Vorlesung Handelsrecht Arbeitsblatt
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- Lothar Schmitt
- vor 7 Jahren
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1 Privatdozent Dr. Klaus Richter Vorlesung Handelsrecht Arbeitsblatt Kaufmannseigenschaft I. Istkaufmann und Firma 1. Kaufmann Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt ( 1 Abs. 1 HGB, Istkaufmann ): Kaufmännisches Unternehmen muss Gewerbe sein, es muss Handelsgewerbe sein, der Geschäftsinhaber (Kaufmann) muss Betreiber des Handelsgewerbes sein. a. Gewerbe: nach außen erkennbare, planmäßige, selbständige und von der Absicht dauernder Gewinnerzielung getragene erlaubte Tätigkeit. ee. Selbständigkeit: Selbständig ist, wer Unternehmerrisiko übernimmt und in persönlicher Unabhängigkeit seine Tätigkeit im wesentlichen frei gestalten kann; vgl. 84 Abs. 1 S. 2 HGB ( Handelsvertreter ). Erkennbarkeit nach außen: Geschäftspartner muss Gewerbetätigkeit erkennen, Gewerbebetreibungsabsicht reicht nicht aus. Planmäßigkeit und Ausrichtung auf Dauer: Tätigkeit muss von vornherein auf Vornahme einer Vielzahl von Geschäften ausgerichtet sein. Erlaubtheit (str.): Ausgrenzung der von der Rechtsordnung geächteten Gewerbe, Gewerbe, die gegen 134, 138 BGB verstoßen bzw. Geschäfte, die Naturalobligationen begründen. Gewinnerzielungsabsicht (str): Erwirtschaftung eines den Aufwand übersteigenden Ertrages (Gewinn); Gewinnerzielungsabsicht genügt. b. Handelsgewerbe: Gewerbe, das einen nach Art oder Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert ( 1 Abs. 2 HGB. Art Å Geschäftsstruktur, qualitativ Umfang Å Größenordnung, quantitativ. 2. Firma c. Betreiben eines Handelsgewerbes. a. Begriff: Handelsname des Kaufmanns, mit dem er im Geschäftsverkehr auftritt und seine Unterschrift abgibt; 17 HGB. Nur Kaufmann nach 1, 2, 3, 6 HGB ist zur Firmenführung berechtigt.
2 2 Erweiterung des bürgerlichrechtlichen Namensschutzes natürlicher Personen durch 17 Abs. 1 HGB. Firma ist kein Rechtssubjekt! Mischrecht mit Doppelnatur: einerseits absolutes Recht, andererseits vermögenswertes Recht b. Abgrenzung zu Geschäftsbezeichnungen, Marken, Kurzbezeichnungen Geschäftsbezeichnungen: Beziehen sich nicht auf Inhaber, sondern auf das Geschäft bzw. den Betrieb. Marken: Kennzeichnung der Herkunft von Waren oder Dienstleistungen aus dem Geschäftsbereich eines Kaufmannes. Kurzbezeichnungen. c. Firmenarten: Liberalisierung durch Handelsrechtsreformgesetz 1998, möglich sind: ee. Einzelfirma (Einzelkaufmann), Gesellschaftsfirma Personalfirma Sachfirma Phantasiefirma Mischfirma d. Funktion der Firma Kennzeichnungsfunktion ( 18, 30 HGB) Auskunfts-/Informationsfunktion ( 19, 29, 37 a HGB) Werbefunktion Wettbewerbsfunktion e. Entstehung der Firma Firmenbildung bei Einzelkaufleuten: Eintragung in das Handelsregister ( 29 HGB), Rechtsformzusatz ( 19 HGB: eingetragener Kaufmann); Eintragung bei Istkaufleuten deklaratorisch, bei Kannkaufleuten konstitutiv. Firmenbildung bei Personengesellschaften: Aufnahme der Tätigkeit, Eintragung in das Handelsregister; Rechtsformzusatz ( 19 Abs. 2 HGB). Firmenbildung bei Kapitalgesellschaften: Eintragung ist konstitutiv für Bestand als Kapitalgesellschaft ( 41 Abs. 1 AktG, 11 Abs. 1 GmbHG); Rechtsformbezeichnung (AG: 4, 279 AktG; GmbH: 4 GmbHG; nicht 19 HGB). f. Erlöschen der Firma: Keine gesetzliche Regelung; Firma erlischt, wenn kein Handelsgewerbe mehr betrieben wird; Minderfirmen grundsätzlich zulässig, solange keine Täuschung des Rechtsverkehrs.
3 3 3. Firmenordnungsrecht a. Firmengrundsätze: Firmenwahrheit, Firmenbeständigkeit, Firmeneinheit, Firmenunterscheidbarkeit b. Firmenwahrheit Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft: 18 Abs. 1 HGB. Individualisierung der Firma, Unterscheidbarkeit eines Geschäftsinhabers von anderen Geschäftsinhabern. Unzulässigkeit irreführender Angaben: 18 Abs. 2 HGB. Untersagung von Irreführung Überschreiten der Wesentlichkeitsschwelle oder Ersichtlichkeit für Registergericht. c. Grundsatz der Firmenbeständigkeit: Firma darf im Interesse des Bestandsschutzes bei Namensänderung oder bei Unternehmerwechsel grundsätzlich fortgeführt werden; HGB. Fortführung der Firma bei Namensänderung: 21 HGB. Fortführung der Firma bei Erwerb des Handelsgeschäfts: 22, 24 HGB. (a.) (b.) 22 HGB: Erwerb eines Handelsgeschäfts unter Lebenden/von Todes wegen; ausdrückliche Einwilligung des bisherigen Geschäftspartners bzw. seiner Erben erforderlich. 24 Abs. 1 HGB: Aufnahme eines Gesellschafters in bestehendes Handelsgeschäft eines Einzelkaufmanns bzw. Eintritt/Ausscheiden eines Gesellschafters. Beachte bei Ausscheiden eines Gesellschafters 24 Abs. 2 HGB. Verbot der Leerübertragung, 23 HGB: Firmenuntrennbarkeit bzw. Abspaltungsverbot. Nicht erfasst wird sog. Mantelverwertung d. Grundsatz der Firmeneinheit: Geschäftsinhaber darf für dasselbe Handelsgeschäft immer nur eine Firma führen. Problem: Zweigniederlassung. e. Grundsatz der Firmenunterscheidbarkeit: Kennzeichnungsfunktion der Firma, 18, 30 HGB. Zweistufige Prüfung: Abstrakte, generelle Unterscheidungskraft der Firma, 18 Abs. 1 HGB. Konkrete Unterscheidungskraft der Firma vor Ort, 30 Abs. 1 HGB Firmenausschließlichkeit
4 4 4. Firmenschutz a. Registergerichtliches Firmenmissbrauchsverfahren ( 37 Abs. 1 HGB): Verfahrensvorschriften des FGG, keine Verpflichtung des Gerichts zum Einschreiten. Bei Tätigwerden des Gerichts zu beachten: Verfahren nicht nur gegen Kaufleute, sondern auch Nichtkaufleute; Missbrauch durch Gebrauch einer unzulässigen Firma, Wiederholungsgefahr. Gericht verhängt Ordnungsgeld ( 140, 135 Abs. 2 FGG); Antrag auf Löschung der Firma ( 142, 144 a FGG). b. Privatrechtlicher Unterlassungsanspruch, 37 Abs. 2 HGB: Verstoß gegen Firmenrecht, Anspruch auch gegen Nichtkaufleute, tritt neben Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche aus BGB, MarkenG und UWG, II. Kaufmann kraft Eintragung (Kannkaufmann) 1. Der Kleingewerbetreibende ( 2 HGB) - freiwillige (fakultative) Eintragung in das Handelsregister - konstitutive Wirkung der Eintragung - Kaufmann mit Rückfahrkarte 2. Land- und Forstwirtschaft ( 3 HGB) - Ausschluss des 1 HGB durch 3 Abs. 1 HGB (Privilegierung) - Landwirtschaft: vgl. 585 Abs. 1 S. 2 BGB - Forstwirtschaft: Wirtschaftstätigkeit, die auf Holzgewinnung und Walderhaltung gerichtet ist. - Eintragung größerer Gewerbebetriebe nach 3 Abs. 2 HGB - Kaufmann ohne Rückfahrkarte - Kleingewerbe: Eintragung nach 2 HGB - Nebengewerbe: 3 Abs. 3 HGB Å Merkmale: Selbständigkeit, Verbundenheit, Abhängigkeit; Privilegierung (Ausschluss des 1 Abs. 2 HGB). 3. Formkaufmann ( 6 HGB) - Kapitalgesellschaften: spezialgesetzliche Regelung, nicht 6 Abs. 1 HGB (bspw. AG nach 3 AktG). Kaufmann ist die Kapitalgesellschaft, nicht die Gesellschafter bzw. Vorstand. - Personenhandelsgesellschaften: Kaufleute nach 6 Abs. 1 HGB; Betrieb eines Handelsgewerbes ( 105 Abs.1 OHG bzw. 161 Abs. 2, 105
5 5 Abs. 1 KG) oder Eintragung ins Handelsregister ( 105 Abs. 2; 161 Abs. 2, 105 Abs. 2). - EWIV nach 6 Abs. 1 HGB Formkaufmann (vgl. 1 EWIV-AusfG). 4. Kaufmann kraft Eintragung (Fiktivkaufmann, 5 HGB) - absoluter Verkehrsschutz: Gut- oder Bösgläubigkeit von Dritten irrelevant. - Klausurrelevantes Problem: Verhältnis 2 zu 5 HGB Å Meinungsstreit - Erforderlich: Eintragung in das Handelsregister, Betrieb eines Gewerbes. 5. Scheinkaufmann - Lehre vom Scheinkaufmann: Hermann Staub (1900) - Lehre vom Scheinkaufmann subsidiär - Scheinkaufmann abzugrenzen von: Scheinunternehmer, Scheingesellschaft, Scheingesellschafter. - Voraussetzungen: - Rechtsschein durch Auftreten als Kaufmann - Zurechenbare Veranlassung (beachte 104 ff. BGB) - Gutgläubigkeit des Dritten - Handeln des Dritten im Vertrauen auf Rechtsschein - Rechtsfolgen: - Rechtsschein wirkt nur für, nicht gegen Dritten; umstritten: Ist Handelsrecht vollumfänglich auf Scheinkaufmann anwendbar? - Rechtsschein wirkt nur unter den Beteiligten, nicht gegenüber unbeteiligten Dritten.
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