Onlinevertrieb welche kartellrechtlichen Eingriffe braucht es? Studienvereinigung Kartellrecht e.v., Arbeitsgruppe Schweiz Bern, 13.
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- Krista Hertz
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1 Onlinevertrieb welche kartellrechtlichen Eingriffe braucht es? Studienvereinigung Kartellrecht e.v., Arbeitsgruppe Schweiz Bern, 13. Juni 2014 Agenda Behördliche Verfolgungspraxis im Überblick Vertikale Preisbindung Selektiver Vertrieb Duale Preis- und Rabattsysteme MFNs und Onlineplattformen Fazit 2
2 Europäische Kommission Dezember 2013: Durchsuchung von Elektronikherstellern und Händlern wegen vermuteter Behinderung von Online Verkäufen : Überarbeitung von Vertikal-GVO und Vertikal-Leitlinien als Ergebnis intensiver Lobby Arbeit 2009: Amicus brief zum Cour d Appel, Paris (Pierre Fabre) Pressemitteilungen: Yves Saint Laurent (2001), B&W Loudspeakers (2002) 3 Nationale Kartellbehörden Frankreich: Sektoruntersuchung e-commerce (2012); Bang & Olufsen (2013); Hotelbuchungsplattformen (ongoing) Sektoruntersuchung: E-commerce often offers consumers lower prices and more choice than the traditional retail sectors. Manufacturers and traditional retailers should therefore ensure that their marketing agreements (selective distribution, different purchase prices or shipping terms, etc.) do not curb the development of on-line sales and the resultant increase in competitive pressure. UK: Amazon (2013), Hotelbuchungsplattformen (2013); mobile scooters (2014), [sports bras (ongoing)] 4
3 Nationale Kartellbehörden (2) Italien: Enervit (2014), [Power One (ongoing)] Weitere Behörden mit starkem Augenmerk auf Vertikal-Verstöße (mit/ohne Online Fokus) Polen: Orlen (2013), Bona Polska (2013), Sfinks (2013), PHU Jupiler (2014), Asseco Business Solutions (2014), Swatch et. al. (ongoing) Österreich: REWE, Spar (et. al.) (2013/2014), Philips (2013), verschiedene Brauereien (2014), Elektronikindustrie/-handel (2014) Dänemark: Miele (2013), BSH (2013), Georg Jensen (2013), HG Agencies (2013), Unilever (2013), Vila (2013), Hummel (ongoing) 5 Bundeskartellamt Preisbindung: Phonak (2009), Ciba (2009), Garmin (2012), Wala (2013) Selektivvertrieb: Sennheiser (2013), Asics, adidas (ongoing) Duale Preisstellung: Dornbracht (2011), Garmin (2012), Gardena (2013), BSH (2013) MFN: Amazon (2013), HRS (2013), Booking.com, Expedia (ongoing) 6
4 Preisbindung Deutschland ( 21 (2) GWB) und Österreich ( 1 (4) KartG): einseitiger Preisdruck reicht Handreichung BKartA (2010), Leitlinien BWB (2013) Mündlichkeit schützt vor Strafe nicht (BKartA TTS (2013)): Händler als Zeugen Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung Ausnahmen in para. 225 V-LL für Freistellung nach Art. 101 (3) AEUV bislang ohne praktische Bedeutung (siehe z.b. Polen Orlen, Sfinka) 7 Selektivvertrieb Art. 101 (1) AEUV nicht anwendbar auf rein qualitativen selektiven Vertrieb (EuGH Metro, L Oreal) Vertikal-GVO: Freistellung von selektiven Systemen im Sinne des Art. 1 (1) lit. e sofern Anwendungsbereich Vertikal-GVO eröffnet keine Kernbeschränkungen EuGH Auto24/Jaguar (2012): keine weitergehenden qualitativen Anforderungen an Selektionskriterien im Anwendungsbereich der Kfz [Vertikal-]GVO Entzug der Freistellung möglich, Art. 29 (1) (2) VO 1/2003 8
5 Selektivvertrieb (2) Grundsätze für Selektivsysteme i.r.d.vertikal-gvo: Totalverbot des Internets ungeachtet von Vertriebsform ist Kernbeschränkung (EuGH Pierre Fabre (2011) Ausschluss von pure player über Erfordernis physischer/n Verkaufsstätte/n (Art. 4 lit.c, Rn. 54 V-LL) Kompromiss der Kommission für Internetkriterien keine relative Begrenzung der Online-Verkäufe, Rn. 52 c V-LL keine duale Preisstellung für online und offline Verkäufe, Rn. 52 c, Rn. 64 V-LL Qualitätskriterien äquivalent mit offline-kriterien, Rn. 54ff V-LL Ausschluss des Vertriebs von Drittplattformen möglich, Rn. 54 V-LL 9 Selektivvertrieb (3) Bundeskartellamt Asics, adidas Beschwerdepunkte Asics am 28. April 2014 versandt: Im Fokus: Verbot des Verkaufs über Drittplattformen Verbot der Unterstützung durch Preissuchmaschinen keine Nutzung von Markenzeichen auf Internetseiten Dritter (z.b. für Google Adwords) starke Ausdifferenzierung des Selektivsystems mit unterschiedlicher Zuweisung von Produktsegmenten Der Vorwurf: Kernbeschränkungen im Hinblick auf Verbote Drittplattform, Preissuchmaschinen, Markennutzung de facto Ausschlusss des Internets System dient in erster Linie Preiskontrolle im Internet 10
6 Selektivvertrieb (4) Im Fokus: Verbot des Vertriebs über Drittplattformen Echtes/unechtes qualitatives Selektionskriterium? Kernbeschränkung? Contra: Kommission (Rn. 54 V-LL), OLG München (2009), OLG Karlsruhe (2009) Pro: Bundeskartellamt? KG Berlin (wegen Diskriminierung) (2013), LG Kiel (2013) Freistellung nach Art. 101 (3) AEUV? Konsistenz des Lieferantenverhalten online/offline Produktbeschaffenheit? 11 Duale Preisstellung Unzulässige Elemente Kick-back Systeme: Garmin (2012) Gestaffelte Funktionsrabatte nach Vertriebsweg: Gardena (2013) Quotenfestsetzung mit unterschiedlichen Rabattsätzen: BSH (2013) Qualitätskriterien, die nur im Offline Handel erreichbar sind (fachmännische Montage, after sales services): Dornbracht (2011) Offenlegung von Absatzquoten (Dornbracht, BSH) 12
7 Duale Preisstellung (2) Zulässige Elemente: Funktionsrabatte für äquivalente Präsentations- / Beratungsleistungen (Gardena) Fixe Zuschüsse an stationäre Händler (Rn. V-LL 52 lit. d, Dornbracht, Gardena, BSH) Quotenermittlung durch neutralen Dritten (BSH) Flexible Quoten, die auch unterjährig durch Händler verändert werden können (BSH) Unklar: Rn. V-LL 64 ff. Nachweis von erhöhten Kosten im stationären Vertrieb 13 MFNs und Onlineplattformen Bisher keine materielle Aussage durch EU Kommission (ebooks) Europaweite Ermittlungen in Bestpreisklauseln von Online-Hotelplattformen: UK (2013), Bundeskartellamt (2013) Andauernde Untersuchungen u.a. in Frankreich, Italien, Norwegen, Schweden, Schweiz, Ungarn Ermittlungen in Preisparitätsklauseln Amazon: UK (2013), Bundeskartellamt (2013) 14
8 MFNs und Onlineplattformen (2) Bundeskartellamt unterscheidet zwischen: Horizontalen MFNs (Amazon) - Kernbeschränkungen Vertikalen Bestpreisklauseln/MFNs (Hotelplattformen) wohl keine Kernbeschränkung Für Vertikale MFN zentral: Marktanteilsschwelle 30% Wenn >: Art 101 (3) AEUV mit negativem Ausgang: HRS (2013) (Beschwerde eingelegt) Wenn <: ggf. Entzug der Freistellung Expedia? CMA (UK): kein Fokus auf vertikale MFN sondern auf Preisbindung: temporäre Nichtdurchsetzung als Zusage ausreichend (Beschwerde eingelegt) 15 Fazit Wo ist die Europäische Kommission? Trotz möglicher Pilotverfahren bleibt die Kommission ohne erkennbare Rolle Vertikal-Leitlinien in wichtigen Fragen lückenhaft oder womöglich sogar ohne Bestand Bedenklich: Onlinevertrieb als Synonym für Preiswettbewerb Intra Brand-/Qualitätswettbewerb offenbar auf nationaler Ebene nachrangig Selektive Systeme unter Generalverdacht Onlineplattformen zwischen Fluch und Segen 16
9 Kontakt Dr. Stephanie Pautke, LL.M. Commeo LLP Rechtsanwälte und Notar Werfthaus, Speicherstraße Frankfurt am Main Tel Fax
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