S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G:

Transkript

1 Diese Kopie wird nur zur rein persönlichen Information überlassen. Jede Form der Vervielfältigung oder Verwertung bedarf der ausdrücklichen vorherigen Genehmigung des Urhebers by the author S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G: Die Tricks der Banker: Brachte die Deutsche Bank Kleinanleger vor Gericht um ihr Recht? Autoren: Kamera: Schnitt: Oliver Heinsch Ulrich Neumann Andreas Deinert Christian Saal Thomas Schäfer André Schmidtke Andreas Hebenstreit Moderation Fritz Frey: Die Deutsche Bank. Eines steht fest: Kein deutsches Bankhaus ist aktuell in mehr Affären verwickelt, produziert mehr Negativschlagzeilen als die Deutsche Bank. Anklagen wegen Steuerhinterziehung oder Beihilfe dazu, versuchter Prozessbetrug oder, weniger schlagzeilenträchtig: dubiose Geschäfte mit Schrottimmobilien. Liegt das daran, dass es sich bei den möglichen Opfern ja nur um sogenannte kleine Leute handelt? Oliver Heinsch und Ulrich Neumann mit den Details.

2 2 Bericht:»Die Deutsche Bank ist für mich ein Betrüger.Die Deutsche Bank, das kann man hier gut sehen, das sind einfach die Betrüger.Es sind Betrüger echt.«draußen vor dem Landgericht in München vor zwei Wochen: Eine Gruppe von geschädigten Kleinanlegern steht im Regen, versucht auf sich aufmerksam zu machen. Drinnen im Landgericht: Unter anderem einer der heutigen Deutsche Bank-Chefs Jürgen Fitschen auf der Anklagebank. Er soll in der Kirch-Affäre vor Gericht gelogen haben. Vor Gericht gelogen, sagen die Kleinanleger vor der Tür, habe die Deutsche Bank auch in ihren Fällen.»Auch wir hier möchten auf Prozessbetrug hinweisen. Allerdings nicht in einem Einzelfall, sondern in Hunderten von Fällen.«Jens Kuhn ist wie andere Geschädigte mit völlig überteuerten Schrottimmobilien bitter auf die Nase gefallen, im großen Stil finanziert von der Deutschen Bank. Seit Jahren prozessieren sie und haben reihenweise verloren. Warum? Weil, so sagen sie, auch hier die Deutsche Bank vor Gericht gelogen habe.»der Hauptvorwurf ist derjenige, dass die Bank in den zivilen Rechtsstreiten, die wir wegen Schrottimmobilien-Finanzierung führen, lügt nach wie vor.«kann das sein? Lügt Deutschlands wichtigste Bank in Hunderten von Gerichtsverfahren auf Kosten von Kleinanlegern? Das wäre Prozessbetrug und damit eine Straftat. Jens Kuhn ist davon überzeugt. Vor mehr als 20 Jahren wurde er von windigen Vermittlern mit einer Schrottimmobilie betrogen. Eigentlich sollte das die Altersvorsorge für die Familie sein. Doch die mit einem Kredit finanzierte Immobilie war heillos überteuert.

3 3 Jetzt sitzt er auf einem Schuldenberg für eine Wohnung, die höchstens Euro wert ist. O-Ton, Oxsana Vakula:»Die Deutsche Bank hat mir vor rund drei Jahren eine Rechnung aufgemacht etwas über Euro.Wir haben zwei kleine Kinder. Das bedroht ja unsere Existenz, die Existenz der kleinen Kinder.Sie werden mit einer Forderung konfrontiert, die Sie zum einen so nicht leisten können, zum einen nicht leisten wollen. Zum anderem auch noch wissen, wie sie sich zusammensetzt, nämlich aus einem Betrugsmodell und einem fortgesetzten Betrug, der dann vor Gericht durchgesetzt wurde.«so sieht es jedenfalls Jens Kuhn. Die Bank dagegen weist grundsätzlich jede Verantwortung von sich, sie habe mit Immobilien- Betrügern nichts zu tun gehabt, nur die Kredite gegeben. Doch nach jahrelangen Prozessen kam kürzlich vor Gericht etwas anderes heraus: Im Eifer des Massengeschäftes hat die Deutsche Bank damals Kredite genehmigt und ausgezahlt, und das, obwohl ihr noch gar nicht alle nötigen Unterlagen vorlagen. Das heißt, die Bank hat offenbar doch ganz eng mit den Immobilienbetrügern zusammengearbeitet, ihnen sogar blind vertraut. Und das Wichtigste: Diese Kreditverträge waren damit eigentlich ungültig, die Kleinanleger hätten vor Gericht gewinnen müssen, meint der Anwalt der Geschädigten.»Wenn ich Geld auszahle und einen Vertrag schließe, ohne dass die Formalia für einen Vertragsschluss erfüllt sind, dann sind die Verträge alle unwirksam. Wenn die Verträge alle unwirksam sind, kann die Bank das Geld von unseren Mandanten nicht zurückfordern.«

4 4 Doch jahrelang redet sich die Bank vor Gericht erfolgreich heraus. Auf einmal behauptet sie, sie habe ja gar keine Kredite ausgezahlt, sondern nur eine Art freiwillige Vorauszahlung auf den Kredit. Das nennt sie vor Gericht eine Vorabauszahlung mit Rückbuchungs- Ermächtigung.»Die Deutsche Bank hat gesagt: Ja, das sei so normal bei ihr, man würde das als Vorabauszahlung auf später noch irgendwann zu schließende Darlehensverträge machen. Und das ist so, als wenn Sie zur Bank gehen und sagen, zur Deutschen Bank wohl gemerkt, denn bei anderen Banken geht s ja nicht, und sagen: Guten Tag, ich hätte gerne mal Euro Kredit, ich habe leider keine Zeit einen Darlehensvertrag zu schließen, aber in ein paar Wochen komme ich vielleicht mal wieder, vielleicht auch nicht, geben Sie mir schon mal den Kredit mit. Und die Deutsche Bank macht das auch.«jahrelang glauben die Gerichte der Bank diese abenteuerliche Behauptung. Deshalb haben Geschädigte, wie zum Beispiel Jens Kuhn, ihre Prozesse endgültig verloren. Für sie kommt eine dramatische Wendung zu spät. Vor einem Jahr berichtete REPORT MAINZ über die Mär der Vorabauszahlung mit Rückbuchungsermächtigung. Das Urteil der Experten damals schon vernichtend: O-Ton, Prof. Hans-Ludwig Schreiber, ehem. Präsident Uni Göttingen, REPORT MAINZ :»Das ist ein sehr künstliches Konstrukt, um sich vor jedem Schadensersatzanspruch zu sichern und den Kunden praktisch zu entrechten.«auch durch diesen Beitrag angeregt urteilen jetzt viele Gerichte anders. In einer Vielzahl von Verfahren haben die Richter jetzt gegen die Deutsche Bank entschieden. In den Urteilen heißt es zum Beispiel: Die Argumente des Zeugen der Deutschen Bank, so das Oberlandesgericht Hamm, sind unglaubwürdig, nicht plausibel und nicht nachvollziehbar.

5 5 Das OLG Düsseldorf urteilt: Der Sachvortrag der Deutschen Bank ist unzutreffend und voll von Ungereimtheiten und Widersprüchen. Das Landgericht Wiesbaden sagt, die Bank habe entweder nicht mal ihre eigenen Unterlagen gelesen oder aber bewusst wahrheitswidrig vorgetragen, um das Gericht zu täuschen. Wie bewertet der Strafrechtler Gerhard Strate diese Urteile? O-Ton, Gerhard Strate, Strafrechtler:»Die Häufung dieser doch weitgehend übereinstimmenden Urteile höchster Gerichte, Oberlandesgerichte, das lässt schon darauf schließen, dass hier zumindest der starke Verdacht eines systematischen auf versuchten Prozessbetrug angelegten Vortrages zu konstatieren ist.«report MAINZ wollte Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen interviewen. Tatsächlich gibt es nur eine schriftliche Stellungnahme: Den Vorwurf des Prozessbetruges weist die Bank entschieden zurück. Sie trage vor Gericht so vor, wie es sich aus den Akten ergebe. Außerdem, so die Bank weiter, bringe der Rechtsanwalt der Betroffenen, einiges durcheinander. Also nur ein Anwalt, der nichts verstanden hat? Anders sieht das der ehemalige Staatsanwalt und Richter Wolfgang Schaupensteiner: O-Ton, Wolfgang Schaupensteiner, Rechtsanwalt:»Wenn man die zahlreichen Urteile liest, dann kann man nur zu einem Schluss kommen: Hier handelt es sich um systematischen Prozessbetrug, zumindest den dringenden Verdacht des systematischen Prozessbetruges. Und das auch noch zum Nachteil von Hunderten von kleinen Leuten. Und solcher Prozessbetrug ist schlichtweg eine Straftat.«