Kapitel 2 Experiment: Messwert & Messgenauigkeit
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- Irma Geiger
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1 Kapitel 2 Experiment: Messwert & Messgenauigkeit Die Reproduzierbarkeit von Experimenten ist ein zentrales Thema in allen Naturwissenschaften. In diesem Kapitel erarbeiten wir Verfahren, mit denen wir die Genauigkeit experimenteller Resultate quantitativ erfassen. Damit erhalten wir einerseits ein Maß für die Reproduzierbarkeit des Experiments und können andererseits die Kompatibilität entsprechender theoretischer Rechnungen mit den Messungen überprüfen. Beispiel: Fall-Experiment: Theorie Ortsfunktion, Geschwindigkeit und Beschleunigung sind in Abhängigkeit von der Zeit: x (t) v (t) =ẋ a (t) = v (t) =ẍ (t) Bei einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung ist a = const. = a v (t) = a t + v x (t) = 1 2 a t 2 + v t + x. In einem Kugel-Fall-Experiment mit v = 0 können wir durch Messen von x = x x und t = t t mit x = 1 2 g t2 (2.1) die Erdbeschleunigung a = g bestimmen und gleichzeitig einen quantitativen Test des Fall-Gesetzes durchführen. M. Erdmann, Experimentalphysik 1, Springer-Lehrbuch, DOI / _2, C Springer-Verlag Berlin Heidelberg
2 20 2 Experiment: Messwert & Messgenauigkeit 2.1 Grundgrößen Messen bedeutet einen Vergleich mit Standards. In diesem Abschnitt werden wir die drei in der Mechanik relevanten Grundgrößen nach dem internationalen Standard SI (Système International d unités) dafür einführen. Aktuelle Entwicklungen zu den Grundgrößen kann man über die Webseite des Bureau International des Poids et Mesures (BIPM) einsehen Längeneinheit: Meter m Nach einer Messung des Erdmeridianquadranten (Entfernung vom Pol zum Äquator) durch die Astronomen Jean-Baptiste Delambre und Pierre Méchain wurde 1799 die Entfernung eines 10-Millionstels dieses Quadranten auf einem Platinstab markiert und als 1m Länge deklariert. Auch mit verbesserten Varianten des Stabs liegt die Reproduzierbarkeit dieser Länge im µm Bereich (10 6 m) wurde beschlossen, die Längenmessung auf eine Zeitmessung zurückzuführen. 1 m ist definiert als die Strecke, die Licht im Vakuum während der Zeit s zurücklegt. Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum wird demnach exakt auf c = m/s festgelegt Zeiteinheit: Sekunde s Ursprünglich war die Sekunde als der te Teil eines Sonnentages definiert (1 s = 1Tag ). Bei dieser Definition unterliegt die Sekunde jedoch jahreszeitlichen Schwankungen. Heute ist die Sekunde die Zeitdauer von Schwingungsperioden der elektromagnetischen Strahlung, die dem Übergang zwischen zwei bestimmten Elektronenzuständen im Caesium 133 Atom entspricht (Hyperfeinaufspaltung des Grundzustands). Die experimentelle Reproduzierbarkeit der so definierten Sekunde gelang 2009 mit einer relativen Genauigkeit von fast 1/ Masseneinheit: Kilogramm kg Das Kilogramm (1 kg) ist definiert als die Masse, die ein in Paris aufbewahrter Platin-Iridium-Zylinder hat. Siehe hierzu auch Abschn. 3.2.
3 2.2 Genauigkeit von Messwerten 21 Experiment: Fall-Experiment In unserem Experiment wird die Fallstrecke x einer Stahlkugel und ihre Fallzeit t gemessen. Die Kugel wird anfangs von einem Elektromagneten gehalten. Die Fallstrecke wird mit einem Maßband gemessen. Die Fallzeit wird mit einer elektronischen Stoppuhr bestimmt. Beim Start wird der Elektromagnet abgeschaltet und gleichzeitig die Uhr gestartet. Die Kugel fällt durch eine Lichtschranke, über die die Uhr gestoppt wird. Wir wiederholen die Messung mehrfach und messen bei der Fallstrecke x = 2 m folgende Werte für die Fallzeit t: 634 ms, 630 ms, 629 ms, 631 ms, 655 ms, 633 ms, 631 ms 2.2 Genauigkeit von Messwerten Die begrenzte Genauigkeit der Apparatur verhindert, dass bei jeder Messung der identische Messwert gefunden wird. Bei den hierdurch verursachten Messunsicherheiten unterscheidet man zwei Arten von Fehlern: Systematische Fehler: Fehler, die auch bei Wiederholung des Experiments den Messwert immer in dieselbe Richtung verschieben (größere oder kleinere Messwerte). Statistische Fehler: Zufällig auftretende Fehler. Sie streuen um den wahren Wert. Beispiel: Fall-Experiment: Ursachen für Fehler In unserem Fallversuch sind Beispiele für mögliche Ursachen von Messfehlern: Systematische Fehler: Luftreibung, fehlerhafte Eichung der Stoppuhr bzw. des Maßbandes, Auslösemechanismus der Kugel. Statistische Fehler: Ungenauigkeiten beim Starten und Stoppen des Uhrwerks, Instabilitäten der Uhr-Elektronik bei der Zeitmessung, geschätzte Ablesegenauigkeit des Maßbands.
4 22 2 Experiment: Messwert & Messgenauigkeit Die Angabe der Messgröße inklusive ihrer Unsicherheiten wird üblicherweise in folgender Weise notiert: Messwert ± statistische Fehler ± systematische Fehler (2.2) 2.3 Verteilung von Messwerten Die Frage, die wir im Folgenden beantworten wollen, ist: Mit welcher Wahrscheinlichkeit messe ich einen Wert nahe des wahren Wertes? Mathematischer Einschub: Wahrscheinlichkeit Tritt ein Ereignis auf n verschiedene aber gleichwahrscheinliche Arten ein, wobei k dieser Arten die Eigenschaft A haben, dann ist die Wahrscheinlichkeit P für das Auftreten von A: P (A) = k n (2.3) Beispiel: Würfel Das Ereignis A sei eine 5 zu würfeln. Nur eine Seite des Würfels hat die 5, deswegen ist k = 1. Der Würfel hat n = 6 Seiten. Die Wahrscheinlichkeit eine 5 zu würfeln beträgt somit P(A) = 1 6. Eine Zufallsvariable kann aufgrund statistisch unkontrollierbarer Einflüsse verschiedene Werte annehmen. Diskrete Zufallsvariable z.b. Würfel Kontinuierliche Zufallsvariable z.b. Temperaturmessung
5 2.3 Verteilung von Messwerten Diskrete Verteilung Bei einer diskreten Zufallsvariablen r i mit i = 1,...,b Z ist die Wahrscheinlichkeit P (r i ), dass bei einer Messung der Wert r i auftritt, immer innerhalb des Intervalls Die Wahrscheinlichkeit aller möglichen Fälle ist 0 P (r i ) 1. (2.4) b P (r i ) = 1. (2.5) Der Mittelwert der diskreten Zufallsvariable r ist gegeben durch i=1 r = b r i P (r i ). (2.6) i=1 Diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung Kontinuierliche Verteilung Bei einer kontinuierlichen Zufallsvariablen x R ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer Messung der Wert x zwischen a und b liegt P (a x b) = b a f (x) dx, (2.7) wobei f (x) die Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung der Variablen x ist. Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung f (x)
6 24 2 Experiment: Messwert & Messgenauigkeit Für die Wahrscheinlichkeitsdichte gilt f (x) 0 und f (x) dx = 1. (2.8) Das Integral über die Wahrscheinlichkeitsdichte nennt man Wahrscheinlichkeitsdichte-Funktion F (x ). Sie gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Wert x mit x x auftritt: F (x ) = x f (x) dx mit F ( ) = 0 und F ( ) = 1 (2.9) Der Mittelwert für eine kontinuierliche Zufallsvariable ist x = x f (x) dx. (2.10) Als Maß für die Breite einer Verteilung wird die Varianz V = σ 2 verwendet: V = σ 2 (x x ) 2 f (x) dx (2.11) Hierbei ist σ die Standardabweichung. Sie ist ein Maß für die Größe der statistischen Schwankungen der Zufallsvariable x um ihren Mittelwert x. Physiker nennen diese Größe Messunsicherheit oder einfach Fehler Gauß-Verteilung Eine der wichtigsten Wahrscheinlichkeitsdichteverteilungen ist die Gauß-Verteilung (Normalverteilung). Sie ist folgendermaßen definiert: f (x) = ( ) 1 1 x μ 2 2πσ 2 e 2 σ (2.12)
7 2.4 Interpretation von Messwerten 25 Sie hat als Mittelwert μ x = Varianz V = x f(x) dx, (2.13) (x μ) 2 f (x) dx, (2.14) Standardabweichung σ = V. (2.15) Die Gauß-Verteilung fällt in der Entfernung x μ = σ auf den 1/ e-ten Teil ihres Maximalwerts ab: e (x μ)2 2σ 2 = e 1 2 (2.16) = 1 e (2.17) Die Wahrscheinlichkeit, x imintervall μ σ x μ + σ (2.18) zu finden, erhalten wir durch Integration über die Gauß-Verteilung in den entsprechenden Grenzen: 1 μ+σ 2πσ μ σ e (x μ)2 2σ 2 dx = 68.26% (2.19) D.h. in einem Drittel aller Fälle (Messungen) liegt x außerhalb des ±1σ Bereichs. Messwert innerhalb des Intervalls Wahrscheinlichkeit x μ < 1σ 68.26% x μ < 2σ 95.45% x μ < 3σ 99.73% 2.4 Interpretation von Messwerten Mathematischer Einschub: Zentraler Grenzwertsatz Die Mathematik hilft uns mit dem zentralen Grenzwertsatz, zufällige Fehler zu erfassen: Die Überlagerung von zufällig verteilten Fehlerquellen führt zur Gauß- Funktion als Wahrscheinlichkeitsdichteverteilung im Fall von vielen Messungen.
8 26 2 Experiment: Messwert & Messgenauigkeit Jede einzelne Messung wird von vielen Fehlerquellen beeinflusst, die den wahren Wert zum Zeitpunkt der Messung verändern. Viele Fehlerquellen, die unabhängig voneinander sind und zufällig den Messwert in die eine oder andere Richtung ziehen, folgen gemeinsam einer Gauß-Wahrscheinlichkeitsdichte f (x). Messdaten x 1, x 2,...,x n können als Zufallsvariable aufgefasst werden, die f (x) entnommen wurden ( Stichprobe ). Beispiel: Zentraler Grenzwertsatz Die Überlagerung mehrerer Gleichverteilungen ergibt eine Gauß-Verteilung. Im linken Bild ist eine gleichverteilte Zufallsverteilung gezeigt. Im mittleren Bild wurden 2 gleichverteilte Zufallszahlen addiert und in das Histogramm eingetragen. Im rechten Bild wurden 10 Zufallszahlen addiert und dann eingetragen. Die Gauß-Verteilung ist hier schon gut zu erkennen. Der Fit an die Gauß-Form funktioniert sehr gut und liefert die erwarteten Parameter. Auch bei einer zweidimensionalen Verteilung lässt sich der Effekt beeindruckend zeigen: Die Paare von Zufallszahlen sind im linken Bild aus dem Bereich des Elefanten gezogen. Rechts ist die dreifache Überlagerung von Paaren der Zufallsvariablen aus der Elefanten-Verteilung gezeigt. Vom Elefanten ist nichts mehr zu erkennen, die Entwicklung der Verteilung in Richtung einer Gauß-Verteilung kann man erahnen. Quelle: Prof. Dr. G. Quast, Universität Karlsruhe, Prof. Dr. C. Zeitnitz, Universität Wuppertal.
9 2.4 Interpretation von Messwerten 27 Folded Elefant h2fele Entries Mean x Mean y RMS x RMS y Verteilung für n = 1 Verteilung für n = 3 Aufgabe 2.1: Zentraler Grenzwertsatz Erklären sie die Addition zweier Zufallsvariablen: (1 Punkt) Lösung zu Aufgabe 2.1: Zentraler Grenzwertsatz
10 28 2 Experiment: Messwert & Messgenauigkeit 2.5 Auswertung eines Experiments Mittelwert Am Beispiel des Fallversuchs mit der Kugel führen wir jetzt eine Datenanalyse durch. Zunächst geht es darum, einen geeigneten Schätzwert t für die Fallzeit t zu finden. Nach Gl. (2.6) erhalten wir unter der Annahme, dass alle Werte gleichwahrscheinlich auftreten, den Stichproben-Mittelwert: t = 1 n n t i (2.20) i=1 Beispiel: Fall-Experiment: Mittelwert Bei einer wiederholten Messung wurden bei einer Fallstrecke von 2 m für t die folgenden Werte gemessen: 634 ms, 630 ms, 629 ms, 631 ms, 655 ms, 633 ms, 631 ms Für t ergibt sich also t = 1 n n t i i=1 = 1 (634 ms ms ms ms ms ms ms) ms. Stellt man die Ergebnisse graphisch dar,
11 2.5 Auswertung eines Experiments 29 so stellt man eine Häufung der Messwerte um 631 ms fest. Der Mittelwert wird jedoch durch den Messwert bei 655 ms vom offensichtlichen Häufungspunkt auf 635 ms verschoben. Als Test für die Stabilität des Mittelwerts wird der getrimmte Mittelwert berechnet. Dabei vernachlässigt man den größten und kleinsten Wert bei der Bestimmung des Mittelwerts. Als getrimmter Mittelwert ergibt sich t = 631.8ms. Nun stellt sich die Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass der Messwert bei 655 ms zufällig zustande kam? Eine Anpassung der Gaußfunktion an das Histogramm liefert den Mittelwert ms und die Standardabweichung σ 2ms. Die Distanz zwischen Mittelwert und Messwert beträgt also 23 ms 12 σ. Die logarithmische Darstellung der Häufigkeiten zeigt in eindrucksvoller Weise die geringe Wahrscheinlichkeit, dass der Messwert 655 ms aus üblichen statistischen Schwankungen der Messung resultiert. Solche Messungen außerhalb des erwarteten Wertebereichs sind für Suchen nach neuen physikalischen Phänomenen besonders interessant.
12 30 2 Experiment: Messwert & Messgenauigkeit In unserem Experiment handelt es sich bei dem Messwert vermutlich um ein Apparaturproblem bei der Einzelmessung. Diese Vermutung könnten wir durch Wiederholungsmessungen absichern. In der folgenden Auswertung wird dieser Messwert nicht weiter berücksichtigt. Beispiel: Fall-Experiment: Korrigierter Mittelwert Der Mittelwert im Häufungsbereich der Messungen beträgt t = 1 (634 ms ms ms ms ms ms) ms Statistische Fehler Da alle Messgrößen fehlerbehaftet sind, müssen wir auch für unseren gemessenen Mittelwert einen Fehler angeben. Dazu berechnen wir als erstes die Stichproben- Varianz σ 2 = V = 1 n (x i x) 2. (2.21) n 1 Die Varianz ist ein Maß für die Streuung der Einzelmessung. Da es sich bei dem Mittelwert x nicht um den wahren Wert, sondern um einen Schätzwert handelt, reduziert sich die Zahl der Freiheitsgrade (hier die Anzahl der Messungen bzw. der genommenen Stichproben) um 1, so dass nur durch (n 1) dividiert wird. Die Standardabweichung der Einzelmessung ist also i=1 σ = 1 n (x i x) 2. (2.22) n 1 i=1
13 2.5 Auswertung eines Experiments 31 Die Streuung gibt uns Auskunft über die Reproduzierbarkeit der Messung. Wir erwarten, dass der nächste neue Messwert mit einer Wahrscheinlichkeit von 68% im Intervall [ ] t σ ; t + σ (2.23) liegt. Beispiel: Fall-Experiment: Streuung der Messwerte Mit den Zahlenwerten aus dem Beispiel ergibt sich 1 ( σ = ) ms 2 2ms Bei einer wiederholten Einzelmessung würden wir also mit 68%-iger Wahrscheinlichkeit einen Wert von t = (631 ± 2) ms erwarten. Die Schätzung des Mittelwerts t und der Varianz σ 2 sind selbst Zufallsvariablen und damit Gauß-verteilt. Für die Standardabweichung des Mittelwerts ergibt sich als Konsequenz aus dem zentralen Grenzwertsatz: σ t = V t = σ n (2.24) Beispiel: Fall-Experiment: Fehler des Mittelwerts Für die Zeitmessung in unserem Versuch können wir nun den Mittelwert, die Standardabweichung und den Fehler auf den Mittelwert angeben: t = 631 ms σ = 2ms σ t = 2ms 1ms 6 Die Fallzeit der Kugel ergibt sich zu t ± σ t = (631 ± 1) ms.
14 32 2 Experiment: Messwert & Messgenauigkeit Aufgabe 2.2: Tennisballmaschine Gegeben sind 4 Messungen der Wurfweite x w = 21 m, 18 m, 16 m, 25 m. Gesucht sind 1. Mittlere Weite x w, 2. Standardabweichung σ, 3. Genauigkeit der mittleren Wurfweite σ xw. (2 Punkte) Lösung zu Aufgabe 2.2: Tennisballmaschine Unser eigentliches Ziel ist, die Erdbeschleunigung aus der Zeitmessung und der Fallstrecke über g = 2 x t 2 zu bestimmen (2.1). Um g und seinen Fehler berechnen zu können, muss auch die Längenmessung untersucht werden. Wie bei der Zeitmessung ist auch die Längenmessung fehlerbehaftet. Liest man die Strecke x auf dem Bandmaß ab, so muss man zwei Punkte x 1 und x 2 bestimmen, aus denen sich aus der Differenzbildung die Fallstrecke x = x 2 x 1
15 2.5 Auswertung eines Experiments 33 ergibt. Bei jeder der Messungen x 1 und x 2 kann man annehmen, dass der abgelesene Wert um σ x1 = σ x2 schwankt. Wie diese beiden Fehler zum Fehler auf x kombiniert werden, wird über das folgende Gesetz der Fehlerfortpflanzung erklärt Fehlerfortpflanzung Das Fehlerfortpflanzungsgesetz beschreibt, wie sich ein Fehler σ xk der Messgröße x k auf eine aus x k abgeleitete Messgröße y i auswirkt. Ist y i lediglich von x k abhängig, z.b. y i = 2x k, wird der Fehler σ yi durch die Ableitung von y i (x k ) an der Stelle x k und die Multiplikation mit σ xk bestimmt: σ yi = y i x k σ xk (2.25) In unserem einfachen Beispiel y i = 2x k ist dann σ yi = 2σ xk. Wird eine Messgröße y i aus n voneinander unabhängigen Messgrößen x k zusammengesetzt, wird die quadratische Summe der Einzelbeiträge gebildet: σ 2 y i = n ( yi k=1 x k ) 2 σ 2 x k (2.26) Beispiel: Fall-Experiment: Fehler der Längenmessung Die Längenmessung x = x 1 x 2 in unserem Beispiel hat mit σ x1 = σ x2 = ±0, 3 mm den Fehler ( ) x 2 ( ) x 2 σ x 2 = σx 2 x 1 + σx 2 1 x 2 2 (2.27) = (1) 2 σx ( 1) 2 σx 2 2 (2.28)
16 34 2 Experiment: Messwert & Messgenauigkeit Damit ist σ x = = 2 σ 2 x 1 = 2 σ 2 x 2. (2.29) 2 σ 2 x 2 = 2σ x2 0, 4 mm und x = (2, 0 ± 0, 0004) m. Beispiel: Fall-Experiment: Fehler der Erdbeschleunigung Ebenso können wir mit dem Fehlerfortpflanzungsgesetz den Fehler auf die Erdbeschleunigung g = 2 x/ t 2 berechnen: ( g σg 2 = t = = ( 2 x 2 ( 2 x t 2 = g 2 ) 2 ( ) g 2 σ 2 t + σ x 2 (2.30) x t 3 σ t ) [ 2 ( 2 σ t t [ ( 2 σ ) 2 t + t ) 2 ( ) t 2 σ x (2.31) ) ] 2 ( σ x ) 2 + (2.32) ( σ x x ) 2 ] x (2.33) Wir unterscheiden zwischen dem absoluten Fehler und dem relativen Fehler σ g = g ( 2 σ ) 2 t + t ( σ x x ) 2 (2.34) σ g g = ( 2 σ ) 2 t + t ( σ x x ) 2. (2.35) Wir erkennen aus dem Beispiel der Längenmessung die wichtige Regel, dass bei Differenzen (und Summen) die absoluten Fehler quadratisch addiert werden.
17 2.5 Auswertung eines Experiments 35 Im Beispiel der Erbeschleunigung sehen wir, dass bei Quotienten (und Produkten) die relativen Fehler quadratisch addiert werden. Potenzen wie in diesem Fall t 2 werden dabei als Faktoren berücksichtigt. Beispiel: Fall-Experiment Resultat mit statistischem Fehler Im Versuch ergibt sich mit den berechneten Mittelwerten der Fehler auf die Erdbeschleunigung g: ( g = 10 m s ) ( 0, ) 2 3 m 100 s 2 Als Ergebnis erhalten wir mit unserem Versuch den Messwert für die Erdbeschleunigung g = (10, 05 ± 0, 03) m s 2. Damit haben wir bislang den statistischen Fehler unserer Messung von g berechnet Systematische Fehler Für eine vollständige Auswertung unseres Experiments wären auch die systematischen Fehler zu bestimmen. In unserem Fall würden wir z.b. die Eichgenauigkeit des Uhrwerks und des Längenmaßbands im Vergleich mit anderen, genaueren Apparaturen vermessen. Zusätzlich müssten wir die Effekte durch die Luftreibung an der Kugel bestimmen. Bei Messgrößen, die aus Einzelvariablen x i zusammengesetzt sind, können wir jeden Messwert um den systematischen Fehler jeweils einer Einzelvariablen verschieben und die Auswirkung auf das Endergebnis bestimmen. Die Änderung des Endergebnisses ist für jede Messgröße deren systematischer Fehler σ i auf die gesamte Messgröße. Bei statistischer Unabhängigkeit der systematischen Einzelfehler können wir sie durch quadratisches Summieren zusammenfassen: σ sys = m σi 2. (2.36) i=1
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1 Messfehler. 1.1 Systematischer Fehler. 1.2 Statistische Fehler
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