Kommunaler Spitzenverband in Deutschland und Europa.

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1 Kommunaler Spitzenverband in Deutschland und Europa 1 / 25

2 Allgemeine Entwicklungen im Vergaberecht mit Schwerpunkt bei der Vergabe von Planungsleistungen Beigeordneter Norbert Portz Deutscher Städte- und Gemeindebund 2 / 25

3 A. Umsetzung EU-RL: Seit = Neues GWB, VgV, VOB/A EU etc. Ziel BReg: Struktur und Inhalt des deutschen Vergaberechts müssen einfach und anwenderfreundlich sein! ( Oberschwelle bei Kommunen: Nur ca. 5%!) I. 1. Stufe: Gesetz gestärkt = 4. Teil GWB: Regeln zu Ablauf Vergabeverfahren Grundsätze (Neu: Wirtschaftlichkeit, Verhältnismäßigkeit), Strategische Ziele, öffentl.- öffentl. Kooperation, Konzessionen, Vergabearten, LB, Ausschlussgründe, Eignung, Selbstreinigung, Zuschlag, Auftragsausführung, Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit, Kündigung in besonderen Fällen, Nachprüfungsverfahren vor VK 3 / 25

4 II. 2. Stufe: VgV etc. regeln die Einzelheiten des Vergabeverfahrens 1. 5 neue Rechtsverordnungen (VgV, SektVO, KonzVgV, VSVgV, VergStatVO) 2. Wegfall EG-VOL/A / VOF: Integration in VgV = Abschnitte 5, 6: Planungswettbewerbe, Besondere Vorschriften für die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen 3. Ersetzung der Dreier-Kaskade durch Zweistufigkeit = GWB und VgV / VOB/A bleibt! Bewertung: - Wegfall der Kaskade bleibt unvollkommen, denn die VOB/A-(EU) bleibt bestehen! - Zuordnung zu GWB oder VgV folgt keinem erkennbaren System! (Bsp.: Eignung) 4 / 25

5 B. Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) = Liefer- u. Dienstleistungen 1. UVgO (Verwaltungsvorschrift) = Wichtig: Für Umsetzung in Kommunen = Länderrecht! UVgO: Voller Wegfall der VOL/A, 1. Abschnitt (aber 21 II UVgO: Verweis auf VOL/B) UVgO = 54 Normen und damit mehr als Verdoppelung zur VOL/A = 20 Normen Viele UVgO-Verweise auf GWB / VgV: s. 108, 123 ff., 132 GWB, 3 ff., 50 VgV (EEE) Bewertung: - GWB-/VgV-Übernahme (EU-Recht): UVgO-Angleichung / Aber: UVgO ist Haushaltsrecht - Praxistauglichkeit leidet durch viele GWB- u. VgV-Verweise / VOL/B-Verweis: Überholt - Unnötige Divergenz zu VOB/A / Forderung: Vereinheitlichung von UVgO und VOB/A! 5 / 25

6 Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) = Liefer- u. Dienstleistungen 2. Von UVgO erfasste Auftraggeber und UVgO-Regelungen zur Vergabeart: UVgO erfasst Auftraggeber : Länder regeln für Kommunen persönliche Anwendung AG-Wahl: Öffentliche oder Beschränkte Vergabe (TW), 8 II UVgO (Haushaltsrecht!?) AG-Wahl: Verhandlungsvergabe (VV) mit oder ohne TW, 8 IV Nr UVgO Wiedereinführung d. vorteilhaften Gelegenheit als Grund für VV, 8 IV Nr. 14 UVgO Bewertung: - Freiere Wahl des AG`s bei Verfahrenswahl: Positiv / Aber: Divergenz zur VOB/A! 6 / 25

7 Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) = Liefer- u. Dienstleistungen 3. Direktauftrag, Rahmenvereinbarung, Nebenangebote: Direktauftrag bis (Wirtschaftlichkeit / Sparsamkeit / Wechsel), 14 UVgO Rahmenvereinbarungen: Bis 6 Jahre Laufzeit ohne Grund, 15 IV UVgO Nebenangebote: Kein Vorschreiben / Keine Mindestanforderungen nötig, 25 UVgO Bewertung: - Verdoppelung des Werts bei Direktauftrag / Längere Laufzeit bei RV: Positiv - Schlankere Norm zu Nebenangeboten: Positiv 7 / 25

8 Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) = Liefer- u. Dienstleistungen 4. Selbstausführungsgebot, Eignungsprüfung und EEE: AG kann AN die volle Selbstausführung der Leistung vorschreiben, 26 IV UVgO 124 I Nr. 7 GWB gilt schon bei nur mangelhafter Schlechtleistung, 31 II UVgO EEE, 35 III UVgO: Aber: Keine Akzeptanzpflicht für AG hinsichtlich EEE Bewertung: - Vorgabe d. AG`s zur unmittelbaren AN-Ausführung (Selbstausführungsgebot): Positiv - Abspeckung bei Ausschluss nach Schlechtleistung (s. 124 I Nr. 7 GWB): Positiv - Verweis auf EEE auch im Unterschwellenrecht: Überfrachtung der UVgO 8 / 25

9 Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) = Liefer- u. Dienstleistungen 5. Zeitliche andere Einführung evergabe = Keine Registrierungspflicht: s. 28 I UVgO Bis : AG legt Form / Übermittlung der TA und Angebote fest, 38 I UVgO Ab : AG akzeptiert elektronische Einreichung von Teilnahmeanträgen und Angeboten in Textform nach 126b BGB, 28 II UVgO Ab : AG gibt vor, dass Unternehmen ihre Teilnahmeanträge und Angebote in Textform ausschließlich mit elektronischen Mitteln übermitteln, 38 III UVgO Ausnahmen: Bis Wert / Beschränkte Vergaben ohne TW und VV ohne TW Bewertung: - Einführung der evergabe in der VOB/A (= Wahlfreiheit) und der UVgO angleichen 9 / 25

10 Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) = Liefer- u. Dienstleistungen 6. Korrektur von Unterlagen, Rechtsschutz und Auftragsänderungen Vervollständigung / Korrektur unternehmensbezogener Unterlagen, 41 II UVgO Rechtsschutz: Keine Informations- und Wartepflicht wie in 134 GWB, 46 UVgO Auftragsänderung: Verweis auf 132 I, II, IV GWB / De-minimis bis 20 %, 47 UVgO Bewertung: - Erweiterter Vervollständigungs- / Korrekturmöglichkeit von Unterlagen: Positiv - Nichtübernahme des EU-Primärrechtsschutzes: Positiv 10 / 25

11 Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) = Liefer- u. Dienstleistungen 7. Vergabe freiberuflicher Leistungen und Durchführung von Planungswettbewerben: 50 UVgO = Vergabe freiberuflicher Leistungen = Freiberufliche Leistungen sind grundsätzlich im Wettbewerb zu vergeben. Dabei ist soviel Wettbewerb zu schaffen, wie dies nach der Natur des Geschäfts oder den besonderen Umständen möglich ist 52 UVgO = Durchführung von Planungswettbewerben: Planungswettbewerbe können insbesondere auf den Gebieten der Raumplanung, des Städtebaus, des Bauwesens oder der Datenverarbeitung durchgeführt werden Bewertung: - Freiberufliche Leistungen: Übernahme Haushaltsrecht, s. Interessenbekundung Hessen - Norm zu Planungswettbewerben: Deklaratorisch / Hinweis als Bedeutungsgewinn 11 / 25

12 C. I. Vergaberecht für Planungsleistungen bei Vergaben im EU- Bereich seit in Vergabeverordnung (VgV) geregelt 1. Abschnitte 5 und 6 der VgV: Regeln für Architekten- / Ingenieurleistungen Planungswettbewerbe : Abschnitt 5 ( 69 ff. VgV) und Abschnitt 6 UA 2 ( 78 ff. VgV) Besondere Vorschriften für die Vergabe von Architekten- / Ingenieurleistungen : Abschnitt 6 der VgV ( VgV) 2. Neu: Rahmenvereinbarung erfasst auch freiberufliche Leistungen, 21 VgV 12 / 25

13 II. Berechnung d. EU-Schwellenwerts bei Planungsleistungen 1. Berechnung des Auftragswerts ( 3 Abs. 6, 7 VgV): AG kann Aufträge für Planung und Ausführung von Bauleistungen entweder getrennt oder gemeinsam vergeben ( 3 VI S. 2 VgV) Losvergabe bei Planungsleistungen = 3 VII S. 2 VgV: Nur Lose gleichartiger Leistungen müssen addiert werden (Norm ist nicht EU-rechtlich vorgegeben!) 13 / 25

14 Berechnung des EU-Schwellenwerts bei Planungsleistungen 2. EU-Kommission-D.: Vertragsverletzung ( Stadt Elze ) = Einstellung! Sanierung Freibad: Planungsleistungen ( ): Keine Ausschreibung / Keine Addition von Objekt-, Tragwerksplanung und technischer Ausrüstung EU-Komm.: Vertragsverletzungsverfahren ( ) / Einstellung (Nov. 2016) (1) Leistungen haben innere Kohärenz / Funktionale Einheit: Addition nötig (2) Einstellung: Aufträge beendet / Aber Aufgreifen bei nächster Gelegenheit 3 VII S. 2 VgV gilt: Addition nur gleichartiger Leistungen : Wirtschaftliche oder technische Funktion der Leistung berücksichtigen (s. Begr. 3 VII VgV) Aber bei (EU-)Zuwendungen (Bsp.: EFRE-Mittel): Vorgaben achten = Addition 14 / 25

15 III. Besonderheit bei der Vergabe von Planungsleistungen 1. Leistungswettbewerb, 76 I VgV; auch 58 II VgV: Vorgabe v. Festpreisen 2. Aber: EU-Kommission hat Deutschland am vor EuGH verklagt: Kritik an HOAI-Mindestsätzen / Kein Qualitätskriterium 3. Planungswettbewerbe (PW): Aufwertung, 78 ff. VgV (Gewährleistung der besten Lösung, Qualität, Baukultur, Prüfung und Dokumentation durch AG) PW und Verhandlungsverfahren (VV) trennen / PW ersetzt nur TW = Eignung Planungswettbewerb führt daher i. d. R. nicht zur Beauftragung (Erst VV) 15 / 25

16 IV. Konkrete Vergabe von Planungsleistungen VgV = Architekten- und Ingenieurleistungen werden in der Regel im Verhandlungsverfahren mit TW nach 17 VgV oder im Wettbewerblichen Dialog nach 18 VgV (Viel seltener) vergeben 2. Andere Verfahren möglich (Bsp.: Bauüberwachung = Offenes Verfahren) 16 / 25

17 V. Planungsleistungen: Spezielle Vergabearten 1. Regel: Verhandlungsverfahren mit TW / Wettbewerblicher Dialog: 74 VgV 2. Ausnahme: VV ohne Teilnahmewettbewerb ( 14 IV VgV) = Beispiele sind: Technisch-künstlerische Gründe / Urheberrecht / Dringlichkeit (Nr. 2 u. 3) Vergabe an den Gewinner des Planungswettbewerbs, 14 IV Nr. 8 VgV = Einer d. Preisträger wird nicht automatisch AN, VK Südbayern, / 25

18 VI. VV mit TW (Planungsleistungen) = Zweistufig, 74, 17 VgV Erste Stufe TW = VU uneingeschränkt, vollständig abrufbar, 41 I VgV 1. Ausschlussgründe: 123, 124 GWB (= Abschließende Katalogtatbestände) Zwingend: Rechtskräftige Verurteilung, Geldbuße gegen Unternehmen / Planer etc. Fakultativ u.a.: Wesentlicher Mangel bei früherem Auftrag und Rechtsfolge durch AG 2. Positive Eignungsprüfung ( 122 GWB = Abschließend) / Beschränkte Prüfung auf: (1) Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung / (2) Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit, (3) Technische und berufliche Leistungsfähigkeit Referenzen von 3 Jahren bei Planungsleistungen: Zu kurz, s. 46 III Nr. 1 VgV Bei gleicher Erfüllung der Teilnehmeranforderungen = Losauswahl, 75 VI VgV 18 / 25

19 VV mit TW (Planungsleistungen) = Zweistufig, 74, 17 VgV 3. Erste Stufe = Eignungsprüfung: Grundsatz = Weniger ist Mehr! Eignungskriterien: Umsatz / Mitarbeiterzahlen = Nur wenig Aussagekraft! Eignungskriterien: Auftragsbezug / Verhältnismäßigkeit, 75 IV S. 1 VgV Beteiligung kleinerer Büros / Berufsanfänger: Voraussetzung sind aber geeignete Aufgabenstellungen, 75 IV S. 2 VgV?: Praxistauglich? Vergleichbare Referenzen / Nicht: Dieselbe Nutzungsart, 75 V S. 3 VgV (Planung eines Kindergartens erfordert keine Referenz Kindergarten ) 19 / 25

20 VII. Zweite Stufe (Verhandlungsverfahren): Strukturierter Ablauf Strukturierung d. 2. Stufe bei Verhandlungsverfahren ( 17, 51 VgV) Angabe maximaler Anzahl der Bieter, mit denen verhandelt wird: Nicht unter drei / Verhandlung nur mit geeigneten und aufgeforderten Bietern Wie viele Runden sind geplant? Wer nimmt für AG teil / Wie viele Teilnehmer der Unternehmen (Planer) sind erlaubt? Wer achtet auf die Einhaltung? Was wird verhandelt? Inhalt?, Honorar (Mindestsatz) / Verhandelbar sind Erstund Folgeangebote Nicht verhandelbar: Endgültige Angebote sowie Mindestanforderungen (Bsp.: Freistehendes Museum statt Anbau, EuGH, ) und Zuschlagskriterien (Bsp.: 80% Technische Qualität), 17 X VgV 20 / 25

21 Zweite Stufe (Verhandlungsverfahren): Strukturierter Ablauf Strukturierung d. 2. Stufe bei Verhandlungsverfahren ( 17, 51 VgV) VB / VU: Verhandlung in verschiedenen Phasen zur Verringerung d. Angebote Bindende Vorgaben / Spielräume nennen / Neu: AG kann Aufträge aufgrund der Erstangebote ohne Verhandlungen vergeben, falls er sich dies in VB oder Aufforderung zur Interessenbekundung vorbehalten hat ( 17 XI VgV) Fazit zu VV (Vergabe v. Planungsleistungen): Kooperatives Verfahren / Aber: Kompetente Verhandlungsführer nötig / Hohe Bedeutung d. Vergabevermerks 21 / 25

22 VIII. Bewertung und Zuschlag ( 127 GWB, 42, 58, 77 VgV) 1. Zuschlagskriterium: Auch Qualität etc. des Personals ( 58 II Nr. 2 VgV): Die Organisation, Qualität, Erfahrung d. Personals können Zuschlagskriterium sein, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau d. Auftragsausführung haben kann (ErwG 94 VRL: Architektenleistung) 2. EuGH, : Keine Pflicht zur Vorabbekanntmachung der Bewertungsmethode / Aber: Keine nachträgliche Veränderung der Gewichtung zulässig / so auch der BGH, für (VOB-) Vergaben unter d. EU-Schwellenwert 22 / 25

23 Bewertung und Zuschlag ( 127 GWB, 42, 58, 77 VgV) 3. Aber OLG Düsseldorf, : Bestätigung Schulnoten-Rechtsprechung = Schulnotensystem ist unbestimmt / intransparent = Vorabangabe von Unterkriterien (Zielerreichung) sowie der Bewertungsmethode nötig 4. VK Niedersachsen, : Unterschied = Geschlossenes oder Offenes Wertungssystem: Konzepte vertragen keine AG-Detailvorgaben 5. VK Sachsen, : Vergabe freiberuflicher Leistungen erlaubt geringere Anforderungen an Bestimmtheit der Bewertungsmethoden = Es genügt für konzeptionelle Darstellungen, wenn AG Zielvorstellungen hierfür vorgibt) 23 / 25

24 D. Fünf Vergabeweisheiten und eine Vergaberechts-Erkenntnis I. Vergabe gut planen - Schlechte Planungen kosten Geld, Zeit und Ärger II. Vergabe der Planung: Vorrang für Qualität und persönliche Eignung III. Auftragsbezug, Verhältnismäßigkeit achten / Kleinere Büros beteiligen IV. Vergabeunterlagen schlank gestalten = Weniger ist Mehr! V. Selbst überlegen (Was ist mir wichtig?) statt fremde Muster abkupfern Das neue Vergaberecht bietet mehr Gestaltung. In seiner Struktur ist es nicht einfacher. Viele Fragen harren der Antwort. Es bleibt daher die Erkenntnis: Nach der Reform ist vor der Reform! 24 / 25

25 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Autor Beigeordneter Norbert Portz Fon Fax August-Bebel-Allee Bonn norbert.portz@dstgb.de 25 / 25