Einführung in die Theorie der Messfehler
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- Johannes Egger
- vor 6 Jahren
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1 Einführung in die Theorie der Messfehler Ziel der Vorlesung: Die Studentinnen/Studenten sollen die Grundlagen der Theorie der Messfehler sowie den Unterschied zwischen Ausgleichsrechnung und statistischer Fehler rechnung verstanden haben und das jeweilige Verfahren anwenden können. Gliederung der Vorlesung:. Grundlagen der Theorie der Messfehler und Arten von Fehlern. Statistische Fehlerrechnung. Ausgleichsrechnung und Fehlerfortpflanzung 4. Darstellung von Messwerten 5. Checkliste für die Durchführung eines Praktikumsversuchs
2 Grundlagen der Theorie der Messfehler DIN 9, Ausgabe 995 0: Grundlagen der Messtechnik, Teil : Grundbegriffe DIN 9, Ausgabe 005 0: Grundlagen der Messtechnik, Teil : Begriffe für Messmittel DIN 9, Ausgabe : Grundlagen der Messtechnik, Teil : Auswertung von Messungen einer einzelnen Messgröße, Messunsicherheit DIN 9 4, Ausgabe 999 0: Grundlagen der Messtechnik, Teil 4: Auswertung von Messungen, Messunsicherheit Bronstein et al., Taschenbuch der Mathematik, 4. überarb. und erw. Aufl. der Neubearb., 999. Prof. Dr. F. Locher, Numerische Mathematik I (Vorlesungsskript), FernUniversität Hagen. Definition: Abweichung: alle während der Messung auftretende Fehler Unsicherheit: Fehler bei der Angabe von Messergebnissen Zielstellung:. Abweichungen sind so klein wie möglich zu halten, d. h. es ist eine möglichst gute Näherung zu ermitteln Ausgleichsrechnung. Unsicherheit ist so gut wie möglich abzuschätzen oder zu berechnen Statistik
3 Angabe von Messwerten Nach DIN 9 ist die Angabe der Messunsicherheit Bestandteil eines jeden Messergebnisses! Absolute Messunsicherheit: x= x E ± x x x = x E ± 00% Relative (prozentuale) Messunsicherheit: x=x E ± x E x E Beispiele: t =,4 s±0, s=,4 s ±8,5 0, 0, =,7 N ± 0, N F 57,85 0,05
4 Systematische Fehler Experiment: Es soll die maximale Schussweite einer Kanone ermittelt werden. Durchführung des Experiments:. Schuss. Schuss. Schuss 4. Schuss... Treibladung (g) Abschusswinkel Schussweite (m) Systematische Fehler: falsche Treibladung falscher Abschusswinkel unzureichendes Maßband Gelände fällt ab/steigt an... In der Theorie der Messfehler werden systematische Fehler ausgeschlossen! 4
5 Statistische Fehler 5
6 Fehlernormalverteilung () f : ℝ ℝ, x f x = e x Bezeichnungen: f(x): µ: σ: σ: Dichtefunktion Mittelwert Streuung Standardabweichung 6
7 Kurvendiskussion Gauß'sche Glockenkurve Graph f(x) von f(x) ist stetig, d. h. lim f x = f a a ℝ x a ist eine gerade Funktion, d. h. f x = f x Hinsichtlich des Absolutbetrags des Messfehlers ist f(x) monoton fallend: x, x ℝ : x x f x f x Maximalwert Fläche an der Stelle µ (hier: µ=0): max { f x }= f =0 = zwischen dem Graph von f(x) und der x Achse ergibt : f x = 7
8 Von der Theorie zur Praxis () Problem: Wahrer Wert xw der gemessenen Größe und wahrer Fehler einer Einzelmessung i εi=xw xi sind in der Regel unbekannt! Gesucht wird ein möglichst guter Schätzwert für xw! Beispiel: Messung des Widerstandswertes an einem ohmschen Widerstand. nach DIN IEC 6: R=00 ±% 7 8 Ri i
9 Von der Theorie zur Praxis () Arithmetisches Mittel als Schätzwert für xw: n x w x = x i n i = lim x = x w n Empirische Standardabweichung: n s= x x i n i= lim s= n Mittlerer quadratischer Fehler des arithmetischen Mittelwerts einer Messreihe: n s s x = x x = i n n n i =
10 Vertrauensbereich Für kleine Wiederholungsanzahlen n ist der mittlere quadratische Fehler unzureichend. Der Ingenieur führt deshalb einen Korrekturfaktor t ein und gibt dann im Ergebnis den Vertrauensbereich an: n P=68.% t,84 5,5 0,06 0,0 50,0 00,00 00,00 >00,00 P=90% P=95% P=99% P=99,7% t t t t 6,,7 6,66 5,80,,78 4,60 6,6,8,6,5 4,09,7,09,86,45,68,0,68,6,66,98,6,08,65,97,60,04,65,96,58,00 Angabe des Ergebnisses: x= x ±t s x Folglich: Für kleine Wiederholungszahlen n macht eine statistische Fehlerrechnung keinen Sinn!
11 Beispiel: Messung eines ohmschen Widerstands nach DIN IEC 6: R=00 ± % Wahrer Wert: Rw =00 i Ri normalerweise nicht bekannt!! Arithmetisches Mittel: 0 R= R i = =00, 0 i= 0 Empirische Standardabweichung: 0 R i = =,5 s= R 9 i= Mittlerer quadratischer Fehler: s R = s,5 = =0,6 n 0 Anzugebendes Messergebnis (Vertrauensbereich 68,%): R=00, ±0,8
12 Fehlerabschätzung Fehlerabschätzung = Abschätzung des Unsicherheitsintervalls a) Messanzeigen mit Teilstrichen b) Beispiel für schwierigere Fehlerabschätzung n! t = t mess, i n i= Der Einfluss der Reaktionszeit kann über das Messen mehrerer Ereignisse minimiert werden! 4
13 Fehlerfortpflanzung () In vielen Fällen ist die zu bestimmende Größe nicht direkt messbar, sondern muss aus (mehreren) gemessenen Größen berechnet werden. Wie gehen die Fehler der gemessenen Größen in den zu bestimmenden Wert ein? Beispiel: Flächenberechnung einer rechteckigen Tischplatte mit den Kantenlängen a und b+ b b. a+ a a a a b b b 5
14 Fehlerfortpflanzung () Situation sei wie folgt: zu berechnende Größe G hänge von n Messgrößen x,..., xi,..., xn ab Messgrößen x,..., xi,..., xn seien voneinander unabhängig Unsicherheiten x,..., xi,..., xn seien bekannt Einfluss einer Messgröße xi (Darstellung der xi y Ebene): 6
15 Einfluss der Messgrößen x,..., xi,..., xn Maximale Messunsicherheit: n G= i= G xi x i x,e,..., x n,e Fehler wird i. d. R. (deutlich) überschätzt einige der Messunsicherheiten wesentlich größer als die übrigen Messunsicherheiten einzelne Messunsicherheiten unterliegen nicht unabhängig voneinander zufälligen Schwankungen Gauß'sches Fehlerfortpflanzungsgesetz: G= n i= G xi x i x, E,..., x n, E Messunsicherheiten unterliegen unabhängig voneinander zufälligen Schwankungen einzelne Messunsicherheiten liefern ungefähr gleiche Beträge 7
16 Beispiel: Flächenberechnung b+ b Seien a und b die Kantenlängen eines rechteckigen Tisches, seien ferner die Unsicherheiten a und b aus einer Fehlerabschätzung bekannt. Geben Sie die Fläche A des Tisches an. a+ a a a a b b b Lösung: n n Berechnung der besten Schätzwerte für ae, be und AE: a E = a i ; b E = b i ; A E =a E b E n i= n i= A A Berechnung der maximalen Messunsicherheit: A max = a b=b E a a E b a a b b E E Berechung nach dem Gauß'schen Fehlerfortpflanzungsgesetz: A= A A a b = b E a a E b a a b b E E Ergebnis: A= AE ± A= a E b E ± b E a a E b 8
17 Beispiel: Widerstand einer Schaltung Gegeben sei folgende Schaltung. Berechnen Sie den Gesamtwiderstand Rges und die Unsicherheit Rges. R R R4 R Rges Lösung: R R Rges =R R4 R R R R ges R ges =, = R R R R Rges = R R R R ges, = R R R, R ges = R4 R R R R 4 R R R R 9
18 Beispiel: Berechnung einer Geschwindigkeit Experiment: Eine punktförmige Masse bewege sich in einer Zeit t mit einer gleichmäßigen Geschwindigkeit um die Strecke s. Versuchsdurchführung: s. Fehlerabschätzung. Durchführung der Messungen t [s] s [mm] 9,85 9,90 0,05 9,80 40,0 9,75 59,85 60,0 59, ,0 80,05 79, ,5 99,95 06,75. Bestimmung der Geschwindigkeit (Gauß'sche Fehlerfortpflanzung) 0
19 Graphische Darstellung der Messung
20 Checkliste Praktikumsversuch Physikalische Grundlagen des Versuchs verstanden? Kolloquium Vorbereitung der Messtabellen Durchführung des Versuchs Wie oft ist der gleiche Versuch durchzuführen? n < 0: sinnvolle Fehlerabschätzung n > 0: Statistische Fehlerrechnung, Unsicherheit wird in der Auswertung berechnet Wie viele Messpunkte sind ausreichend, wie viele unbedingt erforderlich? Versuchsvorbereitung und vorbereitete Tabellen usw. von Betreuer abzeichnen lassen Auswertung des Versuchs ggf. Korrektur der Versuchsvorbereitung ggf. statistische Fehlerrechnung zur Ermittlung der Unsicherheit(en) Bestimmung der zu ermittelnden Größen Angabe des besten Schätzwerts Angabe der zugehörigen Unsicherheit (Gauß'sches Fehlerfortpflanzungsgesetz) ggf. graphische Auswertung Praktikumsheft rechtzeitig(!!) im Briefkasten einwerfen
1 Messfehler. 1.1 Systematischer Fehler. 1.2 Statistische Fehler
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