Keine Berührungsangst! Predigt zu Mk 1,40-45 (14. So n Trin, )
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- Marie Lenz
- vor 6 Jahren
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1 Keine Berührungsangst! Predigt zu Mk 1,40-45 (14. So n Trin, ) Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Amen. Liebe Gemeinde, das Wort Gottes, das uns als Predigttext heute Morgen gegeben ist, steht in Markus 1, die Verse 40 bis 45: 40 Und es kam zu Jesus ein Aussätziger, der bat ihn, kniete nieder und sprach zu ihm: Willst du, so kannst du mich reinigen. 41 Und es jammerte ihn und er streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach zu ihm: Ich will's tun; sei rein! 42 Und sogleich wich der Aussatz von ihm, und er wurde rein. 43 Und Jesus drohte ihm und trieb ihn alsbald von sich 44 und sprach zu ihm: Sieh zu, dass du niemandem etwas sagst; sondern geh hin und zeige dich dem Priester und opfere für deine Reinigung, was Mose geboten hat, ihnen zum Zeugnis. 45 Er aber ging fort und fing an, viel davon zu reden und die Geschichte bekannt zu machen, sodass Jesus hinfort nicht mehr öffentlich in eine Stadt gehen konnte; sondern er war draußen an einsamen Orten; doch sie kamen zu ihm von allen Enden. (Gebet) Liebe Gemeinde, wieder eine Heilungsgeschichte. So wie schon in der Schriftlesung. In den vier Evangelien gibt es zahlreiche 1
2 Heilungsgeschichten. Jede ist ein bisschen anders. Jede wird ein bisschen anders erzählt, denn jedes Mal geht es um eine neue Begegnung Jesu mit einem oder mit mehreren Menschen. Und das macht diese Geschichten so spannend. Hier, in Markus 1 kommt ein Aussätziger zu Jesus. Es handelt sich also um dieselbe Krankheit wie bereits in der Schriftlesung. Aussatz war eine Hautkrankheit, nicht unbedingt die schwere Form der Lepra, aber zumindest irgendeine eine Art von Ausschlag oder Geschwür. Aussatz war eine spezielle Krankheit. Sie hatte im Unterschied zu anderen Krankheiten soziale Auswirkungen für den Betroffenen. Wer an Aussatz erkrankt war, galt so war es in den Gesetzen des Mose festgelegt als unrein. Er durfte deshalb nicht mit anderen Menschen in Kontakt kommen. Sonst galten diese ebenfalls als unrein. Mit Aussätzigen wollte man darum nichts zu tun haben, nicht nur aus Angst vor Ansteckung, nicht nur weil ihr Äußeres entstellt war, sondern weil sozusagen die Sünde an ihnen klebte. Es ist wichtig, dass wir uns das bewusst machen, wenn wir verstehen wollen, warum Jesus auffällig oft Aussätzige geheilt hat. Natürlich gab es auch damals schon Halsweh, Knochen- 2
3 brüchen oder Nierenkoliken. Und vermutlich hat Jesus auch solche Krankheiten geheilt. Aber wir erfahren nichts darüber. Anders mit dem Aussatz. Als Jesus einmal sein ganzes Wirken zusammenfasst, zählt er auf: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt. Die Heilung von Aussätzigen gehörte sozusagen zu Jesu Programm. Das fällt auf. Genauso wie die Tatsache, dass Jesus zu bestimmten Personengruppen einen besonders engen Kontakt hatte, z.b. zu den Zöllnern. Die waren zwar nicht krank nur geldgierig aber: Auch sie waren in der Gesellschaft außen vor. Auch sie galten als unrein: Angestellte der verhassten Römer! Auch mit ihnen hatte man nichts zu tun. Liebe Gemeinde, wer sind die Aussätzigen und Zöllner bei uns? Mit wem tun wir uns schwer und vermeiden einen näheren Kontakt? An unserem Arbeitsplatz, in unserer Nachbarschaft, in unserem Ort? Wenn uns jetzt jemand vor Augen ist, können wir ziemlich sicher sein: Zu demjenigen oder zu dieser Personengruppe würde Jesus heute geradewegs hingehen! Kennen Sie den Spruch: Hier sieht s ja aus wie bei Hempels unterm Sofa! Raten Sie mal, wer bei Hempels auf 3
4 dem Sofa sitzt. Da sitzt Jesus. Genau da. Weil die Hempels für andere zum Sprichwort geworden sind. Zum Schimpfwort, bei dem man arrogant die Nase rümpft, wenn man es ausspricht. Mit den Aussätzigen und den Zöllnern hatte man damals nichts zu tun. Außer man hieß Jesus von Nazareth und hatte den Auftrag von Gott, den Menschen Gottes Liebe nahe zu bringen. Und das ist es, was Jesus hier tut. Wie reagiert Jesus auf die Bitte des kranken Mannes? 1. Es jammerte ihn. Jammern meint hier kein wehleidiges Klagen. Der griechische Begriff jammern meint wörtlich eine heftige Bewegung der Körperregion, wo die Gefühle beheimatet sind. Nach antikem Denken sind das die Eingeweide. Deshalb sagen wir heute noch: Das geht mir an die Nieren. Jesus lässt das Leid dieses Menschen nicht kalt. Es ruft sein Mitleid, sein Mitgefühl hervor. 2. Er macht eine Bewegung auf ihn zu. Konkret: Jesus streckt die Hand nach ihm aus. Überlegen Sie mal, wann dieser Aussätzige zum letzten Mal erlebt hat, dass ein anderer sich nach ihm ausgestreckt hat. Das hat er gar nicht mehr gekannt. 4
5 Sonst haben sich immer nur alle von ihm abgewandt. Er musste sich strecken und langmachen, wenn er auch nur ein bisschen Aufmerksamkeit bekommen wollte. 3. Jesus rührt ihn an. Was tut er da? dachten die Menschen drum herum. Was tut er da? dachte der Aussätzige. Er riskiert seine Gesundheit und er riskiert seine eigene Reinheit. Er macht sich unrein! Jesus musste Menschen nicht unbedingt berühren, um sie zu heilen. Manchmal hat er nur mit einem Wort geheilt, manchmal sogar aus der Entfernung. Den aussätzigen Mann berührt Jesus, als er noch krank ist. Und alle sollen es sehen. 4. Er heilt ihn: Ich will s tun. Sei rein! Und dieses Wort wirkt unmittelbar. In all dem wird deutlich, hier und in jeder anderen Heilungsgeschichte: Jesus wendet sich dem einzelnen Menschen zu und ist in dem Moment ganz für ihn da. Dieser Mensch ist ihm wichtig, nicht nur seine Aufgabe, sein Plan, schon gar nicht sein Ansehen und seine Unversehrtheit: Jesus geht das Risiko der Berührung ein das Risiko, sich berühren und bewegen zu lassen. Was heißt das für uns als Gemeinde? Was heißt das für uns, wenn wir Mitarbeiter in der Kirche sind? 5
6 Es heißt, dass auch wir nicht zuerst unsere Pläne oder unsere Aufgaben im Blick haben, nicht zuerst Zahlen oder Statistiken, sondern die Menschen, mit denen wir zusammen sind. Und dass wir bereit sind, uns von ihnen anrühren zu lassen: Von den Kindern in der Jungschar oder im KiGo, von den Konfis, von den Jubilaren, die wir besuchen, von den Senioren im Seniorennachmittag oder im Altenheim: Gemeindeleben besteht immer aus Begegnungen und klar: da ist immer auch ein Stück Ungeplantes dabei. Und das darf so sein. Dort, wo Menschen sonst zusammen kommen, ist das anders. Beim Fußball ist erstmal wichtig, dass man gut trainiert und erfolgreich spielt. Im Musikverein oder im Chor geht es darum, konzentriert zu proben und schöne Aufführungen aufzuführen. Sicher, dabei kommt es dann auch oft zu Begegnungen und es werden Beziehungen geknüpft. In der Kirche geht es von Anfang an darum. Deshalb ist beim Seniorennachmittag das Kaffeetrinken wichtig. Und bei der Jugendfreizeit die freie Zeit. Und bei der Jungschar der Erzählkreis. Und dann nochmal: Es ist ein Aussätziger, den Jesus heilt, ein Außenseiter. 6
7 Wir sind nicht Jesus. Schon klar. Wir können nicht einfach mal eben jemanden vom Aussatz heilen. Aber von den vier Reaktionen Jesu können wir drei ebenfalls tun: 1. Uns anrühren lassen; 2. Uns auf andere zubewegen; 3. Mit Menschen in Berührung kommen ohne zu denken: Schadet mir das? Nachher z.b. beim ABM: Da gibt es den Friedensgruß, und am Ende den Kreis, bei dem wir uns an den Händen halten. Manchmal erzählen Menschen mit großer Entrüstung, dass sie kürzlich in der Kirche waren, und der Pfarrer hat sie plötzlich aufgefordert, wildfremden Menschen die Hand zu geben. Also wirklich: Das will ich nicht! Das verletzt doch meine Privatsphäre! 70 cm Abstand bitte, alles andere ist aufdringlich! Aber was wäre denn, wenn wir uns an Paulus halten würden? Der ermahnt seine Gemeinden, sie sollen einander mit dem heiligen Kuss grüßen. Christsein erfordert von uns, Berührungsängste abzubauen. Das kommt daher, dass Jesus das große Vorbild darin ist, Berührungsängste abzubauen. Schließlich scheut er auch nicht davor zurück, mir persönlich zu begegnen, mich zu berühren, in meinem Herzen zu wohnen. 7
8 Wir nennen Jesus unseren Heiland. Warum? Weil er unser Leben heil macht. Was heißt das? Es kommt wieder in Ordnung, Sünde wird vergeben, Schuld wird bereinigt. Und was heißt das ganz konkret? Jesus ermöglicht uns neue Gemeinschaft mit Gott und miteinander. Jesus zeigt sich auch darin als unser Heiland, dass er uns dazu befreit, mit anderen Menschen in Berührung zu kommen. Nicht vor dem Kontakt mit ihnen zurückzuschrecken, egal ob sie krank oder fremd oder anders sind. Menschen spüren, ob sie in einer Gemeinde, in einem Gottesdienst, in einer Gemeindegruppe willkommen sind oder nicht. Bei uns sollen sie willkommen sein! Klar, Begegnung kann Folgen haben das hatte sie auch für Jesus. Weil der Geheilte seine Begeisterung nicht unterdrücken kann, kommen immer mehr Menschen zu Jesus. Er muss sich zurückziehen. Dadurch verändern sich seine Pläne, aber das macht nichts. Weil Jesus weiß: Ich muss den Plan erfüllen, den mein Vater im Himmel für mich vorgesehen hat. Und der lautet: Zu den Menschen gehen und mit ihnen in Berührung kommen. Diesem wunderbaren Plan haben wir unser Heil zu verdanken. Und um diesen Plan weiter auszuführen, möchte 8
9 Jesus uns als Christen und als Gemeinde einspannen. Was kann es Besseres geben? Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsre Herzen und Sinne in Christus Jesus. G: Amen. 9
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