geschlechts im Sinne des AGG entspricht dem des außerjuristischen Wortsinns. Er bezeichnet die Erscheinungsform menschlicher Organismen als weiblich oder männlich, wie sie durch die Geschlechtschromosomen bestimmt wird. Bei abnormen Kombinationen der Geschlechtschromosomen können gewisse intersexuelle Formen entstehen. Eine Benachteiligung wegen des Geschlechts ist daher auch die Zurücksetzung von Hermaphroditen sowie nach der Rechtsprechung des EuGH auch die Benachteiligung von Transsexuellen, EuGH NJW 2004, Für die Religion gibt das Gesetz keine Legaldefinition des Diskriminierungsmerkmals, der EuGH hat bislang keine Definition der Religion gefunden und auch die RL liefert sie nicht. Für diesen Versuch einer Konkretisierung können bestimmte Eckpunkte einer Argumentation festgemacht werden: Religion gibt Antwort auf das, was den Menschen unbedingt angeht, das Wo komm ich her?, das Was darf ich hoffen?, und das Was soll ich tun?. Die Intensität oder die Art und Weise, in der eine Religion diese Fragen beantwortet und Aussagen versucht zu treffen, kann nicht entscheidend sein. Geschützt ist das Bekenntnis zu einem spezifischen Glauben und den sich daraus ergebenden Handlungsgeboten; ferner die Freiheit des Glaubens, und die Freiheit diesen Glauben zu verwirklichen. Das Be-
3 Persönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis kenntnis zu einem Gott ist weder notwendiges noch hinreichendes Kriterium dafür, dass eine bestimmte Weltsicht als religiös zu werten ist. Klassisches Abgrenzungskriterium von Religion und Weltanschauung ist die Annahme, dass Religion sich auf Transzendenz bezieht, Weltanschauung dagegen ein rein diesseitig ausgerichtetes Phänomen ist, BVerfGE 32, 98, 108. Heute wird verstärkt das rein subjektive Kriterium des Selbstverständnisses der jeweiligen Gemeinschaft als entscheidendes Abgrenzungsmerkmal angesehen, Listl/Pirson, Handbuch des Staatskirchenrechts, Bd. I, S Die Gemeinschaft kann damit selbst entscheiden, ob sie eine Weltanschauung oder eine Religion verkündet. Weltanschauung ist nicht jede Weltsicht säkularer Art, sondern sie muss sich am gleichen umfassenden Anspruch wie die religiöse Überzeugung messen lassen, und sie muss auf die grundlegenden Fragen des Woher und Wohin menschlicher Existenz antworten. Das Gemeinschaftsrecht hilft bei der Frage der Absteckung des persönlichen Geltungsbereichs des AGG unmittelbar nicht weiter, denn dieses verwendet den Begriff der Behinderung, ohne ihn zu definieren. Generalanwalt Geelhoed betont dementsprechend Der Begriff 'Behinderung' [ist] als medizinisch-wissenschaftlicher Terminus, der in seiner sozialen Bedeutung einer recht raschen Entwicklung unterliegt. Dabei ist nicht auszuschließen, dass bestimmte physische oder psychische Einschränkungen in einem bestimmten gesellschaftlichen Kontext den Charakter einer 'Behinderung' haben, in einem anderen Kontext aber nicht, Schlussanträge EuGH NZA 2006, 839. Alter im Sinne des AGG meint das biologische Alter im Sinne der vergangenen Zeit des Lebens eines Menschen. Geschützt wird nicht nur vor einer Benachteiligung der Älteren gegenüber den jüngeren, sondern auch der jüngeren gegenüber den Älteren, mag auch eine Jugenddiskriminierung sehr viel seltener sein, als eine Altersdiskriminierung. Erfasst vom Benachteiligungsverbot ist entsprechend dem Wortlaut der Norm jede sexuelle Identität. Mit dem Begriff sexuelle Identität wird das Benachteiligungsverbot der RL 2000/78/EG wegen der sexuellen Ausrichtung umgesetzt. Beide Begriffe sollen wohl dasselbe meinen, es verwundert, dass hier nicht der Begriff der RL verwandt wurde. Sexuelle Identität bezeichnet die Präferenz bei der sexuellen Objektwahl. Er wird allgemein als heterosexuell, homosexuell und bisexuell verstanden.
4 I. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Formen der Diskriminierung a) Allgemeines Begriff der Benachteiligung Die verschiedenen Formen der Benachteiligung sind in 3 AGG definiert. b) Unmittelbare Benachteiligung 3 Abs. 1 S. 1 AGG definiert die unmittelbare Benachteiligung. Sie liegt vor, wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Dies bezieht sich gleichermaßen auf alle in 1 AGG genannten Gründe einer unterschiedlichen Behandlung. Eine Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen, BT-Drucks. 17/1780, S. 29. Der Nachteil besteht in einer Zurücksetzung. Die Zurücksetzung muss wegen eines der in 1 AGG erwähnten Merkmale erfolgt sein. Die benachteiligende Maßnahme muss also durch eines (oder mehrere) dieser Merkmale motiviert sein bzw. der Benachteiligende muss bei seiner Handlung hieran anknüpfen. Die unmittelbare Benachteiligung muss entweder noch andauern bzw. bereits abgeschlossen sein. Im Grenzbereich zur unmittelbaren Benachteiligung liegen Unterscheidungen, die nicht explizit am verbotenen Merkmal selbst anknüpfen, sondern an einem Merkmal, was mit einem Grund i.s.d. 1 AGG in Zusammenhang steht. Als europarechtlicher Sonderfall ist die Schwangerschaft anzusehen, die als unmittelbare Diskriminierung anerkannt ist. Es bleibt fraglich, inwieweit dies analogiefähiges Regelbeispiel ist oder nicht analogiefähige Ausnahmevorschrift. Es spricht darüber hinaus viel dafür, dass als unmittelbare Diskriminierung auch die Benachteiligung von Teilgruppen einer Gruppe mit einem bestimmten geschützten Merkmal anzusehen ist c) Mittelbare Benachteiligung Die Definition der mittelbaren Benachteiligung des AGG entspricht der Definition mittelbarer Diskriminierung in Art. 2 Abs der RL 76/207/EWG, RL 2000/43/EG und RL 2000/78/EG. Sprachlich abweichend bestimmt Art. 2 Abs. 2 der RL 97/80/EG, eine mittelbare Diskriminierung sei anzunehmen, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren einen wesentlich höheren Anteil der Angehörigen eines Geschlechts benachteiligen, es sei
5 Persönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind angemessen und notwendig und sind durch nicht auf das Geschlecht bezogene sachliche Gründe gerechtfertigt. Auf die prozentuale Betroffenheit, die für die mittelbare Geschlechtsdiskriminierung maßgeblich ist, BAG NZA 2006, 611, stellt der Wortlaut des Gesetzes nun nicht mehr ab d) Begriff der Belästigung 3 Abs. 3 AGG definiert den Begriff der Belästigung. Wesentlich ist die Verletzung der Würde der Person durch unerwünschte Verhaltensweisen; insbesondere durch das Schaffen eines von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichneten Umfeldes. Die unerwünschte Verhaltensweise muss geeignet sein, die Würde der betreffenden Person zu verletzen. Damit scheiden nach der Begründung des Regierungsentwurfs geringfügige Eingriffe aus. e) Anweisung zur Benachteiligung als Benachteiligung 3 Abs. 5 AGG erfasst bereits die Anweisung zur Benachteiligung Die Weisung muss vorsätzlich erfolgen, BT-Drucks. 16/1780, S. 33. Es ist hingegen nicht erforderlich, dass der Anweisende sich der Verbotswidrigkeit der Handlung bewusst ist, denn das gesetzliche Benachteiligungsverbot erfasst alle Benachteiligungen, ohne dass ein Verschulden erforderlich ist. Für das Vorliegen einer Anweisung kommt es nicht darauf an, ob die angewiesene Person die Benachteiligung tatsächlich ausführt. 293 a) 8 AGG 4. Rechtfertigung 8 Abs. 1 AGG bestimmt einheitlich für alle Diskriminierungsmerkmale, dass eine Benachteiligung zulässig ist, wenn der Grund für die Diskriminierung wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Eine Anforderung ist dann entscheidend für eine bestimmte berufliche Tätigkeit, wenn die Tätigkeit ohne sie nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Die zusätzliche Einschränkung auf wesentliche An-
6 I. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz 143 forderungen soll eine gewisse Erheblichkeitsschwelle statuieren. Testfrage ist: Wäre die Stelle dauerhaft unbesetzt geblieben, wenn sich nur Arbeitnehmer ohne das geforderte Differenzierungsmerkmal beworben hätten? b) 9 AGG Eine Benachteiligung wegen der Religion ist zulässig, wenn diese unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. Mit der gegenüber dem Maßstab des 8 Abs. 1 AGG unterschiedlichen Wortwahl wollte man eine Abschwächung in der Rechtfertigung für die Kirchen erreichen. Nicht alles was gerechtfertigt ist, muss also auch entscheidend sein. c) 10 AGG 10 AGG ermöglicht eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Ferner müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. Anders als bei den übrigen Gründen nach 1 AGG ist es dem Arbeitgeber durch 10 AGG möglich, eine Ungleichbehandlung wegen des Alters in einem weiteren Umfang zu praktizieren. Die Rechtfertigungsschwelle ist niedriger, doch recht unbestimmt und öffnet Spielraum zur Ausdeutung im Einzelfall d) 5 AGG Gemäß 5 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung auch zulässig, wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende 296 Nachteile wegen eines in 1 AGG genannten Grundes verhindert oder ausgeglichen werden sollen. Mit der Regelung werden die Art. 5 der RL 2000/43/EG, Art. 7 Abs. 1 der RL 2000/78/EG und Art. 2 Abs. 8 der RL 76/207/EWG über positive Maßnahmen umgesetzt. Die Vorschrift lässt Maßnahmen zur Behebung bestehender Nachteile ebenso zu wie präventive Maßnahmen zur Vermeidung künftiger Nachteile, BT-Drucks. 16/1780, S. 33.
7 Persönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis 297 e) 3 Abs. 2 AGG Die sachliche Rechtfertigung durch ein rechtmäßiges Ziel bei Angemessenheit und Erforderlichkeit des Mittels nach 3 Abs. 1 AGG ist ein Maßstab, der deutlich hinter dem Maßstab des für die unmittelbare Benachteiligung im Arbeitsrecht geltenden 8 AGG zurückbleibt. Es soll allein sichergestellt werden, dass die Anknüpfung an andere Merkmale als dem des Grundes nach 1 AGG nicht erfolgt, um eine verbotene Diskriminierung auf Umwegen zu realisieren. a) Schadensersatzanspruch 5. Folgen einer Diskriminierung 298 aa) 15 Abs. 1 AGG Ersatz des Vermögensschadens. Gemäß 15 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Das Gesetz lässt offen, was der Arbeitgeber zu vertreten hat. Aufgrund des ausdrücklichen Hinweises in der Gesetzesbegründung wird man insoweit auf die Regelung des BGB zurückgreifen müssen und nur eigenes schuldhaftes Verhalten nach 276 BGB oder solches des Erfüllungsgehilfen nach 278 BGB als zu vertretendes Verhalten einstufen können, BT-Drucks. 16/1780 S. 38. Allerdings ist dieses Verschuldenserfordernis europarechtswidrig. Es besteht ein klares Defizit im Hinblick auf das Gebot effektiver Sanktionierung unzulässiger Diskriminierungen nach Art. 8 d RL 76/ 207/EG, Art. 15 RL 2000/43/EG und Art. 17 RL 2000/78/EG, s. auch zu 611a BGB EuGH, NZA 1997, bb) 15 Abs. 2 AGG Ersatz des Nichtvermögensschadens. Der Schadensersatz umfasst nach 15 Abs. 2 AGG auch eine Entschädigung für einen Nichtvermögensschäden. Grundlage des Nichtvermögensschadens kann bei der Benachteiligung aus einem in 1 AGG genannten Grund nur die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschäftigten durch den Arbeitgeber sein. Der Beschäftigte muss herabgewürdigt werden, ihm müssen sachwidrig die Chancen einer gleichberechtigten Teilnahme am Arbeitsleben einzig auf Grund seines Soseins genommen werden. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht überschreiten, wenn der Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Jedenfalls dieser
8 II. Arbeitnehmerdatenschutz 145 Anspruch setzt kein Verschulden des Arbeitgebers voraus, BAG NZA 2009, 945 b) 15 Abs. 6 AGG Gemäß 15 Abs. 6 AGG begründet ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einen anderen Rechtsgrund Arbeitsgerichtliche Besonderheiten Kommt es zu einem Prozess, dann spielt die Beweislastregel des 22 AGG eine wichtige Rolle. Hiernach trägt, wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Der Kläger muss den Vollbeweis führen, dass er gegenüber einer anderen Person ungünstig behandelt worden ist. Hinsichtlich des Beruhens der Benachteiligung auf einem Grund gemäß 1 AGG greift dann die Beweislastregelung des 22 AGG. 301 II. Arbeitnehmerdatenschutz a) Bedeutung 1. Einleitung Das Recht des Datenschutzes ist noch ein recht junges Rechtsgebiet. Das BDSG etwa datiert vom 27. Januar Durch zahlreiche datenschutzrechtliche Skandale bei großen deutschen Unternehmen rückte dieses bislang kaum beachtete Rechtsgebiet jedoch in den Fokus des öffentlichen Interesses. Der Gesetzgeber reagierte und erließ eine überarbeitete Fassung des BDSG, die nun seit in Kraft ist. Die Neufassung des BDSG stellt dabei nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers im Wesentlichen lediglich eine Kodifikation bisheriger Rechtsprechungsgrundsätze dar (BT-Drucks. 16/13657, S. 34 ff.), mit ihr ist also keine grundlegende inhaltliche Reform verbunden. 302
9 Persönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis 303 b) Grundkonflikt Der Grundkonflikt, den es zu lösen gilt, ist stets derselbe: Wie kann der Arbeitgeber sicher stellen, dass der Arbeitnehmer sein Eigentum nicht beschädigt, seine Dateneinrichtungen nicht missbraucht, seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt und wie kann der Arbeitnehmer davor geschützt werden, fortlaufend überwacht und kontrolliert zu werden, in seinem Handeln umfassend und ohne Anlass dokumentiert zu werden, wie kann es der Arbeitnehmer erreichen, in seinem Persönlichkeitsrecht und seinem Wunsch nach Privatheit und informationeller Selbstbestimmung respektiert zu werden? Es sind also letztlich Grundrechtskollisionen, die es durch das Arbeitnehmerdatenschutzrecht zu lösen gilt; auf der einen Seite stehen die Rechte des Arbeitgebers aus Art. 12 und 14 GG, auf der anderen Seite das allgemeine Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers (Art. 2 Abs. 1 i.v.m. 1 Abs. 1 GG) mit seinen zahlreichen Ausprägungen. Das Ziel eines möglichst weitreichenden Schutzes der Persönlichkeitsrechte gerät zudem zunehmend in Konflikt mit den rechtlichen Anforderungen an eine effektive Compliance. Unter dem Begriff der Compliance versteht man die Gesamtheit der Maßnahmen, die das rechtmäßige Verhalten eines Unternehmens, seiner Organe und Mitarbeiter im Hinblick auf alle gesetzlichen und unternehmenseigenen Gebote und Verbote gewährleisten sollen (vgl. Schneider, ZIP 2003, 645; ähnlich Koch, WM 2009, 1013; leicht abw. Fleischer, NJW 2009, 2337, 2338). 304 c) Rechtsgrundlagen des Arbeitnehmerdatenschutzes Der Arbeitnehmerdatenschutz wurde wie auch der Datenschutz außerhalb des Arbeitsrechts erstmalig umfassend geregelt durch das BDSG. Neben dieser Kodifikation auf Bundesebene gibt es im föderalistischen Deutschland ergänzend die Datenschutzgesetze der Länder. Datenschutzrelevante Vorschriften finden sich darüber hinaus im BetrVG (s. insbesondere 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) und im BPersVG. In einigen Problemkonstellationen namentlich für den Bereich der - und Internetnutzung, sofern hier der Arbeitgeber die Nutzung auch für private Zwecke gestattet hat ist auch die Anwendbarkeit des TKG, TMG, TDSV, TDG und TDDSG zu erörtern, s. Däubler, Gläserne Belegschaften, 2010, S. 188 ff. Unter all diesen Regelungen ist die zentrale Vorschrift des Arbeitnehmerdatenschutzes heute 32 BDSG, welcher 28 BDSG als bisherige lex regia ablöst.
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