Haftung des herrschenden Unternehmens im faktischen Konzern und allg. Vorschriften
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- Lieselotte Hochberg
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1 Haftung des herrschenden Unternehmens im faktischen Konzern und allg. Vorschriften - 93 II AktG (ggf. ivm 116 AktG (-) es geht nicht um die Haftung der Organe, sondern der Hauptaktionärin I BGB (Eingriff in die Mitgliedschaft) begründet allenfalls Ansprüche der Gesellschafter; nicht der Gesellschaft AktG? Schädigungsvorsatz nicht ersichtlich; AktG? Setzt Gewinnabführungs- und/oder Beherrschungsvertrag voraus I ivm mit Treuepflichtverletzung h.m. 117 AktG Wertung: keine Haftung für Fahrlässigkeit ferner 311 ff. AktG spezielle Regelungen zur Verantwortlichkeit des herrschenden Unternehmens (Einzelheiten strittig) - h.m. 311 ff. können sogar die 57, 62 AktG verdrängen 311 ff. beginnen genaue Anspruchsgrundlage für Ansprüche der T-AG gegen den Bund? 1 Das System der Haftung im faktischen Konzern Stufe 1 (Phase zwischen Nachteilszufügung und Ablauf des Geschäftsjahrs - kein primär einklagbarer Anspruch der abhängigen Gesellschaft - Eine Art Obliegenheit zur Vermeidung der Haftung nach Verdrängung von 117 und von 57, 62 (ganz h.m.) Stufe 2 (Nachteil wird nicht ausgeglichen bzw. es wird ein einklagbarer Kompensationsanspruch eingeräumt) Der abhängigen Gesellschaft stehen Ansprüche zu gegen a) das herrschende Unternehmen 311, 317 b) Vertreter des herrschenden 311, 317 III c) Verwaltungsmitglieder der abhängigen Gesellschaft, 318 Haben die Aktionäre auch Ansprüche? Wer kann noch Ansprüche geltend machen? 2 1
2 Das System der Haftung im faktischen Konzern Stufe 1 (Phase zwischen Nachteilszufügung und Ablauf des Geschäftsjahrs Stufe 2 (Nachteil wird nicht ausgeglichen bzw. es wird ein einklagbarer Kompensationsanspruch eingeräumt) 1) Der abhängigen Gesellschaft stehen Ansprüche zu gegen a) das herrschende Unternehmen 311, 317 b) Vertreter des herrschenden 311, 317 III c) Verwaltungsmitlgieder der abhängigen Gesellschaft, 318 2) Allgemeine Haftungsansprüche (u.a. 57, 62; 117) sind anwendbar 3) Haben die Aktionäre auch Ansprüche? unterscheide a) eigene Ansprüche des Aktionärs ( 317 I 2; vgl. auch 117 I 2) b) Geltendmachung der Ansprüche der Gesellschaft durch den Aktionär im eigenen Namen ( 317 IV ivm 309 IV 1 4) Wer kann noch Ansprüche geltend machen? Gläubiger der Gesellschaft 317 IV ivm 309 IV 3 3 Zulässigkeit der Klage A. Zulässigkeit der Klage I. Klageart Allgemeine Leistungsklage Zahlung auf Schadensersazu II. zuständiges Gericht 1. sachlich: Landgericht ( 23 Nr. 1, 71 I* GVG) 2. örtlich: Sitz der beklagten Partei (vgl. 12, 17 ZPO) III. (sonstige) allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzungen 1. Parteifähigkeit - 50 ZPO 2. Prozessfähigkeit - 51, 52 ZPO Bundesrepublik ist als öffentlich-rechtliche Körperschaft im Zivilprozess partei- und prozessfähig IV. Prozessführungsbefugnis Frage ob Inhaber des Anspruchs oder aus sonstigen Gründen prozessführungsbefugt ist sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage relevant (doppelt relevante Tatsache) *beachte 71 II Nr. 3.und Nr. 4 GVG (hier nicht einschlägig) 4 2
3 Voraussetzung für die Haftung nach 311, 317 im Überblick 1. Anwendungsbereich der 311 ff. AktG a. kein Beherrschungsvertrag b. T-AG muss abhängige Aktiengesellschaft isv. 311 ivm 17 sein c. Bund herrschendes Unternehmen isv 17 AktG 2. Veranlassung eines Nachteils a. nachteiliges Rechtsgeschäft b. Veranlassung (im Einzelnen umstritten) 3. Kein Ausgleich oder Gewährung eines einklagbaren Rechtsanspruchs auf Ausgleich (vgl. 311 II S. 2) 4. Kein Ausschluss nach 317 II AktG soll Prüfung zu 2.a) hochgezogen warden (dazu näher unten) 5 Anwendbarkeit der 311 ff. AktG 1. Anwendungsbereich der 311 ff. AktG a. kein Beherrschungsvertrag b. T-AG ist abhängige Aktiengesellschaft isv. 311 ivm 17 c. Bund ist herrschendes Unternehmen isv 17 AktG Dabei ist zu bedenken, daß die spezifische Aufgabenstellung einer solchen juristischen Person durchaus mit dem wirtschaftlichen Interesse der Privataktionäre am Gedeihen der Gesellschaft typischerweise kollidieren kann. ( ) Die aktienrechtlichen Schutzvorschriften sind jedenfalls dann ein sachgerechtes und unentbehrliches Mittel zur Konfliktlösung, wenn die öffentliche Hand sich privatwirtschaftlich in einem Umfang betätigt, daß sich hieraus allein schon für private Aktionäre die Gefahr ergibt, das Interesse der Gesellschaft und damit ihr eigenes einem für sie fremden Unternehmensziel aufgeopfert zu sehen. (BGHZ 69, 334 VEBA) 6 3
4 Voraussetzung für die Haftung nach 311, 317 im Überblick 1. Anwendungsbereich der 311 ff. AktG 2. Veranlassung eines Nachteils a. nachteiliges Rechtsgeschäft b. Veranlassung (im Einzelnen umstritten) Einfluss (als Aktionär!) muss (mitursächlich) sein Bewusstsein der Nachteilszufügung nicht erforderlich Einzelheiten strittig) - kein Hinweis auf Anordnung der Teilnahme an der Ausschreibung - Veranstaltung der Versteigerung als Veranlassung? 3. Kein Ausgleich oder Gewährung eines einklagbaren Rechtsanspruchs auf Ausgleich (vgl. 311 II S. 2) 4. Kein Ausschluss nach 317 II AktG 7 Voraussetzung für die Haftung nach 311, 317 im Überblick 1. Anwendungsbereich der 311 ff. AktG 2. Veranlassung eines Nachteils a) Veranlassung kann dahinstehen, wenn keine Nachteiligkeit b) nachteiliges Rechtsgeschäft Verschlechterung der Vermögenslage oder der Ertragsaussichten der Gesellschaft (ex ante-perspektive) Wenn für Vermögensabfluss keine adäquate Gegenleistung dann Nachteil 3. Kein Ausgleich isv 311 II 4. Kein Ausschluss nach 317 II AktG Prüfung hier oder zu 2.a) hochgeziehen? - BGH: Auch hier gilt die BJR ( 93 I S. 2 AktG) - P: Kann man sich auch darauf berufen, wenn der Vorstand (bzw. hier das herrschende Unternehmen) unmittelbar von der Maßnahme profitiert?; vgl. dazu Aufsatz von Fleischer, NZG 2008, 371 ff.) 8 4
5 Prüfung der Nachteilszufügung 1) im ersten Schritt Situation mit und ohne diese Maßnahme vergleichen: Nachteil = Vermögensnachteil der Gesellschaft oder sonstige Beeinträchtigung der nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswerts Beezüglich Schritt 1 trägt Aktionär die Beweislast 2) zweiter Schritt: objektive und subjektive Vorhersehbarkeit (Prüung an 93 I 2 orientieren) a) einfach bezifferbar und vorhersehbar - Nachteil (+); - keine Entlastung nach 317 II b) nicht vorsehbar Nachteil (+) - Entlastung nach 317 II häufig zu bejahen c) schwer zu beziffern Einzelfallbetrachtung - nicht bezifferbar, da Maßnahme nicht islolierbar 311 (-) an Problematik der sog. Qualifiziert faktischen Beherrschung denken Prof. Dr. Kaspar Krolop - FU Berlin SS Konsequenzen für die Bearbeitung des Falls Hilfsgutachterlich Fortgang der Prüfung bei Bejahen der Nachteiligkeit 4. kein Ausgleich 5. Fälligkeit und Durchsetzbarkeit a) keine Fälligkeit vor Ablauf des Geschäftsjahres b) Verjährung IV ivm 309 VI (nur) fünf Jahre (anders bei Vorstandshaftung bei börsennotierten Gesellschaften) Hemmung durch Klageerhebung ( 204 Nr. 1 BGB ivm 253 ZPO) Unabhängig von Bejahen/Verneinen von 311 sind etwaig idealiter konkurriende Anspruchsgrundlagen zu prüfen II. 57, Anwendbarkeit Verdrängung durch die 311 ff.? a) Wortlaut und Systematik des deutschen Rechts b) Ist der Vorrang der 311 ff. mit der Kapitalrichtlinie vereinbar? 10 5
6 Anspruch der T-Ag gegen Verhältnis den zu Bund den 311 aus ff. 57, 62 AktG Folgerungen für die Bedeutung von 311 ff.? II. Anspruch der T-AG gegen den Bund nach 57, 62 AktG 1. Anwendbarkeit dazu sogleich näher 2. T-AG ist Aktionär 3. Vermögenszuwendung außerhalb der Gewinnverwendung - keine offene Einlagenrückgewähr - Lehre von der verdeckten Einlagenrückgewähr Wenn Aktionär ein Vermögensvorteil zugewendet wird, den die Gesellschaft einem Dritten nicht zugewendet hätte Insbesondere bei Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung zu Lasten der Gesellschaft der Fall Maßstab Drittvergleich BGH: Auch andere Unternehmen haben den Preis bezahlt - unabhängig davon ist zu beachten, dass der Empfänger den Vorteil aufgrund seiner Gesellschafterstellung erhalten haben muss (causa societatis) Bund hat Erlös nicht als Aktionär erzielt, sondern als Versteigerer 11 Exkurs: Sind die 311 ff. nur haftungsverschärfend? Ausgangspunkt: Verbot der Nachteilszufügung ist eigentlich Selbstverständlichkeit, die sich aus der Treuepflicht ergibt. Verschärfung1 - gds. haftet Aktionär wg. Treuepflichtverletzung nur für eine schuldhafte Nachteilszufügung (Wertung aus 117 AktG) - bei 311 genügt die objektive Nachteiligkeit aus der ex ante Perspektive Relativierung von Verschärfung1 - Bei verdeckter Gewinnausschüttung genügt auch bei einfachem Aktionär, dass Geschäft für die Gesellschaft im Drittvergleich nachteilig ist - Ein Anspruch der Gesellschaft auf Ausgleich des hierauf beruhenden Nachteils ergibt sich aus 57, 62 AktG echte Verschärfung allenfalls, wenn Vermögensnachteil, der keine verdeckte Gewinnausschüttung ist 12 6
7 Exkurs: Sind die 311 ff. nur haftungsverschärfend? Privilegierung des herrschenden Unternehmens Die besondere Bedeutung der 311 ff. AktG ggü den allgemeinen Vorschriften liegt nicht primär im Verbot der Nachteilszufügung, sondern darin, dass unter bestimmten Umständen eine Nachteilszufügung und verdeckte Gewinnausschüttungen ERLAUBT sind. Nachteil muss ausgeglichen werden anders als bei 57, 62 AktG, aber nicht sofort (vgl. 311) Diverse Vorkehrungen zur Absicherung des Anspruchs auf Nachteilsausgleichs (insbesondere 312, 313) Exkurs: Vereinbarkeit der Privilegierung mit europarechtlichen Vorgaben? echte Verschärfung (Verschärfung 2) Haftungsdurchgriff auf die Mitglieder des Vertretungsorgans des herrschenden Unternehmens ( 317 III AktG) 13 Exkurs: Folgerungen für das Verhältnis der 311 ff. zu 57, 63 / 117 Stufe 1 (Phase zwischen Nachteilszufügung und Ablauf des Geschäftsjahrs - kein primär einklagbarer Anspruch der abhängigen Gesellschaft - Eine Art Obliegenheit zur Vermeidung der Haftung nach Verdrängung von 117 und von 57, 62 (ganz h.m.) Stufe 2 (Nachteil wird nicht ausgeglichen bzw. es wird ein einklagbarer Kompensationsanspruch eingeräumt) Der abhängigen Gesellschaft stehen Ansprüche zu gegen a) das herrschende Unternehmen 311, 317 b) Vertreter des herrschenden 311, 317 III c) Verwaltungsmitglieder der abhängigen Gesellschaft, 318 Privilegierungswirkung des 311 entfällt 57, 62 und 117 sind nach ganz h.m. neben 311, 317 anwendbar Prof. Dr. Kaspar Krolop - FU Berlin SS
8 Haftung des herrschenden Unternehmens im faktischen Konzern und allg. Vorschriften I. 311, 317 (-) kein Nachteil bzw. Ausschluss nach 317 II II. 57, 62 i.e. (-) anwendbar, aber weder Einlagenrückgewähr noch verdeckte Einlagenrückgewähr III. 117 anwendbar, aber Schädigungsvorsatz nicht ersichtlich IV. 280 I ivm mit Treuepflichtverletzung h.m. 117 AktG Wertung: keine Haftung für Fahrlässigkeit ferner 311 ff. AktG spezielle Regelungen zur Verantwortlichkeit des herrschenden Unternehmens dieser Anspruch wird von den 311 ff. weitgehend auch dann verdrängt, wenn kein Nachteilsausgleich erfolgt ist. GESAMTERGEBNIS: Weder S persönlich, noch die T-AG steht ein Schadensersatzanspruch gegen den Bund zu. Dementsprechend hat die rechtshängige Klage keine Aussicht auf Erfolg. 15 Exkurs: nachteilige Einflussnahme / Fallgruppen (vgl. K/A, 3 Rn. 126) 1) Sog. passive Konzerneffekte (E/H, Kom. 311 Rn. 52) P: Abgrenzung zu aktiver Einflussnahme schwierig (Bsp.: Folgen der Organschaft (Hüffer/Koch, 311 Rn. 30; E/H, Kom, 311 Rn. 52 vgl. auch BGHZ 124,111, 118f. Metellgesellschaft; BGHZ 61, 151, 158 ff. ITT 2) Konzernverrechnungspreise Kauf bzw. Verkauf unter Marktwert ist gds. Nachteil P: Lieferung von Teilprodukten für die es keinen Markt gibt 3) Cash Pool dazu noch in einem gesonderten Termin 4) Transfer von Informationen / Know How, vgl. BGHZ 151, 181 ff. 5) Herrschendes Unternehmen ordnet illegale/unlautere Praktiken an (z.b. Bestechungszahlungen; Einsatz von Schummelsoftware) 6) Abzug von Personal kann Nachteil sein (Abordnung zur herrschenden Unternehmen, OLG Stuttgart AG 1979, 200, 202) 16 8
9 Lesehinweise Sachverhalt inspiriert von BGHZ 175, 365; siehe auch Vorinstanz OLG Köln ZIP 2006, 197; BGHZ 190, 7 Telekom III zum Nachteilsausgleich im faktischen Konzern allgemein siehe K/A, 3 I d); E/H, 24, 25; Raiser/Veil, 53 I.-III.) Fallbearbeitung - Kä, Fall 25a;, K/A, 3 Rn. 354 Wichtige Rechtsprechung zur Haftung im faktischen Aktienkonzern allgemein Begriff des Nachteils und Beweislastverteilung BGHZ 141, 79 Metallgesellschaft; BGHZ 179, 71 - MPS; OLG Frankfurt/M ZIP 2000, 929 BGH AG 2012, 680 (Verhältnis zum Verbot der Einlagenrückgewähr) eigenständige Übung/Vertiefung: Versuchen Sie Fall 2.1 zu bearbeiten! Prof. Dr. Kaspar Krolop - FU Berlin SS
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