Vergleichende Politik
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1 Vergleichende Politik Session 4 (Parteiensysteme; Interessengruppen) Nenad Stojanović Universität Freiburg,
2 Outline Session 4 Vorlesung & Lijphart (2012: Kap. 5, 9) Rückblick Session Gastvortrag Tim Frey Pause Parteiensysteme Interessengruppen
3 Parteiensysteme: Variationen zwischen Ländern Wie viele wichtige Parteien gibt es? Was sind ihre Wahlstrategien? Catch-all-parties oder partis de niche? Sind sie (im Wahlkampf oder Parlament) mehr oder weniger diszipliniert, mehr oder weniger ideologisch kohärent? Auf welchen Konfliktlinien (cleavages) basieren sie? Was sind die wichtigsten Fragen (enjeux) des Wahlwettbewerbes?
4 Einfluss des Wahlsystems Die Duverger-These (Maurice Duverger, Les partis politiques, 1951). Majorz (v.a. SMD): Zwei-Parteien-System. Proporz: Mehrparteiensystem SMD ist aus zwei Gründen für die zwei wichtigsten Parteien günstig: - mechanische Wirkung: die grossen Parteien sind im Parlament übervertreten. - psychologische Wirkung : die WählerInnen wollen ihre Stimmen nicht verschwenden; sie tendieren dazu, die chancenlosen KandidatInnen nicht zu unterstützen.
5 Strategisches Wahlverhalten In einer SMD-Wahl mit mehr als zwei Kandidaten man wählt nicht unbedingt den besten Kandidat. Der/die rationale Wähler/in stellt sich zwei weiteren Fragen: - Welche KandidatInnen haben eine Chance, gewählt zu werden? - Welche/r von zwei Haupt-KandidatInnen ist mir näher? à man wählt oft für die weniger schlimme als für bessere Kandidatin (vgl. Downs 1957). (Strategische Überlegungen sind auch unter Proporz vorhanden, aber weniger stark.)
6 Downs
7 Effektive Zahl der Parteien in Parlamenten ( ) Durchschnitt Min Max Schweiz Israel Belgien Niederlanden Schweden Deutschland USA Grossbritannien Quelle: Lijphart (2012: 74-75)
8 Schwesterparteien und fragmentierte Parteien 1. Schwesterpartien Beispiele: CDU und CSU (Deutschland); PS und SP.a (Belgien). 2. Fragmentierte Parteien Mehrere Fraktionen innerhalb einer Partei. Beispiele: Democrats (USA); Indian National Congress (Indien); African National Congress (Südafrika)
9 Konfliktlinien (Cleavages) S.M. Lipset und S. Rokkan, Party systems and voter alignments, 1967 Sozio-ökonomische und kulturelle Konfliktlinien sind zentral, um verschiedene Parteiensysteme zu erklären. Die Spielregeln (v.a. Wahlsystem) sind sekundär. Hypothese: auch unter Proporz hätte GB nur 3-4 Parteien.
10 Vier Cleavages (Nach Lipset und Rokkan 1967) 1. Kapital (Besitzer) v. Arbeit (Arbeiter) à erklärt Entstehung von Sozialdemokratischen Parteien 2. Kirche v. Staat à erklärt Entstehung von Christlich- Demokratischen Parteien 3. Stadt v. Land à erklärt Entstehung von agrarischen Parteien 4. Zentrum v. Peripherie à erklärt Entstehung von regionalen und/oder ethischen Parteien
11 Lijphart: sieben politischen Dimensionen Lijphart spricht von issue dimensions (anstatt von cleavages) 1. Sozio-ökonomisch (links v. rechts) 2. Religion 3. Kulturell; ethnisch 4. Urban v. rural. 5. Unterstützung des Regimes 6. Aussenpolitik 7. Post-materialistisch (vgl. Inglehart, The Silent Revolution, 1977)
12 Fazit Konfliktlinien: wichtig, um die Entstehung der Parteien zu erklären. Aber Institutionen sind auch wichtig. Wahlsysteme können einer Konfliktlinie ermöglichen, sich zu manifestieren, oder sogar dazu beitragen, dass Konfliktlinien entstehen.
13 Beispiel Wallis Nationalrat: 7 (seit ) Sitze (Proporz, ein Wahlkreis, Listenverbindungen möglich) Ständerat: 2 Sitze (Majorz, 2. Wahlgänge)
14 NR-Wahlen 2011 (1) 1. Jeunes PDC du Valais Romand 2. Sozialdemokratische Partei Oberwallis 3. C-Parteien / CVP Oberwallis 4. Parti socialiste du Valais Romand Bürgerlich Demokratische Partei 8. PDC du Valais Romand 9. Les Verts du Valais central 10. Les Verts du Coude du Rhône Alternative Linke 15. C-Parteien / Christlichsoziale Volkspartei Oberwallis 16. Ouverture / Öffnung (PCS Entremont Autrement MISE) 17. SVP Oberwallis 5. Jungsozialisten Oberwallis 6. Les libéraux-radicaux 7. Parti Bourgeois- Démocratique / 11. Les Verts du Chablais 18. Junge SVP Oberwallis 12. Grüne Oberwallis 13. Les Jeunes Verts / Junge Grüne 14. La Gauche
15 NR-Wahlen 2011 (2) 19. C-Parteien / Junge CVP Oberwallis 20. UDC du Valais romand 26. Jeunes Libéraux Radicaux Chablais 21. Jeunes UDC du Valais central 27. FDP Oberwallis 22. Jeunes UDC du Bas- Valais 23. C-Parteien / Junge Christlichsoziale Volkspartei Oberwallis 24. Jeunes Libéraux Radicaux Centre 25. Jeunes Libéraux Radicaux Martigny- Entremont 28. Avenir Ecologie 29. Jeunesses Socialistes du Valais romand ]
16 SR-Wahlen 2011 (1. Wahlgang) 1. Fournier J.-R. (CVP) 2. Imoberdorf R. (CVP) 3. Freysinger O. (CVP) 4. Germanier J.-R.(FDP) 5. Rossini S. (SP) 6. Ruppen F. (SVP) 7. Jost B. (SP) 8. Volpi-Fournier M. (Grüne) 9. Wolf B. (Grüne) 10. Cottagnoud O. (La Gauche) 11. Bovier-Widmer J. (BDP)
17 Nicht nur Parteien... Es gibt noch mindestens zwei wichtige Akteure: Verwaltung Interessengruppen
18 Interessengruppen Drei Funktionen: Interessen von Gruppen und/oder Individuen aggregieren und vertreten, Der Regierung und dem Parlament wichtige Fachinformationen liefern. Ihren Mitglieder ermöglichen, sich politisch weiterzubilden, Erfahrungen zu sammeln und sich ev. später in der Politik zu engagieren.
19 Pluralismus Der Einfluss von Interessengruppen ist kompatibel mit der Idee der Demokratie, weil: - es viele solche Gruppen gibt; - ihr politischer Einfluss auch via ihre Unterstützung dur sch BürgerInnen kommt. BürgerInnen haben zwei Kanäle, um Regierungspolitik zu beeinflussen: Parteien wählen und Interessengruppen unterstützen. Wichtig in einer Demokratie ist nicht nur die politische Gleichheit der BürgerInnen, sondern auch der Wettbewerb und der freie Zugang zu Informationen.
20 Korporatismus Nur wenige Interessengruppen sind wichtig. Sie haben ein (vom Staat anerkanntes) Monopol der Vertretung. Sie sind sehr zentralisiert: ihr Verhalten ist wenig von den Präferenzen ihrer Mitglieder abhängig. Permanente Verhandlungen zwischen Funktionären der Interessengruppen und der Verwaltung. Sie sind Partner in der Implementierung der Regierungspolitik.
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