Bericht zur Tagung. Mehr Bio-Lebensmittel in Kommunen
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- Moritz Dressler
- vor 6 Jahren
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1 Bericht zur Tagung Mehr Bio-Lebensmittel in Kommunen Möglichkeiten Rahmenbedingungen Beispiele Ziel der Tagung war es, Städte und Gemeinden sowie weitere Träger öffentlicher Einrichtungen dazu zu motivieren, sich mit dem Thema Bio-Lebensmittel in der Gemeinschaftsverpflegung auseinanderzusetzen und Schritte in diese Richtung anzustoßen. Einen besonderen Fokus legten die Veranstalter auf die Frage, wie Kommunen im Rahmen des Vergaberechts bei der Beschaffung den Einsatz von Bio-Lebensmitteln voranbringen können. Wie dies gelingen kann, zeigten Erfahrungsberichte aus verschiedenen Kommunen und Praxisbeispiele aus der Gemeinschaftsverpflegung. Zur Tagung wurde ein breiter Kreis an Personen eingeladen, die mit der Beschaffung bzw. der Verpflegung in Kommunen befasst sind. Die ca. 130 Teilnehmenden kamen zum größten Teil aus Kommunen und deren Eigenbetrieben, aber auch von anderen öffentlichen Einrichtungen, Catering-Unternehmen, Verbänden, Bio-LieferantInnen sowie der Bio- Branche. Einige Referentinnen und Referenten (hintere Reihe v.l.n.r: Dr. Bernhard Kromp, Michael Jäger, Rainer Roehl, Thomas Voß, Doris Senf; vordere Reihe v.l.n.r.: Astrid Engel, Angelika Lintzmeyer, Sandra Benke, Benedikt Bisping)
2 Zentrale Inhalte Bio-Lebensmittel als Baustein einer nachhaltigen Beschaffung Rainer Roehl, von der Agentur a verdis zeigte auf, warum Bio-Lebensmittel zentraler Bestandteil einer nachhaltigen Beschaffungsstrategie sein sollten. Denn die Außer-Haus- Verpflegung (AHV) hat in dreifacher Hinsicht Bedeutung für eine nachhaltige Entwicklung: 1. Ökologische und ökonomische Bedeutung ( ökologischer Fußabdruck ) 2. Wachsende gesundheitliche Bedeutung der AHV 3. Gemeinschaftsverpflegung als zentraler Ort für Ernährungsbildung. Er vertrat die These, dass die AHV in Zukunft der wichtigste (vielleicht sogar der einzige!) ernährungspolitische Gestaltungsort sein wird. Dem Einsatz von Bio-Lebensmitteln käme eine zentrale Bedeutung zu, weil sie nicht nur einen hohen ökologischen und (globalen) sozialen Nutzen haben, sondern auch einen gesundheitlichen Nutzen ( Bio-Konsumenten leben insgesamt gesünder und nachhaltiger die inhaltliche Qualität von Bio-Lebensmittel spielt dabei nur eine sekundäre Rolle). Erfolgsfaktoren für die Umsetzung in der kommunalen Beschaffung sind: 1. Gute Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung und anderen Akteuren 2. Weitsichtige und kluge Ausschreibungspolitik 3. Beharrlichkeit und Pragmatismus ( Einstieg z.b. mit 15 % Bio-Anteil). Vergaberecht erlaubt Bio-Kriterien Prof. Dr. Christopher Zeiss von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Bielefeld bekräftige, dass Kommunen im Rahmen des Vergaberechts Bio-Kriterien vorschreiben können. Die Beschaffungsverantwortlichen haben dafür vier Ansatzpunkte: 1. Bei den Eignungskriterien für die Bieter 2. Bei den Ausführungsbestimmungen 3. In der Leistungsbeschreibung 4. Bei den Zuschlagskriterien Anhand von Formulierungsvorschlägen zeigte Professor Zeiss anschaulich, worauf bei einer Ausschreibung zur Beschaffung von Biolebensmitteln zu achten ist. Dies ist zum Einen wichtig, um sicherzustellen, dass die Ausschreibung vergaberechtlich korrekt formuliert ist und zum anderen, damit man die gewünschte Qualität auch tatsächlich angeboten bekommt (z.b. Verbandsware). Ausdrücklich verwies er in diesem Zusammenhang auf den neuen, vom deutschen Biostädte-Netzwerk herausgegebenen sehr gut geeigneten Praxisleitfaden.
3 Erfahrungsberichte aus Kommunen Drei Praxisberichte aus den Städten Wien (Dr. Bernhard Kromp, Bioforschung Austria), München (Angelika Lintzmeyer, Referat für Gesundheit und Umwelt) und Lauf an der Pegnitz (Benedikt Bisping, Erster Bürgermeister) zeigten auf, dass und wie der Einsatz von Bio- Produkten in der Praxis gelingen kann. Um den Weg dafür zu bereiten, bedarf es dabei immer klarer politischer Vorgaben und Beschlüsse so die einhellige Botschaft. Die Stadt Wien hat bereits im Jahr 1999 eine Bio-Quote von 30 Prozent im Klimaschutzprogramm KLIP per Gemeinderatsbeschluss verankert. Heute wird der Bio-Gedanke an vielen Stellen umgesetzt: In den Kindergärten und Horten (Bio-Anteil: über 50 %), in den öffentlichen Ganztagesschulen (Bio-Anteil: 40 %), im Verbund der Wiener Krankenanstalten (Bio-Anteil: 32,5 %), in den Wiener Pensionistenwohnhäusern (Bio-Anteil 34 %). Die Einrichtung einer ÖkoKauf AG für Lebensmittel, in der BeschafferInnen, Beamte aus dem Umweltbereich und externe ExpertInnen Standards für die Beschaffung definieren, war und ist ein wichtiger Baustein der Wiener Strategie. In der Biostadt München beruht der Erfolg ebenfalls auf klaren politischen Beschlüssen (der erste stammt aus dem Jahr 2006) und einem breiten Netzwerk innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung (z.b. beim Kooperationsprojekt Inzwischen liegt der Bio-Anteil in städtischen Kitas bei 50 % (bei Fleisch 90 %), in städtischen Kantinen bei % (30 % bei Fleisch) und 20 % bei städtischen Empfängen (bei Fleisch 100%). Um zu gewährleisten, dass die Qualitätsvorgaben in KiTas auch von den Einrichtungen mitgetragen werden, werden alle Küchenverantwortlichen der über 600 städtischen KiTas umfassend geschult. Außerdem steht ihnen ein elektronischer Biospeiseplaner zur Verfügung, der eine detaillierte Planung unter Berücksichtigung von ernährungsphysiologischen Anforderungen der jeweiligen Altersgruppe und der Kosten ermöglicht. In der fränkischen Biostadt Lauf hat der Umweltausschuss einstimmig beschlossen, das Beschaffungswesen nach umweltfreundlichen, sozialen und regionalen Kriterien weiter zu entwickeln. In der Schul- und Kita-Verpflegung werden aktuell etwa 20 % Bio-Anteil eingesetzt. Entscheidend für den Erfolg ist dabei, die Menschen über Herz und Gaumen zu erreichen. Beschlüsse zum Beschaffungswesen sollten flankiert werden mit Maßnahmen, die auch Leidenschaft und Empathie wecken (Aktionen an Schulen, in Ferienprogrammen, zur Vermarktung, Kochaktionen mit Kindern und Lehrkräften etc.). Mehr Bio auf den Teller Die vorgestellten Praxisbeispiele aus der Gemeinschaftsverpflegung machten deutlich: In ganz unterschiedlichen Einrichtungen vom Studentenwerk bis zur Klinik, von der Schul- und Kita-Verpflegung bis zu öffentlichen Kantinen gibt es erfolgreiche Beispiele für den Einsatz von Bio-Produkten. Auch wenn jede Einrichtung dabei immer die für sie geeigneten Lösungen finden muss, lassen sich einige häufig genannten Stichpunkte festhalten: Bio-Essen muss in erster Linie gut schmecken Empfehlenswert ist die Auslobung von Rohstoffen
4 Mischkalkulationen erleichtert die Preisgestaltung Reduktion des Fleischeinsatzes zu Gunsten von pflanzlichen Lebensmitteln Einbindung der Bio-Einführung in Konzepte zur Qualitätsentwicklung bessere Kommunikation innerhalb der Lieferkette Vorbildfunktion der öffentlichen Hand wahrnehmen Wertschätzung von Lebensmitteln fördern Ein wichtiger Punkt wurde von den ExpertInen zwar nicht explizit genannt, war aber immer zu spüren: Bei allen erfolgreichen Beispielen spielen immer einzelne Personen eine entscheidende Rolle. Fazit Das Fazit der Tagung Mehr Bio-Lebensmittel in Kommunen lässt sich unter vier Überschriften zusammenfassen: Relevanz und Resonanz Immer mehr Kommunen und andere Akteure erkennen die Relevanz des Themas. Es geht dabei nicht in erster Linie darum, einzelne Leuchtturmprojekte umzusetzen. Die Forderung nach einem Bio-Anteil in der Gemeinschaftsverpflegung wird in Deutschland zu einer Herausforderung, der sich Kommunen mit einem Anspruch an Nachhaltigkeit zunehmend stellen müssen. Die große Resonanz auf die Tagung zeigte: Eine wachsende Zahl von Kommunen und anderen Marktakteuren interessiert sich dafür, wie sie mehr Bio in die kommunale Beschaffung bringen können. Auf einer im Verlauf der Veranstaltung durchgereichten Liste bekundeten fast 30 Personen ihr Interesse an einem weiteren Kontakt mit dem Netzwerk. Vergaberecht erlaubt Bio-Kriterien Das Vergaberecht erlaubt es Kommunen, in der Beschaffung Bio-Kriterien vorzuschreiben. Dafür gibt es verschiedene Ansatzpunkte. Allerdings ist es entscheidend, dass bei Ausschreibungen auch die Details richtig formuliert werden, um am Ende die gewünschten Lieferanten bzw. Leistungen zu erhalten. Der Praxisleitfaden gibt dazu nützliche Hinweise und über das Netzwerk Deutscher Biostädte können Kommunen von den Erfahrungen anderer Städte profitieren. Praxisbeispiele machen Mut Insgesamt acht Expertinnen und Experten aus Kommunen und der Gemeinschaftsverpflegung zeigten in ihren Vorträgen bzw. Beiträgen in der Diskussionsrunde, dass und wie Bio-Lebensmittel in der Außer-Haus-Verpflegung erfolgreich eingesetzt werden können. Viele Küchen machen gute Erfahrungen damit, schrittweise vorzugehen und zunächst einzelne Komponenten in Bioqualität einzusetzen. Wenn Kommunen das Thema in ihren Einrichtungen voran bringen wollen, ist es entscheidend, dass am Beginn des Prozesses ein politischer Beschluss dafür den Weg ebnet.
5 Vernetzung als entscheidender Erfolgsfaktor Das A & O für den Erfolg ist zudem eine gute Vernetzung, so der einhellige Tenor in den Vorträgen und Diskussionen. Dies gilt nicht nur für Kontakte zwischen Kommunen und Großküchen zum Austausch von Erfahrungen, sondern auch entlang der ganzen Wertschöpfungskette. Die Praxisbeispiele belegen in vielfacher Weise, dass eine gute Zusammenarbeit mit Lieferanten, Caterern und anderen Akteuren eine entscheidende Rolle spielt. Vorhandene Netzwerke wie das Bio-Mentoren-Netzwerk oder das Netzwerk deutscher Biostädte können dabei hilfreich sein; aber es kommt auch darauf an, sich regional zu vernetzen und dafür geeignete Formen und Formate zu finden. Die Tagung wurde durchgeführt im Rahmen des Projekts des Netzwerks deutscher Biostädte Strategien und Konzepte zur erfolgreichen Einführung von Bio-Lebensmitteln in Kommunen. Sie wurde gefördert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft.
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