2. ENTWICKLUNG IN DEN EINZELNEN OECD-MITGLIEDSLÄNDERN UND IN AUSGEWÄHLTEN NICHT-OECD-VOLKSWIRTSCHAFTEN EURORAUM
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- Friedrich Martin
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1 EURORAUM Das Wirtschaftswachstum wird sich unter dem Einfluss der niedrigeren Ölpreise, der Abwertung des Euro, der sich verbessernden Finanzierungsbedingungen, der zusätzlichen Impulse durch eine weitere Lockerung der Geldpolitik sowie der Unterbrechung der Haushaltskonsolidierung bis Ende 2016 voraussichtlich nach und nach auf 2¼% beschleunigen. Jedoch dürfte die Arbeitslosigkeit nur allmählich zurückgehen und bis Ende 2016 eine Quote von 10¼% erreichen. Es wird damit gerechnet, dass die Inflation mit dem Abklingen der Effekte der niedrigeren Energiepreise und der Beschleunigung der geldpolitischen Lockerung auf etwa 1½% ansteigen wird. Die Risiken, mit denen diese Projektionen behaftet sind, halten sich im Großen und Ganzen die Waage, wenngleich die Gefahr von Ereignisrisiken bei erneuten Turbulenzen an den Finanzmärkten groß bleibt. Die Fiskalpolitik wird voraussichtlich weitgehend neutral ausgerichtet sein, was auf kurze Sicht angemessen ist, da die Erholung noch immer verhalten und ungewiss ist. Dennoch sind angesichts der in vielen Ländern nach wie vor viel zu hohen Staatsverschuldung glaubwürdige mittelfristige Konsolidierungspläne erforderlich. Der sehr konjunkturstützende geldpolitische Kurs sollte wie geplant weiter verfolgt werden, da die Inflation nach wie vor weit unter 2% liegt und das Wachstum schwach ist. Die anfälligen Länder haben auf dem Gebiet der Strukturreformen nach dem Beginn der Krise deutliche Fortschritte erzielt. Gleichwohl bedarf es zur dauerhaften Ankurbelung der Wirtschaftstätigkeit und inklusiveren Gestaltung des Wachstums weiterer Reformanstrengungen, namentlich der Vollendung des Binnenmarkts. Die Ankurbelung der privaten und öffentlichen Investitionstätigkeit ist von ent scheidender Bedeutung, um die Wirtschaft auf einen höheren Wachstumspfad zu heben. Die Investitionsoffensive für Europa dürfte hierzu einen Beitrag leisten. Um zusätzliche Investitionen zu schaffen, sollten Projekte mit hohem gesellschaftlichem Nutzen ausgewählt werden, die ohne Staatsgarantien nicht zustande kämen. Ein konkretes Beispiel ist die Stärkung der grenzüberschreitenden Infrastruktur im Strom- und Gassektor sowie im Schienenverkehr. Eine ergänzende Strukturreform, die das Unternehmertum und die volle Integration der europäischen Kapitalmärkte unterstützt, würde ebenfalls zur Mobilisierung privater Investitionen beitragen. Euro area 1. Interest rates on new loans to non-financial corporations (all maturities) except for Greece (maturity up to one year). Source: European Central Bank; and OECD Economic Outlook 97 database. 92
2 Euro area: Employment, income and inflation Percentage changes Employment Unemployment rate Compensation per employee Labour productivity Unit labour cost Household disposable income GDP deflator Harmonised index of consumer prices Core harmonised index of consumer prices Private consumption deflator As a percentage of labour force. 2. In the total economy. 3. Harmonised index of consumer prices excluding energy, food, drink and tobacco. Ein moderater Aufschwung hat eingesetzt Unter dem Einfluss der sich festigenden Binnen- und Auslandsnachfrage setzte sich der moderate Wirtschaftsaufschwung im ersten Halbjahr 2015 fort. Die Unternehmensinvestitionen bleiben aber nach wie vor flau. Nach einer deutlichen Rezession verzeichnen einige anfällige Volkswirtschaften mittlerweile über dem Durchschnitt des Euroraums liegende Quartalswachstumsraten. Die Arbeitslosigkeit geht von ihrem hohen Stand langsam zurück, liegt aber nach wie vor weit über dem Vorkrisenniveau, wobei Deutschland hier die große Ausnahme bleibt. In vielen Ländern sind die Jugendarbeitslosenquoten mindestens doppelt so hoch wie die durchschnittliche Arbeitslosenquote. Die nach wie Euro area 93
3 Euro area: Financial indicators Household saving ratio, net General government financial balance General government gross debt General government debt, Maastricht definition Current account balance Short-term interest rate Long-term interest rate As a percentage of disposable income. 2. As a percentage of GDP at market value month interbank rate year government bonds. vor hohen Kapazitätsüberhänge und die Rückgänge der Öl- und Nahrungsmittelpreise in der Vergangenheit haben die Inflation sehr niedrig gehalten. Die sehr expansive Geldpolitik muss mit weiteren Strukturreformen Hand in Hand gehen Das eingetrübte Vertrauensklima, das die Ungewissheit in Bezug auf die tendenzielle Solidität der Wirtschaft des Euroraums und der weltwirtschaftlichen Aussichten zum Ausdruck bringt, lastet weiter auf der Wirtschaftstätigkeit und insbesondere auf den Unternehmens investitionen. Von der hohen privaten Verschuldung und der Arbeitslosigkeit geht auch eine Bremswirkung auf die Nachfrage der privaten Haushalte aus. Der drastische Rückgang der Ölpreise und die Euroabwertung gegenüber früheren Höchstständen geben dem Wachstum indessen Auftrieb. Allein dem Ölpreiseffekt sind in diesem und im kommenden Jahr zusätzliche 0,2 Prozentpunkte BIP-Wachstum zu verdanken. Euro area: Demand and output Fourth quarter Current prices billion Percentage changes from previous year, volume (2011 prices) GDP at market prices Private consumption Government consumption Gross fixed investment Final domestic demand Stockbuilding Total domestic demand Net exports Note: Detailed quarterly projections are reported for the major seven countries, the euro area and the total OECD in the Statistical Annex. Covers the euro area countries that are members of the OECD. 1. Contributions to changes in real GDP, actual amount in the first column. 94
4 Euro area: External indicators $ billion Foreign balance Invisibles, net Current account balance Darüber hinaus hat sich eine Reihe grundlegender Faktoren verbessert. Bei der Neu - aus tarierung innerhalb des Euroraums, die in den anfälligen Ländern durch eine Haushalts konsolidierung, eine Anpassung der Lohnstückkosten und eine Verbesserung der Export ergebnisse gestützt wird, sind Fortschritte erzielt worden. Alle Krisenländer weisen mittler weile Leistungsbilanzüberschüsse auf, auch wenn es in diesen Ländern noch vieler Jahre mit soliden Leistungsbilanzpositionen bedarf, um die große Auslandsverschuldung zu reduzieren. In den anfälligen Ländern wurden in den vergangenen Jahren bedeutende Strukturreformen in Angriff genommen. Jedoch bleibt reichlich Spielraum für die Um setzung wett bewerbsfreundlicher Reformen, die die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und der Ressourcenreallokation zusätzlich voranbringen würden und so das wirtschaftliche Potenzial erhöhen und für ein inklusiveres Wachstum sorgen dürften. Gleichzeitig können die Kernländer des Euroraums durch den Abbau von Zutrittsschranken in ihren Dienstleistungssektoren zur Stärkung der Wirtschaftstätigkeit beitragen. Der Euroraum unterliegt nach wie vor zahlreichen, erheblichen Beschränkungen, die Kernbereiche wie Unter nehmertum, Arbeitskräftemobilität und Energieeffizienz betreffen. Die Vollendung eines wirklichen Binnenmarkts könnte erheblich zur Ankurbelung des mittelfristigen Wachstums beitragen. Die Finanzmarktbedingungen haben sich verbessert. Die Kreditvergabe an den privaten Sektor erholt sich allmählich, da die Banken mit der Lockerung ihrer straffen Kreditvergabestandards für Unternehmenskredite und nicht dem Wohnungsbau dienende Kredite an private Haushalte begonnen haben. Auch die Eigenkapitalausstattung der Banken hat sich erhöht, wenngleich der Anteil notleidender Kredite in vielen Ländern nach wie vor hoch ist. Die umfassende Bewertung der Bankbilanzen der EZB von 2014 dürfte ebenfalls zu einer weiteren Verbesserung der Kreditvergabebedingungen beitragen, da sie die Ungewissheit reduziert. Die Europäische Zentralbank hat ein umfassendes unbefristetes Wertpapierankaufprogramm in Angriff genommen, um die Inflation wieder in Richtung ihres Zielwerts anzuheben. Diese Maßnahme hatte eine Senkung der Zinssätze und eine deutliche Abwertung des Euro zur Folge, zwei Faktoren, die das Wachstum im Euroraum den Projektionen zufolge ankurbeln werden. Da eine derartige expansiv ausgerichtete Geldpolitik jedoch Risiken für die Finanzstabilität birgt, ist es wichtig, diese Risiken durch makroprudenzielle Maßnahmen einzudämmen. Die Fiskalpolitik wird in diesem und im kommenden Jahr voraussichtlich weitgehend neutral ausgerichtet sein, was angesichts der noch immer schwachen Erholung und der in den vergangenen Jahren bereits erzielten bedeutenden Konsolidierungserfolge angemessen ist. Dennoch müssen starke Haushaltspositionen gewahrt bleiben, damit die 95
5 Schuldenquoten im Verhältnis zum BIP reduziert werden können, eine Aufgabe, die erschwert werden würde, wenn es nicht gelingt, den mit der Bevölkerungsalterung einhergehenden Ausgabendruck in den Griff zu bekommen. Das erfordert glaubwürdige und detaillierte mehrjährige Haushaltspläne auf nationaler Ebene. Die Glaubwürdigkeit des Rahmens für die haushaltspolitische Governance der EU (EU-Haushaltsrahmen) sollte ebenfalls mit vereinfachten Haushaltsregeln erhöht werden. Das Wachstum wird sich allmählich kräftigen Den Projektionen zufolge wird sich das BIP-Wachstum bis 2016 nach und nach auf 2¼% erhöhen. Die Arbeitslosigkeit wird bis Ende 2016 nur allmählich auf eine Quote von 10½% sinken, und es wird damit gerechnet, dass die Inflation auf etwa 1½% ansteigen wird. Die Risiken halten sich in Bezug auf das in diesen Projektionen dargelegte wahrscheinlichste Szenario im Großen und Ganzen die Waage. Das Wachstum wird von der Entwicklung des Eurowechselkurses und der weltweiten Energiepreise abhängen, die sich weiter abschwächen oder stärker steigen könnten als angenommen. Die Wirksamkeit der EZB-Politik der quantitativen Lockerung und die damit verbundenen Risiken sind ungewiss. Raschere Fortschritte bei den Strukturreformen oder stärkere Akzeleratoreffekte für Investitionen würden das Wachstum im Vergleich zu den Projektionen ankurbeln. Verstärkte geopolitische Risiken oder unzureichende Fortschritte bei den Strukturreformen könnten das Vertrauen untergraben und die Investitionstätigkeit und die Konjunktur insgesamt schwächen. Die Ungewissheit im Zusammenhang mit Griechenland ist mit einzigartigen Risikofaktoren verbunden. 96
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