Verfassungsauftrag der (beruflichen) Vorsorge: Wohlfahrt oder gar Luxus?
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- Hansi Schumacher
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1 innovation zweite säule Verfassungsauftrag der (beruflichen) Vorsorge: Wohlfahrt oder gar Luxus? BVG-Apéro 6. November 2006
2 Auszug aus der Bundesverfassung Art. 113 Berufliche Vorsorge Abs. 2 a) Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise
3 Auftrag aus der Bundesverfassung Gewohnte Lebenshaltung und angemesse Weise weisen eine individualistische Prägung auf Das Vorsorgeziel aus der Bundesverfassung lässt sich nicht als Prozentsatz des Einkommens (brutto, netto, AHV-Lohn etc.) ablesen Vergleich mit Vorsorgesystemen anderer Länder der OECD als Anhaltspunkt für eine objektiv kritische Bewertung Einfluss der schweizerischen Ausprägungen als Erklärungen für Differenzen
4 Ausreichende Alterseinkommen (OECD, 2005) Erwerbstätige mit mittlerem Verdienst können mit einer Rente nach Steuern in der Höhe von knapp unter 70% ihres Verdiensts nach Steuern rechnen (OECD-Durchschnitt) Nettoersatzquoten sind in Irland und Neuseeland, wo es nur ein Grundrentensystem gibt, mit Quoten unter 40% am geringsten Erwerbstätige mit geringem Einkommen (Hälfte des Durchschnittverdienstes) erhalten eine Nettoersatzeinkommen von rund 85%
5 Langfristige finanzielle Tragfähigkeit Langfristige finanzielle Tragfähigkeit der Vorsorge als Schlüsselfaktor Voraussetzung für die Einhaltung und Fortführung des Generationenvertrags im Kontext der Bevölkerungsalterung. Transfers zwischen und innerhalb der Generationen mit dem Ziel der sozialen Ausgewogenheit und dem Schutz vor Armut Reformbereitschaft bei Politik und Bevölkerung zur Sicherstellung der Vorsorgeziele
6 Zusammenhang zwischen Beitragszahlung und Rentenansprüche Bestrebungen in vielen Ländern einen Zusammenhang zwischen Beitragszahlung und Rentenansprüchen herzustellen Italien, Polen und Ungarn haben sämtliche Umverteilungsmerkmale des Rentensystems beseitigt. Bedürfnisabhängige Einkommenssicherung hat dabei eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Alterseinkommen. Alle OECD-Länder kennen eine Einkommenssicherung für ältere Menschen. Die Mindestrente für Arbeitskräfte mit kompletter Erwerbsbiographie beträgt durchschnittlich etwas weniger als 29% des Durchschnittverdienstes
7 Brutto- / Nettobetrachtung Einkommenssteuersysteme Einkommenssteuersysteme spielen eine wichtige Rolle bei der Einkommensstützung im Alter Rentner zahlen häufig keine Sozialabgaben Bei einer progressiven Einkommenssteuer liegt der durchschnittliche Steuersatz auf Renteneinkommen in der Regel unter dem Satz, der auf Arbeitseinkommen entrichtet wird. Nettoersatzquoten sind bei einem mittleren Verdienst 22% höher als die Bruttoersatzquoten (im OECD-Durchschnitt) Der Unterschied zwischen Netto- und Bruttoersatzquoten beträgt bei Geringverdienern durchschnittlich 17%
8 Rentenvermögen Gegenwartswert der künftigen Renteneinkommensströme als umfassenster Indikator der Rentenzusagen, weil darin die Höhe der auszuzahlenden Renten, das Regelrentenalter, die Lebenserwartung sowie die Anpassung der Rentenzahlungen an die Lohn- oder Preisentwicklung berücksichtigt sind. Am höchsten ist das Rentenvermögen bei Arbeitskräften mit mittlerem Verdienst in Luxemburg. Es entspricht $ im Zeitpunkt des Renteneintritts. Am tiefsten ist es in Irland, Mexiko, Neuseeland, UK und den USA
9 Altersgrenze Die Altersgrenze liegt bei den meisten OECD-Ländern bei 65 Jahren In Island und Norwegen liegt es bei 67 Jahren In den USA sowie Deutschland wird es auf 67 Jahren steigen In Frankreich, Korea, der Slowakischen und Tschechischen Republik, der Türkei und Ungarn gilt ein Regelrentenalter von weniger als 65 Jahren
10 Lebenserwartung Unterschiede in der Lebenserwartung haben einen recht grossen Effekt auf das Rentenvermögen. Bei sonst gleichen Bedingungen können es sich Länder mit einer geringeren Lebenserwartung Mexiko, Polen, Slowakische Republik, die Türkei und Ungarn- leisten, Männern eine 10% höhere Rente zu zahlen als Länder, in denen die Sterblichkeitsziffer dem OECD-Durchschnitt entspricht (Deutschland, Italien, UK) Im Falle längerer Lebenserwartung erhöht sich die Belastung der Rentensysteme. Das Rentenvermögen ist in den Ländern mit der längsten Lebenserwartung (Japan, Island, Norwegen, Schweden und Schweiz) um nahezu 8% höher (Männer)
11 Solidaritäten Das Umlageverfahren kann sich durch Solidaritäten von a) jung zu alt b) Erwerbstätigem zu Rentenbezüger c) von hohem zu niedrigen Verdienst d) von Ledigen zu Verheirateten etc. auszeichnen Das Kapitaldeckungsverfahren wie beispielsweise die berufliche Vorsorge hat ebenfalls Solidaritäten wie a) Rentenumwandlungssatz b) Zivilstand c) Sanierungsbeiträge etc.
12 Regelbasiertes Handeln / Politische Entscheide Formeln Auf Wissen und Methoden basierend, um die politische Verhandlungsbasis auszuschalten oder zu minimieren Indizierung Lange Zeit im Zentrum der Debatte über die finanzielle Tragfähigkeit der Rentensysteme In fast allen Ländern sind die Renten heute an die Verbraucherpreisentwicklung gekoppelt. Eine Koppelung an die Entwicklung der Durchschnittsverdienste kann im Vergleich zu einer Preisindexierung mit Mehrkosten im Umfang von über 20% verbunden sein.
13 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Schweiz) 3 Säulensystem a) öffentliches verdienstbezogenes System (AHV) b) obligatorische berufliche Vorsorge c) einkommensabhängige Ergänzungsleistungen Rentenalter 65/64 bei Männern/ Frauen Öffentliche Rente Sie richtet sich nach dem durchschnittlichen Verdienst über die gesamte Lebenszeit Mindestrente CHF und Höchstrente CHF Obligatorische berufliche Altersvorsorge Feste Gutschriften auf individuelle Alterskonten Altersgutschriften nach Alter gestaffelt Ziel: Altersguthaben in der Höhe von 500% des versicherten Verdienstes Sozialrente System der Ergänzungsleistungen soll ein Mindesteinkommen für Alleinstehende sichern, was 26% des Durchschnittsarbeitsentgelts entspricht
14 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Schweiz) Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge Schweizer Kantone gewähren Rentnern zusätzliche Steuervergünstigungen. Bei der Bundessteuer gibt es keine zusätzlichen Freibeträge. Steuerliche Behandlung von Renteneinkommen Es gibt keine Sonderfreibeträge für Renteneinkommen. Sozialversicherungsbeiträge von Rentnern Auf Renteneinkommen sind keine Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen.
15 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Schweiz)
16 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Deutschland) System Das öffentlich-rechtliche Rentensystem beruht auf einer einzigen Säule und basiert auf Entgelt-Punkten. Für Rentner mit niedrigem Einkommen besteht ein Sicherheitsnetz in Form von Sozialhilfe. Rentenalter 65 Jahre bei mindestens 5 Beitragsjahren und ab 63 Jahren bei 35 Beitragsjahren. Bei weniger als 5 Versicherungsjahren besteht kein Leistungsanspruch Rentenberechnung Ein Jahresbeitrag bezogen auf das Durchschnittsentgelt aller abhängig Beschäftigten (Beitragsbemessungsgrenze) ergibt einen Entgelt-Punkt. Die Summe aller bis zu Beginn des Rentenalters gesammelten Entgelt-Punkte wird mit dem aktuellen Rentenwert multipliziert. Der Wert der Entgelt-Punkte wird jährlich entsprechend der Bruttolohnentwicklung unter Berücksichtigung der Veränderung der Gesamtbeitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung angepasst. Mit dem Nachhaltigkeitsfaktor werden Anpassungen des Wertes der Entgeltpunkte an den Abhängigenquotienten (Verhältnis von Rentnern und Beitragszahler) gekoppelt werden. Sozialhilfe Die Höhe der Leistungen wird auf Länderebene festgelegt. Der Staat zahlt für ältere Sozialhilfeempfänger die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
17 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Deutschland) Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge Es gibt keine spezifischen Steuervergünstigungen für ältere Menschen. Einkommen bis hin zu einer gesetzlich festgelegten Grenze (Existenzminimum) ist steuerfrei. Steuerliche Behandlung von Renteneinkommen Einige Formen von Renteneinkommen werden steuerlich wie Zinserträge behandelt. Ein Teil des Einkommens, das die (fiktive) Rückzahlung des eingezahlten Kapitals darstellt, ist steuerfrei, während der andere Teil, der die (fiktiven) Kapitalzinsen repräsentiert, steuerpflichtig ist. Der Anteil des steuerpflichtigen Einkommens variiert je nach Alter, in dem die Rente erstmals in Anspruch genommen wird. Sozialversicherungsbeiträge von Rentnern Rentner zahlen von ihrem Renteneinkommen keine Beiträge für die Arbeitslosen- und Rentenversicherung.
18 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Deutschland)
19 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Frankreich) System Zweisäulensystem mit einer verdienstabhängigen staatlichen Rente und einer obligatorischen betrieblichen Vorsorge auf der Basis eines Punktesystems. Die staatliche Rentenversicherung sieht ferner eine Mindestrente vor. Rentenalter Für den Bezug einer Altersrente zum vollen Satz sind 40 Beitragsjahre erforderlich. Das Regelrentenalter beträgt 60 Jahre. Für die Mindestrente gelten dieselben Anspruchskriterien wie für die verdienstabhängige Rente aus der staatlichen Rentenversicherung Verdienstabhängige Rente In der staatlichen Rente beträgt der volle Satz bei vollständiger Erwerbsbiographie 50%. Zur Berechnung der Rente wird das Durchschnittsarbeitsentgelt einer bestimmten Anzahl bester Jahre zu Grunde gelegt und anhand der Preisentwicklung angepasst. Laufende Rentenzahlungen sind preisindexiert. Mindestrente Es gibt eine Mindestrente, die etwas weniger als 30% des Durchschnittarbeitsentgeltes entspricht. Der Wert der Mindestrente ist preisindexiert. Obligatorische betriebliche Altersvorsorge Mehrzahl der Arbeitnehmer der Privatwirtschaft gehören dem ARROC-System an. Für Cadres gelten im Rahmen des AGIRC-Systems andere Regeln. Sozialrente Es gibt ein Mindesteinkommen für über 65-jährige Personen, das 30% des durchschnittlichen Arbeitsentgelts entspricht. Die Leistung wird entsprechend der Lohnentwicklung angepasst.
20 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Frankreich) Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge Es gibt keine spezifischen Abzüge für ältere Menschen. Steuerliche Behandlung von Renteneinkommen Es gibt keine spezifischen Erleichterungen Sozialversicherungsbeiträge von Rentnern Ältere Personen müssen keine Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung entrichten. Hingegen zahlen sie einen allgemeinen Solidaritätsbeitrag in der Höhe von 6%. Ausnahmen gelten für Rentner mit den niedrigsten Einkommen, was bedeutet, dass rund 40% der älteren Menschen keine CSG (Contribution sociale généralisée) zahlen
21 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Frankreich)
22 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Japan) System Das japanische staatliche Rentensystem besteht aus zwei Komponenten: a) einer einheitlichen Grundrente b) einer verdienstabhängigen Zusatzrente Rentenalter Die Grundrente wird nach mindestens 25 Beitragsjahren ab dem 65 Lebensjahr bezahlt. Vorbezug ab Alter 60 ist möglich. Das Bezugsalter für die Zusatzrente wird für Männer bis 2025 und für Frauen bis 2030 schrittweise von 60 Jahren auf 65 Jahre angehoben. Grundrente Die volle Grundrente entspricht 19% des Durchschnittsarbeitsentgelts. Sie wird an die Preisentwicklung angepasst. Verdienstabhängige Rente Das Rentensystem für abhängig Beschäftigte setzt sich aus zwei Komponenten zusammen, einer Pauschalrente und einer verdienstabhängigen Zusatzrente, wobei letztere die wichtigste Komponente ist. Die Anpassung der laufenden Renten ist preisindexiert.
23 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Japan) Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträge Für über 65-jährige Rentner gibt es einen Freibetrag, wenn sie ein gewisses Gesamteinkommen unterschreiten. Steuerliche Behandlung von Renteneinkommen Es gibt keine spezifischen Bestimmungen für die Besteuerung von Renteneinkommen Sozialversicherungsbeiträge von Rentnern Auf Renteneinkommen werden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erhoben.
24 Vergleich unterschiedlicher Rentensysteme (Japan)
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