Mess-, Steuer- und Regelungstechnik
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- Agnes Hummel
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1 Mess-, Steuer- und Regelungstechnik Dozent: Dr.-Ing. Jörg Kahlert Kontaktdaten: Ingenieurbüro Dr. Kahlert, Ludwig-Erhard-Str. 45 D Hamm Vorlesungssemester: SS 2017
2 Inhalt 1. Einführung 2. Die Regelstrecke 3. Regelungen mit PID-Reglern 4. Entwurf von PID-Reglern 5. Regelungen mit unstetigen Reglern 6. Sensoren und Aktoren Folie 2
3 Empfohlene Begleitliteratur Samal, E., Becker, W.: Grundriß der praktischen Regelungstechnik, Oldenbourg Verlag, 2000 Kahlert, J.: Crash-Kurs Regelungstechnik, VDE-Verlag 2010 Langmann, R.: Taschenbuch der Automatisierung, Fachbuchverlag Leipzig, 2004 Schlüter, G.: Regelung technischer Systeme - interaktiv, Fachbuchverlag Leipzig, 2001 Schlüter, G.: Digitale Regelungstechnik interaktiv, Fachbuchverlag Leipzig, 2000 Föllinger, O.: Regelungstechnik. Hüthig Buchverlag Heidelberg 1990 Makarov, A.: Regelungstechnik und Simulation, Vieweg Verlag, 1994 Uphaus, J.: Regelungstechnik, Bildungsverlag EINS 2005 Unbehauen, H.: Regelungstechnik Band I-III. Vieweg-Verlag Wiesbaden 1992 Folie 3
4 Einführung Folie 4
5 Einführung Aufgaben der Regelungstechnik (1/10) Einordnung der Regelungstechnik Steuerung und Regelung stellen die beiden Grundprinzipien der modernen Automatisierungstechnik dar. Steuerung und Regelung verfolgen die gleiche Zielsetzung, aber durch unterschiedliche Vorgehensweise! Die Regelung stellt das zumeist technisch überlegene Prinzip dar - allerdings auf Kosten eines erhöhten Aufwandes bei Entwurf und gerätetechnischer Realisierung. Das Ziel einer Regelung besteht im Allgemeinen darin, bestimmte Größen (meist Ausgangsgrößen technischer Prozesse) an vorgegebene Führungsgrößen anzugleichen. Die zu regelnden Größen (Regelgrößen) sollen einerseits sowohl Änderungen der Führungsgrößen möglichst gut folgen (gutes Führungsverhalten), andererseits auch von Störungen, die auf den Prozess einwirken, möglichst wenig beeinflusst werden (gutes Störverhalten). Bezüglich des Führungsverhaltens ist zwischen Festwert- und Folgeregelung zu unterscheiden. Folie 5
6 Einführung Aufgaben der Regelungstechnik (2/10) Bei einer Festwertregelung soll die Ausgangsgröße des Prozesses auf einem festen, d. h. zeitlich konstanten Wert gehalten werden Beispiel: Drehzahlregelung einer Dampfmaschine mittels Fliehkraftregler (James Watt 1769) G G H M y V Dampfmaschine x Last Ziel: Drehzahl der Maschine auch bei wechselnder Belastung konstanthalten Folie 6
7 Einführung Aufgaben der Regelungstechnik (3/10) Funktionsweise: Verstellung des Dampfstroms über Ventil V Ansteuerung des Ventils über Gestänge H Ansteuerung des Gestänges H über Muffe M des Reglers Gewichte G wandern aufgrund der zunehmenden Fliehkraft mit zunehmender Drehzahl nach oben Sinkt Drehzahl ab, wandern Gewichte G nach unten Muffe sinkt Ventil wird weiter geöffnet Dampfstrom nimmt zu Drehzahl steigt wieder! H G M G y V Dampfmaschine x Last Folie 7
8 Einführung Aufgaben der Regelungstechnik (4/10) Bei einer Folgeregelung ist die Führungsgröße (Sollwert) zeitlich nicht konstant, sondern ändert sich. Beispiel: Kursregelung eines Schiffes (z. B. beim Manövrieren in engem Kanal) N w e x Kompass w R y S Folie 8
9 Einführung Aufgaben der Regelungstechnik (5/10) Sollwert w (Kurswinkel des Schiffes) wird in Abhängigkeit vom Kanalverlauf ständig neu festgelegt Messung des Ist-Kurses über Kompass Regler R bewirkt durch Veränderung der Ruderstellung y (Stellgröße) N w e eine Angleichung von Regelgröße x (Ist-Kurs) an Sollwert, sodass x Regeldifferenz e möglichst zu null wird Kompass Mögliche Störgrößen: Wind, Wasserströmung,... R w y S Folie 9
10 Einführung Aufgaben der Regelungstechnik (6/10) Arten von Regelgrößen Die in der Praxis auftretenden Regelgrößen sind von ihrer Art her äußerst vielschichtig. Nachfolgende Tabellen geben einen Überblick über die wichtigsten Regelgrößen im Bereich technischer Anwendungen. Maschinenbau Regelgröße Kraft Drehmoment Drehzahl Beschleunigung Lage Beispiel Kraftregelung eines Roboterarms Drehmomentenregelung eines Motors Drehzahlregelung einer Bohrmaschine Beschleunigungsregelung eines elektrischen Antriebs Positionsregelung eines Spindelantriebs Folie 10
11 Einführung Aufgaben der Regelungstechnik (7/10) Elektrotechnik Regelgröße Spannung Strom Wirk- und Blindleistung Frequenz Beispiel Festspannungsregler Konstantstrom-Ladegerät Blindleistungsregelung im Stromnetz Frequenzregelung im Stromnetz Fahrzeugbau Regelgröße Geschwindigkeit Abstand Kurs Höhe Beispiel Tempomat Automatische Abstandsregelung Kursregelung eines Schiffes Höhenregelung im Flugzeug Folie 11
12 Einführung Aufgaben der Regelungstechnik (8/10) Verfahrenstechnik Regelgröße Temperatur Druck Durchfluss Durchflussverhältnis Niveau Feuchte ph-wert Beispiel Temperaturregelung eines Glühofens Druckregler einer Gasflasche Durchflussregelung in einer Rohrleitung Regelung des Mischungsverhältnisses zweier Flüssigkeiten Toiletten-Spülkasten Feuchteregelung in der Klimatechnik ph-wert-regelung zur Abwasserneutralisation Folie 12
13 Einführung Aufgaben der Regelungstechnik (9/10) Der Mensch als Regler Auch der Mensch nimmt tagtäglich vielfältige Regelungsaufgaben wahr (Beispiel: Führen eines Kraftfahrzeugs, Organisieren eines Betriebes ( Controlling ),...) Beispiel: Temperierung des Badewassers Folie 13
14 Einführung Aufgaben der Regelungstechnik (10/10) Zugehöriges Blockschaltbild: Regelkreis Folie 14
15 Einführung Das Prinzip der Steuerung (1/4) Beide Grundprinzipien der Automatisierungstechnik - Steuerung und Regelung - verfolgen dasselbe Ziel, nämlich die Beeinflussung eines Prozesses in einer gewünschten Weise. Sie unterscheiden sich jedoch in der zugrunde liegenden Wirkstruktur. Beispiel: Raumtemperatursteuerung Wirkschaltbild einer Raumtemperatursteuerung über die Außentemperatur: A x R z A x R z S y S y Folie 15
16 Einführung Das Prinzip der Steuerung (2/4) A x R z A x R z Funktionsweise: S y S y Der Raum mit Heizkörper stellt den zu beeinflussenden Prozess, die so genannte Steuerstrecke, dar. Über ein (Außen-)Thermometer wird die Außentemperatur A gemessen und dem Steuergerät S zugeführt. Das Steuergerät ermittelt aus der Außentemperatur unter Berücksichtigung des Temperatur-Sollwerts die Ventilstellung (Stellgröße) y. In Abhängigkeit von der Ventilstellung wird ein mehr oder weniger großer Durchfluss an Heizmedium erzeugt. Dieser führt zu einer mehr oder weniger starken Erhöhung der Raumtemperatur (Innentemperatur), d. h. der Zielgröße x. Folie 16
17 Einführung Das Prinzip der Steuerung (3/4) Zugehöriges Blockschaltbild: Sollwert Innentemperatur Steuergerät Ventil Raum mit Heizung Thermometer Außentemperatur Es liegt die für eine Steuerung charakteristische Struktur einer Steuerkette vor: Offener Wirkungsablauf über ein oder mehrere, in Reihe geschaltete Übertragungsglieder Eigentliche Zielgröße der Steuerung (im Beispiel die Innentemperatur) wird nicht gemessen Steuergerät bemerkt Abweichungen dieser Größe vom Sollwert nicht und kann darauf auch nicht reagieren Entscheidender Nachteil der Steuerung! Folie 17
18 Einführung Das Prinzip der Steuerung (4/4) Das Steuergerät wird im Allgemeinen so eingestellt, dass die Steuerung unter bestimmten Bedingungen "vernünftig" funktioniert. Ändern sich diese Bedingungen (z. B. durch Auswechseln des Heizkörpers gegen einen Heizkörper anderer Baugröße, Parametervariation ), so wird sich das Systemverhalten verschlechtern. Tritt eine Störung auf (z. B. durch Öffnen des Fensters, Störgröße z), so merkt das Steuergerät davon ebenfalls nichts. Es wird daher in diesem Fall zu einem ungehinderten Abfall der Innentemperatur kommen. Umgekehrt würde beispielsweise das Anzünden eines Kamins im Wohnraum zu einer Erhöhung der Raumtemperatur führen, da das Steuergerät auch darauf nicht reagieren und daher weiterhin unvermindert heizen würde. Wichtige Erkenntnis: Eine Steuerung ist nicht in der Lage, Parametervariationen innerhalb der Steuerstrecke oder Störgrößen, die auf die Strecke einwirken, zu kompensieren. Folie 18
19 Einführung Das Prinzip der Rückkopplung (Regelung) (1/5) Die Einhaltung einer bestimmten Raumtemperatur kann statt über eine Steuerung auch über eine Regelung erreicht werden. Manuelle Regelung: Automatische Regelung: z 1 z 1 x w z 2 y R w x z 2 y Folie 19
20 Einführung Das Prinzip der Rückkopplung (Regelung) (2/5) Funktionsweise: Raum mit Heizkörper stellt wiederum den zu beeinflussenden Prozess dar; er wird in diesem Fall als Regelstrecke oder kurz Strecke bezeichnet. Über Raumthermometer findet eine ständige Messung der Zielgröße Innentemperatur (Regelgröße x) statt. Diese wird mit der gewünschten Soll-Temperatur (Sollwert w) verglichen. Die Differenz zwischen beiden Größen stellt die so genannte Regeldifferenz e dar. In Abhängigkeit von dieser Regeldifferenz wird nun das Heizventil verstellt. Dies kann per Hand (manuelle Regelung) oder automatisch durch den Regler R erfolgen (automatische Regelung). Ist der gemessene Temperaturwert kleiner als der Sollwert, wird das Ventil weiter geöffnet, ist er größer, wird es weiter geschlossen. Dadurch wird der aktuelle Temperaturwert (Istwert) an den Sollwert herangeführt. Folie 20
21 Einführung Das Prinzip der Rückkopplung (Regelung) (3/5) Zugehöriges Blockschaltbild: Folie 21
22 Einführung Das Prinzip der Rückkopplung (Regelung) (4/5) Man erkennt, dass durch eine scheinbar geringe Änderung des Wirkschalt-bildes gegenüber der Steuerung (Verlegen des Thermometers in den Innen-raum) eine wesentliche Verbesserung des Systemverhaltens erzielt wird. Es entsteht nämlich ein geschlossener Wirkungsablauf mit Rückkopplung der Regelgröße, ein so genannter Regelkreis. Durch den ständigen Soll-Ist-Vergleich bemerkt der Regler eine Abweichung vom Sollzustand unmittelbar und kann dieser durch einen entsprechenden Stelleingriff (Öffnen bzw. Schließen des Ventils) entgegen wirken. Dabei ist es völlig gleichgültig, ob diese Abweichungen vom Sollzustand (Regeldifferenz) durch Änderungen in der Regelstrecke selbst (Parametervariationen wie z. B. Austausch des Heizkörpers gegen einen anderen Typ) oder aber irgendwelche Störungen (z. B. Öffnen des Fensters oder starker Sonneneinfall durch das Fenster) zustande kommen. Dies ist der prinzipielle Vorteil eines Regelkreises gegen-über einer Steuerkette. Ein Nachteil der Regelung liegt jedoch darin, dass in jedem Fall eine Messung der Regelgröße erforderlich ist, was in der Regel zu einem höheren Materialaufwand (Sensor) führt; insbesondere gilt dies im betrachteten Beispiel, wenn eine Temperaturregelung parallel in mehreren Räumen erfolgen soll. Bei einer Steuerung ist hingegen die Messung der Regelgröße nicht erforderlich (u. U. aber - wie bei der besprochenen Raumtemperatursteuerung - die Messung anderer Größen). Folie 22
23 Einführung Das Prinzip der Rückkopplung (Regelung) (5/5) Beispiel: Temperaturregler für Wohnräume (Heizkörperthermostat) Thermostat enthält Sollwerteinsteller, Thermometer, Ventil und Regler in einem! Wirkungskreislauf: Zunehmende Temperatur Flüssigkeit im Temperaturfühler dehnt sich aus Wellrohr wird zusammengedrückt Ventilkegel bewegt sich in Schließrichtung Heizmittelstrom wird gedrosselt Temperatur sinkt Heutzutage meist elektronisch (Bild links) Folie 23
24 Die Regelstrecke Folie 24
25 Die Regelstrecke Vereinfachter Standardregelkreis Vereinfachter Wirkungsplan der Regelung: Größen im Regelkreis: Führungsgröße w ( Sollwert ) Regeldifferenz e Stellgröße y Regelgröße x ( Istwert ) Aufgabe: Finde zu einer gegebenen Regelstrecke den bestmöglichen Reglertyp und die optimalen Reglerparameter! Folie 25
26 Die Regelstrecke Regelstrecken mit und ohne Ausgleich (1/5) Um einen geeigneten Reglertyp auswählen und ihn optimal einstellen (parametrieren) zu können, ist eine möglichst umfassende Kenntnis der Eigenschaften der Regelstrecke erforderlich. Dabei unterscheidet man zwischen dem statischen Verhalten der Regelstrecke (Beharrungsverhalten, Verhalten im stationären Zustand) und dem dynamischen Verhalten (Zeitverhalten, Übergangsverhalten) Folie 26
27 Die Regelstrecke Regelstrecken mit und ohne Ausgleich (2/5) Regelstrecken mit Ausgleich Wird an eine Regelstrecke eine konstante Eingangsgröße (Stellgröße) angelegt, so stellt sich bei den meisten Regelstrecken nach einer gewissen Zeit auch eine konstante Ausgangsgröße ein. Diesen Zustand bezeichnet man als Beharrungszustand oder auch stationären Zustand der Regelstrecke. Regelstrecken, die einen solchen Beharrungszustand besitzen, nennt man Regelstrecken mit Ausgleich. Bei Regelstrecken mit Ausgleich strebt die Ausgangsgröße (Regelgröße) nach Anlegen einer konstanten Eingangsgröße (Stellgröße) ebenfalls einem konstanten Wert entgegen. Folie 27
28 Die Regelstrecke Regelstrecken mit und ohne Ausgleich (3/5) Beispiel: Gleichstrommotor mit der Eingangsgröße Ankerspannung u A (Stellgröße) und der Ausgangsgröße Drehzahl n (Regelgröße) u A Motor n Legen wir an einen zunächst stillstehenden Motor eine konstante Ankerspannung, so nimmt die Motordrehzahl nach einer mehr oder weniger kurzen Hochlaufphase des Motors ebenfalls einen konstanten Wert an. Ändern wir die Ankerspannung anschließend auf einen neuen (wiederum konstanten) Wert, so strebt auch die Drehzahl einem neuen Wert zu. Folie 28
29 Die Regelstrecke Regelstrecken mit und ohne Ausgleich (4/5) Regelstrecken ohne Ausgleich Wir betrachten nun einen motorgetriebenen Fahrstuhl: Fahrstuhl u A n h Motor Kabine Eingangsgröße (Stellgröße): Ankerspannung u A Ausgangsgröße (Regelgröße): Kabinenposition h h Folie 29
30 Die Regelstrecke Regelstrecken mit und ohne Ausgleich (5/5) Anlegen einer konstanten Ankerspannung führt zu einer konstanten Motordrehzahl und damit zu einer stetigen Zu- oder Abnahme der Höhe h (je nach Drehrichtung des Motors) die Regelgröße strebt hier keinem stationären Zustand zu! Es handelt sich bei dieser Regelstrecke um eine Strecke ohne Ausgleich Bei Regelstrecken ohne Ausgleich strebt die Ausgangsgröße (Regelgröße) nach Anlegen einer konstanten Eingangsgröße (Stellgröße) keinem stationären Zustand entgegen. Folie 30
31 Die Regelstrecke Beschreibung des statischen Verhaltens (1/6) Beschreibung des statischen Verhaltens von Regelstrecken Frage: Welchen stationären Wert nimmt die Ausgangsgröße der Strecke nach Anlegen einer bestimmten konstanten Eingangsgröße an? Lösung: Darstellung des Zusammenhangs x = f(y) zwischen Eingangsgröße y und Ausgangsgröße x im Beharrungszustand in grafischer Form als statische Kennlinie n Mögliche Kennlinie für U/min Gleichstrommotor: n A A 1 u A V u A Folie 31
32 Die Regelstrecke Beschreibung des statischen Verhaltens (2/6) Wir können dieser Kennlinie entnehmen, dass sich beispielsweise für eine konstante Ankerspannung von u A = 5 V im stationären Zustand eine Drehzahl von n = 1500 U/min einstellt (Arbeitspunkt A 1 ), für eine Ankerspannung von u A = 10 V eine Drehzahl von n = 3000 U/min (Arbeitspunkt A 2 ). Die Kennlinie weist in diesem Fall eine lineare Charakteristik auf (stellt also eine Gerade dar); dies bedeutet, dass die Steigung der Kennlinie unabhängig vom Arbeitspunkt immer denselben Wert liefert, nämlich Folie 32
33 Die Regelstrecke Beschreibung des statischen Verhaltens (3/6) Die Steigung der Kennlinie, der Parameter K P, wird als Proportionalbeiwert bezeichnet. Er gibt Aufschluss darüber, wie empfindlich die Ausgangsgröße der Strecke auf eine Eingangsgrößenänderung reagiert. In obigem Beispiel lässt sich aus dem ermittelten Proportionalbeiwert also ablesen, dass eine Änderung der Ankerspannung um u A = 1 V eine Änderung der stationären Drehzahl um n = 300 U/min zur Folge hat. Der Proportionalbeiwert wird daher manchmal auch als Verstärkungsfaktor der Strecke bezeichnet. Der Proportionalbeiwert K P gibt an, mit welcher stationären Ausgangsgrößenänderung x eine Regelstrecke auf eine bestimmte Eingangsgrößenänderung y reagiert. Bei einer linearen Regelstrecke ist der Proportionalbeiwert unabhängig vom Arbeitspunkt, in dem die Strecke betrieben wird. Folie 33
34 Die Regelstrecke Beschreibung des statischen Verhaltens (4/6) Eine nichtlineare Regelstrecke reagiert in unterschiedlichen Arbeitspunkten auch mehr oder weniger unterschiedlich auf Änderungen der Eingangsgröße. x Beispiel für eine nichtlineare Kennlinie: x Wir betrachten die Arbeitspunkte A 1 und A 2 : x = f( ) y x 2 x 2 y A 2 = K P2 2 x 1 A 1 x = K y 1 P1 1 y y1 y2 y Die Steigung der Kennlinie und damit der Proportionalbeiwert ist in beiden Arbeitspunkten unterschiedlich. Dabei gilt gemäß obiger Grafik: K P1 K P2 Folie 34
35 Die Regelstrecke Beschreibung des statischen Verhaltens (5/6) Im Arbeitspunkt A 2 reagiert die Regelstrecke also stärker auf eine Eingangsgrößenänderung y als im Arbeitspunkt A 1. Bei einer nichtlinearen Regelstrecke ist der Proportionalbeiwert abhängig vom Arbeitspunkt, in dem die Strecke betrieben wird. Werden nur kleine Abweichungen vom Arbeitspunkt betrachtet, kann die Strecke in diesem Bereich aber häufig in guter Näherung als linear betrachtet werden. Regelstrecken ohne Ausgleich besitzen keinen Beharrungszustand, daher auch keine statische Kennlinie und somit auch keinen Proportionalbeiwert! Besitzt die Regelstrecke neben der eigentlichen Eingangsgröße eine weitere zeitlich veränderliche Einflussgröße, so kann das statische Streckenverhalten durch ein Kennlinienfeld veranschaulicht werden, welches für unterschiedliche Werte dieser Einflussgröße jeweils eine separate Kennlinie enthält. Folie 35
36 Die Regelstrecke Beschreibung des statischen Verhaltens (6/6) Beispiel: Gleichstromgenerator mit konstanter Drehzahl, dessen Klemmenspannung U (Ausgangsgröße) nicht nur von der Erregerspannung U E (Eingangsgröße), sondern auch vom aktuellen Laststrom I A abhängig ist. Das Kennlinienfeld des Generators besteht dann aus mehreren Kennlinien U = f(u E ), die jeweils für einen bestimmten Wert des Laststroms I A Gültigkeit haben. Zugehöriges Kennlinienfeld: U V I I I A1 A2 A3 U E I A Generator U V UE Folie 36
37 Die Regelstrecke Beschreibung des dynamischen Verhaltens (1/4) Beschreibung des dynamischen Verhaltens von Regelstrecken Statisches Verhalten der Regelstrecke: Welcher stationäre Wert der Ausgangsgröße wird nach Aufschalten einer konstanten Eingangsgröße erreicht? Dynamisches Verhalten der Regelstrecke: Auf welche Weise wird dieser stationäre Wert erreicht? (Übergangsverhalten) Vorgehensweise in der Praxis: Beaufschlagung der Strecke am Eingang mit geeignetem Testsignal und Beobachtung der daraus resultierenden Reaktion der Ausgangsgröße Typische Testsignale: Sprungfunktionen, Rampenfunktionen, Sinusfunktionen Folie 37
38 Die Regelstrecke Beschreibung des dynamischen Verhaltens (2/4) In der Regelungstechnik wird meist eine Sprungfunktion benutzt. Die Antwort der Regelstrecke auf ein derartiges Testsignal wird dabei als Sprungantwort oder auch Übergangsfunktion bezeichnet. Beispiel für eine Sprungantwort: y y Regelstrecke t 0 t t 0 t Links: Verlauf der Eingangsgröße (Stellgröße) Sprungfunktion Rechts: Verlauf der Ausgangsgröße (Regelgröße) Sprungantwort Hier vorausgesetzt: x( t0) y( t0) 0 Bei linearen Regelstrecken reicht es aus, die Sprungantwort nur für eine Sprungamplitude zu untersuchen! (z. B. für y = 1 Einheitssprung ) Meist wird gewählt! t 0 0 x x Folie 38
39 Die Regelstrecke Beschreibung des dynamischen Verhaltens (3/4) In der Praxis erfolgt die Aufschaltung des Sprungs meist im Arbeitspunkt (Y 0, X 0 ): y x Y 1 X 1 y x Y 0 X 0 t 0 t 0 t t Das Verhältnis aus Eingangssprungamplitude y und Ausgangsgrößenänderung x ist durch den bereits beim statischen Systemverhalten erläuterten Proportionalbeiwert des Systems gegeben; es gilt also x K P. y Folie 39
40 Die Regelstrecke Beschreibung des dynamischen Verhaltens (4/4) Bei Regelstrecken ohne Ausgleich strebt die Ausgangsgröße keinem Endwert zu. Beispiel: y y Regelstrecke t t t t 0 0 x Folie 40
41 Die Regelstrecke Typen von Regelstrecken (1/2) Regelstrecken und andere technische Systeme reagieren meist mit einer gewissen Verzögerung auf Änderungen der Eingangsgröße Beispiele: Anlegen einer konstanten Spannung an einen stillstehenden Gleichstrommotor Motor erreicht stationäre Drehzahl erst nach Hochlaufphase! Aufdrehen des Heizkörperventils Raumtemperatur erhöht sich nur allmählich! Ursache für Verzögerung: Energiespeicher in der Regelstrecke Diese können nicht beliebig schnell aufgeladen bzw. entladen werden Eine Regelstrecke reagiert umso langsamer auf Änderungen der Eingangsgröße, je mehr Energiespeicher sie besitzt und je träger jeder einzelne Energiespeicher reagiert. Folie 41
42 Die Regelstrecke Typen von Regelstrecken (2/2) Beispiele für Energiespeicher: Kapazität, Induktivität (elektrische Systeme) Masse, Feder (mechanische Systeme) Tank (Strömungssysteme) Wärmekapazität (thermische Systeme) Einteilung von Regelstrecken: Lineare Regelstrecken mit Ausgleich ohne Ausgleich Die Anzahl der unabhängigen Energiespeicher einer Regelstrecke wird als Ordnung der Regelstrecke bezeichnet. Folie 42
43 Die Regelstrecke Proportional-Glied (1/4) Proportional-Glied Das Proportional-Glied (P-Glied) stellt das einfachste lineare Übertragungsglied dar. Ausgangsgröße x und Eingangsgröße y sind dabei verknüpft über die Gleichung y 1 x( t) K P y( t) Eingangsgröße wirkt beim P-Glied unmittelbar auf Ausgangsgröße P-Glied ist eine Regelstrecke ohne Verzögerung (Strecke nullter Ordnung)! (Einheits-)Sprungantwort und Blocksymbol des P-Gliedes: x K P y K P x t t Folie 43
44 Die Regelstrecke Proportional-Glied (2/4) Das Blocksymbol enthält zur schnellen Identifizierung des Gliedes innerhalb einer Regelkreisstruktur die angedeutete Sprungantwort Am Systemausgang erhält man also wiederum das Eingangssignal, allerdings um den Faktor K P verstärkt (für K P > 1) bzw. abgeschwächt (für K P < 1 wie in obiger Abbildung). Das P-Glied ist somit ein Übertragungsglied mit Ausgleich. P-Glied kann vollständig durch seine statische Kennlinie beschrieben werden: x ~ K P y Folie 44
45 Die Regelstrecke Proportional-Glied (3/4) Beispiel 1: Hebel l 1 l 2 y= s 1 x= s 2 Eingangsgröße: Auslenkung y (normiert auf den nicht ausgelenkten Hebel) Ausgangsgröße: resultierende Auslenkung x (ebenfalls normiert). Es gilt dann (Hebelgesetz): l x 2 y. l1 Der Proportionalbeiwert ergibt sich also zu l2 KP l1 und kann durch Verlagerung des Hebeldrehpunktes geändert werden. Folie 45
46 Die Regelstrecke Proportional-Glied (4/4) Beispiel 2: Zahnräder mit Zahnzahlen z 1, z 2 z 1 z 2 n 1 n 2 Eingangsgröße: Drehzahl n 1 Ausgangsgröße: Drehzahl n 2 Es gilt: n z 1 2 n1 z. 2 Der Proportionalbeiwert ergibt sich also zu z1 KP z 2 Folie 46
47 Die Regelstrecke P-T 1 -Glied (1/7) P-T 1 -Glied (Verzögerungsglied 1. Ordnung) Eine Regelstrecke mit Ausgleich und einem Energiespeicher wird als P-T 1 - Glied oder Verzögerungsglied 1. Ordnung bezeichnet. Beispiel: RC-Glied R u e C u a Eingangsgröße: Spannung u e Ausgangsgröße: Spannung u a Kondensator (Kapazität C) stellt in diesem Fall den Energiespeicher dar! Folie 47
48 Die Regelstrecke P-T 1 -Glied (2/7) Sprungantwort des Gliedes entspricht Ladekurve eines Kondensators: u u a e0 Folie t/s Der Kondensator lädt sich also nicht sprunghaft auf, sondern die Kondensatorspannung strebt verzögert gegen ihren Endwert. Dabei steigt die Spannung nach Aufschalten des Sprungs zunächst schnell an, mit zunehmender Zeit jedoch immer langsamer, da die Differenz zwischen Ein- und Ausgangsspannung als treibende Kraft des Ladevorgangs immer geringer wird.
49 Die Regelstrecke P-T 1 -Glied (3/7) Der Verlauf der Ausgangsgröße genügt der Gleichung u a ( t) u e0 (1 e t / RC Den stationären Endwert der Kondensatorspannung erhalten wir, indem wir in dieser Gleichung die Zeit t gegen unendlich laufen lassen. Der Exponentialterm strebt dann gegen 0 und wir erhalten u a t ) ue0 (1 0) ( u Die Kondensatorspannung entspricht also im stationären Zustand der Eingangsspannung, d. h. der Proportionalbeiwert des RC-Gliedes hat den Wert eins. ) (*) e0 Folie 49
50 Die Regelstrecke P-T 1 -Glied (4/7) Wie schnell der Kondensator aufgeladen wird, hängt einerseits vom ohmschen Widerstand R, andererseits von der Kapazität C des Kondensators ab. Je größer der ohmsche Widerstand ist, umso geringer ist der Ladestrom, d. h. umso langsamer wird der Kondensator geladen. Eine größere Kapazität des Kondensators führt ebenfalls zu einem langsameren Anstieg der Kondensatorspannung. Das Produkt R C ist daher wie auch obige Gleichung (*) erkennen lässt maßgeblich für die Geschwindigkeit, mit der der Ladevorgang abläuft und wird daher als Zeitkonstante T des RC-Gliedes bezeichnet. Je größer die Zeitkonstante ist, umso langsamer strebt der Exponentialterm in Gleichung (*) gegen Null, d. h. langsamer strebt die Sprungantwort des RC-Gliedes gegen ihren Endwert. Die Zeitkonstante T des Gliedes lässt sich in einfacher Weise grafisch aus der Sprungantwort ermitteln. Setzen wir nämlich in Gleichung (*) für die Zeit t gerade die Zeitkonstante T ein, so ergibt sich u 1 ( u e T / T a t T ) ue0 (1 e ) ue0 (1 ) 0, 63 e0 Folie 50
51 Die Regelstrecke P-T 1 -Glied (5/7) Dies bedeutet, dass nach Ablauf der Zeit T die Sprungantwort gerade 63% ihres Endwertes erreicht hat ( 63%-Methode ): x 100% 63% T Beispiel: Für eine Kapazität von C = 100 µf und einen ohmschen Widerstand von R = 50 k ergibt sich eine Zeitkonstante von T R C 50 k 100μF t 6 s 5s. Folie 51
52 Die Regelstrecke P-T 1 -Glied (6/7) Alternative Möglichkeit zur Ermittlung der Zeitkonstanten aus der Sprungantwort: Die Zeitkonstante entspricht wie hier ohne Beweis angegeben werden soll gerade der Steigung der Sprungantwort unmittelbar zu Beginn. Daher erhalten wir die Zeitkonstante durch Anlegen einer Tangente an die Sprungantwort im Zeitpunkt t = 0 und Herunterloten des Schnittpunktes mit der durch den stationären Endwert gelegten Parallelen auf die Zeitachse ( Tangenten- Methode ). x Tangente K P T t Folie 52
53 Die Regelstrecke P-T 1 -Glied (7/7) Das P-T 1 -Glied ist ein lineares Übertragungsglied mit Ausgleich, das einen Energiespeicher besitzt. Kenngrößen sind der Proportionalbeiwert K P und die Zeitkonstante T. Letztere gibt an, wie schnell das Glied auf Eingangsgrößenänderungen reagiert und kann grafisch anhand der Sprungantwort ermittelt werden. Sprungantwort und Blocksymbol des P-T 1 -Glieds: y 1 x K P y K P T x t t Folie 53
54 Die Regelstrecke P-T 2 -Glied (1/6) P-T 2 -Glied (Verzögerungsglied 2. Ordnung) Ein Verzögerungsglied mit zwei unabhängigen Energiespeichern wird als Verzögerungsglied 2. Ordnung oder P-T 2 -Glied bezeichnet. Es weist daher neben dem Proportionalbeiwert zwei Zeitkonstanten T 1 und T 2 auf. Sprungantwort und Blocksymbol des P-T 2 -Glieds: y 1 x K P y K T T P 1 2 x t t Folie 54
55 Die Regelstrecke P-T 2 -Glied (2/6) Wesentlicher Unterschied zur Sprungantwort des P-T 1 -Gliedes: Sprungantwort verläuft im ersten Moment waagrecht (d. h. Änderungsgeschwindigkeit der Ausgangsgröße ist zunächst null) Sprungantwort besitzt Wendepunkt, an dem die Änderungsgeschwindigkeit (d. h. die Steigung der Sprungantwort) ihren Maximalwert annimmt Folie 55
56 Die Regelstrecke P-T 2 -Glied (3/6) Problem: Zeitkonstanten T 1 und T 2 nicht ähnlich einfach wie beim P-T 1 -Glied grafisch aus der Sprungantwort ermittelbar! In der Praxis benutzt man daher anstelle der Original-Zeitkonstanten Ersatz- Kennwerte, die einfach aus der Sprungantwort bestimmt werden können: x Wendetangente K P Wendepunkt T u T g t Folie 56
57 Die Regelstrecke P-T 2 -Glied (4/6) Die Verzugszeit T u. Diese entspricht dem Schnittpunkt der Wendetangente an die Sprungantwort mit der Zeitachse. Die Verzugszeit ist ein Maß dafür, wie lange es dauert, bis die Ausgangsgröße merklich auf den Eingangssprung reagiert. Die Ausgleichszeit T g. Zu ihrer Bestimmung lotet man den Schnittpunkt der Wendetangente mit dem stationären Endwert auf die Zeitachse und subtrahiert davon die zuvor ermittelte Verzugszeit. Die Ausgleichszeit ist ein Maß dafür, wie lange es dauert, bis der Übergangsvorgang im Wesentlichen abgeschlossen ist. Das P-T 2 -Glied ist ein lineares Übertragungsglied mit Ausgleich, das zwei unabhängige Energiespeicher besitzt. Kenngrößen sind der Proportionalbeiwert K P und die Zeitkonstanten T 1 und T 2. Anstelle der Zeitkonstanten werden zur Charakterisierung des Gliedes häufig Verzugszeit T u und Ausgleichszeit T g benutzt, die sich mit Hilfe des Wendetangentenverfahrens grafisch aus der Sprungantwort ermitteln lassen. Folie 57
58 Die Regelstrecke P-T 2 -Glied (5/6) Beispiel: Sprungantwort eines P-T2-Gliedes mit einem Proportionalbeiwert von K P = 1 und den Zeitkonstanten T 1 = 3 s und T 2 = 5 s. x Wendetangente Wendepunkt Tg t/s T u Wir erhalten für Verzugs- und Ausgleichszeit die Werte T u 1s Tg 12s-1s 1s Folie 58
59 Die Regelstrecke P-T 2 -Glied (6/6) P-T 2 -Glieder entstehen häufig durch Reihenschaltung zweier Speicherglieder. Beispiel: Reihenschaltung zweier RC-Glieder (P-T 1 -Glieder) R R 1 2 u e C1 C2 u a Thermisches Beispiel für Reihenschaltung von Speichergliedern: Reihenschaltung mehrerer Wärmekapazitäten (Heizkessel, Rohrleitung, Heizkörper, Raum,...) Folie 59
60 Die Regelstrecke Schwingfähiges P-T 2 -Glied (P-T 2 S-Glied) (1/8) Schwingfähiges P-T 2 -Glied (P-T 2 S-Glied) P-T 2 -Glied als Reihenschaltung zweier P-T 1 -Glieder weist grundsätzlich einen aperiodischen (d. h. kriechenden) Verlauf der Sprungantwort auf P-T 2 -Glieder mit zwei verschiedenartigen Energiespeichern können ein schwingungsfähiges P-T 2 -Glied bilden (P-T 2 S-Glied) Beispiel: Elektrischer Reihenschwingkreis i R L y = u e C x=u a Energiespeicher: Kapazität C und Induktivität L Folie 60
61 Die Regelstrecke Schwingfähiges P-T 2 -Glied (P-T 2 S-Glied) (2/8) Das Schwingverhalten dieses Gliedes kommt durch den periodischen Energieaustausch zwischen den beiden unterschiedlichen Energiespeichern zustande: Magnetische Feldenergie (Induktivität) Elektrische Feldenergie (Kapazität) Legen wir an die Schaltung zum Zeitpunkt t = 0 eine konstante Eingangsspannung u e0, so ist der Kondensator zunächst noch völlig entladen, d. h. die Ausgangsspannung u a ist null. Der Kondensator beginnt sich anschließend allmählich aufzuladen und erreicht im stationären Zustand den Wert der angelegten Eingangsspannung. Durch den ständigen Energieaustausch zwischen Kondensator und Spule hat die Sprungantwort oszillierenden Verlauf: u a u e0 Folie 61 t
62 Die Regelstrecke Schwingfähiges P-T 2 -Glied (P-T 2 S-Glied) (3/8) Kenngrößen des schwingungsfähigen P-T 2 -Gliedes: Proportionalbeiwert K P Dämpfungsgrad D: Maß dafür, wie schnell die Amplitude der Schwingung abnimmt Kennkreisfrequenz 0 : Bestimmt Frequenz der Schwingung Wird die Dämpfung zu groß, tritt kein Schwingen mehr auf. Es gilt: 0 D < 1 D 1 Es liegt der Schwingfall vor. Die Sprungantwort des Systems verläuft also oszillatorisch, wobei die Schwingung umso schneller abklingt, je näher D bei 1 liegt. Im Grenzfall D = 0 verläuft die Schwingung ungedämpft. Es liegt aperiodisches Verhalten vor. Das P-T 2 -Glied kann in diesem Fall als Reihenschaltung zweier P-T 1 -Glieder aufgefasst werden. In diesem Fall kann das Glied statt über Kennkreisfrequenz und Dämpfung auch über die beiden Zeitkonstanten T 1 und T 2 charakterisiert werden. Für D = 1 liegt der aperiodische Grenzfall vor, beide Zeitkonstanten sind in diesem Fall identisch. Folie 62
63 Die Regelstrecke Schwingfähiges P-T 2 -Glied (P-T 2 S-Glied) (4/8) Sprungantwort und Blocksymbol des P-T 2 S-Glieds: y 1 x K P y K P D 0 x D 1 t t y 1 x K P y K P D 0 x D < 1 t t Folie 63
64 Die Regelstrecke Schwingfähiges P-T 2 -Glied (P-T 2 S-Glied) (5/8) Sprungantwort für unterschiedliche Werte von D ( 0 = 1/s konstant): 2.0 x D = 0 D = 0,1 1.4 x 1.2 Sprungantwort für unterschiedliche Werte von 0 (D = 0.4 konstant): 0 = 5 = 2 0 = 1 = 0, D = 0,4 D = 0, D = D = t/s t/s Das schwingungsfähige P-T 2 -Glied (P-T 2 S-Glied) besitzt zwei Energiespeicher unterschiedlichen Typs und die Kenngrößen Proportionalbeiwert K P, Dämpfungsgrad D und Kennkreisfrequenz 0. Der Schwingfall, d. h. ein periodischer Verlauf der Sprungantwort, tritt für 0 D < 1 auf. Folie 64
65 Die Regelstrecke Schwingfähiges P-T 2 -Glied (P-T 2 S-Glied) (6/8) Beispiel für mechanisches P-T 2 S-Glied: Feder-Masse-Dämpfer-System c r Anregung durch eingeprägte Kraft F (Eingangsgröße) Ausgangsgröße: Position x der Masse Energiespeicher: Feder (mechanische Energie), Masse (Bewegungsenergie) m x F. Für die Kenngrößen gilt hier der Zusammenhang K P 1 c 0 c m D 2 r mc Je nach Wahl von Masse, Feder- und Dämpfungskonstante weist das dargestellte System also periodisches oder auch aperiodisches Verhalten auf. Folie 65
66 Die Regelstrecke Schwingfähiges P-T 2 -Glied (P-T 2 S-Glied) (7/8) Grafische Ermittlung der Kenngrößen aus der Sprungantwort (Schwingfall): x 1 2 K P Ermittlung der ersten beiden Überschwinger 1 und 2 Ermittlung der Schwingungsdauer t Folie 66
67 Die Regelstrecke Schwingfähiges P-T 2 -Glied (P-T 2 S-Glied) (8/8) Aus diesen Größen lassen sich nun Dämpfung und Kennkreisfrequenz ermitteln. Es gilt für die Dämpfung D mit ln 1 2 Für die Kennkreisfrequenz gilt: D 2. Der Proportionalbeiwert ergibt sich wie bei den zuvor besprochenen Streckentypen aus dem stationären Endwert der Ausgangsgröße. Folie 67
68 Die Regelstrecke P-T n -Glied (Verzögerungsglied n-ter Ordnung) (1/4) P-T n -Glied (Verzögerungsglied n-ter Ordnung) Übertragungsglieder mit Ausgleich mit n unabhängigen Energiespeichern werden als P-T n -Glieder oder Verzögerungsglieder n-ter Ordnung bezeichnet. Sprungantwort und Blocksymbol: K T...T y 1 x K P y P 1 n x t Sprungantwort des P-T n -Gliedes verläuft wie beim aperiodischen P-T 2 -Glied zunächst waagrecht und strebt dann über einen Wendepunkt ihrem stationären Endwert zu. Je größer die Ordnung des Gliedes ist (d. h. je mehr Zeitkonstanten es besitzt) und je größer diese sind, umso länger dauert es, bis die Ausgangsgröße auf eine Eingangsgrößenänderung merklich reagiert. t Folie 68
69 Die Regelstrecke P-T n -Glied (Verzögerungsglied n-ter Ordnung) (2/4) Beispiel: Sprungantwort eines P-T n -Gliedes mit n identischen Zeitkonstanten von 1 s bei Variation der Ordnung: x n = n = 3 n = 4 n = n = t/s Sprungantwort verläuft mit zunehmender Ordnung immer flacher! Folie 69
70 Die Regelstrecke P-T n -Glied (Verzögerungsglied n-ter Ordnung) (3/4) Bestimmung der Zeitkonstanten des P-T n -Gliedes wie beim aperiodischen P- T 2 -Glied anhand der Sprungantwort in der Regel nicht bzw. nur in Sonderfällen möglich Verzugs- und Ausgleichszeit als Strecken-Kennwerte benutzen! Das P-T n -Glied ist ein lineares Übertragungsglied mit Ausgleich, das n unabhängige Energiespeicher besitzt. Kenngrößen sind der Proportionalbeiwert K P und die Zeitkonstanten T 1... T n. Anstelle der Zeitkonstanten werden zur Charakterisierung des Gliedes häufig Verzugszeit T u und Ausgleichszeit T g benutzt, die sich mit Hilfe des Wendetangentenverfahrens grafisch aus der Sprungantwort ermitteln lassen. Praktisches Beispiel für P-T n -Regelstrecke: Warmwasser-Zentralheizungsanlage eines Wohnhauses, bestehend aus den Komponenten Brenner, Kessel, Rohrleitung, Heizkörper und Wohnraum. Jede dieser Komponenten weist eine mehr oder weniger große Verzögerung (Zeitkonstante) aus, sodass sich für das Gesamtsystem Verzugs- und Ausgleichszeiten ergeben, die im zwei- bis dreistelligen Minutenbereich liegen. Folie 70
71 Die Regelstrecke P-T n -Glied (Verzögerungsglied n-ter Ordnung) (4/4) Je größer die Verzugszeit im Verhältnis zur Ausgleichszeit ist, umso träger reagiert eine P-T n -Regelstrecke auf Eingangsgrößenänderungen und umso schwerer ist sie erfahrungsgemäß zu regeln Verhältnis von Verzugszeit zur Ausgleichszeit ermöglicht Abschätzung der Regelbarkeit: T u / T g < 0, > 0.8 Regelbarkeit sehr gut regelbar gut regelbar mäßig regelbar schwer regelbar sehr schwer regelbar Folie 71
72 Die Regelstrecke Totzeitglied (P-T t -Glied) (1/3) Totzeitglied (P-T t -Glied) Das Totzeitglied (P-T t -Glied) ist ein für Transportvorgänge typisches Übertragungsglied Funktionsgleichung: x t) K y( t T ) Das Totzeitglied weist ebenso wie P-T 1 - und P-T 2 -Glied eine Verzögerung auf, diese ist jedoch ganz anderer Natur. Ausgangsgröße x und Eingangsgröße y sind vom Verlauf her nämlich (abgesehen vom Proportionalbeiwert) identisch, es ergibt sich lediglich eine zeitliche Verschiebung um die Totzeit T t, aber keine Verformung. Sprungantwort und Blocksymbol: y 1 ( P t x K P y K P T t x t T t t Folie 72
73 Die Regelstrecke Totzeitglied (P-T t -Glied) (2/3) Praktisches Beispiel: Förderband mit Eingangsgröße x E (Schieberstellung) und Ausgangsgröße x A (Schütthöhe am Bandende). l x E v = const. x A Folie 73 Durch Öffnen bzw. Schließen des Schiebers lässt sich die Schütthöhe x E am Anfang des Laufbandes regulieren. Totzeit T t ergibt sich aus Bandlänge l und Bandgeschwindigkeit v gemäß T t l v
74 Die Regelstrecke Totzeitglied (P-T t -Glied) (3/3) Anderes typisches Beispiel für das Auftreten von Totzeiten: Rohrleitungssysteme Beispiel: Mischwasseranlage zur PH-Wertregelung Das Totzeitglied (P-T t -Glied) ist ein lineares Übertragungsglied mit Ausgleich, das durch die Kenngrößen Proportionalbeiwert K P und Totzeit T t charakterisiert wird und eine zeitliche Verschiebung des Eingangssignals ohne Verformung bewirkt. Folie 74
75 Die Regelstrecke Integrier-Glied (I-Glied) (1/3) Integrier-Glied (I-Glied) Integrier-Glied (I-Glied) ist das einfachste Übertragungsglied ohne Ausgleich nach Anlegen einer konstanten Eingangsgröße strebt die Ausgangsgröße keinem stationären Endwert zu Beispiel: Zylindrischer Tank mit Grundfläche A y = q Eingangsgröße: Zulauf-Volumenstrom q Ausgangsgröße: Füllhöhe h des Tanks h max x = h Folie 75
76 Die Regelstrecke Integrier-Glied (I-Glied) (2/3) Bei zeitlich konstanten Zufluss y 0 = q 0 füllt sich der Tank mit konstanter Geschwindigkeit, d. h. die Füllhöhe steigt linear an, bis die maximale Füllhöhe erreicht ist. Bei zeitlich konstanten "negativen" Zufluss (also Abfluss) hingegen fällt die Füllhöhe linear ab, bis der Tank vollständig geleert ist. Zum Zeitpunkt t = 0 sei der Tank leer (h = 0). Dann gilt bei zeitlich konstanten Zufluss y 0 für den Verlauf der Füllhöhe h die Beziehung h( t) 1 q0 A Sprungantwort und Blocksymbol des I-Gliedes: t y 1 x K I y K I x t 1 t Folie 76
77 Die Regelstrecke Integrier-Glied (I-Glied) (3/3) Nach Aufschalten des Sprungs ergibt sich am Ausgang unmittelbar (d. h. ohne weitere Verzögerung) eine linear ansteigende Ausgangsgröße I-Glied ist ein Übertragungsglied ohne Ausgleich und ohne Verzögerung! Anstieg der Füllhöhe bei Beispielsystem Wassertank verläuft bei konstantem Wert von q 0 umso schneller, je geringer die Grundfläche A des Tanks ist. Der Integrierbeiwert ergibt sich daher gemäß obiger Gleichung zu 1 K I. A Allgemeine mathematische Beschreibung des I-Gliedes: x( t) K I y( t) dt Das Integrier-Glied (I-Glied) ist ein lineares Übertragungsglied erster Ordnung ohne Ausgleich, das durch die Kenngröße Integrierbeiwert K I bzw. Integrationszeit T I charakterisiert ist. Folie 77
78 Die Regelstrecke I-T 1 -Glied (1/2) I-T 1 -Glied Schaltet man einem P-T 1 -Glied ein I-Glied nach, so entsteht ein System 2. Ordnung ohne Ausgleich mit Verzögerung, ein so genanntes I-T 1 -Glied. Sprungantwort und Blocksymbol: y 1 x y K I T x t t Für große Zeiten steigt die Ausgangsgröße linear mit der Steigung K I an. Folie 78
79 Die Regelstrecke I-T 1 -Glied (2/2) Beispiel: Gleichstrommotor (P-T 1 -Glied) als Spindelantrieb zur Positionierung des Schlittens einer Werkzeugmaschine: Werkstück y = u A M Schlitten Spindel Eingangsgröße: Ankerspannung u A Ausgangsgröße: Schlittenposition x Bei Anlegen einer konstanten Ankerspannung läuft der Motor nach Beendigung des Übergangsvorgangs mit konstanter Drehzahl und bewegt den Schlitten mit gleich bleibender Geschwindigkeit nach vorn. Die Schlittenposition x steigt somit mit der Zeit linear an, bis der Schlitten irgendwann seinen Anschlag (Spindelende) erreicht. Anderes Beispiel: Fahrstuhl (s. früher!) x Folie 79
80 Die Regelstrecke Übertragungsglieder ohne Ausgleich höherer Ordnung Durch die Eigenschaft, keinen Beharrungszustand zu besitzen, verhalten sich Regelstrecken ohne Ausgleich bezüglich ihrer Regelbarkeit zumeist ungünstiger als solche mit Ausgleich. So wie aus dem P-T 1 -Glied durch Hinzufügung eines I-Gliedes ein Übertragungsglied ohne Ausgleich entsteht nämlich das zuvor besprochene I-T 1 -Glied lassen sich auch aus den Übertragungsgliedern höherer Ordnung mit Ausgleich durch Hinzufügung eines I-Gliedes jeweils die entsprechenden Glieder ohne Ausgleich erzeugen. Analoges gilt auch für totzeitbehaftete Glieder mit Ausgleich. Beispiele: x I-T 2 x I-T S 2 t t x I-T t Alle Sprungantworten steigen für große Zeiten linear mit dem Integrierbeiwert K I an! Folie 80 t
81 Die Regelstrecke Kenngrößen von Übertragungsgliedern ohne Ausgleich Da sich wie auch bei den Gliedern mit Ausgleich die Zeitkonstanten der Glieder höherer Ordnung ohne Ausgleich nicht unmittelbar aus den Sprungantworten entnehmen lassen, arbeitet man in der Praxis in der Regel mit einer Ersatz-Kenngröße, nämlich der Verzugszeit T u. Diese entspricht dem Schnittpunkt der Tangente an die Sprungantwort für große Zeiten mit der Zeitachse: Übertragungsglieder ohne Ausgleich können charakterisiert werden durch den Integrierbeiwert K I und die Verzugszeit T u. Beide Kenngrößen können grafisch in einfacher Weise aus der Sprungantwort ermittelt werden. Folie 81
82 Die Regelstrecke Beispiel Ofen (1/4) Beispiel Ofen u M u E M Ventilöffnung x Brennstoff Ofen Temperatur ist R 3 ( ist ) u D R 1 ( soll ) u 0 R 4 R 2 Komponenten: Ofen Elektrisch betätigtes Stellventil Antriebsmotor (DC-Motor) für Stellventil mit Getriebe Messbrücke mit temperaturabhängigem Widerstand Eingangsgröße: Motorspannung u M Ausgangsgröße: Differenzspannung u D der Messbrücke Folie 82
83 Die Regelstrecke Beispiel Ofen (2/4) Stellglied (Motor + Stellventil): Ofen: Eingangsgröße: Motorspannung u M Ausgangsgröße: Ventilöffnung x Reihenschaltung aus P-T 1 -Glied (Motor) und Integrierer (Ventilantrieb) I-T 1 -Glied (vgl. Spindelantrieb!) Eingangsgröße: Ventilöffnung x Ausgangsgröße: Temperatur Ist P-T 1 -Glied Messbrücke: Eingangsgröße: Temperatur Ist Ausgangsgröße: Differenzspannung u D P-Glied Folie 83
84 Die Regelstrecke Beispiel Ofen (3/4) Blockschaltbild des Gesamtsystems: IT 1 PT 1 P IT 2 u M x ist u D Stellglied Ofen Messbrücke Gesamtsystem hat I-T 2 -Verhalten! Folie 84
85 Die Regelstrecke Beispiel Ofen (4/4) Sprungantwort des Ofens: Es ergeben sich die Kennwerte K I 1 1s, Tu 2s. Folie 85
86 Regelungen mit PID-Reglern Folie 86
87 Regelungen mit PID-Reglern Typen von Reglern (1/2) Stimmen Soll- und Istwert (d. h. Führungs- und Regelgröße) in einem Regelkreis nicht überein, so tritt eine Regeldifferenz auf. Der Regler hat nun die Aufgabe, diese Regeldifferenz in möglichst intelligenter Weise in eine Stellgröße umzusetzen, die dafür sorgt, dass die Regeldifferenz verschwindet oder zumindest doch verringert wird. Folie 87
88 Regelungen mit PID-Reglern Typen von Reglern (2/2) Zur Lösung dieser Aufgabe steht eine Vielzahl unterschiedlicher Reglertypen zur Verfügung, die sich grob in drei Typklassen unterteilen lassen: Stetige Regler: Können innerhalb ihres Stellbereichs jeden beliebigen Stellgrößenwert liefern; bei einer stetigen Änderung der Regeldifferenz ändert sich daher i. Allg. auch die Stellgröße stetig. Der in der Praxis am weitesten verbreitete Reglertyp dieser Klasse ist der PID-Regler mit seinen Untertypen. Seine Besprechung bildet den Schwerpunkt dieses Kapitels. Unstetige Regler: Können nur zwischen einigen wenigen (meist zwei oder drei) unterschiedlichen Stellgrößenwerten umschalten und werden daher auch als schaltende Regler bezeichnet. Die wichtigsten Vertreter dieser Typklasse sind Zwei- und Dreipunkt-Regler (s. später) Quasistetige Regler: Sind ebenfalls unstetige Regler, die jedoch durch spezielle äußere Beschaltung (z. B. Rückführung) ein Verhalten haben, das dem stetiger Regler ähnlich ist (werden nicht behandelt) Folie 88
89 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (1/12) Der Proportional-Regler (P-Regler) Proportional-Regler (kurz P-Regler) stellt einfachsten stetigen Reglertyp dar. Zusammenhang zwischen Regeldifferenz e(t) (Eingangsgröße des Reglers) und Stellgröße y(t) (Ausgangsgröße des Reglers): y( t) K P e( t) P-Regler erzeugt eine der aktuellen Regeldifferenz proportionale Stellgröße! K P : Proportionalbeiwert des Reglers ( Reglerverstärkung ) Um ihn vom Proportionalbeiwert der Regelstrecke zu unterscheiden, bezeichnet man den Parameter häufig auch als K PR oder auch einfach nur als K R. Der Proportionalbeiwert gibt also an, wie stark der Regler auf eine bestimmte Regeldifferenz reagiert. Folie 89
90 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (2/12) Der P-Regler erzeugt eine der Regeldifferenz proportionale Stellgröße. Sein einziger Kennwert (Reglerparameter) ist der Proportionalbeiwert K P(R) des Reglers. Sprungantwort und Blocksymbole des P-Reglers: e y e K PR y w x K PR y 1 K PR t t Der P-Regler wird häufig in einfachen Regelungen mit nur geringen Anforderungen eingesetzt. Sein wesentlicher Nachteil liegt darin, dass er an den meisten Regelstrecken zu einer bleibenden Regeldifferenz führt, d. h. der Istwert den Sollwert nicht exakt erreicht. Folie 90
91 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (3/12) Beispiel 1: P-Regelung einer P-T 1 -Strecke mit den Parametern K 1, T 1s PS Aufschalten eines Führungsgrößensprungs auf w = 1 für verschiedene Werte des Reglerparameters K PR : Folie 91
92 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (4/12) Erkenntnisse: Stationärer Endwert der Regelgröße entspricht generell nicht dem Sollwert von w = 1 Es liegt bleibende Regeldifferenz e b = e(t ) vor (Regelkreis besitzt keine stationäre Genauigkeit ) Bleibende Regeldifferenz ist umso geringer, je größer der Proportionalbeiwert K PR des Reglers gewählt wird Geschlossener Regelkreis reagiert umso schneller auf den Führungssprung, je größer K PR ist. In der Praxis lässt sich K PR allerdings nicht beliebig vergrößern: Die Stellgröße eines realen Reglers kann aus technischen Gründen nicht beliebige Werte annehmen; vielmehr gibt es in der Regel eine Unter- und Obergrenze. Der Bereich zwischen diesen Grenzen wird als Stellbereich Y h bezeichnet. Die Stellgröße verhält sich daher nur in einem bestimmten Bereich der Eingangsgröße - dem so genannten Proportionalbereich X P - proportional zur Eingangsgröße. Folie 92
93 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (5/12) Kennlinie eines realen P-Reglers: y Y h e Steigung der Kennlinie entspricht Proportionalbeiwert K PR des Reglers X P Der untere bzw. obere Grenzwert der Stellgröße wird umso schneller erreicht, je größer der K PR -Wert des Reglers ist; der Proportionalbereich des Reglers wird dementsprechend kleiner. Folie 93
94 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (6/12) Kennlinie für drei verschiedene K PR -Werte: y K PR1 > K > PR2 K PR3 Y h e X P1 X P2 X > X > P3 P2 XP1 X P3 Der größte K PR -Wert führt zur steilsten Kennlinie und damit zum kleinsten Proportionalbereich. Macht man den K PR -Wert unendlich groß (was natürlich nur theoretisch möglich ist), so wird die Kennliniensteigung im Ursprung unendlich steil und entspricht damit derjenigen des später noch ausführlich behandelten Zweipunkt-Reglers Folie 94
95 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (7/12) Beispiel 2: P-Regelung einer P-T 3 -Strecke Führungssprungantwort für verschiedene Werte von K PR : 2.0 x 1.5 K PR = 15 K PR = K PR = 5 K PR = K PR = 0.5 Folie t/s 25
96 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (8/12) Erkenntnisse: Wie an P-T 1 -Strecke auch hier bleibende Regeldifferenz Bei größeren Werten von K PR oszillierender Verlauf der Regelgröße Wird K PR zu groß gewählt, wird der Regelkreis sogar instabil Ein P-Regler führt an Verzögerungsstrecken höherer Ordnung zu einer bleibenden Regeldifferenz. Diese kann zwar durch Vergrößerung des Proportionalbeiwertes K PR des Reglers verringert werden, allerdings auf Kosten einer verstärkten Schwingneigung des Regelkreises. Folie 96
97 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (9/12) Beispiel 3: P-Regelung einer I-Strecke (Füllstandsregelung) Technologieschema: Blockschaltbild: Folie 97
98 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (10/12) Führungssprungantwort für unterschiedliche Werte von K PR : 1.0 x 0.8 K PR = 10 K PR = 5 K PR = 2 K PR = Erkenntnisse: t/s Geschlossener Regelkreis scheint P-T 1 -Verhalten zu besitzen Regelkreis besitzt unabhängig vom Wert von K PR stationäre Genauigkeit Folie 98
99 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (11/12) Dieser Zusammenhang gilt bezüglich des Führungsverhaltens (sprungförmige Änderung der Führungsgröße) grundsätzlich beim Einsatz eines P-Reglers an einer Strecke ohne Ausgleich. An Regelstrecken ohne Ausgleich führt ein P-Regler bezüglich des Führungsverhaltens (d. h. im störungsfreien Fall) zu keiner bleibenden Regeldifferenz. Folie 99
100 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Regler (P-Regler) (12/12) Qualitative Begründung für verschwindende Regeldifferenz: Bei einem P-Regler ist die erzeugte Stellgröße y der Regeldifferenz e proportional. Um eine Stellgröße zu erzeugen, benötigt der P-Regler also eine Regeldifferenz an seinem Eingang ist diese Null, wird auch die Stellgröße zu Null. Eine Regelstrecke mit Ausgleich benötigt aber zur Erzeugung einer Regelgröße größer Null an ihrem Eingang eine Stellgröße größer Null, sodass sich zwangsläufig eine bleibende Regeldifferenz ergeben muss. Eine Regelstrecke ohne Ausgleich hingegen weist integrierendes Verhalten auf, d. h. sie behält bei einer Stellgröße von Null ihren aktuellen Ausgangswert bei. Im stationären Zustand hat die Stellgröße bei einer Strecke ohne Ausgleich daher immer den Wert Null (ansonsten würde sich die Regelgröße ändern und es läge kein stationärer Zustand vor) und damit auch die Regeldifferenz. Folie 100
101 Regelungen mit PID-Reglern Der Integral-Regler (I-Regler) (1/4) Der Integral-Regler (I-Regler) P-Regler führt an Regelstrecke mit Ausgleich zu einer bleibenden Regeldifferenz, da er aufgrund seines Proportionalverhaltens für die Erzeugung einer Stellgröße das Vorhandensein einer (wenn auch geringen) Regeldifferenz zwingend voraussetzt. Um die bleibende Regeldifferenz zum Verschwinden zu bringen, ist ein Regler erforderlich, der bei einer gleich bleibenden Regeldifferenz mit einer immer stärkeren Stellgröße reagiert und auch dann noch eine Stellgröße liefert, wenn die Regeldifferenz zu Null geworden ist. Diese Aufgabe erfüllt der Integral-Regler oder kurz I-Regler. Mathematische Beschreibung: y( t) K I e( t) dt Sprungantwort und Blocksymbole: e 1 y K I e K I ( T I) K I T y w x ( ) I y t 1 t K I(R) : Integrierbeiwert alternativ: T I(R) : Integrationszeit Folie 101
102 Regelungen mit PID-Reglern Der Integral-Regler (I-Regler) (2/4) Ableiten obiger Gleichung nach der Zeit liefert y ( t) K I e( t). Beim I-Regler ist also die Änderung y (t) der Stellgröße die Stellgeschwindigkeit proportional zur aktuellen Regeldifferenz. Verschwindet die Regeldifferenz, so wird die Stellgeschwindigkeit zu Null, d. h. die Stellgröße selbst behält ihren aktuellen Wert bei. Der I-Regler erzeugt eine der Regeldifferenz proportionale Stellgeschwindigkeit, bei Anliegen einer konstanten Regeldifferenz also eine linear ansteigende Stellgröße. Sein einziger Kennwert (Reglerparameter) ist der Integrierbeiwert K I(R) des Reglers. Folie 102
103 Regelungen mit PID-Reglern Der Integral-Regler (I-Regler) (3/4) Beispiel: I-Regelung einer P-T 1 -Strecke Regelgröße: Stellgröße: Folie 103
104 Regelungen mit PID-Reglern Der Integral-Regler (I-Regler) (4/4) Ergebnisse: Der Regelkreis weist unabhängig von K IR stationäre Genauigkeit auf. Dies liegt im integrierenden Verhalten des I-Reglers begründet, der im Gegensatz zum P-Regler zur Erzeugung einer Stellgröße keine Regeldifferenz benötigt, sondern bei einer Regeldifferenz von Null den aktuellen Stellgrößenwert beibehält. Die Stellgröße strebt daher für große Zeiten einem von K IR unabhängigen Wert ungleich Null zu. Je größer K IR gewählt wird, umso größer ist die jeweils erzeugte Stellgröße, d. h. umso schneller arbeitet die Regelung; sie ist aber in jedem Fall wesentlich langsamer als beim an früherer Stelle betrachteten Regelkreis mit P-Regler. Außerdem erhöht sich mit zunehmendem Wert von K IR die Schwingneigung des Regelkreises. I-Regler findet in der Praxis nur selten Anwendung! Folie 104
105 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Integral-Regler (PI-Regler) (1/6) Der Proportional-Integral-Regler (PI-Regler) Der Proportional-Integral-Regler (PI-Regler) kombiniert die Vorteile des P-Reglers (schnelle Reaktion) und des I-Reglers (stationäre Genauigkeit) Struktur des Reglers: e K P y P + + y y I T 1 N Für die Stellgröße gilt: y( t) y K Parameter des Reglers: K P(R) : Proportionalbeiwert T N : Nachstellzeit P P y I K e( t) T P N e( t)dt K P 1 e(t) T N e( t)dt Folie 105
106 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Integral-Regler (PI-Regler) (2/6) Während der P-Anteil also die aktuelle Regeldifferenz in eine proportionale Stellgröße umsetzt, bewertet der I-Anteil zeitlich zurückliegende Werte der Regeldifferenz. Durch Aufintegration dieser Werte erzeugt er auch bei nur sehr geringen Regeldifferenzen eine zunehmende Stellgröße und bekämpft damit die bleibende Regeldifferenz. Der PI-Regler besitzt zwei Kennwerte: den Proportionalbeiwert K P(R) sowie die Nachstellzeit T N. Der P-Anteil des PI-Reglers bewertet die Regeldifferenz "in der Gegenwart", der I-Anteil den Verlauf der Regeldifferenz "in der Vergangenheit". Sprungantwort und Blocksymbole: e y e K PR T N K PR T N y w x y 1 t t Folie 106
107 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Integral-Regler (PI-Regler) (3/6) Die Sprungantwort lässt deutlich die Addition von P-Anteil (Sprung) und I- Anteil (zeitlinearer Anstieg) erkennen! Nachstellzeit T N des PI-Reglers ist diejenige Zeitspanne, die der I-Anteil benötigt, um die gleiche Änderung (d. h. den gleichen Stellgrößenanteil) hervorzurufen wie der P-Anteil direkt nach Aufschalten des Sprungs. Grafische Ermittlung aus der Sprungantwort des Reglers: y K PR K PR T N T N t Folie 107
108 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Integral-Regler (PI-Regler) (4/6) Bei konstantem Proportionalbeiwert steigt die Stellgröße also umso schneller an, je kleiner die Nachstellzeit ist. Dieser Zusammenhang lässt sich auch aus der Funktionsgleichung unmittelbar ablesen, da die Nachstellzeit dort im Nenner des I-Anteils auftritt. Der Anfangswert der Sprungantwort d. h. der Stellgrößenwert zum Zeitpunkt t = 0 ist hingegen nur vom Proportionalbeiwert des Reglers abhängig, da der I-Anteil zu diesem Zeitpunkt noch keinen Beitrag liefert. Beispiel: PI-Regelung einer P-T 1 -Strecke Da der PI-Regler zwei freie Parameter (nämlich Proportionalbeiwert und Nachstellzeit) besitzt, wollen wir den Einfluss beider getrennt voneinander untersuchen. Folie 108
109 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Integral-Regler (PI-Regler) (5/6) Führungssprungantwort in Abhängigkeit von K PR für T N = 0.5 s: Führungssprungantwort in Abhängigkeit von T N für K PR = 0.5: x x w 1.0 w t/s t/s Folie 109
110 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Integral-Regler (PI-Regler) (6/6) Erkenntnisse: Eine kleinere Nachstellzeit führt (da T N in Reglergleichung im Nenner steht) zu einer größeren Stellgröße und damit zu einem schnelleren Anstieg der Regelgröße; wird die Nachstellzeit aber sehr klein, erhöht sich die Schwingneigung des Regelkreises. Ein größerer Proportionalbeiwert führt ebenfalls zu einem schnelleren Anstieg der Regelgröße; allerdings kann er wie wir bereits beim P-Regler gesehen hatten - bei Strecken höherer Ordnung zu mehr oder weniger starkem Überschwingen oder sogar Instabilität führen. Unabhängig von der Wahl der Reglerparameter weist der Regelkreis immer stationäre Genauigkeit auf, d. h. die Regelgröße strebt für große Zeiten gegen die Führungsgröße (Sollwert). Der PI-Regler führt an Regelstrecken mit Ausgleich zu einem Verschwinden der bleibenden Regeldifferenz. Zu große Werte des Proportionalbeiwertes sowie zu kleine Werte der Nachstellzeit können aber zu einer erhöhten Schwingneigung des geschlossenen Regelkreises bis hin zur Instabilität führen. Folie 110
111 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Integral-Differential-Regler (PID-Regler) (1/5) Der Proportional-Integral-Differential-Regler (PID-Regler) Tritt in einem von Hand geregelten Regelkreis plötzlich eine größere Störung auf, sodass sich die Regelgröße und damit auch die Regeldifferenz schnell ändert, so wird ein erfahrener Bediener versuchen, die Auswirkung der Störung dadurch zu kompensieren, dass er zunächst das Stellglied besonders kräftig verstellt, diese starke Verstellung dann aber relativ schnell wieder zurücknimmt. Diese Vorgehensweise kann man in einem Regler dadurch nachbilden, dass man einen Stellgrößenanteil hinzunimmt, der die Änderungsgeschwindigkeit der Regeldifferenz (d. h. ihre zeitliche Ableitung) bewertet. Fügt man einen solchen differenzierenden Anteil einem PI-Regler hinzu, so entsteht dadurch ein Proportional-Integral-Differential-Regler (PID-Regler). Folie 111
112 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Integral-Differential-Regler (PID-Regler) (2/5) Struktur des Reglers: e K P T 1 N y P + y I + + y T V d dt y D Mathematische Beschreibung: y( t) y K P P y I y D K e( t) T P N e( t)dt K P T V de( t) dt K P 1 e(t) T N e( t)dt T V de( t) dt Parameter: K P(R) : Proportionalbeiwert T N : Nachstellzeit T V : Vorhaltezeit Folie 112
113 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Integral-Differential-Regler (PID-Regler) (3/5) Sprungantwort und Blocksymbole: e y e K PR T N T V y w x K PR T N T V y 1 t t Die vom PID-Regler im Moment des Aufschaltens des Sprungs generierte Stellgröße ist wegen der Differentiation (unendlich steile Flanke der Sprungfunktion) theoretisch unendlich groß! Während der P-Anteil also die aktuelle Regeldifferenz und der I-Anteil zeitlich zurückliegende Werte bewertet, versucht der D-Anteil bereits Änderungstendenzen der Regeldifferenz zu erkennen und durch einen entsprechenden Stellgrößenanteil zu bekämpfen; er schaut also gewissermaßen in die Zukunft. Folie 113
114 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Integral-Differential-Regler (PID-Regler) (4/5) Der PID-Regler besitzt drei Kennwerte: den Proportionalbeiwert K P(R), die Nachstellzeit T N sowie die Vorhaltezeit T V. Der P-Anteil des PID-Reglers bewertet die Regeldifferenz "in der Gegenwart", der I-Anteil den Verlauf der Regeldifferenz "in der Vergangenheit" und der D-Anteil den Verlauf in der Zukunft. Der PID-Regler ermöglicht bei "vernünftiger" Einstellung der Reglerparameter die Regelung nahezu aller Typen von Regelstrecken. Da wir auf den Entwurf dieses Reglertyps in Kapitel 4 noch detailliert eingehen werden, soll an dieser Stelle zunächst auf ein Beispiel verzichtet werden. Bei der Regelung von Strecken ohne Ausgleich kann auf den I-Anteil im Regler häufig verzichtet werden Es ergibt sich dann ein PD-Regler e K P y P + y T V d dt + y D Folie 114
115 Regelungen mit PID-Reglern Der Proportional-Integral-Differential-Regler (PID-Regler) (5/5) Elektronische Realisierung eines PID-Reglers: Der obere Schaltungsteil stellt hierbei den D-Anteil (Einstellung über Potentiometer R D ), der mittlere Schaltungsteil den P-Anteil und der untere Schaltungsteil den I-Anteil (Einstellung über Potentiometer R I ) dar. Der Proportionalbeiwert des Reglers kann über das Potentiometer R P festgelegt werden. Da die Operationsverstärker OV1-OV3 jeweils invertierend arbeiten, sorgt der nachgeschaltete Operationsverstärker OV4 für eine positive Gesamtverstärkung der Schaltung. Über den Tastschalter S im I-Anteil des Reglers kann der Kondensator C I entladen und der I-Anteil damit zurückgesetzt werden. Folie 115
116 Entwurf von PID-Reglern Folie 116
117 Entwurf von PID-Reglern Anforderungen an den Regelkreis (1/4) Im vorangegangen Kapitel wurde das Zusammenspiel unterschiedlicher Strecken- und Reglertypen bereits an einer Reihe von Kombinationen exemplarisch dargestellt, ohne dass jedoch detailliert auf die Wahl geeigneter Reglertypen und vor allem Reglerparameter eingegangen wurde. Dies soll im Rahmen dieses Kapitels nunmehr nachgeholt werden. Dabei soll eine Reihe unterschiedlicher Entwurfsverfahren für PID-Regler vorgestellt und anhand von Beispielen erprobt werden. Anforderungen an den Regelkreis Gutes Führungsverhalten: Regelgröße soll Änderungen der Führungsgröße (d. h. des Sollwerts) "möglichst gut" folgen (Folgeverhalten) Gutes Störverhalten: Regelkreis soll auftretende Störungen "möglichst gut" unterdrücken (Störgrößenkompensation). Störungen können dabei an unterschiedlichen Angriffsorten auftreten. Folie 117
118 Entwurf von PID-Reglern Anforderungen an den Regelkreis (2/4) Beispiele für unterschiedliche Angriffsorte von Störungen: Führungsverhalten ist von Bedeutung für instationäre Prozessfahrweisen (An- und Abfahren, Umsteuern), bei denen der Übergang der Regelgröße von einem Arbeitspunkt in einen anderen Arbeitspunkt betrachtet wird. Störverhalten hingegen interessiert insbesondere im stationären Zustand des Prozesses, d. h. bei konstanter Führungsgröße. Folie 118
119 Entwurf von PID-Reglern Anforderungen an den Regelkreis (3/4) An eine "gute" Regelung werden generell folgende Anforderungen gestellt: Stabilität: Eine Regelung arbeitet dann stabil, wenn sie auf beliebige begrenzte Eingangsgrößen (d. h. Führungs- oder Störgrößen) mit einer begrenzten Ausgangsgröße reagiert, d. h. der Regelkreis nicht in Dauerschwingung gerät oder es zu aufklingenden Schwingungen kommt (Bounded-Input Bounded-Output- Stabilität). Genauigkeit: Eine Regelung arbeitet genau, wenn die Regelgröße (Istwert) im stationären Zustand (Beharrungszustand) die Führungsgröße (Sollwert) erreicht, also keine bleibende Regeldifferenz auftritt. Schnelligkeit: Eine Regelung arbeitet dann schnell, wenn sie nach Auftreten einer Störung oder Führungsgrößenänderung zügig reagiert und der neue stationäre Zustand in kurzer Zeit eingenommen wird. Folie 119
120 Entwurf von PID-Reglern Anforderungen an den Regelkreis (4/4) Dämpfung: Eine Regelung arbeitet dann gedämpft, wenn die Regelgröße nach einer Störung oder Führungsgrößenänderung den neuen stationären Endwert ohne allzu großes Überschwingen annimmt. Robustheit: Eine Regelung wird dann als robust bezeichnet, wenn sie auch weit außerhalb ihres normalen Arbeitspunktes oder bei Änderungen von Parametern der Regelstrecke (z. B. aufgrund von Verschleißerscheinungen) ohne allzu großen Qualitätsverlust arbeitet. In der Regel lassen sich auch bei geeigneter Wahl der Reglerparameter nicht alle Gütekriterien gleichzeitig optimieren, sondern eine Verbesserung eines Kriteriums (z. B. eine Erhöhung der Schnelligkeit) führt häufig zu einer Verschlechterung eines anderen (z. B. Vergrößerung der Überschwingweite). Die Einstellung der Reglerparameter stellt daher immer eine Kompromissbildung dar. Auch Führungs- und Störverhalten selbst lassen sich meist nicht gleichzeitig optimieren, sodass hier ebenfalls Prioritäten gesetzt werden müssen. Folie 120
121 Entwurf von PID-Reglern Gütekriterien für das Führungsverhalten (1/2) Typische Führungssprungantwort eines geschlossenen Regelkreises mit den gebräuchlichsten Gütekriterien: x w w x x m e b T an T ein T an T ein Folie t Anschwingzeit T an : Zeitdauer bis zum erstmaligen Eintreten der Regelgröße in eine bestimmte Einschwingtoleranz. Die Einschwingtoleranz wird manchmal auch als "Fehlerschlauch" bezeichnet; sie wird häufig auf den Sollwert bezogen (z. B. +/-10% um den Sollwert). Dieser Kennwert ist ein Maß für die Schnelligkeit des Einschwingvorgangs. Die Einschwingzeit T ein (häufig auch als Ausregelzeit bezeichnet) ist die Zeitdauer, bis die Regelgröße letztmalig in die Einschwingtoleranz eingetreten ist, diesen Bereich also nicht mehr verlässt. Dieser Kennwert ist ebenfalls ein Maß für die Schnelligkeit des Einschwingvorgangs.
122 Entwurf von PID-Reglern Gütekriterien für das Führungsverhalten (2/2) x w w x x m e b T an T ein 0 0 t x m e b Die Überschwingweite x m gibt den größten Wert an, um den die Regelgröße über den Sollwert w hinaus überschwingt. Sie wird meist bezogen auf den Sollwert angegeben. Beispiel: Bei einem Sollwert von 10 bedeutet eine Überschwingweite von 20%, dass der Maximalwert der Regelgröße bei 12 liegt. Dieser Kennwert ist ein Maß für die Dämpfung des Einschwingvorgangs. Die bleibende Regeldifferenz e b ist die Abweichung zwischen Führungs- und Regelgröße nach Abklingen des Einschwingvorgangs. Dieser Kennwert ist somit ein Maß für die stationäre Genauigkeit des Regelkreises. Folie 122
123 Entwurf von PID-Reglern Gütekriterien für das Störverhalten Typische Störsprungantwort eines geschlossenen Regelkreises mit den gebräuchlichsten Gütekriterien: x z z T an T ein x x max 0 0 Da die Führungsgröße, d. h. der Sollwert, bei der Störsprungantwort null ist, liegt die Einschwingtoleranz hier symmetrisch um den Nullpunkt. Die Überschwingweite x m wird in diesem Fall als Absolutwert (Maximalbetrag x max der Regelgröße) angegeben. Die bleibende Regeldifferenz wird hier mit x bezeichnet und gibt entsprechend den stationären Endwert der Regelgröße an. t x Folie 123
124 Entwurf von PID-Reglern Geeignete Regler-Strecken-Kombinationen Wie wir bereits an einer Reihe von Beispielen im vorangegangenen Kapitel gesehen hatten, muss die Wahl des geeigneten Reglertyps (P, I, PI, PD oder PID) in Abhängigkeit vom Typ der Regelstrecke erfolgen. Nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Eignung der verschiedenen Reglertypen an unterschiedlichen Streckentypen. + Regler geeignet Regler ungeeignet oder Kreis instabil Folie 124
125 Entwurf von PID-Reglern PID-Entwurf nach Ziegler/Nichols (Schwingversuch) (1/4) Das von Ziegler/Nichols bereits 1942 vorgestellte Verfahren des Stabilitätsrandes basiert auf einer Ermittlung bestimmter Strecken-Kennwerte anhand eines Experimentes (Schwingversuch) am Prozess. Dieses Verfahren ist in der Praxis besonders geeignet für Regelungen mit unübersichtlichen Mess- und Stellgeräteketten, da deren Eigenschaften im Schwingversuch automatisch mit erfasst werden. Die Vorgehensweise bei diesem Verfahren ist wie folgt: 1) Aufbau eines geschlossenen Regelkreises bestehend aus Regelstrecke und einem (zunächst reinen) P-Regler 2) Ermittlung (irgend)einer Reglereinstellung, die zu einem stabilen Regelkreis führt (z. B. durch "Ausprobieren") 3) Schrittweise Erhöhung des Proportionalbeiwertes K PR des Reglers, bis der Regelkreis den Stabilitätsrand erreicht, d. h. die Regelgröße eine ungedämpfte Dauerschwingung ausführt. Der entsprechende K PR -Wert wird als kritische Reglerverstärkung K PR krit bezeichnet. 4) Ermittlung der zugehörigen Periodendauer T krit der Dauerschwingung 5) Ermittlung der (endgültigen) Reglerparameter anhand der nachfolgenden Einstellregeln Folie 125
126 Entwurf von PID-Reglern PID-Entwurf nach Ziegler/Nichols (Schwingversuch) (2/4) Einstellregeln: Wie unmittelbar einsichtig ist, ist dieses Verfahren nur für solche Regelstrecken geeignet, die an den Stabilitätsrand gefahren werden dürfen, ohne dadurch Schaden zu nehmen oder irgendwelche Gefahren auszulösen. Folie 126
127 Entwurf von PID-Reglern PID-Entwurf nach Ziegler/Nichols (Schwingversuch) (3/4) Beispiel: Entwurf eines PI-Reglers für eine P-T 3 -Strecke 1) Ersetzen des PI-Reglers durch P-Regler, Ermitteln der Führungssprungantwort beginnend bei K PR = 1 für schrittweise steigende Werte von K PR : 2.0 x Folie t/s 40
128 Entwurf von PID-Reglern PID-Entwurf nach Ziegler/Nichols (Schwingversuch) (4/4) 2) Ermittlung von kritischer Reglerverstärkung und zugehöriger Periodendauer: K, T 8.4s 3) Ermittlung der Reglerparameter: 2.0 K PR PR krit 14 krit 0.45 K PR krit 6.1, TN 0.85 Tkrit 7.14 s. Führungssprungantwort des zugehörigen geschlossenen Regelkreises: x w t/s Die Regelgröße weist zwar einen sehr schnellen Anstieg auf, dieser ist aber verbunden mit einem starken Überschwingen von mehr als 70%! Folie 128
129 Entwurf von PID-Reglern Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick (1/10) Die Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick stammen aus dem Jahr Sie sind sowohl auf nicht schwingfähige Strecken mit Ausgleich als auch auf Strecken ohne Ausgleich anwendbar und basieren auf Strecken-Kennwerten, die aus der Sprungantwort der Strecke entnommen werden können. Einstellregeln für Strecken mit Ausgleich Grundlage sind Strecken-Kennwerte K PS (Proportionalbeiwert), T u (Verzugszeit) und T g (Ausgleichszeit) ( Ermittlung nach Wendetangentenverfahren!) Mögliche Zielvorgaben für geschlossenen Regelkreis: Aperiodisch (d. h. ohne signifikantes Überschwingen) oder 20-prozentiges Überschwingen Mögliche Prioritäten: Gutes Führungsverhalten oder Gutes Störverhalten Die Einstellregeln liefern in der Regel brauchbare Ergebnisse für T g > 3 T u d. h. Strecken ohne ausgeprägtes Totzeitverhalten. Folie 129
130 Entwurf von PID-Reglern Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick (2/10) Übersicht Einstellregeln für Strecken mit Ausgleich: Typ Mit Überschwingen Typ Ohne Überschwingen Störung Führung Störung Führung P K PR K T PS g T u K PR K T PS g T u P K PR 0. 3 K T PS g T u K PR 0. 3 K T PS g T u PI K T N PR T 0.71 K 2.3 T u PS g T u K T PR N T g K T PS g T u PI K T N PR T 0.59 K 4 T u PS g T u K T N PR T 0.34 K 1.2 T g PS g T u PID K T N PR T 1.2 K 2.3 T u PS g T u K T N PR T 0.95 K 1.35 T g PS g T u PID K T N PR T 0.95 K 2.4 T u PS g T u K T N PR T 0.59 K T g PS g T u T V 0.42 T u T V 0.47 T u T V 0.42 T u T V 0.5 T u Folie 130
131 Entwurf von PID-Reglern Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick (3/10) Beispiel: Entwurf eines PI-Reglers für eine P-T 3 -Strecke (vgl. Schwingversuch nach Ziegler/Nichols!) 1) Ermittlung der Strecken-Kennwerte aus ihrer Sprungantwort: 1.0 x 0.8 Wendetangente 0.6 K PS 1, Tu 2 s, Tg 12.5s Tu / Tg 1/ Wendepunkt t/s Folie 131
132 Entwurf von PID-Reglern Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick (4/10) 2) Entwurf eines PI-Reglers für gutes Führungsverhalten und aperiodisches Verhalten (ohne Überschwingen) bzw. Regelgrößenverlauf mit Überschwingen. Für aperiodischen Verlauf liefern die Entwurfstabellen die Werte K PR K PS T T g u 2.1 T N 1.2T g 15s und für den Regler mit Überschwingen K PR K PS T T g u 3.7 T N T g 12.5s. Folie 132
133 Entwurf von PID-Reglern Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick (5/10) 3) Führungssprungantworten der zugehörigen geschlossenen Regelkreise: 1.4 x "Mit Überschwingen" "Ohne Überschwingen" w Der für aperiodisches Verhalten entworfene Regler führt zwar zu einem langsameren Anstieg der Regelgröße, dafür tritt aber praktisch kaum Überschwingen auf, während die Überschwingweite beim für Überschwingen entworfenen Regler bei etwa 30% liegt; dafür verläuft der Anstieg der Regelgröße in diesem Fall deutlich steiler t/s 40 Folie 133
134 Entwurf von PID-Reglern Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick (6/10) 4) Hinzunahme eines D-Anteils: Entwurf eines PID-Regler für gutes Führungsverhalten ohne Überschwingen: K T T N V PR K T g 0.5T 12.5s u PS T T g u 0.5s ) Führungssprungantwort im Vergleich mit PI-geregeltem Kreis: x PID-Regler PI-Regler PID-Regler bewirkt (allerdings auf Kosten eines etwas stärkeren Überschwingens) eine erhebliche Beschleunigung des Ausregelvorgangs! t/s Folie 134
135 Entwurf von PID-Reglern Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick (7/10) Einstellregeln für Strecken ohne Ausgleich Grundlage sind Strecken-Kennwerte K IS (Integrierbeiwert) und T u (Verzugszeit) Zielrichtungen wie bei Strecken mit Ausgleich! Typ Mit Überschwingen Typ Ohne Überschwingen Störung Führung Störung Führung P K PR 0.71 K IS 1 T u K PR 0.71 K IS 1 T u P K PR 0.3 K IS 1 T u K PR 0.3 K IS 1 T u PI K T N PR 0.71 K 2.3 T u IS 1 T u K T N PR 0.6 K 1 T IS u PI K T N PR 0.59 K 4 T u IS 1 T u K T N PR 0.35 K 1 T IS u PID K T T N V PR 1.2 K 2 T u 0.42 T IS u 1 T u K T T N V PR 0.95 K 0.47 T u 1 T IS u PID K T T N V PR 0.95 K 2.4 T u 0.42 T u IS 1 T u K T T N V PR 0.59 K 0.5 T u IS 1 T u Folie 135
136 Entwurf von PID-Reglern Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick (8/10) Beispiel: Entwurf eines PD-Reglers für Ofenanlage (s. früher) 1) Ermittlung der Strecken-Kennwerte: 8 u D u D 4 u D t/s 10 Folie 136
137 Entwurf von PID-Reglern Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick (9/10) 2) Ermittlung der Reglerparameter (PID-Einstellregeln nehmen). Wir erhalten für gutes Führungsverhalten ohne Überschwingen die Reglerparameter K PR 0.59 K 1 IS 1 T u T V 0.5T u 1s und für gutes Führungsverhalten mit Überschwingen K PR K IS 1 T u T V 0.47 T u 0.94s Folie 137
138 Entwurf von PID-Reglern Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick (10/10) 3) Führungssprungantworten der geschlossenen Regelkreise: 1.2 x "Mit Überschwingen" 1.0 w 0.8 "Ohne Überschwingen" Folie t/s Wie beim Reglerentwurf für die Strecke mit Ausgleich führt auch hier der für aperiodisches Verhalten entworfene Regler zu einem langsameren Anstieg der Regelgröße mit geringerem Überschwingen, während der auf Überschwingen entworfene Regler zu einem Überschwingen der Regelgröße von etwa 10% bei allerdings schnellerem Anstieg führt.
139 Entwurf von PID-Reglern PID-Entwurf nach der T-Summen-Regel (1/4) Das von Kuhn 1995 vorgestellte Entwurfsverfahren nutzt anstelle von Verzugsund Ausgleichszeit die so genannte Summen-Zeitkonstante T als Strecken- Kennwert für den Reglerentwurf. Diese entspricht bei den von uns ausschließlich betrachteten reinen Verzögerungsstrecken der Summe aller Strecken-Zeitkonstanten zuzüglich einer eventuell vorhandenen Strecken-Totzeit. Sie lässt sich grafisch aus der Sprungantwort ermitteln, indem man eine zur x-achse parallele Gerade so weit verschiebt, bis die Flächen A1 und A2 gerade gleich groß sind: x K PS A 1 A 1 = A 2 A 2 T t Folie 139
140 Entwurf von PID-Reglern PID-Entwurf nach der T-Summen-Regel (2/4) Kuhn gibt zwei Sätze von Einstellregeln an, die einerseits eine eher "vorsichtige" Reglereinstellung ermöglichen (normaler Regelverlauf), andererseits einen relativ schnellen Regelverlauf: P PD PI PID Normaler Regelverlauf T K 1 K K T K N K T T V PR / PR PR N V 1/ K 0.33T 0.5T PR PS PS 0.5/ K 1/ K 0.66T PS 0.167T PS Schneller Regelverlauf K T K T T N N V PR PR - - 1/ K 0.7T 0.8T 2 / K PS PS 0.194T Folie 140
141 Entwurf von PID-Reglern PID-Entwurf nach der T-Summen-Regel (3/4) Beispiel: Entwurf eines PI-Reglers für eine P-T 3 -Strecke (vgl. Schwingversuch nach Ziegler/Nichols!) Wir erhalten (hier rechnerisch): T T1 T2 T3 10s Für den PI-Regler mit normalem Regelverlauf erhalten wir also die Parameter 0.5 KPR 0.5, TN 0.5 T 5s KPS und für den Regler mit schnellem Regelverlauf K PR 1 K PS 1, T N 0.7 T 7s. Folie 141
142 Entwurf von PID-Reglern PID-Entwurf nach der T-Summen-Regel (4/4) Resultierende Sprungantworten des geschlossenen Regelkreises: 1.2 x "Schnelle" Einstellung "Normale" Einstellung t/s Der Regler für schnellen Regelverlauf führt (bei einem geringfügig stärkeren Überschwingen) zu einer deutlich geringeren Anregelzeit. Folie 142
143 Regelungen mit unstetigen Reglern Folie 143
144 Regelungen mit unstetigen Reglern Typen unstetiger Regler Typen unstetiger Regler Man unterscheidet zwischen Unstetigen Reglern ohne Rückführung Unstetigen Reglern mit Rückführung ( quasistetige Regler) Im Rahmen dieser Vorlesung werden nur unstetige Regler ohne Rückführung behandelt! Ändert man die Regeldifferenz e(t) (Eingangsgröße des Reglers) eines solchen Reglers stetig, so ändert sich die Stellgröße y(t) (Ausgangsgröße des Reglers) bei bestimmten Eingangsgrößenwerten sprunghaft, d. h. unstetig. Man bezeichnet solche Reglertypen daher auch als schaltende Regler. Sie eignen sich insbesondere als kostengünstige Lösung für relativ anspruchslose Regelungsaufgaben (z. B. einfache Temperaturregelungen) oder zur Ansteuerung von Stellgliedern mit nur zwei Arbeitspunkten (z. B. "EIN" und "AUS"). Die wichtigsten Vertreter dieser Reglertypen sind Zweiund Dreipunkt-Regler Folie 144
145 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler ohne Hysterese (1/3) Zweipunkt-Regler ohne Hysterese Ausgangsgröße des Zweipunkt-Reglers kann nur zwei diskrete Werte, nämlich y min und y max, annehmen Umschalten zwischen beiden Werten erfolgt bei e(t) = 0 bzw. x(t) = w Kennlinie(n) und alternative Blocksymbole des Zweipunkt-Reglers: y e y y w x y y max y max e w x y min y min Links: Kennlinie über Regeldifferenz e dargestellt Rechts: Kennlinie über der Regelgröße x dargestellt Folie 145
146 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler ohne Hysterese (2/3) Häufig ist y min = 0 (z. B. beim Temperaturregler im Bügeleisen oder Backofen) oder oberer und unterer Stellgrößenwert sind symmetrisch (y min =-y max ). Kennlinien für Normalfall y min = 0: y y y max y max Yh e w x Der Stellbereich Y h des Reglers entspricht in diesem Fall y max. Folie 146
147 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler ohne Hysterese (3/3) Wird ein solcher Zweipunkt-Regler beispielsweise zur Temperaturregelung eingesetzt, so schaltet er die Energiezufuhr (z. B. Heizung) ein, solange der Temperatur-Istwert unter dem Sollwert liegt (d. h. die Regeldifferenz positiv ist); exakt beim Erreichen des Sollwertes schaltet er sie ab. Liegt der Istwert kurz darauf wieder minimal unter dem Sollwert, wird die Energiezufuhr wieder eingeschaltet und der Vorgang wiederholt sich zyklisch. Es kommt dadurch zu einem ständigen und im Allgemeinen hochfrequenten Ein-/Ausschalten der Energiezufuhr, welches häufig mit Nachteilen für den Regler bzw. das Stellglied (schnelle Abnutzung der mechanischen Komponenten) verbunden ist; bei Regelstrecken mit nur einer Verzögerung (P-T 1 -Strecken) erfolgt dieses Umschalten theoretisch sogar unendlich schnell. Daher kombiniert man den Zweipunkt-Regler in der Praxis häufig wie in nachfolgendem Abschnitt gezeigt mit einer so genannten Schaltdifferenz (Hysterese), über die sich die Schalthäufigkeit beeinflussen lässt. Der Zweipunkt-Regler ohne Hysterese kann lediglich zwei Stellgrößenalternativen liefern, nämlich y min (meist 0) und y max. Da er zumindest an Regelstrecken niedriger Ordnung zu hochfrequenten Dauerschwingungen der Regel- und Stellgröße führt, wird er in der Praxis nur selten eingesetzt. Folie 147
148 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (1/15) Zweipunkt-Regler mit Hysterese Der Zweipunkt-Regler mit Hysterese besitzt gegenüber dem einfachen Zweipunkt-Regler eine (in der Regel einstellbare) Schaltdifferenz X sd Kennlinien und Blocksymbole: y max y e y y y max w x y y min e y min w x X sd X sd Folie 148
149 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (2/15) Beispiel: Zweipunkt-Regler mit Hysterese an P-T 1 -Strecke Nachfolgende Abbildung zeigt die zugehörige Führungssprungantwort des geschlossenen Regelkreises. Die Regelgröße (obere Grafik) steigt nach Aufschalten des Sprunges zunächst exponentiell an, bis sie gerade um die Hälfte der Schaltdifferenz (also X sd /2) oberhalb des Sollwertes liegt (Punkt ). Die Stellgröße (untere Grafik) hat während dieser Zeit den Wert y max, d. h. 2. In diesem Moment schaltet der Regler auf die Stellgröße y min = 0 um und die Regelgröße fällt nunmehr exponentiell ab, bis sie um X sd /2 unterhalb des Sollwertes liegt (Punkt ). Jetzt erfolgt ein Wechsel der Stellgröße auf y max und der Vorgang wiederholt sich; es entsteht eine für Regelkreise mit schaltenden Reglern typische Dauerschwingung von Regel- und Stellgröße. Folie 149
150 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (3/15) x y t an t aus t ein t/s t/s w x sd Kennwerte: t an t aus t ein T z f z Die Anlaufzeit t an ist die Zeitdauer bis zum erstmaligen Wechsel der Stellgröße vom Maximalwert auf den Minimalwert. Die Ausschaltzeit t aus ist die Zeitdauer, die die Stellgröße jeweils auf ihrem Minimalwert verbringt. Die Einschaltzeit t ein ist die Zeitdauer, die die Stellgröße jeweils auf ihrem Maximalwert verbringt. Die Schaltzyklusdauer T z ist die Summe aus Aus- und Einschaltzeit. Die Schalthäufigkeit oder Schaltfrequenz f z ist der Kehrwert der Schaltzyklusdauer. Folie 150
151 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (4/15) Verringerung der Schaltdifferenz auf X sd = 0.2: x w x sd Schalthäufigkeit nimmt aufgrund der verringerten Schaltdifferenz erheblich zu Amplitude der entstehenden Dauerschwingung (d. h. die Schwankungsbreite der Regelgröße) ist wesentlich geringer y t/s 10 In der Praxis gilt es daher in der Regel, durch Wahl einer geeigneten Schaltdifferenz einen vernünftigen Kompromiss zu finden! t/s Folie 151
152 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (5/15) Der Zweipunkt-Regler mit Hysterese kann lediglich zwei Stellgrößenalternativen liefern, nämlich y min (meist 0) und y max. Er besitzt eine Schaltdifferenz (Hysterese) X sd, deren Vergrößerung zu einer Verringerung der Schalthäufigkeit führt und umgekehrt. Eine Verringerung der Schalthäufigkeit führt gleichzeitig jedoch zu einer Vergrößerung der Amplitude der Dauerschwingung der Regelgröße. Die Schalthäufigkeit hängt aber nicht nur von der Schaltdifferenz ab, sondern auch vom Verhältnis zwischen der Stellgröße y max im eingeschalteten Zustand und dem Sollwert, der auf den Regelkreis geschaltet wird. Folie 152
153 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (6/15) Beispiel: Vorangegangener Regelkreis, aber Führungsgrößensprung auf w = 0.5 x w y t/s t/s Folie 153
154 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (7/15) Die Ausschaltzeit ist jetzt wesentlich größer als die Einschaltzeit. Dies liegt daran, dass der Regler mit einer Stellgröße von y max = 2 für den hier vorgegebenen Sollwert von 0.5 viel zu viel Leistung aufweist, da zum Erreichen des Sollwertes bei einem Strecken-Proportionalbeiwert von K PS = 1 (wie er hier vorliegt) eigentlich nur eine Stellgröße von y max = 0.5 notwendig wäre. Man spricht in diesem Fall vom so genannten Leistungsüberschuss ü L der Strecke: KPS Yh ül 1 100% w Beim im ersten Beispiel betrachteten Sollwert von w = 1 ist die Stellgröße gerade doppelt so groß wie erforderlich; der Leistungsüberschuss beträgt in diesem Fall ü L % 100% Folie 154
155 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (8/15) Ein- und Ausschaltzeit sind in diesem Fall gerade gleich groß. Bei einem Sollwert von w = 0.5 beträgt der Leistungsüberschuss hingegen ü L % 300% Die Ausschaltzeit ist daher wesentlich größer als die Einschaltzeit der Regler kann länger "Pause machen". Wird die Regelstrecke hingegen mit einem Leistungsüberschuss unter 100% betrieben (was z. B. bei einem Sollwert w > 1 der Fall wäre), ist die Ausschaltzeit kleiner als die Einschaltzeit. Das Verhältnis von Einschaltzeit zu Ausschaltzeit des Zweipunkt-Reglers hängt vom Leistungsüberschuss ab, mit dem der Regler betrieben wird. Je größer der Stellgrößenwert y max im Verhältnis zum angestrebten Sollwert w ist, umso größer ist der Leistungsüberschuss und umgekehrt. Ein hoher Leistungsüberschuss verringert die Einschaltzeit im Verhältnis zur Ausschaltzeit, ein geringer Leistungsüberschuss hat die umgekehrte Wirkung. Folie 155
156 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (9/15) Auch Streckenart und zeitkonstanten haben natürlich einen Einfluss auf das Regelkreisverhalten. Generell gilt, dass die Schalthäufigkeit sinkt, wenn die Streckenordnung zunimmt und/oder die Zeitkonstanten der Strecke bzw. ihre Totzeit vergrößert werden. Beispiel: Zweipunkt-Regler an einer P-T 3 -Strecke Folie 156
157 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (10/15) Verlauf von Regel- und Stellgröße: x w X sd X y t/s Folie t/s 50
158 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (11/15) Ergebnisse: Verglichen mit Regelung der P-T 1 -Strecke ist Schalthäufigkeit durch die höhere Streckenordnung und die größeren Zeitkonstanten jetzt wesentlich geringer Dafür ist aber die Amplitude der Dauerschwingung größer als an der P-T 1 -Strecke insbesondere ist die Schwankungsbreite X der Regelgröße hier größer als die Schaltdifferenz X sd, da die Regelgröße nach dem Umschalten des Reglers auf die Stellgröße 0 nicht sofort sinkt, sondern aufgrund der höheren Streckenordnung zunächst noch eine gewisse Zeit lang weiter steigt. Strecken höherer Ordnung kann man aus diesem Grund bei Bedarf auch mit einem Zweipunkt-Regler ohne Hysterese betreiben. In der Praxis sollte die Schaltdifferenz so gewählt werden, dass bei mechanischen Schaltkontakten nicht mehr als Schaltvorgänge pro Minute stattfinden, während bei elektronischen Stellgeräten ohne weiteres auch wesentlich höhere Schaltfrequenzen zulässig sind. Regelstrecken mit höherer Ordnung und/oder größeren Zeitkonstanten führen bei Zweipunkt-Regelung zu einer Verringerung der Schalthäufigkeit. Sie können daher mit einer geringeren Schaltdifferenz oder sogar gänzlich ohne betrieben werden. Folie 158
159 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (12/15) Frage: Gibt es bei einer Zweipunkt-Regelung eine bleibende Regeldifferenz? Als stationärer Endwert der Regelgröße werde dazu der Mittelwert der entstehenden Dauerschwingung betrachtet. Antwort: Ja, und zwar hängt diese vom Leistungsüberschuss ab! Nachfolgende Grafiken zeigen dazu die Verhältnisse an der P-T 3 -Strecke für unterschiedliche Werte des Leistungsüberschusses Folie 159
160 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (13/15) Folie 160
161 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (14/15) Folie 161
162 Regelungen mit unstetigen Reglern Zweipunkt-Regler mit Hysterese (15/15) Bei Zweipunkt-Regelung weicht der Mittelwert der sich einstellenden Dauerschwingung der Regelgröße für ü L 100% vom Sollwert ab; für ü L < 100% liegt er unterhalb des Sollwerts, für ü L > 100% oberhalb. Im Hinblick auf eine möglichst verschwindende bleibende Regeldifferenz empfiehlt sich also ein Leistungsüberschuss von ü L = 100%. Folie 162
163 Regelungen mit unstetigen Reglern Dreipunkt-Regler (1/3) Dreipunkt-Regler Der Dreipunkt-Regler weist gegenüber dem Zweipunkt-Regler einen zusätzlichen Stellgrößenwert auf Kennlinien und Blocksymbole: y e y y w x y y max y min e y max 0 y min X sd w x Typisches Anwendungsbeispiel: Ansteuerung eines Stellmotors (z. B. für einen Positionierantrieb) mit den drei Betriebsarten Vorwärtslauf, Stillstand und Rückwärtslauf. Der Bereich zwischen den Umschaltpunkten (y mitt = 0) kann als tote Zone oder Unempfindlichkeitszone interpretiert werden und wird analog zur Schaltdifferenz beim Zweipunkt-Regler mit X sd bezeichnet; sie ermöglicht im Gegensatz zum Zweipunkt-Regler an Strecken ohne Ausgleich die Einnahme eines Beharrungszustandes. Folie 163
164 Regelungen mit unstetigen Reglern Dreipunkt-Regler (2/3) Beispiel: Dreipunkt-Regelung eines Spindelantriebs (I-T 1 -Strecke) Nachfolgendes Diagramm zeigt den Verlauf von Regel- und Stellgröße bei einem beispielhaft angenommenen (ebenfalls dargestellten) Sollwertverlauf. Wie zu erkennen ist, nimmt die Regelgröße innerhalb der toten Zone einen Beharrungswert an, solange der Sollwert konstant bleibt und keine Störung auftritt. Wird der Sollwert geändert, folgt die Regelgröße, bis der Regler wieder seinen Ruhezustand einnimmt. Man bezeichnet derartige Regelkreise daher als Nachlaufwerke und setzt sie häufig als innere Regelkreise in größeren Regelkreisen ein. Durch die tote Zone des Reglers ergibt sich allerdings eine bleibende Regeldifferenz, die wie das Diagramm zeigt sowohl positiv als auch negativ sein kann. Folie 164
165 Regelungen mit unstetigen Reglern Dreipunkt-Regler (3/3) 1.4 w, x 1.2 x 1.0 w X sd t/s y t/s Anmerkung: Auch der Dreipunkt- Regler kann an beiden Schaltpunkten mit einer Hysterese zur Verminderung der Schalthäufigkeit versehen werden. Folie 165
166 Sensoren und Aktoren Folie 166
167 Sensoren Aufgabe von Sensoren (1/2) Regler und Steuergeräte benötigen in der Regel elektrische Eingangssignale (Spannungen bzw. Ströme) und stellen an ihren Ausgängen wiederum elektrische Signale zur Verfügung. Die aus dem zu automatisierenden Prozess kommenden (und zumeist nichtelektrischen) Messgrößen müssen daher zunächst in elektrische Signale umgeformt werden. Diese Aufgabe nehmen Sensoren wahr. Sensoren (Messfühler) stellen das Bindeglied zwischen dem zumeist nichtelektrischen Prozess und der überwiegend elektrischen Automatisierungstechnik dar. Ein Sensor formt die physikalischen Messgrößen in elektrische Signale um. Das eigentliche Sensorelement wird häufig um Messumformer ergänzt. Folie 167
168 Sensoren Aufgabe von Sensoren (2/2) Beispiel: Intelligenter busfähiger Sensor Prozess Physikalische Messgröße Elektrisches Messsignal Sensorelement Messumformer Normiertes elektrisches Messsignal A/D-Wandler Buskoppler Bus Typische normierte Einheitssignale: 0 10 V 4 20 ma Folie 168
169 Sensoren Anforderungen an Sensoren & Typische Messgrößen Anforderungen an Sensoren: Messbereich (z. B C für Temperatursensor) Genauigkeit (z. B. 5%) Dynamisches Verhalten (schnelle Reaktion auf Änderungen der Messgröße) Zuverlässigkeit (Ausfallraten) Kosten (Anschaffung, Wartung, Reparatur) Typische Messgrößen: Bereich mechanisch thermisch optisch chemisch Typische Messgrößen Weg/Lage, Geschwindigkeit, Beschleunigung, Winkel, Drehzahl, Kraft, Drehmoment, Druck, Füllstand, Durchfluss Temperatur, Wärmestrom Beleuchtungsstärke Konzentration, ph-wert Folie 169
170 Sensoren Temperaturmessung Widerstandsthermometer (1/5) Widerstandsthermometer Widerstandsthermometer nutzen die Temperaturabhhängigkeit des elektrischen Widerstands zur Temperaturmessung Je nach Widerstandsmaterial steigt (PTC, Kaltleiter ) oder fällt (NTC, Heißleiter ) der Widerstand mit steigender Temperatur Beispiel: Pt-100-Temperatursensor Metallwiderstand (Platin), auch Nickel (Ni) üblich bei Temperatur von 0 C beträgt Widerstand genau 100 ( Grundwert ) Widerstand steigt mit zunehmender Temperatur (PTC, Positive Temperature Coefficient) sehr gute Linearität, aber relativ hohe Herstellungskosten Grundwerte für Platinsensoren sind genormt Preis: ca. 5 EUR Folie 170
171 Sensoren Temperaturmessung Widerstandsthermometer (2/5) Kennlinie: Folie 171
172 Sensoren Temperaturmessung Widerstandsthermometer (3/5) Fühler und industrielle Bauformen: Folie 172
173 Sensoren Temperaturmessung Widerstandsthermometer (4/5) Beispiel: KTY11-Temperatursensor Kennlinie: Folie 173
174 Sensoren Temperaturmessung Widerstandsthermometer (5/5) Halbleitersensor (Silizium) Bei Temperatur von 25 C beträgt Widerstand genau 2000 Widerstand steigt mit zunehmender Temperatur (PTC) Kennlinie leicht gekrümmt (Auswertung schwieriger!) preisgünstig (< 1 EUR) Fühler und industrielle Bauformen: Folie 174
175 Sensoren Temperaturmessung Thermoelemente (1/2) Thermoelemente sind aktive Temperatursensoren (d. h. arbeiten ohne Hilfsenergie) einfacher Aufbau, großer Messbereich (bis 2000 C) bestehen aus zwei verschiedenartigen Metalldrähten, die am Messpunkt miteinander verbunden sind Prinzip: Thermoelektrische Kraft, d. h. Entstehen einer (allerdings sehr kleinen) temperaturabhängigen Spannung (Thermospannung) an der Kontaktstelle zweier unterschiedlicher Metalle Folie 175
176 Sensoren Temperaturmessung Thermoelemente (2/2) Beispiele: Folie 176
177 Sensoren Weg-/Winkelmessung Widerstands-Potentiometer (1/2) Potentiometrische Sensoren (Widerstands-Potentiometer) als Spannungsteiler betriebene Widerstände Weg- bzw. winkelabhängige Ausgangsspannung wird über Schleifer abgenommen sind passive Sensoren (Hilfsenergie erforderlich) Linearpotentiometer: Folie 177
178 Sensoren Weg-/Winkelmessung Widerstands-Potentiometer (2/2) Drehpotentiometer: Folie 178
179 Sensoren Weg-/Winkelmessung Induktive Sensoren Induktive Sensoren setzen Wegänderung in Induktivitätsänderung um sind passive Sensoren Beispiel: Differentialdrossel Einsatz häufig auch als Näherungssensor bzw. schalter (Entfernungsmesser, Metallsuchgerät) Folie 179
180 Sensoren Weg-/Winkelmessung Kapazitive Sensoren (1/2) Kapazitive Sensoren setzen Wegänderung in Kapazitätsänderung um Kapazität eines Kondensators: A C 0 r d Kapazitätsänderungen sind also möglich durch Änderung des Plattenabstands d, der wirksamen Plattenfläche A oder des Dielektrikums r! Beispiel: Differentialkondensator (Plattenabstand variabel) Folie 180
181 Sensoren Weg-/Winkelmessung Kapazitive Sensoren (2/2) Beispiel: Füllstandssensor (Dielektrikum variabel) Folie 181
182 Sensoren Kraft-/Druck-/Drehmomentmessung DMS (1/2) Metall-Dehnungsmessstreifen (DMS) setzen Kraft/Druck/Drehmoment in Dehnung und dadurch in Widerstandsänderung um: R l A Herstellung meist in Folienform zum Aufkleben : Folie 182
183 Sensoren Kraft-/Druck-/Drehmomentmessung DMS (2/2) Beispiel: Drehmomentmessung mit 4 DMS Auswertung der Widerstandsänderung über Brückenschaltung ( Messbrücke ) Folie 183
184 Sensoren Kraft-/Druck-/Drehmomentmessung Piezoresistive Drucksensoren (1/2) Piezoresistive Drucksensoren nutzen Halbleitermaterial anstelle der Metall-DMS höhere Empfindlichkeit, kompaktere Bauweise und niedrigerer Preis als Metall-DMS Ausführung als Absolut- und Differenzdruckgeber (z. B. als Überdrucksensor) Interner Aufbau: Folie 184
185 Sensoren Kraft-/Druck-/Drehmomentmessung Piezoresistive Drucksensoren (2/2) Beispiel: Standard-Drucksensor KPY 10 Folie 185
186 Sensoren Binäre Signalgeber (1/5) Binäre Signalgeber liefern im Gegensatz zu den bisher betrachteten analogen Signalgebern nur ein binäres Signal (ein/aus, auf/zu). Mechanische Signalgeber ( Schalter ) Schalter dienen dazu, einen Stromkreis zu schließen oder zu unterbrechen. Man unterscheidet Tastschalter ( Taster, z. B. Klingelschalter) Stellschalter (z. B. Lichtschalter für Zimmerbeleuchtung) Endschalter (Grenztaster) als besondere Bauform des Tastschalters Folie 186
187 Sensoren Binäre Signalgeber (2/5) Bauformen von Schaltern Folie 187
188 Sensoren Binäre Signalgeber (3/5) In der Automatisierungstechnik unterscheidet man zwischen Schließern (oben) und Öffnern (unten): Endschalter werden betätigt, wenn sich z. B. ein Maschinenteil in einer bestimmten Position befindet (z. B. Fahrstuhltür geschlossen ) Folie 188
189 Sensoren Binäre Signalgeber (4/5) Näherungsschalter Im Gegensatz zu (mechanischen) Endschaltern arbeiten Näherungsschalter berührungslos uns sind damit praktisch verschleißfrei (hohe Lebenserwartung). Man unterscheidet Reed-Schalter (arbeiten magnetisch, siehe Foto!) Kapazitive/induktive Näherungsschalter Optische Näherungsschalter Reed-Schalter: (Kolben mit Permanentmagnet bestückt) Folie 189
190 Sensoren Binäre Signalgeber (5/5) Einweg- und Gabellichtschranke Reflexlichtschranke (hier als Zähleinrichtung) Folie 190
191 Sensoren Digitale Sensoren (1/2) Digitale Sensoren liefern ein digitales Abbild der Messgröße: Verallgemeinerung der binären Signalgeber je nach Auflösung mehr oder weniger grobe Quantisierung arbeiten meist optisch Beispiel: Prinzip eines digitalen optischen Wegsensors Folie 191
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