Der Umgang mit Heterogenität in der Schule - Eine Herausforderung für die Schule der Zukunft
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- Elisabeth Voss
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1 Dr. Wolf-Thorsten Saalfrank Lehrstuhl für Schulpädagogik, LMU München Der Umgang mit Heterogenität in der Schule - Eine Herausforderung für die Schule der Zukunft Workshop, Goethe-Institut im Rahmen der Fortbildung Schule der Zukunft Gauting, 09. Juli 2012
2 Es ist entwürdigend, wenn der Mensch seine Individualität verliert und zu einem bloßen Rädchen im Getriebe wird. Mahatma Gandhi ( )
3 Kritik am deutschen Bildungssystem Auf Grundlage der Ergebnisse verschiedener Leistungsvergleichsstudien (PISA, TIMSS) sowie in den Bildungsberichten von OECD (Education at a Glance) oder der UNO (Munoz-Bericht) wurden als zentrale Kritikpunkte am deutschen Schulsystem die frühe Selektion, die hohe Abhängigkeit des Bildungsgangs bzw. - abschlusses von sozialer Herkunft sowie die mangelhafte Förderung benachteiligter Gruppen angeführt.
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5 Folgen? Diese Kritikpunkte, die besonders seit dem Jahr 2000 vermehrt geäußert wurden, führten in der deutschen Bildungspolitik zunächst zu massiven Protesten und Abwehrreaktionen gegen die von außen herangetragenen Vorwürfe, jedoch seit etwa sechs Jahren zu einem zum Teil massiven Umbau des Schulwesens. HETEROGENITÄT INDIVIDUALISIERUNG INKLUSION
6 Problem Heterogenität = Ungleichartigkeit Verschiedenartigkeit Uneinheitlichkeit Ausgleich durch Versuche Homogenität zu bleibt erreichen Homogenität Fiktion! Homogenität kann nicht erreicht werden, es wird immer nur versucht Ungleichheit zu reduzieren
7 Diversity Management Möglicher Lösungsansatz: Diversity Management Diversität = Vielfalt Vielfältigkeit Produktives Nutzen der Vielfalt durch Maßnahmen zur Individualisierung
8 HETEROGENITÄT UND SCHULE
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11 Kriterien von Elsbeth Stern Traditionen, Wertmuster, Normen Alter Sprache Herkunftssprache Geschlechtsspezifische Sozialisation Verschiedenheit hat viele Facetten von Der Einzelne denen wir nur einige wahrnehmen. Psychische Entwicklung Physis, Gesundheit Soziale Kompetenz Kognitive Lernvoraussetzungen Interessen, Motivation, Erwartungen, Neigungen
12 Je heterogener die Lerngruppen geworden sind, desto wichtiger wird den meisten Fällen die innere Differenzierung Bedingungsfaktoren für des Unterrichts. Die Person Die Lernvoraussetzungen in der modernen Gesellschaft der Schüler begreift werden immer unterschiedlicher. sich als Individuum. Die immer Individualität größere Streuung ist eine tragende der Begabungen Säule und der Lernvoraussetzungen Identitätskonstruktion hat des seit modernen Jahren auch die Gymnasien Menschen. und Realschulen Die zwei Komponenten erreicht. Es gibt von viele Schüler mit Spezialbegabungen Individualität und sind mit Einzigartigkeit professionell und gepflegten Hobbys ( ). Selbstbestimmung. Es gibt aber auch immer (Schimank, häufiger 2000, Schüler S. 107) mit chronischen, oft psychosomatischen Erkrankungen, auf die im Unterricht Rücksicht genommen werden muss. (Paradies/Linser, 2001, S. 10) Heterogenität Die prinzipielle verfassungsrechtliche Gleichheit der Menschen und ihre faktische Ungleichheit in physischer, intellektueller, bildungsmäßiger und sozialer Hinsicht ist ein ebenso zentrales wie unlösbares Problem jeder Demokratie und jeder Pädagogik. (Weinert, 1975, S. 35) Schulische Realität Individualisierung
13 DIFFERENZIERUNG ALS MÖGLICHKEIT DES UMGANGS MIT HETEROGENITÄT
14 Heterogenität und Unterricht Differenzierung bezeichnet alle Maßnahmen schul- und unterrichtsorganisatorischer Art, die zur Förderung von Schülern oder von Lerngruppen aufgrund unterschiedlicher Neigungen, Begabungen, Interessen, Schwächen und Stärken unter Berücksichtigung des jeweiligen Entwicklungsstandes ergriffen werden, was zu einer Individualisierung des Unterrichts beiträgt. Saalfrank, 2012
15 Formen der Differenzierung Äußere Differenzierung schulorganisatorischer Bereich Innere Differenzierung unterrichtsorganisatorischer Bereich
16 Unterrichtsorganisatorische Dimension Ziele Inhalte Methoden und Medien Sozialformen Lernvoraussetzungen Organisation und Zufall Didaktische Dimension Innere Differenzierung Unterrichtsgestaltungsdimension Lerninteresse Lernbereitschaft Lerntempo Lernstile Individualisierter Unterricht (z.b. Freiarbeit, Wochenplanarbeit) Kooperativer Unterricht (z.b. Projektarbeit, Gruppenunterricht) Gemeinsamer Unterricht (z.b. Klassenunterricht) Kompetenzdimension Entscheidungskompetenzen Fachkompetenzen Sozialkompetenzen Selbstkompetenzen Handlungskompetenzen
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18 Gestaltung von Lehr- Lernarrangements Gemäßigter Konstruktivismus Fazit: Individuelle Differenzen gehören zum Lernen und sind von besonderem Interesse Ziel konstruktivistischer Didaktik ist: - heterogene Merkmale von Lernenden zu adressieren - multiple Perspektiven Wert zu schätzen, - durch Bearbeiten möglichst authentischer Aufgaben ihre Wirklichkeitskonstruktionen zu kommunizieren Unterricht des Entwickelns/Entdeckens Lehrer eher als Organisator, Moderator, Experte oder Berater. Lerner übernimmt mehr Verantwortung für den Lernprozess. Nicht kognitive Aspekte haben eine größere Bedeutung Die Bedeutung des Lerninhalts (der Wissensmenge) sinkt, die Bedeutung der Denkschulung im Sinne von Kompetenzentwicklung steigt. Lernaufgaben und Lernaufgabenstrukturierung gewinnen eine überragende Bedeutung.
19 Das Problem der Inklusion
20 Integrations- und Inklusionspädagogik Unterzeichnung der UN- Behindertenrechtskonvention 2009 Sonderschulen werden in Frage gestellt (10 verschiedene Formen bilden eine Schulform) Kritik am 3-gliedriges Schulsystem, durch Aussonderung nach Behinderung und sozialer Herkunft. Ziel einer Inklusionspädagogik ist die Aufhebung von Kindersegregation, d.h. die gesellschaftliche Nichtaussonderung behinderter Menschen durch gemeinsames Leben verbunden mit der Aufgabe des Prinzips der homogenen Jahrgangsklasse.
21 Integrations- und Inklusionspädagogik Integrationsklassen seit Ende der 70er Jahre. Wichtig: Elterninitiative gemeinsam leben gemeinsam lernen sowie die erste Integrationsklasse in Berlin 1976 (Fläming Schule) Länderdifferenzen (gesetzliche Regelung über Versuch bis zu nicht vorgesehen) Zentraler Konfliktpunkt sind oftmals geistigbehinderte Kinder
22 Integrations- und Inklusionspädagogik Sonderschulen werden in Frage gestellt: 10 Formen als eine Schulform Aussonderung von behinderten Kindern und solchen Kindern, die nichts ins System passen (Schulen für verhaltensauffällige bzw. erziehungsschwierige Kinder) Aufhebung von Kindersegregation 3-gliedriges Schulsystem oder gliedriges Schulsystem?
23 Lehrerbelastung? Begabungsunterschiede als Berufserschwernis empfinden (TIMSS 1997 / Altrichter 2009)
24 Grundverständnis Eine integrative / inklusive Bildung hat das Ziel auf Grundlage einer Orientierung am Menschen eine Schule für alle aufzubauen, die ein Ort der Begegnung wird, in der segregative Elemente überwunden werden und die ein gemeinsames Lernen aller Kinder jenseits typisierender Zuschreibungen an einem gemeinsamen Lerngegenstand ermöglicht.
25 Integrative Bildung Index für Inklusion Dimension C Inklusive PRAKTIKEN entwickeln Indikator C. 1 Lernarrangements organisieren C. 1.1 Der Unterricht wird auf die Vielfalt der SchülerInnen hin geplant. C. 1.2 Der Unterricht stärkt die Teilhabe aller SchülerInnen. C. 1.3 Der Unterricht entwickelt ein positives Verständnis von Unterschieden. C. 1.4 Die SchülerInnen sind Subjekte ihres eigenen Lernens. C. 1.5 Die SchülerInnen lernen miteinander. C. 1.7 Die Disziplin in der Klasse basiert auf gegenseitigem Respekt. (Boban & Hinz 2004) => Folge: Inklusive / integrative Bildung erfordert mehr denn je eine Abkehr von einer technokratischen Sicht auf Unterricht und eine grundlegende anthropologische bzw. pädagogische Orientierung.
26 Anthropologische Grundorientierung Egal, wie ein Kind beschaffen ist, es hat das Recht, alles Wichtige über die Welt zu erfahren, weil es in dieser Welt lebt. (Feuser, 1999) Ziel ist ein didaktisches Handeln auf Grundlage eines unveräußerlichen Allein die lebendige Existenz jeweils individuell gewordener Realität didaktischen beweist deren Bildung, Fundamentums d.h. Menschen sind, solange im sie Rahmen leben, grundsätzlich bildungsfähig; die durch Bildung beschriebene einer Anthropologie entwicklungsbezogenen ist inklusiv! (Rödler, 2010) Individualisierung sowie durch eine Die wechselseitige Anpassung an und Einflussnahme auf den kooperative jeweiligen Partner stellen Tätigkeit, die allgemeinste d.h. Form des des Lernens Dialogs dar, aller wobei die Subjekte Anpassung die an allgemeinste einem Form gemeinsamen des Hörens, die Einflussnahme die allgemeinste Form des Sprechens ist. (Rödler, Gegenstand. 1985) (Feuser, )
27 Integrations- und Inklusionspädagogik Gute Schulleistungen (Intellekt); gleichaltrige Miterzieher Positive psychosoziale Entwicklungen (Emotional) Veränderte Didaktik (Projekte, Wochenarbeit, Freiarbeit,Gesprächskreise) Individualisierung ohne äußere Differenzierung Individuelle Leistungsfortschritte Integration nicht als Anpassung sondern Annäherung
28 Vielen Dank! Das Geheimnis, mit allen Menschen in Frieden zu leben, besteht in der Kunst, jeden seiner Individualität nach zu verstehen. Friedrich Ludwig Jahn ( )
29 FILM DAS KÖNNEN WIR DOCH AUCH WIE SCHULEN IN DEUTSCHLAND MIT HETEROGENITÄT UMGEHEN
30 Zusammenfassung Eine Aussonderung von Kindern auf Grund bestimmter Merkmale (Leistung, soziale Herkunft, Behinderungen, Geschlecht etc.) ist sowohl für das Lernen miteinander als auch für das Lernen voneinander nicht produktiv und Zeichen einer Diskriminierung bestimmter Gruppen. Ein gerechtes Schulsystem bevorzugt heterogene Gruppen und richtet sich so aus, dass den einzelnen Begabungen durch entsprechende Fördermaßnahmen Rechnung getragen wird. Managing Diversity meint eine Grundhaltung des Lehrers zur Achtung der Vielfalt in der jeweiligen Klasse, dem Erkennen von Vielfalt und der Förderung von Vielfalt. Um den vielfältigen Förderbedarf zu erkennen benötigen die Lehrer eine Diagnosekompetenz einerseits aber auch das Wissen darüber mit wem eine Kooperation notwendig ist, um den Förderbedarf zu bestimmen. Alle Menschen sind Subjekte, d.h. alle Menschen gleich welcher sozialen oder ethischen Herkunft, gleich welcher Stärken und Schwächen können der Bildung teilhaftig werden. Alle Menschen sind aber auch Individuen, d.h. alle Menschen haben unverwechselbare Eigenschaften, die entsprechend gefördert werden müssen. Gemeinschaft entsteht, wenn Individuen miteinander zu tun bekommen, sich auf andere einlassen und miteinander lernen. Homogenität ist nur eine bildungspolitische Fiktion, da selbst scheinbar homogene Gruppen bzw. auf Homogenität ausgerichtete Schulformen immer heterogen bleiben, somit kann diese fiktionale Homogenität zu bewusst heterogenen Lernverbänden aufgelöst werden.
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