Wissenschaftliche Mythen um Demografie und Altern
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- Günther Boer
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1 Wissenschaftliche Mythen um Demografie und Altern Gunther Tichy Referat auf dem Symposium Gesünder länger Leben Donau-Universität Krems, 11./12. Dezember 2007
2 Die drei zentralen Mythen Der demografische Belastungsmythos Der Produktivitätsverlust/Vergreisungs-Mythos Der Unfinanzierbarkeitsmythos
3 Der demografische Belastungsmythos in Tsd. Gesamtbevölkerung Demografische Alterbelastung (1) 20-unter65-Jährige (2) über 65-Jährige Demograf. Altersbelastungsquote (2)/(1) 25 % 50 % Infolge des Alterns der Bevölkerung müsse jeder Junge in Zukunft doppelt so viele Alte erhalten
4 Der demografische Belastungsmythos ist die falsche Antwort auf eine richtige Frage Problematik demografischer Prognosen Wer erhält wen?
5 Problematik demografischer Prognosen Prognose der Gesamtbevölkerung Tsd. Personen
6 Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter Bevölkerungsprognose Jahre Tsd.Personen
7 Wer erhält wen? Nicht die Jungen erhalten die Alten sondern die Arbeitenden die Nicht-Arbeitenden Zu den Nicht-Arbeitenden gehören die Kinder die Arbeitslosen ( unter 50) die Frühpensionisten ( )* Die demografische Belastung wird daher vor allem von der Entwicklung des Arbeitsmarkts abhängen: Gelingt es Arbeitslosigkeit und Frühpensionen zu reduzieren? * jährige bei einer Erwerbsquote von 70 % statt 48 %
8 (0) Gesamtbevölkerung Demografische Alterbelastung (1) 20-unter65-Jährige (2) über 65-Jährige Demograf. Altersbelastungsquote (2)/(1) 25 % 50 % Demografische Gesamtbelastung (1) 20-unter 65-Jährige (3) 0-unter20- und über 65-Jährige Demograf. Gesamtbelastungsquote 62 % 85 % Arbeitsmarkt-Belastung (4) Arbeitslose unter 50 Jahre (5) Frühpensionisten Arbeitsmarkt-Belastungsquote (4+5)/(1) 19 % 12 % Volkswirtschaftliche Gesamtbelastung (6) Erhalter (1)-(4+5) (7) zu Erhaltende (0)-(6) Volkswirtschaftl. Gesamtbelastungsquote 101 % 108 %
9 Die zunehmende Zahl der Alten wird durch eine abnehmende Zahl von Kindern, Arbeitslosen und Frühpensionisten fast vollständig kompensiert Alternsbelastungsquote 25 % 50 % Volkswirtsch.Gesamtbelastung 101 % 108 %
10 Der Produktivitätsverlust-/ Vergreisungs-Mythos Da die Produktivität mit dem Alter sinkt, müssen wir mit schrumpfender oder jedenfalls erheblich langsamer wachsenden Produktion rechnen
11 Der Fehlschluss vom Einzelnen auf die Gesellschaft Produktivität im Lebensverlauf des Einzelnen Produktivität in der Alternden Gesellschaft Falsche Annahme, dass die Charakteristika und Verhaltenweisen der Menschen trotz steigender Lebenserwartung unverändert blieben Lebenserwartung (+ 1 ½ - 3 Monate/Jahr) Disability free life expectancy (+ 3 Monate/Jahr) Activity limitations -1%/Jahr Rückgang schwerer manueller Arbeit Bildung, Gesundheitsvorsorge Vergleich mit Großeltern-Generation
12 FAZIT: Bei steigender beschwerdefreier Lebenserwartung verschiebt sich die Produktivitätskurve; der Abfall setzt später ein.
13 Der Unfinanzierbarkeitsmythos Die steigende Zahl der Alten, ihre sinkende Produktivität, und die sinkende Zahl der Jungen machen das System unfinanzierbar.
14 Die Unfinanzierbarkeit ist ein Mythos Die Zahl der Arbeitenden wird bloß wenig zurückgehen Die Verringerung der Zahl der Arbeitslosen und Frühpensionisten entlastet doppelt sie benötigen keine Transfers mehr sie zahlen selbst Beiträge Selbst im Altersverlauf des Einzelnen sinkt die Produktivität bei den meisten Aufgaben bloß wenig Der Produktivitätsverlauf einer alternden Gesellschaft sinkt nicht sondern verschiebt sich
15 Die Produktivität und damit die Gütermenge wird weiterhin wachsen Produktivität ? +1,7%/Jahr BIP/Erwerbstätigen % BIP/Kopf % +1,0%/Jahr BIP/Erwerbstätigen % BIP/Kopf %
16 doch nicht ohne Voraussetzungen Die Berechnung geht von einer Erwerbsquote der Jährigen von 70 % (statt 48 %) aus = höheres Pensionsantrittsalter Das ist zumutbar Bereits heute in Skandinavien Beschwerdefreie Lebenserwartung steigt noch rascher als Lebenserwartung Es erfordert aber Begleitmaßnahmen Lebenslanges, berufsbegleitendes Lernen Rechtzeitige Umschulung Altersgerechte Arbeitsplätze Präventivmedizin
17 FAZIT: Die Verteilungsmasse wird auch in Zukunft für mehr Wohlstand der Alten wie der Jungen ausreichen Das Umlageverfahren ist weder unfinanzierbar noch überholt, es ist unverzichtbar, bedarf jedoch institutioneller Änderungen: Nachfrage-, Arbeitsmarkt-, Verteilungspolitik Neudefinition der Anspruchsberechtigung Umschichtung der Finanzierung
18 Resümee der Entmythologisierung Die demografische Belastung wird steigen, nicht jedoch die volkswirtschaftliche Belastung der Arbeitenden durch Nicht-Arbeitende Die steigende Zahl von Arbeitskräften und die weiterhin steigende Produktivität sichern auch künftig eine ausreichende Verteilungsmasse Unfinanzierbar ist die Altersversorgung bloß bei Vernachlässigung institutioneller Anpassungen
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