Nationale Qualitätsindikatoren
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- Meta Müller
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1 Nationale Qualitätsindikatoren Franziska Zúñiga MSN Institut für Pflegewissenschaft Universität Basel Daniel Domeisen Fachbereich Alter CURAVIVA Schweiz 1
2 Qualität ein Thema der Zukunft Der Bund will eine hohe Qualität in der ambulanten und der stationären Gesundheitsversorgung zu angemessenen und für die ganze Bevölkerung tragbaren Kosten. Der Bund übernimmt in der Qualitätssicherung die führende Rolle und sorgt unter Beachtung der heutigen Aufgabenteilung für eine klare und eindeutige Rollenverteilung, welche die Zuständigkeiten, Verantwortungsbereiche und die Koordination zwischen den Akteuren (Bund Kantone Versicherer Leistungserbringer andere) regelt. Qualitätsstrategie des Bundes im Schweizerischen Gesundheitswesen vom 28. Oktober 2009 Bericht zur Konkretisierung der Qualitätsstrategie vom 25. Mai
3 Gesetzliche Grundlagen und Umsetzung Art. 22a KVG Verpflichtung der Leistungserbringer den Bundesbehörden Daten zu medizinischen Qualitätsindikatoren zu liefern (Erhebung: BFS, Publikation: BAG) Art. 77 KVV Qualitätsmassnahmen der Tarifpartner (Qualitätsindikatoren sind ein wichtiger Teil von Qualitätsprogrammen der Q-Sicherung durch die Tarifpartner) KVG: Bundesgesetz über die Krankenversicherung KVV: Verordnung über die Krankenversicherung 3 3
4 Art. 22a KVG 1 Die Leistungserbringer sind verpflichtet, den zuständigen Bundesbehörden die Daten bekannt zu geben, die benötigt werden, um die Anwendung der Bestimmungen dieses Gesetzes über die Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen zu überwachen. Namentlich sind folgende Angaben zu machen: f. medizinische Qualitätsindikatoren. 2 Die befragten natürlichen und juristischen Personen sind zur Auskunft verpflichtet. Die Angaben sind kostenlos zur Verfügung zu stellen. 3 Die Angaben werden vom Bundesamt für Statistik erhoben. Es stellt die Angaben dem Bundesamt für Gesundheit zur Verfügung. Die Daten werden veröffentlicht. 4 4
5 Akteure in der Qualitätssicherung KVG 5 5
6 Zwecke medizinischer Qualitätsindikatoren 6 6
7 Pilotprojekt medizinische Qualitätsindikatoren von CURAVIVA Schweiz Projektausschuss: Curaviva Schweiz, BAG, BFS, GDK Begleitgruppe: Versicherer, Vertreter von Heimen, Experten 2009 Start des Projektes, Vorarbeiten durch Universität Basel in Zusammenarbeit mit Berner FH - Themenfestlegung durch Steuergruppe 2012 Erarbeitung vertiefter Grundlagen durch Fachexperten 2013 Verifizierung durch Spezialistinnen und Spezialisten und Vorarbeiten zur Anpassung der Bedarfserfassungsinstrumente 7 7
8 Pilotprojekt medizinische Qualitätsindikatoren von CURAVIVA Schweiz 2014 Vernehmlassung des Berichts der Arbeitsgruppe 2015 Anpassung der Bedarfserfassungsinstrumente und voraussichtlich Start Pilot Hinweis: Routinedaten SOMED Erfassung durch alle 3 Bedarfserfassungsinstrumente RAI, BESA, Plaisir 8 8
9 Projektorganisation PROJEKTLEITUNG CURAVIVA Schweiz AUSSCHUSS BAG, GDK, BFS, CV Fachexperten nach Bedarf und Auftrag BEOBACHTER GDK, CV, tarifsuisse, HSK, senesuisse INSTRUMENTE Q-Sys AG, BESA Care AG Plaisir/isesuisse/EROS Stand: ab
10 Verantwortung der Pflegeheime Artikel 77 KVV Qualitätssicherung Die Leistungserbringer oder deren Verbände erarbeiten Konzepte und Programme über die Anforderungen an die Qualität der Leistungen und die Förderung der Qualität. Die Modalitäten der Durchführung ( ) werden in den Tarifverträgen oder in besonderen Qualitätssicherungsverträgen mit den Versicherern oder deren Verbänden vereinbart. Die Bestimmungen haben den allgemein anerkannten Standards zu entsprechen, unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit der Leistungen. neben den Verpflichtungen aus Artikel 22a KVG haben die Tarifpartner weitere Verpflichtungen 10 10
11 Nächste Schritte Durchführung Pilot Ziele des Pilot: Für die Heime: Daten möglichst zeitnah Benchmarking Für das Gesamtprojekt: Auswertungsbericht als Grundlage für nationale Erhebung 11 11
12 Medizinische Qualitätsindikatoren im Langzeitbereich Erste Messungen 12
13 Grundlagen für Erhebung Zielsetzung: keine separaten oder parallelen Erhebungen. Alle Themen werden in bestehende Assessmentinstrumente integriert und im entsprechenden Rhythmus gemessen Start mit Messungen, die bereits vorhanden sind in Instrumenten (RAI-MDS, BESA) oder für die nur geringe Anpassungen notwendig sind 13 13
14 Was sind Kriterien für gute Qualitätsindikatoren? Veränderbar Reliabel, zuverlässig, valide Machbar Verallgemeinerbar Quantifizierbar Basiert auf vereinbarter Definition Beschreibt für Benutzer klar identifizierbare Ereignisse, klinisch relevant Unterscheidet gut Erlaubt sinnvolle Vergleiche Progress 2010; Mainz et al
15 Erste Messthemen Mangelernährung Bewegungseinschränkende Massnahmen Polypharmazie Schmerzen 15 15
16 Mangelernährung Qualitätsindikator Prozentualer Anteil an Bewohner/innen mit einem Gewichtsverlust von 5% und mehr in den letzten 30 Tagen oder 10% und mehr in den letzten 180 Tagen
17 Mangelernährung - Erhebung Bewohner/innen in End-of-Life Situationen werden separat erhoben 17 17
18 Mangelernährung - Hintergrund Ältere Menschen haben ein erhöhtes Risiko für Mangelernährung Das Risiko erhöht sich bei Eintritt in eine Pflegeinstitution Prävalenz Gewichtsverlust in Pflegeinstitutionen: 5% - 34% Auswirkungen: verminderte Funktionsfähigkeit und Lebensqualität, erhöhte Morbidität und Mortalität, erhöhtes Risiko für Dekubitus und Infektionen Behandlung einer Mangelernährung vermindert Morbidität und Mortalität Mangelernährung wird tendenziell nicht erkannt, unterschätzt und unterbehandelt in Gesundheitsinstitutionen 18 18
19 Mangelernährung Interventionsmöglichkeiten Institutionelle Ebene: Essensangebot, Essenszeiten, Essensumgebung Hilfsmittel, Ressourcen Screening und Behandlung von Mangelernährung Interprofessionelle Zusammenarbeit inkl. Ernährungsberatung Bewohner/innen: Klären und Angehen von Ursachen von Appetitlosigkeit, psychischen Erkrankungen, Schluck- und Kauprobleme, orale Gesundheit, Nebenwirkungen von Medikamenten, etc
20 Bewegungseinschränkende Massnahmen - Qualitätsindikator Prozentualer Anteil an Bewohner/innen mit täglicher Fixierung des Rumpfes oder mit Sitzgelegenheit, die die Bewohner/innen am Aufstehen hindern in den letzten 7 Tagen. Prozentualer Anteil an Bewohner/innen mit täglichem Gebrauch von Bettgittern und anderen Einrichtungen an allen offenen Seiten des Bettes, welche Bewohner/innen am selbständigen Verlassen des Bettes hindern, in den letzten 7 Tagen
21 Bewegungseinschränkende Massnahmen - Erhebung 3 Skalen für jede Massnahme: Frequenz der Massnahme Einschränkung der Bewegung Kontext der Massnahme (Auf Wunsch / im Einverständnis mit urteilsfähigen BW, Einsatz bei nicht urteilsfähigen BW) Risikoadjustierung: Separate Erhebung der kognitiven Einschränkung 21 21
22 Bewegungseinschränkende Massnahmen Hintergrund Die Anwendung von BEM kann Bewohner/innen gefährden: erhöhtes Risiko für Dekubitus, Verlust von Muskelkraft, Kontrakturen, Stürze, Inkontinenz, sowie zunehmende Aggressivität, Depression, Abnahme von Kognition und sozialen Interaktionen Eine Reduktion von BEM erhöht die Lebensqualität der Bewohner/innen ohne dass sturzbedingte Verletzungen erhöht werden Kinder- und Erwachsenenschutzrecht per unterstützt das sorgfältige Abwägen des Einsatzes von BEM bei urteilsunfähigen Bewohner/innen 22 22
23 Bewegungseinschränkende Massnahmen Interventionsmöglichkeiten Betriebsebene: Konzeptuelle Vorgaben, definierte Entscheidungsprozesse Personalebene: Unterstützung in herausfordernden Situationen, mit Erwartung von Angehörigen Unterstützung in der Anwendung von Alternativen 23 23
24 Schmerzen Qualitätsindikatoren Prozentualer Anteil der Bewohner/innen, die in den letzten sieben Tagen mässige und mehr Schmerzen angaben (Selbsteinschätzung). Prozentualer Anteil der Bewohner/innen, bei denen in den letzten drei Tagen mindestens einmal Schmerzen im Alltag beobachtet wurden (Fremdeinschätzung)
25 Schmerzen Erhebung Die Messung durch Fremdeinschätzung ist noch nicht abschliessend geklärt 25 25
26 Schmerzen Hintergrund Ca. 40% - 85% der Bewohner/innen in Pflegeinstitutionen haben Schmerzen Vorhandene Schmerzen von beträchtlicher Stärke werden gemäss internationaler Literatur teilweise gar nicht medikamentös behandelt oder nur mit WHO-Stufe 1 Es fehlen teilweise systematische Screeningverfahren und adäquates Schmerzmanagement 26 26
27 Schmerzen Interventionsmöglichkeiten Systematisches Schmerzmanagement (Screening, Assessment, Behandlung, Überprüfung) Interprofessionelle Zusammenarbeit Erweiterung von Kenntnissen zum Thema Schmerz im Alter bei involvierten Berufsgruppen (inkl. pharmakologische und nichtpharmakologische Interventionen) Algorithmen für Schmerzmanagement 27 27
28 Stehen hinter Qualitätsindikatoren andere Pflegeprozesse? Gewichtsverlust (% BW): Heime mit tiefen Werten haben tatsächlich weniger BW mit Gewichtsverlust und das Personal forderte häufiger verbal zum Essen und Trinken auf während Mahlzeiten, offerierte mehr sozialen Kontakt, besonders bei BW mit höherem Risiko für Gewichtsverlust Bewegungseinschränkende Massnahmen (BEM): Heime mit höheren Werten wenden mehr BEM an, wenn Bewohner/innen im Bett sind, aber nicht ausserhalb, und Bewohner/innen sind zeitlich länger im Bett, weniger im Essraum, erhalten weniger Unterstützung beim Essen Kein Unterschied in Bezug auf Assessment von Gleichgewichts- und Gangproblemen Schmerz: Bildet Schmerzprävalenz korrekt ab Heime mit höheren Prävalenzwerten haben bessere Schmerzassessment- und Schmerzbehandlungsprozesse Cadogan et al. 2004, Schnelle et al. 2004, Simmons et al
29 Polypharmazie Qualitätsindikator Prozentualer Anteil an Bewohner/innen, die in den letzten 7 Tagen 9 und mehr Wirkstoffe einnahmen
30 Polypharmazie Erhebung Es wird derzeit daran gearbeitet, dass im Kompendium hinterlegt ist, wie viele aktive Substanzen in einem Medikament enthalten sind, um eine einheitliche Kodierung zu erreichen 30 30
31 Polypharmazie - Hintergrund In Europa nehmen ca. 24% der Bewohner/innen in Pflegeinstitutionen 10 und mehr Medikamente ein. In der Schweiz sind es gemäss unveröffentlichten Zahlen ca. 42% der Bewohner/innen mit 9 und mehr Wirkstoffen Mehr Medikamente: erhöhtes Risiko für potentiell gefährdende Medikamente, Interaktionen, unerwünschte Arzneimittelreaktionen, Hospitalisationen Polypharmazie reduziert Funktionsfähigkeit bei älteren Menschen, erhöht Risiko für Stürze, Mangelernährung, Inkontinenz und Mortalität, reduziert Lebensqualität 31 31
32 Polypharmazie Interventionsmöglichkeiten Zusammenarbeit mit Geriater/in, Apotheker/in Regelmässige Überprüfung der Medikation zusammen mit Arzt / Ärztin 32 32
33 Nutzen der QI für Betriebe Benchmarking Prozentualer Anteil BW mit Bettgittern Mittelwert: 18.7% Betriebe (n=160) Prozentualer Anteil von Bewohner/innen einer Pflegeinstitution mit Bettgitter, an mindestens zwei in den letzten 7 Tagen, nicht auf Wunsch von BW (n=160 Institutionen) SHURP-Studie, unveröffentlichte Daten 33 33
34 Nutzen der QI für Betriebe internes Qualitätscontrolling APH Mittelwert CH Okt 08 Dez 08 Feb 09 Apr 09 Jun 09 Aug 09 Okt 09 Dez 09 Feb 10 Apr 10 Jun 10 Aug 10 Okt 10 Dez 10 Internes Qualitätsverbesserungsprojekt im Bereich Schmerzmanagement mit Überwachung des Qualitätsindikators (Prozentualer Anteil an Bewohner/innen mit starken Schmerzen, Selbsteinschätzung) Fiktive Daten 34 34
35 Bibliografie Cadogan, M. P., Schnelle, J. F., Yamamoto-Mitani, N., Cabrera, G., & Simmons, S. F. (2004). A minimum data set prevalence of pain quality indicator: Is it accurate and does it reflect differences in care processes? J Gerontol A Biol Sci Med Sci, 59(3), Mainz, J. (2003). Defining and classifying clinical indicators for quality improvement. International Journal for Quality in Health Care, 15(6), doi: /intqhc/mzg081 PROGRESS. (2010). Verbesserungen messen. Ergebnisorientierte Qualitätsindikatoren für Altenund Pflegeheime. Schnelle, J. F., Bates-Jensen, B. M., Levy-Storms, L., Grbic, V., Yoshii, J., Cadogan, M., & Simmons, S. F. (2004). The minimum data set prevalence of restraint quality indicator: Does it reflect differences in care? Gerontologist, 44(2), Simmons, S. F., Garcia, E. T., Cadogan, M. P., Al-Samarrai, N. R., Levy-Storms, L. F., Osterweil, D., & Schnelle, J. F. (2003). The minimum data set weight-loss quality indicator: does it reflect differences in care processes related to weight loss? J Am Geriatr Soc, 51(10), Zúñiga, F., Schneider, P., Gehrlach, C., & Grolimund, T. (2014). Medizinische qualitäts-indikatoren. Schlussbericht zu Handen von Curaviva Schweiz. Berner Fachhochschule, Universität Basel. Bern, Basel. (Referenzen zu Hintergrund und Interventionsmöglichkeiten sind in diesem Bericht beinhaltet) 35 35
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