Verhaltenstherapie im Kindes- und Jugendalter: Teil I Störung des Sozialverhaltens Prof. Dr. Ulrike und Franz Petermann, Universität Bremen
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- Johann Ursler
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1 Verhaltenstherapie im Kindes- und Jugendalter: Teil I Störung des Sozialverhaltens Prof. Dr. Ulrike und Franz Petermann, Universität Bremen termann, F. & Petermann, U. (2008). Training mit aggressiven Kindern (12., vollst. überarb. Aufl.). Weinheim: BeltzPVU
2 Aggressive Kinder: Möglichkeiten der Intervention Was ist aggressives Verhalten? Wie entsteht aggressives Verhalten? Konzeption des Trainings mit aggressiven Kindern Methoden und Materialien des Trainings mit aggressiven Kindern Wirksamkeit des Trainings mit aggressiven Kindern
3 Was ist aggressives Verhalten?
4 Störung des Sozialverhaltens (312.81, , ) Ein mindestens zwölf Monate anhaltendes Verhaltensmuster, durch das grundlegende Rechte anderer und altersentsprechende Normen und Regeln verletzt werden, und zwar beispielsweise aufgrund von... nach DSM-IV-TR, 2003 aggressivem Verhalten gegenüber Menschen und Tieren (Drohungen, Schlägereien, Tierquälerei, Waffengebrauch etc.), Zerstörung von Eigentum (Sachbeschädigung, Brandstiftung), Betrug oder Diebstahl (Einbruch, Lügen, Ladendiebstahl), schweren Regelverstößen (Schuleschwänzen, Streunen ). Von 15 Kriterien müssen mindestens drei erfüllt sein und eines muss in den letzten sechs Monaten aufgetreten sein.
5 Störung des Sozialverhaltens Nach ICD-10 werden weitere Untergruppen gebildet, nämlich: auf den familiären Rahmen beschränkt (F 91.0) bei fehlenden sozialen Bindungen (F 91.1) bei vorhandenen sozialen Bindungen (F 91.2) mit oppositionellem, aufsässigen Verhalten (F 91.3) Weitere kombinierte Störungen sind: hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F 90.1) Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung (F 92.0) sonstige kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen (F 92.8)
6 Störung mit oppositionellem Trotzverhalten (313.81) Ein mindestens sechs Monate anhaltendes Muster von negativistischem, feindseligem und trotzigem Verhalten, mit vier (oder mehr) der folgenden Symptome nach DSM-IV-TR, 2003 wird schnell ärgerlich, streitet sich häufig mit Erwachsenen widersetzt sich häufig aktiv den Anweisungen oder Regeln von Erwachsenen oder weigert sich, diese zu befolgen, verärgert andere häufig absichtlich, schiebt häufig die Schuld für eigene Fehler oder eigenes Fehlverhalten auf andere, ist häufig empfindlich oder lässt sich von anderen leicht verärgern, ist häufig wütend und beleidigt, ist häufig boshaft und nachtragend.
7 Wie entsteht aggressives Verhalten?
8 gendalter indheit Schulprobleme Aggression Oppositionelles Trotzverhalten Hyperkinetische Störung Delinquenz Soziale Defizite und Probleme bei der Informationsverarbeitung Probleme mit Gleichaltrigen Bündnis mit dissozialen Jugendlichen Soziale Isolation Geburt Prä- und perinatale Faktoren Schwieriges Temperament Entwicklungspsychopathologischer Verlauf
9 Sozial-kognitive Informationsverarbeitung Mit dem Begriff Sozial-kognitive Informationsverarbeitung sind alle Entscheidungen gemeint, die eine Person treffen muss, um Eindrücke aus der sozialen Umwelt so zu strukturieren, dass Handlungen daraus resultieren.
10 Erkennen sozialer Hinweisreize Bevorzugte Wahrnehmung bedrohlicher oder feindseliger Reize Interpretation sozialer Hinweisreize Unterstellung einer negativen Absicht bei einer mehrdeutigen Situation Kenntnis angemessener Verhaltensalternativen Aggressive Kinder wählen sehr häufig konfliktträchtige und ineffektive Problemlösungen Bewertung ausgewählter Verhaltensalternativen Aggressive Handlungen werden als effektive und sozial akzeptierte Problemlösungen bewertet Umsetzung der Verhaltensalternativen Bevorzugte Umsetzung aggressiver Problemlösungen
11 Lernmechanismen aggressiven Verhaltens Positive Verstärkung Ein Kind erreicht durch sein aggressives Verhalten ein bestimmtes Ziel. Negative Verstärkung Einem Kind gelingt es, durch sein aggressives Verhalten unangenehme, ungeliebte oder bedrohliche Ereignisse zu vermeiden. Duldung Dem aggressiven Verhalten eines Kindes wird tatenlos zugesehen; dies wird vom Kind als stillschweigende Zustimmung aufgefasst. Lernen am Modell Stellvertretende Erfahrung durch Beobachtung von Personen in vivo und in Medien.
12 Konzeption des Trainings mit aggressiven Kindern
13 Kind Eltern 2 Sitzungen Erstkontakt mit den Eltern à 100 Minuten 3 Sitzungen Erstkontakt à 50 Minuten 5 Sitzungen Einzeltraining à 100 Minuten alternativ: 10 Sitzungen à 50 Minuten 7 Sitzungen Gruppentraining à 100 Minuten alternativ: 14 Sitzungen à 50 Minuten Minimal 4 Kontakte im Rahmen der trainingsbegleitenden Elternund Familienberatung à 100 Minuten Lehrer 1. Lehrerkontakt 45 Minuten 2. Lehrerkontakt 45 Minuten Zeitverlauf in Monaten
14 Struktur einer Trainingssitzung Auswertung des Detektivbogens Entspannung: Kapitän-Nemo-Geschichte Trainingsphase mit spezifischen Materialien Spielzeit
15 Methoden und Materialien des Trainings mit aggressiven Kindern - Einzeltraining
16 Methoden und Materialien des Trainings mit aggressiven Kindern - Einzeltraining Nach der Struktur einer Trainingssitzung werden nachfolgend die Methoden und Materialen vorgestellt. Detektivbogen
17 Detektivbogen zum Sammeln von Beweisen Was habe ich diese Woche alles geschafft?
18 Methoden und Materialien des Trainings mit aggressiven Kindern - Einzeltraining Nach der Struktur einer Trainingssitzung werden nachfolgend die Methoden und Materialen vorgestellt. Detektivbogen Kapitän-Nemo-Geschichten
19 Die Kapitän-Nemo-Geschichten Geschichten gegen Angst und Stress Petermann, U. (2009). Die Kapitän-Nemo- Geschichten. Geschichten gegen Angst und Stress (13. Auflage). Freiburg: Herder. Ulrike Petermann Die Kapitän-Nemo- Geschichten Geschichten gegen Angst und Stress Petermann, U. (2007). Die Kapitän-Nemo- Geschichten (CD-Set, Teil 1 + 2; 2 x 90 Minuten). Essen: ELVIKOM Film-Verlag.
20 Folgen der Kapitän-Nemo-Geschichten Petermann, U. (2009). Die Kapitän Nemo- Geschichten.Geschichten gegen Angst und Stress (13. Aufl.). Freiburg: Herder. Der Korallenwald Die Delphinherde Die warme Unterwasserfontäne Der Delphinritt Die Schatzkarte Die Schatzsuche Die Seepferdchenherde Die Unterwasserstadt Atlantis Die Riesenschildkröten Die Muschelsuche Die Walfamilie Der Unterwasserwald Das versunkene Piratenschiff Die Unterwasserhöhle
21 Methoden und Materialien des Trainings mit aggressiven Kindern - Einzeltraining Nach der Struktur einer Trainingssitzung werden nachfolgend die Methoden und Materialen vorgestellt. Detektivbogen Kapitän-Nemo-Geschichten Trainingsphase mit spezifischen Materialien
22 Module des Einzeltrainings 1. Mit aggressivem Verhalten auseinander setzen (Videofilmbearbeitung). 2. Vertraut werden mit Selbstverbalisierungstechnik (Fuchsgeschichte & Fuchssprüche). 3. Verschieden angemessen Konfliktlösungen unterscheiden und Konsequenzen vorhersehen lernen (Fotogeschichten). 4. Beschreibung einer nur bildlich dargestellten Konfliktgeschichte sowie der Gedanken, Gefühle und Worte der darin behandelten Person (Spiel Vertragen und nicht schlagen ). 5. Vorlesen einer Geschichte, das Kind erzählt sie genau nach (BAS und EAS).
23 Methoden und Materialien des Trainings mit aggressiven Kindern - Einzeltraining Nach der Struktur einer Trainingssitzung werden nachfolgend die Methoden und Materialen vorgestellt. Detektivbogen Kapitän-Nemo-Geschichten Trainingsphase mit spezifischen Materialien Tokenprogramm
24 Methoden und Materialien des Trainings mit aggressiven Kindern - Gruppentraining
25 Module des Gruppentrainings 1. Kennenlernen und Wiederholen: Interviewspiel der Kinder eines Gruppentrainings; Ratespiel Was ich schon gelernt habe!. 2. Diskussionsregeln erstellen: Sammeln von Spieler- und Zuschauerregeln; Erarbeitet von Diskussionsregeln aufgrund eigener Erfahrungen. 3. Einfühlungsvermögen üben: Igelspiel und Instruktionskarten zur Vertiefung von selbstverbalisierendem Verhalten. 4. Mit Wut fertig werden: Rollenspiel Dirk wird gehänselt ; Erkennen von verschiedenen Äußerungsformen von Wut und von Ursachen der Wut. 5. Lob, Nicht-Beachtung und Tadel erfahren: Lob-Tadel-Spiel: Drei Tage hintereinander Geburtstag ; Übung: Anderen eine positive Rückmeldung geben; Rollenspiel zur Erhöhung der Frustrationstoleranz bei negativer Kritik (Instruktionskarten). 6. Eigenes Verhalten widerspiegeln: Rollenspiel zu einer EAS-Geschichte ohne Konfliktlösungen und Auswertung mit Hilfe von Videoaufnahmen und dem Arbeitsblatt Ich beobachte mich genau. 7. Angemessenes Verhalten stabilisieren und Immunisieren: Rollenspielen zu selbst erlebten Geschichten mit der Kapitän- Nemo-Instruktion Nur ruhig Blut, dann geht alles gut! ; Gegnerspiel mit Argumenten für und gegen Regeln.
26 Aufbau einer Sitzung im Gruppentraining Analog zum Einzeltraining Trainingsbereitschaft mit spezifischem Material: Vorbereitung und Durchführung von Rollenspielen Auswertung mit Hilfe von Video oder Kassette Ableiten von Regeln für den Detektivbogen
27 Struktur von Rollenspielen im Gruppentraining 1. Spielen eines Konfliktes mit Lösung 2. Verbale Reflexion 3. Wiederholtes Spielen; je nach Notwendigkeit 4. Übertragung auf den Alltag
28 Wirksamkeit des Trainings mit aggressiven Kindern
29 Zusammenfassung der Ergebnisse CBCL: Nach den Eltern-Einschätzungen nahm das aggressive Verhalten auf der entsprechenden CBCL-Skala ab. Die Ausprägungen auf den übrigen Skalen verringerten sich nicht signifikant, zeigten jedoch auf den Skalen Soziale Probleme und Delinquentes Verhalten einen Trend in erwarteter Richtung. SDQ: Auf der Skala Hyperaktivität war eine deutliche Abnahme zu erkennen. Auch die Werte auf der Skala Probleme mit Gleichaltrigen reduzierten sich. Eine Verminderung des Gesamtproblemwertes war ebenfalls signifikant. Die Veränderungen auf der Skala Emotionale Probleme stellten sich als nicht signifikant heraus, wiesen aber auf eine tendenzielle Verringerung hin.
30 Diskussion der Ergebnisse Hypothesenkonforme Ergebnisse: - Reduzierung des aggressiven Verhaltens, der Probleme mit Gleichaltrigen und des Gesamtproblemwertes - zumindest tendenzielle Abnahme sozialer und emotionaler Probleme sowie delinquenter Verhaltensweisen Unerwartete Ergebnisse: - Abnahme hyperaktiven Verhaltens
31 Diskussion der Ergebnisse Abnahme des hyperaktiven Verhaltens: Die Anwendung der Kapitän-Nemo-Geschichten mit ihren gezielten und wiederkehrenden Ruheinstruktionen könnten zu positiven Effekten hinsichtlich der Hyperaktivität geführt haben. Die ätiologische Nähe der externalisierenden Störungsgruppen äußert sich in einer teilweise ähnlichen Symptomatik, beispielsweise in mangelnder Impulskontrolle. Eventuell generalisieren die Kinder die Technik des Verhaltensstopps zur Kontrolle von Wut- und Ärgergefühlen auf weitere Alltagssituationen, in denen sie sich vorher hyperaktiv-impulsiv verhalten haben. Es bestehen Überschneidungen hinsichtlich der aufrechterhaltenden Bedingungen, vor allem durch die Eltern. Die Elternberatung kann daher ebenfalls zur Verbesserung der ADHS-Symptomatik beigetragen haben.
32 Fazit Die Wirksamkeit des Trainings konnte unter praktischen Bedingungen einer Beratungsstelle nachgewiesen werden. Die Veränderungen zeichneten sich als stabil über einen Zeitraum von sechs Monaten aus. Mit dieser Studie wurde in Form einer summarischen Evaluation ein wichtiger Betrag zur allgemeinen Qualitätssicherung verhaltenstherapeutischer Maßnahmen für Kinder und Jugendliche geleistet.
33 Literatur Petermann, F. & Petermann, U. (2000). Erfassungsbogen für aggressives Verhalten in konkreten Situationen EAS (4., völlig veränd. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. Petermann, F. & Petermann, U. (2000). Aggressionsdiagnostik. Göttingen: Hogrefe. Petermann, F. & Petermann, U. (2008). Training mit aggressiven Kindern (12, vollst. überarb. Aufl.). Weinheim: BeltzPVU. Petermann, U. (2007). Die Kapitän-Nemo-Geschichten (2CDs). Essen: ELVIKOM Film-Verlag. Petermann, U. (2009). Die Kapitän- Nemo- Geschichten (13. Aufl.). Freiburg: Herder. Petermann, U., Nitkowski, D., Polchow, D. et al. (2007). Langfristige Effekte des Trainings mit aggressiven Kindern. Kindheit und Entwicklung, 16, Petermann, U. & Petermann, F. (2008). Aggressiv-oppositionelles Verhallten. In F. Petermann (Hrsg.), Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie (6., völlig veränd. Aufl.; S ). Göttingen: Hogrefe.
34 Weitere interessante Bücher zum Thema Kinderverhaltenstherapie Petermann, F. (Hrsg.).(2008). Lehrbuch der Klinischen Kinderpsychologie (6., vollst. überarb. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. Petermann, F. (Hrsg.).(2009). Fallbuch der Klinischen Kinderpsychologie (3., vollst. veränd. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. Petermann, F., Koglin, U., Natzke, H. & von Marées, N. (2007). Verhaltenstraining in der Grundschule. Göttingen: Hogrefe. Petermann, F. & Petermann, U. (2010). Training mit Jugendlichen. Aufbau von Arbeits- und Sozialverhalten (9., überarb. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. Petermann, F. & Petermann, U. (2008). Training mit aggressiven Kindern (12., vollst. überarb. Aufl.). Weinheim: BeltzPVU. Petermann, F. & Wiedebusch, S. (2008). Emotionale Kompetenz bei Kindern (2., überarb. u. erw. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. Petermann, F. & Winkel, S. (2009). Selbstverletzendes Verhalten (2., überarb. u. erw. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. Petermann, U. & Petermann, F. (2006). Training mit sozial unsicheren Kindern (9., vollst. überarb. Aufl.). Weinheim: BeltzPVU.
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