10.6. Röntgenstrahlung
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- Emma Maier
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1 10.6. Röntgenstrahlung Am 8. November 1895 entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen in Würzburg die Röntgenstrahlung. Seine Entdeckung zählt zu den wohl bedeutendsten Entdeckungen in der Menschheitsgeschichte. Mit Hilfe der Röntgenstrahlung war es zum ersten Mal möglich das Innere des menschlichen Körpers zu untersuchen, ohne dass hierfür eine Operation erforderlich war. Untersuchungen mit Röntgenstrahlung revolutionierten die Medizin und auch heute ist das Röntgen eines der wichtigsten medizinischen Diagnoseverfahren. [52] Röntgenaufnahme einer Hand Neben der Medizin spielt die Röntgenstrahlung auch in der Technik, bei der Untersuchung von Werkstoffen, sowie in der Sicherheitstechnik, zum Beispiel an Flughäfen eine wichtige Rolle. Für seine Entdeckung erhielt Röntgen im Jahre 1901 den ersten Nobelpreis für Physik. Im folgenden Kapitel soll nun erklärt werden, wie eine Röntgenröhre zur Erzeugung von Röntgenstrahlung funktioniert und welche physikalische Vorgänge dabei auf atomarer Ebene ablaufen. Aufbau einer Röntgenröhre: In einer evakuierten Glasröhre werden mit Hilfe einer Glühkathode Elektronen freigesetzt, die durch das Anlegen einer Beschleunigungsspannung ( ) in Richtung einer Anode beschleunigt
2 werden. Die Elektronen werden dabei auf relativistische Geschwindigkeiten beschleunigt und können deshalb in das Anodenmaterial (hier: Kupfer, Wolfram, ) eindringen. In der Anode werden die Elektronen durch vollkommen elastische Stöße abgebremst. Bei diesem Vorgang strahlen die Elektronen aufgrund der negativen Beschleunigung elektromagentische Strahlung ab (siehe Hertzscher Dipol). Diese Strahlung wird deshalb mit Bremsstrahlung bezeichnet. Röntgen entdeckte jedoch, dass neben der Bremsstrahlung noch eine weitere Strahlungsart in der Röntgenröhre entsteht. Da er zunächst nicht erklären konnte, wodurch diese Strahlung hervorgerufen wird bezeichnete er sie kurz mit x-strahlung (engl. x-ray). Die Entstehung dieser x- Strahlung konnte erst einige Jahre nach deren Entdeckung mit Hilfe des Bohrschen Atommodells erklärt werden: Trifft ein Elektron mit hoher Geschwindigkeit, also mit großer kinetischer Energie auf ein Atom in der Kupferanode, so kann dieses ein Elektron aus der untersten Schale (k-schale) der Hülle der Kupferatome herausschlagen. Da in der Atomhülle von Kupfer jedoch im Gegensatz zur Atomhülle von Wasserstoff, auch höhere Schalen mit Elektronen besetzt sind, wird das fehlende Elektron sofort durch Elektronen aus den oberen Schalen ersetzt. Am wahrscheinlichsten sind dabei Rücksprünge der Elektronen aus der zweiten (l-schale) bzw. aus der dritten Schale (m-schale) auf die erste Schale (k-schale). Bei diesen Rücksprüngen wird gemäß dem zweiten Bohrschen Postulat Energie in Form von Strahlung emittiert. Diese Strahlung wird
3 charakteristische Röntgenstrahlung genannt und mit - bzw. -Strahlung abgekürzt. Neben den beiden Quantensprüngen finden auch Rücksprünge aus höheren Schalen statt. Da diese jedoch weitaus unwahrscheinlicher sind, ist ihre Intensität sehr gering und nicht von besonderer Bedeutung. Röntgenspektrum Sowohl die Bremsstrahlung als auch die charakteristische Röntgenstrahlung können mit einem Röntgenspektrographen aufgenommen werden. Hierzu wird die Röntgenstrahlung durch eine Metallblende in Richtung eines LiF-Kristalls fokussiert. An den Kristallebenen des LiF-Kristalls wird die Röntgenstrahlung wie an einem Spiegel reflektiert. Diese Reflexion wird mit Bragg-Reflexion bezeichnet. Die Intensität der reflektierten Röntgenstrahlen kann mit einem Detektor (Geiger-Müller- Zählrohr) gemessen werden. Der Kristall und der Detektor sind schwenkbar montiert und so miteinander verbunden, dass der Detektor immer in Richtung der reflektierten Strahlung zeigt (Reflexionsgesetz). Das heißt, dass sich bei einer Drehung des Kristalls um einen bestimmten Winkel der Detektor immer um den doppelten Winkel drehen muss. Bei der Reflexion der Röntgenstrahlung tritt nun der bereits von der Beugung mit Elektronenwellen bekannte Effekt auf, dass Strahlen, die auf unterschiedliche Gitterebenen auftreffen miteinander
4 interferieren. Nur wenn der resultierende Wegunterschied gerade einem Vielfachen der Wellenlänge der eintreffenden Röntgenstrahlung entspricht, kommt es zu konstruktiver Interferenz: Der geometrische Wegunterschied kann dabei mit Hilfe des Sinus berechnet werden: Durch Einsetzen ergibt sich die sog. Bragg-Gleichung: Es ergibt sich somit ein direkter Zusammenhang zwischen dem Reflexionswinkel und der Wellenlänge. Unter einem bestimmten Winkel wird nur eine einzige Wellenlänge des Röntgenspektrums gemessen. Ein vollständiges Spektrum ergibt sich indem die Intensität (Zählrate) der Röntgenstrahlung für jeden beliebigen Reflexionswinkel, also für jede beliebige Wellenlänge gemessen wird. Trägt man die Intensität, der Röntgenstrahlung in Abhängigkeit von der Wellenlänge auf, so ergibt sich das folgende Spektrum: Im Spektrum ist sowohl die Bremsstrahlung mit stark variierender Wellenlänge (Bremskontinuum) zu erkennen, als auch zwei relativ scharfe Linien der charakteristischen Röntgenstrahlung ( - bzw. - Strahlung). Das Spektrum der Röntgenstrahlung liegt zwischen ca. 50pm und 200pm, wobei anzumerken ist, dass das Spektrum je nach Anodenmaterial variieren kann. Ziel der nachfolgenden Überlegung ist es nun mit Hilfe des Bohrschen Atommodells die Wellenlängen der charakteristischen Röntgenstrahlung herzuleiten. Um in einem Wasserstoffatom ein Elektron von der n-ten auf die m-te Schale anzuheben ist die Anregungsenergie
5 erforderlich. Beim Rücksprung von der n-ten auf die m-te Schale wird Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung (Licht) frei. Die Frequenz der Strahlung kann mit Hilfe der Balmer- Formel berechnet werden: Dabei können die Konstanten zur sog. Rydberg-Konstanten zusammengefasst werden. Mit der Balmer-Formel kann das Spektrum des Wasserstoffatoms sehr genau berechnet werden. Die theoretischen Werte stimmen dabei hervorragend mit den experimentellen Ergebnissen überein. Ein großer Nachteil der Balmer-Formel ist jedoch, dass sie nur für Wasserstoffatome, also die einfachsten Atome im Universum gültig ist. So besitzen Wasserstoffatome genau ein Proton im Kern und ein Elektron in der Atomhülle. Weitaus schwieriger ist es, die Energieniveaus und Spektralserien von Atomen mit höherer Ordnungszahl zu berechnen. So besitzt bereits Helium, das nach Wasserstoff zweithäufigste Element im Universum, zwei Protonen im Kern und zwei Elektronen in der Atomhülle. Da sich die Elektronen in der Atomhülle gegenseitig durch elektrostatische Abstoßung gegenseitig beeinflussen, können mit großer Genauigkeit nur die Energieniveaus von einfach ionisierten Heliumatomen He +, also Heliumatomen mit nur einem Elektron in der Atomhülle berechnet werden. In diesem Fall beträgt die Coulombkraft zwischen Kern mit der Ladung und dem verbliebenen Elektron in der Hülle: Für ein Atom mit der Kernladungszahl gilt entsprechend: Mit Hilfe der Bohrschen Postulate können hiermit analog zur Herleitung der Formel für das Wasserstoffatom, die Energieniveaus von Atomen mit höherer Kernladungszahl, also größerer Anzahl an Protonen im Kern, berechnet werden: Für die Frequenzen ergibt sich analog:
6 An dieser Stelle ist anzumerken, dass die obige Formel nur für Atome gültig ist, die bis auf ein einzelnes Elektron ionisiert vorliegen. Die Energieniveaus von nicht ionisierten Atomen, können im Rahmen des Bohrschen Atommodells nur mit Hilfe von Näherungen berechnet werden. Möchte man die Frequenzen der Röntgenstrahlung bei einem Rücksprung der Elektronen auf die unterste Schale berechnen, so muss berücksichtigt werden, dass sich auf der untersten Schale (k-schale) noch ein weiteres Elektron befindet. Dieses schirmt einen Teil der Kernladung ab. In guter Näherung ergibt sich somit eine sog. effektive Kernladungszahl die um den Wert verringert ist: Für die Röntgenstrahlung ergibt sich somit die Formel: Dieser Zusammenhang wird Mosleysches Gesetz genannt und gibt die Energie der charakteristischen Röntgenstrahlung eines Elements mit der Kernladungszahl an. Für die Frequenzen der charakteristischen Röntgenstrahlung ergibt sich die Formel: Durch Einsetzen erhält man für die - bzw. -Strahlung von Kupfer mit der Kernladungszahl folgende Werte: ( ): ( ): Diese stimmen gut mit den experimentellen ermittelten Werten überein.
Die Abbildung zeigt eine handelsübliche Röntgenröhre
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