Entscheidungsunterstützung im Gesundheitswesen durch quantitative Modelle

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1 Entscheidungsunterstützung im Gesundheitswesen durch quantitative Modelle Prof. Dr. Katja Schimmelpfeng Universität Hohenheim Beschaffung und Produktion Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

2 Gliederung 1 Motivation Gesundheitswesen Entscheidungsmodelle 2 Ausgewählte Modelle zur Entscheidungsunterstützung im Gesundheitswesen Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Standortplanung zur Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung 3 Fazit und Ausblick Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

3 Gliederung Motivation 1 Motivation Gesundheitswesen Entscheidungsmodelle 2 Ausgewählte Modelle zur Entscheidungsunterstützung im Gesundheitswesen Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Standortplanung zur Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung 3 Fazit und Ausblick Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

4 Motivation Gesundheitswesen Bedeutung des Gesundheitswesens Aspekte des Gesundheitswesens: steigende Ausgaben bei begrenztem Budget demographischer Wandel hohe geforderte Qualität der Behandlungen - auch seitens der Patienten verbesserte Behandlungsmethoden Sind Methoden der Produktionsplanung und -steuerung übertragbar? Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

5 Motivation Entscheidungsmodelle Einführung Entscheidungsmodelle Entscheidungsmodelle: basieren auf einem vereinfachten (abstrakten) mathematischen Abbild der Realität, bilden alle realisierbaren Alternativen ab, enthalten messbare Zielvorstellungen und dienen der Entscheidungsunterstützung. Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

6 Motivation Entscheidungsmodelle Mathematisches Modell - exakte Verfahren - heuristische Verfahren Lösung des math. Modells Reales Problem - Erfahrung - Intuition Lösung des realen Problems Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

7 Gliederung Ausgewählte Modelle 1 Motivation Gesundheitswesen Entscheidungsmodelle 2 Ausgewählte Modelle zur Entscheidungsunterstützung im Gesundheitswesen Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Standortplanung zur Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung 3 Fazit und Ausblick Schimmelpfeng, K./Helber, S./Kasper, S. (2012): Decision support for rehabilitation hospital scheduling, in: OR Spectrum April 2012, Volume 34, Issue 2, pp Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

8 Funktion und Bedeutung von Reha-Kliniken Funktion Erhaltung und Wiederherstellung des Gesundheitszustandes Vorbeugung gegen Erkrankungen Bedeutung ca Klinikadressen in Deutschland z.t. mehrere hundert Betten erheblicher Kostenfaktor im Gesundheitswesen wichtig für Gesundheitszustand der Bevölkerung Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

9 Spezifika von Reha-Krankenhäusern Leistungen planbar und geplant spezifisch für das jeweilige Haus primär therapeutischer Natur personalintensiv für Einzelpersonen oder Gruppen Patienten ambulant oder stationär unterschiedlich profitabel (GKV vs. Selbstzahler) unterschiedlich disponibel Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

10 Prozessplanung in Reha-Kliniken Zielorientierte Zuordnung von Patienten zu Ressourcen wie Leistungserbringern, Räumen oder Geräten und Zeitfenstern unter Berücksichtigung diverser Nebenbedingungen Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

11 Kosten und Erlöse in der Reha-Klinik Kosten: weitgehend fix, u.u. variable Personalkosten Erlöse: bei Kassenpatienten niedrig und fix, sofern indizierte Leistungen erbracht werden bei Selbstzahlern hoch und variabel, je nach Planungsergebnis Ansatz: Kassenpatienten um Selbstzahler herumplanen Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

12 Bisherige Vorgehensweise Datenverwaltung, keine Entscheidungsunterstützung Vorab-Festlegung von Gruppenmaßnahmen sequentielle Terminfestlegung für einzelne Patienten keine Steuerung der Potentialfaktor-Auslastung keine gezielte Optimierung der Erlöse durch Selbstzahler Zwei zentrale Fragen: Wo ist ein freier Termin? Wer erfährt seinen Termin wann? Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

13 Realistisches Szenario eines großen Reha-Krankenhauses Planungshorizont 4-6 Wochen 430 Patienten, überwiegend Kassenpatienten 650 durchführbare Maßnahmen Verordnungen, ca Maßnahmen-Ereignisse für Patienten 80 Potentialfaktorkategorien, 380 konkrete Potentialfaktoren Planung auf der Basis von 5-Minuten-Zeitslots rollierende Planung mit z.t. fixierten Ereignissen Fazit: Simultanplanung durch monolithisches Modell (noch) unmöglich!!! Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

14 Dekomposition in drei Ebenen 1. Ebene: Wochenmodell Verteilung der Maßnahmen für die Patienten auf einzelne Tage, Potentialfaktoren nach Kategorien aggregiert 2. Ebene: Tagesmodell 1 Verteilung der Maßnahmen eines Tages auf einzelne 5-Minuten-Zeitslots, Potentialfaktoren nach Kategorien aggregiert 3. Ebene: Tagesmodell 2 Zuordnung der zeitlich in Ebene 2 eingeplanten Maßnahmen zu konkreten Potentialfaktoren (Personal, Geräte, Räume) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

15 Annahmen der Optimierungsmodelle Die Verordnungen gelten für Patienten p. Es gibt Einzelmaßnahmen m sowie Gruppenmaßnahmen m, die in mehreren Gruppen q stattfinden können. Gruppenmaßnahmen werden exogen geplant. Für jede Maßnahme bzw. Gruppe einer Maßnahme werden Potentialfaktorkategorien (Raum, Gerät, Leistungserbringer) benötigt. Die Zeit ist unterteilt in diskrete Intervalle d, t.... Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

16 Zentrale Entscheidungsvariable des Wochenmodells x (1) pmd = 1, wenn Maßnahme m für Patient p in Ebene 1 an Tag d eingeplant wird 0, sonst Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

17 Zielfunktion Ausgewählte Modelle Max ZF = p P m MP p d DPp fipm d lapm x (1) pmd (1) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

18 Patienten-Nebenbedingungen Für jeden Patienten dürfen nicht mehr als die noch ausstehenden Maßnahmen r pm eingeplant werden: d DPp fipm d lapm x (1) pmd r pm p P, m MP p (2) Die Belastung eines Patienten durch Maßnahmen wird pro Tag auf a p limitiert: m MP p b m x (1) pmd a p p P, d DP p (3) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

19 Weitere Nebenbedingungen Einhaltung der Kapazitätsgrenzen für Potentialfaktorkategorien Einhaltung der Gruppengrößen Potentialfaktortreue Einplanung gleichmäßige Verteilung der Maßnahmen auf die Restaufenthaltsdauer Beachtung der Konfliktgruppen... Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

20 Beispielhafte Instanz Planungshorizont 30 Tage 429 Patienten 182 durchführbare Maßnahmen 46 ressourcen-treue Maßnahmen Maßnahmen-Ereignisse für Patienten ressourcen-treue Verschreibungen 26 Potentialfaktorkategorien, 92 konkrete Potentialfaktoren Planung auf der Basis von 5-Minuten-Zeitslots Modelle in GAMS implementiert, mit CPLEX gelöst Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

21 Lösung des... Ausgewählte Modelle Wochen- Tages- Tagesmodells modells 1* modells 2* Anzahl Zeilen Anzahl Spalten CPU-Zeit CPLEX [Sek.] 42,6 252,2 2,9 Gap zur optimalen Lsg. [%] 0,1 1,5 0,2 eingeplante Maßnahmen * durchschnittliche Werte (bezogen auf einen Tag) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

22 Gesamtergebnis: Detaillierter Einsatzplan für alle Ressourcen Detaillierter Terminplan für alle Patienten Auslastungsinformationen für alle Faktorkategorien Auflistung der nicht eingeplanten Maßnahmen je Patient Möglichkeit zur ökonomischen Steuerung der Reha-Prozesse Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

23 Koordination innerhalb der Planung Fokussierung auf Sachinterdepenzen Koordination der operativen Planung: Ressourceneinsatz Prozessablauf therapeutisches bzw. medizinisches Leistungsprogramm Koordinationsinstrumente: (vertikale) Dekomposition, Hierarchisierung Aggregation (hinsichtlich der Zeit und der Ressourcen) gegenseitige Abstimmung (durch iterative Lösung) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

24 Gliederung Ausgewählte Modelle Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle 1 Motivation Gesundheitswesen Entscheidungsmodelle 2 Ausgewählte Modelle zur Entscheidungsunterstützung im Gesundheitswesen Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Standortplanung zur Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung 3 Fazit und Ausblick Krüger, U. (2012): Personalbedarfsermittlung für eine Integrierte Regionalleitstelle, Hamburg Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

25 Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Charakteristika der Regionalen Leitstelle Cottbus Betreuung von 4 Landkreisen und Stadt Cottbus mit ca m 2 Fläche und ca Einwohnern Zuständigkeit für 34 Rettungswachen und 632 Feuerwachen Aufgaben: Koordinierung von Einsätzen des Rettungsdienstes, der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes Luftrettung Kassenärztlicher Notfalldienst Wildunfallermittlung... Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

26 Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Zielsetzung Finden der Balance zwischen Serviceziel (ausreichende Personalbesetzung in der Leitstelle, so dass jeder Anruf garantiert sofort entgegengenommen werden kann) und Finanzziel (möglichst geringe Personalausstattung in der Leitstelle je Schicht) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

27 Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Vorgehen zur effizienten Personaleinsatzplanung auf der Basis prognostizierter Anruferzahlen Besonderheiten der Personalbedarfsermittlung und -planung Datenanalyse der... Anrufhäufigkeit,... der Zwischenankunftszeiten,... der Gesprächsdauer und... der Einsatzhäufigkeit Berechnung der Nachbearbeitungzeiten aus den Einsatzarten Bedarfsplanung Schichtplanung (und Schichtbesetzung) Prognose des Anrufaufkommens und des Einsatzgeschehens Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

28 Leitstelle als Call Center Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Quelle: Krüger, U. (2012), S. 29; in Anlehnung an Helber, S./Stolletz, R. (2004a), S. 14 Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

29 Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Personalplanungsprozess in der Leitstelle Quelle: Krüger, U. (2012), S. 41; in Anlehnung an Thieme, K./Steffen, W. (1999), S. 143, Helber, S./Stolletz, R. (2004b), S. 75 Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

30 Zielfunktion und Nebenbedingungen Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Min ZF = j J l j x j (4) s tj x j c t t T (5) j J s tj x j p t t T (6) j J x j 0 j J (7) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

31 Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Bedarf und errechnete Schichtstärke für das Servicelevel 99/5 bei stündlichem Schichtbeginn Quelle: Krüger, U. (2012), S. 135 Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

32 Gliederung Ausgewählte Modelle Standortplanung 1 Motivation Gesundheitswesen Entscheidungsmodelle 2 Ausgewählte Modelle zur Entscheidungsunterstützung im Gesundheitswesen Personaleinsatzplanung in der Regionalen Leitstelle Standortplanung zur Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung 3 Fazit und Ausblick Lüdtke, M. (2013): Standortplanung für die ambulante vertragsärztliche Versorgungsstruktur, Diss., BTU Cottbus Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

33 Standortplanung Planungsproblem Sicherstellung der Versorgungsstruktur wohnortnahe Versorgung flächendeckende Versorgung - Berücksichtigung aller Bürger Berücksichtigung einer zumutbaren Distanz Kapazitätsplanung gerechte Verteilung der knappen Ressource (z.b. Hausarzt) wirtschaftliche Aspekte Perspektive der Planungsinstanz (Kassenärztliche Bundesvereinigung) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

34 Modell Standortplanung Standortplanung Zielfunktion: Minimierung der gewichteten Distanz Restriktionen Versorgung aller Einwohner Einrichtung der gegebenen Anzahl an Standorten Eröffnung des Standortes, wenn dieser versorgt ist Einhaltung einer konstanten Versorgungsrelation Ausschluss (zu) kleiner Interaktionswahrscheinlichkeiten Einhaltung einer Mindestkapazität in eröffnetem Standort Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

35 Standortplanung Modell Kapazitätsverteilungsplanung Zielfunktion: Maximierung des Versorgungsgrades Restriktionen Enhaltung der verfügbaren Kapazität Pflichtversorgung aller Standorte Einhaltung einer oberen und einer unteren Kapazitätsgrenze Beachtung eines maximalen Wertes für Kapazitätsübererfüllung Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

36 Testgebiet Ausgewählte Modelle Standortplanung Quelle: Lüdtke, M. (2013) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

37 Standortplanung Ergebnisse für verschiedene Szenarien Umverteilung: Neupositionierung der vorhandenen Ressourcen Idealzustand: Bestmöglicher Versorgungszustand Zusammenführung: Bestmögliche Ergänzungen der realen Situation Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

38 Darstellung des Istzustands Standortplanung Ist-Zustand 037 Standorte 160 Hausärzte 20 Quelle: Lüdtke, M. (2013) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

39 Standortplanung Ergebnisse des Szenarios Umverteilung Szenario Umverteilung 037 Standorte 160 Hausärzte 21 Quelle: Lüdtke, M. (2013) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

40 Standortplanung Ergebnisse des Szenarios Zusammenführung Szenario Zusammenführung 037 alte Standorte 008 neue Standorte Ø Versorgungsdistanz gesamt = 3,372 min 26 Quelle: Lüdtke, M. (2013) Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

41 Fazit und Ausblick Fazit Modelle mit Fokus auf wichtigen Aspekten des Problems Entscheidungsunterstützung für (Teil-)Probleme letztliche Entscheidung durch Entscheidungsträger, nicht automatisch... Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42

42 Ausblick Fazit und Ausblick Weitere Aufgabenbereiche Personaleinsatzplanung von Pflegekräften Operationssaal-Planung Methodik Heuristiken... Katja Schimmelpfeng EU im Gesundheitswesen / 42