Allgemeines Verwaltungsrecht
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- Paulina Falk
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1 Prof. Dr. Felix Uhlmann Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Rechtsetzungslehre AVR 4 Universität Zürich Prof. Dr. Felix Uhlmann 1
2 Nachtrag: Zweitwohnungen Was bedeutet die Initiative für hängige Baugesuche? Prof. Dr. Felix Uhlmann 2
3 Der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung Prof. Dr. Felix Uhlmann 3
4 Grundprinzipien des Verwaltungsrechts Grundprinzipien des Verwaltungsrechts Legalitätsprinzip (im Abgaberecht) Rechtsgleichheit Willkürverbot Öffentliches Interesse Verhältnismässigkeit Treu und Glauben Art. 5 Abs. 1 BV Art. 8 BV Art. 9 BV Art. 5 Abs. 2 BV Art. 5 Abs. 2 BV Art. 5 Abs. 3 BV Art. 127 Abs. 1 BV Art. 9 BV Rechtssicherheit Rückwirkungsverbot Vertrauensschutz Verbot widersprüchlichen Verhaltens/ Rechtsmissbrauchsverbot Zugleich verfassungsmässige Rechte Weitere einschlägige verfassungsmässige Rechte (keine Grundprinzipien): Grundrechte, Verfahrensgarantien (Art. 29 ff. BV), Verbot der Doppelbesteuerung (Art. 127 Abs. 3 BV), derogatorische Kraft von Bundesrecht (Art. 49 Abs. 1 BV), Grundsatz der Gewaltentrennung etc. Prof. Dr. Felix Uhlmann 4
5 Subsidiäre Verfassungsbeschwerde Art. 116 BGG Beschwerdegründe Mit der Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Art. 115 BGG Beschwerderecht Zur Verfassungsbeschwerde ist berechtigt, wer: b. ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat. Prof. Dr. Felix Uhlmann 5
6 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten BGE 134 I 153 ff., 156 ff. E. 4 "Der Beschwerdeführer beruft sich neben dem Willkürverbot ausdrücklich auch auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, der zwar in Art. 5 Abs. 2 BV verankert ist, aber bloss ein verfassungsmässiges Prinzip und kein Grundrecht darstellt Auch die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erlaubt es heute, das Verhältnismässigkeitsprinzip - als Grundsatz des Bundes(verfassungs)- rechts (vgl. Art. 95 lit. a BGG) - direkt und unabhängig von einem Grundrecht anzurufen In der Lehre wird diesbezüglich teils postuliert, dass das Bundesgericht im Rahmen einer Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die Verhältnismässigkeit des angefochtenen Akts grundsätzlich mit freier Kognition zu prüfen habe Dem ist beizupflichten, soweit die Anwendung von Bundesverwaltungsrecht in Frage steht, zumal die Rechtskontrolle des Bundesgerichts hier gleich weit reicht wie bisher bei der eidgenössischen Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Hingegen sind dem Bundesgericht bei der Kontrolle kantonaler Akte unter dem Gesichtswinkel des in Art. 5 Abs. 2 BV verankerten allgemeinen Verhältnismässigkeitsgebots Grenzen gesetzt Prof. Dr. Felix Uhlmann 6
7 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten BGE 134 I 153 ff., 156 ff. E. 4 Dem kantonalen Gesetzgeber steht, soweit er nicht durch Grundrechte eingeschränkt ist, ein Gestaltungsspielraum zu, den der Verfassungsrichter zu respektieren hat Einer generellen freien Prüfung der Verhältnismässigkeit stehen aber auch bei der Anwendung kantonalen Rechts gewichtige Gründe entgegen. Die speziellen Grundrechtsgarantien und die in Art. 36 BV für Einschränkungen derselben aufgestellten Voraussetzungen (gesetzliche Grundlage, öffentliches Interesse, Verhältnismässigkeit) würden verwässert und verlören letztlich den ihnen zugedachten Sinn, wenn eine gleichartige Kontrolle gegenüber sämtlichen staatlichen Anordnungen schon gestützt auf die entsprechenden allgemeinen Grundsätze in Art. 5 Abs. 1 und 2 BV erwirkt werden könnte. Zu beachten ist weiter, dass die Verletzung einfachen kantonalen Gesetzesrechts, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, keinen Beschwerdegrund darstellt (vgl. Art. 95 BGG). Die unrichtige Anwendung kantonalen Rechts kann (ausserhalb von schweren Grundrechtseingriffen) nur über das Willkürverbot erfasst werden." Prof. Dr. Felix Uhlmann 7
8 Gesetzmässigkeit der Verwaltung Prüfung der Gesetzmässigkeit 1. Erfordernis des Rechtssatzes a) Generell-abstrakt? b) Zuständige Behörde? c) Genügend bestimmt? Nein (a): Allgemeinverfügung? Rechtsnatur? Nein (b od. c): Gesetzmässigkeitsprinzip verletzt Prof. Dr. Felix Uhlmann 8
9 Gesetzmässigkeit der Verwaltung Prüfung der Gesetzmässigkeit Ja (a, b und c erfüllt) 2. Erfordernis der Gesetzesform erfüllt, wenn wie Gesetz oder Verfassung erlassen (Verfahren!) wenn Rechtssatz eine Verordnung ist: Genügende Grundlage der Verordnung entweder in Verfassung (selbstständige Verordnungen, v. a. Vollziehungsverordnungen, bspw. Polizeinotverordnung)? oder in Gesetz (unselbstständige, gesetzesvertretende Verordnungen)?, dann: Voraussetzungen der Gesetzesdelegation erfüllt? nicht durch Verfassung verboten? Delegationsnorm im Gesetz enthalten? auf bestimmte Materie beschränkt? Grundzüge der Regelung ("wichtige" Regelungen) im Gesetz enthalten? oder Ausnahme (Sonderstatusverhältnis, Verwaltung öffentlicher Grund, Aussenpolitik etc.) Prof. Dr. Felix Uhlmann 9
10 Gesetzmässigkeit (Beispiele) Beurteilen Sie 2 des deutschen, heute nicht mehr in Kraft stehenden Strafgesetzbuchs vom 18. Juli 1935: «Bestraft wird, wer eine Tat begeht, die das Gesetz für strafbar erklärt oder die nach dem Grundgedanken eines Strafgesetzes und nach dem gesunden Volksempfinden Bestrafung verdient. Findet auf die Tat kein bestimmtes Strafgesetz unmittelbar Anwendung, so wird die Tat nach dem Gesetz bestraft, dessen Grundgedanken auf sie am besten zutrifft.» Prof. Dr. Felix Uhlmann 10
11 Gesetzmässigkeit (Beispiele) 3 Verordnung über den Ortsbildschutz Bauten und Reklamen dürfen die Landschafts-, Orts-, Quartier- und Strassenbilder nicht beeinträchtigen. Sie müssen sich so in die Umgebung eingliedern, dass eine gute Gesamtwirkung entsteht. 228 Baugesetz Der Regierungsrat erlässt Vorschriften a)... b)... c) über den Schutz der Ortsbilder, d)... Eine Verfügung verbietet das neue Reklameschild an Ihrem Geschäft. Nach Meinung der Behörde entstehe am Ortsbild keine gute Gesamtwirkung. Besteht eine hinreichende gesetzliche Grundlage? Prof. Dr. Felix Uhlmann 11
12 Ermessen: Bedeutung a) Materiell-rechtlich Prüfung der Gesetzmässigkeit Erfordernis des Rechtssatzes Generell-abstrakt? b) Zuständige Behörde? c) Genügend bestimmt? b) Prozessual Qualifizierter Fehler? Ermessen oder unbestimmter Rechtsbegriff? Art. 49 VwVG Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen: a. Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens; b. Unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes; c. Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat. Prof. Dr. Felix Uhlmann 12
13 Ermessensbegriff (herkömmliche Lehre) Ermessen Tatbestandsermessen Rechtsfolgeermessen Spielraum bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Massnahmen erfüllt sind (teilweise als unbestimmter Rechtsbegriff bezeichnet) Entschliessungsermessen Entscheid darüber, ob eine Massnahme zu treffen ist Auswahlermessen Entscheid darüber, welche von verschiedenen Massnahmen zu treffen ist Prof. Dr. Felix Uhlmann 13
14 Ermessensbegriff (neuere Lehre) Typologie nach dem Ermessenszweck (vgl. Habil. Schindler, 7): Einzelfallermessen im Einzelfall angemessene Umsetzung des Gesetzes Anpassungsermessen Sachverständigenermessen Politisches Ermessen flexible Umsetzung des Gesetzes an sich wandelnde Umstände Nutzung von spezialisiertem Sachverstand bei der Umsetzung des Gesetzes politisch gestaltende Fortsetzung und Ergänzung des Gesetzes Managementermessen wirtschaftliche (effiziente) Umsetzung des Gesetzes Prof. Dr. Felix Uhlmann 14
15 Unbestimmter Rechtsbegriff Ein unbestimmter Rechtsbegriff liegt vor, wenn der Rechtssatz die Voraussetzungen der Rechtsfolge oder die Rechtsfolge selbst in offener, unbestimmter Weise umschreibt, oder wenn Tatbestandsermessen gegeben ist (abweichende Definition). [Nach der neueren Lehre räumen alle offenen Normen Ermessen ein. Auf die Figur des unbestimmten Rechtsbegriffs kann verzichtet werden; vgl. Habil. Schindler, Rz. 242 ff.] Bedeutung der Abgrenzung des unbestimmten Rechtsbegriffs zum Ermessen: Wer ist für die Konkretisierung zuständig (Verwaltung oder Gerichte)? Kriterium der Abgrenzung ist (nach der hier vertretenen Auffassung) die Eignung von Verwaltung oder Gerichten zur Konkretisierung der Norm, wobei soweit möglich auf Sinn und Zweck des massgebenden Gesetzes abzustellen ist. Prof. Dr. Felix Uhlmann 15
16 Ermessen und unbestimmte Rechtsbegriffe Handelt es sich bei den folgenden Zitaten aus Gesetzen um Ermessenbestimmungen oder um unbestimmte Rechtsbegriffe? Wer ist zur Konkretisierung aufgerufen? a. «Der Kanton kann mit Zustimmung des Bundesamtes einer ihm nach diesem Gesetz zugewiesenen Person eine Aufenthaltsbewilligung erteilen, wenn wegen der fortgeschrittenen Integration ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vorliegt» (Art. 14 Abs. 2 AsylG; SR ). b. «Die Ausleihungen einer Bank an einen einzelnen Kunden sowie die Beteiligungen an einem einzelnen Unternehmen müssen in einem angemessenen Verhältnis zu ihren eigenen Mitteln stehen» (Art. 4 bis Abs. 1 Bankengesetz; SR 952.0). c. «Der Bund kann nationale oder regionale Massnahmen der Produzenten, der Verarbeiter oder des Handels zur Förderung des Absatzes schweizerischer Landwirtschaftsprodukte im Inund Ausland mit Beiträgen unterstützen» (Art. 12 Landwirtschaftsgesetz; SR 910.1). Prof. Dr. Felix Uhlmann 16
17 Ermessensfehler F Unangemessenheit Keine Rechtsverletzung; i.d.r. keine Prüfung durch Verwaltungsgerichte W Ermessensmissbrauch Ermessensüberschreitung Rechtsverletzung; Prüfung durch Verwaltungsgerichte Ermessensunterschreitung = Ermessensbereich Prof. Dr. Felix Uhlmann 17
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