Lösungsskizze für die integrierte Hausarbeit im Strafrecht Sommersemester 2012
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- Stefanie Bach
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1 Lösungsskizze für die integrierte Hausarbeit im Strafrecht Sommersemester 2012 Strafbarkeit des H A. 212, 22, 23 I StGB I. Nichtvollendung der Haupttat (+) II. Strafbarkeit des Versuchs: 23 I, 12 I StGB III. Tatentschluss: - Tatentschluss (Vorsatz) bzgl. der Tötung eines anderen Menschen - Du bist tot, das hast du verdient / H zielt mit Tötungsvorsatz in Richtung Kopfbereich des V (+) IV. unmittelbares Ansetzen Der Täter setzt unmittelbar zur Tat an, wenn er subjektiv die Schwelle zum Jetzt geht s los überschreitet und objektiv eine Ursachenkette in Gang setzt, der das Rechtsgut in eine konkrete nahe Gefahr bringt (+) V. Rechtswidrigkeit - Notwehr 32 StGB Prüfungsschema: 1. Notwehrlage a. gegenwärtiger b. rechtswidriger c. Angriff eines Menschen d. auf ein notwehrfähiges Rechtsgut 2. Vorliegen einer Notwehrhandlung 3. Grenzen: a. Erforderlichkeit der Notwehrhandlung b. rechtliche Gebotenheit der Notwehrhandlung 4. Subjektives Rechtfertigungselement (Verteidigungswille) a. Kenntnis der rechtfertigenden Umstände b. Handeln zur Gefahrenabwehr
2 - P!: gegenwärtiger rechtswidriger Angriff des V? - Angriff ist jede durch menschliches Verhalten drohende Verletzung rechtlich geschützter Güter oder Interessen - V fordert H auf, aus der Gaststätte zu kommen, es findet ein heftiger Wortwechsel statt, es liegt jedoch kein Angriff des V auf die körperliche Unversehrtheit des H vor, auch eine unmittelbare bevorstehende Ehrverletzung ist nicht ersichtlich - es liegt kein Angriff des V vor - somit schon Notwehrlage (-) VI. Schuld - Erlaubnistatbestandsirrtum (muss nicht unbedingt geprüft werden) - stellt der Täter sich irrig eine Situation vor, bei deren tatsächlichen Vorliegen er gerechtfertigt wäre? - H irrt nicht über das Vorliegen einer Notwehrlage - also ETI (-) VII. Ergebnis: Strafbarkeit 212, 22, 23 I StGB (+) B. 223, 224 I Nr. 2 StGB (Schlag mit dem Holzknüppel) I. Objektive TB - Körperliche Misshandlung: jede üble und unangemessene Behandlung durch die das körperliche Wohlempfinden mehr als nur unerheblich beeinträchtigt wird (+) - Kausalität, objektive Zurechnung (+) - Holzknüppel = gefährliches Werkzeug i.s.v. 224 I Nr. 2 StGB (+) II. Subjektive TB - H hat sogar Tötungsvorsatz - e.a. Einheitstheorie: jede Tötung schließt eine Körperverletzung als notwendiges Durchgangsstadium ein, sodass auch der Tötungsvorsatz stets einen Körperverletzungsvorsatz mit enthält
3 - a.a. Gegensatztheorie: Tötungsvorsatz und Körperverletzungsvorsatz schließen sich gegenseitig aus, weil das Überleben des Verletzten begriffsnotwendig zum Verletzungsvorsatz gehört diese Theorie wird heute jedoch nicht mehr vertreten, da sie einheitliche Lebenssachverhalte lebensfremd auseinanderreißt - Vorsatz bzgl. des Holzknüppels (+) - somit Vorsatz (+) III. Rechtswidrigkeit (+) - insbesondere 32 StGB (-) IV. Schuld - es sind keine Entschuldigungsgründe ersichtlich Ergebnis: Strafbarkeit 223, 224 I Nr. 2 StGB (+). Versuchter Totschlag und vollendete gefährliche Körperverletzung stehen nach vorzugswürdiger Ansicht im Verhältnis der Tateinheit zueinander. Nach a.a. tritt auch eine vollendete gefährliche Körperverletzung hinter einem bloß versuchten Versuch des Totschlags zurück. Strafbarkeit des V A. 212, 22, 23 I StGB I. Vorprüfung (Nichtvollendung der Tat (+), Strafbarkeit des Versuchs, s.o.) II. Tatentschluss: P! Vorsatz bzgl. der Tötung des H - V sticht zwar in den Oberkörper des H, aber er will diesen nicht umbringen, sondern den zweiten Schlag mit dem Holzknüppel abwehren - es ist auch nicht ersichtlich, dass er dazu den Tod des H billigend in Kauf nimmt - Hemmschwellentheorie - in dubio pro reo ist davon auszugehen, dass er keinen Tötungsvorsatz hat III. Ergebnis: 212, 22, 23 I StGB (-)
4 B. 223, 224 I Nr. 2, Nr. 5 StGB I. Objektiver Tatbestand (+) - auf 224 I Nr. 2, 5 StGB eingehen - Messer = Nr. 2 - Stich in den Oberkörper war akut lebensgefährlich = Nr. 5 II. Subjektiver Tatbestand (+) III. Rechtswidrigkeit 32 StGB: Notwehr (Prüfungsschema s.o.) 1. gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff des H auf das Leben des V (+) 2. Notwehrhandlung: - Erforderlichkeit: Erforderlich ist eine Notwehrhandlung, die geeignet ist, den Angriff sofort zu beenden oder zumindest abzuschwächen und die gegenwärtige Gefahr der Rechtsguts-Verletzung endgültig abzuwenden oder zu verringern - Notwehrrecht stellt ein weites Verteidigungsrecht dar, trotzdem wird gefordert, dass der Täter von mehreren gleich geeigneten Abwehrmitteln, die ihm zur Verfügung stehen, das mildeste Mittel auswählen muss - allerdings müssen mindestens zwei gleich effiziente Abwehrmittel zur Verfügung stehen - vorliegend steht dem V kein anderes gleich effizientes Abwehrmittel zur Verfügung, da der H mit dem Holzknüppel in Richtung seines Kopfbereiches schlägt 3. Gebotenheit der Notwehrhandlung (Schwerpunkt der Arbeit) - im Rahmen der Notwehr findet keine Güterabwägung statt (Grundsatz: Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen ) - aber auch das Notwehrrecht findet seine Schranke im allgemein geltenden Verbot des Rechtsmissbrauchs, das i.r.d. 32 StGB bei dem normativen Merkmal der Gebotenheit anzusiedeln ist
5 - an der Gebotenheit fehlt es trotz Vorliegens der Erforderlichkeit, wenn von dem Angegriffenen aus Rechtsgründen ein anderes Verhalten, also etwa die Hinnahme der Rechtsgutsverletzung oder eine eingeschränkte oder risikoreiche Verteidigung zu verlangen ist - ein schrankenloses Notwehrrecht wäre im Hinblick auf das Rechtsbewährungsprinzip sozialethisch nicht vertretbar - in Rspr. und Literatur haben sich verschiedene Fallgruppen der sozialethischen Einschränkungen des Notwehrrechts herausgebildet: - 1. Angriff schuldlos Handelnder, 2. krasses Missverhältnis, 3. enge persönliche Beziehung, 4. Notwehrprovokation - vorliegend kommt Fallgruppe 4. in Betracht - man unterscheidet Absichtprovokation, sonstige rechtswidrige oder zumindest sozialethisch zu missbilligende Provokation der Notwehrlage (Absichtprovokation / vorsätzliche Provokation / fahrlässige Provokation) - Absichtprovokation: von Absichtprovokation spricht man, wenn der Angriff vom Angegriffenen herausgefordert wurde, um den Angreifer unter Ausnutzung des Notwehrrechts (unter dem Deckmantel der Notwehr ) verletzen zu können - Behandlung der Absichtprovokation ist umstritten: - h.m. Ausweichen, sonst keine Rechtfertigung - a.a. Notwehrrecht ist nicht völlig zu versagen, abgestuftes Notwehrrecht - Actio illicita in causa: m.m. will an dasjenige Verhalten des Provokateurs anknüpfen, mit dem er seine Notwehrlage herbeigeführt hat hinsichtlich der Rechtswidrigkeit wird dann nicht an die Notwehrhandlung angeknüpft, sondern an die Provokation - war die Provokation vorsätzlich, so ist demnach der Angegriffene wegen vorsätzlichen Verhaltens strafbar, war die Provokation dagegen nur fahrlässig, so besteht eine Rechtfertigung hinsichtlich des vorsätzlichen Delikts allerdings besteht dann eine Strafbarkeit hinsichtlich des fahrlässigen Delikts, sofern für das konkrete Delikt eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit existiert - Vorsatzprovokation: Täter erkennt, dass sein Verhalten einen Angriff hervorrufen wird und nimmt dies auch billigend in Kauf hier werden weitgehend die Grundsätze der Absichtsprovokation herangezogen
6 - V wollte den H nicht provozieren, um ihn unter Ausnutzung des Notwehrrechts zu verletzen, auch erkannte er nicht, dass es zu einer solchen Situation kommen würde (er rechnete auch nicht damit, dass H in Begleitung von acht teilweise erwachsenen Personen auftauchen würde) vielmehr wollte er die Streitigkeiten seines Sohnes und dem kleinen Bruder des H verbal klären - fahrlässige Notwehrprovokation: eingeschränktes Notwehrrecht: - hier abgrenzen und diskutieren, ob es sich um ein rechtswidriges Vorverhalten handelt (dann wird das Notwehrrecht eingeschränkt), um ein sozialethisch missbilligendes Verhalten (hier wird eine Einschränkung auch diskutiert) oder ob es sich um ein sozialadäquates Vorverhalten handelt (dann natürlich keine Einschränkung des Notwehrrechts) - i.e. liegt wohl ein sozialadäquates Verhalten vor, welches nicht in der Lage ist das Notwehrrecht einzuschränken, mit einer guten Begründung ist aber auch eine fahrlässige Notwehrprovokation vertretbar - V handelt auch, um sich zu verteidigen - somit subjektives Rechtfertigungselement (+) IV. Ergebnis: 223, 224 I Nr. 2, 5 StGB (-) D. Fahrlässige Körperverletzung, 229 StGB Denkbar wäre eine fahrlässige Körperverletzung wegen Herbeiführung der Notwehrlage. Allerdings müsste hierzu das entsprechende Verhalten des V vorwerfbar sein. Das ist vorliegend nicht der Fall.
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