Nervöse Erschöpfung mit psychischen und körperlichen Symptomen
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1 Nervöse Erschöpfung mit psychischen und körperlichen Symptomen Dr. med. Othmar Mäser Facharzt für Psychiatrie und Neurologie in Feldkirch Feldkircher Arztgespräche Mittwoch 2. September 2015 Panoramasaal LKH Feldkirch
2 Inhaltsübersicht Zum Begriff: Nervlicher Erschöpfungszustand Organismus - Funktion des Nervensystems Steuerung der Organe Normale Funktion - Überlastungszeichen gestörte Funktion (Symptome) Ursache (Faktoren) des nervlichen Erschöpfungszustandes Diskussion von Fallbeispielen bezüglich Entstehung, Symptome und Therapie inklusive Vorbeugung (Prävention) 2
3 Nervlicher Erschöpfungszustand (Definition) Ein nervlicher Erschöpfungszustand ist ein Zustand bei dem es infolge der nervlichen (psychischen) Belastung (Überlastung) zu Beschwerden gekommen ist. Man spricht oft von einem Burnout (Burnout Syndrom) oder in gewissen Fällen von einer Depression oder von einer funktionellen Störung. Man kann auch sagen: Als Folge der Erschöpfung der Nervenkraft => körperliche Symptome und psychische Symptome => Leitungsfähigkeit vermindert => Belastbarkeit vermindert 3
4 Normale Funktion Normale Ermüdung Am Morgen frisch und munter Leistungsfähigkeit gegeben Belastbarkeit gegeben Im Laufe des Tages => normale Ermüdung Schlaf => ausreichende Erholung Belastung im grünen Bereich unterschiedliche Typen (Morgenmensch / Nachtmensch) Unterschiedliche Anlage (Genetik) 4
5 Überlastung Erschöpfung Auftreten von Beschwerden (Symptomen) als Folge der Überlastung Kurzzeitmäßige Überlastung => Übermüdung (ausreichende Erholung tritt ein) Langzeitmäßige Überlastung => Erschöpfung (es tritt keine ausreichende Erholung ein) Man kann auch sagen: normaler Stress: nach Belastung folgt Erholung chronischer Stress: nach Belastung folgt keine ausreichende Erholung => diverse Störungen (Symptome) 5
6 Funktion des Nervensystems Das Nervensystem ist die Schaltzentrale des Organismus Reize (Information) werden über die Sinnesorgane aufgenommen und verarbeitet Gedanken Gefühle Empfindungen Bewegungen Vegetative Funktionen werden moduliert Nervensystem (Schlaf, Appetit, Sexualität usf.) Zentrales Nervensystem Peripheres Nervensystem (Nervenbahnen) Das Nervensystem steht praktisch mit allen Organen in Verbindung und beeinflusst deren Funktion und es beeinflusst vor allem auch sich selbst! 6
7 Nervenzelle als Baustein des Nervensystems neuronales Netzwerk Die einzelne Nervenzelle steht im Verbund mit anderen Nervenzellen einlangende Reize Reizschwelle wird erreicht Impuls wird geleitet An der Nervenzelle treffen die Impulse von anderen Nervenzellen ein und addieren sich auf bis diese Nervenzelle ihrerseits einen Impuls absendet. Übertragung des Impulses elektrisch chemisch (Botenstoffe) Synapse Entwicklung des Nervensystems: Ausbildung von Synapsen und teils auch von Fortsätzen ist möglich => Lernen möglich / veränderte Muster Erlebnis Erfahrung Datenverarbeitung Gedächtnis Entstehung von Programmen neuronale Muster entstehen => Übung- Gewöhnung- Gewohnheit (Konditionierung) 7
8 Auswirkung der neuronalen Information Die Impulse werden an andere Nervenzellen oder sonstige Zellen im Körper weitergeleitet (Beispiel: Nervenzelle regelt z.b. den Durchmesser des Blutgefäßes) oder Impulse der Nervenzellen spannen Muskelzellen an usf. oder regen Gedanken, Gefühle an usf. Ausstrahlung der psychischen Energie (Anspannung) auf den Körper und / oder der Ausstrahlung der psychischen Anspannung auf die Psyche Deformation der neuronalen Muster ist möglich Veränderung der neuronalen Muster => unvorteilhafte Konditionierung 8
9 Nervensystem steuert und beeinflusst Organe und sich selbst Direkte nervliche Steuerung über Nervenbahnen - willkürlich => Muskeln - unwillkürlich (vegetatives Nervensystem) (Sympathikus / Parasympathikus) => innere Organe (Herz, Darm, usf.) Nervensystem ist auch die oberste Instanz des Hormonsystems Indirekte hormonelle Steuerung (Hormonsystem) => Hormone wirken auf Gehirn => Hirnanhangdrüse (Hypophyse) => ACTH => Nebenniere => Cortison => TSH => Schilddrüse => T3, T4 usf. => Einfluss auf den ganzen Körper und die Psyche 9
10 psychische Überlastung nervliche Erschöpfung => Auftreten von Störungen (Symptome) Körperliche Symptome Psychische Überlastung führt zu gestörter Entspannungsfähigkeit => chronische Überreiztheit Biologisch betrachtet Transmittermangel in den verschiedenen Bereichen des Gehirns => gestörte Funktion (Deformation der Programme ) Psychische Symptome Vegetative Symptome 10
11 Nervliche Überlastung => Symptome Reizsymptome Erschöpfungssymptome: Erhöhte Reizbarkeit, Schlafstörung Erschöpfungssymptome, Energielosigkeit Leistungsfähigkeit vermindert Belastbarkeit vermindert Vegetative Symptome (Schlafstörung, Appetitstör., usf.) Körperliche Symptome: Vermehrtes Herzklopfen (Beklemmung) Druck am Kopf, Ameisenlaufen in Händen, vermehrtes Schwitzen, Verstopfung, Appetitstörung, Tinnitus tritt auf usf. Psychische Symptome: grundlose Angst, kann nicht mehr unter die Leute gehen Lustlosigkeit, Lebensfreude vermindert, Verzweiflung Antrieb, Konzentration, Energie vermindert usf. Lebensüberdruss 11
12 Normale Stressreaktion / chronische Stressreaktion Vergleich der Situation von früher mit heute Mensch vor 100 Jahren: Mensch in moderner Gesellschaft: viel Bewegung überwiegend pflanzliche Kost sehr viele Reize wenig Bewegung moderne Kost relativ wenig Reize Normale Ermüdung damalige Therapie = Arbeit = Bewegung = Therapie Hohe Anforderung an sich selbst ( Vorarlberger Syndrom ) und vom System ausgeprägtes Leistungsstreben ( im Westen die Besten ) Reizüberflutung => nervliche Erschöpfung Übung - Gewöhnung Gewohnheit (nachteilige Konditionierung) 12
13 Nervliche Anspannung nervliche Entspannung Normale Situation: Normale Anspannung Normale Entspannung (normale Entspannungsfähigkeit) Beispiel: gesunder Säugling Aktivierung Ruhen im Wechsel: Aufwachen (Übergang in Wachzustand) Ermüdung (Übergang in Schlafzustand) Gestörte Situation: Chronische Anspannung Mangelhafte Entspannung (=> Schlafstörung Einschlafstörung / Durchschlafstörung) Überreiztheit (Übermüdung) => vegetative Überreizung vegetative Störung System kann nicht mehr abschalten Deformation der Programme ungünstige Konditionierung chronische Überaktivierung => => Störung in verschiedenen Bereichen 13
14 Ursache des nervlichen Überlastungszustandes chronische Anspannung => nachteilige Konditionierung äußere (exogene) Faktoren berufliche Belastung / private Belastung Zeitdruck Arbeitsdauer (im Verhältnis zur Erholung) wenig Nachtschlaf (Einsatz von Beruhigungsmittel, Alkohol, Zigaretten, Cannabis, Aufputschmittel ) Belastung im grünen Bereich innere (endogene) Faktoren individuelle Motivation / persönliche Zielvorgabe individuelle Anlage (Konstitution) Gene => individuelle Belastbarkeit Übergang in roten Bereich Nicht-Wahrnehmen der Grenzen geht schon, das macht man nicht nein sagen - trau ich mich nicht Praxis Gewöhnung-Gewohnheit => Störung 14
15 Bei Auftreten von Beschwerden (Symptomen) Ärztliche Abklärung Abklärung erfolgt in der Regel beim Hausarzt und / oder Internist (Ausschluss von körperlicher Krankheit) Organische Symptome im Vordergrund organisch gesund Ergebnis lautete oft: psychisch bedingte Störung vegetative Dystonie funktionelle Störung (funktionelle Organbeschwerden) Burnout (Laiendiagnose) Psychische Symptome im Vordergrund Depression, Erschöpfungsdepression (psychiatrische Diagnose) Psychosomatische Störung (psychische Symptome und körperliche Symptome) 15
16 Entstehung der Störung Praxis - Gewöhnung Gewohnheit unabsichtliche Konditionierung Diskussion von zwei Fallbeispielen: Fall: A Im Vordergrund körperliche Störung Hauptsymptome: Verspannung der unteren Rückenmuskulatur, Schmerzen wird schneller erschöpft Fall: B Im Vordergrund psychische Störung Hauptsymptome: grundlose Ängstlichkeit, meidet Menschenansammlung, Konzentration vermindert, wird gleich erschöpft komplexe Ursache (hier) einfache Erklärung 16
17 Vergehen der Störung (Therapie) Übung - Gewöhnung - Gewohnheit (Dekonditionierung) Entlastung Je nach Fall und Sachverhalt unterschiedliche Vorgehensweise (Therapie) symptomatische Therapie (Medikamente) kausale Therapie Dekonditionierung - Umgewöhnung Schulung der Wahrnehmung ( Hausaufgabe ) Spüren der Grenzen Fühlen der körperlichen Reaktion Anpassung Veränderung Übung Gewöhnung Gewohnheit in richtige Richtung Rückkehr vom roten Bereich in den grünen Bereich 17
18 Erklärung des Begriffs Burnout (Burnout-Syndrom) grundsätzlich kann das Nervensystem (respektive die Psyche) nicht ausbrennen Heilung ist möglich Es geht um ein inneres Umlernen um eine Dekonditionierung um ein Verlernen was man unabsichtlich zum Nachteil gelernt (erworben) hat *Buchtipp: OSHO, Das Yogabuch II, Jenseits von Raum, Zeit und Begehren, Innenwelt Verlag Wie kann das Ziel der Heilung das Heil - Werden erreicht werden? Entspannung fördern Loslassen innere Schau (Meditation*) innerer Zeuge sein Wu wei Tun durch nicht tun Spazieren Man sollte richtig leben lernen Anmerkung zu den Medikamenten: Sind in vielen Fällen hilfreich wirken symptomatisch und teils auch kausal In manchen Fällen sind sie notwendig 18
19 Therapie angemessene Anpassung Entlastung (Krankenstand) Symptomatische Therapie Internistische Symptome (Säureblocker, Beta Blocker,...) Psychische Maßnahmen (ärztliches Gespräch, Antidepressiva und andere Mittel) Kausale Therapie soweit möglich angemessene Anpassung an Situation - psychisch (kleine und große Psychotherapie falls erforderlich) - körperlich (die Biorhythmen fördernde Unternehmungen, gesunde Ernährung) - flankierend (physikalische Therapie, Homöopathie, Kneippen usf.) Ganzheitliche Methoden zur verbesserten Wahrnehmung (eigene Grenze spüren und sich eingestehen) Loslassmethoden, Spürmethoden, meditative Methoden positive Übung Gewöhnung positive Gewohnheit Achtsamkeit im weitesten Sinn 19
20 Anmerkungen zur Psychotherapie kleine Psychotherapie große Psychotherapie Kleine Psychotherapie (ärztliches Gespräch) Erklären der Zusammenhänge Verstehen der Zusammenhänge (individuelle Eigenheiten, Beziehungsgefüge, Situations Analyse ) Große Psychotherapie (tieferes Eindringen, Verstehen und Erkennen der eigenen Muster) Methoden: Psychoanalyse (historisch), Balintgruppe, Existenzanalyse, usf. Hypnotherapie (Hypnose) Förderung der Entspannung - körperorientierte Verfahren (Autogenes Training, Feldenkrais, Breema usf., Bewegung (regelmäßiger Spaziergang,., Yoga, ) Schulung der Wahrnehmung (Achtsamkeit), sich Grenzen eingestehen Entwicklung in die richtige Richtung - positive Veränderung der Muster Umstellung Veränderung angemessene Anpassung je nach individueller und gegebener Situation 20
21 Vielen Dank für ihr Interesse! Weitere Informationen zu dieser Thematik auf Dr. med. Othmar Mäser FA für Psychiatrie und Neurologie Feldkirch, Österreich 21
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