Schriftliche Kleine Anfrage

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1 BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 20/ Wahlperiode Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten André Trepoll (CDU) vom und Antwort des Senats Betr.: Ratten hinter schwedischen Gardinen Die Zustände in den Hamburger Justizvollzugsanstalten sind regelmäßig Gegenstand der Berichterstattung der Presse. Ob entflohene Häftlinge, gewalttätige Übergriffe oder Drogen die Justizvollzugsanstalten erscheinen regelmäßig in keinem guten Licht. Dabei sollen die Anstalten einen menschenwürdigen und resozialisierenden Strafvollzug gewährleisten. Eine weitere Facette eines angebrachten Strafvollzugs stellt die Hygiene in den Anstalten dar. Da sich dort viele Menschen auf engstem Raum befinden, sind die Anforderungen an eine saubere Umgebung in besonderem Maße zu beachten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Hamburger Justizvollzugsanstalten legen großen Wert auf die Einhaltung hygienischer Standards. Neben der Überwachung durch regelmäßige Zellenrevisionen sowie Kontrollen sämtlicher Anstaltsbereiche durch die Hygienefachkraft ist es wichtiger Bestandteil der Arbeit mit den Gefangenen, ihnen grundlegende Kompetenzen auf dem Gebiet der Hygiene zu vermitteln. Dies dient nicht zuletzt dazu, sie für ein selbstständiges Leben nach der Haft zu befähigen. Soweit gleichwohl im Einzelfall hygienische Mängel festgestellt werden, bemühen sich die Justizvollzugsanstalten um eine rasche Abhilfe. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Gibt es regelmäßige Kontrollen der hygienischen Verhältnisse in Justizvollzuganstalten? Wenn ja, welche Art und welchen Umfang haben diese Kontrollen, wer führt diese Kontrollen durch und welche Ergebnisse hatten die Kontrollen in den Jahren seit 2011 (bitte nach Anstalt und Jahr differenzieren)? Wenn nein, warum nicht? Neben den Haftraumrevisionen finden in den Justizvollzugsanstalten regelmäßig Begehungen durch die Hygienefachkraft statt. Die Hygienefachkraft führt zudem anlassbezogene und prophylaktische Beratungen durch. Bei entsprechendem Befund spricht sie Empfehlungen zur Abhilfe aus. Im Rahmen der Begehungen wurden in den Justizvollzugsanstalten im erfragten Zeitraum folgende Mängel festgestellt, die zwischenzeitlich behoben worden sind beziehungsweise aktuell behoben werden:

2 Drucksache 20/13295 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode BW FB GM HS SH UH Geringe hygieni- Geringe hygienische sche fehlen- Staub auf Umkleideschränken, fehlende handbe- fehlendes Dosierde Papierhandtuchgen Trarührungslose Wasgerät für Reinispender, fehlende von Strickbekleidung serarmatur im Uringungsmittel). Anbruchdaten auf in den kontrollraum (UK- Flüssigseifenbehälserarmatur Räumen der Ambulanz)de Raum) und fehlentern und Händedesinfektionslösungen). Fliegengitter in Benutzung von Stückseife an Stelle von Seifenspendern). Benutzung von Baumwollhandtüchern Seifenspender im WC defekt). Baumwollhandtücher Renovierungsbedarf hinsichtlich der Anstaltsküche und der Pantries. der Anstaltsküche. im UK-Raum. Stückseife anstelle von Seifenspendern, im UK-Raum; in der TAF Nutzung eines medizinischen Bades als UK-Raum. Stückseife fehlendes Mitarbeiter-WC beim Anstaltskaufmann und mangelhafte Reinigung des Sanitärbereichs der Fahrbereitschaft. mangelhafte Reinigung, insbesondere in Sanitärbereichen). fehlende Seifenspender in mehreren Sanitärräumen. sowie mangelhafte Reinigung des Sanitärbereichs einer Werkstatt. im UK-Raum. Baumwollhandtücher defekter Seifenspender, fehlende Anbruchdaten auf Flüssigseifenspendern und Händedesinfektionslösungen; Benutzung von Baumwollhandtüchern nicht verschlossene Dübellöcher, fehlende Anbruchdaten auf Flüssigseifenbehältern und Händedesinfektionslösungen). ungenügende Reinigung eines Kühlschrankes, fehlende Anbruchdaten auf Flüssigseifenbehältern und Händedesinfektionslösungen). mangelhafte Bodenreinigung). Begehung steht noch aus. 2

3 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode Drucksache 20/13295 ZKH Keine Geringe hygieni- Begehung. sche auf Sitzflächen der teilweise Verwendung den Stationen ver- Arbeitsstühle sind von Holzstühkalkte Perlatoren an nicht wischdesinfizierbar)schen len in medizini- den Wasserhähnen, Bereichen. unzureichende Reilen nigung und in der UK-Abnahme, keine hygienisch zu reinigende Arbeitsfläche, keine Möglichkeit, den Urin zu entsorgen und keine desinfizierende Händereinigung möglich. Legende: BW = JVA Billwerder FB = JVA Fuhlsbüttel GM = JVA Glasmoor HS = JVA Hahnöfersand SH = Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg TAF = JVA Hahnöfersand, Teilanstalt für Frauen UH = Untersuchungshaftanstalt ZKH = Zentralkrankenhaus 2. Gab es seit 2011 in den Hamburger Justizvollzuganstalten Probleme mit Ratten- oder anderem Schädlingsbefall oder andere hygienische Probleme (zum Beispiel Schimmel)? Wenn ja, welche Vorfälle waren dies (bitte mit Zeitangabe und kurzer Erläuterung aufschlüsseln), welche Ursachen hatten diese Vorfälle und welche Maßnahmen werden zur Vermeidung weiterer Vorfälle getroffen? Wie hoch sind die Kosten für die Beseitigung von hygienischen Mängeln (bitte nach Anstalt und Jahr seit 2011 differenzieren)? JVA Billwerder Im Bereich der Ambulanz wurde im Juni 2011 zur Beseitigung eines Wespennestes das Institut für Hygiene und Umwelt beauftragt. Die Kosten hierfür beliefen sich auf 99 Euro. Ende Oktober 2011 wurde das Institut für Hygiene und Umwelt zur Bekämpfung von Insekten in Hafträumen tätig, wodurch Kosten in Höhe von 132,80 Euro entstanden. Wegen Ameisenbefalls ergingen im Mai 2014 Aufträge an das Institut für Hygiene und Umwelt, was Kosten in Höhe von 344,20 Euro verursachte. Konkrete Ursachen für den jeweiligen Befall sind nicht bekannt. Im Frühjahr 2014 wurden vereinzelt Ratten auf dem Gelände der JVA wahrgenommen. Ursache ist offenbar das Herauswerfen von Lebensmitteln aus dem Fenster durch die Gefangenen. In der Folge wurden das Institut für Hygiene und Umwelt sowie ein gewerbliches Unternehmen für Schädlingsbekämpfung eingeschaltet, welche jeweils Rattengift ausgelegt haben. Die Maßnahmen sind noch nicht abgeschlossen. Eine Inrechnungstellung ist bislang noch nicht erfolgt. Das Unternehmen rechnet mit Kosten in Höhe von circa Euro. JVA Fuhlsbüttel und Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg Im Februar und März 2011 wurden wegen Tauben und Schadnagern insgesamt drei Maßnahmen (Köderlegung, Taubenabwehr) durchgeführt, die Kosten in Höhe von 3

4 Drucksache 20/13295 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode 719,95 Euro verursachten. Zwischen Mai und Dezember 2012 wurden wegen Tauben, diverser Insekten und Schadnagern insgesamt sieben Maßnahmen (Tauben- und Insektenabwehr, Nestentfernung, Köderlegung) durchgeführt. Hierdurch entstanden Kosten in Höhe von 1.557,23 Euro. Kosten in Höhe von 2.219,69 Euro verursachten zwischen März und Dezember 2013 insgesamt 15 Maßnahmen gegen diverse Insekten (Insektenabwehr, Köderlegung, Desinfektion). Im August 2014 wurde eine Maßnahme zur Wespenabwehr mit Kosten in Höhe von 95,20 Euro durchgeführt. Konkrete Ursachen für den jeweiligen Befall sind nicht bekannt. Zurzeit gibt es Hinweise auf einen Staublausbefall in der JVA Fuhlsbüttel. Ein gewerbliches Unternehmen für Schädlingsbekämpfung wurde bereits beauftragt. Die Maßnahmen sind noch nicht abgeschlossen. Zudem existiert ein Schimmelbefall auf der für Gefangene gesperrten Station D1 durch aufsteigende Feuchtigkeit und eine undichte Außenfassade. Hinsichtlich der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg gibt es Hinweise auf einen Schimmelbefall. Im April 2014 wurde ein Raumluftgutachten erstellt, das eine erhöhte, jedoch nicht akut gefährdende Belastung mit Schimmelpilzen ergeben hat, die keine unverzügliche Sanierung erfordert. Hierdurch wurden Kosten in Höhe von Euro verursacht. Aktuell wird in Kooperation mit dem Arbeitsmedizinischen Dienst sowie dem Referat Medizin und Arbeit der zuständigen Behörde geprüft, ob die Belastung durch den Einsatz eines Ozongenerators behoben werden kann. JVA Glasmoor In der JVA Glasmoor kommt es wiederkehrend zu Schädlingsbefall durch Ameisen. Bekämpfungen wurden im Juli 2011, im März 2013 und zweifach im Juli 2013 sowie im März 2014 durchgeführt. Je Einsatz sind Kosten in Höhe von jeweils 130,90 Euro angefallen. Außerdem wurden im Juli 2011 Wespen, im November 2012 und April 2013 Schadnager bekämpft. Die Wespenbekämpfung hat Kosten in Höhe von 107,10 Euro und die Bekämpfung der Schadnager je Einsatz 130,90 Euro verursacht. Eine konkrete Ursache für den jeweiligen Befall konnte von dem beauftragten gewerblichen Unternehmen für Schädlingsbekämpfung nicht benannt werden. Im März 2012 wurde Hausschwamm in der anstaltseigenen Kirche beseitigt, der durch Feuchtigkeit verursacht worden war. Für die Beseitigung sind Kosten in Höhe von 6.843,58 Euro angefallen. Zudem findet fünfmal im Jahr eine Schädlingsprophylaxe im Wege der Inspektion durch ein gewerbliches Unternehmen für Schädlingsbekämpfung statt. Für jeden Einsatz fallen Kosten in Höhe von 130,90 Euro an. JVA Hahnöfersand Im Jahr 2011 gab es in den Nasszellen des Hafthauses VIII Schimmelbefall aufgrund schadhafter Rohre und Fußböden. Die durchgeführte Sanierung hat Kosten in Höhe von circa Euro verursacht. Im Jahr 2013 wurden zur Vorbeugung von Legionellen neue Duscharmaturen in den Duschen der Häuser IV und VII eingebaut. Hierdurch sind Kosten in Höhe von circa Euro entstanden. Außerdem wurde 2013 wegen Schimmelbefalls in einzelnen Büros die Fassade des Hauses IV saniert, was Kosten in Höhe von circa Euro verursachte. Ursächlich waren altersbedingt defekte Fugen, über die Feuchtigkeit in die Wände gelangt ist. Untersuchungshaftanstalt In der Untersuchungshaftanstalt gibt es gelegentlich Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Schadnagern, Tauben und anderen Schädlingen. Tauben werden durch bauliche Vorkehrungen vergrämt. Schädlinge werden prophylaktisch sowie bei Befallmeldungen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Hygiene und Umwelt sowie einem beauftragten gewerblichen Schädlingsbekämpfungsunternehmen bekämpft. Die Zusammenarbeit mit dem Institut für Hygiene und Umwelt erfolgt kostenfrei, während jeder Einsatz des gewerblichen Unternehmens mit 285,60 Euro vergütet wird. Im 4

5 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 20. Wahlperiode Drucksache 20/13295 Jahr 2011 kam es zu fünf Einsätzen, 2012 zu sechs Einsätzen, 2013 zu vier Einsätzen und 2014 bislang zu vier Einsätzen. 3. Wie hoch sind die Kosten für die Pflege und Unterhaltung der Haftanstalten (bitte nach Anstalt und Jahr seit 2011 differenzieren)? Aufwendungen der Justizvollzugsanstalten für die Bewirtschaftung und Unterhaltung von Grundstücken und Bauten: Anstalten (Januar bis Juli) JVA Billwerder JVA Fuhlsbüttel JVA Glasmoor JVA Hahnöfersand Sozialtherapeutische Anstalt Untersuchungshaftanstalt Werden Häftlinge zu Reinigungszwecken in den jeweiligen Justizvollzugsanstalten eingesetzt? Wenn ja, welche Aufgaben werden übernommen? Wenn nein, warum nicht und wer führt stattdessen die Reinigung der Zellen und Außenbereiche wie oft durch (zum Beispiel private Anbieter)? Gefangene reinigen ihren Haftraum jeweils selbst. Auch zur Reinigung von Gemeinschaftsflächen wie zum Beispiel Fluren, Pantries, Duschen, Gruppenräumen, Verwaltungs- und Funktionsräumen werden Gefangene eingesetzt. Überwiegend handelt es sich dabei um Gefangene, die zuvor eine Qualifikation im Bereich Gebäudereinigung erhalten haben. Die Reinigung der Außenbereiche wird ebenfalls durch Gefangene durchgeführt, die entweder in den Garten- und Landschaftsbau-Betrieben oder in sogenannten Funktionskolonnen eingesetzt sind. In der Untersuchungshaftanstalt wird der Bereich der Ambulanz und des Zentralkrankenhauses (einschließlich der OP-Räume) aufgrund der hohen Hygieneanforderungen an ein Krankenhaus täglich durch eine Vertragsfirma gereinigt. 5. Ein Grund für Schädlingsbefall ist offenbar, dass Häftlinge immer wieder Lebensmittel aus den Fenstern werfen. Welche Mittel stehen dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde zur Verfügung, um dieses Verhalten zu unterbinden? Werden diese Mittel angewandt? Wenn ja, in wie vielen Fällen seit 2011 war dies der Fall (bitte nach Mittel, Anstalt und Jahr differenzieren)? Wenn nein, warum nicht? Das vollständige Unterbinden des Hinauswerfens von Lebensmitteln aus Hafträumen ist wegen der damit verbundenen Einschränkungen der Gefangenen aus Gründen eines menschenwürdigen Vollzugs nicht möglich. Es kann daher nur versucht werden, das Hinauswerfen einzudämmen. Sofern Gefangenen das Herauswerfen von Lebensmitteln nachgewiesen werden kann, wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Im Jugend- und Jugendarrestvollzug werden entsprechende Verstöße auch erzieherisch aufgearbeitet. Es wird nicht gesondert statistisch erfasst, aus welchem Grund Disziplinarverfahren eingeleitet werden. Zur Ermittlung wäre die Auswertung aller Akten der seit 2011 aufgenommenen mehreren Tausend Gefangenen erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5