Mathematik für Informatiker 1

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1 Mathematik für Informatiker Eine Vorlesung von Dr. Alexandra Köthe Institut für angewandte Mathematik Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Version vom 3. April 204

2 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 2 Vorwort 4 Einleitung 5. Was ist Mathematik? Was ist Informatik? Woher kommt die Informatik? Warum muss ich als Informatiker Mathematik lernen? Ziele der Vorlesung Mathematik für Informatiker Einige ermunternde Worte für Mathe-Anfänger I Grundlagen 2 Grundlagen der mathematischen Logik 2 2. Aussagen und Quantoren Verknüpfungen von Aussagen Die Negation Zweiwertige Verknüpfungen Beweisarten Grundlagen der Mengenlehre Notation und Operationen auf Mengen Abbildungen zwischen Mengen Relationen Algebraische Strukturen Gruppen Gruppenhomomorphismen Ringe und Körper Polynome Zahlenmengen Die natürlichen Zahlen Die ganzen Zahlen Die rationalen Zahlen Die reellen Zahlen Die komplexen Zahlen Restklassenringe

3 II Lineare Algebra 78 6 Vektorräume Vektorräume und Untervektorräume Basis und Dimension Summen und direkte Summen Matrizen, LGS und lineare Abbildungen Matrizen Lineare Gleichungssysteme Lineare Abbildungen Basiswechsel und Äquivalenz von Matrizen Determinanten und Diagonalisierbarkeit Determinanten Eigenwerte und Eigenvektoren Bilinearformen, Skalarprodukte, Spektralsatz Bilinearformen Skalarprodukte Orthogonale Abbildungen Sebstadjungierte Abbildungen Die Singulärwertzerlegung Anwendungen Interpolation Total Least Squares Regression Codierungstheorie

4 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Vorwort Dieses Skript wurde erstellt um das Erarbeiten und Lernen des Stoffs der Vorlesung Mathematik für Informatiker zu vereinfachen. Es gilt dabei zu beachten: Das Skript basiert auf dem Skript des letzten Jahres von Dr. Daniel Kondermann und Dr. Martin Rheinländer. Einige Abschnitte wurden übernommen, andere überarbeitet, wieder andere völlig neu erstellt. So ist ein nicht ganz einheitlicher Stil entstanden, der im Laufe der Zeit hoffentlich immer mehr angeglichen wird. Manche Themen hier im Skript sind ausführlicher behandelt als in der Vorlesung. Für die Klausur gilt: relevant ist alles, was in Übung und Vorlesung vorkam. Das Skript soll helfen, eventuell fehlenden Mitschriften zu ergänzen. Das Skript ersetzt also auf keinen Fall die eigenen Mitschriften! Es gibt hunderte (wenn nicht tausende) von Tippfehlern! Wenn Ihnen beim Lesen des Skripts welche auffallen, dann teilt sie mir bitte mit, insbesondere wenn durch den Tippfehler, der Inhalt falsch wird!! Grundsätzlich gilt für Skript und Vorlesung im Allgemeinen: Solltet ihr deshalb eigene Beiträge, Fragen, Vorschläge oder Kritik haben: immer her damit! Je mehr ihr zu einer gelungenen Vorlesung beitragt, desto befriedigender wird das Ergebnis für alle Beteiligten. 4

5 . Einleitung Was hat Mathematik mit Informatik zu tun?.. Was ist Mathematik? Die Mathematik wird neben der Philosophie (und vielleicht auch der Medizin) als die älteste Wissenschaft angesehen. Der Name Mathematik entstammt der griechischen Sprache und hat eine sehr universelle Bedeutung, die weit über das hinausgeht, was heutzutage unter Mathematik verstanden wird. Das griechische Wort μανθάνω beinhaltet so viel wie Lernen, Erkennen vor allem durch Beobachtung und Nachdenken. Daraus leitet sich der Begriff μαθηματικὴ τεχνή ab, was der Kunst des Lernens bzw. Erkennens (d.h. wie man Erkenntnisse gewinnt) entspricht. Als die Mathematik in Griechenland im Entstehen war, gab es weder etablierte Wissenschaften noch Universitäten als Orte des Lernens, wie in unserer Zeit. Wissen und Erkenntnisse mussten erst einmal zu einem ansehnlichen Lehrgebäude aufgetürmt werden. Das Lernen bestand in jenen Tagen im wesentlichen aus dem, was man durch eigene Erfahrung, Beobachtung und gedankliche Reflexion herausfinden konnte. Es war kein relativ passiver Wissenskonsum wie heute, wo vielfach das Auswendiglernen gewisser Fakten im Vordergrund steht, sondern es war eine Aktivität, ein Studium im Sinne einer Untersuchung oder Analyse. Während andere Völker wie die Babylonier und Ägypter es zwar bei einer beachtlichen aber im wesentlichen doch rein praktisch orientierten Rechenkunst beließen, waren es die Griechen, die als erste danach gesucht haben, mathematische Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten (vor allem aus der Geometrie) jenseits von Beispielen in allgemeingültiger Weise zu begründen. Daraus ist die Beweiskultur der Mathematik enstanden, die Präzision des Denkens, die nicht nur innerhalb der Mathematik von Nöten und von hohem Nutzem ist. Ebenso waren es auch die Griechen, die gemerkt haben, daß man nicht umhin kommt, bestimmte Aussagen nicht mehr weiter zu hinterfragen. Diese sind klar und deutlich zu benennen, um darauf aufbauend mit umso strengerer logischer Argumentation neue Aussagen herzuleiten. Trotz ihrer inzwischen für eine einzelne Person kaum zu überschauende Auffächerung, versucht man die Mathematik oft eng abzugrenzen. Dennoch sind mathematische Methoden und darauf beruhende Maschinen seit Jahrzehnten schon die Grundlage für den Erkenntnisgewinn in allen Wissenschaften, die jenseits von Spekulation und Meinungsäußerung stehen. Somit ist die Mathematik der ursprünglichen Bedeutung ihres Namens bis heute treu geblieben. Neben dem vordergründigen Lehrstoff hoffen wir, daß es uns gelingt, in der Vorlesung immer wieder die folgenden Aspekte mitschwingen zu lassen: Mathematik Lernen ist kein stumpfes Pauken sondern erfordert eine intensive, kritische Auseinandersetzung mit gewissen Fragestellungen. Genau darin liegt der Reiz, denn es macht Spaß, Zusammenhänge zu verstehen. 5

6 KAPITEL. EINLEITUNG.2. WAS IST INFORMATIK? Mathematik ist nützlich, man kann damit tolle Dinge machen insbesondere auch mit Blick auf die Informatik. Mathematik ist das paradigmatische Warum-Fach, in dem man beispielhaft lernt Dinge zu hinterfragen und zu begründen. Deshalb hilft Mathematik mittel- und unmittelbar, sich andere Fächer besser zu erschließen. Aber nicht nur die Griechen prägten die Grundzüge der modernen Mathematik. In Persien schrieb ein Mathematiker aus Bagdad um das Jahr 820 ein Meisterwerk mit dem Titel Kita-b al-muchtasar fi hisab al-dschabr wa-l-muqabala. Das Wort al-dschabr im Titel wurde später ins lateinische als Algebra übersetzt. Der Name des Authors war Abu Dscha far Muhammad ibn Musa al-chwarizmi. Sein Nachname al-chwarizmi ist der Ursprung des Begriffes Algorithmus. Ein Algorithmus ist eine Aneinanderreihung von Anweisungen, um bereits vorliegende Eingabeinformationen umzuwandeln in Ausgabeformationen. Als Informatiker wendet man Algorithmen an, indem man sie programmiert. Ein Computer kann das so entstehende Programm ausführen, um Menschen die Arbeit zu erleichtern..2. Was ist Informatik? Informatik kann als modernes Teilgebiet der Mathematik verstanden werden: Sehr grob zusammengefasst ist das Ziel der Informatik als Wissenschaft, Algorithmen zu entwerfen, auf ihre Eigenschaften (wie Genauigkeit, Komplexität, usw.) zu untersuchen, Computer (weiter-)zuentwickeln die man mit Algorithmen füttern kann, die Algorithmen möglichst geschickt in Programmen zu implementieren, diese Programme gründlich zu testen und sie bezüglich ihrer Eigenschaften wie z.b. Geschwindigkeit oder Bedienbarkeit zu optimieren..3. Woher kommt die Informatik? Entstanden ist die Informatik zu keinem bestimmten Zeitpunkt, denn sie hat sich nach und nach aus verschiedenen anderen Wissenschaftlichen Disziplinen herauskristallisiert. Die wichtigste Disziplin war wie gesagt die Mathematik - dicht gefolgt von den Ingenieuren, die durch Anwendung der zugrundeliegenden mathematischen Prinzipien die ersten Computer entwickelt haben. Man kann leicht streiten, welche Mathematiker gleichzeitig auch zu den wichtigsten Informatikern gehören. Einer der bedeutensten Preise der Informatik in Deutschland ist der Leibniz-Preis. Er wurde nach Gottfried Wilhelm Leibniz benannt, wahrscheinlich weil dieser lange vor jedem Computer um 700 das Binärsystem entwickelt hat. Dieses System arbeitet ausschließlich mit zwei Werten (z.b. 0 und ). Darauf basierend entwickelte eine Weile später (854) George Boole die Boolesche Algebra. Jedes digitale Gerät auf dieser Welt benutzt diese Methode um Informationen (Daten) und Algorithmen (Programme) elektronisch zu repräsentieren. Deshalb werden wir diese Algebra etwas ausführlicher besprechen und parallel dazu auch gleich im Programmierkurs den Datentyp bool kennen lernen. Diese Entwicklung führte schon damals zum Wunsch, Algorithmen völlig automatisch von Maschinen ausführen zu lassen. So stammt z.b. der Begriff etwas zu türken nicht von vermeintlich betrügerischen Personen türkischer Herkunft, sondern von einem sehr bekannten Betrug des ungarischen Erfinders Wolfgang von Kempelen. Dieser war zwar weder Mathematiker noch Informatiker (er studierte Jura und Philosophie), aber er erfand den sogenannten mechanischen Türken. Der mechanische Türke war ein Schachcomputer, 6

7 KAPITEL. EINLEITUNG.4. WARUM MUSS ICH ALS INFORMATIKER MATHEMATIK LERNEN? der offenbar vollautomatisch so gut spielte, dass er die meisten Menschen besiegen konnte. Erst etwa 50 Jahre später stellte sich heraus, dass sich in der Maschine versteckt ein echter Mensch befand, der meistens ziemlich schacherfahren war. Einer der wichtisten Mathematiker für die Informatik war Alan Mathison Turing (92-954). Turing hat viele bedeutende Beiträge für die Mathematik, die Informatik und sogar die theoretische Biologie geleistet. Dass er 953 eines der ersten wirklichen Schachprogramme entwickelte, war vielleicht der unwichtigste davon. Er definierte den Turingtest, der festlegt, unter welchen Kriterien man von einer echten künstlichen Intelligenz sprechen kann. Im letzten Weltkrieg entzifferte er mit seinen Kollegen auch Nachrichten der deutschen Verschlüsselungsmaschine Enigma. Der Turingpreis trägt seinem Namen ehre, denn es ist so etwas wie der Nobel-Preis der Informatik. Mit seiner Turingmaschine legte er eine wesentliche Grundlage der theoretischen Informatik. Sie ist der Stoff jeder Grundvorlesung zu diesem Thema. Claude Elwood Shannon sollte in dieser Liste ebenfalls genannt werden. Er war ebenfalls Mathematiker; aber er studierte ebenfalls Elektrotechnik und war dadurch ein wichtiges Bindeglied zur Entwicklung von elektrischen Maschinen, die mathematische Algorithmen ausführen können. In seiner theoretischen Arbeit begründete er die Informationstheorie und formulierte den fundamentalen Satz von Nyquist-Shannon (Abtasttheorem). Als Elektrotechniker wandte er 937 als erster die Boolesche Algebra in seiner Masterarbeit an, indem er sie in elektronischen Schaltern (Relais) realisierte. In dieser Zeit beschäftigte sich bereits eine Vielzahl von Ingenieuren (wie neben Shannon z.b. auch George Stiblitz, John Atanasoff und Clifford Berry) mit der Entwicklung von automatischen Rechenmaschinen. John von Neumann ( , ebenfalls Mathematiker) setzte sich stark für deren Entwicklung ein und die nach ihm benannte von Neumann Rechnerarchitektur ist nach wie vor aktuell. 94 stellte schließlich Konrad Zuse den weltweit ersten universell programmierbaren binären Digitalrechner namens Zuse Z3 vor und begründete damit endgütltig das Informationszeitalter..4. Warum muss ich als Informatiker Mathematik lernen? Mathematiker wie Leibniz, Boole, Turing und Shannon haben Wissen dokumentiert, das nach wie vor absolut unabdinglich ist, wenn man heute in irgendeinem Teilgebiet der Informatik arbeiten möchte. Als Informatiker möchte man Algorithmen verstehen, anwenden und evtl. auch selbst entwickeln. Um diese mathematischen Modelle zu verstehen, muss man einerseits lernen, wie ein Mathematiker denkt und arbeitet; andererseits benötigt man Wissen über die wichtigsten Grundlagen der Mathematik: lineare Algebra, Analysis und - je nach späterer Spezialisierung - auch Statistik und Numerik. Dies ist die erste Vorlesung zu diesem Thema..5. Ziele der Vorlesung Mathematik für Informatiker Informatiker haben eine besondere Sicht auf die Mathematik. Einerseits ist sie nur ein Werkzeug; andererseits können neue Algorithmen oft nur entworfen werden, wenn man sich sehr genau in der Mathematik auskennt. Da die Informatik aus so vielen und teilweise stark unterschiedlichen Teildisziplinen besteht, ist es schwierig eine Vorlesung zu halten, die allen gerecht wird. Wir wollen deshalb zwei unserer Meinung nach besonders wichtige Aspekte betonen: 7

8 KAPITEL. EINLEITUNG.5. ZIELE DER VORLESUNG MATHEMATIK FÜR INFORMATIKER Mathematisches Denken Wenn man neue Algorithmen entwirft oder auch nur existierende programmiert, muss man sich jedes Detail bewusst machen und verstehen. Ohne diese Herangehensweise schleichen sich schnell Fehler in die Software ein (Bugs), die in der Geschichte (wie zum Beispiel in der Raumfahrt) bereits mehrfach zum Tod der Anwender der Software geführt hat. Die Mathematik ist besonders stark strukturiert und pflegt eine strenge Vorgehensweise. Eine besondere Rolle haben hier Axiome, Definitionen, Sätze (zentrale mathematische Aussagen) und deren Beweise. Diese Struktur findet man auch (vereinfacht betrachtet) beim Programmieren wieder: Variablen und Funktionen müssen deklariert und definiert werden; Sätze fassen logische Schlussfolgerungen zusammen, was im Falle eines konstruktiven Beweises auch einem Algorithmus entspricht. Logische Programmiersprachen wie Prolog werden sogar zur automatischen Beweisführung eingesetzt und funktionale Sprachen wie Haskell basierend fast ausschließlich auf der Anwendung von mathematischen Funktionsdefinitionen. Deshalb ist es enorm wichtig, jedes Problem (jede Aufgabe) aus der Informatik zunächst genau zu definieren: was sind die Eingaben, wie sollen Ausgaben aussehen? Wie funktioniert ganz konkret jeder einzelner Schritt des Algorithmus? Um sich so präzise ausdrücken zu können, wie ein Computer es erwartet, sollte man sich eine mathematische Denkweise aneignen. Ein wichtiger Unterschied zur Mathematik ist jedoch, dass Mathematiker in der Regel versuchen, ein Problem so abstrakt wie möglich zu formulieren, um alle betrachtetenden Fälle mit dem gleichen theoretischen Unterbau betrachten zu können. Das reduziert die Schreibarbeit, und verbindet zuvor scheinbar völlig unterschiedliche Gebiete. Wer hätte z.b. gedacht dass die Primzahlzerlegung viel mit der Zerlegung eines Polynoms in seine irreduziblen Faktoren zu tun hat? Informatiker können es sich jedoch nicht leisten, ein Programm auf die abstraktest mögliche Weise zu implementieren, weil eine abstrakte Formulierung des Problem oft Geschwindigkeitseinbußen bringt, den Code aufgrund der Komplexität schlecht wartbar macht und den Anwender womöglich überfordert. Deshalb ist es für Informatiker wichtig, den richtigen Abstraktionsgrad für das gegebene Problem zu finden. Wir werden uns deshalb in dieser Vorlesung besonders darum bemühen, einen Grad zu finden, der einerseits so abstrakt wie möglich ist, um viele Anwendungen zu ermöglichen, aber andererseits so konkret wie möglich ist, um den Stoff verständlich und übersichtlich zu gestalten. Gründliche Motivationen Auch wenn während der Vorlesung selbst nicht immer genug Zeit sein wird, um genau zu motivieren, was wir gerade erklären, welche Ziele wir damit erreichen und welche Anwendungen in der Informatik zu jedem Einzelthema vorhanden sind, wollen wir doch in den Übungen und hier im Skript darauf eingehen, warum der Stoff für einen Informatiker so wichtig und auch interessant ist. Dabei wollen wir einerseits illustrieren, welche Industrien oder auch konkrete Firmen sich besonderns der erklärten Konzepte und Methoden bedienen. Andererseits wollen wir auch immer wieder betonen, in welchen späteren Fächern des Studiums in Heidelberg der Stoff als Grundlage benötigt wird. Diese Herangehensweise soll auch dabei helfen zu entscheiden, ob man als Informatiker lieber einen theoretischen, technischen oder praktischen Weg wählen möchte. Ist völlig klar, dass die Karriere in die theoretische Richtung, also die Entwicklung von neuen Algorithmen gehen soll (und damit in Forschung oder in die Anwendungen im wissenschaftlichen Rechnen wie Maschinenlernen, Optimierung und zahlreichen Ingineursdisziplinen), empfehlen wir besonders die Vorlesungen in der reinen Mathematik, wo die vollständige Abstraktion einen 8

9 KAPITEL. EINLEITUNG.6. EINIGE ERMUNTERNDE WORTE FÜR MATHE-ANFÄNGER höheren Stellenwert hat..6. Einige ermunternde Worte für Mathe-Anfänger Schulmathematik unterscheidet sich stark von Unimathematik. Während man in der Schule meistens ganz viel rechnet, haben an der Uni Beweise eine große Bedeutung. Da Beweise in der Schule gerne mal als besonders schwer oder fortgeschritten dargestellt werden, erzeugt das immer wieder Angst und Unsicherheit und die Frage: Kann ich das? Der zuvor erwähnte John von Neumann soll einmal gesagt haben: Mathematik kann man nicht lernen, man muss sich daran gewöhnen. Damit meint er wahrscheinlich, dass die Denkweise nur erlernt werden kann, indem man immer wieder Definitionen versteht und Sätze beweist - bis man sich daran gewöhnt hat. Es gibt angeblich sogar Forschungsergebnisse die gezeigt haben, dass sich die Struktur des Gehirns durch praktizierte Mathemtik deutlich verändert! Das zu hören hätte Herrn Neumann mit Sicherheit gefreut. Es ist hilfreich für die Beschäftigung mit dieser Vorlesung sie nicht als Fortsetzung des Schulunterrichts, sondern als etwas Neues zu betrachten. Und wie bei einer neuer Sportart oder einem neuen Musikinstrument kann es einiges an Zeit und Arbeit in Anspruch nehmen bis man die Grundlagen verstanden hat und sicher beherrscht. Das ist völlig normal und auch ihr werdet euch irgendwann wundern warum euch einiges am Anfang so schwer gefallen ist. Wir haben immer wieder festgestellt, dass starke Gefühle wie Frust das Erlernen der Mathematik sehr erschweren können. Gerade wurde noch vom Dozenten verkündet, dass der Stoff doch trivial sei und der schlaue Student von nebenan pflichtet dem auch noch eifrig bei. Zu Hause sitzt man dann vor einer Aufgabe, versteht scheinbar gar nichts und ist abwechselnd wütend und frustriert und fragt sich, ob der Dozent zu schlecht erklärt oder ob man einfach nicht fähig ist diesen Kram zu verstehen. Das Wichtigste in solchen Momenten ist es, einerseits irgendwie entspannt zu bleiben, und trotzdem in der Lage zu sein, mit den Zähnen zu knirschen und den Stoff so lange durchzukauen, bis man ihn verdaut hat. Wichtig ist sich zu erinnern, dass fast jeder Informatiker auf der Welt einmal eine ähnliche Vorlesung wie diese gehört und die Klausur bestanden hat! Deshalb ein paar Tipps: Jeder hat sein eigenes Tempo. Langsam im Verstehen zu sein bedeutet nicht, es gar nicht zu können. Hat also der Nachbar bereits alles verstanden: ruhig bleiben und weitermachen. Viele Wiederholungen des gleichen Denkprozesses helfen tatsächlich nicht nur beim Auswendiglernen, sondern auch beim Nachvollziehen von logischen Schlussfolgerungen. Jeder muss für sich selbst herausfinden, wie er am besten lernt. Es kann helfen die Aufzeichnungen, das Skript oder ein Buch mehrfach zu lesen oder aber es ist besser den Stoff abzuschreiben und zusammenzufassen. Oft hilft es unklare Gedanken einfach auszusprechen um sie besser im Kopf sortieren zu können. Das geht natürlich am besten mit anderen Studenten aus der Vorlesung, aber manchmal funktioniert es auch, wenn ihr einfach eurem Mitbewohner sagt, was euch gerade durch den Kopf geht. Es hilft sehr, das Gelernte gemeinsam zu diskutieren und auswendig zu lernen. Am einfachsten geht das fast immer in kleinen Gruppen von zwei oder höchstens drei 9

10 KAPITEL. EINLEITUNG.6. EINIGE ERMUNTERNDE WORTE FÜR MATHE-ANFÄNGER Leuten. Erklärt euch gegenseitig den Stoff, ihr werdet merken dass beide Seiten davon profitieren. Beweise sind keine Zauberei. In den meisten Fällen - und insbesondere bei den hier behandelten - bedeutet Beweisen lediglich das Einsätzen von zuvor behandelte Definitionen. Die beste Herangehensweise könnte also tatsächlich sein, Sätze und Definitionen gründlich auswendig zu lernen! Das kann jeder (mit unterschiedlichem Zeitaufwand) und es erleichtert das Jonglieren mit den gelernten Begriffen später enorm. Das Verstehen von Definitionen ist mal manchmal gar nicht so einfach. Hier hilft ein Denken, das für Informatiker typisch ist: man versuche, sich möglichst viele Fälle oder Situationen vorzustellen, bei denen die Definition erfüllt ist, und ganz besonders wann sie nicht erfüllt ist. So finden Hacker zum Beispiel Sicherheitslücken. Das ist ein kreativer Prozess, der gemeinsam viel Spaß machen kann. Manchmal kann man sich auch als Abkürzung eine vereinfachte, intuitiv anschauliche Version der Definition ausdenken. Wichtig ist nur, dass man beim späteren Anwenden der Definition sich dann immer wieder daran erinnert, dass man im Kopf vielleicht gerade nur die vereinfachte Arbeitsversion hat! In vielen mathematische Beweisen werden Aussagen in gleichbedeutende Aussagen umformuliert. Dafür ist es hilfreich Formeln umzuschreiben um besser zu sehen welche Aussage aus ihnen folgen. Nur ist es am Anfang nicht unbedingt klar, wie man etwas geschickt umschreiben kann. Da hilft oft nur ausprobieren und die Tricks zu verwenden, die mal jemand herausgefunden hat. Hier zwei einfache Beispiele, wie man durch geschicktes Umschreiben etwas schneller ausrechnen kann:. Wir wollen ausrechnen. Dafür schreiben wir = (30 3) (30 + 3) und verwenden jetzt die 3. binomische Formel und erhalten = = Um die Summe der ersten 00 Zahlen zu berechnen, hat schon der junge Gauss festgestellt, dass es einfacher ist, wenn man die Zahlen umsortiert. So ergibt + 00 = = = = 0, da wir genau 50 solcher Summen haben, ist = 50 0 = Mathematik kann man in den meisten Fällen nicht nur mal so grob verstehen. Wie in der Informatik muss man jedes Detail verstehen, um eine Chance zu haben, das gesamte System zu verstehen. Taucht also ein Beweis auf und man kommt an einem Schritt an, den man einfach nicht versteht, hilft es selten bis nie, diesen Schritt einfach in den Skat zu drücken und zu überspringen. Der Rest des Beweises wird wahrscheinlich auch nur noch wenig Sinn ergeben. Hier sind Geduld, Disziplin und Ausdauer gefragt! Es hilft sehr, anderen sein Problem zu erklären und ganz konkrete Fragen zu formulieren und nochmal die vorher besprochenen Definitionen nachzuschlagen. Es ist aber auch nicht falsch, den Schritt beim ersten Durchgang zu überspringen, damit man ein Gefühl dafür bekommt, was man noch vor sich hat. 0

11 Teil I. Grundlagen

12 2. Grundlagen der mathematischen Logik Wie in vielen anderen Wissenschaften so ist man auch in der Mathematik ständig mit Sätzen in der Form von Behauptungen und Vermutungen konfrontiert, deren Wahrheitsgehalt festzustellen ist. Im Unterschied zu experimentellen, empirischen oder investigativen Wissenschaften erfolgt die Überprüfung in der Mathematik meist anhand einer Argumentationskette, die entweder die Gültigkeit der fraglichen Aussage belegt (beweist, verifiziert) oder widerlegt (falsifiziert). Eine solche Argumentationskette wird als Beweis bezeichnet, wenn sie streng nach den Regeln der formalen Logik durchgeführt wird und sich nur auf bereits gesicherte Aussagen stützt. Aus diesem Grunde ist es geboten, sich mit den Regeln der Logik vertraut zu machen, bevor man sich ernsthaft mit Mathematik beschäftigen kann. Die formale Logik ist jedoch keineswegs nur ein mehr oder weniger lästiges, aber unentbehrliches Vorgeplänkel sondern bereits selbst eine mathematische Disziplin mit dem Teilgebiet der Schaltalgebra als einer wesentlichen theoretischen Grundlage für die Funktionsprinzipien von Computern. 2.. Aussagen und Quantoren Definition 2.. Eine Aussage ist ein Satz von dem man eindeutig entscheiden kann, ob er wahr oder falsch ist. Einer wahren Aussage wird der Wahrheitswert wahr = w = true = zugeordnet, einer falschen Aussage wird der Wahrheitswert falsch = f = false = 0 zugeordnet. In der gesprochenen und geschriebenen Sprache gibt es Sätze, die keine Aussagen sind; dazu gehören vor allem Fragen, Meinungsäußerungen, Befehle, Aufforderungen, Wünsche und Klageausrufe. Darüberhinaus gibt es aber auch aussageähnliche Sätze, denen aus verschiedenen Gründen nicht in eindeutiger oder sinnvoller Weise einer der beiden Wahrheitswerte zugeordent werden kann. Das Zweiwertigkeitsprinzip, dh. die Beschränkung auf das, was sich in sinnvoller und eindeutiger Weise als wahr oder falsch qualifizieren lässt, bzw. das Prinzip vom ausgeschlossenen Dritten stellt daher eine erheblich vereinfachende bzw. einschränkende Reduktion der Realität dar, die aber erstaunlicherweise für fast die gesamte Mathematik und viele andere Wissenschaften völlig ausreichend ist. Beispiel 2..2 Handelt es sich bei den folgenden Sätzen um Aussagen?. Heidelberg ist die Hauptstadt von Deutschland = 6 3. Guten Morgen! 4. Heute ist Dienstag. 2

13 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER MATHEMATISCHEN LOGIK 2.. AUSSAGEN UND QUANTOREN Antwort:. ja, dies ist eine falsche Aussage 2. ja, dies ist eine wahre Aussage 3. nein, dies ist eine Begrüßungsformel, die zwar korrekt oder inkorrekt verwendet werden kann, aber man kann ihr keinen Wahrheitswert zuordnen. 4. Wenn klar ist, was heute für ein Wochentag ist, dann ist es eine Aussage. Sonst ist dieser Satz eine Aussageform. Bemerkung 2..3 Trotz ihrer enormen Leistungsfähigkeit kann man mit der zweiwertigen Logik schnell an Grenzen stoßen. Ein Beispiel dafür stellen die sogenannten Antinomien dar. Darunter versteht man Sätze, die durch eine raffinierte Rückbezüglichkeit widersinnig sind. Hier zur Illustration zwei Klassiker: (i) In der Stadt schneidet der Barbier jedem Mann den Bart, der sich ihn nicht selbst schneidet. (ii) Ein Kreter sagt: Alle Kreter sind Lügner. Im ersten Fall läßt sich nicht entscheiden, ob der Barbier sich selbst rasiert oder nicht. Denn wenn er zu den Männern zählt, die sich nicht selbst den Bart stutzen, dann müßte er die Dienste des Barbiers in Anspruch nehmen, sich also doch selbst den Bart schneiden. Startet man jedoch mit der Annahme, daß sich der Barbier den Bart selbst schneidet, so ergibt sich kein Widerspruch. Ebensowenig läßt sich im zweiten Fall entscheiden, ob nun alle Kreter Lügner sind oder nicht. Denn wenn tatsächlich alle Kreter Lügner wären, dann auch derjenige, welcher genau dieses behauptet. Da dieser Kreter dann die Unwahrheit spräche, ist die Aussage gelogen ergo falsch, d.h. es gäbe auch ehrliche Kreter. Auch gilt, daß sich aus der umgekehrten Annahme (nicht alle Kreter sind Lügner) kein Widerspruch entwickelt. Bemerkung 2..4 Es sei noch angemerkt, daß der österreichische Logiker Kurt Gödel ( ) mit seinem Unvollständigkeitssatz bewiesen hat, daß praktisch in jeder Theorie Behauptungen bzw. Sätze formuliert werden können, die prinzipiell nicht beweisbar bzw. entscheidbar sind. Definition 2..5 Ersetzt man in einer Aussage a eine Konstante durch eine Variable x, so entsteht eine Aussageform a(x). Für einen festgewählte Wert von x kann der Wahrheitswert von a(x) bestimmt werden. 3

14 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER MATHEMATISCHEN LOGIK 2.. AUSSAGEN UND QUANTOREN Beispiel 2..6 a(x) : x > 50 ist eine Aussageform mit der Variablen x. Setzen wir für x Zahlen ein, so erhalten wir Aussagen, z. B. a(00) : 00 > 50 ist eine wahre Aussage und a(0) : 0 > 50 ist eine falsche Aussage. Mithilfe von sogenannten Quantoren, können wir aus einer Aussageform wieder eine Aussage machen. Definition 2..7 Sei a(x) eine Aussageform. Die Aussage Für alle x (aus einer vorgegebenen Menge) gilt a(x) ist genau dann wahr, wenn a(x) für alle in Frage kommenden x wahr ist. Dies ist eine ALL-Aussage und wir schreiben abkürzend x : a(x). ist der Allquantor und wird für alle gelesen. Die Aussage Es gibt ein x (aus einer vorgegebenen Menge) so dass a(x) ist genau dann wahr, wenn a(x) für mindestens ein in Frage kommendes x wahr ist. Dies ist eine EXISTENZ-Aussage und wir schreiben abkürzend x : a(x). ist der Existenzquantor und wird es gibt oder es existiert gelesen. Die Aussage Es gibt genau ein x (aus einer vorgegebenen Menge) so dass a(x) ist genau dann wahr, wenn a(x) für genau ein in Frage kommendes x wahr ist. Wir schreiben abkürzend!x : a(x). Quantoren werden spielen in der Mathematik eine wichtige Rolle um Aussagen kurz und präzise zu formulieren. Dabei ist zu beachten, dass die Reihenfolge der Quantoren eine Rolle spielt. Beispiel 2..8 x N : x + > x ist eine wahre Aussage. x N : x 2 = 25 ist eine falsche Aussage, da sie z. B. für x = nicht stimmt. x N : x 2 = 25 ist eine wahre Aussage, da 5 2 = 25. x Z : x 2 = 25 ist eine wahre Aussage, da 5 2 = 25.!x Z : x 2 = 25 ist eine falsche Aussage, da 5 2 = 25 und ( 5) 2 = 25. Für den Nachweis eine Allaussage ist also zu prüfen, ob sie für alle in Frage kommenden x (das können unendlich viele sein) richtig ist. Für die Widerlegung einer Allaussage hingegen genügt ein Element x, für das die Aussage a(x) falsch ist. 4

15 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER MATHEMATISCHEN LOGIK 2.2. VERKNÜPFUNGEN VON AUSSAGEN Für den Nachweis einer Existenzaussage genügt ein x für das a(x) richtig ist. Zur Widerlegung einer Existenzaussage hingegen muss für alle in Frage kommenden x geprüft werden, ob a(x) falsch ist Verknüpfungen von Aussagen Das Anliegen der Aussagenlogik ist es, die Regeln des Argumentierens und Schlußfolgerns auf eine solide Basis zu stellen, ihnen eine Form zu geben, sie zu formalisieren. Da Argumentationsstrukturen nicht an den Inhalt gebunden sondern allein durch die Logik vorgegeben sind, beschäftigt sich die Aussagenlogik mit Aussagen von einem rein formalen Standpunkt aus, der sowohl den sprachlichen Aufbau (Syntax) einer Aussage als auch ihre inhaltliche Bedeutung (Semantik) außer Acht läßt. Eine Aussage ist dann nichts anderes als der Träger eines Wahrheitswertes. Daher identifizieren wir Aussagen mit sogenannten logischen Variablen, welche wir etwas mißverständlich auch Aussagevariablen nennen, obwohl sie weniger für Aussagen selbst als vielmehr für ihre Wahrheitswerte stehen. Eine Aussagenvariable a ist also nicht Element der Menge aller Aussagen sondern es gilt lediglich a {wahr, falsch} {0, }. Gegenstand der Aussagenlogik ist zunächst die Beantwortung der beiden folgenden, eng zusammenhängenden Fragen: Wie lassen sich aus gegebenen (Elementar)Aussagen a, b, c,... neue Aussagen gewinnen, d.h. welche Verknüpfungsmöglichkeiten gibt es überhaupt? Wie hängt der Wahrheitswert der zusammengesetzten Aussage von den Wahrheitswerten der Elementaraussagen ab? Die verschiedenen Verknüpfungsmöglichkeiten von Aussagen, welche wir weiter unten behandeln, werden auf der Ebene der Aussagevariablen durch Verknüpfungszeichen oder Junktoren bzw. logische Operatoren angedeutet. Definition 2.2. Eine Aussagevariable ist eine Variable a die nur die Werte 0 oder annehmen kann. Ein logischer Ausdruck (eine aussagenlogische Formel) ist eine Aneinanderreihung von Aussagevariablen und Junktoren. Enthält ein logischer Ausdruck n verschiedene Aussagevariablen, dann definiert er einen Funktion (Logikfunktion) von {0, } n {0, }, diese wird auch als n-stellige Verknüpfung bezeichnet. Korrekter wäre es von Wahrheitswertvariablen zu sprechen, denn die Variablen übernehmen nur den Wahrheitswert nicht aber den Inhalt einer Aussage. So ist im Sinne der Aussagenlogik die Zuweisung a = Alle Fische können fliegen. gleichbedeutend mit a = 0, da die Aussage Alle Fische können fliegen bekanntermaßen falsch ist. Man kann den Satz als eine etwas längliche, alternative Bezeichnungsweise für falsch betrachten. Alternative Schreibweise: a wirklich als Platzhalter für Aussage betrachten und nicht a = 0 sondern w(a) = 0 schreiben. 5

16 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER MATHEMATISCHEN LOGIK 2.2. VERKNÜPFUNGEN VON AUSSAGEN Die Negation Betrachten wir zunächst eine einzelne Aussage a. Da a nichts weiter ist als eine Variable mit dem Wahrheitswert 0 oder, gibt es nur eine Möglichkeit, aus a etwas Neues zu schaffen, nämlich den Wert von a zu invertieren bzw. zu negieren. Definition Die Verneinung (Negation) einer Aussage a ist genau dann wahr, wenn a falsch ist. Wir schreiben a für die Verneinung von a und lesen nicht a oder es trifft nicht zu, dass a. Dies kann mithilfe einer Wahrheitstabelle ausgedrückt werden: a a 0 0 Beispiel Wir betrachten folgende Aussagen:. Der Tank ist voll = < 0 und ihre Verneinung:. Der Tank ist nicht voll Wie man leicht der Defintion des Negationsoperators entnimmt, liefert die doppelte Verneinung die ursprüngliche Aussage zurück. Es gilt also ( a) = a. Man kann als eine spezielle logische Funktion auf der Menge der möglichen Wahrheitswerte, d.h. auf der Menge {0, }, auffassen. Wieviele verschiedene logische Funktionen gibt es eigentlich auf {0, }? Eine kurze Überlegung zeigt, daß genau vier Funktionen existieren, die in der Tabelle A dargestellt sind. Neben der Negation 3 = gibt es nur noch die langweilige Identität 2 und die beiden konstanten Funktionen und 4. Neben der Aussagenlogik, benötigen wir in der Mathematik auch die Prädikatenlogik, die eine Erweiterung der Aussagenlogik darstellt. Um Aussagen in der Prädikatenlogik formulieren zu können, benötigen wir den Existenz- und den Allquantor. 6

17 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER MATHEMATISCHEN LOGIK 2.2. VERKNÜPFUNGEN VON AUSSAGEN Für die Verneinung von Existenz- und Allaussagen müssen wir besonders aufpassen, da sie in der Umgangssprache nicht immer formal korrekt verwendet werden. Satz Durch die Verneinung einer All-Aussage entsteht eine Existenz-Aussage und umgekehrt. Es gilt: ( x : a(x) ) = x : a(x) ( x : a(x) ) = x : a(x) Beispiel Wir betrachten folgende Aussagen. Alle Menschen mögen Mathe, 2. x : x > 0, 3. x : x 2 + = 0. und ihre Verneinungen. Es gibt einen Menschen, der nicht Mathe mag, 2. x : x 0, 3. x : x Zweiwertige Verknüpfungen Im nächsten Schritt wollen wir zwei von einander unabhängige Aussagen zu einer Neuen verknüpfen und deren Wahrheitswert bestimmen. Auf diese Weise erhalten wir zweiwertige (binäre) Verknüpfungen. Insgesamt gibt es davon 6: A B Die sechzehn logischen Verknüpfungen sind nicht unabhängig voneinander. Ist eine der sechzehn logischen Verknüpfungen, dann definiert (A B) eine andere logische Verknüpfung, welche sich ebenfalls unter den sechzehn befinden muß. Auf diese Weise sieht man, daß nicht wirklich sechzehn Verknüpfungen zu unterscheiden sind sondern lediglich nur acht, weil sich die restlichen acht dann als Verneinung ergeben. So gilt für alle k {,..., 8} A 8+k B = (A 8 B). Wir wollen hier den wichtigsten zweiwertigen Verknüpfungen einen Namen geben. 7

18 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER MATHEMATISCHEN LOGIK 2.2. VERKNÜPFUNGEN VON AUSSAGEN Definition Die UND-Verknüpfung (Konjuktion) zweier Aussagen a und b ist eine Aussage, die genau dann wahr ist, wenn beide Aussagen wahr sind. Wir schreiben a b und lesen a und b. Die ODER-Verknüpfung (Disjuktion) zweier Aussagen a und b ist eine Aussage, die genau dann wahr ist, wenn mindestens eine der Aussagen wahr sind. Wir schreiben a b und lesen a oder b. Das ausschließende Oder (exclusive OR) zweier Aussagen a und b ist eine Aussage, die genau dann wahr ist, wenn entweder a oder b (aber nicht a und b) wahr ist. Wir schreiben a xor b und lesen entweder a oder b. Die Wahrheitstabelle dieser Verknüpfungen ist die folgende: a b a b a b a xor b In der Umgangssprache benutzen wir meistens das Wort oder im ausschließenden Sinn, während in der Mathematik häufiger das einschließende oder verwendet wird. Definition Die WENN-DANN-Verknüpfung (Subjunktion) a b, die wenn a, dann b gelesen wird, und die GENAU-DANN-WENN-Verknüpfung (Bijunktion) a b, die a genau dann, wenn b gelesen wird, von zwei Aussagen sind durch folgende Wahrheitstabellen definiert: a b a b a b Definition Ist die verknüpfte Aussage a b wahr, so spricht man von einem logischen Schluß (Implikation) und schreibt a b. Wir sagen dann aus a folgt b, a impliziert b, wenn a, dann b, a ist hinreichend für b oder b ist notwendig für a. Wenn die verknüpfte Aussage a b wahr ist, dann spricht man von Äquivalenz und schreibt a b. Mithilfe der Äquivalenz lassen sich die Rechenregeln für andere Verknüpfungen formulieren. 8

19 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER MATHEMATISCHEN LOGIK 2.2. VERKNÜPFUNGEN VON AUSSAGEN Satz Für die UND- sowie die ODER-Verknüpfung gelten das Kommutativgesetz a b b a a b b a, das Assoziativgesetz: a (b c) (a b) c a (b c) (a b) c und das Distributivgesetz: a (b c) (a b) (a c) a (b c) (a b) (a c) Beweis. Wir können den Wahrheitsgehalt dieser Aussagen mittels Wahrheitstabellen überprüfen. Die GENAU-DANN-WENN-Verknüpfung zweier Aussagen ist genau dann wahr, wenn entweder beide Aussagen wahr sind oder wenn beide Aussagen falsch sind. Somit müssen wir prüfen, ob die Einträge in der Wahrheitstabelle für den Ausdruck auf der rechten Seite des Äquivalenzpfeils gleich der Tabelle für den Ausdruck auf der linken Seite ist. Wir zeigen hier exemplarisch das erste Distributivgesetz: a b c b c a (b c) a b c a b a c (a b) (a c) Konvention: Die Verneinung bindet stärker als und. Das heißt, der Ausdruck a b ist gleichbedeutend mit ( a) b und nicht mit (a b). Einen Zusammenhang zwischen Verneinung und der UND und ODER- Verknüpfung liefern die De Morganschen Gesetze. Satz Es gelten die de Morganschen Gesetze: (a b) a b (a b) a b, 9

20 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER MATHEMATISCHEN LOGIK 2.3. BEWEISARTEN Beweis. Der Beweis funktioniert genauso wie der zu Satz Wir zeigen hier die Wahrheitstabellen zur zweiten Regel. a b a b (a b) a b a b a b Definition 2.2. Eine Tautologie ist ein logischer Ausdruck, der immer wahr ist. Eine Kontradiktion ist ein logischer Ausdruck, der immer falsch ist. Beispiel a a ist eine Tautologie. Die Verwendung des Äquivalenzpfeils in den letzten zwei Sätzen besagt gerade dass die verknüpfte Aussage wahr ist, und daher ist zum Beispiel (a b) a b eine Tautologie Beweisarten Satz 2.3. Für zwei beliebige Aussagen a, b gilt: a) (a b) ( b a) ist eine Tautologie b) (a b) (a b) ist eine Tautologie Beweis. a b a b a b a b b a a b b a b (a b) Satz ( (a b) (b a) ) (a b) ist eine Tautologie. direkter Beweis a b indirekter Beweis b a Beweis durch Widerspruch: b a ist eine Kontradiktion. 20

21 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER MATHEMATISCHEN LOGIK 2.3. BEWEISARTEN Beispiel Seien x, y > 0 reelle Zahlen. Wir betrachten die Aussagen a : x 2 > y 2 b : x > y und wollen zeigen, dass aus Aussage a die Aussage b folgt. Wir dürfen dabei folgende Rechenregeln verwenden, wobei x, y, z reelle Zahlen sind: i) die Rechengesetze der Addition und Multiplikation in den reellen Zahlen ii) Wenn z > 0 dann gilt: x < y x z < y z iii) x < y x + z < y + z iv) x < y und y < z impliziert x < z. direkter Beweis x 2 > y 2 iii) x 2 y 2 > 0 i) (x y)(x + y) > 0 ii) (x y)(x + y) x + y > 0 x + y iii) x > y i) x y > 0 indirekter Beweis Zunächst müssen die Aussage a und b negiert werden Nun gilt a : x 2 y 2 b : x y x y ii) xx xy und xy yy iv) x 2 y 2 Beweis durch Widerspruch 2

22 3. Grundlagen der Mengenlehre In diesem Kapitel ist das Ziel zu lernen, mit Mengen zu jonglieren und auch komplizierte Mengen formal und kompakt aufzuschreiben. Die Symbole, die wir dafür verwenden, kann man fast wie eine Programmiersprache verstehen. Ganz genau wie bei Programmiersprachen muss man diese Symbole erst einmal mühsam lesen und schreiben lernen, bevor man wirklich in der Lage ist, von der formalen, knappen Schreibweise zu profitieren. Deshalb ist es in diesem Kapitel besonders wichtig darauf zu achten, die Symbole schlicht und ergreifend auswendig zu lernen und darauf zu vertrauen, dass dies einem später die Arbeit mit komplexerer Mathematik sehr erleichtert. 3.. Notation und Operationen auf Mengen Eine Menge wurde im Jahr 895 in Halle von Georg Cantor(845-98), dem Begründer der Mengenlehre so definiert: Definition 3.. Eine Menge ist eine Zusammenfassung von bestimmten und wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseren Denkens zu einem Ganzen. Die Objekte einer Menge heißen Elemente. Bemerkung 3..2 Formal korrekt wird die Mengenlehre durch ein System von 0 Axiomen, die Zermelo-Fraenkel-Axiome, begründet. Uns soll hier aber die einfachere Definition von Cantor genügen. Um leichter mit Mengen arbeiten zu können, hat man sich auf einen Satz von Begriffen und Symbolen geeinigt: Notation 3..3 Wir bezeichnen Mengen mit einfachen Großbuchstaben. Wenn a ein Element der Menge M ist, schreiben wir a M. Wenn a kein Element der Menge M ist, schreiben wir a / M, dies entspricht der Negation (a M). Notation 3..4 Die Elemente einer Menge werden zusammengefasst mit geschweiften Klammern. Dabei haben wir verschiedene Möglichkeiten Mengen anzugeben: durch direktes Hinschreiben der Elemente, z. B. M = {, 3, 5}. 22

23 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.. NOTATION UND OPERATIONEN AUF MENGEN durch die Angabe von Eigenschaften, z. B. M = {n N n < 6 n ist ungerade} das sind alle natürlichen Zahlen, die kleiner als 6 und ungerade sind. (alternativ kann auch ein Doppelpunkt, statt des Strichs verwendet werden: M = {n N : n < 6 n ist ungerade}) Dabei ist zu beachten: Jedes Element einer Menge wird nur einmal gezählt, z. B. gilt {,, 2} = {, 2}. Deshalb schreibt man jedes Element nur einmal in eine Menge. Die Reihenfolge der Elemente spielt keine Rolle, z. B. {, 2, 3} = {3, 2, } = {, 3, 2} Beispiel 3..5 Einige wichtige Mengen: die leere Menge, die kein Element enthält = {}. N = {0,, 2,... } die natürlichen Zahlen. Z = {..., 2,, 0,, 2,... die ganzen Zahlen. Q = { a b a Z, b N, b > 0} die rationalen Zahlen. R die reellen Zahlen. All diese Regeln für Mengen sind in vielen Programmiersprachen bereits implementiert. Wir werden zum Beispiel gegen Ende des Programmierkurses ein C++-Objekt mit dem Namen set (englisch für Menge) kennenlernen. Fügt man dort ein neues Element in eine bestehende Menge ein und dieses Element liegt bereits in der Menge, wird das Einfügen abgebrochen. Dieses Verhalten folgt der Regel nach der jedes Element nur einmal in einer Menge enthalten sein darf. Mengen und die nun folgenden Operationen auf Mengen spielen insbesondere in der theoretischen Informatik und z.b. für Datenbanksysteme eine sehr große Rolle. Es ist sinnvoll mit den Kurzschreibweisen zunächst stur auswendig zu lernen, um sie anschließend immer zu verwenden, wenn sich etwas durch Mengen ausdrücken lässt. Das Umsetzen der natürlichen Sprache in die Mengenschreibweise ähnelt sehr stark dem Programmieren, spart Zeit beim Schreiben und ermöglicht (mit etwas Übung) das Erfassen der Elemente einer Menge auf einen Blick. Definition 3..6 Die Anzahl der Elemente einer Menge nennt man ihre Mächtigkeit (oder Kardinalität) und schreibt #M (oder M ). Eine endliche Menge M ist eine Menge mit endlicher Mächtigkeit #M <. Wir können also endliche Menge dadurch unterscheiden, wie viele Elemente sie haben. Aber es gibt auch bei Mengen mit unendlich vielen Elementen verschiedene Kardinalitäten. Definition 3..7 Seien A und B Mengen. Dann heißt A Teilmenge von B genau dann, wenn jedes Element von A auch in B liegt, d.h. wenn gilt x : x A x B. Wir schreiben A B und nennen dies eine Inklusion. 23

24 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.. NOTATION UND OPERATIONEN AUF MENGEN Wenn A B und B A, dann sind A und B gleich, d. h. sie enthalten diesselben Elemente und wir schreiben A = B. Ist A eine echte Teilmenge von B, d. h. ist A B und A B, dann schreiben wir A B. Der zweite Punkt ist zum Beweisen von Mengengleichheiten besonders wichtig. Um zu zeigen, dass zwei Mengen gleich sind, muss gezeigt werden, dass sie jeweils Teilmenge der anderen sind. Man sagt es müssen beide Inklusionen A B und B A gezeigt werden. Beispiel 3..8 Für alle Mengen A gilt A und A A. {2, 5} {2, 3, 4, 5} N Z Q R Proposition 3..9 Seien A, B Mengen. Wenn A B, dann gilt #A #B. Beweis. Da jedes Element aus A auch in B liegt, muss B mindestens so viele Elemente wie A besitzen. Definition 3..0 Die Menge P (A) = {M M A} heißt Potenzmenge von A. Die Potenzmenge ist also die Menge aller Teilmengen einer vorgegebenen Menge A. Aufgrund von Beispiel 3..8 ist immer die leere Menge und die Menge A selbst ein Element der Potenzmenge. Proposition 3.. Sei A eine Menge mit n < Elementen. Dann ist die Mächtigkeit der Potenzmenge #P (A) = 2 n. Der Beweis dieser Proposition wird in Kürze eine Übungsaufgabe sein. Er beruht darauf zu zählen wie viele k-elementige Teilmenge die Menge A besitzt, wobei 0 k n. Wir wollen uns hier an Beispielen überzeugen, dass diese Aussage richtig ist. Beispiel 3..2 Sei A =, dann ist #A = 0, da die leere Menge kein Element enthält. Die Potenzmenge von A besteht nur aus der leeren Menge, d.h. P ( ) = und somit gilt #P ( ) = = 2 0. Sei B = {} eine einelementige Menge, dann ist #B =. Die Potenzmenge von B besteht der leeren Menge und B selbst, d. h. P (B) = {, B} und somit gilt #P (B) = 2 = 2. Sei C = {, 2} eine zweielementige Menge, dann ist #C = 2. Die Potenzmenge von C besteht der leeren Menge, zwei einelementigen Teilmengen und C selbst, d. h. P (C) = {, {}, {2}, C} und somit gilt #P (C) = 4 =

25 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.. NOTATION UND OPERATIONEN AUF MENGEN Die wichtigsten Operationen um aus zwei Mengen eine neue Menge zu bilden sind Durchschnitt und Vereinigung. Definition 3..3 Seien A, B Mengen. Die Menge A B = {x x A x B} nennt man den Durchschnitt von A und B. Wenn A B =, dann nennt man A und B disjunkt, Die Menge A B = {x x A x B} nennt man die Vereinigung von A und B. Bemerkung 3..4 Zur Veranschaulichung dieser Mengenoperationen sind sogenannte Venn-Diagramme gut geeignet. Der Durchschnitt zweier Mengen A und B: Die Vereinigung zweier Mengen A und B: A B A B Beispiel 3..5 Seien A = {, 2, 3, 4} und B = {3, 4, 5}, dann ist A B = {, 2, 3, 4, 5} und A B = {3, 4}. Aus der Definition von Durchschnitt und Vereinigung mithilfe der logischen Verknüpfungen und folgen direkt einige Rechengesetze für Mengen. Satz 3..6 Seien A, B, C Mengen. Es gelten die Kommutativgesetze die Assoziativgesetze und die Distributivgesetze A B = B A A B = B A, A (B C) = (A B) C A (B C) = (A B) C, A (B C) = (A B) (A C) A (B C) = (A B) (A C). 25

26 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.. NOTATION UND OPERATIONEN AUF MENGEN Beweis. Der Beweis dieser Regeln folgt direkt aus den entsprechenden Regeln für und (s. Satz 2.2.9). Wir zeigen hier exemplarisch das Kommutativgesetz für die Vereinigung. Um die Gleichheit von Mengen zu beweisen müssen wir die zwei Inklusionen A B B A und B A A B zeigen. Um A B B A zu zeigen, betrachten wir ein beliebiges Element aus A B und zeigen, dass es auch in B A enthalten ist. x A B Def. von x A x B Kommutativität von x B x A Def. von x B A Analog können wir B A A B beweisen, woraus die Gleichheit der beiden Mengen folgt. Bemerkung 3..7 Wir veranschaulichen die Distributivgesetze mithilfe von Venn- Diagrammen. A (B C) = (A B) (A C) A (B C) = (A B) (A C) A B A B C C Notation 3..8 Für den Durchschnitt und die Vereinigung mehrerer Mengen, verwenden wir folgende Bezeichnungen: n i=a i = A A 2 A n = {x i {, 2,..., n} so dass x A i } n i=a i = A A 2 A n = {x i {, 2,..., n} gilt x A i } Definition 3..9 Seien A und B Mengen. Die Menge A\B = {x x A x / B} nennt man die Differenz zwischen A und B. Man spricht auch: A ohne B. Wenn B A, dann nennen wir A\B = B c das Komplement von B (in A). 26

27 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.. NOTATION UND OPERATIONEN AUF MENGEN Bemerkung Wir veranschaulichen die Differenz und Komplement mithilfe von Venn-Diagrammen. A\B A c = M\A A B A B M Satz 3..2 Seien A und B die Teilmengen einer Menge M sind. Dann gelten die de Morgan schen Gesetze (A B) c = A c B c (A B) c = A c B c. Dabei sind immer die Komplemente in M gemeint. Beweis. Wir beweisen hier die erste Regel (A B) c = A c B c. Der zweite Beweis ist analog. Wir zeigen zunächst, dass (A B) c A c B c. Da immer gilt, dass x M, verzichten wir zur besseren Lesbarkeit der Umformungen darauf dies in jeder Zeile zu schreiben. x (A B) c x / A B Definition des Komplements (x A B) Definition von / (x A x B) (x A) (x B) Definition der Vereinigung De Morgansche Regel für logische Operatoren x / A x / B Definition von / x A c x B c Definition des Komplements x A c B c Definition des Durchschnitts Analog wird die umgekehrte Inklusion A c B c (A B) c bewiesen. Bemerkung Wir veranschaulichen die de Morgan schen Gesetze mithilfe von Venn-Diagrammen. (A B) c = A c B c (A B) c = A c B c A B A B M M 27

28 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.2. ABBILDUNGEN ZWISCHEN MENGEN Bei der Schreibung von Mengen mithilfe von geschweiften Klammern ist es wichtig, dass die Reihenfolge der Elemente keine Rolle spielt. Oft aber ist auch die Reihenfolge von Elementen relevant. Dafür verwenden wir dann runde Klammern. Definition Seien A, B Mengen und a A, b B. Man bezeichnet mit (a, b) ein geordnetes Paar (Tupel). Zwei geordnete Paare (a, b) und (a, b ) sind genau dann gleich, wenn a = a und b = b gilt. Die Menge aller geordneten Paare (a, b) nennt man das kartesische Produkt von A und B und schreibt A B = {(a, b) a A b B}. Man spricht: A kreuz B. A A 2 A n = {(a,, a n ) a A,, a n A n } ist das n-fache kartesische Produkt und besteht aus allen n-tupeln (a,, a n ). Wir bezeichnen mit A n = A A A das n-fache kartesische Produkt der Menge A mit sich selbst. Beispiel {} {, 2} = {(, ), (, 2)} {2, 4} {, 3} = {(2, ), (2, 3), (4, ), (4, 3)} {, 3} {2, 4} = {(, 2), (, 4), (3, 2), (3, 4)} R 2 ist die Menge aller Punkte der Ebene. Aus der Definition eines geordneten Paares folgt, dass (, 2) (2, ) ist und daher gilt auch für die Mengen {2, 4} {, 3} {, 3} {2, 4} Abbildungen zwischen Mengen Neben dem Begriff der Menge ist der Begriff der Abbildung von grundlegender Bedeutung für die gesamte Mathematik. Unter diesem Aspekt betrachtet zeichnen sich die verschiedenen Teilgebiete der Mathematik lediglich dadurch aus, daß sie sich dem Studium jeweils besonderer Abbildungen widmen bzw. gewisse Abbildungen auf bestimmte Eigenschaften hin untersuchen. Abbildung zwischen Mengen werden benutzt, um Elemente aus verschiedenen Mengen einander zuzuordnen. Diese sind wichtig um mehr Informationen über eine Menge zu erhalten. Definition 3.2. Seien A, B nichtleere Mengen. Eine Abbildung f von einer Menge A in eine Menge B ist eine Vorschrift, die jedem x A genau ein f(x) B zuordnet. Wir schreiben: f : A B a f(a) 28

29 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.2. ABBILDUNGEN ZWISCHEN MENGEN und sagen a wird auf f(a) abgebildet. In Bezug auf die Abbildung f heißt A die Definitionsmenge und B die Wertemenge von f. Folgendes ist zu beachten: Zur Definition einer Abbildung gehört neben der Zuordnungsvorschrift ganz wesentlich die Nennung der Definitionsmenge (Ausgangsmenge) und auch der Wertemenge (Zielmenge). So stellen f : Z N 0, n n 2 g : R R, x x 2 ganz unterschiedliche Abbildungen dar, obwohl die Zuordnungsvorschrift nämlich zu quadrieren die gleiche ist, wenn man von den unterschiedlichen Variablennamen n und x absieht, die man auch hätte gleich wählen können. Jedem a A wird ein b B zugeordent, die Umkehrung gilt im allgemeinen jedoch nicht, d.h. es kann durchaus vorkommen, dass es Elemente b B gibt, denen kein oder auch zwei verschiedene Elemente zugeordnet werden. Um eine Abbildung zu definieren, kann man explizit die Zuordnung angeben, welches Element aus A auf welches Element aus B abgebildet wird. Dies ist aber nur für endliche Mengen möglich und auch da mühsam. Alternativ kann man Abbildung durch eine oder mehrere Formeln definieren. Beispiel f : N N n n 2 ist eine wohldefinierte Abbildung. Der ASCII-Code ordnet den Zahlen von 0 bis 27 bestimmte Steuerzeichen zu. f : {0,, 2,..., 27} {0,, 2,..., a, b,..., A, B,..., %,?,... } =.. Wir nennen eine Abbildungsvorschrift wohldefiniert, wenn dadurch wirklich eine Abbildung definiert wird. Beispiel Um zu sehen, was genau wohldefiniert bedeutet, ist es am besten sich einige Beispiele nicht wohldefinierter Abbildungsvorschriften anzuschauen. 29

30 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.2. ABBILDUNGEN ZWISCHEN MENGEN Die Abbildungsvorschrift f : {, 3, 5} {2, 3} ist nicht wohldefiniert, da dem Element {, 3, 5} zwei verschiedene Elemente zugeordnet werden. Die Abbildungsvorschrift f : {, 3, 5} {2, 3} ist nicht wohldefiniert, da dem Element 5 {, 3, 5} kein Element zugeordnet wird. Die Abbildungsvorschrift f : {, 3, 5} {2, 3} ist nicht wohldefiniert, da dem Element 5 ein Element zugeordnet wird, das nicht in der Menge {2, 3} liegt. Die Abbildungsvorschrift f : N N n n 2 n 3n wenn n eine Primzahl ist, wenn n eine gerade Zahl ist. ist nicht wohldefiniert, da zum einen die Zahl 2, die eine Primzahl ist und gerade auf verschiedene Zahlen abgebildet wird (Aus der Vorschrift folgt einerseits = 4, da 2 eine Primzahl ist, andererseits gilt = 6, da 2 gerade ist). Außerdem gibt es keine Vorschrift für ungerade Zahlen, die nicht prim sind. 30

31 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.2. ABBILDUNGEN ZWISCHEN MENGEN Definition Seien A, B Mengen. Die Abbildung id A : A A, a a heißt Identität. Sei f : A B eine Abbildung. Dann heißt die Menge f(a) = {b B a A so dass giltf(a) = b} B das Bild von f. Sei f : A B eine Abbildung und M B. Dann heißt die Menge f (M) = {a A f(a) M} A das Urbild der Menge M unter f. Beispiel Wir betrachten folgende Abbildung f : {, 2, 3} {4, 5, 6} Dann ist das Bild f({, 2, 3}) = {4, 5} und wir berechnen die Urbilder f ({4}) = {, 2}, f ({5}) = {3} und f ({6}) =. Eigenschaften von Abbildungen, die eine besondere Rolle spielen geben wir einen Namen und versuchen sie genau zu charakterisieren. Definition Seien A, B Mengen und sei f : A B, a f(b) eine Abbildung. f heißt genau dann injektiv, wenn für alle a, a A gilt: wenn f(a) = f(a ), dann ist a = a. f heißt genau dann surjektiv, wenn für alle b B ein a A existiert, so dass gilt f(a) = b. f heißt genau dann bijektiv, wenn f injektiv und surjektiv ist. Bemerkung Um besser zu verstehen, was diese Begriffe bedeuten, ist es günstig sie auf verschiedene Art und Weisen umzuformulieren. In der Definition von injektiv steht eine Aussage der Form x y, diese ist genau dann richtig, wenn y x richtig ist (s. Satz 2.3.). Somit lautet eine alternative Definition 3

32 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.2. ABBILDUNGEN ZWISCHEN MENGEN von Injektivität: f heißt genau dann injektiv, wenn für a, a A gilt: wenn a a, dann ist f(a) f(a ). Oder noch anders formuliert: bei einer injektiven Abbildung hat jedes Element b B höchstens ein Urbild in A, d. h. #f ({b}) = 0 oder #f ({b}) =. Denn hätte b zwei Urbilder a, a A, d. h f(a) = f(a ) = b, dann müssen diese ja gleich sein a = a. Also hat b höchstens ein Urbild. Beim genauen Angucken der Definition des Bildes einer Abbildung sieht man, dass f genau dann surjektiv ist, wenn f(a) = B gilt. Das wiederum bedeutet, dass bei einer surjektiven Abbildung jedes Element b B mindestens ein Urbild in A hat. Somit hat bei einer bijektiven Abbildung jedes Element b B genau ein Urbild in A. Schränkt man die Wertemenge B einer Abbildung f : A B auf f(a) ein, dann erhält man eine neue Abbildung f : A f(a), die surjektiv ist. Die Eigenschaften injektiv und surjektiv hängen also nicht nur von der Abbildungsvorschrift ab, sondern auch ganz wesentlich von der Definitions- und Wertemenge. Beispiel Die Abbildung f : {, 2} {4, 5, 6} ist injektiv, aber nicht surjektiv, da 5 kein Urbild hat. Die Abbildung f : {, 2, 3} {4, 5} ist surjektiv, aber nicht injektiv, da 5 zwei Urbilder hat. Proposition Seien A, B Mengen mit endlich vielen Elementen, #A = n und #B = m und sei f : A B eine Abbildung. Dann gilt: Wenn f injektiv ist, dann ist n m. Wenn f surjektiv ist, dann ist n m. Beweis. Die Methode diese Aussagen zu beweisen wird als Schubfachprinzip bezeichnet. Dafür können wir uns anschaulich die Menge A als Menge von n Kugeln vorstellen und 32

33 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.2. ABBILDUNGEN ZWISCHEN MENGEN B als Menge von m Schubladen. Die Abbildung f entspricht dann dem Hineinlegen von Kugeln in die Schubladen. Ist f injektiv, dann heißt das, dass in jede Schublade höchstens eine Kugel gelegt wird. Dies ist nur dann möglich, wenn es mindestens so viele Schubladen wie Kugeln gibt. Ist f surjektiv, dann heißt das, dass in jede Schublade mindestens eine Kugel gelegt wird. Dies ist nur dann möglich, wenn es mindestens so viele Kugeln wie Schubladen gibt. Satz Seien A, B endliche Mengen mit gelicher Mächtigkeit, d. h. #A = #B < und sei f : A B eine Abbildung, dann ist äquivalent: a) f ist injektiv b) f ist surjektiv. c) f ist bijektiv. Beweis. Auch dieser Beweis ist mit dem Schubfachprinzip möglich. Wenn es gleich viele Kugeln und Schubladen gibt und wir wissen in jeder Schublade liegt höchstens eine Kugel, dann muss schon in jeder Schublade genau eine Kugel liegen, da dies sonst nicht möglich ist. Umgekehrt, wissen wir dass in jeder Schublade mindestens eine Kugel liegt, dann muss schon in jeder Schublade genau eine Kugel liegen. Definition 3.2. Seien A, B, C Mengen und seien f : A B, g : B C Abbildungen. Dann heißt die Abbildung g f : A C Hintereinanderausführung von f und g. a (g f)(a) = g(f(a)) Beim ersten Lesen erscheint die Schreibweise g f vielleicht etwas unlogisch, da wir ja zuerst ein Element mithilfe von f abbilden und dann mithilfe von g. Allerdings macht es nur Sinn f(a) zu betrachten für ein Element a A. Da dann f(a) B liegt, macht es Sinn g(f(a)) zu betrachten. Man muss also die Verknüpfung von Abbildungen von innen nach außen lesen. Proposition Seien A, B, C Mengen und seien f : A B, g : B C Abbildungen. Dann gilt: (i) Wenn f und g injektiv sind, dann ist auch (g f) injektiv. (ii) Wenn f und g surjektiv sind, dann ist auch (g f) surjektiv. (iii) Wenn f und g bijektiv sind, dann ist auch (g f) bijektiv. 33

34 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.2. ABBILDUNGEN ZWISCHEN MENGEN Beweis. (i) Angenommen g(f(a)) = g(f(a )), dann folgt aus der Injektivität von g, dass f(a) = f(a ), aus der Injektivität von f, folgt dann wiederum, dass a = a. Und somit ist auch (g f) injektiv. (ii) Da f sujektiv ist, gilt f(a) = B, da g surjektiv ist, folgt g(b) = C. Also ist g(f(a)) = C und (g f) ist surjektiv. (iii) Folgt direkt aus (i) und (ii) Satz Seien A, B nichtleere Mengen und f : A B eine Abbildung. Dann gilt: a) f ist genau dann injektiv, wenn f eine Linksinverse hat, d. h. wenn es eine Abbildung g : B A gibt, für die gilt g f = id A. b) f ist genau dann surjektiv, wenn f eine Rechtsinverse hat, d. h. wenn es eine Abbildung g : B A gibt, für die gilt f g = id B. c) f ist genau dann bijektiv, wenn f eine Inverse hat, d. h. wenn es eine Abbildung g : B A gibt, für die gilt f g = id B und g f = id A. Beweis. Alle Aussagen sind Äquivalenzen, das heißt es müssen immer beide Implikationen gezeigt werden. a) Wir zeigen zunächst die Implikation: Wenn f injektiv ist, dann gibt es eine Abbildung g : B A, für die g f = id A gilt. Wir nehmen also an f sei injektiv und definieren eine Abbildung g durch g : B A b a f ({b}) b a beliebig wenn b f(a) wenn b / f(a) Diese Abbildung ist wohldefiniert, da die Menge f ({b}) aus nur einem Element besteht, da f injektiv ist. Wenn b / f(a), dann ist f ({b}) leer und wir können ein beliebiges Element wählen auf das b abgebildet wird. Nun können wir prüfen, dass die so definierte Abbildung die Eigenschaft g f = id A hat. Sei also a A ein beliebiges Element, dann ist g(f(a)) = g(b) = a, da b = f(a) ein Element aus dem Bild f(a) ist und f ({b}) = {a} das Urbild ist. Im zweiten Schritt zeigen wir die Implikation Wenn es eine Abbildung g : B A, für die g f = id A gilt gibt, dann ist f injektiv. Diesen Teil des Beweises führen wir per Widerspruch, dass heißt wir nehmen an es gebe diese Abbildung g mit der geforderten Eigenschaft, aber f ist nicht injektiv. Wenn f nicht injektiv ist, dann gibt es Elemente a, a A, die ungleich sind a a, aber für die f(a) = f(a ) gilt. Da a a, ist auch id A (a) id A (a ). Andererseits gilt aber (g f)(a) = g(f(a)) = g(f(a )) = (g f)(a ). Da nach Annahme g f = id A gilt erhalten wir daraus a = a im Widerspruch zur vorherigen Zeile. 34

35 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.2. ABBILDUNGEN ZWISCHEN MENGEN b) : Angenommen f ist surjektiv, dann ist f (b) nicht leer wie auch immer b B vorgegeben ist. Für jedes b B läßt sich ein a f (b) auswählen, welches dazu verwendet werden kann, die Funktion h : B A durch die Setzung h(b) := a zu definieren. Aus der Definition von h folgt dann unmittelbar die behauptete Eigenschaft f ( h(b) ) = b. Auch hier ist h nicht eindeutig festgelegt, sondern es gibt alternative Definitionsmöglichkeiten, wenn f nicht injektiv ist. : Angenommen es sei eine derartige Funktion h vorhanden. Ist b B beliebig aber fest vorgegeben, so gilt f ( h(b) ) = b. Damit wird h(b) A auf b abgebildet. Da b beliebig, läßt sich somit zu jedem b B ein Element aus A finden nämlich h(b) welches auf b abgebildet wird, d.h. f ist surjektiv. c) folgt direkt aus a) und b) Definition Seien A, B Mengen und f : A B eine bijektive Abbildung. Dann heißt die Abbildung f : B A, f(a) a Umkehrabbildung von f. Die Umkehrabbildung entspricht der Abbildung g aus Satz und erfüllt somit f f = id B und f f = id A. Achtung! Es ist wichtig die Umkehrabbildung nicht mit dem Urbild zu verwechseln, obwohl dafür die gleiche Notation verwendet wird. Das Urbild einer Menge unter einer Abbildung f : A B ist eine Menge und kann für alle Abbildungen f und alle Teilmengen M B bestimmt werden. Die Umkehrabbildung hingegen kann nur von bijektiven Abbildungen f : A B bestimmt werden und sie ordnet dann einem Element b B, das eindeutig bestimmte Element a f ({b}) zu. Definition Seien A, B Mengen und f : A B eine Abbildung und A A, dann definiert f A : A B a f(a) eine Abbildung die Einschränkung von A auf A. Proposition Seien A A, B Mengen und f : A B eine Abbildung. Dann gilt: i) Ist f injektiv, dann ist auch f A injektiv. ii) Die Abbildung g : A f(a), a f(a) ist surjektiv. Beweis. i) Wenn für alle a, a 2 A aus a a 2 folgt, dass f(a ) f(a 2 ) gilt. Dann gilt das ebenfalls für alle a, a 2 A A. ii) Per Definition ist f(a) das Bild der Abbildung f. Da für alle Elemente a A gilt f(a) = g(a) per definition von g, ist also auch f(a) das Bild von g und damit ist g surjektiv. 35

36 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.3. RELATIONEN 3.3. Relationen Relationen sind ein Mittel um Beziehungen zwischen Elementen einer Menge herzustellen, die wichtige zusätzliche Informationen liefern. Definition 3.3. (Relation) Es seien A und B zwei nichtleere Mengen. Eine (binäre) Relation R zwischen den Mengen A und B ist eine Teilmenge des kartesischen Produkts A B, d. h. R A B = {(a, b) a A, b B}. Für (a, b) R schreibt man auch arb, d.h. a steht in Relation R zu b. Ist A = B so spricht auch von einer Relation auf bzw. in der Menge A. Definition (Eigenschaften von Relationen) Eine Relation R A A auf einer Menge A heißt reflexiv genau dann, wenn für alle a A gilt, dass (a, a) R. symmetrisch genau dann wenn gilt: (a, b) R (b, a) R. antisymmetrisch genau dann, wenn aus (a, b) R (b, a) R folgt, dass a = b. transitiv genau dann, wenn gilt: (a, b) R (b, c) R (a, c) R. Bemerkung Die Definition von antisymmetrisch ist von der Art A B und somit genau dann richtig, wenn B A richtig ist (s. Satz 2.3.). Somit kann diese Definition mithilfe der De Morganschen Gesetze (s. Satz 2.2.0) umformuliert werden zu: Eine Relation R A A auf einer Menge A heißt antisymmetrisch genau dann, wenn aus a b folgt, dass (a, b) / R (b, a) / R. Definition (Äquivalenzrelation) Eine Relation R A A heißt Äquivalenzrelation auf A, wenn sie reflexiv, symmetrisch und transitiv ist. Anstatt (a, b) R schreibt man im Falle von Äquivalenzrelationen häufiger a b, d.h. a ist äquivalent zu b. Definition (Äquivalenzklasse und Quotientenmenge) Es sei eine Äquivalenzrelation auf A. Für a A heißt die Teilmenge von A [a] := {x A : a x } A Äquivalenzklasse von a. Die Elemente von [a] nennt man die zu a äquivalenten Elemente. 36

37 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.3. RELATIONEN Die Menge aller Äquivalenzklassen einer Äquivalenzrelation heißt Quotientenmenge A/ := {[a] a A}. Es gibt eine kanonische surjektive Abbildung π : A A/, a [a]. Eine Äquivalenzklasse enthält alle Elemente, die bezüglich eines bestimmten Aspekts, der durch die Äquivalenzrelation definiert wird, als gleich betrachtet werden kann. Die Quotientenmenge enthält dann all diese Äquivalenzklassen. Beispiel Sei A = {Schüler einer Schule}, dann ist a b := a ist in der selben Schulklasse wie b, eine Äquivalenzrelation und die Menge der Schulklassen ist die Quotientenmenge bezüglich dieser Relation. Will man zum Beispiel einen Stundenplan entwerfen, dann ist es hilfreich nicht jeden Schüler einzeln zu betrachten, sondern den Stundenplan für jede Schulklasse zu erstellen. Äquivalenzrelationen sind ein wichtiges Hilfsmittel um aus einer bekannten Menge eine neue Menge konstruieren zu können, die dann bestimmte gewünschte Eigenschaften hat. Wir werden dies in Abschnitt 5 mehrfach benutzen um Zahlenmengen zu konstruieren. Satz Es sei eine Äquivalenzrelation auf A. Dann bildet die Menge der Äquivalenzklassen eine Partition von A. Das bedeutet, dass zwei Äquivalenzklassen entweder gleich oder disjunkt sind und außerdem gilt a A [a] = A. Beweis. Um zu beweisen, dass zwei Äquivalenzklassen entweder gleich oder disjunkt sind, zeigen wir dass sie gleich sind, sobald ihr Durchschnitt nicht leer ist. Wir betrachten zwei Äquivalenzklassen [a] und [a ] in deren Durchschnitt ein Element c liegt, das heißt c [a] [a ]. Dies ist gleichbedeutend mit c a und c a. Wir wollen nun zeigen, dass [a] [a ] gilt: Sei x [a], d. h. x a. Aufgrund der Symmetrie der Relation folgt aus c a auch a c. Aufgrund der Transitivität folgt aus x a und a c dass auch x c. Und somit wieder aufgrund der Transitivität folgt aus x c und c a die Beziehung x a. Damit liegt nun x [a ] und wir haben gezeigt, dass [a] [a ] gilt. Auf analoge Weise (wir tauschen die Rollen von a und a ) folgern wir [a ] [a], woraus folgt, dass die Äquivalenzklassen gleich sind. Im nächsten Schritt wollen wir zeigen, dass a A [a] = A gilt. Zunächst bemerken wir, dass Äquivalenzklassen [a] immer einer Teilmenge von A sind und damit auch ihre Vereinigung. Das heißt es gilt a A [a] A. Für die umgekehrte Inklusion müssen wir zeigen, dass jedes Element a A in einer Äquivalenzklasse liegt. Aufgrund der Reflexivität einer Äquivalenzrelation ist aber jeder Element zu sich selbst äquivalent a a und somit liegt a [a], woraus wir A a A [a] folgern und damit die Gleichheit beider Mengen. 37

38 KAPITEL 3. GRUNDLAGEN DER MENGENLEHRE 3.3. RELATIONEN Neben Äquivalenzrelationen sind Ordnungsrelationen wichtige und häufig benutzte Relationen. Definition (Ordnungsrelation) Eine Ordnungsrelation oder kurz eine Ordnung in der Menge A ist eine reflexive, antisymmetrische und transitive Relation in A. Definition (Vergleichbarkeit zweier Elemente) Zwei Elemente a, b A heißen vergleichbar bezüglich der Ordnung in A, wenn entweder a b oder b a gilt. Definition (Totale und partielle Ordnung) Eine Ordnung in der Menge A heißt total, wenn je zwei Elemente aus A vergleichbar sind bezüglich. Ist die Vergleichbarkeit nicht für alle Elementpaare gegeben, so spricht man zur Abgrenzung gegenüber totalen Ordnungen von einer partiellen Ordnung oder Teilordnung. Beispiel 3.3. definiert auf den reellen Zahlen eine Totalordnung. Diese Relation ist reflexiv, da für jedes Element a a gilt. Sie ist antisymmetrisch, da für zwei unterschiedliche Elemente a b entweder a b oder b a gilt, woraus auch die Vergleichbarkeit zweier Elemente folgt. Die Transitivität gilt, da aus a b, b c folgt, dass a c ist. definiert auf der Potenzmenge P (A) einer Menge A eine partielle Ordnung. Schon wenn A die Mächtigkeit 2 hat, also A = {a, b}, dann hat A die Teilmengen {a} und {b}, die nicht vergleichbar sind, da weder {a} {b} noch {b} {a} gilt. 38

39 4. Algebraische Strukturen Nachdem wir nun mit Mengen und Abbildungen zwischen ihnen hantieren können, wollen wir nun Mengen betrachten mit denen man auch rechnen kann. 4.. Gruppen Definition 4.. Sei G eine Menge mit einer Verknüpfung, d. h. (G, ) heißt Gruppe, wenn gilt: : G G G (g, h) g h. i) Es existiert genau ein Element e G, das für alle g G g e = e g = g erfüllt. e heißt neutrales Element. ii) Zu jedem g G gibt es genau ein Element g G, so dass g g = g g = e gilt. g heißt das zu g inverse Element. iii) Für alle g, g 2, g 3 G gilt: g (g 2 g 3 ) = (g g 2 ) g 3. (Assoziativgesetz) Gilt außerdem iv) Für alle g, g 2 G : g 2 g = g g 2 Dann heißt die Gruppe abelsch oder kommutativ. Bemerkung 4..2 In der Definition einer Gruppe können die Forderungen i) und ii) durch die (auf dem ersten Blick) schwächeren Forderungen i ) Es existiert ein linksneutrales Element Element e G, d. h. das für alle g G gilt: e g = g erfüllt, ii ) Zu jedem g G gibt es ein linksinverses Element g G, d. h. es gilt g g = e, ersetzt werden. Dabei ist zu beachten, dass es hier nicht die Eindeutigkeit des Linksneutralen und Linksinversen gefordert wird. Es ist möglich durch einfache Rechnungen aus den Bedingungen i ),ii ) und iii) zu folgern, dass dann auch i),ii) und iii) gelten. Der Vorteil an der schwächeren Definition ist nun, dass es bei einem konkreten Beispiel genügt die schwächeren Eigenschaften nachzuweisen um zu beweisen, dass es sich um eine Gruppe handelt. 39

40 KAPITEL 4. ALGEBRAISCHE STRUKTUREN 4.. GRUPPEN Proposition 4..3 Sei G, eine Gruppe und g, h G, dann gilt: i) (g ) = g und ii) (g h) = h g. Beweis. i) Wir müssen zeigen, dass g ein zu g inverses Element ist. Aber dies gilt aufgrund der Definition von g als zu g inverses Element: g g = e. Aufgrund der Eindeutigkeit des Inversen ist daher (g ) = g. ii) Wir müssen zeigen, dass h g ein zu (g h) inverses Element ist. Dies ist der Fall, da aufgrund des Assoziativgesetzes gilt: (h g ) (g h) = h (g g) h = h e h = h h = e. Beispiel 4..4 (Z, +) ist eine Gruppe (Q\{0}, ) ist eine Gruppe Sei M eine Menge, dann definieren wir die Menge der bijektiven Abbildungen von M in sich selbst Bij(M) := {f : M M f ist bijektiv} Die Menge Bij(M) zusammen mit der Hintereinanderausführung von Abbildungen als Verknüpfung ist eine Gruppe. Das neutrale Element der Gruppe ist die Identität id M. Zu einer Abbildung f Bij(M) gibt es eine eindeutig bestimmte Umkehrabbildung f Bij(M), diese ist das zu f inverse Element in Bij(M), denn es gilt f f = f f = id M. Das Assoziativgesetz gilt, da per Definition der Hintereinanderausführung gilt: ( f (g h) ) (m) = f ( (g h)(m) ) = f(g(h(m))) und ( (f g) h ) (m) = (f g) ( h(m) ) = f(g(h(m))). Diese Gruppe ist nicht abelsch, wenn M mehr als 2 Elemente hat. Als Beispiel betrachten wir M = {, 2, 3} und die bijektiven Abbildungen f :M M g : M M

41 KAPITEL 4. ALGEBRAISCHE STRUKTUREN 4.. GRUPPEN Wir rechnen nach, dass (f g)() = f(g()) = f(2) = 3 gilt, aber (g f)() = g(f()) = g() = 2. Anschaulich können wir uns die Menge M als Eckpunkte eines gleichseitigen Dreiecks vorstellen, dann ist f eine Spiegelung und g eine Drehung um 20 Grad. g f = Drehen um 20 Spiegeln : f =Spiegeln g =Drehen f g = Spiegeln Drehen um 20 : g=drehen 3 f =Spiegeln Definition 4..5 Sei (G, ) eine Gruppe und H G eine Teilmenge. H heißt Untergruppe von G, wenn H mit der von G geerbten Verknüpfung eine Gruppe (H, ) definiert. Wichtig um zu zeigen, dass eine Teilmenge Untergruppe ist, ist neben den Gruppen axiomen auch die Abgeschlossenheit der Verknüpfung. Das heißt, dass für g, g 2 H auch g g 2 H liegt. Proposition 4..6 Sei (G, ) eine Gruppe und H G eine Teilmenge, so dass gilt: dann ist H eine Untergruppe von G. g, g 2 H g g 2 H, Beweis. Wir müssen zeigen, dass alle Gruppenaxiome erfüllt sind. i) Sei g = g 2 = g, wobei g ein beliebiges Element in H ist. Dann ist auch g g H und somit das neutrale Element e. ii) Sei g H. Wir zeigen, dass auch g H. Dafür setzen wir g = g und g 2 = e (von dem wir ja schon wissen, dass es enthalten ist) und somit ist g e = g H. iii) Das Assoziativgesetz überträgt sich sich direkt, da alle Element in H ja auch in G liegen. iv) Außerdem müssen wir noch zeigen, dass für zwei Elemente g, g 2 H auch g g 2 in H liegt (dies nennt man Abgeschlossenheit der Verknüpfung). Dies folgt, da wir ja bereits wissen, dass g H und somit auch (g ) g 2 = g g 2 H. 4

42 KAPITEL 4. ALGEBRAISCHE STRUKTUREN 4.2. GRUPPENHOMOMORPHISMEN Beispiel 4..7 (Z, +) ist Untergruppe von (Q, +) (R >0, ) ist Untergruppe von (R\{0}, ) ({, }, ) ist Untergruppe von (R\{0}, ) 4.2. Gruppenhomomorphismen Besitzt eine Menge eine zusätzliche Struktur, wie in unserem Fall eine Verknüpfung, dann spielen Abbildungen eine besondere Rolle, die diese Struktur erhalten. Definition 4.2. Seien (G, ) und (H, ) Gruppen. Eine Abbildung f : G H heißt Gruppenhomomorphismus, wenn für alle g, g 2 G gilt: f(g g 2 ) = f(g ) f(g 2 ). Es ist also egal, ob ich erst g und g 2 in G verknüpfe und dann g g 2 G nach H abbilde oder ob beide Elemente zuerst nach H abgebildet werden (f(g ), f(g 2 ) H) um dann dort verknüpft werden. Proposition Seien (G, ) und (H, ) Gruppen, sowie f : G H ein Gruppenhomomorphismus. Dann gilt: i. f(e G ) = e H und ii. f(g ) = f(g). Hier bezeichnet e G das neutrale Element in G und e H das neutrale Element in H. Beweis. i. Aus der Eigenschaft neutrales Element zu sein folgt e G e G = e G und somit durch Anwenden der Abbildung f erhält man f(e G ) = f(e G e G ) = f(e G ) f(e G ). Wir verknüpfen die Elemente auf beiden Seiten der Gleichung von rechts mit dem Element f(e G ) und erhalten f(e G ) f(e G ) = ( f(e G ) f(e G ) ) f(e G ) e H = f(e G ) ( f(e G ) f(e G ) ) Assoziativgesetz = f(e G ) e H Eigenschaft des Inversen = f(e G ) Eigenschaft des neutralen Elements ii. Wir rechnen f(g ) f(g) = f(g g) = f(e G ) = e H. Somit hat das Element f(g ) die Eigenschaft eines inversen Elements zu f(g). Und da Inverse eindeutig sind folgt die Behauptung. 42

43 KAPITEL 4. ALGEBRAISCHE STRUKTUREN 4.2. GRUPPENHOMOMORPHISMEN Beispiel Ein wichtiger Gruppenhomomorphismus ist die Exponentialfunktion exp : (R, +) (R >0, ) x exp(x) = e x. Die Funktionalgleichung exp(x + y) = e x e y = exp(x) exp(y) entspricht genau der Definition eines Gruppenhomomorphismus. Wir sehen, dass Proposition i) genau der Eigenschaft e 0 = entspricht und Proposition ii) der Tatsache, dass e x = e x. Satz Seien (G, ) und (H, ) Gruppen. Das Bild f(g) eines Gruppenhomomorphismus f : G H ist eine Untergruppe von H. Beweis. Aufgrund von Proposition 4..6 genügt es zu überprüfen, ob für alle Element h, h 2 f(g) gilt, dass dann auch h h 2 in H liegt. Seien also h, h 2 f(g), d. h. es gibt Elemente g, g 2 G mit f(g ) = h und f(g 2 ) = h 2. Dann können wir nachrechnen, dass h h 2 = f(g ) f(g 2 ) = f(g ) f(g 2) = f(g g 2 ) f(g). Definition Seien (G, ) und (H, ) Gruppen, sowie f : G H ein Gruppenhomomorphismus. Dann heißt die Menge der Kern von f. Kern(f) = {g G f(g) = e H } G Der Kern von f ist dasselbe wie das Urbild der neutralen Elements, d. h. Kern(f) = f ({e H }). Satz Seien (G, ) und (H, ) Gruppen, sowie f : G H ein Gruppenhomomorphismus. Der Kern von f ist eine Untergruppe von G. Beweis. Aufgrund von Proposition 4..6 genügt es zu überprüfen, ob für alle Element g, g 2 Kern(f) gilt, dass dann auch g g 2 in Kern(f) liegt. Dafür rechnen wir f(g g 2 ) = f(g ) f(g 2) = f(g ) f(g 2 ) = e H e H = e H. Satz Seien (G, ) und (H, ) Gruppen. Ein Gruppenhomomorphismus f : G H ist genau dann injektiv, wenn Kern(f) = {e G } gilt. Beweis. Wenn f injektiv ist, dann gilt für alle Elemente g G mit g e G, dass f(g) f(e G ) = e H. Somit ist e G das einzige Element, dass im Kern liegt, d. h. Kern(f) = {e G }. 43

44 KAPITEL 4. ALGEBRAISCHE STRUKTUREN 4.3. RINGE UND KÖRPER Die Rückrichtung zeigen wir durch einen Widerspruchsbeweis. Wir nehmen also an es gelte Kern(f) = {e G } und f ist nicht injektiv. Letzteres bedeutet, dass es Elemente g, g 2 G gibt für die gilt: g g 2, aber f(g ) = f(g 2 ). Durch Verknüpfen von links mit f(g ) erhalten wir f(g ) f(g ) = f(g ) f(g 2 ) e H = f(g ) f(g 2) = f(g g 2 ) Somit liegt also das Element g g 2 im Kern von f. Da nach Annahme g g 2 ist g g 2 e G, was im Widerspruch zur Annahme Kern(f) = {e G } steht. Aufgrund von Proposition 4.2.2i gilt immer f(e G ) = e H, das heißt e G liegt immer im Kern eines Homomorphismus. Man sagt deshalb, dass der Kern trivial ist, wenn er nur das Element e G enthält Ringe und Körper In der Definition einer Gruppe kommt nur eine Verknüpfung vor. Da die bekannten Zahlenmengen aber zwei Verknüpfungen haben, benötigen wir weitere Begriffe. Definition 4.3. Ein Körper (K, +, ) ist Tripel bestehend aus einer Menge K mit zwei Verknüpfungen so dass gilt: + : K K K : K K K (x, y) x + y (x, y) x y i. (K, +) ist eine abelsche Gruppe. Das neutrale Element heißt 0 und das zu x inverse Element heißt x. ii. (K\{0}, ) ist eine abelsche Gruppe. Das neutrale Element heißt und das zu x inverse Element heißt x = x. iii. Für alle x, y, z K gilt: (x + y) z = x z + y z (Distributivgesetz). Bemerkung Es gilt 0 x = x 0 = 0 für alle x K. Das können wir zeigen mithilfe der Rechnung x 0 = x (0 + 0) = x 0 + x 0 Durch Addition des Elements x 0, das zu x 0 invers ist, erhalten wir: 0 = x 0 x 0 = (x 0 + x 0) x 0 = x 0 Die Kommutativität liefert dann auch 0 x = 0. Wir verwenden die Konvention Punktrechnung geht vor Strichrechnung, das heißt a b + c = (a b) + c a (b + c). 44

45 KAPITEL 4. ALGEBRAISCHE STRUKTUREN 4.3. RINGE UND KÖRPER Proposition In einem Körper K gilt immer: Wenn a b = 0, dann ist entweder a = 0 oder b = 0. Man sagt ein Körper ist nullteilerfrei. Beweis. Wenn a = 0 ist, dann sind wir fertig, also nehmen wir an es gilt a 0. Dann besitzt a ein Inverses bezüglich der Multiplikation a mit dem wir die Gleichung ab = 0 multiplizieren: a b = 0 a (a b) = a 0 (a a) b = 0 b = b = 0 Beispiel (Q, +, ) und (R, +, ) sind Körper. Die Menge F 2 := {0, } mit den Verknüpfungen ist ein Körper Definition Seien K, L Körper. Ein Körperhomomorphismus ist ein Abbildung f : K L, für die gilt: f(k + k 2 ) = f(k ) + f(k 2 ) f(k k 2 ) = f(k ) f(k 2 ) Ein Körperhomomorphismus ist also ein Gruppenhomomorphismus für die additive Gruppe (K, +) und für die multiplikative Gruppe (K\{0},. Insbesondere gilt also f( K ) = L und f(0 K ) = 0 L. Definition Ein Ring (R, +, ) ist eine Menge R zusammen mit zwei Verknüpfungen so dass gilt: + : R R R : R R R (x, y) x + y (x, y) x y i) (R, +) ist eine abelsche Gruppe. Das neutrale Element heißt 0 und das zu x inverse Element heißt x. ii) Für alle x, y, z R gilt: (x y) z = x (y z) (Assoziativgesetz). iii) Für alle x, y, z R gilt: (x + y) z = x z + y z (Distributivgesetz). iv) Der Ring heißt kommutativ, wenn das Kommutativgesetz gilt: x y = y x für alle x, y R. v) Ein Ring heißt mit Eins, wenn ein neutrales Element für die Multiplikation existiert, also x = x = x für alle x R. 45

46 KAPITEL 4. ALGEBRAISCHE STRUKTUREN 4.4. POLYNOME Beispiel (Z, +, ) ist ein kommutativer Ring mit Eins. Jeder Körper ist ein kommutativer Ring mit Eins. Definition Seien R, S Ringe. Ein Ringhomomorphismus ist eine Abbildung f : R S, für die gilt: f(r + r 2 ) = f(r ) + f(r 2 ) f(r r 2 ) = f(r ) f(r 2 ) Definition Ein Ring R heißt nullteilerfrei, wenn für alle Elemente r, s R gilt, dass aus r s = 0 folgt, dass r = 0 oder s = 0 gilt. Definition Sei R ein Ring mit, dann heißt die Menge Menge der Einheiten in R. R := {a R b R, so dass, a b = b a = } Beispiel 4.3. Z = {, } Sei K ein Körper, dann ist K = K\{0}. Proposition Sei R ein Ring mit, dann ist (R, ) eine Gruppe. Beweis. Das neutrale Element in R ist die, da =. Wenn a R, dann gibt es ein b R, so dass a b = b a = und damit liegt auch b R und ist das zu a inverse Element. Das Assoziativgesetz überträgt sich direkt aus den Rechengesetzen im Ring R. Die Menge der Einheiten ist abgeschlossen, denn wenn a, a R, dann gibt es b, b R, so dass a b = a b = und damit gilt (a a ) (b b) = a a b b = a b = a b = Polynome Definition 4.4. Sei K eine Körper, dann heißt ein formaler Ausdruck der Form p(t) := a n t n + a n t n + + a t + a 0 46

47 KAPITEL 4. ALGEBRAISCHE STRUKTUREN 4.4. POLYNOME Polynom in der Unbekannten t mit Koeffizienten aus K. Wir bezeichnen die Menge aller Polynome mit K[t] := {p(t) p(t) ist ein Polynom in t mit Koeffzienten aus K}. Sei p(t) ein Polynom mit dem Koeffizienten a n 0 und a k = 0 für alle k > n, dann ist n der Grad von p deg p = n. Ein Polynom vom Grad n heißt normiert, wenn a n =. Definition Sei p K[t] ein Polynom, dann heißt α K Nullstelle von p, falls gilt p(α) = 0. Proposition Sei p K[t] ein Polynom und α K eine Nullstelle von p. Dann gibt es ein Polynom q K[t] vom Grad deg q = deg p, so dass gilt: p(t) = (t α)q(t). Definition Ein Polynom der Form (t α) nennen wir einen Linearfaktor. Sei p K[t] ein Polynom, wir sagen dass p in Linearfaktoren zerfällt, wenn es α,..., α n K gibt, so dass gilt: Dabei ist n = deg p. p(t) = a n (t α )... (t α n ). Wenn ein Polynom in Linearfaktoren zerfällt, dann sind seine Nullstellen durch α i (i =,..., n) gegeben, die nicht zwangsläufig verschieden sind. Definition Sei p K[t] ein Polynom und α K eine Nullstelle von p. Wir sagen, dass α eine Nullstelle der Vielfachheit k ist, wenn es ein Polynom q K[t] gibt, so dass p(t) = (t α) k q(t) gilt, wobei α keine Nullstelle von q(t) ist, das heißt q(α) 0. Wenn ein Polynom in Linearfaktoren zerfällt, dann schreiben wir es meistens in der Form p(t) = a n (t α ) k... (t α r ) kr, 47

48 KAPITEL 4. ALGEBRAISCHE STRUKTUREN 4.4. POLYNOME wobei die Nullstellen α i paarweise verschieden sind. In dieser Schreibweise kann man direkt die Vielfachheiten der jeweiligen Nullstellen ablesen. Definition Sei p K[t] ein Polynom vom Grad deg p. Wir sagen, dass p über K irreduzibel ist, wenn es nicht als Produkt zweier Polynome p, p 2 K[t] mit deg p < deg p und deg p 2 < deg p geschrieben werden kann. Wichtig bei dieser Definition ist, dass sie vom Körper K abhängt. Beispiel Ein Linearfaktor ist immer irreduzibel. Polynome vom Grad 2 und 3 sind genau dann irreduzibel, wenn sie keine Nullstellen besitzen. Ein Polynom vom Grad 4 oder höher kann hingegen auch dann nicht irreduzibel sein, wenn es keine Nullstellen besitzt. So ist zum Beispiel das Polynom p(t) = t 4 + über dem Körper Q irreduzibel, wohingegen es über R in zwei irreduzible Faktoren vom Grad 2 zerfällt t 4 + = (t 2 + 2t + )(t 2 2t + ) und über C sogar in Linearfaktoren zerfällt. t 4 + = (t 2( + i))(t 2( i))(t 2( + i))(t 2( i)) Proposition Sei f K[t] ein normiertes Polynom vom Grad 2 f(t) = t 2 + pt + q, p, q K. Dann hat dieses Polynom die Nullstellen α = p 2 + p 2 4 q α 2 = p 2 p 2 4 q. Diese liegen in K, vorausgesetzt die Zahl D = p 2 4q ist ein Quadrat in K, das heißt es gibt eine Zahl x K, so dass x 2 = D. Beweis. Wir müssen nachrechnen, dass (t α )(t α 2 ) = f(t) gilt um zu zeigen, dass α und α 2 Nullstellen von f sind: (t α )(t α 2 ) = t 2 (α + α 2 )t + α α 2 ( = t 2 p p q p ) ( p q t + p ) ( p q p ) p q ( ( = t 2 p 2 p ) ( t + p ) 2 p q = t 2 + pt + q = f(t). ) 2 48

49 KAPITEL 4. ALGEBRAISCHE STRUKTUREN 4.4. POLYNOME Es gibt ähnlich Formeln, die cardanischen Formeln, für die Berechnung von Nullstellen von Polynomen dritten und vierten Grades. Allerdings sind diese Formeln bereits so kompliziert, dass sie praktisch keine Bedeuting haben. Für Polynome höheren Grades hingegen gibt es keine allgemeine Lösungsformel. Beispiel Wenn f(t) = t 2 + pt + q R[t] ein normiertes Polynom vom Grad 2 ist, dann hat diese Polynom entweder zwei verschiedene reelle Nullstellen, wenn p 2 4q > 0 ist. Es hat eine reelle Nullstelle der Vielfachheit 2, wenn p 2 4q = 0 ist. Ist hingegen p 2 4q < 0, dann ist das Polynom über R irreduzibel, hat aber über C zwei zueinander konjugierte Nullstellen. Die Beobachtung, dass sich die Koeffizienten eines Polynoms mithilfe der Nullstellen ausdrücken lassen motiviert die folgende Definition Definition Sei p K[t] ein normiertes Polynom vom Grad n p(t) = t n + a n t n + + a t + a 0. Dann nennen wir Norm und Spur des Polynoms die folgenden Ausdrücke: Norm(p) = ( ) n a 0 Spur(p) = a n. Satz 4.4. Sei p K[t] ein normiertes Polynom vom Grad n mit den Nullstellen α,..., α n (die eventuell auch in einem größeren Körper L mit K L liegen können), dann gilt: Norm(p) = α... α n Spur(p) = α α n. Beweis. Dieser Satz hat eine wichtige Konsequenz für Polynome deren Koeffizienten in Z liegen. Wenn dieses Polynom alle Nullstellen in Z hat, dann sind diese Nullstellen ein Teiler des konstanten Terms a 0. Beispiel Wir betrachten das Polynom p(t) = t 3 + 3t 2 + 5t + 3 Z[t] Kandidaten für ganzzahlige Nullstellen sind ± und ±3. Durch Probieren erhalten wir p( ) = 0. Also können wir schreiben p(t) = (t + )q(t), wobei q(t) ein Polynom vom Grad 2 ist. Um dieses Polynom zu bestimmen verwenden wir Polynomdivision: (t 3 + 3t 2 + 5t + 3) : (t + ) = t 2 + 2t + 3 (t 3 + t 2 ) 2t 2 + 5t (2t 2 + 2t) 3t + 3 (3t + 3) 49

50 5. Zahlenmengen Nachdem wir bisher eher abstrakt mit Mengen und Abbildungen hantiert haben wollen wir in diesem Kapitel die wichtigsten Zahlenmengen, die bereits aus der Schule bekannt sind, genauer anschauen. Außerdem werden wir zwei Mengen kennenlernen, die interessante Eigenschaften haben und uns deshalb öfter begegnen werden. 5.. Die natürlichen Zahlen Kronecker sagte: Die natürlichen Zahlen sind gottgegeben, alles andere ist Menschenwerk. Definition 5.. (Die Peano-Axiome) Die natürlichen Zahlen bilden eine Menge N in der ein Element 0 existiert und es eine Abbildung s : N N gibt, so dass gilt: i) s ist injektiv, ii) 0 / s(n), iii) für jede Menge M N mit den Eigenschaften a) 0 M b) s(m) M gilt: M = N. Wir nennen den Nachfolger der Zahl 0 die Eins := s(0) und können so eine Vorschrift für die Abbildung s (engl. successor=nachfolger ) angeben s : N N n n +. Somit lassen sich alle Elemente aus N durch sukzessives Anwenden der Nachfolgerabbildung s konstruieren, n := (s s s s s) (0) = } {{ } } {{ } n mal n mal Direkt aus den Peano-Axiomen erhalten wir das wichtige Beweisprinzip der vollständigen Induktion. Satz 5..2 (Beweisprinzip der vollständigen Induktion) Sei A(n) eine Aussage über eine natürliche Zahl n. Es gelte: i) Der Induktionsanfang: A(0) ist wahr. 50

51 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN ii) Der Induktionsschritt: Für alle n N gilt: wenn A(n) wahr ist, dann ist auch A(n + ) wahr. Dann ist A(n) wahr für alle n N. Beweis. Der Beweis folgt direkt aus Punkt iii) in Definition 5.., wobei wir die Menge M = {n N A(n) ist wahr} betrachten. Aus i) folgt, dass 0 M und somit a). Aus der Forderung ii) folgt, dass s(m) M ist und damit Punkt b). Somit ist M = N und die Aussage A(n) ist für alle n N wahr. Bemerkung 5..3 Der Induktionsanfang muss nicht immer null sein. Normalerweise wählt man die kleinste Zahl n 0 N, so dass A(n 0 ) wahr ist. Notation 5..4 Zur einfacheren und kompakteren Schreibung von Summen und Produkten, verwenden wir folgende Bezeichnungen: n i=n 0 a i := a n0 + a n a n n i=n 0 a i := a n0 a n a n Beispiel 5..5 Wir beweisen die Formel für die Summe der ersten n natürlichen Zahlen. Sei also n n(n + ) A(n) : i = n =. 2 i= Für den Beweis prüfen wir zunächst den Induktionsanfang und wählen dafür n =. Wir müssen also zeigen, dass A() wahr ist, d. h. ob die Formel stimmt, wenn wir für n = setzen. Dies ist richtig, da i = und ebenso i= ( + ) 2 Nun nehmen wir an, dass die Formel A(n) für ein beliebiges (aber festes) n N wahr ist =. 5

52 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.. DIE NATÜRLICHEN ZAHLEN und folgern daraus, dass sie auch für den Nachfolger n + stimmt. Dafür rechnen wir: n+ i = i= = = = n i + (n + ) i= Aufspalten der Summe n(n + ) + (n + ) 2 Verwenden der Voraussetzung, dass A(n) wahr ist n(n + ) + 2(n + ) 2 Hauptnenner bilden (n + )(n + 2) 2 (n + ) ausklammern Insgesamt gilt also n+ i= i = (n+)(n+2) 2, was wir auch erhalten, wenn wir A(n + ) ausrechnen. Somit ist der Induktionsschritt bewiesen und die Formel A(n) gilt für alle n. Definition 5..6 Wir definieren zwei Verknüpfungen auf N durch + : N N N : N N N (n, m) n + m = } {{ } n+m mal (n, m) n m = } {{ } n m mal Proposition 5..7 Für die Verknüpfungen + und auf N gilt: das Assoziativgesetz das Kommutativgesetz das Distributivgesetz 0 ist das neutrale Element der Addition ist das neutrale Element der Multiplikation Aber es gibt für beide Verknüpfungen keine inversen Element in N, somit ist N mit keiner Verknüpfung eine Gruppe und daher auch kein Ring. Proposition 5..8 Die Relation auf N, die durch n m : c N, s. d. n + c = m definiert ist, ist eine totale Ordnungsrelation. Beweis. Wir zeigen die Eigenschaften einer Ordnungsrelation i. Reflexivität: da n + 0 = n gilt n n. 52

53 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.2. DIE GANZEN ZAHLEN ii. Transitivität: Sei n m und m p, dann gibt es c, c 2 N, so dass n + c = m und m + c 2 = p. Daraus folgt, dass n + (c + c 2 ) = p und somit n p. iii. Antisymmetrie: Aus n m und m n, folgt dass n + c = m und m + c 2 = n und somit n + c + c 2 = n. Da c, c 2 N muss also c = c 2 = 0 sein um diese Gleichung zu erfüllen. Und daher ist n = m. Die Ordnung ist total, da entweder n + c = m gilt oder m + c = n und somit zwei natürliche Zahlen immer vergleichbar sind. Definition 5..9 Sei M eine Menge und f : M N eine Bijektion. Dann nennt man die Mächtigkeit der Menge M abzählbar unendlich. Insbesondere sind die natürlichen Zahlen selbst abzählbar unendlich Die ganzen Zahlen Da in N keine Inversen bezüglich der Addition enhalten sind, lassen sich nicht alle Gleichungen der Form a + x = b, mit gegebenen a, b N lösen. Um dieses Problem zu beheben definieren wir die ganzen Zahlen. Definition 5.2. Sei die Lösung der Gleichung + x = 0 und sei n := ( ) + ( ) + + ( ). Die Menge } {{ } n mal heißt die Menge der ganzen Zahlen. Z := {..., 3, 2,, 0,, 2, 3,... } Wir setzen die Verknüpfungen + und auf die ganzen Zahlen fort. Proposition (Z, +, ) ist ein kommutativer nullteilerfreier Ring. Bemerkung Die Notwendigkeit die ganzen Zahlen zu betrachten entsteht sobald wir Differenzen natürlicher Zahlen berechnen wollen. So ist zum Beispiel 2 = 3 5. Allerdings ist dies nicht die einzige Möglichkeit die Zahl 2 als Differenz natürlicher Zahlen zu schreiben, weitere Möglichkeiten sind 2 = 3 = 7 9 = Allgemein gilt: Wenn eine ganze Zahl z die Differenz von m und n ist, dann gilt auch wobei a N eine beliebige Zahl ist. z = m n = (m + a) (n + a), 53

54 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.2. DIE GANZEN ZAHLEN Dies motiviert die alternative und formal korrektere Methode die ganzen Zahlen mithilfe von Äquivalenzrelationen aus N zu konstruieren. Dafür betrachten wir das kartesische Produkt N N und definieren darauf eine Äquivalenzrelation (m, n) (m, n ) : m + n = m + n. Die ganzen Zahlen werden nun als Menge der Äquivalenzklassen definiert: Z := (N N)/ Wir stellen zunächst fest, dass für eine feste Zahl a N immer (m, n) (m + a, n + a), da m + (n + a) = (m + a) + n gilt. Somit liegen zwei Zahlenpaare (m, n) und (m, n ) genau dann in der selben Äquivalenzklasse, wenn ihre Differenz gleich ist m n = m n. Auf der Menge der Äquivalenzklassen wollen wir nun eine Addition und eine Multiplikation definieren. + : Z Z Z ( (m, n ), (m 2, n 2 ) ) (m, n ) + (m 2, n 2 ) := (m + m 2, n + n 2 ), : Z Z Z ( (m, n ), (m 2, n 2 ) ) (m, n ) (m 2, n 2 ) := (m m 2 + n n 2, m n 2 + n m 2 ). Warum diese Verknüpfungen so definiert werden müssen, sieht man, wenn man die Zahlen m n und m 2 n 2 miteinander addiert, bzw multipliziert (m n ) + (m 2 n 2 ) = (m + m 2 ) (n + n 2 ). Der positive Teil des Ergebnisses entspricht der ersten Komponente von (m, n )+(m 2, n 2 ) und der negative Teil der zweiten Komponente. Für die Multiplikation erhalten wir (m n ) (m 2 n 2 ) = (m m 2 + n n 2 ) (m n 2 + n m 2 ). Der positive Teil des Ergebnisses entspricht der ersten Komponente von (m, n ) (m 2, n 2 ) und der negative Teil der zweiten Komponente. Beide Verknüpfungen sind wohldefiniert. Um dies zu zeigen seien (m, n ) (m, n ), m + n = m + n (5.) (m 2, n 2 ) (m 2, n 2), m 2 + n 2 = m 2 + n 2. (5.2) Für die Wohldefiniertheit der Addition müssen wir jetzt zeigen, dass gilt: (m, n ) + (m 2, n 2 ) (m, n ) + (m 2, n 2) (m + m 2, n + n 2 ) (m + m 2, n + n 2) (m + m 2 ) + (n + n 2) = (m + m 2) + (n + n 2 ) (5.3) 54

55 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.2. DIE GANZEN ZAHLEN Dafür genügt es die Gleichungen (5.) und (5.2) zu addieren um (m + n ) + (m 2 + n 2) = (m + n ) + (m 2 + n 2 ) (m + m 2 ) + (n + n 2) = (m + m 2) + (n + n 2 ) zu erhalten. Dies entspricht aber genau Gleichung (5.3). Für die Wohldefiniertheit der Multiplikation müssen wir zeigen, dass gilt: (m, n ) (m 2, n 2 ) (m, n ) (m 2, n 2) (m m 2 + n n 2, m n 2 + n m 2 ) (m m 2 + n n 2, m n 2 + n m 2) (m m 2 + n n 2 ) + (m n 2 + n m 2) = (m m 2 + n n 2) + (m n 2 + n m 2 ) (5.4) Dafür multiplizieren wir (5.) und (5.2), addieren auf beiden Seiten der Gleichung den Term n n 2 + n n 2 und erhalten so (m + n ) (m 2 + n 2) = (m + n ) (m 2 + n 2 ) m m 2 + m n 2 + n m 2 + n n 2 = m m 2 + m n 2 + n m 2 + n n 2 (m m 2 + m n 2 + n m 2 + n n 2) + (n n 2 + n n 2 ) = (m m 2 + m n 2 + n m 2 + n n 2 ) + (n n 2 + n n 2 ) m m 2 + n n 2 + n (m 2 + n 2) + (n + m )n 2 = m m 2 + n n 2 + (m + n )n 2 + n (m 2 + n 2 ) Nun verwenden noch einmal die Gleichungen (5.) und (5.2) und die Ausdrücke in den Klammern zu ersetzen und erhalten somit m m 2 + n n 2 + n (m 2 + n 2 ) + (n + m )n 2 = m m 2 + n n 2 + (m + n )n 2 + n (m 2 + n 2) m m 2 + n n 2 + n m 2 + n n 2 + n n 2 + m n 2 = m m 2 + n n 2 + m n 2 + n n 2 + n m 2 + n n 2 im letzten Schritt subtrahieren wir auf beiden Seiten n n 2 n 2 n wodurch wir m m 2 + n n 2 + n m 2 + m n 2 = m m 2 + n n 2 + m n 2 + n m 2 erhalten. Dies entspricht aber nach Umsortieren genau Gleichung (5.4). Wir können nun nachrechnen, dass die Menge Z mit diesen Verknüpfungen ein Ring bildet. Dabei können wir im wesentlichen die Rechenregeln auf die Rechenregeln in den natürlichen Zahlen N zurückführen. (Z, +) ist eine abelsche Gruppe [(0, 0)] ist neutrales Element, da [(m, n)] + [(0, 0)] = [(m + 0, n + 0)] = [(m, n)] gilt. [(n, m)] ist das zu [(m, n)] inverse Element, da [(m, n)] + [(n, m)] = [(m + n, n + m)] = [(0, 0)] gilt. Es gilt das Kommutativgesetz, da [(m, n)] + [(m, n )] = [(m + m, n + n )] = [(m + m, n + n)] = [(m, n )] + [(m, n)] aufgrund des Kommutativgesetzes in N. Es gilt das Assoziativgesetz, aufgrund des Assoziativgesetzes in N. (Z, +, ) ist ein kommutativer Ring mit Eins [(, 0)] ist neutrales Element der Multiplikation, da [(m, n)] [(, 0)] = [(m + n 0, m 0 + n )] = [(m, n)] gilt. 55

56 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.2. DIE GANZEN ZAHLEN Satz Z ist abzählbar. Beweis. Wir definieren eine Abbildung von N nach Z durch f : N Z n n 2 n n + 2 wenn n gerade wenn n ungerade und behaupten, dass diese Abbildung eine Bijektion ist. Um dies zu zeigen verwenden wir Satz und definieren eine zu f inverse Abbildung: g : Z N m 2m wenn m 0 m (2m + ) wenn m < 0 Wir können nachrechnen, dass g f = id N, denn wenn n gerade ist, dann gilt g(f(n)) = g( n 2 ) = 2 n 2 = n, da n n Wenn n ungerade ist, dann ist g(f(n)) = g( 2 ) = ( 2( n+ 2 ) + ) = n. Ebenso können wir prüfen, dass f g = id Z. Definition Seien n, m Z. Wir sagen n teilt m und schreiben n m genau dann, wenn es c Z gibt, so dass n c = m. Seien n, m Z. d heißt größter gemeinsamer Teiler von n und m und wir schreiben d = ggt(n, m), wenn d n und d m und außerdem muss gelten dass jede Zahl d, für die gilt d n und d m, dass dann auch d d. n, m Z heißen teilerfremd, wenn ggt(n, m) =. p Z heißt prim, wenn aus n p folgt, dass n = ± oder n = ±p. Proposition Der größte gemeinsame Teiler ist bis auf ein Vorzeichen eindeutig bestimmt. Beweis. Angenommen d und d 2 sind größte gemeinsame Teiler der Zahlen n und m. Aus der Definition des ggt folgt, dass dann sowohl d d 2 als auch d 2 d. Somit gibt es Zahlen c, c 2 Z für die d c = d 2 und d 2 c 2 = d gilt. Daraus folgt d 2 c 2 c = d 2, was gleichbedeutend mit c c 2 = ist und daraus folgt, dass c = ± und c 2 = ±. Satz (Division mit Rest) Sei a Z und b N, dann gibt es eindeutig bestimmte Zahlen q r {0,, 2,..., b } so dass gilt Z und a = q b + r. (5.5) 56

57 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.2. DIE GANZEN ZAHLEN Beweis. Zunächst zeigen wir die Existenz einer solchen Darstellung. Dafür betrachten wir die Menge M = {x Z a bx 0}, die ein größtes Element q besitzt. Wir setzen dann r := a bq, wodurch folgt, dass r 0, da q M. Es gilt aber auch r < q, denn angenommen r q, dann wäre r q = a bq q = a q(b+) 0 im Widerspruch zur Definition von q als maximales Element in M. Aus der Definition von r folgt die Existenz einer Darstellung (5.5). Um die Eindeutigkeit dieser Darstellung zu zeigen, nehmen wir an es gäbe zwei verschiedenen Darstellung a = q b + r = q 2 b + r 2. (5.6) Wir können ohne Beschränkung der Allgemeinheit annehmen, dass r r 2 ist (sonst vertauschen wir die Rollen.) Aus Gleichung (5.6) folgt die Gleichung r 2 r = b(q q 2 ) und somit ist r 2 r ein Vielfaches von b. Andererseits folgt aus 0 r r 2 < b, dass 0 r 2 r < b. Beides zusammen ist nur möglich, wenn r 2 r = 0, woraus wiederum q q 2 = 0 folgt und damit die Behauptung. Satz (Euklidischer Algorithmus) Seien a, b Z wobei a > b. Wir setzen r 0 = a, r = b und definieren rekursiv Zahlen r k+2 Z durch die Division mit Rest von r k durch r k+ : r k = q k r k+ + r k+2, wobei r k+2 < r k+ Wenn r n+ = 0 und r n 0, dann ist r n = ggt(a, b). Beweis. Zuerst bemerken wir, dass r k+ < r k, wodurch die Folge der r k nach endlich vielen Schritten null wird. Um zu sehen, dass dieses Verfahren den größten gemeinsamen Teiler liefert, schreiben wir einige Schritte hin a = q b + r 2 0 < r 2 < b (5.7) b = q 2 r 2 + r 3 0 < r 3 < r 2 (5.8) r 2 = q 3 r 3 + r 4 0 < r 4 < r 3 (5.9). r n 3 = q n 2 r n 2 + r n 0 < r n < r n 2 (5.0) r n 2 = q n r n + r n 0 < r n < r n (5.) r n = q n r n + 0 (5.2) Wenn d a und d b, dann gilt d r 2, denn aus a = d c a und d c b folgt aus Zeile (5.7), dass d (c a q c b ) = r 2 gilt. Da wir nun wissen, dass d r 2 und d b folgt aus Zeile (5.8), dass auch d r 3 gilt. Auf diese Weise können wir sukzessive zeigen, dass d r n. Also ist jeder Teiler von a und b auch ein Teiler von r n. Umgekehrt folgt aus Zeile (5.2), dass jeder Teiler von r n auch ein Teiler von r n ist. Aus Zeile (5.) folgt, dass Teiler von r n und r n auch r n 2 teilen, etc. Letztendlich teilt also r n auch a und b.. 57

58 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.2. DIE GANZEN ZAHLEN Satz Seien a, b Z und d = ggt(a, b). Dann gibt es Zahlen x, y Z für die gilt: ax + by = d. Beweis. Der Beweis dieser Aussage erfolgt mithilfe des sogenannten erweiterten euklidischen Algorithmus. Wir verwenden dafür die Gleichungen (5.7)-(5.2) des euklidischen Algorithmus und setzen diese ineinander ein. Da d = r n ist erhalten wir aus Zeile (5.) d = r n = r n 2 q n r n. In dieser Gleichung können r n durch Zeile (5.0) ersetzen und erhalten d = r n = r n 2 q n r n = r n 2 q n (r n 3 q n 2 r n 2 ), usw. Durch sukkessives Einsetzen aller Gleichungen bis hin zu Zeile (5.7) erhalten wir einen Ausdruck in a und b. Beispiel Wir wollen den größten gemeinsamen Teiler der Zahlen a = 299 und b = 04 bestimmen. Dafür rechnen wir 299 = = = Somit ist also ggt(299, 04) = 3. Zur Bestimmung der Zahlen x und y aus Satz beginnen wir mit der vorletzten Zeile und ersetzen im nächsten Schritt 9 durch die erste Zeile: 3 = 04 9 = 04 ( ) = ( ) 299 Wichtig beim Berechnen der Zahlen x und y ist, dass immer nur die Ausdrücke vor den Zahlen r k zusammengefasst werden dürfen. Satz 5.2. Sei a N und b N mit b >. Dann hat a eine eindeutige Darstellung der Form n a = a i b i a i {0,,..., b }. (5.3) i=0 Beweis. Wir zeigen diese Aussage mithilfe vollständiger Induktion für alle a < b n+. Induktionsanfang: Sei n = 0. Wir müssen die Aussage also für alle a < b zeigen. In diesem Fall ist a 0 = a und a i = 0 für alle i > 0. Diese Darstellung ist nach Satz eindeutig. Induktionsschritt: Wir nehmen an für alle Zahlen a < b n können wir zeigen, dass es eine Darstellung der Form (5.3) gibt. Wir müssen zeigen, dass es dann diese Darstellung auch für alle Zahlen a < b n+ gibt. Um dies zu sehen teilen wir a durch b mit Rest, d. h. a = qb + r, dabei ist 0 r < b und q < b n. Denn wäre q b n, dann wäre a = qb+r qb b n b = b n+ im Widerspruch zur Annahme. Nach Induktionsvoraussetzung 58

59 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.2. DIE GANZEN ZAHLEN hat q eine eindeutig bestimmte Darstellung der Form (5.3) q = n i=0 q ib i. Durch Einsetzen erhalten wir nun n n a = qb + r = ( q i b i )b + r = a i b i wobei a 0 = r und a i+ = q i. i=0 i=0 Definition Sei a N und b N mit b >. Die b-adische Darstellung von a ist durch a = (a n a n... a a 0 ) b gegeben, wobei die a i durch Gleichung (5.3) definiert sind. Für b = 0 erhalten wir die übliche Dezimaldarstellung von Zahlen. Für b = 2 heißt a = (a n a n... a a 0 ) 2 mit a i {0, } Binärdarstellung. Für b = 6 heißt a = (a n a n... a a 0 ) 6 mit a i {0,,..., 9, A, B, C, D, E, F } Hexadezimaldarstellung. Beispiel Wir wollen die Zahl 23 (in Dezimaldarstellung) als Binärzahl schreiben. Dafür zerlegen wir 23 in Zweierpotenzen 23 = = und somit hat (23) 0 die Binärdarstellung (0) 2. Alternativ erhalten wir diese Darstellung indem wir wie im Beweis zu Satz 5.2. vorgehen. 23 = 2 + = 2 + a 0 =5 2 + = a 5 =2 2 + = a 2 2 = = 2 + a 3 =0 2 + = a 4 Wir erhalten wenn wir die Reste von unten nach oben lesen wiederum die Binärdarstellung (a 4 a 3 a 2 a a 0 ) 2 = (0) 2. Um die Hexadezimaldarstellung zu berechnen gehen wir analog vor, nur dass wir jetzt die Zahl als Summe von 6er Potenzen schreiben, bzw. eine Division mit Rest durch 6 durchführen. 975 = = und somit erhalten wir die Hexadezimaldarstellung (975) 0 = (3CF ) 6. Wir haben dabei die Symbole A = 0, B =, C = 2, D = 3, E = 4, F = 5 verwendet. Wir erhalten dasselbe Ergebnis wenn wir rechnen 975 = = F 60 = = C 3 = =

60 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.3. DIE RATIONALEN ZAHLEN 5.3. Die rationalen Zahlen Da in Z keine Inversen bezüglich der Multiplikation enhalten sind, lassen sich nicht alle Gleichungen der Form a x = b, mit gegebenen a, b Z lösen. Um dieses Problem zu beheben definieren wir die rationalen Zahlen. Definition 5.3. Auf der Menge Z Z\{0} definieren wir eine Relation durch (p, q) (p, q ) pq = p q. Proposition Die Relation auf der Menge Z Z\{0} ist eine Äquivalenzrelation. Beweis. Die Relation ist reflexiv: es gilt pq = pq und somit ist (p, q) (p, q) symmetrisch: es gilt pq = p q = pq und somit gilt (p, q) (p, q ) genau dann wenn (p, q ) (p, q). transitiv: Wenn (p, q) (p, q ) und (p, q ) (p, q ) gilt, dann bedeutes dies pq = p q und p q = p q. Durch Multiplikation dieser Gleichungen mit q, bzw q erhalten wir pq q = p qq p q q = p q q pq q = p q q pq = p q Und daher ist (p, q) (p, q ). Im letzten Schritt verwenden wir, dass q 0 und dass der Ring der ganzen Zahlen nullteilerfrei ist. Definition Die Menge der Äquivalenzklassen der Relation auf der Menge Z Z\{0} heißt Menge der rationalen Zahlen Q := Z Z\{0}/ = {[(p, q)] p, q Z, q 0}. Wir schreiben p q für die Äquivalenzklasse [(p, q)]. Wir wollen hier erklären, warum es notwendig ist die rationalen Zahlen mithilfe der Äquivalenzrelation zu erklären. Auf dem ersten Blick könnte man die rationalen Zahlen als geordnetes Paar von ganzen Zahlen (Zähler, Nenner) definieren, wobei der Nenner nicht null werden darf. Allerdings ist das geordnete Paar (, 2) ungleich dem geordneten Paar (2, 4). Als Bruch hingegen sind diese beiden Elemente gleich 2 = 2 4, da man den zweiten Bruch kürzen kann und so den ersten erhält. Genau diese Eigenschaft der rationalen Zahlen, dass man durch Kürzen oder Erweitern dieselbe Zahl erhält, steckt nun in der Äquivalenzrelation. Denn sind zwei Brüche gleich, dann erhalten wir durch Multiplikation mit beiden Nennern p q = p q pq = p q 60

61 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.3. DIE RATIONALEN ZAHLEN also die Äquivalenzrelation. In der Äquivalenzklasse eines Bruches p q liegen also alle Brüche, die man durch Kürzen oder Erweitern aus p q erhält. Jedes Element der Äquivalenzklasse ist dann eine andere Darstellung desselben Elements aus Q. Definition Wir definieren auf der Menge Q zwei Verknüpfungen + : Q Q Q : Q Q Q ( p q, p 2 q 2 ) p q + p 2 q 2 := p q 2 + p 2 q q q 2 ( p q, p 2 q 2 ) p q p2 q 2 := p p 2 q q 2 und eine Relation p q p 2 q 2 p q 2 p 2 q. Satz (Q, +, ) ist ein Körper mit einer Totalordnung. Beweis. Wir zeigen zunächst die Wohldefiniertheit der Verknüpfungen. Der Begriff Wohldefiniertheit bedeutet für Verknüpfungen, die auf Äquivalenzklassen definiert sind, insbesondere, dass es egal ist, welchen Repräsentanten der Äquivalenzklasse man wählt. Seien also (p, q ) (p, q ) zwei Repräsentanten desselben Bruches, sowie (p 2, q 2 ) (p 2, q 2 ). Somit gilt p q = p q (5.4) p 2 q 2 = p 2q 2 (5.5) Wir wollen zeigen, dass nun auch (p, q )+(p 2, q 2 ) (p, q )+(p 2, q 2 ) und (p, q ) (p 2, q 2 ) (p, q ) (p 2, q 2 ). Um die Wohldefiniertheit der Addition zu zeigen, addieren wir die Gleichungen (5.4) und (5.5) und erhalten p q + p 2 q 2 = p q + p 2q 2 (p, q ) + (p 2, q 2 ) = (p + p 2, q + q 2 ) (p + p 2, q + q 2) = (p, q ) + (p 2, q 2) Für die Wohldefiniertheit der Multiplikation multiplizieren wir Gleichung (5.4) mit q 2 q 2 und Gleichung (5.4) mit q q und addieren diese (p q )(q 2 q 2) = (p q )(q 2 q 2) und (p 2 q 2)(q q ) = (p 2q 2 )(q q ) p q q 2 q 2 + p 2 q 2q q = p q q 2 q 2 + p 2q 2 q q (p q 2 + p 2 q )q q 2 = (p q 2 + p 2q )q q 2 Die letzte Zeile bedeutet aber genau, dass gilt (p, q ) (p 2, q 2 ) = (p q 2 + p 2 q, q q 2 ) (p q 2 + p 2q, q q 2) = (p, q ) (p 2, q 2). Nun bleibt zu zeigen, dass (Q, +, ) ein Körper ist. (Q, +) ist eine abelsche Gruppe: 6

62 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.4. DIE REELLEN ZAHLEN 0 ist das neutrale Element, da p q + 0 = p +0 q q = p q gilt. p q ist das zu p q inverse Element, da p q + p q = pq+( p)q qq = 0 qq = 0. Das Kommutativgesetz und das Assoziativgesetz folgt direkt aus den entsprechenden Gesetzen in Z. (Q\{ 0 }, ) ist eine abelsche Gruppe: ist das neutrale Element, da p q = p q = p q gilt. q p ist das zu p q inverse Element, da p q q p = pq qp =. Das Kommutativgesetz und das Assoziativgesetz folgt direkt aus den entsprechenden Gesetzen in Z. Das Distributivgesetz folgt direkt aus dem entsprechenden Gesetz in Z. Satz Q ist abzählbar. Beweis. Wir verwenden folgende Schreibweise für die rationalen Zahlen (wir schreiben ein mögliches Minuszeichen immer in den Nenner): { a } Q = b a Z und b N >0. Um die Bijektion zu konstruieren legen wir folgendes Schema zugrunde: In der oberen Zeile stehen die Werte des Zählers und in der linken Spalte die des Nenners. Der Eintrag in der m-ten Spalte (die nullte ist die mittlere) und der n-ten Zeile ist m n. So sind alle Elemente von Q enthalten. Weil jeder Bruch unendlich viele Darstellungen besitzt und jede dieser Darstellungen in dieser Tabelle vorkommt, ist sogar jedes Element von Q unendlich oft enthalten. Die Forderung, dass die Abbildung bijektiv ist, jedes Element also nur einmal getroffen wird, muss besonders berücksichtigt werden. Die Abbildung verläuft im Halbkreiszickzack von 0 nach außen: f : N Q, 0 0,, 2 2, 3 2, 4, 5 2, 6 2 3, 7 3 Eigentlich hätte man abbilden müssen, aber da 2 2 = wird dieser Wert ausgelassen, da er bereits getroffen wurde Die reellen Zahlen Auch in den rationalen Zahlen ist es nicht möglich alle Gleichungen zu lösen. So hat die Gleichung x 2 = 2 keine Lösung x Q. Auch Zahlen wie e und π sind nicht rational. 62

63 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.5. DIE KOMPLEXEN ZAHLEN Zur Definition der reellen Zahlen benötigen wir Begriffe wir Folgen Grenzwerte und Vollständigkeit, mit denen wir uns im nächsten Semester genauer beschäftigen werden. Satz 5.4. Die Menge der reellen Zahlen R sind ein vollständiger archimedisch angeordneter Körper. Satz R ist nicht abzählbar. Die Beweise zu beiden Sätzen verschieben wir in die Vorlesung IMI Die komplexen Zahlen Auch in den reellen Zahlen gibt es immer noch Gleichungen, die keine Lösung besitzen. Die Gleichung z 2 = ist durch kein z R lösbar. Unser Ziel besteht jetzt also darin eine Zahlenmenge zu konstruieren, in der diese Gleichung eine Lösung hat und die immer noch ein Körper ist. Dafür betrachten wir die Menge R 2 und wollen sie mit einer geeigneten Addition und Multiplikation versehen. Definition 5.5. Die komplexen Zahlen C sind die Menge R 2 = {(x, y) x, y R} mit den Verknüpfungen + : C C C ( (x, y ), (x 2, y 2 ) ) (x, y ) + (x 2, y 2 ) := (x + x 2, y + y 2 ) (5.6) : C C C ( (x, y ), (x 2, y 2 ) ) (x, y ) (x 2, y 2 ) := (x x 2 y y 2, x y 2 + x 2 y ) (5.7) Satz (C, +, ) ist ein Körper Beweis. Wir müssen beweisen, dass (C, +) und (C\{(0, 0)}, ) abelsche Gruppen sind und dass das Distributivgesetz gilt. (C, +) ist abelsche Gruppe (0, 0) ist das neutrale Element, da (x, y) + (0, 0) = (x + 0, y + 0) = (x, y) gilt. Wir verwenden hier die Tatsache, dass x, y R und 0 das neutrale Element der Addition in R ist. Das zu (x, y) inverse Element ist (x, y) = ( x, y), denn (x, y) + ( x, y) = (x x, y y) = (0, 0), wobei wir benutzen, dass x das zu x inverse Element in R ist. 63

64 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.5. DIE KOMPLEXEN ZAHLEN Assoziativgesetz: ( (x, y) + (x, y ) ) + (x, y ) = ( x + x, y + y ) + (x, y ) = ( (x + x ) + x, (y + y ) + y ) = ( x + (x + x ), y + (y + y ) ) = (x, y) + ( x + x, y + y ) = (x, y) + ( (x, y ) + (x, y ) ) Auch in diesem Beweis verwenden wir die Eigenschaften reeller Zahlen, konkret das Assoziativgesetz. Kommutativgesetz: Kann analog zum Assoziativgesetz gezeigt werden, indem man es auf das Kommutativgesetz in R zurückführt. (C\{(0, 0)}, ) ist abelsche Gruppe (, 0) ist das neutrale Element, da (x, y) (, 0) = (x + y 0, x 0 + y ) = (x, y) gilt. Wir verwenden hier die Tatsache, dass x, y R und das neutrale Element der Multiplikation in R ist. ( Das zu (x, y) inverse Element ist (x, y) = x y, ), denn es gilt x 2 +y 2 x 2 +y 2 ( x x 2 + y 2, ) ( y x x ( y y) x 2 + y 2 (x, y) = x 2 + y 2, ) xy yx x 2 + y 2 = (, 0) Das Assoziativgesetz und das Kommutativgesetz können analog wie die entsprechenden Gesetze der Addition gezeigt werden, indem man sie auf die Gesetze in R zurückführt. Distributivgesetz Auch das Distributivgesetz kann gezeigt werden, indem man es auf das Distributivgesetz in R zurückführt. Für die Existenz eines inversen Elements der Multiplikation zu zeigen, haben wir benutzt, dass für (x, y) (0, 0) gilt x 2 + y 2 0. Dies gilt in R aufgrund der Ordnungsstruktur. Um eine einfachere Darstellung von komplexen Zahlen zu erhalten, die es ermöglicht sich die Regel für die Multiplikation zu merken, setzen wir i := (0, ). Man bezeichnet i als die imaginäre Einheit. Es gilt dann (x, y) = (x + 0, 0 + y) = (x, 0) + (0, y) = (x, 0) + (0, ) (y, 0) = x + iy, wobei wir die Teilmenge R {0} = {(x, 0) x R} C mit R identifizieren und x statt (x, 0) schreiben. Wir stellen fest, dass das Element i C eine bemerkenswerte Eigenschaft hat i 2 = i i = (0, ) (0, ) = (0, 0) =. 64

65 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.5. DIE KOMPLEXEN ZAHLEN Mithilfe dieser Information können wir uns die Multiplikation in C leichter merken, denn durch Ausmultiplizieren der Klammern erhalten wir: (x + iy )(x 2 + iy 2 ) = x x 2 + x iy 2 + iy x 2 + iy iy 2 = x x 2 + ix y 2 + ix 2 y + i 2 y y 2 = x x 2 + ix y 2 + ix 2 y y y 2 = (x x 2 y y 2 ) + i(x y 2 + x 2 y ) Die Eigenschaft der Zahl i im Quadrat minus eins zu ergeben liefert uns auch die Lösung der anfangs gestellten Gleichung z 2 =. Wir sehen, dass die Zahl z = i eine Lösung dieser Gleichung ist. Satz (Fundamentalsatz der Algebra) Jedes Polynom P (X) = X n + a X n a n X + a 0 n N, n, a i C besitzt eine komplexe Nullstelle z C, das heißt P (z) = 0. Beweis. Der Beweis dieses Satzes geht weit über diese Vorlesung hinaus und wird üblicherweise in einer Vorlesung Funktionentheorie behandelt. Aus dem Fundamentalsatz folgt nun, dass jedes Polynom n-ten Grades n (nicht zwangsläufig verschiedene) Nullstellen hat. Denn hat P (X) die Nullstelle z C, dann können wir P (X) = (X z)q(x) schreiben, wobei Q ein Polynom vom Grad n ist. Durch erneutes Anwenden des Fundamentalsatzes auf Q sehen wir, dass P eine weitere Nullstelle hat, usw. bis P vollständig in Linearfaktoren zerfällt. Die Gleichung z 2 = a mit a R die Lösungen { ± a wenn a 0, z /2 = ±i a wenn a < 0. Definition Sei z := x + iy C. Dann heißt Re(z) := x R der Realteil und Im(z) := y R der Imaginärteil der komplexen Zahl z. Den Betrag einer komplexen Zahl z C ist analog zur euklidischen Länge im R 2 definiert durch z := Re(z) 2 + Im(z) 2. Desweiteren definieren wir die zu z = x + iy konjugiert komplexe Zahl durch z := x iy = Re(z) iim(z). Es gilt dann Re(z) = Re(z) aber Im(z) = Im(z). 65

66 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.5. DIE KOMPLEXEN ZAHLEN Satz Die komplexe Konjugation C z z ist ein Körperautomorphismus, d.h. C wird durch die Konjugation bijektiv auf sich selbst abgebildet und es gilt z + w = z + w und z w = z w für alle z, w C. Ferner besteht für z = x + iy der folgende Zusammenhang zum Betrag: zz = Re(z) 2 + Im(z) 2 = x 2 + y 2 also z = zz. Außerdem können wir zu z 0 das Inverse mithilfe des komplex konjugierten angeben z = z = z zz und sehen so, dass gilt: Re(z ) = Re(z) zz = x x 2 + y 2 und Im(z ) = Im(z) = y zz x 2 + y 2. Beweis. Sei z = x + iy und w = x 2 + iy 2, dann rechnen wir nach, dass für die Addition gilt: Und ebenso für die Multiplikation: z + w = (x + iy ) + (x 2 + iy 2 ) = (x + x 2 ) + i(y + y 2 ) = (x + x 2 ) i(y + y 2 ) = (x iy ) + (x 2 iy 2 ) = z + w z w = (x + iy ) (x 2 + iy 2 ) = (x x 2 y y 2 ) + i(x y 2 + x 2 y ) = (x x 2 y y 2 ) i(x y 2 + x 2 y ) = (x iy ) (x 2 iy 2 ) = z w Für z = x + iy rechnen wir mithilfe der 3. binomischen Formel nach, dass gilt: zz = (x + iy)(x iy) = x 2 i 2 y = x 2 + y 2. Beispiel Sei z = 2+2i, dann ist die komplex konjugierte Zahl zu z durch z = 2 2i gegeben. Der Betrag von z ist z = zz = (2 + 2i)(2 2i) = = 8. und die zu z inverse komplexe Zahl ist z = 2+2i = 2 2i (2+2i)(2 2i) = 2 2i 8 = 4 4 i. Bemerkung Da die komplexe Zahlen als Menge dasselbe sind wie R 2 ist es möglich komplexe Zahlen als Punkte, bzw Vektoren in der sogenannten komplexe Zahlenebene zu betrachten. 66

67 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.6. RESTKLASSENRINGE Im(z) 3 2 z = 3 + 2i Re(z) - z = 3 2i Restklassenringe Alle bisher betrachteten Zahlenmengen haben unendlich viele Elemente. Gerade aber in der Informatik ist es wichtig auch in endlichen Mengen, insbesondere der Menge {0, } rechnen zu können. Aus diesem Grund konstruieren wir hier die sogenannten Restklassenringe, in denen man im wesentlichen wie in den ganzen Zahlen rechnet, die aber nur endlich viele Elemente besitzen. Definition 5.6. Sei m N, m 2, dann definieren wir eine Relation a b mod m auf Z durch: a b mod m : m (a b). Zwei Zahlen sind äquivalent zueinander, wenn ihre Differenz durch m teilbar ist. Proposition Die Relation mod m ist eine Äquivalenzrelation auf Z. Beweis. Die Relation ist reflexiv: a a mod m, da m a a = 0. Die null wird von jeder Zahl geteilt, da es laut Definition der Teilbarkeit immer ein Element c Z gibt, so dass m c = 0. Dies ist richtig für c = 0. symmetrisch: Wenn m den Ausdruck a b teilt, dann teilt m auch b a und somit gilt a b mod m genau dann, wenn b a mod m. 67

68 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.6. RESTKLASSENRINGE transitiv: Wenn a b mod m und b c mod m, dann gibt es Element d, d 2 Z, so dass m c = a b und m c 2 = b c. Addition dieser zwei Gleichungen ergibt m c + m c 2 = m (c + c 2 ) = (a b) + (b c) = a c, woraus folgt, dass auch a c mod m gilt. Definition Die Menge der Äquivalenzklassen bezüglich der Äquivalenzrelation a b mod m wird mit Z/mZ bezeichnet und heißt Restklassenring. Z/mZ := Z/ = {[a] a Z}. Wir definieren auf dieser Menge zwei Verknüpfungen durch: + : Z/mZ Z/mZ Z/mZ : Z/mZ Z/mZ Z/mZ ([a], [a ]) [a] + [a ] := [a + a ] ([a], [a ]) [a] [a ] := [a a ] Bevor wir die Eigenschaften der Restklassenringe genauer unter die Lupe nehmen (indem wir zum Beispiel zeigen werden, dass sie wirklich Ringe sind) wollen wir besser verstehen, welche Elemente sich in einer Äquivalenzklasse, die wir in diesem Kontext auch Restklasse nennen, befinden. Wir betrachten zunächst die Äquivalenzklasse der null [0] = {a Z a 0 mod m} = {a Z m (a 0)}. Da nun m genau dann a teilt, wenn a ein Vielfaches von m ist erhalten wir [0] = {0, m, 2m, m, 2m,...} = mz = {a Z b Z : a = mb}. Und daraus folgt auch, dass [0] = [m] = [2m] =.... Sei jetzt a Z eine beliebige Zahl, dann können wir a mit Rest durch m teilen und erhalten a = qm + r, wobei 0 r < m. Daraus folgt, dass a r = qm gilt, woraus wiederum per Definition der Teilbarkeit folgt, dass m (a r) und somit a r mod m. Jede Zahl ist also äquivalent zu ihrem Rest bei Division durch m. In der Äquivalenzklasse von a sind daher alle Elemente b Z, die bei Division durch m den gleichen Rest wie a lassen. Sei 0 a < m, dann gilt [a] = {a, m + a, 2m + a, m + a, 2m + a,...} = {b Z c Z : b = mc + a}. Aus diesen Überlegungen folgt, dass sich in jeder Äquivalenzklasse ein Element der Menge {0,, 2,..., m } befindet und wir dadurch wissen, dass wir schreiben können: Z/mZ = {[0], [], [2],..., [m ]} Wir nennen die Menge {0,, 2,..., m } Z eine mögliche Menge von Repräsentanten für die Restklassen, da jedes Element genau eine Restklasse repräsentiert. Dies erklärt auch den Namen Restklassenring. Jedes Element in Z/mZ kann als Rest bei Division durch m aufgefasst werden. 68

69 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.6. RESTKLASSENRINGE Dies ist eine mögliche Darstellung. Da [0] = [m] können wir alternativ auch schreiben: Z/mZ = {[], [2],..., [m ], [m]}. Die Menge {, 2,..., m, m} ist also auch eine Menge von möglichen Repräsentanten. Satz (Z/mZ, +, ) ist ein kommutativer Ring mit Eins. Die Abbildung π : Z Z/mZ a [a] ist ein surjektiver Ringhomomorphismus mit Kern(π) = mz. Beweis. Wir müssen zunächst die Wohldefiniertheit der beiden Verknüpfungen zeigen. Das bedeutet, dass das Ergebnis der Addition und Multiplikation unanhängig von den Repräsentanten sein muss, die gewählt wurden um sie zu berechnen. Dafür seien a und b zueinander kongruente Zahlen, ebenso wie a und b, d. h. a b mod m c sodass m c = a b (5.8) a b mod m c sodass m c = a b (5.9) Für die Wohldefiniertheit der Addition addieren wir die Gleichungen (5.8) und (5.9) und erhalten m (c + c ) = (a b) + (a b ) = (a + a ) (b + b ) a + a b + b mod m. Anders ausgedrückt, wenn für die Äquivalenzklassen gilt: [a] = [b] und [a ] = [b ], dann gilt auch [a + a ] = [b + b ] Für die Wohldefiniertheit der Multiplikation berechnen wir unter Verwendung von (5.8) und (5.9) (a b) (a b ) = (aa ab ba + bb ) + bb bb = aa + b (b a) + b(b a ) bb = aa bb + mcb + mc b und somit ist (wieder unter Verwendung von (5.8) und (5.9) ) aa bb = (a b)(a b ) (mcb + mc b) = mcmc (mcb + mc b) = m(cmc cb c b), das heißt m teilt aa bb. Anders ausgedrückt, wenn für die Äquivalenzklassen gilt: [a] = [b] und [a ] = [b ], dann gilt auch [aa ] = [bb ]. (Z/mZ, +, ) ist ein kommutativer Ring mit Eins: [0] = [m] ist das neutrale Element der Addition, da [a] + [0] = [a + 0] = [a] [m a] ist das zu [a] inverse Element, denn [a] + [m a] = [a + m a] = [m] = [0]. [] ist das neutrale Element der Multiplikation, da [a] [] = [a ] = [a]. 69

70 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.6. RESTKLASSENRINGE Assoziativgesetze, Kommutativgesetze, sowie das Distributivgesetz übertragen sich direkt aus den entsprechenden Gesetzen in Z. Die Abbildung π : Z Z/mZ, a [a] ist ein Ringhomomorphismus aufgrund von π(a+a ) = [a+a ] = [a]+[a ] = π(a)+π(a ) und π(a a ) = [a a ] = [a] [a ] = π(a) π(a ). Der Kern dieser Abbildung sind alle Elemente a Z, die auf [0] abgebildet werden. Da aber die Restklasse der null genau alle durch m teilbaren Elemente enthält, gilt Kern(π) = mz = {a Z a = m c für ein c Z}. Die Surjektivität folgt direkt aus der Definition. Wir sind es in unserem Alltag gewohnt mit Restklassen zu rechnen ohne es wirklich zu bemerken. Das passiert immer dann, wenn wir mit Zeitangaben wie Wochentagen oder Uhrzeiten hantieren. Die Menge Z/7Z kann mit der Menge der Wochentage Montag, Dienstag, usw. identifiziert werden. Der Montag entspricht dann der [], der Dienstag der [2], usw. Wenn wir wissen wollen, welcher Wochentag 0 Tage nach einem Dienstag ist, dann müssen wir also nur rechnen Dienstag+0 Tage = [2] + [0] = [2] = [5 + 7] = [5] = Freitag. Ebenso ist jeden klar, dass ein Student, der sagt er habe ab 22 Uhr 9 Stunden lang gezockt, dass dieser Student bis 7 Uhr morgens gezockt hat. Hier lautet die Rechnung: 22 Uhr+9 Stunden = [22] + [9] = [3] = [24 + 7] = [7] = 7 Uhr. Für Uhrzeiten rechnen wir also in Z/24Z oder Z/2Z. Beispiel Eine einfache Methode Nachrichten zu verschlüsseln, ist der sogenannte Caesarchiffre. Dabei wir zur Verschlüsselung zum Beispiel jeder Buchstabe des Alphabets, durch den Buchstaben ersetzt, der 2 Stellen weiter im Alphabet steht. Wenn wir Z/26Z mit den Buchstaben { A,B,...,Y,Z} identizieren, dann entspricht der Caesarchiffre einer Abbildung Caesar : Z/26Z Z/26Z [a] [a + 2] A = [] [3] = A B = [2] [4] = B. Y = [25] [27] = [] = A. Z = [26] [28] = [2] = B Jetzt wollen wir die Gruppe der Einheiten (s. Def ) im Restklassenring bestimmen um zu sehen, ob und unter welchen Bedingungen Z/mZ sogar ein Körper ist. 70

71 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.6. RESTKLASSENRINGE Proposition Die Einheiten in Z/mZ sind Restklassen von Zahlen a Z, die teilerfremd zu m sind Z/mZ = {[a] Z/mZ ggt(a, m) = }. Beweis. Wenn ggt(a, m) =, dann gibt es aufgrund des erweiterten euklidischen Algorithmus (s. Satz 5.2.9) Zahlen x, y Z so dass xa + ym = gilt. Bilden wir nun die Restklassen modulo m, dann erhalten wir [] = [xa + ym] = [xa] + [ym] = [xa] + [0] = [xa] = [x] [a]. Also ist [x] das zu [a] inverse Element. Umgekehrt, wenn [a] eine Einheit ist, dann gibt es eine Restklasse [x], sodass [] = [x] [a] = [xa] gilt. Das ist gleichbedeutend mit xa mod m m ( xa) y Z sodass gilt: xa = ym. Und somit sind a und m teilfremd zueinander. Satz Sei p eine Primzahl, dann ist Z/pZ ein Körper, der mit F p bezeichnet wird. Beweis. Die Menge F p besteht aus den Restklassen {[0], [], [2],..., [p ]}. Da p eine Primzahl ist, gilt für Zahlen a Z mit a p, dass sie zu p teilerfremd sind, das heißt ggt(a, p) =. Also sind alle Elemente aus F p außer null eine Einheit und daher invertierbar. Also ist F p ein Körper. Beispiel Für Mengen mit wenigen Elementen ist es oft praktisch die Verknüpfung durch eine Verknüpfungstafel anzugeben. Wir betrachten hier die Multiplikation in F 5 = Z/5Z, sowie in Z/4Z im Vergleich. Wir schreiben hier vereinfachend die Restklassen ohne die eckigen Klammern []. Z/5Z Z/4Z In der Tafel für F 5 befindet sich in jeder Zeile und in jeder Spalte eine. So können wir die jeweils zueinander inversen Elemente ablesen. In der Tafel für Z/4Z hingegen, stehen in Spalte und Zeile der 2 nur die Zahlen 0 und 2, somit hat 2 keine multiplikativ inverses Element in Z/4Z. 7

72 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.6. RESTKLASSENRINGE Beispiel Mithilfe des erweiterten euklidischen Algorithmus ist es möglich auch für Körper mit vielen Elementen multiplikative Inverse zu bestimmen. Sei die Primzahl p = 293 gegeben. Wir wollen das multiplikative Inverse zu a = 03 bestimmen. Mithilfe des erweiterten euklidischen Algorithmus berechnen wir: 293 = = = = = Durch Rückwärtseinsetzen erhalten wir nun = = 7 3 (6 2 7) = = (87 5 6) = = (03 87) = = ( ) = Also ist mod 293 die zu 03 multiplikativ inverse Zahl in F 293. Satz (Chinesischer Restsatz) Seien n, m Z teilerfremd, dann gibt es einen bijektiven Ringhomomorphismus f : Z/(nm)Z Z/nZ Z/mZ Beispiel 5.6. Der chinesische Restsatz war bereits im 3. Jahrhundert in China bekannt und wurde dort zum Zählen der Armee benutzt. Da es zu umständlich war die Soldaten der Reihe nach durchzuzählen, hat man sie in Reihen antreten lassen um die Reste modulo gewisser Zahlen zu bestimmen. Wollen wir zum Beispiel den Rest modulo wissen, dann lassen wir die Soldaten in Reihen antreten. Die Reihen sollen gleichmäßig aufgefüllt werden, so dass in jeder Reihe gleich viele Soldaten stehen. Am Ende bleiben dann zwischen 0 und 0 Soldaten übrig. Dass ist der Rest der Anzahl modulo. Angenommen wir wissen, dass die Anzahl der Soldaten nicht größer als 00 ist. Wählen wir die Primzahlen p = und p 2 = 3, dann ist deren Produkt p p 2 = 43 > 00. Durch bestimmen der Reste modulo und modulo 3 können wir die Gesamtzahl s der Soldaten bestimmen. Wir nehmen an, dass wir durch Zählen folgende Reste bestimmt haben s 0 mod s 9 mod 3. 72

73 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.6. RESTKLASSENRINGE Wir suchen jetzt also eine Zahl 0 < s < 43, die diese Kongruenzen erfüllt. Um diese Zahl zu berechnen, benötigen wir den erweiterten euklidischen Algorithmus um Zahlen x, y zu bestimmen für die x + y 3 = gilt. Diese Zahlen gibt es, da und 3 Primzahlen sind und daher teilerfremd zueinander. Wir rechnen und erhalten durch Rückwärtseinsetzen = = + 2 = = 5 (3 ) = Also ist x = 6 und y = 5. Somit gilt 5 3 = 6 mod 0 ( 5) 3 0 mod 6 = mod mod 3. Andererseits gilt mod 3 0 ( 5) 3 0 mod mod mod und damit insgesamt 0 ( 5) mod 0 ( 5) mod 3 Also erhalten wir die gesuchte Gesamtzahl der Soldaten. s = 0 ( 5) = = mod 43. Definition Die Anzahl der Einheiten im Restklassenring Z/mZ wird mit ϕ(m) bezeichnet. Die definiert eine Abbildung ϕ : Z N die sogenannte Eulersche Phi-Funktion. m ϕ(m) Proposition Es gilt für ϕ(m) folgende Eigenschaften: Sei p eine Primzahl, dann ist ϕ(p) = p. 73

74 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.6. RESTKLASSENRINGE Seien m, n teilerfremde Zahlen, dann ist ϕ(nm) = ϕ(n)ϕ(m). Beweis. Die Zahl ϕ(p) gibt an wie viele Element aus Z/pZ Einheiten sind, also in Z/pZ liegen. Da F p = Z/pZ ein Körper ist, sind alle Element außer der Null invertierbar und somit eine Einheit. Also ist ϕ(p) = #F p = p. Wenn m, n teilerfremde Zahlen sind, dann ist nach dem chinesischem Restsatz Z/(nm)Z = Z/nZ Z/mZ und somit gilt auch für die Einheiten Z/(nm)Z = Z/nZ Z/mZ. Daraus folgt, dass die Anzahl der Elemente in diesen Gruppen gilt ϕ(nm) = ϕ(n)ϕ(m). Aus dieser Proposition folgt insbesondere, dass ϕ(pq) = (p )(q ) ist, wobei p, q Primzahlen sind. Satz (Kleiner Fermatscher Satz) Sei a Z, so dass für die Restklasse [a] Z/mZ ist, dann gilt: a ϕ(m) mod m. Beweis. Wir betrachten die Abbildung τ a Z/mZ Z/mZ [b] [ab] bei der jedes Element mit [a] multipliziert wird. Diese Abbildung ist bijektiv, da sie mit τ a eine Umkehrabbildung besitzt. Im nächsten Schritt wollen wir das Produkt aller Elemente [r] Z/mZ betrachten. Da jedes Element im Bild der Abbildung τ a liegt, können wir auch das Produkt aller Elemente [ar] Z/mZ betrachten ohne, dass sich etwas ändert. Dadurch gilt [r] Z/mZ [r] = [r] Z/mZ [ar] = [a] ϕ(m) [r] Z/mZ [r] (5.20) Im letzten Schritt haben wir aus jedem Faktor das [a] ausgeklammert. Da es genauso viele Faktoren gibt wie Elemente in Z/mZ, muss [a] mit dieser Anzahl potenziert werden. Aber diese Anzahl ist genau ϕ(m). Wenn wir nun in Gleichung 5.20 beide Seiten mit dem Inversen von [r] Z/mZ [r] Z/mZ multiplizieren, dann erhalten wir [a] ϕ(m) = [] a ϕ(m) mod m. Satz (Das RSA-Verfahren). Wähle zwei große Primzahlen p, q. 2. Bestimme ihr Produkt N = pq. 3. Berechne ϕ(n) = ϕ(p)ϕ(q) = (p )(q ). 4. Wähle eine Zahl e Z für die gilt 0 < e < ϕ(n) und ggt(e, ϕ(n)) 74

75 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.6. RESTKLASSENRINGE 5. Berechne d Z, so dass gilt 0 < d < ϕ(n) und d e + k ϕ(n) = (erweiterter euklidischer Algorithmus). Nun können wir ausgehend davon den öffentlichen und den privaten Schlüssel angeben: öffentlicher Schlüssel: (N, e) privater Schlüssel: (p, q, d) Will nun der Sender eine Nachricht m Z/NZ verschlüsseln, dann berechnet er c m e mod N mithilfe des öffentlichen Schlüssels. Der Empfänger kann dies nun entschlüsseln, indem er rechnet m c d mod N. Wir können nachrechnen, dass wir auf diese Art und Weise wirklich die ursprüngliche Nachricht erhalten, denn c d = (m e ) d = m ed = m kϕ(n) = m (m ϕ(n) ) k m mod N. Im letzten Schritt haben wir den kleinen Fermatschen Satz verwendet. Bemerkung Die Berechnung von m e mod N ist mit großen Rechenaufwand verbunden. Es ist bei realistischen Zahlen nicht möglich m e Z zu rechnen und dann erst die Division mit Rest durchzuführen. Machbarer, aber immer noch mit zu großen Rechenaufwand ist es zuerst m m zu berechnen und den Rest bei Division durch N zu bestimmen. Dann multipliziert man das Ergebnis wieder mit m und bestimmt erneut den Rest bei Division durch N. Auf diese Weise werden die Zahlen nicht zu groß, aber man muss e Multiplikationen durchführen. Die Anzahl der Multiplikationen lassen sich erheblich reduzieren, indem man die Binärdarstellung des Exponenten verwendet. Sei dafür e = n i=0 a i2 i, dann ist m e = m (2n +a n 2 n +a n 2 2 n a 2+a 0 ) = m 2n (m 2n ) an (m 2n 2 ) an 2... (m 2) a m a 0 Die Zahlen a i sind entweder oder 0, daher besagt a i =, dass der Faktor m 2i in dem Produkt vorkommt, wohingegen er nicht vorkommt, wenn a i = 0 ist. Die Faktoren m 2i mod N kann man durch sukzessives Quadrieren bestimmen. Zunächst quadrieren wir m und bestimmen den Rest bei Division durch N. Durch quadrieren von m 2 mod N erhalten wir (m 2 ) 2 = m 2 2 = m 22 = m 4 mod N. Es gilt immer (m 2i ) 2 = m 2i 2 = m 2i+ mod N. 75

76 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.6. RESTKLASSENRINGE Beispiel Wir wählen p = 5 und q =, somit ist N = 55 und ϕ(n) = (5 )( ) = 40. Wir wählen e = 9 eine zu ϕ(n) teilerfremde Zahl. mithilfe des euklidischen Algorithmus berechnen wir 40 = = und somit gilt = Also ist d = 9 und wir überprüfen, dass = 9 2 (40 4 9) = = 8 mod 40. Die Nachricht muss nun eine Zahl 0 < m < N sein, die teilerfremd zu N ist. Unsere Nachricht sei m = 3. Die verschlüsselte Nachricht ist dann c m e = 3 9 mod 55. Zur Berechnung dieses Werts gehen wir vor wie es in Bemerkung beschrieben wurde. Wir bestimmen zuerst die Binärdarstellung des Exponenten: e = 9 = 8 + = Nun berechnen wir die Zweierpotenzen von m: m 3 mod 55 m 2 = 69 = mod 55 m 4 = (m 2 ) 2 = mod 55 m 8 = (m 4 ) 2 = 6 2 = 256 = mod 55 Am Ende müssen noch die Zweierpotenzen miteinander multipliziert werden, so wie es die Binärdarstellung des Exponenten vorschreibt: m 9 = m 8 m = mod 55. Somit ist die verschlüsselte Nachricht c 28 mod 55. Zur Überprüfung wollen wir ausrechnen ob c d m mod 55. Dafür benötigen wir die Zweierpotenzen von c: c 28 mod 55 c 2 = 784 = mod 55 c 4 = (c 2 ) 2 = = mod 55 c 8 = (c 4 ) 2 = 3 2 = 96 = mod 55 76

77 KAPITEL 5. ZAHLENMENGEN 5.6. RESTKLASSENRINGE Da die Binärdarstellung des Exponenten d = 9 = 8 + ist, müssen wir berechnen: c 9 = c 8 c = mod 55. woraus folgt, dass m 3 mod 55, wie wir erwartet haben. 77

78 Teil II. Lineare Algebra 78

79 6. Vektorräume In vielen Bereichen der Mathematik wird man auf die algebraische Struktur des Vektorraums geführt, so daß diesem Begriff eine fundamentaler Bedeutung in den verschiedensten Teilgebieten der Mathematik zukommt. Um Vektorräume besser zu verstehen, ist es sinnvoll, diese losgelöst von speziellen Kontexten in einem abstrakten Setting zu betrachten und zu studieren. Dies ist die Aufgabe der Linearen Algebra, welche man als die Theorie der Vektorräume vor allem der endlich dimensionalen ansehen kann. Natürlich dreht sich die Lineare Algebra nicht ausschließlich um den Vektorraumbegriff; darauf aufbauend gibt es etliche weitere grundlegende Konzepte wie z.b. der Begriff der linearen Abbildungen, welche verschiedene Vektorräume miteinander in Beziehung setzen und den theoretischen Hintergrund für lineare Gleichungssysteme liefern, welche bereits in einfacher Form aus der Schule bekannt sein dürften. Neben der präzisen Definition des Vektorraumbegriffs besteht das zentrale Anliegen dieses Kapitels darin, eine sehr einfache Charakterisierung für die Größe eines Vektorraums zu schaffen. 6.. Vektorräume und Untervektorräume Notation: In den folgenden Abschnitten bezeichnet K einen Körper. Griechische Buchstaben wie α, β, λ, µ stehen für Elemente dieses Körpers. Mit den lateinischen Buchstaben u, v, w, x, y, z werden Elemente eines oder verschiedener Vektorräume bezeichnet. Definition 6.. (Vektorräume) Sei K ein Körper. Ein Vektorraum über dem Körper K (kurz ein K-Vektorraum) ist ein Tripel (V, +, ) bestehend aus einer Menge V, einer inneren Verknüpfung + : V V V, (u, v) u + v, welche als Addition bezeichnet wird, und einer äußeren Verknüpfung : K V V, (λ, v) λ v =: λv, die sogenannte Skalarmultiplikation. Dabei sollen sich die beiden Verknüpfungen durch folgende Eigenschaften auszeichnen: (V) (V, +) ist eine abelsche Gruppe. (V2) Für alle u, v V und alle λ, µ K gilt: λ(u + v) = λu + λv (Distributivgesetz der Skalarmultiplikation für die Addition V ), (λ + µ)v = λv + µv (Distributivgesetz der Skalarmultiplikation für Addition in K), (λµ)v = λ(µv) v = v (Wirkung der ). (Assoziativgesetz der Skalarmultiplikation), 79

80 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.. VEKTORRÄUME UND UNTERVEKTORRÄUME Bemerkung 6..2 Die Bezeichnung K-Vektorraum bzw. Vektorraum wird sehr oft für die Trägermenge V allein verwendet, wobei die beiden algebraischen Verknüpfungen als bekannt oder (im abstrakten Kontext) als existent vorausgesetzt werden. Wir werden uns im folgenden dieser vereinfachenden Sprechweise bedienen. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn dieselbe Menge mit unterschiedlichen Verknüpfungen ausgestattet wird, die sie jeweils zu einem Vektorraum machen. Die Elemente von V heißen Vektoren, die Elemente des zugehörigen Körpers K nennt man Skalare. Der Körper K, welcher dem K-Vektorraum zugrunde liegt, wird gelegentlich auch Skalarenkörper genannt. Die Addition in V wird auch als Vektoraddition oder Vektorraumaddition bezeichnet, wenn sie deutlich von der Addition in K unterschieden werden soll. Das neutrale Element der Additionion in V heißt Nullvektor. Um Verwechselungsgefahr mit dem Skalar 0 K zu vermeiden, schreiben wir dafür 0 V. Für das zu v V inverse Element bezüglich der Vektoraddition schreibt man v analog zu der üblichen Notation bei Körpern. Ebenso steht v w für v + ( w). Bei der Skalarmultiplikation schreibt man meist λv statt λ v. Nach der bei Körpern übliche Konvention Punktrechnung vor Strichrechnung soll die Skalarmultiplikation stärker binden als Addition in V und K; dies spart Klammern, wodurch sich Rechnungen übersichtlicher gestalten lassen. Man unterscheide zum Beispiel λu + v und λ(u + v); ebenso (λ + µ)v und λ + µv, wobei der letzte Term keinen Sinn ergibt, da die Addition zwischen Skalaren und Vektoren nicht erklärt ist. Satz 6..3 (Einige Rechenregeln) Es sei V ein K-Vektorraum. Dann gilt für alle v V und λ K: (i) 0 v = 0 V. (ii) λ 0 V = 0 V. (iii) λ v = 0 λ = 0 oder v = 0 V. (iv) ( ) v = v. Beweis. i) Anwendung der Vektorraumaxiome sowie der Rechenregeln im Körper K liefert zunächst: 0 v = (0 + 0) v 0 = neutrales Element von (K,+) = 0 v + 0 v Distributivgesetz der Skalarmultiplikation für Addition in K. 80

81 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.. VEKTORRÄUME UND UNTERVEKTORRÄUME Unter Ausnutzung dieser Gleichung im zweiten Umformungsschritt erhalten wir nun 0 V = 0 v + ( (0 v) ) Eigenschaft inverser Elemente in (V, +) ( ) = 0 v + 0 v + ( (0 v) ) Einsetzen der obigen Gleichung ( = 0 v + 0 v + ( (0 v) )) Assoziativgesetz in (V, +) = 0 v + 0 V Eigenschaft inverser Elemente in (V, +) = 0 v 0 V = neutrales Element in (V, +) womit die Behauptung gezeigt ist. ii) Der Nachweis von ii) verläuft im Prinzip analog zur obigen Rechnung. Statt 0 = benutzt man hier die Neutralität von 0 V hinsichtlich der Vektoraddition, d.h. 0 V = 0 V + 0 V. iii) : Es sind zwei Fälle zu unterscheiden: entweder λ = 0 oder λ 0. Im ersten Fall ergibt sich die Behauptung als unmittelbare Konsequenz von i). Im zweiten Fall ist v = 0 V zu zeigen. Dazu nutzen wir aus, daß nach den Körperaxiomen das multiplikativ Inverse λ zu λ 0 existiert: v = v Wirkung der = (λ λ) v Definition des multiplikativ Inversen in K = λ (λ v) Assoziativgesetz für Skalarmultiplikation = λ 0 V Voraussetzung = 0 V nach ii) Die Rückrichtung folgt direkt aus i) und ii). iv) Anwendung der Vektorraumaxiome sowie der Rechenregeln im Körper K liefert: v + ( ) v = v + ( ) v Wirkung der = ( + ( ) ) v Distributivgesetz der Skalarmultiplikation für Addition in K = 0 v Rechenregeln für K = 0 V nach i) Da die Vektoraddition von v und ( ) v auf das neutrale Element 0 V der Vektoradition führt, stellt sich ( ) v als das inverse Element zu v heraus, d.h. es gilt wie behauptet v = ( ) v. Man beachte, daß dabei die Eindeutigkeit inverser Elemente eingeht. Beispiel 6..4 über K. Die Menge, die nur aus der null besteht {0} ist ein Vektorraum Jeder Körper K ist ein Vektorraum über sich selbst. C ist ein R-Vektorraum. Das n-fache kartesische Produkt eines Körpers mit sich selbst, das heißt die Menge aller geordneten n-tupel von Elementen aus K K n = {(a, a 2,..., a n ) a i K} 8

82 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.. VEKTORRÄUME UND UNTERVEKTORRÄUME ist ein K-Vektorraum mit den Verknüpfungen (a, a 2,..., a n ) + (b, b 2,..., b n ) := (a + b, a 2 + b 2,..., a n + b n ) λ (a, a 2,..., a n ) := (λa, λa 2,..., λa n ) Das neutrale Element in (K n, +) ist der Nullvektor (0, 0, 0,..., 0, 0). Das zum Vektor (a, a 2,..., a n ) inverse Element ist der Vektor ( a, a 2,..., a n ). Sämtliche Rechenregeln, die in einem Vektorraum gelten müssen lassen sich auf Rechenregeln im Körper K zurückführen. Wir zeigen hier das Distributivgesetz der Skalarmultiplikation für die Addition in K. λ ( (a, a 2,..., a n ) + (b, b 2,..., b n ) ) = λ(a + b, a 2 + b 2,..., a n + b n ) = ( λ(a + b ), λ(a 2 + b 2 ),..., λ(a n + b n ) ) Hier haben wir das Distributivgesetz in K verwendet. = ( λa + λb, λa 2 + λb 2 ),..., λa n + λb n ) = (λa, λa 2,..., λa n ) + (λb, λb 2,..., λb n ) ) Definition 6..5 Eine nicht leere Teilmenge eines K-Vektorraums U V heißt Untervektorraum bzw. Unterraum von V, falls folgende Bedingungen erfüllt sind: (U) U ist abgeschlossen gegenüber der Addition, d.h. u, u 2 U u + u 2 U. (U2) U ist abgeschlossen gegenüber der Skalarmultiplikation, d.h. u U, λ K λu U. Dank (U) und (U2) induzieren die Vektoraddition und Skalarmultiplikation in V entsprechende Verknüpfungen in U, mit denen U als eigenständiger Vektorraum interpretiert werden kann. Es bleibt dafür lediglich nachzuweisen, daß U auch abgeschlossen ist hinsichtlich der Bildung additiv inverser Elemente. Dies folgt aber direkt aus U2) und der Rechenregel iv) in Satz 6..3, wonach u = ( ) u. Beispiel 6..6 Sei K ein Körper. Die Menge U = {(a, a 2, 0, 0) a, a 2 K} K 4 ist ein Untervektorraum des K 4, denn es gilt (a, a 2, 0, 0) + (b, b 2, 0, 0) = (a + b, a 2 + b 2, 0, 0) U und λ(a, a 2, 0, 0) = (λa, λa 2, 0, 0) U 82

83 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.2. BASIS UND DIMENSION Proposition 6..7 Sei K ein Körper und V ein K-Vektorraum mit U, U 2 V Untervektorräumen. Dann ist der Durchschnitt U U 2 ein Untervektorraum von V. Beweis. Seien v, w U U 2, das heißt v, w U und v, w U 2. Da sowohl U als auch U 2 Untervektorräume sind, liegt auch die Summe v + w U und v + w U 2. Daraus folgt dass v + w U U 2. Wir zeigen analog die Abgeschlossenheit bezüglich der Skalarmultiplikation. Sei v U U 2, das heißt v U und v U 2. Da sowohl U als auch U 2 Untervektorräume sind, liegt für alle λ K auch λv U und λv U 2. Daraus folgt dass λv U U 2. Bemerkung 6..8 Die Vereinigung zweier Untervektorräume ist im Allgemeinen kein Untervektorraum. Wir wollen dies an einem Beispiel zeigen. Sei V = K 3, dann sind die Mengen U = {(a, 0, 0) a K} K 3 und U 2 = {(0, a 2, 0) a 2 K} K 3 Untervektorräume von V (Begründung analog zu Beispiel 6..6), aber ihre Vereinigung ist kein Untervektorraum, da zum Beispiel u = (, 0, 0) U und u 2 = (0,, 0) U 2 und somit beide Vektoren u, u 2 U U 2 liegen, aber ihre Summe nicht u + u 2 = (, 0, 0) + (0,, 0) = (,, 0) / U U 2. In der Vereinigung U U 2 liegen nur Vektoren, die höchstens an einer Stelle einen Eintrag ungleich null haben, aber u +u 2 hat an zwei Stellen einen Eintrag, der nicht null ist. Die Vereinigungsmenge U U 2 genau dann ein Untervektorraum ist, wenn U U 2 oder U 2 U Basis und Dimension Wir wollen in diesem Abschnitt Vektroräume versuchen einfacher zu beschreiben. Dafür nutzen wir aus, dass die Vektorraumaxiome genau besagen, dass wir einen Vektor mit einem Skalar multiplizieren können und immer noch einen Vektor erhalten, ebenso können wir zwei Vektoren addieren und erhalten wieder einen Vektor. Definition 6.2. Ein Vektor v V eines K-Vektorraums V heißt Linearkombination der Vektoren v,..., v k V, falls Skalare λ,..., λ k K existieren mit v = λ v + + λ k v k. Man sagt auch, v läßt sich aus v,..., v k linear kombinieren. Es seien v,..., v k V Vektoren eines K-Vektorraums. Die Menge aller Linearkombinationen, welche sich aus v,..., v k bilden lassen, bezeichnet man als die von v,..., v n 83

84 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.2. BASIS UND DIMENSION erzeugte Lineare Hülle (auch Spann). Man schreibt dafür LH(v,..., v k ) := Kv + + Kv k := {v V : λ,..., λ k K mit v = λ v + + λ k v k }. Proposition Sei V ein K-Vektorraum. Die lineare Hülle der Vektoren v,..., v k V ist ein Untervektorraum von V. Die lineare Hülle ist der kleinste Vektorraum, der die Vektoren v,..., v k V enthält. Beweis. Seien u, v LH(v,..., v k ), das heißt es gibt λ,..., λ k, µ,..., µ k K so dass gilt: u = λ v + + λ k v k und v = µ v + + µ k v k. Dann ist u+v = (λ v + +λ k v k )+(µ v + +µ k v k ) = (λ +µ )v + +(λ k +µ k )v k LH(v,..., v k ) ebenso gilt: λ v = λ (µ v + + µ k v k ) = (λµ v + + λµ k v k ) LH(v,..., v k ). Beispiel Sei V = K 3, dann betrachten wir die Vektoren v = (, 0, 0) und v 2 = (0,, 0) aus V. Ein Vektor v V ist Linearkombination von v und v 2, wenn es Skalare λ, λ 2 gibt, so dass v = λ v + λ 2 v 2 = λ (, 0, 0) + λ 2 (0,, 0) = (λ, 0, 0) + (0, λ 2, 0) = (λ, λ 2, 0). Somit besteht die lineare Hülle der Vektoren v, v 2 aus allen Vektoren, deren dritte Komponente null ist, d. h. LH(v, v 2 ) = {(λ, λ 2, 0) λ, λ 2 K}. Wir betrachten jetzt die Vektoren v = (,, 0) und v 2 = (, 0, ) aus K 3. Der Vektor v = (, 2, ) liegt in der linearen Hülle von v und v 2, denn es gilt v = 2v v 2 = 2(,, 0) (, 0, ) = (2, 2, 0) (, 0, ) = (, 2, ). Der Vektor u = (, 2, 0) hingegen liegt nicht in LH(v, v 2 ), denn angenommen es gäbe λ, λ 2 K, so dass λ v + λ 2 v 2 = u, das heißt λ (,, 0) + λ 2 (, 0, ) = (λ, λ, 0) + (λ 2, 0, λ 2 ) = (λ + λ 2, λ, λ 2 ) = (, 2, 0) dann wären die λ i Lösung des Gleichungssystems λ + λ 2 = λ = 2 λ 2 = 0 Allerdings liefert Einsetzen von λ = 2 und λ 2 = 0 in die erste Zeile λ + λ 2 = = 2. Dies bedeutet, dass man u nicht aus v und v 2 linear kombinieren kann, also u / LH(v, v 2 ). 84

85 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.2. BASIS UND DIMENSION Bisher haben wir uns nur mit der Frage beschäftigt, ob man einen Vektor aus einer vorgegebenen Menge von Vektoren linear kombinieren kann. Nun kommen wir dazu, ob diese Linearkombination eindeutig ist. Dies ist der Fall, wenn die Vektoren linear unabhängig sind. Definition (i) Endlich viele Vektoren v,..., v k eines K-Vektorraums heißen linear unabhängig, falls die Gleichung λ v + + λ k v k = 0 V nur die Lösung λ = = λ k = 0 besitzt. Dies drückt man auch folgendermaßen aus: Die Vektoren v,..., v k nennt man linear unabhängig, genau dann wenn sich der Nullvektor nur auf die triviale Weise aus ihnen linear kombinieren läßt. (ii) Die Vektoren v,..., v k heißen linear abhängig, falls sie nicht linear unabhängig sind. Der Nullvektor läßt sich dann nicht trivial aus ihnen linear kombinieren, d.h. in der obigen Darstellung des Nullvektors kann mindestens ein Koeffizient λ i mit i {,..., k} von Null verschieden gewählt werden. Proposition (Charakterisierung linear abhängiger Vektoren) Für die Vektoren v,..., v k sind folgende Aussagen äquivalent: (i) v,..., v k sind linear abhängig. (ii) Es existiert ein l {,..., k} für das gilt: v l = λ v λ l v l + λ l+ v l+ + λ k v k. Beweis. (ii) (i) Wir setzen λ l = und erhalten eine nichttriviale Linearkombination des Nullvektors 0 V = λ v λ l v l + ( )v l + λ l+ v l+ + λ k v k. (i) (ii) Sei 0 V = k i= λ iv i eine nichttriviale Linearkombination des Nullvektors. Dann gibt es ein l so dass λ l 0 und wir können schreiben λ l v l = k i=,i l λ i v i v l = k i=,i l λ i λ l v i. Aus diesem Satz folgt, dass die lineare Hülle der Vektoren {v,..., v k } sich nicht von der linearen Hülle von {v,..., v k }\{v l } unterscheidet, da v l LH(v,..., v l, v l+,..., v k ). Wir können diesen Vektor also einfach weglassen ohne etwas zu verlieren. Proposition (Charakterisierung linear unabhängiger Vektoren) Für die Vektoren v,..., v k sind folgende Aussagen äquivalent: (i) v,..., v k sind linear unabhängig. 85

86 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.2. BASIS UND DIMENSION (ii) Jeder Vektor v LH(v,..., v k ) besitzt eine eindeutige Darstellung als Linearkombination der v,..., v k. Beweis. (i) ii) Wir führen diesen Beweis per Widerspruch: Angenommen es gibt einen Vektor v mit zwei verschiedenen Darstellungen v = α v + + α k v k = β v + + β k v k, so daß mindestens für ein j {,..., k} gilt α j β j. Subtraktion der beiden Darstellungen führt auf die Gleichung 0 V = (α β )v + + (α k β k )v k. Da die Vektoren v,..., v k linear unabhängig sind, gilt α i β i = 0 und somit α i = β i für alle i =,..., v k. Dies ist ein Widerspruch dazu, dass es mindestens einen Koeffizienten, nämlich α j β j gibt, der von Null verschieden ist. (ii) i) Der Nullvektor kann immer auf die triviale Art und Weise linear kombiniert werden, d. h. in der Darstellung 0 V = λ v + + λ k v k Kann immer λ =... = λ k = 0 gewählt werden. Da nach Voraussetzung jeder Vektor eindeutig als Linearkombination dargestellt werden kann, gilt dies insbesondere für den Nullvektor. Das heißt die triviale Linearkombination ist die einzig mögliche. Dies bedeutet, aber genau, dass die Vektoren v,..., v k linear unabhängig sind. Beispiel Sei V = R 3, wir wollen uns geometrisch überlegen, was linear abhängig und unabhängig bedeutet. Schauen wir zunächst einen einzelnen Vektor v V an. Dieser Vektor ist linear unabhängig, wenn aus λ v = 0 V folgt, dass λ = 0 ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn v 0 V ist (s. Satz 6..3). Der Nullvektor hingegen ist linear abhängig, da für alle λ K gilt: λ v = 0 V. Daraus folgt direkt, dass jede Menge von Vektoren in der der Nullvektor vorkommt auch linear abhängig ist. Betrachten wir jetzt zwei Vektoren v, v 2 V. Diese sind linear abhängig, wenn es λ, λ 2 K gibt, die nicht beide null sind, so dass λ v + λ 2 v 2 = 0 V. Nach Proposition ist dies gleichbedeutend damit, dass v = λ 2 /λ v 2, also ein Vektor ein Vielfaches des anderen ist. Geometrisch bedeutet dies, dass beide Vektoren auf der gleichen Gerade durch den Ursprung liegen. Liegen zwei Vektoren nicht auf der gleichen Geraden durch den Ursprung, dann sind sie linear unabhängig. 86

87 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.2. BASIS UND DIMENSION Definition i) Eine Menge von Vektoren v, v 2,... V heißt Erzeugendensystem von V, wenn V = LH(v,..., v k ) gilt. ii) V heißt endlich erzeugt, falls ein Erzeugendensystem bestehend aus endlich vielen Vektoren v,..., v k V gibt. d.h. falls sich jeder Vektor von V aus dem Erzeugendensystem v,..., v k linear kombinieren läßt. Definition Sei V ein endlich erzeugter K-Vektorraum. Ein Erzeugendensystem v,..., v k V wird Basis genannt, falls die Vektoren linear unabhängig sind. Die Anzahl der Basisvektoren (hier k) bezeichnet man als Länge der Basis. Bemerkung Wir können die obigen Definitionen auch ein wenig anders formulieren: v,..., v k V sind ein Erzeugendensystem von V, wenn sich jeder Vektor v V auf mindestens eine Art und Weise durch v,..., v k linear kombinieren (oder erzeugen) lässt. v,..., v k V sind linear unabhängig in V, wenn sich jeder Vektor v V auf höchstens eine Art und Weise durch v,..., v k linear kombinieren (oder erzeugen) lässt (s. Prop ). v,..., v k V sind eine Basis von V, wenn sich jeder Vektor v V auf genau eine Art und Weise durch v,..., v k linear kombinieren (oder erzeugen) lässt. Satz 6.2. (Charakterisierung von Basen) Sei V ein endlich erzeugter K-Vektorraum. Für B = {v,..., v k } V sind äquivalent (i) B ist eine Basis von V. (ii) B ist ein minimales Erzeugendensystem von V. (iii) B ist eine maximale Menge linear unabhängiger Vektoren. Beweis. (i) (ii) Jede Basis ist per Definition ein Erzeugendensystem, bleibt also zu zeigen, dass es minimal ist. Angenommen es ist nicht minimal, das heißt es gibt einen Vektor v l B, so dass B = B\{v l } immer noch ein Erzeugendensystem ist, das heißt aber, dass v l LH(B ) und somit ist mit Proposition die Menge B linear abhängig, im Widerspruch zur Definition einer Basis. (ii) (i) Wir nehmen an B sei ein minimales Erzeugendensystem von V, aber nicht linear unabhängig. Aufgrund von Proposition gibt es dann einen Vektor v l B, der Linearkombination der Vektoren in B = B\{v l } ist. Dann ist die lineare Hülle von B gleich der linearen Hülle von B im Widerspruch zur Minimalität. 87

88 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.2. BASIS UND DIMENSION (i) (iii) Jede Basis ist per Definition linear unabhängig, bleibt also zu zeigen, dass sie maximal mit dieser Eigenschaft ist. Angenommen sie wäre nicht maximal, d. h. es gibt einen Vektor v V, so dass die Menge B = B {v} immer noch linear unabhängig ist. Das ist aber nur dann möglich, wenn v / LH(B) (folgt aus Proposition 6.2.5) und damit ist B kein Erzeugendensystem. (iii) (i) Wir nehmen an B sei eine maximale Menge linear unabhängiger Vektoren in V, aber kein Erzeugendensystem von V. Dann gibt es einen Vektor v V der nicht in der linearen Hülle LH(B) liegt. Dann ist aber nach Proposition 6.2.5) die Menge B {v} immer noch linear unabhängig, was im Widerspruch zur Maximalität steht. Beispiel Sei V = K 3 und v = (, 2, 0) V. Dieser Vektor ist linear unabhängig, da es nicht der Nullvektor ist. Aber die Menge {v } ist nicht maximal, da zum Beispiel v 2 = (, 2, ) linear unabhängig zu v ist. Es ist nicht sehr schwierig einen Vektor v 2 = (a, a 2, a 3 ) zu finden, der linear unabhängig zu v ist. Selbst wenn wir die ersten beiden Komponenten gleich wählen, d. h. a =, a 2 = 2, dann führt nur die Wahl a 3 = 0 zu einem Vektor, der von v abhängig ist, wohingegen jede Wahl a 3 K\{0} zu einem zu v linear unabhängigen Vektor führt. Die Menge {v, v 2 } ist also per Konstruktion linear unabhängig, allerdings ist sie immer noch nicht maximal. Dafür wählen wir zum Beispiel den Vektor v 3 = (0,, 0). Die Menge B = {v, v 2, v 3 } ist linear unabhängig, aber sie ist auch maximal mit dieser Eigenschaft, so dass sie eine Basis ist. Wir betrachten den Vektorraum V = K 2 und darin die Vektoren v = (, ) v 2 = (2, 2) v 3 = (, 0) v 4 = (2, ) Diese bilden ein Erzeugendensystem von V. Allerdings ist es nicht minimal, da offensichtlich v 2 = 2v und somit auch die Menge {v, v 3, v 4 } ein Erzeugendensystem ist. Aber außerdem gilt v 4 = v + v 3, so dass man auch den Vektor v 4 noch entfernen kann ohne die lineare Hülle zu ändern. Somit ist B = {v, v 3 } ein Erzeugendensystem von V. Dies ist minimal, da beide Vektoren linear unabhängig sind. Satz (Existenz von Basen) Jeder endlich erzeugte Vektorraum V {0 V } besitzt eine Basis. Beweis. Wähle ein Erzeugendensystem von B V und entferne solange Vektoren v B aus der Menge B, bis B die Definition einer Basis erfüllt. Der Nullvektorraum {0 V } hat keine Basis, da er nur aus einem einzigen Vektor besteht, nämlich dem Nullvektor und dieser ist linear abhängig. Im nächsten Schritt wollen wir die Anzahl der Elemente einer Basis, also ihre Länge, untersuchen und werden dabei feststellen, dass diese nur vom Vektorraum abhängt, aber nicht von der speziell gewählten Basis. Dafür benötigen wir folgenden Satz. 88

89 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.2. BASIS UND DIMENSION Satz (Austauschsatz) Sei V ein Vektorraum mit endlicher Basis B := {b,..., b k }, sowie 0 V v V. Dann gibt es ein b l B, sodass eine Basis von V ist. B := {b,..., b l, v, b l+,..., b k } Beweis. Da B eine Basis von V ist, existieren λ,..., λ k K mit v = k i= λ ib i. Da v 0 V, ist eines der λ i von Null verschieden. Durch Umnummerieren erhält man λ 0 und B = {v, b 2,..., b k }. Es ist also zu zeigen, dass zum einen LH(B ) = V gilt, und dass B linear unabhängig ist. (i) Zeige: LH(B ) = V. Sei u V. Weil B eine Basis von V ist, existieren µ,..., µ k u = k i= µ ib i. Da oben gewähltes λ 0, ist b = λ v k i= λ i λ b i. K, sodass Ersetzt man das b auf diese Weise in der Darstellung von u, so erhält man eine Linearkombination von u in den Vektoren aus B. (ii) Zeige: B ist linear unabhängig. Seien µ,..., µ k K, sodass µ v + k i=2 µ ib i = 0. Durch Einsetzen der Darstellung von v erhält man ( k ) k 0 = µ λ i b i + µ i b i i= = (µ λ )b + i=2 k (µ λ i + µ i )b i. i=2 Da B eine Basis ist, verschwinden all diese Koeffizienten. Insbesondere ist µ λ = 0, also wegen λ 0 bereits µ = 0. Für die weiteren Koeffezienten gilt demnach für alle i {2,..., k} 0 = µ λ i + µ i = µ i. Satz (Eindeutige Länge einer Basis) Sei V ein endlich erzeugter K-Vektorraum. Dann haben je zwei Basen von V gleich viele Elemente. Beweis. Seien B := {b,..., b n } und C := {c,..., c m } Basen von V und ohne Einschränkung n > m. Der Austauschsatz besagt, dass m Vektoren von B durch m Vektoren aus C ausgetauscht werden. Man erhält (durch geeignetes Umnummerieren) B := {c,..., c m, b m+... b n } als Basis von V. Da C eine Basis und damit eine maximale linear unabhängige Menge ist, muss B linear abhängig sein. Dies steht im Widerspruch dazu, dass B eine Basis ist. 89

90 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.2. BASIS UND DIMENSION Definition (Dimension) Sei B = {b,..., b k } eine Basis eines Vektorraums V. Dann heißt dim(v ) = dim K (V ) := k die Dimension von V. Für V = {0 V } setzen wir dim(v ) := 0. Beispiel Der K n hat die Basis B = {e, e 2,..., e n } wobei die Vektoren e i an allen Stellen den Eintrag null haben außer an der i-ten Stelle e i = (0, 0,..., 0,, 0,..., 0). Dies ist eine Basis, die sogenannte Standardbasis, da der Vektor v = (λ, λ 2,..., λ n ) als Linearkombination der e i geschrieben werden kann: v = (λ, λ 2,..., λ n ) = n λ i e i. Also ist B ein Erzeugendensystem. Es folgt, aber auch, dass die Menge B eine Basis ist, denn wenn n 0 V = λ i e i = (λ, λ 2,..., λ n ) i= gilt, dann muss schon λ = λ 2 = = λ n = 0 gelten. Somit hat der K n die Dimension n. i= Satz (Basiskriterien) Sei V ein Vektorraum der Dimension k N und B V. (i) Ist B linear unabhängig und #B = k, so ist B eine Basis von V. (ii) Ist B ein Erzeugendensystem von V und #B = k, so ist B eine Basis von V. Beweis. (i) Angenommen B = {v,..., v k } sei keine Basis, das heißt sie ist kein Erzeugendensystem. Dann könnten Vektoren v k+,..., v n hinzufügen, so dass die Menge {v,..., v n } eine Basis ist. Dann hätten wir allerdings eine Basis mit n > k Elementen in einem k-dimensionalen Vektorraum im Widerspruch zu Satz (ii) Angenommen B = {v,..., v k } sei keine Basis, das heißt nicht linear unabhängig. Aufgrund von Proposition können wir dann Vektoren v l aus B entfernen, bis B = B\{v l l I {,..., k}} linear unabhängig ist. Aber dann wäre B eine Basis mit n < k Elementen in einem k-dimensionalen Vektorraum im Widerspruch zu Satz Dieser Satz ist sehr praktisch, da es nun genügt eine der beiden Eigenschaften lineare Unabhängigkeit oder Erzeugendensystem zu zeigen, wenn die Dimension des Vektorraums bekannt ist. 90

91 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.3. SUMMEN UND DIREKTE SUMMEN Satz (Basisergänzung) Sei V ein endlich erzeugter Vektorraum der Dimension n N und v,..., v k V linear unabhängig (k n). Dann existieren v k+,..., v n V, sodass {v,..., v k, v k+,..., v n } eine Basis von V ist. Beweis. Ist k = n, so bildet {v,..., v k } nach Satz bereits eine Basis. Sei also k < n und B = {b,..., b n } eine Basis von V. Durch Anwenden des Austauschsatzes und geeignetem Umnummerieren erhält man {v,..., v k, b k+,..., b n } als Basis von V Summen und direkte Summen U und V seien Unterräume eines Vektorraums W. Im Gegensatz zu dem Durchschnitt U V ist die Vereinigungsmenge U V im allgemeinen kein Unterraum. Der kleinste Untervektorraum von W, in welchem sowohl U als auch V enthalten sind, entspricht der Menge aller (endlichen!) Linearkombinationen LH(U V ), welche sich aus Vektoren von U und V bilden lassen. Diesen Vektorraum bezeichnet man als Summe U + V der Unterräume U und V. Definition 6.3. Es seien U, V W zwei Unterräume eines K-Vektorraums W. Dann bezeichnet man U + V := {w W u U und v V, so dass gilt:w = u + v} (6.) als die Summe von U und V. Satz Es seien U, V zwei endlich dimensionale Unterräume eines K-Vektorraums W. Dann ist die Dimension ihrer Summe gegeben durch dim(u + V ) = dim U + dim V dim(u V ). (6.2) Beweis. Die Vorgehensweise des Beweises besteht darin, eine Basis von U + V zu wählen und die Anzahl der Vektoren zu zählen. Dabei besteht die Schwierigkeit im wesentlichen darin, daß die Vektoren, welche sich in natürlicher Weise als Basis anbieten auch tatsächlich eine Basis darstellen, d.h. insbesondere auch linear unabhängig sind. Es sei y,..., y k eine Basis von U V. Nach dem Basisergänzungssatz gibt es u,.., u m U, so daß y,..., y k, u,..., u m eine Basis von U ist. Ebenso lassen sich v,..., v n V finden, so daß y,..., y k, v,..., v n eine Basis von V ist. 9

92 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.3. SUMMEN UND DIREKTE SUMMEN zeige: y,..., y k, u,..., u m, v,..., v n bilden ein Erzeugendensystem von U + V. Sei x U + V vorgegeben. Dann existieren u U und v V mit x = u + v. Also gibt es Skalare α,..., α k, λ,..., λ m K und β,..., β k, µ,..., µ n K derart, daß Mithin erhalten wir u = α y + + α k y k + λ u + + λ m u m und v = β y + + β k y k + µ v + + µ n v n. x = u + v = (α + β )y + + (α k + β k )y k + λ u + + λ m u m + µ v + + µ n v n, woraus U + V LH(y,..., y k, u,..., u m, v,..., v n ) folgt. zeige: y,..., y k, u,..., u m, v,..., v n sind linear unabhängig. Dazu betrachten wir die Gleichung α y + + α k y k + λ u + + λ m u m + µ v + + µ n v n = 0 W (6.3) und setzen Wegen (6.3) muß u := α y + + α k y k + λ u + + λ m u m. µ v + + µ n v n = u gelten. Also ist nicht nur µ v + + µ n v n V sondern auch µ v + + µ n v n U bzw. zusammenfassend µ v + + µ n v n U V. Daher existieren β,..., β k K mit β y + + β k y k = µ v + + µ n v n, so daß Gleichung (6.3) die Form (α + β )y + + (α k + β k )y k + λ u + + λ m u m = 0 W annimmt. Da y,..., y k, u,..., u m als Basis von U linear unabängig ist, müssen alle Koeffizienten verschwinden, insbesondere können wir λ = = λ m = 0 folgern. Damit verkürzt sich (6.3) zu α y + + α k y k + µ v + + µ n v n = 0 W. Diese Gleichung kann jedoch ebenfalls nur für verschwindende α,..., α k, µ,..., µ n bestehen, weil auch y,..., y k, v,..., v n als Basis von V linear unabhängig sind. Insgesamt haben wir also folgern können, daß (6.3) nur auf triviale Weise erfüllbar, womit die lineare Unabhängigkeit der Vektoren y,..., y k, u,..., u m, v,..., v n erwiesen ist. Damit sind y,..., y k, u,..., u m, v,..., v n als Basis von U + V bestätigt und es folgt was zu beweisen war. dim(u + V ) = k + m + n = (k + m) + (k + n) k = dim U + dim V dim(u V ), 92

93 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.3. SUMMEN UND DIREKTE SUMMEN Definition Die Summe zweier Unterräume U, V W eines K-Vektorraumes W heißt direkte Summe, sofern U V = {0 W } gilt. In diesem Fall schreibt man U V statt U + V. Satz Für die Summe U + V zweier Unterräume U, V W eines K-Vektorraumes sind folgende Aussagen äquivalent: i) Zu jedem Vektor x U + V gibt es ein eindeutig bestimmtes u U und v V mit x = u + v. ii) U V = {0 W }. Beweis. ii) i) Angenommen der Vektor x U + V erlaube zwei unterschiedliche Darstellungen x = u + v = u 2 + v 2 mit u, u 2 U und v, v 2 V, wobei u u 2 und v v 2. Aus dieser Gleichung folgt u u 2 } {{ } U = v v } {{ } 2, V weshalb u u 2, v 2 v U V. Da u u 2 0 W folgt U V {0 W } im Widerspruch zu ii). i) ii) Angenommen U V {0 W }. Dann existiert y U V mit y 0 W. Der Vektor x U + V habe die Darstellung x = u + v mit u U und v V. Dann gilt auch x = (u + y) + (v y), wobei u + y U und v y V. Damit ist eine zweite Darstellung gefunden im Widerspruch zu i). Korollar Für zwei Untervektorräume U, V W eines endlichdimensionalen K-Vektorraums W sind folgende Aussagen äquivalent: i) W = U V. ii) W = U + V und dim W = dim U + dim V. iii) U V = {0 W } und dim W = dim U + dim V. Beweis. i) ii) Aussage i) impliziert per Definition des -Symbols W = U + V und U V = {0 W }. Mittels der Dimensionsformel (6.2) folgt dann dim W = dim(u + V ) = dim U + dim V. ii) iii) Da dim W = dim(u + V ) folgt aus der Voraussetzung in ii) und der Dimensionsformel (6.2), daß dim(u V ) = 0. Also ist U V = {0 W }. iii) i) Aus U V = {0 W } folgt nach der Dimensionsformel dim(u + V ) = dim U + dim V. Die Voraussetzung in iii) liefert dann dim(w ) = dim(u +V ). Da der Unterraum U +V W von gleicher Dimension ist wie W, folgt U + V = W und damit U V = W, weil U und V trivialen Durchschnitt haben. 93

94 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.3. SUMMEN UND DIREKTE SUMMEN Wir wollen jetzt die Begriffe dieses Kapitels mit unserer geometrischen Anschauung verbinden. Beispiel Sei V = R 2, dann können wir uns einen Vektor v V als Punkt in einer Ebene vorstellen (oder auch als Pfeil vom Ursprung zu diesem Punkt). Da der R 2 ein zweidimensionaler R-Vektorraum ist, gibt es drei Arten von Untervektorräumen - welche mit Dimension 0, oder 2. Ein Raum der Dimension 0 enthält nur den Nullvektor. Da der R 2 die Dimension zwei hat, ist ein Unterraum der Dimension 2 schon der ganze R 2. Ein Unterraum U der Dimension hat eine Basis bestehend aus einem Vektor u U, der nicht der Nullvektor ist. Die lineare Hülle dieses Vektor besteht aus allen Vielfachen dieses Vektors. Diese Vielfache entsprechen geometrisch allen Punkten, die auf der vom Nullpunkt und u aufgespannten Geraden liegen. Also ist U = LH(u) eine Gerade durch den Ursprung. Seien U, U 2 V Untervektorräume der Dimension und sei u eine Basis von U und u 2 eine Basis von U 2. Es gibt zwei Situationen die eintreten können:. U = U 2, dann sind die Vektoren u, u 2 linear abhängig und der Durchschnitt U U 2 = U. Mithilfe der Dimensionsformel (6.2) können wir berechnen dim(u + U 2 ) = dim U + dim U 2 dim(u U 2 ) = + =, das heißt die Summe U + U 2 = U. 2. U U 2, dann sind die Vektoren u, u 2 linear unabhängig und der Durchschnitt U U 2 = {0 V }. Mithilfe der Dimensionsformel (6.2) können wir berechnen dim(u + U 2 ) = dim U + dim U 2 dim(u U 2 ) = + 0 = 2, das heißt die Summe U + U 2 = R 2, und somit gilt sogar U U 2 = R 2. Beispiel Sei V = R 3, dann können wir uns einen Vektor v V als Punkt im Raum vorstellen (oder auch als Pfeil vom Ursprung zu diesem Punkt). Da der R 3 ein dreidimensionaler R-Vektorraum ist, gibt es drei Arten von Untervektorräumen - welche mit Dimension 0,, 2 oder 3. Der Raum {0 V } ist der einzige Unterraum der Dimension 0 und der R 3 selbst der einzige Unterraum der Dimension drei. Ein Unterraum U der Dimension entspricht wie in Beispiel einer Gerade durch den Ursprung. Ein Unterraum der Dimension 2 wird von 2 linear unabhängigen Vektoren erzeugt und ist somit eine Ebene durch den Ursprung. Seien U, W V Untervektorräume. Wir betrachten 2 Situationen in denen wir die Summer U + W berechnen.. Sei U ein Unterraum der Dimension mit Basis u 0 V und W ein Unterraum der Dimension 2 mit Basis w, w 2. Wenn u / W, dann ist auch U W und somit ist U W = {0 V }. Mithilfe der Dimensionsformel (6.2) können wir berechnen dim(u + W ) = dim U + dim W dim(u W ) = = 3, 94

95 KAPITEL 6. VEKTORRÄUME 6.3. SUMMEN UND DIREKTE SUMMEN das heißt die Summe U + W ist der ganze R 3. Aufgrund von U W = {0 V } ist die Summe sogar direkt U W = R Seien U, W R 3 Unterräume der Dimension 2 mit den Basen u, u 2, bzw. w, w 2. Wenn U W, dann gibt es in U einen Vektor u, der zu w, w 2 linear unabhängig ist, so dass u, w, w 2 eine Basis des R 3 ist. Daher ist U + W = R 3 und wir können mit der Dimensionsformel (6.2) die Dimension des Durchschnitt U W berechnen 3 = dim(u + W ) = dim U + dim W dim(u W ) = dim(u W ). Somit ist dim(u W ) =, das heißt, wenn sich zwei Ebenen im Raum schneiden, dann entsteht eine Gerade. 95

96 7. Matrizen, lineare Gleichungssysteme und lineare Abbildungen Lineare Gleichungssysteme werden meist schon in der Schule behandelt um geometrische Fragestellungen zu beantworten. Schreibt man die Koeffizienten vor den Unbekannten des linearen Gleichungssystems in Form eines tabellenartigen Schemas Matrix genannt und die Unbekannten dahinter als Spaltenvektor, dann kann man ein lineares Gleichungssystem in knapper und übersichtlicher Weise untersuchen. Das spart das Mitführen der Unbekannten in jedem Rechnenschritt und liefert gleichzeitig eine neue Sichtweise. Wir werden sehen, dass auch das Studium von Abbildungen zwischen Vektorräumen zwangsläufig zu Matrizen führt. Dies ermöglicht uns enge Zusammenhänge zwischen diesen auf den ersten Blick unterschiedlichen Objekten herzustellen, wodurch wir zu neuen Erkenntnissen gelangen. 7.. Matrizen In diesem Abschnitt wollen wir lernen mit Matrizen zu rechnen und sehen welche Art von Operationen mit ihnen möglich sind. Definition 7.. Seien m und n zwei natürliche Zahlen, m, n und K ein Körper. Eine m n Matrix A mit Einträgen in K ist ein rechteckiges, tabellenförmiges Zahlenschema mit m Zeilen und n Spalten a a 2... a n a 2 a a 2n A =... = ( ) a ij i {,...,m} = (a ij ), j {,...,n} a m a m2... a mn wobei a ij K. Wir sagen A ist eine m kreuz n Matrix. Wir bezeichnen mit Mat K (m, n) die Menge der m n Matrizen mit Einträgen in K. Insbesondere, wenn aus dem Kontext klar ist wie viele Zeilen und Spalten eine Matrix hat, dann benutzen wir die verkürzende Schreibweise A = (a ij ). Analog zum Vektorraum K n definieren wir eine Addition für Matrizen gleicher Größe, sowie eine Skalarmultiplikation. Definition 7..2 Seien A, B Mat K (m, n), λ K, dann definieren wir die Summe, sowie die Skalarmultiplikation von Matrizen A + B = (a ij + b ij ) i {,...,m} j {,...,n} und λa = (λa ij ) i {,...,m}. j {,...,n} 96

97 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.. MATRIZEN Seien A = (a ik ) Mat K (m, n) und B = (b kj ) Mat K (n, p). Für i {,..., m} und j {,..., p} werden durch c ij := n a ik b kj (7.) k= die Koeffizienten einer m p Matrix C := (c ij ) Mat K (m, p) festgelegt, die man die Produktmatrix von A und B nennt, man schreibt dafür C = A B = AB. Um die Produktmatrix AB berechnen zu können, ist es notwendig, dass die Matrix A genauso viele Spalten hat, wie die Matrix B Zeilen hat. Das Produkt hat dann so viele Zeilen wie A und so viele Spalten wie B. Zur Berechnung des Eintrags in der i-ten Zeile und der j-ten Spalte des Produkts, benötigt man die i-te Zeile von A und die j-te Spalte von B. Diese haben gleich viele Einträge, nämlich n Stück, so dass es möglich ist den k-ten Eintrag der i-ten Zeile von A mit dem k-ten Eintrag der j-ten Spalte von B zu multiplizieren. Diese für k =,..., n berechneten Produkte werden dann aufaddiert. Beispiel 7..3 Wir berechnen die Summe der Matrizen A = 3 0 B = 2 Mat K (3, 2) und erhalten A + B = = Außerdem berechnen wir 5 A und erhalten A = = , 0 ( ) 3 Wir berechnen das Produkt der Matrizen A = Mat 2 5 K (2, 2) und ( ) 2 B = Mat K (2, 2). Dies ist möglich, da A genauso viele Spalten hat, wie B Zeilen, nämlich 2. ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) A B = = = ( ) Jetzt wollen wir das Produkt der Matrizen A = 2 5 Mat K (3, 2) und 3 6 ( ) 0 2 B = Mat K (2, 4) berechnen. Auch hier kann das Produkt A B 97

98 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.. MATRIZEN in der Tat berechnet werden kann, da A zwei Spalten und B zwei Zeilen hat. Umgekehrt kann B A nicht berechnet werden, da die Anzahl der Spalten von B ungleich der Anzahl der Zeilen von A ist (4 3). 4 ( ) A B = ( ) = ( ) ( ) = = Die Matrix AB hat 3 Zeilen, da A 3 Zeilen hat und 4 Spalten, da B 4 Spalten hat. Satz 7..4 Die Menge der m n Matrizen Mat K (m, n) ist ein K-Vektorraum der Dimension m n. Beweis. Da eine m n-matrix m n Einträge aus K hat und Addition und Skalarmultiplikation komponentenweise definiert wurden, können wir die Menge Mat K (m, n) mit dem Vektorraum K m n identifizieren. Das neutrale Element der Addition ist die Nullmatrix O m,n mit den Einträge o ij = 0 für alle i =,..., m und j =,..., n. Eine Basis von Mat K (m, n) bilden die Matrizen E ij, die in der i-ten Zeile und j-ten Spalte den Eintrag haben und sonst null. Satz 7..5 (Assoziativität der Matrixmultiplikation) Seien A Mat K (m, n), B Mat K (n, p), C Mat K (p, q) Matrizen, dann gilt: (A B) C = A (B C) Beweis. Zunächst bemerken wir, dass es möglich ist die angegebenen Produkte zu berechnen. Das Produkt A B liegt in Mat K (m, p) und kann daher mit der Matrix C Mat K (p, q) multipliziert werden, so dass (A B) C Mat K (m, q). Auf der anderen Seite liegt B C Mat K (n, q) so dass A (B C) Sinn ergibt und ebenfalls in Mat K (m, q) liegt. Wir betrachten jetzt einen Eintrag des Produkts (A B) C: ( ) p (A B) C = (A B) ij il c lj Bilde das Produkt von AB und C l= ( p n ) = a ik b kl c lj Bilde das Produkt von A und B l= k= p n = a ik b kl c lj Distributivgesetz in K l=k= 98

99 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.. MATRIZEN = n p a ik b kl c lj k=l= = n ( p ) a ik b kl c lj k= l= = n a ik (B C) kj k= = ( A (B C) ) ij Kommutativgesetz der Addition in K Distributivgesetz in K Definition des Produkts von B und C Definition des Produkts von A und BC Diese Rechnung gilt für alle i =,..., m und j =,..., q und damit für alle Einträge der Produktmatrizen. Satz 7..6 (Distributivität der Matrixmultiplikation) Seien A Mat K (m, n), B Mat K (n, p), C Mat K (n, p) Matrizen, dann gilt: A (B + C) = A B + A C Seien A Mat K (m, n), B Mat K (m, n), C Mat K (n, p) Matrizen, dann gilt: (A + B) C = A C + B C Beweis. Zunächst bemerken wir, dass es möglich ist die angegebenen Summen und Produkte zu berechnen. Die Summe B + C liegt in Mat K (n, p) und kann daher mit der Matrix A Mat K (m, n) multipliziert werden, so dass A (B + C) Mat K (m, p). Auf der anderen Seite liegt sowohl A B Mat K (m, p), als auch A C Mat K (m, p), so dass die Summe A B + A C Sinn ergibt und ebenfalls in Mat K (m, q) liegt. Wir betrachten jetzt einen Eintrag des Produkts A (B + C): ( A (B + C) = )ij n a il (B + C) lj l= = n a il (b lj + c lj ) l= = n (a il b lj + a il c lj ) l= = n a il b lj + n a il c lj l= l= Bilde das Produkt von A und B + C Bilde die Summe von B und C Distributivgesetz in K Assoziativgesetz der Addition in K = (AB) ij + (AC) ij Definition des Produkts von A und B, bzw. von A und C Das zweite Distributivgesetz wird analog bewiesen. Es ist notwendig beide Distributivgesetze anzugeben, da die Matrixmultiplikation nicht kommutativ ist und somit nicht das eine Gesetz aus dem anderen folgt. Satz 7..7 Seien A Mat K (m, n), B Mat K (n, p) Matrizen und λ K, dann gilt: λ (A B) = (λ A) B = A (λ B) 99

100 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.. MATRIZEN Beweis. Multiplikation mit einem Skalar ändert die Größe einer Matrix nicht, so dass alle Produkte definiert sind. Wir betrachten jetzt einen Eintrag des Produkts λ (A B): ( λ (A B) = λ )ij n a il b lj l= = n (λa il ) b lj l= Bilde das Produkt von A und B Assoziativität der Multiplikation in K = ((λa) B) ij Definition des Produkts von λa und B. Auf analoge Weise lässt sich auch die Gleichung λ (A B) = A (λ B) zeigen. Satz 7..8 Die Menge der quadratischen Matrizen Mat K (n, n) ist ein Ring mit Eins. Beweis. Die Eigenschaften der Addition folgen aus Satz Das Assoziativgesetz der Multiplikation folgt aus Satz 7..5 und das Distributivgesetz aus Satz Das neutrale Element der Multiplikation ist die Einheitsmatrix E n = , dies ist eine Matrix mit den Einträgen auf der Diagonale und null sonst. Die Einheitsmatrix ist das neutrale Element der Multiplikation, denn es gilt (A E n ) ij = n a ik (E n ) kj = a ij, k= da (E n ) kj =, wenn k = j und (E n ) kj = 0, wenn k j. Bemerkung 7..9 Der Ring Mat K (n, n) ist für n > nicht kommutativ, da zum Beispiel ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) A B = = = = B A Das bedeutet allerdings nicht, dass Matrizen nie miteinander kommutieren. So folgt aus Satz 7..7, dass Vielfache der Einheitsmatrix λe n mit allen n n Matrizen kommutieren, denn es gilt λe n A = λa = λa E n = A λe n. Bemerkung 7..0 Für nichtquadratische Matrizen macht das Produkt B A nicht zwangsläufig Sinn, nur weil A B Sinn macht. Und selbst wenn beide Produkte Sinn ergeben, dann ist die entstehende Matrix von einem anderen Format. Als Beispiel 00

101 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.. MATRIZEN berechnen wir das Produkt eines Zeilenvektor und eines Spaltenvektors gleicher Größe. Sei also v = (2, 3, 2) und w = 0, dann ist 2 aber v w = (2, 3, 2) 0 = 2 ( ) ( 2) 2 = w v = 0 (2, 3, 2) = Die Definition der transponierten Matrix ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt ziemlich unmotiviert, das wird sich aber ändern, sobald wir Matrizen als lineare Abbildungen mit euklidischen Vektorräumen und insbesondere dem Skalarprodukt in Verbindung bringen. Definition 7.. (Transponierte) Es sei A Mat K (m, n) eine Matrix. Die zu A transponierte Matrix A Mat K (n, m) ergibt sich sich durch Vertauschen der Spalten und Zeilen von A. Sei A = ( a ij )i {,...,m} j {,...,n}, dann ist A = ( a ji )j {,...,n} i {,...,m}. Beispiel 7..2 ( ) 3 2 A = Mat R (2, 3) A = 4 Mat R (3, 2) 2 3 v = 2 3 Mat R(4, ) = R 4 v = ( 2 3 ) Mat R (, 4) Offenbar wird man durch zweifaches Transponieren auf die Ausgangsmatrix zurückgeführt, d.h. es gilt (A ) = A = A. (7.2) Satz 7..3 (Transponierte einer Produktmatrix) Es seien A Mat K (m, p) und B Mat K (p, n). Dann ist die transponierte Matrix der Produktmatrix AB Mat K (m, n) gegeben durch (AB) = B A Mat K (n, m), d.h. die Transponierte der Produktmatrix entspricht dem Produkt der transponierten Faktoren in umgekehrter Reihenfolge. 0

102 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.. MATRIZEN Beweis. Es seien A = (a jl ) und B = (b li ). Da B Mat K (n, p) und A Mat K (p, m) ist das Matrixprodukt B A wohldefiniert. Definitionsgemäß ist das Matrixelement der Produktmatrix AB mit den Indizes i, j gegeben durch (AB) ji = p a jl b li. Vertauschen der Indizes i und j liefert das Matrixelement an der Position i, j (i te Zeile, j te Spalte) der transponierten Produktmatrix (AB). Somit erhalten wir ( (AB) ) ij = (AB) ji Definition der Transponierten von AB = = = l= p a jl b li Produkt von A und B p b li a jl Kommutativgesetz der Multiplikation in K p (B ) il (A ) lj Definition der Transponierten von A, bzw. B l= l= l= = (B A ) ij Definition des Produkts von B und A wodurch die Behauptung bestätigt ist, denn zwei gleichformatige Matrizen sind genau dann gleich, wenn sie in alle ihren Einträgen übereinstimmen. Definition 7..4 (Spaltenrang und Zeilenrang) Der Spaltenrang (Zeilenrang) einer Matrix A Mat K (m, n) ist die maximale Anzahl linear unabhängiger Spaltenvektoren (Zeilenvektoren) von A. Beispiel 7..5 Wir betrachten die Matrix Mat R (3, 4) 3 Der Zeilenrang von A ist 2, da jeweils 2 Zeilen linear unabhängig sind, aber die erste Zeile die Summe der zweiten und der dritten Zeile ist. Der Spaltenrang ist ebenfalls 2, da zum einen die vierte Spalte das dreifache der zweiten Spalten ist. Außerdem kann man die erste Spalte aus der zweiten und dritten Spalte linear kombinieren und zwar indem man die zweite Spalte mit 3 multipliziert und die dritte mit 2 und dies aufaddiert. Da aber die zweite und dritte Spalte linear unabhängig sind, ist der Spaltenrang 2. Wir sehen, dass für eine m n Matrix der Zeilenrang kleiner gleich m sein muss, da es ja genau m Zeilen gibt. Außerdem muss der Zeilenrang kleiner gleich n sein, da jede Zeile ein Vektor aus dem K n ist und maximal n davon können linear unabhängig sein. Für den Spaltenrang können wir analog argumentieren und erhalten die Abschätzung Zeilenrang min(m, n) und Spaltenrang min(m, n). 02

103 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.. MATRIZEN Satz 7..6 (Rang einer Matrix) Bei jeder Matrix A Mat K (m, n) stimmen Spalten- und Zeilenrang überein. Beweis. Da die Behauptung im Falle der Nullmatrix richtig ist, betrachten wir im folgenden eine von der Nullmatrix verschiedene Matrix A Mat K (m, n) a... a n a A =.. =. = ( ) a... a n a m... a m n a m mit den Zeilenvektoren a,..., a m K n und den Spaltenvektoren a,..., a n K m. Es sei s n der Spaltenrang von A. Dann gibt es s linear unabhängige Spaltenvektoren b,..., b s K m, so daß sich jeder der n Spaltenvektoren a,..., a n als Linearkombination der b,..., b s schreiben läßt. Anders ausgedrückt, gibt es zu jedem Spaltenvektor a i mit i {,..., n} Koeffizienten c i,..., cs i, so daß Für das Matrixelement a j i gilt dann a i = a j i = s c k i b k. k= s c k i b j k, k= wobei b j die j te Komponente von b k bezeichnet. Die c k i s lassen sich zu s Zeilenvektoren c k = (c k,..., ck n) zusammenfassen. Auf diese Weise läßt sich die obige Gleichung für den j ten Zeilenvektor a j in der Form a j = s s c k b j k = k= k= b j k ck schreiben. Damit ergibt sich jeder der m Zeilenvektoren als Linearkombination der s Zeilenvektoren c,..., c s K n. Daher muß Zeilenrang von A = z s = Spaltenrang von A gelten. Wir erhalten nur eine obere Abschätzung des Zeilenrangs, da die lineare Abhängigkeit der c,..., c s nicht ausgeschlossen ist bzw. die lineare Unabhängigkeit der c,..., c s nicht gesichert ist. Um die Gleichheit zu zeigen, führen wir die obige Argumentation in umgekehrter Weise durch. Dazu sei 0 z n der Zeilenrang von A. Dann gibt es z linear unabhängige Zeilenvektoren c,..., c z K n, so daß sich sämtliche Zeilenvektoren der Matrix A jeweils daraus linear kombinieren lassen. Analog zur obigen Rechnung läßt sich daraus Spaltenrang von A = s z = Zeilenrang von A schließen. Also gilt s z aber auch z s wie oben gesehen. Das ist nur möglich wenn s = z, d.h. Spalten- und Zeilenrang sind gleich. 03

104 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.. MATRIZEN Definition 7..7 Sei A Mat K (n, m) eine Matrix, dann ist Rang der Matrix A, geschrieben ranga, definiert als der Spaltenrang von A. Die quadratischen Matrizen bilden einen Ring (s. Def ), das heißt wir können Matrizen miteinander multiplizieren, aber es gibt nicht für jedes Element ein Inverses bezüglich der Multiplikation. Aber genau wie in den Restklassenringen spielen die Einheiten (s. Def ), also diejenigen Matrizen, die ein Inverses besitzen, eine wichtige Rolle und bilden insbesondere eine Gruppe (s. Prop ). Definition 7..8 (Inverse) Eine Matrix A Mat K (n, n) heißt invertierbar, falls eine Matrix A Mat K (n, n) existiert mit A A = AA = E n. Die Matrix A heißt die zu A inverse Matrix bzw. die Inverse von A. Die Menge der invertierbaren n n-matrizen wird mit Gl n (K) bezeichnet ( general linear group=allgemeine lineare Gruppe ). Satz 7..9 Die Matrix A Mat K (n, n) sei invertierbar. i) Ist B Mat K (n, n) eine weitere invertierbare Matrix, so ist auch das Matrixprodukt AB invertierbar und es gilt (AB) = B A. Man beachte die Analogie zur Transponierten einer Produktmatrix (siehe Satz 7..3). ii) Die Matrixoperationen Transponieren und Invertieren sind miteinander vertauschbar; es gilt also (A ) = (A ). Beweis. ad i) Wir müssen zeigen, dass B A ein zu AB inverses Element ist, dafür multiplizieren wir diese Matrizen miteinander um zu sehen, ob das Produkt die Einheitsmatrix ist: (AB) (B A ) = A ( B(B A ) ) Assoziativgesetz = A ( (BB )A ) Assoziativgesetz = A ( E n A ) Definition der inversen Matrix = AA Einheitsmatrix ist neutrales Element = E n Definition der inversen Matrix Dieser Beweis entspricht dem Beweis von Proposition

105 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.. MATRIZEN ad ii) A (A ) = (A A) Satz 7..3 = E n Definition der inversen Matrix = E n Transponieren der Einheitsmatrix ergibt die Einheitsmatrix Damit besitzt (A ) genau die definierende Eigenschaft der Inversen (A ) von A. Definition Drei spezielle Arten von quadratischen Matrizen werden als Elementarmatrizen bezeichnet: λ λ 2 Diag(λ, λ 2,..., λ n ) =... λn Die Matrix A = Diag(λ, λ 2,..., λ n ) hat die Einträge a ii = λ i und a ij = 0, wenn i j. Man bezeichnet Diag(λ, λ 2,..., λ n ) als Diagonalmatrix, da sie nur Einträge auf der Diagonalen hat T ij = Die Matrix A = T ij hat die Einträge a ll =, wenn l i, j, a ii = a jj = 0, a ij = a ji = und a lk = 0, sonst.... λ M ij (λ) =... Die Matrix A = M ij (λ) hat die Einträge a ll =, für alle l =,..., n, a ij = λ und a lk = 0, sonst. Proposition 7..2 Sei A Mat K (n, m), dann bewirkt die Multiplikation von links mit einer Elementarmatrix M Mat K (n, n) folgende elementare Zeilenumformung: 05

106 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.. MATRIZEN Multiplikation mit M = Diag(λ, λ 2,..., λ n ) entspricht der Multiplikation der i-ten Zeile mit dem Wert λ i (für i =,..., n). Multiplikation mit M = T ij entspricht dem Vertauschen der i-ten Zeile mit der j-ten Zeile. Multiplikation mit M = M ij (λ) entspricht der Addition des λ-fachen der j-ten Zeile zur i-ten Zeile. Die Multiplikation von rechts mit einer Elementarmatrix M Mat K (m, m) bewirkt die entsprechenden elementaren Spaltenumformungen. Beispiel Wir betrachten hier die Matrix A = Mat R (3, 4), 2 0 die wir von links mit den Elementarmatrizen Diag(2,, 3) = 0 0, T 23 = 0 0 und M 3 (5) = multiplizieren wollen, wobei Diag(2,, 3), T 23, M 3 (5) Mat R (3, 3) Diag(2,, 3) A = = Die Produktmatrix entsteht aus A durch Multiplikation der ersten Zeile mit 2, der zweiten Zeile mit und der dritten Zeile mit T 23 A = = Die Produktmatrix entsteht aus A durch vertauschen der zweiten und dritten Zeile M 3 (5) A = = Die Produktmatrix entsteht aus A durch Addition des fünffachen der dritten Zeile auf die erste Zeile. Satz Seien Diag(λ, λ 2,..., λ n ), wobei λ i 0, T ij und M ij (λ) für i j Elementarmatrizen. Dann sind diese Matrizen invertierbar und besitzen die folgenden Inversen: Diag(λ, λ 2,..., λ n ) = Diag(λ, λ 2,..., λ n ), 06

107 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.. MATRIZEN T ij = T ij, und M ij (λ) = M ij ( λ) Der Beweis dieses Satzes ergibt sich durch einfaches Nachrechnen, dass die angegebenen Matrizen die Inversen sind. Es ist auch möglich sich zu überlegen, dass diese Matrizen M genau den elementaren Zeilenumformungen entsprechen, die die Umformungen, die M bewirkt umkehren. Satz Jede invertierbare Matrix A Mat K (n, n) ist ein Produkt von invertierbaren Elementarmatrizen. Wir werden diesen Satz in Kürze beweisen, aber wir werden ihn jetzt bereits nutzen um die inverse Matrix einer invertierbaren Matrix zu bestimmen. Wir nehmen an, die invertierbare Matrix A Mat K (n, n) sei das Produkt von k invertierbaren Elementarmatrizen M,..., M k, das heißt A = M... M k, dann ist nach Satz 7..9 A = (M... M k ) = M k... M. Anders formuliert: Durch sukzessives Multiplizieren der Matrizen M, M 2,..., M k mit A entsteht die Einheitsmatrix. Das bedeutet, wir können A durch elementare Zeilenumformungen zu einer Einheitsmatrix transformieren. Führen wir gleichzeitig dieselben Zeilenumformungen an einer Einheitsmatrix durch, dann erhalten wir so die zu A inverse Matrix. Beispiel Sei A := ( ) 2 Mat 4 2 Q (2, 2) gegeben. Wir bestimmen A durch elementare Zeilenumformungen: ( ) ( ) ( ) ( ) + 6 Diese drei Zeilenumformungen entsprechen der Multiplikation von links mit den Matrizen ( ) ( ) ( ) M 0 = M = 0 und M3 2 =

108 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME so dass wir sehen, dass A = M3 M2 M ( ) ( ) = M = M 6 4 ( ) ( ) ( ) 2 0 = = ( gilt, in Übereinstimmung mit der obigen Rechnung. Ebenso sehen wir, dass A gleich dem Produkt M M 2 M 3 ist. Dafür berechnen mit Satz die Inversen der Elementarmatrizen und erhalten M = ( 0 4 ) M 2 = ( ) A = M M 2 M 3 ( ) ( ) 0 2 = M ( ) ( ) 0 2 = = und M 3 = ( 2 = M 0 6 ( ) ) ( ) 2 0 ) wie erwartet. Zur Probe zeigen wir noch, dass A A = E 2 ergibt. ( ) ( ) ( = ) ( ) 0 = Lineare Gleichungssysteme In diesem Abschnitt werden wir kennenlernen, wie man lineare Gleichungssysteme mithilfe von Matrizen kurz und knapp formulieren kann und uns damit beschäftigen, wie man sie löst. Definition 7.2. (Lineares Gleichungssystem) Sei K ein Körper. Ein lineares Gleichungssstem (kurz LGS) mit m Gleichungen und n Unbekannten und Koeffizienten in K hat die Form Ax = b, wobei A Mat K (m, n), x K n = Mat K (n, ), b K m = Mat K (m, ). Ist b = 0 V spricht man von einem homogenen LGS, sonst von einem inhomogenen LGS. Die Menge L(A, b) = {x K n Ax = b} K n heißt Lösungsmenge des LGS Ax = b. 08

109 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME Die Matrixmultiplikation ist genauso definiert, dass das Produkt aus einer Matrix mit einem Vektor bestehend aus Unbekannten (ein Vektor ist eine Matrix mit einer Spalte) uns ein lineares Gleichungssystem liefert. Beispiel Für a, a 2, a 2, a 22, b, b 2 K ist ( ) ( ) a a 2 x = a 2 a 22 x 2 ein LGS mit zwei Gleichungen und zwei Unbekannten. Anders formuliert: a x + a 2 x 2 = b a 2 x + a 22 x 2 = b 2 ( b b 2 ) Beispiel Sei A = Ax = ( ) 0 3, dann ist 2 0 ( ) 0 3 ( x x = x 3 ein LGS mit zwei Gleichungen und drei Unbekannten. ) x 2 + 3x 3 = 2x + x 2 ( ) 3 Satz Die Lösungsmenge eines homogenen LGS mit Koeffizienten aus K ist ein K-Vektorraum. Beweis. Da L(A, 0) K n also die Teilmenge eines Vektorraums ist, genügt es zu zeigen, dass L(A, 0) ein Untervektorraum des K n ist. Dafür müssen wir die Abgeschlossenheit bezüglich Addition und Skalarmultiplikation zeigen (s. Def. 6..5). Seien x, y Lösungen eines homogenen LGS, d.h. Ax = 0 und Ay = 0, sowie λ K. Dann gilt unter Verwendung von Satz 7..6 und 7..7: A(x + y) = Ax + Ay = = 0 und A(λx) = λax = λ0 = 0. Somit sind sowohl, x + y L(A, 0) und λx L(A, 0), das heißt L(A, 0) ist abgeschlossen bezüglich Addition und Skalarmultiplikation. Wir wollen nun eine Strategie entwickeln wie man die Lösungsmenge eines LGS bestimmen kann. Ist die Matrix A eine Diagonalmatrix, dann ist es einfach die Lösungsmenge zu bestimmen. Für andere Matrizen müssen wir uns zunächst überlegen, welche Art von Umformungen die Lösungsmenge des LSG nicht ändern um dann zu zeigen, in welche günstige Form die Matrix gebracht werden kann, so dass man die Lösungsmenge des LGS leicht bestimmen kann. 09

110 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME Definition Eine Matrix A hat obere Zeilenstufenform, wenn folgendes gilt: Sind in Zeile i die Einträge der ersten k Spalten gleich null, d.h. a i,..., a i(k ) = 0, aber a ik 0, dann müssen in Zeile i + mindestens die Einträge der ersten k Spalten a (i+),..., a (i+)k = 0 sein. Für eine Matrix in Zeilenstufenform heißt der erste von 0 verschiedene Eintrag jeder Zeile Leitkoeffizient dieser Zeile. Beispiel Folgende Matrizen haben obere Zeilenstufenform: a 0 b a a c 0 b b d 0 0 c c d e wobei a, b, c, d, e 0 die Leitkoeffizienten sind und für einen beliebigen Eintrag aus K steht. Satz Die Lösungsmenge eines LGS ändert sich nicht, wenn die Gleichung von links mit einer invertierbaren Matrix M multipliziert wird: wobei A = MA und b = Mb. L(A, b) = L(A, b ), Beweis. Wenn x eine Lösung von Ax = b ist, dann ist x auch Lösung von MAx = Mb. Wenn x eine Lösung von A x = b ist, dann ist x auch Lösung von M A x = M b, d. h. von M MAx = Ax = b = M Mb. Aufgrund von Satz sind die Elementarmatrizen Diag(λ, λ 2,..., λ n ), wobei λ i 0, T ij und M ij (λ) für i j invertierbar und entsprechen den elementaren Zeilenumformungen: Regel a: Vertauschen zweier Zeilen. Regel b: Addition des λ-fachen (λ K) der Zeile j zur Zeile i. Regel c: Multiplikation einer Zeile mit 0 λ K. Diese Zeilenumformungen ändern also nicht die Lösungsmenge eines LGS. Satz Jede Matrix lässt sich durch elementare Zeilenumformungen in obere Zeilestufenform bringen. Den Beweis dieses Satzes geben wir in Form eines Algorithmus an. 0

111 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME Algorithmus (Obere Zeilenstufenform) Eingabe: A = (a ij ) Mat K (m, n) Ausgabe: B Mat K (m, n) in oberer Zeilenstufenform Durchführung: () Betrachte die erste Spalte von A a.... a i. Sollte a = 0 gelten, tausche die erste Zeile mit einer Zeile j, für die a j 0 gilt (Regel a). Für jede Zeile in der a i 0 gilt, tun wir jetzt folgendes: Wir addieren das a i a -fache der ersten Zeile zur i-ten Zeile (Regel b). Somit ist der neue Eintrag in der i-ten Zeile und ersten Spalte a i a a + a i = 0. (2) Betrachte die restlichen Einträge unter rechts von a als neue Matrix à a à 0 und wende Schritt () auf diese an. Sind alle Einträge der ersten Spalte von à gleich 0, dann betrachten wir die Matrix A a A 0 0 und wende Schritt () auf diese an. Definition Sei A Mat K (m, n). Wir sagen, dass A in Gauß-Jordan-Form ist, wenn A in einer Zeilenstufenform ist, bei der alle Leitkoeffizienten sind und oberhalb der Leitkoeffizienten nur Nullen stehen. Beispiel 7.2. Folgende Matrizen haben Gauß-Jordan-Form:

112 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME wobei für einen beliebigen Eintrag aus K steht. Satz Jede Matrix A Mat K (m, n) kann durch elementare Zeilenumformungen in Gauß-Jordan-Form gebracht werden. Auch diesen Beweis geben wir in Form eines Algorithmus an. Algorithmus (Gauß-Jordan-Form) Eingabe: Eine Matrix A Mat K (m, n) Ausgabe: Eine Matrix B Mat K (m, n) in Gauß-Jordan-Form. Durchführung: () Bringe A in obere Zeilenstufenform mithilfe des Algorithmus (2) Sei a i 0 der Leitkoeffizient der i-ten Zeile, dann multipliziere diese Zeile mit /a i (Regel c). (3) Betrachte die erste Spalte von links mit einem Leitkoeffizienten. Steht in der j-ten Zeile über dem Leitkoeffizienten der i-ten Zeile ein Eintrag b 0, dann multipliziere die i-te Zeile mit b und addiere sie zur j-ten Zeile (Regel b). (4) Wende Schritt (3) von links nach rechts alle Spalten mit einem Leitkoeffizienten an. Beispiel Wir betrachten die Matrix A = die wir mithilfe elementarer Zeilenumformungen in Gauß-Jordan-Form bringen wollen. Zunächst wenden wir Algorithmus an um die Matrix in obere Zeilenstufenform zu bringen. Der erste Schritt besteht darin die ersten zwei Zeilen zu tauschen um oben links einen Eintrag zu erhalten, der nicht null ist Die so entstandene Matrix hat obere Zeilenstufenform. Im nächsten Schritt machen wir alle Leitkoeffizienten zu ( )

113 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME Im letzten Schritt müssen alle Einträge oberhalb von Leitkoeffizieten zu null werden. Dies ist nur in der 5.ten Spalten noch nicht der Fall: Diese Matrix hat nun Gauß-Jordan-Form. Definition Sei Ax = b ein lineares Gleichungssystem, dann nennen wir a... a n b (A, b) :=... Mat K (m, n + ) a m... a mn b m die erweiterte (Koeffizienten-)Matrix des linearen Gleichungssystems. Algorithmus (Lösen linearer Gleichungssysteme) Eingabe: Lineares Gleichungssystem Ax = b. Ausgabe: L(A, b). Durchführung: () Bringe die Matrix (A, b) auf Gauß-Jordan-Form (A, b ). Enthält die Spalte b einen Leitkoeffizienten von (A, b ), so besitzt das System keine Lösung. Andernfalls ist das System lösbar - fahre fort. (2) Finde die Lösungsmenge des homogenen linearen Gleichungssystems U := L(A, 0) = L(A, 0). Wähle dazu die Unbekannten, die nicht zu den Spalten der Leitkoeffizienten gehören als freie Parameter. Drücke alle anderen Unbekannten mithilfe dieser Parameter aus. (3) Suche eine spezielle Lösung w aus L(A, b ). Setze dazu die Unbekannten, die nicht zu den Spalten der Leitkoeffizienten gehören auf Null. Die Unbekannten, die zu den Spalten der Leitkoeffizienten gehören, sind durch b festgelegt. Gebe zurück. L(A, b) = w + U = {v K n v = w + u, u U} Wir werden im Verlauf von Abschnitt 7.3, insbesondere ab Seite 3, begründen warum uns dieser Algorithmus dieser Algorithmus wirklich die Lösungsmenge eines linearen Gleichungssystems berechnet. Hier wollen wir festhalten, dass sich durch das Umformen der erweiterten Koeffizienten-Matrix in Gauß-Jordan-Form die Lösungsmenge des LGS nicht ändert, da wir dabei nur elementare Zeilenumfomungen verwenden. 3

114 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.2. LINEARE GLEICHUNGSSYSTEME Beispiel Sei die folgende Matrix in Gauß-Jordan-Form gegeben (A, b) = Da in der Spalte b ein Leitkoeffizient steht, hat dieses LGS keine Lösung. In der letzten Zeile des LGS steht 0 x + 0 x x x x 5 =, eine Gleichung ohne Lösung. Beispiel Sei die folgende Matrix in Gauß-Jordan-Form gegeben (A, b) = (7.3) Da in der Spalte b kein Leitkoeffizient steht, hat das LGS eine oder mehrere Lösungen. Gemäß Schritt (2) von Algorithmus berechnen wir zunächst die Lösungen x = (x, x 2, x 3, x 4, x 5, x 6, x 7 ) des homogenen Systems (A, 0) = In den Spalten 2,3 und 5 steht kein Leitkoeffizient, weshalb wir die entsprechenden Unbekannten als freie Parameter wählen x 2 = α, x 3 = β und x 5 = γ. Die anderen Unbekannten liefert uns das homogene LGS. So entspricht die vierte Zeile der Gleichung x 7 = 0, die dritte Zeile der Gleichung x 6 = 0. Die zweite Zeile entspricht x 4 + 3x 5 = 0 x 4 = 3x 5 = 3γ. Und zuletzt betrachten wir die erste Zeile und erhalten x + 3x 2 + 8x 3 2x 5 = 0 x = 3x 2 8x 3 + 2x 5 = 3α 8β + 2γ. Dies liefert uns die Lösungsmenge L(A, 0) = {x K 7 } wobei x 3α 8β +2γ x 2 α 0 0 x 3 β 0 0 x = x 4 = 3γ = α 0 + β 0 + γ 3 x 5 γ 0 0 x x α, β, γ K. 4

115 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Um eine spezielle Lösung w L(A, b) = L(A, b ) zu berechnen, setzen wir entsprechend Schritt (3) in Algorithmus die Unbekannten, die zu Spalten ohne Leitkoeffizient gehören null, d. h. x 2 = x 3 = x 5 = 0. Die anderen Unbekannten sind durch die Spalte b = (b, b 2, b 3, b 4 ) bestimmt und können direkt in 7.3 abgelesen werden. Da der Leitkoeffizient der ersten Zeile in der ersten Spalte steht ist x = b = 4. Der Leitkoeffizient der zweiten Zeile steht in der vierten Spalte und somit ergibt sich x 4 = b 2 = 3. Nach dem gleichen Schema erhalten wir x 6 = 5 und x 7 = 6. Damit ist insgesamt L(A, b) = w + L(A, 0) = 3 + α 0 + β 0 + γ Lineare Abbildungen In den letzten Abschnitten haben wir uns mit Matrizen und linearen Gleichungssystem beschäftigt. Nun wollen wir zu den Vektorräumen zurückkehren und Abbildungen zwischen ihnen studieren. Dabei interessieren uns vor allem Abbildungen, die sich mit den Vektorraumoperationen (Addition und Skalarmultiplikation) vertragen. Solche Abbildungen nennt man linear. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß sich ihre Anwendung mit den Vektorraumoperationen vertauschen läßt, was in der Definition 7.3. präzisiert wird. Wir werden sehen, dass diese Art von Abbildungen immer durch Matrizen darstellen lassen, was uns ermöglicht neue Erkenntnisse über Matrizen und lineare Gleichungssysteme zu gewinnen. Definition 7.3. Eine Abbildung F : V W zwischen den K-Vektorräumen V und W heißt K-linear, falls für alle u, v V und für alle λ K F (u + v) = F (u) + F (v) (Verträglichkeit mit der Additon) (7.4) F (λv) = λf (v) (Verträglichkeit mit der Skalarmultiplikation) (7.5) gilt. Eine alternative Bezeichnung für eine K-lineare Abbildung ist der Begriff Vektorraumhomomorphismus, bzw. Homomorphismus. Die Menge aller Homomorphismen von V nach W wird mit Hom K (V, W ) bezeichnet. Eine lineare Abbildung F : V V von einem Vektorraum in sich selbst heißt Endomorphismus. Die Menge aller Endomorphismen von V in sich selbst wird mit End K (V ) bezeichnet. Ein bijektiver Homomorphismus ist ein Isomorphismus, ein bijektiver Endomorphismus ist ein Automorphismus. Gibt es einen Isomorphismus F : V W, dann sind V und W isomorph zueinander. 5

116 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Eine K-lineare Abbildung ist insbesondere immer auch ein Gruppenhomomorphismus von der additiven Gruppe (V, +) in die additiven Gruppe (W, +) (s. Abschnitt 4.2). Anstatt von K-linear spricht man meist einfach von linear, wenn in einem bestimmten Kontext klar ist, welcher Körper gemeint ist. Die beiden definierenden Eigenschaften linearer Abbildungen in (7.4) und (7.5) lassen sich gleichwertig in einer einzigen Gleichung F (λu + µv) = λf (u) + µf (v) (7.6) zusammenfassen, welche für alle λ, µ K und alle u, v V bestehen muß. Beispiel Die Abbildung F : K 2 K ( ) x x = F (x) = 4x 3x 2 x 2 ist linear, da F (x + x) = 4(x + x ) 3(x 2 + x 2 ) = (4x 3x 2 ) + (4 x 3 x 2 ) = F (x) + F ( x) und F (λx) = 4(λx ) 3(λx 2 ) = λ(4x 3x 2 ) = λf (x) gilt. Die Abbildung G : K 2 K ( ) x x = G(x) = 4x 3x hingegen ist nicht linear, da für 0 λ K gilt: x 2 G(λx) = 4(λx ) 3(λx 2 ) + 2 λ(4x 3x 2 + 2) = λg(x). Der konstante Term +2 sorgt hier dafür, dass G nicht linear ist. Auch die Abbildung ist nicht linear, da gilt H : K 2 K ( ) x x = H(x) = 4x 2 3x 2 x 2 H(x + x) = 4(x + x ) 2 3(x 2 + x 2 ) = 4(x 2 + x 2 + 2x x ) 3(x 2 + x 2 ) (4x 2 3x 2 ) + (4 x 2 3 x 2 ) = H(x) + H( x) sofern x, x 0. Hier bereitet der quadratische Term x 2 Probleme, da wir aufgrund der binomischen Formel (x + x ) 2 = x 2 + x2 + 2x x erhalten und nicht x 2 + x2 wie es für Linearität notwendig wäre. 6

117 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Beispiel Sei V ein Vektorraum der Dimension n und B = {b,..., b n } eine Basis, dann ist v = F : V K n n λ i b i (λ,..., λ n ) i= eine bijektive K-lineare Abbildung (also ein Isomorphismus), die sogenannte Koordinatenabbildung. Zunächst einmal stellen wir fest, dass die Abbildung F wohldefiniert ist, also Sinn ergibt. Da B eine Basis von V ist, kann jeder Vektor v V auf eindeutige Art und Weise als Linearkombination der Basisvektoren geschrieben werden (s. Bem ). Für jedes v V gibt es daher eindeutig bestimme Skalare λ,..., λ n K, so dass v = n λ i b i gilt. Diese Skalare fassen wir zu einem Vektor (λ,..., λ n ) K n zusammen, der ebenfalls eindeutig bestimmte ist. Eigentlich spielt die Reihenfolge der Basisvektoren keine Rolle, aber zur Definition dieser Abbildung müssen wir eine Reihenfolge festlegen, so dass auch die Skalare λ i geordnet sind. Nun zeigen wir Linearität und Bijektivität: Sei v = n ( n ) λ i b i und λ K, dann ist λv = λ λ i b i = n λλ i b i und somit gilt: i= i= i= ( n ) F (λv) = F (λλ i )b i = (λλ,..., λλ n ) = λ(λ,..., λ n ) = λf (v). i= Seien u = n µ i b i und v = n λ i b i, dann ist u+v = n µ i b i + n λ i b i = n (µ i +λ i )b i i= i= und somit gilt: ( n ) F (u + v) = F (µ i + λ i )b i i= i= i= i= = (µ + λ,..., µ n + λ n ) = (µ,..., µ n ) + (λ,..., λ n ) = F (u) + F (v). Die Abbildung F ist bijektiv, da i= G : K n V (λ,..., λ n ) v = n λ i b i i= eine Umkehrabbildung definiert. 7

118 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Beispiel Sei A Mat K (m, n) eine Matrix, dann ist F A : K n K m x A x eine K-lineare Abbildung. Wir bemerken zunächst, dass ein Spaltenvektor dasselbe ist wie eine Matrix mit einer Spalte, d. h. x K n = Mat K (n, ) und somit das Matrixprodukt A x Mat K (m, ) gebildet werden kann. Die Linearität der Abbildung folgt aus den Rechenregeln für Matrizen. Die Forderung (7.4) folgt aus dem Distributivgesetz 7..6 für die Matrixmultiplikation F A (x + y) = A(x + y) = Ax + Ay = F A (x) + F A (y), desweiteren benutzen wir Satz 7..7 um (7.5) zu zeigen: F A (λx) = A(λx) = λax = λf A (x). Eigenschaften der Abbildung F A, wie zum Beispiel Injektivität und Surjektivität lassen sich nun in die Sprache der linearen Gleichungssysteme übersetzen. F A ist injektiv ist gleichbedeutend mit der Tatsache, dass für x y auch Ax Ay ist. Dies bedeutet, dass das LGS Ax = b für alle b K m höchstens eine Lösung hat. F A ist surjektiv ist gleichbedeutend mit der Tatsache, dass es für alle b K m ein x K n gibt, so dass Ax = b. Dies bedeutet, dass das LGS Ax = b für alle b K m mindestens eine Lösung hat. F A ist bijektiv ist gleichbedeutend mit der Tatsache, dass das LGS Ax = b für alle b K m genau eine Lösung hat. Wir werden in Kürze sehen, dass wir jeder K-linearen Abbildung zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen eine Matrix zuordnen können. Aus diesem Grund werden wir immer wieder auf das Beispiel zurückkommen und uns mit seiner Hilfe abstrakte Begriffe veranschaulichen. Proposition Seien U, V, W K-Vektorräume und F : U V und G : V W K-lineare Abbildungen. Dann gelten folgende Aussagen: i) Die Verknüpfung G F : U W ist eine K-lineare Abbildung. ii) Angenommen F sei bijektiv, dann ist die Umkehrabbildung F : V U eine K-lineare Abbildung. 8

119 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Beweis. i) Für alle u, u 2 U und λ, µ K gilt (G F )(λu + µu 2 ) = G(F (λu + µu 2 )) Definition der Verknüpfung = G(λF (u ) + µf (u 2 )) Linearität von F = λg(f (u )) + µg(f (u 2 )) Linearität von G = λ(g F )(u ) + µ(g F )(u 2 ) Definition der Verknüpfung. Dies zeigt die Linearität der Verknüpfung linearer Abbildungen. ii) Seien u, u 2 U fest, dann bezeichnen wir die Bilder unter F mit F (u ) = v und F (u 2 ) = v 2. Seien außerdem λ, µ K, dann können wir nachrechnen F (λv + µv 2 ) = F (λf (u ) + µf (u 2 )) Definition v i = F (F (λu + µu 2 )) Linearität von F = λu + µu 2 F F = id = λf (F (u )) + µf (F (u 2 )) F F = id = λf (v ) + µf (v 2 ) Definition v i. Dies zeigt die Linearität der Umkehrabbildung einer linearen Abbildung. Eine Konsequenz dieser Proposition ist, dass die Menge der Automorphismen eines Vektorraums eine Gruppe bilden. Satz (Erste Eigenschaften linearer Abbildungen) Ist F : V W K-linear, so gilt: i) Der Nullvektor in V wird stets auf den Nullvektor in W abgebildet, d.h. F (0 V ) = 0 W. ii) Bilder linear abhängiger Vektoren in V sind linear abhängig in W. iii) Urbildvektoren linear unabhängiger Vektoren in F (V ) W sind linear unabhängig in V. Beweis. ad i) Da der Nullvektor das neutrale Element der Vektoraddition ist, muß unter Ausnutzung der Linearität von F F (0 V ) = F (0 V + 0 V ) = F (0 V ) + F (0 V ) gelten. Subtraktion von F (0 V ) W auf beiden Seiten liefert die äquivalente Gleichung 0 W = F (0 V ). ( Diese Aussage hätte auch direkt aus Proposition gefolgert werden können, da eine K-lineare Abbildung immer auch ein Gruppenhomomorphismus der additiven Gruppen ist.) ad ii) Die Vektoren v,..., v n V seien linear abhängig. Es gibt dann Skalare λ,..., λ n K, welche nicht sämtlich verschwinden, mit λ v λ n v n = 0 V. 9

120 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Wenden wir auf beiden Seiten dieser Gleichung die lineare Abbildung F an, so folgt wegen der Linearität und der Eigenschaft i) λ F (v ) λ n F (v n ) = F (0 V ) = 0 W. Damit stellen sich aber auch die Bildvektoren F (v ),..., F (v m ) in W als linear abhängig heraus wie behauptet. ad iii) Eine Aussage der Form A B ist genau dann richtig, wenn die Aussage B A richtig ist (s. Satz 2.3). In Implikationsform liest sich Aussage ii) folgendermaßen: v,..., v k V linear abhängig w := F (v ),..., w n := F (v k ) linear abhängig. Da die Negation von linear abhängig linear unabhängig ist, lautet die Kontraposition dieser Implikation: w := F (v ),..., w n := F (v k ) linear unabhängig v,..., v k V linear unabhängig. Also stellt die Implikation in iii) die Kontraposition der Implikation in ii) dar. Deshalb sind die Aussagen ii) und iii) zueinander äquivalent. N.B.: Es sei betont, daß eine lineare Abbildung im allgemeinen linear unabhängige Vektoren nicht auf linear unabhängige Bildvektoren abbildet. Die lineare Unabhängigkeit kann also durch Anwendung einer linearen Abbildung verloren gehen. Satz (Festlegung linearer Abbildungen durch Basisbildvektoren) Es sei V ein endlichdimensionaler Vektorraum mit der Basis v,..., v m. Ferner seien w,..., w m beliebige Vekoren aus W. Dann gibt es genau eine lineare Abbildung F : V W mit F (v i ) = w i für alle i {,..., m}. Beweis. Da eine Basis ein linear unabhängiges Erzeugendensystem darstellt, gibt es für jedes v V eindeutig bestimmte Koeffizienten α,..., α m K mit Aufgrund der Linearität von F folgt v = α v α m v m. F (v) = α F (v ) α m F (v m ) = α w α m w m. Die Eindeutigkeit der Darstellung von v als Linearkombination der Basisvektoren stellt sicher, daß F (v) wohlbestimmt ist. Offensichtlich ist F durch die Wirkung auf die Basisvektoren vollständig festgelegt, denn für jedes v V läßt sich F (v) in eindeutiger Weise berechnen. 20

121 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Definition Sei F : K n K m eine K-lineare Abbildung. Wir definieren eine Matrix M F Mat K (m, n), die Darstellungsmatrix der linearen Abbildung, durch... M F = F (e ) F (e 2 )... F (e n )... dabei werden mit e i die Standardbasisvektoren (s. Beispiel 6.2.7) bezeichnet und F (e i ) K m ist das Bild des i-ten Basisvektors. Bemerkung Aufgrund von Satz ist die Abbildung F bereits durch die Vektoren F (e ),..., F (e n ) eindeutig bestimmt, da e,..., e n eine Basis des K n ist. Die Abbildung F lässt sich durch F : K n K m x M F x zurückgewinnen (s. Beispiel 7.3.4). Zum einen gilt ( n ) n F (x) = F x i e i = x i F (e i ), i= zum anderen können wir berechnen, dass gilt:... x M F x = F (e ) F (e 2 )... F (e n ). = x F (e ) + x 2 F (e 2 ) x n F (e n ).... x n i= Beispiel Wir betrachten die lineare Abbildung F : K 2 K 3 ( ) 2x x 3x x x 2 2 x + 2x 2 Durch Einsetzen können wir die Bilder der Standardbasisvektoren e und e 2 bestimmen ( ) 2 ( ) 0 0,, 0 somit ist die Matrix dieser Abbildung durch 2 0 M F =

122 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN gegeben. Wir erhalten die Abbildung F zurück, durch 2 0 ( ) 2x + 0x M F x = 3 x = 3x x + x 2 = x 3 + x x + 2x 2 2 Satz 7.3. Seien F : K p K n und G : K n K m lineare Abbildungen, die durch die Matrizen M F Mat K (n, p), bzw. M G Mat K (m, n) gegeben sind. Dann ist die Matrix der verknüpften Abbildung G F : K p K m durch die Matrix gegeben. M G F = M G M F Mat K (m, p) Beweis. Zunächst bemerken wir, dass das Matrixprodukt M G M F berechnet werden kann, da M G Mat K (m, n) und M F Mat K (n, p). Wir bezeichnen die Standardbasis des K p mit ẽ,..., ẽ p, die Standardbasis des K n mit ē,..., ē n und die Standardbasis des K m mit e,..., e m. Sei M G = A und M F = B, dann gilt per Definition, dass b lj = F (ẽ j ) l die l-te Komponente von F (ẽ j ) a il = G(ē l ) i die i-te Komponente von G(ē l ) Und somit können wir den Spaltenvektor F (ẽ j ) K n als Linearkombination der Basisvektoren ē,..., ē n schreiben: b j b j 0 0 b 2j F (ẽ j ) =. = 0. + b 2j b nj 0. b nj (7.7) = b j. + b 2j b nj. n 0 = b lj ē l l= 0. Ebenso können wir den Spaltenvektor G(ē l ) K m als Linearkombination der Basisvektoren e,..., e m schreiben: G(ē l ) = m a il e i. (7.8) i= 22

123 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Nun können wir den Vektor in der j-ten Spalte der Matrix M G F bestimmen: G F (ẽ j ) = G(F (ẽ j )) Definition der Verknüpfung von G und F n = G( b lj ē l ) Einsetzen von (7.7) = = = = l= n b lj G(ē l ) l= Linearität von G n m b lj a il e i Einsetzen von (7.8) l= i= ( m n ) a il b lj e i Distributivgesetz und Assoziativgesetz i= l= m (A B) ij e i Definition des Matrixprodukts A B i= Somit ist die j-te Spalte der Darstellungsmatrix der Abbildung G F genau durch die j-spalte des Matrixprodukts AB = M G M F gegeben. Korollar Sei id : K n K n die Identität, dann ist M id = E n. Sei F : K n K m bijektiv, dann ist M F = M, insbesondere muss n = m sein. F Beweis. Die Spalten der Matrix M id sind die Bilder der Basisvektoren e,..., e n. Da diese durch die Identität auf sich selbst abgebildet werden, erhalten wir die Einheitsmatrix M id = e e 2... e n = = E n Wenn F : K n K m bijektiv ist, dann existiert eine Umkehrabbildung F : K m K n, so dass F F = id K n und F F = id K m. Somit folgt aus Satz 7.3., dass gilt: M F F = M F M F = M idk n = E n und M F F = M F M F = M idk m = E m. Somit ist also M F die zu M F inverse Matrix. Diese kann aber nur dann gebildet werden, wenn M F quadratisch ist, das heißt wenn m = n gilt. Analog zu den Definitionen für Gruppenhomomorphismen (s. Definition 4.2.5) definieren wir auch für eine lineare Abbildung den Kern und das Bild dieser Abbildung. Definition Sei F : V W eine K-lineare Abbildung zwischen den Vektorräumen V und W. Dann heißt die Teilmenge Kern F := F (0 V ) = {v V : F (v) = 0 W } V 23

124 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Kern oder Nullraum von F. Desweiteren nennt man das Bild von F. Bild(F ) = F (V ) = {w W : v V mit F (v) = w} W Aufgrund von Satz und sind diese Mengen Untergruppen der additiven Gruppen (V, +), bzw (W, +). Wir zeigen hier, dass sie auch Untervektorräume sind. Satz Sei F : V W K-linear, dann sind Kern(F ) und F (V ) Untervektorräume. Beweis. Aufgrund von Definition 6..5 müssen wir die Abgeschlossenheit dieser Mengen bezüglich Addition und Skalarmultiplikation zeigen. Sei v, v 2 Kern F, das heißt es gilt F (v ) = F (v 2 ) = 0 W, dann gilt aufgrund der Linearität von F F (v + v 2 ) = F (v ) + F (v 2 ) = 0 W + 0 W = 0 W, und somit ist auch v + v 2 Kern F und wir haben die Abgeschlossenheit bezüglich der Addition gezeigt. Sei nun λ K, dann gilt: F (λv ) = λf (v ) = λ0 W = 0 W, also ist λv Kern F und die Abgeschlossenheit bezüglich der Skalarmultiplikation wurde bewiesen. Seien w, w 2 F (V ), das heißt es gibt v, v 2 V mit F (v ) = w und F (v 2 ) = w 2, dann gilt w + w 2 = F (v ) + F (v 2 ) = F (v + v 2 ) F (V ) und λw = λf (v ) = F (λv ) F (V ) wodurch wir auch für das Bild F (V ) die Abgeschlossenheit bezüglich der Addition und der Skalarmultiplikation gezeigt haben. Bemerkung Sei F A : K n K m, x A x eine lineare Abbildung, gegeben durch die Matrix A Mat K (m, n). Dann gilt Kern(F A ) = {x K n Ax = 0} = L(A, 0). Der Kern entspricht also der Lösungsmenge des homogenen LGS Ax = 0. Außerdem gilt F (V ) = {b K m x K n mit Ax = b} = LH(A(e ),..., A(e n )). Das entspricht allen Vektoren b K m, für die das LGS Ax = b eine Lösung hat. Wir in Bemerkung beschrieben, liefert das Produkt der Matrix A mit dem Vektor x eine Linearkombination der Spalten von A. Die Spalten der Matrix entsprechen den Bildern A(e ),..., A(e n ) und somit ist das Bild gleich der linearen Hülle dieser Vektoren. 24

125 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Analog zum Satz für Gruppenhomomorphismen können wir hilhilfe des Kerns ein Kriterium für Injektivität formulieren. Man beachte, daß {0 W } W ein Untervektorraum von W ist. Das Nullelement bildet den kleinst mögliche Untervektorraum (der Dimension 0), welcher in jedem Vektorraum vorhanden ist und daher als der triviale Unterraum bezeichnet wird. Satz (Injektivitätskriterium) Eine lineare Abbildung ist genau dann injektiv, wenn ihr Kern trivial ist, d.h. ihr Kern besteht nur aus dem Nullvektor. Beweis. Wir betrachten die lineare Abbildung F : V W zwischen den Vektorräumen V und W. Die Implikation F injektiv Kern F = {0 V } ist offensichtlich; denn wenn F injektiv ist, darf neben dem Nullvektor 0 V kein weiterer Vektor aus V auf den Nullvektor 0 W abgebildet werden. Somit erzwingt die Injektivität Kern F = F (0 W ) = {0 V }. Die umgekehrte Implikation Kern F = {0} F injektiv zeigen wir per Kontraposition. Angenommen F sei nicht injektiv, dann gibt es einen Vektor w W und zwei verschiedene Vektoren v, v 2 V mit F (v ) = F (v 2 ) = w. Wegen v v 2 ist v v 2 0 V. Andererseits gilt F (v v 2 ) = F (v ) F (v 2 ) = w w = 0 W. Also ist v v 2 Kern F, d.h. der Kern von F kann nicht nur den Nullvektor 0 V enthalten. Bemerkung Wir haben in Algorithmus gesehen, dass die Lösungsmenge des inhomogenen Problems Ax = b (sofern sie nicht leer ist) folgende Form hat: L(A, b) = w + L(A, 0) wobei w eine spezielle Lösung von Ax = b ist. Da die Lösungsmenge des homogenen Systems genau der Kern der Abbildung A : K n K m, x Ax, sehen wir, dass es genau dann eine eindeutige Lösung des LGS Ax = b gibt, wenn die Lösungsmenge des homogenen LGS nur aus dem Nullvektor besteht. Definition Sei F : V W eine K-lineare Abbildung, dann nennen wir die Dimension des Bildes F (V ) den Rang der Abbildung rang F := dim K F (V ). Da das Bild der Abbildung ein Untervektorraum von W ist, erhalten wir direkt eine obere Abschätzung für den Rang: rang F dim K W. Aber es muss auch rang F dim K V gelten, da F (V ) nicht größer als V sein kann (dies folgt aus Satz 7.3.6, da die Urbilder einer Basis von F (V ) auch in V linear unabhängig sind und somit zu einer Basis ergänzt werden können.) 25

126 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Satz (Kern-Bild-Satz) Es sei V endlichdimensional und F : V W eine lineare Abbildung in einen Vektorraum W beliebiger Dimension. Dann besteht die Dimensionsformel dim K V = dim K Kern F + rang F. (7.9) Genauer gilt folgendes: Ist u,..., u k eine Basis von Kern F und w,..., w r eine Basis von F (V ) mit den Urbildern v,..., v r, dann ist u,..., u k, v,..., v r eine Basis von V. N.B.: k, r dim K V. Beweis. Gemäß der beiden definierenden Eigenschaften einer Vektorraumbasis erfolgt der Beweis in zwei Etappen. ) Wir zeigen zunächst, dass die Vektoren u,..., u k, v,..., v r ein Erzeugendensystem von V sind, d. h. es gilt LH(u,..., u k, v,..., v r ) = V. Es sei v V beliebig vorgegeben. Da F (v) F (V ), existieren aufgrund der Voraussetzung, dass w,..., w r eine Basis des Bildes ist, Skalare β,..., β r K mit F (v) = β w β r w r = β F (v ) β r F (v r ) = F ( β v β r v r ) Es folgt somit 0 W = F (v) F ( β v β r v r ) = F (v β v... β r v r ). Also gilt v β v... β r v r Kern F. Wiederum aufgrund der Voraussetzung, dass u,..., u k eine Basis des Kerns ist, gibt es Koeffizienten α,..., α k K derart, daß v β v... β r v r = α u α k u k bzw. v = α u α k u k + β v β r v r. Da v V beliebig gewählt war, folgt die Behauptung, dass jedes v V eine Linearkombination der Vektoren u,..., u k, v,..., v r ist. 2) Zeige: u,..., u k, v,..., v r sind linear unabhängig. Dazu ist zu zeigen, daß sich 0 V nur auf triviale Weise linear kombinieren läßt. Angenommen es gelte 0 V = λ u λ k u k + µ v µ r v r. (7.0) Anwenden von F liefert unter Ausnutzung der Linearität die Gleichung 0 W = F (0 V ) = λ F (u ) } {{ } λ k F (u k ) +µ F (v ) µ r F (v r ) } {{ } =0 W =0 W = µ w µ r w r Da die Vektoren w,..., w r nach Voraussetzung eine Basis von F (V ) bilden und damit linear unabhängig sind, kann die Gleichung nur für µ =... = µ r = 0 erfüllt sein. 26

127 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Dies setzen wir in Gleichung (7.0) ein und erhalten 0 V = λ u λ k u k. Die Vektoren u,..., u k sind als Basis von Kern F ebenfalls linear unabhängig, weshalb die Gleichung wiederum nur für λ =... = λ k = 0 bestehen kann. Damit ist (7.0) allein trivial erfüllbar, was zu zeigen war. Dies ist einer der wichtigsten Sätze der Theorie, der unter anderem folgende Konsequenz hat. Korollar (Zusammenhang zwischen injektiv und surjektiv) Für eine lineare Abbildung F : V W zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen gleicher Dimension (dim K V = dim K W ) sind folgende Aussagen äquivalent: i) F ist injektiv. ii) F ist surjektiv. iii) F ist bijektiv. Beweis. i) ii) Ist F injektiv, so ist der Kern trivial nach Satz 7.3.6, d.h. es gilt dim ker F = 0. Die Dimensionsformel (7.9) reduziert sich dann zu dim V = dim F (V ). Da voraussetzungsgemäß V und W die gleiche Dimension haben gilt ferner dim F (V ) = dim W. Somit ist der Unterraum F (V ) W von gleicher Dimension wie W selbst. Dies ist nur möglich, wenn F (V ) = W ist, womit sich F als surjektiv erweist. ii) iii) Ist F surjektiv, so gilt F (V ) = W und damit unter Benutzung der Voraussetzung dim F (V ) = dim W = dim V. Die Dimensionsformel (7.9) erfordert dann dim ker F = 0, so daß F nach Satz auch injektiv ist. Damit ist F sowohl surjektiv wie injektiv und ergo bijektiv. iii) i) Eine bijektive Abbildung ist per Definition zugleich injektiv und surjektiv. Es ist daher nichts zu beweisen. Korollar Seien V, W endlichdimensionale K-Vektorräume und F : V W eine lineare Abbildung. Dann gilt: i) Wenn F injektiv ist, dann dim V dim W. ii) Wenn F surjektiv ist, dann ist dim W dim V. Beweis. i) Wenn F injektiv ist, dann ist dim ker F = 0 und somit gilt dim V = dim F (V ). Da aber immer dim F (V ) dim W ist, erhalten wir dim V dim W. ii) Wenn F surjektiv ist, dann ist dim F (V ) = dim W und somit dim V = dim ker F + dim W, wodurch wir dim W dim V erhalten. Korollar Zwei K-Vektorräume sind genau dann zueinander isomorph, wenn sie die gleiche Dimension haben. Insbesondere ist jeder endlich dimensionale Vektorraum der Dimension n isomorph zum K n. 27

128 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Beweis. Wir haben bereits in Beispiel einen Isomorphismus von einem Vektorraum V der Dimension n in den K n angegeben. Seien V, W zwei Vektorräume der Dimension n und F : V K n, G : W K n die Isomorphismen aus Beispiel 7.3.3, dann ist G F : V W aufgrund von Proposition und ein Isomorphismus. Wir haben also einen Isomorphismus zwischen Vektorräumen gleicher Dimension konstruiert. Jetzt müssen wir noch zeigen, dass zwischen Vektorräumen verschiedener Dimensionen keinen Isomorphismus geben kann. Seien jetzt V, W Vektorräume unterschiedlicher Dimension dim V = n und dim W = m, mit n m und angenommen F : V W ist ein Isomorphismus. Dann gilt Kern(F ) = {0 V } und F (V ) = W und somit folgt aus der Dimensionsformel dim V = dim Kern(F ) + dim F (V ) n = 0 + dim W = m im Widerspruch zur Annahme. Somit kann es einen Isomorphismus zwischen V und W nur geben, wenn dim K V = dim K W gilt. Den Begriff des Rangs haben wir sowohl für Matrizen (s. Def. 7..7), als auch für lineare Abbildungen (s. Def ) eingeführt. Wir werden hier sehen, dass es sich dabei im wesentlichen um dasselbe handelt. Satz Sei F : K n K m eine K-lineare Abbildung mit Darstellungsmatrix M F Mat K (m, n). Dann gilt rang F = rang M F. Beweis. Der Rang der Abbildung F ist die Dimension des Bildes F (V ). Da die Standardbasis e,..., e n eine Basis des K n ist, wird das Bild von den Vektoren F (e ),..., F (e n ) erzeugt. Eine Basis des Bildes ist daher eine maximale linear unabhängige Teilmenge dieser Vektoren. Da diese Vektoren aber genau die Spalten der Matrix M F sind, entspricht dies der Definition des (Spalten)rangs der Matrix M F. Korollar Eine Matrix A Mat K (n, n) ist genau dann invertierbar, wenn rang A = n gilt. Beweis. Wenn der Rang der Matrix A gleich n ist, dann heißt das, dass das Bild der Abbildung K n K n, x Ax n-dimensional ist. Da das Bild ein Untervektorraum des K n ist, muss das Bild schon gleich dem K n sein. Somit ist die durch A definierte Abbildung surjektiv und dies ist nach Korollar gleichbedeutend mit bijektiv. Dies bedeutet wiederum, dass es eine Umkehrabbildung gibt, die durch die zu A inverse Matrix gegeben ist (s. Korollar 7.3.2). Wir wollen jetzt Korollar benutzen um Aussagen über die Lösungsmenge von linearen Gleichungssystem zu treffen, die durch quadratische Matrizen gegeben sind. Beispiel Sei A Mat K (n, n) eine quadratische Matrix und Ax = b ein LGS. Die Matrix definiert eine lineare Abbildung F A : K n K n, x Ax auf die wir Korollar anwenden können (da dim K n = dim K n ). Daher gelten folgende Aussagen: 28

129 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Ist das LGS für alle b K n lösbar, dann sind diese Lösungen eindeutig. Die Lösbarkeit des LGS für alle b K n entspricht der Surjektivität von F A. Dann ist aber F A auch injektiv und diese Lösungen sind eindeutig. Wenn Ax = 0 nur die triviale Lösung hat, dann ist das LGS Ax = b für alle b K n eindeutig lösbar und diese Lösung ist durch x = A b gegeben. Die Lösungsmenge des homogenen LGS Ax = 0 ist der Kern der Abbildung F A. Besteht der Kern nur aus dem Nullvektor, dann ist F A injektiv (Satz 7.3.6) und aufgrund von Korollar auch surjektiv, woraus sich die Lösbarkeit des inhomogenen LGS Ax = b für alle b K n ergibt. Aufgrund der Bijektivität von F A ist die Matrix A invertierbar und wir können die Gleichung Ax = b von links mit A multiplizieren, wodurch wir A Ax = x = A b erhalten. Für den nächsten Satz über den Rang, benötigen wir einige Erkenntnisse für die Einschränkung einer Abbildung (s. Definition 3.2.5). Lemma Sei F : V W eine K-lineare Abbildung zwischen Vektorräumen V, W und sei U V ein Untervektorraum. Dann ist F U : U W eine lineare Abbildung. Ist F zusätzlich injektiv, dann ist die Abbildung G : U F (V ), v F (v) bijektiv. Beweis. Die Einschränkung einer linearen Abbildung auf einen Untervektorraum ist wieder linear, denn da die Bedingungen für Linearität für alle v, v 2 V und λ K gelten, dann gelten sie insbesondere auch für alle v, v 2 U V und λ K. Wenn F injektiv ist, dann ist nach Proposition auch die Einschränkung F U : U W injektiv. Ebenfalls nach Proposition ist dann G : U F (V ) surjektiv und weiterhin injektiv, da die Injektivität durch eine Verkleinerung des Bildraums nicht verloren geht. Der nächste Satz besagt, dass sich der Rang einer Abbildung nicht ändert, wenn sie mit invertierbaren Abbildungen verknüpft wird. Satz Sei F : V W eine lineare Abbildung. Seien L : V V und L 2 : W W Isomorphismen. Dann gilt: rang(l 2 F L ) = rang F. Beweis. Wir zeigen diesen Satz in zwei Schritten. Zunächst beweisen wir, dass sich der Rang nicht ändert, wenn von rechts mit einer invertierbaren Abbildung verknüpft wird, d.h. wir zeigen rang(f L ) = rang F. Da die Abbildung L bijektiv, also insbesondere surjektiv ist, gilt L (V ) = V und daher gilt: (F L )(V ) = F (L (V )) = F (V ). (7.) Da das Bild von F gleich dem Bild von F L ist, sind insbesondere auch die Dimensionen dieser Vektorräume gleich, aber die Dimension des Bildes ist genau der Rang der Abbildung. 29

130 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Im zweiten Schritt zeigen wir, dass sich der Rang nicht ändert, wenn von links mit einer invertierbaren Abbildung verknüpft wird, d.h. wir zeigen rang(l 2 F ) = rang F. Da die Abbildung L 2 : W W bijektiv, also insbesondere injektiv ist, können wir sie auf F (V ) W einschränken und Lemma benutzen. Daraus folgt, dass L 2 : F (V ) L 2 (F (V )) eine bijektive lineare Abbildung ist. Nach Korollar kann es solch eine Abbildung nur geben, wenn die Vektorraume F (V ) und L 2 (F (V )) die gleiche Dimension haben. Aber das genau die Bilder der Abbildungen F, bzw L 2 F und bedeutet, dass rang(l 2 F ) = rang F gilt. Dieser Satz lässt sich ebenfalls in die Sprache der Matrizen übersetzen. Korollar Sei A Mat K (m, n) eine Matrix und seien M Mat K (m, m) und N Mat K (n, n) invertierbare Matrizen, dann gilt: rang(a) = rang(m A N) Beweis. Seien L : K m K m, x Mx, L 2 : K n K n, x Nx und F : K n K m, x Ax die entsprechden linearen Abbildungen zu den Matrizen. Da M und N invertierbar sind, sind die Abbildungen L und L 2 Isomorphismen und wir können Satz anwenden und erhalten rang(l 2 F L ) = rang F, somit gilt dieselbe Gleichungen für die entsprechenden Matrizen aufgrund von Satz Korollar Sei A Mat K (n, m) eine Matrix, dann ändert sich der Rang von A durch elementare Zeilen- und Spaltenumformungen nicht. Beweis. Elementare Zeilenumformungen entsprechen der Multiplikation von links mit invertierbaren Elementarmatrizen, wohingegen elementare Spaltenumformungen der Multiplikation von rechts mit invertierbaren Elementarmatrizen entsprechen. Somit ändert sich nach Korollar der Rang der Matrix A durch diese Umformungen nicht. Korollar Sei A Mat K (n, m) eine Matrix, dann ändert sich das Bild von A nicht durch Spaltenumformungen. Beweis. Im Beweis zu Satz haben wir insbesondere gesehen, dass sich das Bild einer linearen Abbildung nicht ändert, wenn man sie von rechts mit einer bijektiven Abbildung verknüpft (s. Gl. 7.). In der Sprache der Matrizen entsprechen Verknüpfungen von rechts mit Elementarmatrizen Spaltenumformungen, woraus wir die Aussage folgern. Satz Sei A Mat K (m, n) eine Matrix in oberer Zeilenstufenform. Dann entspricht der Rang dieser Matrix der Anzahl der Leitkoeffizienten. 30

131 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.3. LINEARE ABBILDUNGEN Beweis. Der Rang einer Matrix ist gleich den Spalten- oder Zeilenrang. Da in oberer Zeilenstufenform die Zeilen mit Leitkoeffizienten linear unabhängig sind, folgt daraus direkt die Aussage. Da sich der Rang einer Matrix nicht durch elementare Zeilenumformungen ändert, haben wir nun eine Methode um den Rang zu bestimmen: Die Matrix wird in obere Zeilenstufenform gebracht, in der der Rang direkt abgelesen werden kann. Beispiel Wir betrachten die Matrix A = , 0 0 von der wir den Rang bestimmen wollen. Dafür bringen A in obere Zeilenstufenform: ( 2) + ( 4 3 ) Die entstandene Matrix hat 3 Leitkoeffizienten und somit Rang 3, da elementare Zeilenumformungen den Rang nicht ändern, hat also auch A den Rang 3. ( ) + Nun haben wir alle notwendigen Informationen um den Algorithmus zum Lösen eines linearen Gleichungssystems begründen zu können. Zunächst halten wir noch einmal fest, dass sich die Lösungsmenge eines LGS sich durch elementare Zeilenumformungen nicht ändert, weshalb wir die erweiterte Koeffizientenmatrix (A, b) in Gauss-Jordan-Form bringen können ohne die Lösungsmenge zu ändern (s. Satz 7.2.2). Satz Sei Ax = b ein lineares Gleichungssystem. Es gilt b Bild(A) genau dann, wenn rang(a) = rang(a, b). Beweis. Sei b Bild(A). Dann ist b eine Linearkombination der Spalten von A, also gilt rang(a) = rang(a, b). Gelte rang(a) = rang(a, b). Dann ist b eine Linearkombination der Spalten von A und damit liegt b im Bild von A. Korollar Das lineare Gleichungssystem Ax = b besitzt genau dann eine Lösung, wenn rang(a) = rang(a, b). 3

132 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN Beweis. Dies folgt direkt aus dem vorhergehenden Korollar, da das LGS nur dann eine Lösung hat, wenn b im Bild von A ist. Dies liefert uns die Begründung für Schritt () in Algorithmus Steht in der Spalte b der erweiterten Koeffizientenmatrix kein Leitkoeffizient, dann ist rang(a) = rang(a, b) und somit ist Ax = b lösbar. Satz Sei Ax = b ein lineares Gleichungssystem und w L(A, b) eine spezielle Lösung des inhomogenen Gleichungssystems. Dann ist L(A, b) = w + Kern(A) := {w + x x Kern(A)} Beweis. (i) Wir zeigen w + Kern(A) L(A, b). Sei y Kern(A). Dann ist also w + y L(A, b). (ii) Wir zeigen L(A, b) w + Kern(A). Sei v L(A, b). Dann ist A(w + y) = Aw + Ay = b + 0 = b, A(v w) = Av Aw = b b = 0, also v w Kern(A) und demnach v w + Kern(A). Dies liefert die Begründung für den Schritt (3) in Algorithmus Bemerkung Sei A Mat K (n, n) invertierbar, das heißt vom Rang n. Dann kann A durch elementare Zeilenumformungen in Gauß-Jordan-Form gebracht werden. Aber die einzige n n-matrix vom Rang n in Gauß-Jordan-Form ist die Einheitsmatrix. Also kann eine invertierbare Matrix durch elementare Zeilenumformungen in die Form einer Einheitsmatrix gebracht werden. Dies ist gleichbedeutend mit der Tatsache, dass A ein Produkt aus invertierbaren Elementarmatrizen ist. Dies liefert den Beweis zu Satz Basiswechsel und Äquivalenz von Matrizen Wir haben bisher nur linearen Abbildungen zwischen Vektorräumen der Form K n eine Matrix zugeordnet. Wir wollen in diesem Abschnitt auch allgemeinen linearen Abbildungen eine Matrix zuordnen. Da wir dafür eine Basis der Vektorräume wählen müssen, ist es wichtig zu sehen, wie sich die Matrix ändert, wenn man andere Basen wählt. Zunächst kommen wir zu der in Beispiel definierten Abbildung zurück. 32

133 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN Definition 7.4. Sei V ein K-Vektorraum mit der Basis B = {b,..., b n }. Dann heißt der Isomorphismus M B : V K n λ n v = λ i b i. i= λ n B heißt Koordinatendarstel- Koordinatenabbildung und der Vektor (λ,..., λ n ) B lung von v bezüglich der Basis B. Die Abbildung M B bildet also jeden Vektor aus V auf seine Koordinaten bezüglich der Basis B ab. Die Inverse M B wiederum bildet die Kordinaten auf den zugehörigen Vektor ab. Wir sehen, dass die Basisvektoren b i die Koordinatendarstellung λ i = und λ j = 0 für j i haben, das heißt es gilt insbesondere M B (b i ) = e i und M B (e i) = b i. (7.2) Bemerkung Ist V = K n müssen wir sehr aufpassen, dass wir einen Vektor nicht mit seiner Koordinatendarstellung verwechseln. Jeder Vektor ist aber gleich seiner Koordinatendarstellung bezüglich der Standardbasis, denn es gilt v v 0 0 v 2 v =. = 0. + v v n 0. v n = v. + v v n. n 0 = v i e i. i= 0. Haben wir einen Vektor v K n durch seine Kordinaten bezüglich der Standardbasis gegeben, dann schreiben wir das wie bisher. Verwenden wir die Koordinatendarstellung bezüglich einer anderen Basis B, dann werden wir es durch einen Index B am Vektor kennzeichnen. Definition Seien V und W K-Vektorräume jeweils mit den Basen B bzw. B und sei F : V W eine K-lineare Abbildung. Dann ordnen wir F eine Matrix M BB (F ) zu, die Darstellungsmatrix von F bezüglich der Basen B und B, indem wir die Matrix berechnen, die zur linearen Abbildung M BB (F ) : K n K m, M BB (F ) = M B F M B. gehört. Dabei ist n = dim K (V ) und m = dim K (W ). 33

134 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN V F W M B M B K n M B F M B K m Der linearen Abbildung M BB (F ) kann eine Matrix zugeordnet werden, indem man die Bilder der Standardbasis in die Spalten schreibt (s. Def ). Wir wollen hier in der Bezeichnung nicht zwischen der linearen Abbildung M BB (F ) und der Matrix M BB (F ) unterscheiden. Die Bilder der Standardbasis des K n können unter Verwendung von Gleichung (7.2) geschrieben werden als: M BB (F )(e i ) = M B (F (M B (e i))) = M B (F (b i )). Das heißt um die Matrix M BB (F ) zu berechnen müssen wir zunächst die Bilder der Basisvektoren b i B unter F bestimmen. Diese Bilder liegen in W und danach berechnet man deren Koordinaten bezüglich der Basis B von W. Diese Koordinatenvektoren bilden die Spalten von M BB (F ). Beispiel Wir betrachten die lineare Abbildung und zwei verschiedene Basen des R 2 und F : R 2 R 2 ( ) ( ) x 2x + x 2 x 2 x + 2x 2 B = {b, b 2 } wobei b = B = {b, b 2} wobei b = ( ), b 2 = ( ), b 2 = 0 ( ) ( ) Wir wollen nun die Darstellungsmatrix M BB (F ) berechnen. Dafür berechnen wir die Bilder der Basisvektoren aus B und bestimmen dann die Koordinaten der Bilder bezüglich B. Die Bestimmung der Kordinaten machen wir hier durch scharfes Angucken. Wenn dies nicht geht, dann kann man ein LGS aufstellen und dieses lösen (s. Beispiel 7.4.8) ( ) ( ) ( ) ( ) F (b ) = = = 2 + = 2b + b ( ) 2 M B (F (b )) = B ( ) ( ) ( ) ( ) 2 + F (b 2 ) = = = = 4b + 3b 2 ( ) ( ) 4 M B (F (b 2 )) = 3 B 34

135 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN Somit erhalten wir die Darstellungsmatrix M BB (F ) = ( ) Die Verknüpfung von Abbildungen entspricht analog zu Satz 7.3. dem Produkt der Darstellungsmatrizen, unter der Voraussetzung, dass die Basis des mittleren Vektorraums bei beiden Darstellungen gleich gewählt ist. Satz Seien U, V, W K-Vektorräume mit den jeweiligen Basen B, B und B. Seien F : U V und G : V W lineare Abbildungen, dann gilt für die Darstellungsmatrizen: M BB (G F ) = M B B (G) M BB (F ) Beweis. Wir setzen die Definition der linearen Abbildungen ein: M B B (G) M BB (F ) = M B G MB M B F M B = M B G F M B = M BB (G F ) Da jeder Vektorraum verschiedene Basen hat, wollen wir nun sehen wie sich die Darstellungsmatrix der gleichen linearen Abbildung ändert, wenn wir sie für unterschiedliche Basen bestimmen. Satz Seien V, W K-Vektorräume und F : V W eine K-lineare Abbildung. Seien B, C Basen von V und B, C Basen von W. Dann gibt es invertierbare Matrizen S Mat K (n, n), wobei n = dim K V und T Mat K (m, m), wobei m = dim K W so dass gilt: M CC (F ) = T M BB (F ) S. Gilt insbesondere V = W, B = B und C = C, dann gibt es eine invertierbare Matrix T Mat K (n, n) wobei n = dim K V, so dass M CC (F ) = T M BB (F ) T. Die Matrizen S und T heißen Basiswechselmatrizen und es gilt T = M C M B und S = M C M B. Beweis. Wir benutzen, dass die Abbildungen M B und M B Isomorphismen sind und es gilt id W = M B M B, bzw. id V = M B M B. Somit können wir unter Verwendung der Definition der Darstellungsmatrizen berechnen: M CC (F ) = M C F M C = M C id W F id V M C = M C M B = T M B F M B = T M BB (F ) S. M B F M B S M B M C 35

136 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN Wobei wir T = M C M B und S = M C M B definieren. Beide Abbildungen sind invertierbar als Produkt invertierbarer Abbildungen. Für V = W, B = B und C = C sehen wir dass S = T gilt, woraus auch die zweite Behauptung folgt. Aufgrund der Definition als Verknüpfung M C M B bildet die Matrix T die Koordinaten eines Vektors v W bezüglich der Basis B auf die Koordinaten desselben Vektors bezüglich der Basis C ab. Beispiel Wir betrachten hier noch einmal die Abbildung aus Beispiel und bestimmen die Darstellungsmatrix bezüglich der Standardbasis. Danach wollen die Basiswechselmatrizen für den Wechsel zwischen der in Beispiel berechneten Darstellung und der Darstellung bezüglich der Standardbasis bestimmen. Sei jetzt C = C = {e, e 2 } die Standardbasis des R 2. Die lineare Abbildung hat die Darstellungsmatrix F : R 2 R 2 ( ) ( ) x 2x + x 2 x 2 x + 2x 2 M CC (F ) = ( 2 ) 2 bezüglich der Standardbasis. Zur Berechnung der Basiswechselmatrizen benötigen wir die Abbildungen M B, M B, M C und M C. Da in unserem Beispiel V = W = R 2 ist können wir bereits diese Abbildungen durch Matrizen angeben. Aufgrund von Gleichung 7.2 erhalten wir die Matrix zur Abbildung M B indem wir die Basis B in die Spalten der Matrix schreiben. Somit gilt M B = ( ( ) ) b b 2 = und M B = ( ( ) b b ) 2 =. 0 Da die Basen C und C die Standardbasis sind, gilt für die entsprechenden Matrizen: M C = M C = E 2 und daher auch M C = M C = E 2. Nun können wir die Basiswechselmatrizen T und S berechnen: ( ) T = M C M B = E 2 M B = M B = 0 Diese Matrix beschreibt den Übergang von den Koordinaten bezüglich B zu denen bezüglich der Standardbasis. S = (M C M B ) = M B M C = M B E 2 = M B = ( ) 2 Diese Matrix beschreibt den Übergang von den Koordinaten bezüglich der Standardbasis zu denen bezüglich der Basis B. Die Matrix M B haben wir durch Invertieren der Matrix M B berechnet und zwar auf die gleiche Art und Weise wie es basierend auf Satz in Beispiel gezeigt wurde. Dafür formen wir M B mithilfe elementarer Zeilenumformungen so lange um bis wir die Einheitsmatrix erhalten und machen gleichzeitig dieselben Umformungen an einer 36

137 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN Einheitsmatrix ( ) 0 ( ) 0 + ( ) ( ) ( ) Nun können wir noch überprüfen, ob wirklich M CC (F ) = T M BB (F ) S gilt: ( ) ( ) T M BB (F ) S 2 4 = ( ) = ( ) ( ) 3 2 = ( ) ( ) 2 = = M 2 CC (F ). Beispiel Wir betrachten die lineare Abbildung und zwei verschiedene Basen des R 2 und F : R 2 R 3 ( ) x + 3x 2 x 2x x 2 2 x 2x 2 B = {b, b 2 } wobei b = C = {c, c 2 } wobei c = ( ) ( ) 2 0, b 2 = ( ), c 2 = ( ) 2 2 sowie zwei verschiedene Basen des R B = {b, b 2, b 3} wobei b =, b 2 =, b 3 = und 0 0 C = {c, c 2, c 3} wobei c =, c 2 = 2, c 3 = 2 Wir wollen jetzt die Darstellungsmatrizen M BB (F ) und M CC (F ) bestimmen. Um M BB (F ) zu bestimmen, berechnen wir die Koordinaten von F (b ) und F (b 2 ) bezüglich 37

138 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN der Basis B. (2) F (b ) = 2 = 2 = = 2b + 0 b 2 3b M B (F (b )) = 0 3 B ( ) 3 F (b 2 ) = 2 ( ) 0 2 ( ) = 2 2 Die Koordinaten dieses Vektors bezüglich der Basis B sind nicht so einfach abzulesen wie die von F (b ), weshalb wir ein LGS dafür aufstellen und es lösen müssen λ + λ 3 2 = λ b + λ 2 b 2 + λ 3 b 3 = λ + λ 2 + λ 3 0 = λ λ λ 2 Die letzte Zeile liefert λ 2 = 2, durch Einsetzen in Zeile 2 erhalten wir 2 = λ 2 und daher λ = 0, wodurch aus der ersten Zeile λ 3 = 3 folgt. Insgesamt gilt also F (b 2 ) = M B (F (b 2 )) = Somit erhalten wir die Darstellungsmatrix 2 0 M BB (F ) = Die Darstellungsmatrix M CC (F ) kann nun auf analoge Art und Weise direkt bestimmt werden oder aber mithilfe der Basiswechselmatrizen aus M BB (F ) berechnet werden. Wir werden hier beide Wege zeigen um zu sehen, dass sie zu dem selben Ergebnis führen. Zunächst berechnen wir auf direkte Weise die Darstellungsmatrix M CC (F ), dafür berechnen wir die Bilder F (c ) und F (c 2 ) ( ) F (c ) = 2 = 2 und F (c 2 ) = 2 2 = Die Lösung des LGS F (c ) = λ c +λ 2c 2 +λ 3c 3 sind die Koordinaten von F (c ) bezüglich B. 38

139 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN der Basis C : ( 2) 5 ( ) + ( 2) ( ) ( 5 ) M C (F (c )) = C 39

140 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN Die Lösung des LGS F (c 2 ) = λ c +λ 2c 2 +λ 3c 3 sind die Koordinaten von F (c 2) bezüglich der Basis C ( 2) ( 2) ( ) ( 5 ) M C (F (c 2 )) = ( ) + C Somit erhalten wir die Darstellungsmatrix 4 M CC (F ) = Zur Berechnung der Basiswechselmatrizen benötigen wir die Abbildungen M B, M B, M C und M C. Da in unserem Beispiel V = R 2 und W = R 3 ist können wir bereits diese Abbildungen durch Matrizen angeben. Aufgrund von Gleichung 7.2 erhalten wir die Matrix zur Abbildung M B indem wir die Basis B in die Spalten der Matrix schreiben. Somit gilt und analog M B = ( ( ) ) 2 0 b b 2 = und M B = ( b b 2 b ) = M C = ( ( ) ) 2 c c 2 = 2 und Für die Basiswechselmatrizen T und S gilt per definition M C = ( c c 2 c ) = 2 2 T = M C M B und S = (M C M B ) = M B M Wir müssen also noch jeweils die zu M C und M B inversen Matrizen bestimmen um die Basiswechselmatrizen berchnen zu können. Dafür führen wir an diesen Matrizen solange elementare Zeilenumformungen durch bis wir die Einheitsmatrix erhalten und führen C. 40

141 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN diesselben Umformungen an einer Einheitsmatrix durch: ( ) ( ) ( 2) ( 5 ) ( 2) ( ) ( 2 ) + ( ) ( ) ( ) Somit haben lauten die Matrizen 0 0 ( ) M C = und M B = Und damit berechnen sich die Basiswechselmatrizen zu T = M C M B = = und ( ) S = M B M C = ( ) ( 2 = Nun können wir noch überprüfen, ob wirklich M CC (F ) = T M BB (F ) S gilt: ) ( ) T M BB (F ) S = = = 2 = M CC (F ) Definition Seien A, B Mat K (m, n) Matrizen. Wir nennen A äquivalent zu B, 4

142 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN wenn es invertierbare Matrizen S Mat K (n, n) und T Mat K (m, m) gibt, so dass gilt: A = T B S. Zwei Matrizen sind also äquivalent zueinander, wenn sie die Darstellungsmatrizen bezüglich unterschiedlicher Basen sowohl von V als auch von W derselben linearen Abbildung F : V W sind. Da jede invertierbare Matrix das Produkt von Elementarmatrizen ist, kann man es auch anders formulieren: Zwei Matrizen sind äquivalent zueinander, wenn man durch elementare Zeilen- und Spaltenumformungen, die eine in die andere umwandeln kann. Definition Seien A, B Mat K (n, n) quadratische Matrizen. Wir nennen A ähnlich zu B, wenn es eine invertierbare Matrix T Mat K (n, n) gibt, so dass gilt: A = T B T. Zwei Matrizen sind also ähnlich zueinander, wenn sie die Darstellungsmatrizen bezüglich verschiedener Basen von V derselben linearen Abbildung F : V V sind. Proposition 7.4. Äquivalenz und Ähnlichkeit von Matrizen sind Äquivalenzrelationen auf der Menge der m n, bzw. n n Matrizen. Beweis. Wir zeigen hier, dass Äquivalenz von Matrizen eine Äquivalenzrelation ist. Der Beweis für Ähnlichkeit funktioniert analog. Reflexivität: Wählen wir T = E m und S = E n, dann sehen wir dass A = E M AE n gilt, also jede Matrix zu sich selbst äquivalent ist. Symmetrie: Ist A äquivalent zu B, dh. A = T B S, dann gilt B = T AS und somit ist auch B äquivalent zu A. Transitivität: Ist A äquivalent zu B und B äquivalent zu C, dh es existieren Matrizen T, T 2 Mat(m, m) und S, S 2 Mat(n, n), so dass A = T B S und B = T 2 C S2, dann gilt A = T B S = A = T T 2 C S 2 S = (T T 2 ) C (S S 2 ) und somit ist auch A äquivalent zu C. Definition Eine m n Matrix hat reduzierte Zeilenstufenform, wenn sie von 42

143 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN folgender Form ist: ( Er = O m r,r O r,n r wobei mit O k,l eine k l Nullmatrix gemeint ist. O m r,n r ) Beispiel Die Matrix A = hat reduzierter Zeilenstufenform. Wir sehen, dass die Multiplikation mit dieser Matrix besonders einfach ist, da zum Beispiel für einen Vektor gilt: x Ax = x 2 x x = x 2. 0 x 4 Satz Jede Matrix A Mat K (m, n) vom Rang r ist äquivalent zu einer Matrix in reduzierter Zeilenstufenform mit r Einsen auf der Diagonale. Da jede invertierbare Matrix ein Produkt von Elementarmatrizen ist (s. Satz 7..24), lässt sich dieser Satz auch anders formulieren: Jede Matrix A Mat K (n, m) vom Rang r lässt sich durch elementare Zeilen- und Spaltenumformungen in eine Matrix in reduzierter Zeilenstufenform mit r Einsen auf der Diagonale umformen. Den Beweis dieser Aussage geben wir als Algorithmus an. Algorithmus (reduzierte Zeilenstufenform) Eingabe: Eine Matrix A Mat K (m, n). Ausgabe: Eine Matrix B Mat K (m, n) in reduzierter Zeilenstufenform. Durchführung: () Bringe die Matrix A durch elementare Zeilenumformungen in Gauss-Jordan-Form wie in Algorithmus beschrieben. (2) Betrachte die am weitesten links stehende Spalte ohne Leitkoeffizient. Angenommen in dieser Spalte steht in der ersten Zeile der Eintrag b 0, dann multipliziere die erste Spalte mit b und addiere sie zur betrachteten Spalte. Gehe von oben nach 43

144 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN unten alle Einträge in dieser Spalte durch und mache sie mithilfe der Spalte in der in dieser Zeile ein Leitkoeffizient steht zu null. Wiederhole Schritt (3) von links nach rechts mit allen Spalten. (3) Betrachte die am weitesten links stehende Spalte ohne Leitkoeffizient und tausche sie mit der nach rechts nächsten Spalte mit Leitkoeffizient. Wiederhole Schritt (3) von links nach rechts mit allen Spalten. Satz kann noch auf eine weitere Art und weise verstanden werden: Sei F : V W eine lineare Abbildung vom Rang r, dann gibt es gibt es eine Basis B von V und eine Basis B von W, so dass M BB (F ) eine Matrix in reduzierter Zeilenstufenform mit r Einsen auf der Diagonale ist. Diese kann man aus den Basiswechselmatrizen bestimmen. Die Basiswechselmatrizen kann man berechnen, indem man alle Zeilen- und Spaltenumformungen, die man der Matrix durch führt auch an einer Einheitsmatrix mit der entsprechenden Anzahl von Zeilen, bzw. durchführt. Beispiel Wir betrachten die Matrix 3 2 A = und wollen sie mithilfe elementarer Zeilen- und Spaltenumformungen in reduzierte Zeilenstufenform bringen. Zur Bestimmung der Matrizen S und T führen wir alle Umformungen auch an Einheitsmatrizen der entsprechenden Größe durch. Zunächst führen wir solange elementare Zeilenumformungen durch bis die Matrix Gauß- Jordan-Form hat. Da Zeilenumformungen einer Multiplikation von links entspricht führen wir alle Umformungen auch an einer Einheitsmatrix durch, die genauso viele Zeilen wie A hat, das heißt an E ( 3) ( )

145 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN = ( T à ) Mithilfe elementarer Zeilenumformungen können wir die Matrix nicht weiter umformen. Deshalb führen an der Matrix à nun elementare Spaltenumformungen durch bis diese Matrix reduzierte Zeilenstufenform hat. Spaltenumformungen entsprechen einer Multiplikation von rechts. Somit führen wir alle Umformungen auch an einer Einheitsmatrix durch, die genauso viele Spalten wie A hat, das heißt an E 4 ( ) ( 2) Wir verwenden nun die Bezeichnungen T = 0 und S = Dann hat unsere Rechnung gezeigt, dass gilt T AS =

146 KAPITEL 7. MATRIZEN, LGS UND LINEARE ABBILDUNGEN 7.4. BASISWECHSEL UND ÄQUIVALENZ VON MATRIZEN Wir gehen jetzt davon aus, dass A die Darstellungsmatrix einer linearen Abbildung F : R 4 R 3 bezüglich der Standardbasis B von R 3 und der Standardbasis B von R 4 ist, dh dass A = M BB (F ) gilt. Dann ist die Matrix in reduzierter Zeilenstufenform die Darstellungsmatrix derselben linearen Abbildung bezüglich einer Basis C von R 3 und einer Basis C von R 4. Um diese Basen zu bestimmen benötigen wir die Definition der Basiswechselmatrizen. Es gilt T = M C M B = M C und S = M B M C = M C, da wir annehmen, das B und B Standardbasen sind. Die Basis C entspricht den Spalten von M C und damit denen von S. Die Basis C entspricht den Spalten von M C und damit denen der Inversen von T, die wir jetzt berechnen: ( ) ( ) ( 2) ( ) ( 5) M C = Somit haben wir die Basen C = {c, c 2, c 3, c 4 } und C = {c, c 2, c 3 } mit 0 c = 0 0 c 2 = 0 c 3 = c 4 = c = c 2 = c 3 = bestimmt. Die lineare Abbildung F : R 4 R 3, x Ax hat bezüglich dieser Basen die Darstellungsmatrix M CC (F ) = Korollar Haben zwei Matrizen A, B Mat K (m, n) den gleichen Rang, dann sind sie äquivalent zueinander. Beweis. Beide Matrizen sind zur selben Matrix in reduzierte Zeilenstufenform äquivalent und somit folgt die Aussage aus der Symmetrie und Transitivität der Äquivalenzrelation. 46

147 8. Determinanten und Diagonalisierbarkeit In dem letzten Kapitel haben wir uns mit linearen Abbildung zwischen verschiedenen Vektorräumen, die durch rechteckige Matrizen dargestellt werden können. Ab jetzt wollen wir uns mit Endomorphismen, das heißt mit linearen Abbildungen F : V V von einem Vektorraum V in sich selbst beschäftigen. Wählen wir Basen B, B von V, dann entsprechen diese Abbildungen quadratischen Matrizen A = M BB (F ). Wir wissen aus Satz 7.4.4, dass jede quadratische Matrix äquivalent zu einer Diagonalmatrix ist. Dies bedeutet, dass es geeignete Basen B und B von V gibt, so dass die Darstellungsmatrix M BB (F ) Diagonalform hat. Ab jetzt wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, ob jede quadratische Matrix auch ähnlich zu einer Diagonalmatrix ist. Dafür müssen wir eine Basis B von V finden, so dass Darstellungsmatrix M BB (F ) Diagonalform hat. Warum dieses Problem für Anwendungen wichtig ist sehen wir daran wenn wir die Potenz einer Matrix A k berechnen wollen. Für eine n n Matrix A und ein großes k ist die Matrixmultiplikation rechnerisch aufwendig. Wissen wir aber, dass A ähnlich zu einer Diagonalmatrix ist, d.h. es gibt eine invertierbare Matrix T und Skalare λ i K, so dass gilt: T A T = Diag(λ,..., λ n ) A = T Diag(λ,..., λ n ) T Dann können wir leicht die Potenz von A berechnen: A k = T Diag(λ,..., λ n ) T T Diag(λ,..., λ n ) T... T Diag(λ,..., λ n ) T = T Diag(λ,..., λ n ) k T = T Diag(λ k,..., λ k n) T. Die Potenz einer Matrix spielt zum Beispiel für das Berechnen von Iterationen eine Rolle. Ähnlich wie im eindimensionalen Fall, wo wir die Gleichung x n+ = ax n zu einem Anfangswert x 0 durch x n = a n x 0 lösen, ist die Lösung eines höherdimensionalen linearen Problems durch die Potenz einer Matrix gegeben. Zum Beispiel ist die Lösung des Problems ( ) ( ) ( ) ( ) xn+ 2xn + 3y = n 2 3 xn = y n+ x n + y n y n zu einem Anfangswert (x 0, y 0 ) durch ( ) xn = gegeben. 8.. Determinanten y n ( 2 3 ) n ( ) x0 Zunächst wollen wir ein einfaches Kriterium kennenlernen, mit dem es möglich ist zu bestimmen, ob eine Matrix invertierbar ist. y 0 47

148 KAPITEL 8. DETERMINANTEN UND DIAGONALISIERBARKEIT 8.. DETERMINANTEN Beispiel 8.. Schauen wir das eindimensionale LGS ax = b an. Dies hat eine eindeutige Lösung für alle b K, wenn a 0 ist. Die Lösung ist dann durch x = a/b gegeben. Wenn wir ein allgemeines LGS mit zwei Gleichungen lösen, dann erhalten wir eine ähnliche Bedingung: ( ) ( ) a a 2 b (a2 ) a 2 a 22 b 2 (a ) a a 2 a 2 a 2 a 2 b ( ) a a 2 a a 22 a b 2 + ( ) a a 2 a 2 a 2 a 2 b 0 a a 22 a 2 a 2 a b 2 a 2 b Ist nun a a 22 a 2 a 2 0, dann ist auch dieses Gleichungssystem eindeutig lösbar. Der Ausdruck a a 22 a 2 a 2 heißt Determinante der 2 2 Matrix und a ist die Determinante der Matrix (a). Wir werden ihn hier über seine Eigenschaften einführen und dann sehen, dass dies zu der gleichen Formel führt. Determinanten können nur von quadratischen Matrizen berechnet werden. Es ist günstig die Spalten der Matrix als Vektoren im K n zu betrachten, so dass man auch n Vektoren eine Determinante zuordnen kann. Definition 8..2 (Determinante) Es sei K ein Körper. Eine Abbildung det: Mat K (n, n) K, bzw. det: K n K n K } {{ n K } n mal heißt Determinantenfunktion, falls die folgenden drei Eigenschaften gelten: (i) Es ist det(e n ) =, bzw. det(e,..., e n ) = (ii) Besitzt A Mat K (n, n) nicht vollen Rang, rang(a) < n, so ist det(a) = 0, bzw. sind v,..., v n linear abhängig, dann ist det(v,..., v n ) = 0. (iii) Seien v,..., v n, v i Kn, dann gilt für alle i {,..., n} und für alle λ, µ K det(v,..., v i, λv i + µv i, v i+,..., v n ) = λ det(v,..., v i, v i, v i+,..., v n ) + µ det(v,..., v i, v i, v i+,..., v n ). Diese Eigenschaft wird als Linearität in jeder Spalte bezeichnet. Man sagt auch, dass det eine Multinearform ist. Aus dieser Definition können wir direkt ableiten, wie sich die Determinante einer Matrix bei elementaren Spaltenumformungen verhält. Satz 8..3 Sei det : K n K n K eine Determinantenfunktion, dann gilt: 48

149 KAPITEL 8. DETERMINANTEN UND DIAGONALISIERBARKEIT 8.. DETERMINANTEN ) Multipliziert man eine Spalte mit einem Skalar, dann ändert sich die Determinante um genau diesen Faktor det(v,..., v i, λv i, v i+,..., v n ) = λ det(v,..., v i, v i, v i+,..., v n ). 2) Beim Vertauschen zweier Spalten ändert die Determinante ihr Vorzeichen det(v,..., v i, v i, v i+,..., v j, v j, v j+,..., v n ) = det(v,..., v i, v j, v i+,..., v j, v i, v j+,..., v n ). 3) Addiert man das λ-fache der Spalte j zur Spalte i, wobei i j, dann ändert das die Determinante nicht: det(v,..., v i, v i + λv j, v i+,..., v n ) = det(v,..., v i, v i, v i+,..., v n ). Beweis. ) Aufgrund von Eigenschaft (ii) der Determinantenfunktion gilt det(v,..., v i, v i + v j, v i+,..., v j, v i + v j, v j+,..., v n ) = 0, da die i-te und die j-te Spalte gleich sind und damit linear abhängig. Durch Anwenden von Eigenschaft (iii) zuerst auf Spalte i und danach auf Spalte j erhalten wir somit 0 = det(v,..., v i, v i, v i+,..., v j, v i + v j, v j+,..., v n ) + det(v,..., v i, v j, v i+,..., v j, v i + v j, v j+,..., v n ) = det(v,..., v i, v i, v i+,..., v j, v i, v j+,..., v n ) + det(v,..., v i, v i, v i+,..., v j, v j, v j+,..., v n ) + det(v,..., v i, v j, v i+,..., v j, v i, v j+,..., v n ) + det(v,..., v i, v j, v i+,..., v j, v j, v j+,..., v n ) Verwenden wir wieder Eigenschaft (ii), dann sehen wir, dass der erste und letzte Summand null ist, da bei beiden Determinanten zwei Spalten gleich sind, und somit wie behauptet gilt: det(v,...,v i, v i, v i+,..., v j, v j, v j+,..., v n ) + det(v,..., v i, v j, v i+,..., v j, v i, v j+,..., v n ) = 0. 2) Diese Regel folgt direkt aus Eigenschaft (iii), indem man µ = 0 verwendet. 3) Diese Regel folgt ebenfalls aus Eigenschaft (iii), die besagt, dass det(v,..., v i, v i + λv j, v i+,..., v n ) = det(v,..., v i, v i, v i+,..., v n ) + λ det(v,..., v i, v j, v i+,..., v n ). Da aber im zweiten Summand der Vektor v j sowohl in der Spalte i, als auch der Spalte j steht, folgt aus Eigenschaft (ii), dass diese Determinante null ist. 49

150 KAPITEL 8. DETERMINANTEN UND DIAGONALISIERBARKEIT 8.. DETERMINANTEN Korollar 8..4 Sei A Mat K (n, n) eine quadratische Matrix und λ K ein Skalar, dann gilt: det(λa) = λ n det A Beweis. Die Matrix λa entsteht aus A durch Multiplizieren aller Einträge mit dem Skalar λ, das heißt es werden alle n Spalten mit λ multipliziert. Durch Anwenden von Regel aus Satz 8..3 auf die Spalten bis n, erhalten wir so die Aussage. Satz 8..5 Sei A = (a) Mat K (, ), dann ist durch det A = a eine Determinantenfunktion gegeben. ( ) a b Sei A = Mat c d K (2, 2), dann ist durch eine Determinantenfunktion gegeben. ( ) a b det A = det = ad bc c d Beweis. Es gilt aufgrund von Eigenschaft (i) der Determinantenfunktion det() = und somit gilt aufgrund von Eigenschaft (iii) für eine -Matrix, also ein Skalar det(a) = a det() = a. Sei jetzt A eine 2 2-Matrix. Die Spalten von A sind die Vektoren v = ( ) a c = ae + ce 2 und v 2 = ( ) b d = be + de 2, wobei hier e, e 2 die Standardbasisvektoren des K 2 sind. Wir rechen nach det(v, v 2 ) = det(ae + ce 2, be + de 2 ) = a det(e, be + de 2 ) + c det(e 2, be + de 2 ) Linearität der ersten Spalte = ab det(e, e ) + ad det(e, e 2 ) Linearität der zweiten Spalte + bc det(e 2, e ) + bd det(e 2, e 2 ) = ad det(e, e 2 ) + bc det(e 2, e ) Eigenschaft (ii) = ad det(e, e 2 ) bc det(e, e 2 ) Vertauschen von Spalten ändert Vorzeichen = ad bc Eigenschaft (i) Beispiel 8..6 ( ) ( ) 0 2 det = 0 2 = det = 2 ( 2) ( ) = 2 2 =

151 KAPITEL 8. DETERMINANTEN UND DIAGONALISIERBARKEIT 8.. DETERMINANTEN Satz 8..7 Für jedes n N gibt es eine eindeutig bestimmte Determinantenfunktion det : Mat K (n, n) K. Wir verzichten hier an dieser Stelle auf den Beweis. Er kann auf analoge Art und Weise wie der Beweis von Satz 8..5 geführt werden. Allerdings benötigt man eine kompakte Schreibweise um klarzumachen welche Matrixeinträge miteinander multipliziert werden. Außerdem kommt man auf Determinanten zum Beispiel für 4 4-Matrizen der Art det(e 3, e 2, e 4, e ), die durch eine gewisse Anzahl von Vertauschen in die Form ( ) Anzahl Vertauschungen det(e, e 2, e 3, e 4 ) = ± gebracht werden müssen. Dies ist möglich durch das Studium von sogenannten Permutationen und deren Signum. Wir verzichten hier aber darauf, da zur praktischen Berechnung von Determinanten größerer Matrizen nie die explizite Formel verwendet wird. Definition 8..8 (Unterdeterminante) Sei A = (a ij ) Mat K (n, n). Die (n ) (n )-Matrix, die aus A durch Streichung der i-ten Zeile und j-ten Spalte ensteht, wird mit Ãij bezeichnet. Die Determinante M ij = det Ãij nennen wir Unterdeterminante oder Minor von det A. Satz 8..9 (Laplace scher Entwicklungssatz) Sei A = (a ij ) Mat K (n, n). Der Wert der Determinante von A ergibt sich, indem man die Elemente einer beliebigen Zeile (oder Spalte) mit ( ) i+j M ij multipliziert und die so entstehenden Produkte aufaddiert. Die Entwicklung der i-ten Zeile lautet also det(a) = n a ij ( ) i+j M ij. j= Die Entwicklung der j-ten Spalte lautet demnach det(a) = n a ij ( ) i+j M ij. i= Auch auf diesen Beweis verzichten wir. Es ist zu beachten, dass es egal ist nach welcher Zeile oder Spalte man entwickelt um eine Determinante zu berechnen. Aus diesem Grund sollte man immer diejenige Zeile oder Spalte wählen, in der die meisten Einträge null sind. Die Vorzeichen ( ) i+j lassen sich einfach durch das folgende Schema ablesen, da zwei benachbarte Einträge in einer Zeile oder Spalte immer unterschiedliche Vorzeichen haben

152 KAPITEL 8. DETERMINANTEN UND DIAGONALISIERBARKEIT 8.. DETERMINANTEN Auf der Diagonale steht immer ( ) i+i = +. Die erste Matrix hat eine ungerade Zahl von Splaten und Zeilen, da dann ( ) n+ = ist, wohingegen die zweite für Matrizen mit gerade Zahl von Splaten und Zeilen steht. Korollar 8..0 (Regel von Sarrus) Sei a a 2 a 3 A = a 2 a 22 a 23 a 3 a 32 a 33 eine 3 3-Matrix, dann gilt det(a) = a a 22 a 33 + a 2 a 23 a 3 + a 3 a 2 a 32 a a 23 a 32 a 2 a 2 a 33 a 3 a 22 a 3 Beweis. Wir verwenden die Laplaceentwicklung nach der ersten Spalte und erhalten ( ) ( ) det(a) = a ( ) + a22 a det 23 + a a 32 a 2 ( ) 2+ a2 a det 3 33 a 32 a 33 ( ) + a 3 ( ) 3+ a2 a det 3 a 22 a 23 ( ) ( ) ( ) = a a22 a 33 a 23 a 32 a2 a2 a 33 a 3 a 32 + a3 a2 a 23 a 3 a 22 = a a 22 a 33 a a 23 a 32 a 2 a 2 a 33 + a 2 a 3 a 32 + a 3 a 2 a 23 a 3 a 3 a 22 Durch Umsortieren des Ergebnisses erhält man die obige Formel. Die Regel von Sarrus wird oft als Gartenzaunmethode bezeichnet. Dies erklärt sich durch das folgende Schema: Die ersten beiden Spalten werden noch einmal rechts neben der Matrix hingeschrieben. Die auf einer Linie (also einer Latte des Gartenzauns) liegenden Einträge werden multipliziert, die Produkte auf einer durchgezogenen Linie erhalten ein Plus, die auf einer gestrichelten Linie ein Minus. Definition 8.. Eine Matrix A Mat K (n, n) heißt obere (bzw. untere) Dreiecksmatrix, wenn unterhalb (bzw. oberhalb) der Diagonale alle Einträge null sind. Das 52

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