Die Neuregelung der Ertragsrealisation nach IFRS 15. Neue Herausforderungen in der CFO-Praxis. von. Dr. Stefan Gros
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- Greta Krüger
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1 1 Die Neuregelung der Ertragsrealisation nach IFRS 15 Neue Herausforderungen in der CFO-Praxis von Dr. Stefan Gros Dr. Stefan Gros arbeitet als Finanzvorstand/CFO und Leiter Restrukturierung für Unternehmen in Umbruchsituationen. Er ist u.a. Lehrbeauftragter an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Kath. Universität Eichstätt Ingolstadt für Corporate Finance und Business Valuation (Kontakt:
2 2 Teil 1 1 Problemstellung Mit der Neuregelung der Umsatzerfassung legt das IASB im IFRS 15 einen Standard vor, der umfangreiche Änderungen in der Praxis nach sich ziehen wird. Aufgrund eindeutigerer Kriterien haben sich die Spielräume in der Bilanzierung verringert. Des Weiteren sind viele Folgewirkungen auf andere Bereiche der Bilanzierung zu beachten. Diese Punkte erfordern umfangreiche Prozessanpassungen in der Bilanzierung und werden daher hohe Kosten mit sich bringen. Trotz der abgeschlossenen theoretischen Diskussion ist die Anwendung des Standards daher derzeit praktisch noch nicht möglich. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben Deshalb wurde im April 2015 beschlossen, die Erstanwendung vom um ein Jahr auf den zu verschieben. Diese Zeit soll genutzt werden, um einen neuen Entwurf mit Klarstellungen und Änderungen zu veröffentlichen. Darüber hinaus soll der Zeitpunkt der Erstanwendung mit jenem der Erstanwendung der Neuregelung nach US- GAAP zusammenfallen. Regulativer Rahmen Nach jahrelangen Diskussionen hat das IASB am den neuen Standard zu Ertragsrealisation IFRS 15 Contracts with Customers veröffentlicht. Der neue Standard dient dazu die bisherigen Regelungen des IAS 18 (Revenues) und des IAS 11 (Construction Contracts), sowie die korrespondierenden Interpretationen SIC-31, IFRIC 13, IFRIC 15 und IFRIC 18 zu ersetzen. Gültigkeit sollte IFRS 15 industrie- und branchenübergreifend für Geschäftsjahre ab dem erlangen. Für betreffende Geschäftstätigkeiten in der EU muss die Übernahme der Neuregelung in europäisches Recht abgewartet werden. Überblick Nach IFRS 15 ist der Betrag als Umsatzerlös zu erfassen, der für die Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen an Kunden als Gegenleistung erwartet wird. Dabei gelten als zentraler Anwendungsbereich Verträge mit Kunden welche zu Umsätzen aus regulären Geschäftstätigkeiten führen. Eine zentrale Neuerung ergibt sich hinsichtlich des Zeitpunktes der Ertragsrealisation. Diese richtet sich nicht wie bisher an den Übergang von Risiken und Chance (risk and reward approach), sondern an den Übergang von Kontrolle über die Güter und Dienstleistungen an den Kunden (control approach). 2 Fünf Schritte zur Umsatzrealisation Um den Prinzipien des IFRS 15 Folge zu leisten, sind 5 Schritte für die Bestimmung der Höhe und des Zeitpunkt des zu realisierenden Umsatzes notwendig:
3 3 Schritt 1: Identifikation des Kundenvertrags oder der Kundenverträge Damit IFRS 15 zur Anwendung kommt muss dem Geschäftsvorfall ein Kundenvertrag zur Grunde liegen. Ein Vertrag kann identifiziert werden, wenn die nachfolgenden fünf Merkmale kumulativ vorliegen: 1 1. Der Vertrag ist rechtlich bindend. 2. Das Unternehmen kann die Rechte des Vertragspartners identifizieren, die auf die Erbringung der Sach- oder Dienstleistung gerichtet sind. 3. Das Unternehmen kann die Zahlungsbedingungen identifizieren, die vom Sach-/Dienstleistungsempfänger zu erbringen sind. 4. Der Vertrag hat ökonomische Relevanz. 5. Es ist wahrscheinlich, dass das Unternehmen die zu erbringende Zahlung für die erbrachten Sachoder Dienstleistungen empfängt. Es ist zudem möglich, selbständige Verträge nach bilanziell zusammenzufassen, wenn diese zeitnah mit dem gleichen Kunden geschlossen wurden und eines der folgen Merkmal erfüllt ist: 2 1 Vgl. IFRS 15.9 f. 2 Vgl. IFRS 15.17
4 4 Schritt 2: Identifikation der Verpflichtungseinheit Der Ertragszeitpunkt ist losgelöst von andern Verpflichtungen zu bestimmen, wenn die Erfüllungszeitpunkte auseinander fallen und die Leistung separierbar ( distinct ) ist.
5 5 Schritt 3: Bestimmung der Gesamtvergütung Die Gesamtvergütung bemisst sich nach der Gegenleistung, die das Unternehmen für die gelieferten Güter/Dienstleistungen zu erhalten erwartet. Sie beinhaltet die gesamten fixen Vergütungsteile, ernsthaft zu erwartende variable Vergütungen und eventuelle Finanzierungskomponente. 3 Schritt 4: Allokation der Gesamtvergütung Das Gesamtentgelt ist bei Vertragsabschluss auf die einzelnen separaten Vertragsleistungen aufzuteilen. Als Aufteilungsmaßstab dienen die Einzelverkaufspreise. Entspricht die Summe der Einzelverkaufspreise nicht der Gesamtvergütung des Vertrags, so ist der Differenzbetrag proportional zu den Einzelverkaufspreisen aufzuteilen ( Relative Stand- Alone Selling Price ). 4 Schritt 5: Umsatzrealisation Das neue Realisationskriterium bemisst sich nach der Kontrolle über ein Gut/Dienstleistung. Eine Leistung ist erbracht, wenn der Kunde die Kontrolle an dem Asset erlangt hat. Auf den Übergang von Chancen und Risiken kommt es nicht an. 5 Es gelten zwei Kriterien welche den Kontrollübergang definieren: Die Umsätze können kontinuierlich im Zeitablauf percentage of completion - realisiert werden, wenn die Leistungsverpflichtungen im Zeitablauf erbracht werden. Der Umsatz wird zeitbezogen realisiert, wenn die Leistungsverpflichtung nicht pro rata temporis erbracht wird. 6 Die Kontrolle geht im Zeitablauf an den Kunden über, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist: a) Zum Zeitpunkt ihrer Erstellung erlangt und realisiert der Kunde die mit dem Asset verbundenen Vorteile bereits vollständig. b) Geschaffene oder erweiterte Vermögenswerte können bereits während der Entstehungs- oder Erweiterungsphase vom Kunden kotrolliert werden. 3 Vgl. IFRS Vgl. IFRS Vgl. IFRS Vgl. IFRS 15.38
6 6 c) Das Unternehmen schafft ein Asset, das es am Bilanzstichtag nicht anderweitig als zu Vertragszwecken nutzen kann, da ihm die Alternativverwendung rechtlich untersagt oder wirtschaftlich unrentabel ist und das Unternehmen hat einen gesicherten Vergütungsanspruch auf den bereits erbrachten Leistungsanteil. 3 Einordnung Die Neuregelung des IFRS 15 zur Umsatzrealisation wird einige Veränderungen für die bilanzierenden Unternehmen mit sich bringen. Diese sind im Wesentlichen durch Neuerung der Umsatzrealisation auf Basis des Kontrollübergangs begründet. Alle CFOs stehen vor der Aufgabe das eigene Unternehmen zu durchleuchten um alle nötigen Informationen bezüglich IFRS 15 zu erlangen. Dies beinhaltet im Speziellen die Rechnungslegungssysteme und IT-Systeme. Es wird ratsam sein ein internes System aufzubauen um die Umsatzprozesse genau zu analysieren. Es sollten zudem alle umsatzrelevanten Verträge analysiert werden, da kleine Unterschiede in den Verträgen zu verschiedenen Zeitpunkten der Realisation führen können. Die Auswirkungen der Veränderung und der Aufwand zur Implementierung des Standards wird im Einzelnen vom jeweiligen Geschäftsmodell abhängig sein. Es ist davon auszugehen, dass durch das neue Modell mehr Güter und Dienstleistungen im Zeitverlauf erfasst werden. Fraglich ist jedoch noch der Umgang mit Mehrkomponentenverträgen, denn hierfür gibt der Standard nur eine geringe Hilfestellung. Nach IFRS 15 muss der Verkaufspreis auf die einzelnen Komponenten verteilt werden. Dies wird im Besonderen für Telekommunikationsunternehmen interessant, da diese oftmals die Hardware an den Tarif koppeln. Höchstwahrscheinlich wird die Frage der Realisation von Mehrkomponentenverträgen aufgrund der verringerten Spielräume einer der wichtigsten Kostentreiber des neuen Standards. Nicht zuletzt müssen auch die Rückwirkungen auf andere Bereiche betrachtet werden. Verschiedene Standards verweisen auf andere Standards, die durch IFRS 15 ersetzt werden sollen und sind damit indirekt von der Änderung mitbetroffen. Dies umfasst etwa den Verkauf bestimmter nichtfinanzieller Vermögenswerte (IAS 16, IAS 38 und IAS 40), Werbekosten (SIC-31), Dienstleistungskonzessionsvereinbarungen (IFRIC 12), Finanzinstrumente (IFRS 9, IAS 39) oder Belastende Verträge (IAS 11, IAS 37). In diesen Fällen werden zukünftig die in IFRS 15 enthaltenen Ansatzund Bewertungsvorschriften angewandt, was auch für diese Prozesse eine Anpassung verlangt. Die Vorteile, welche der neue Standard mit sich bringt, sind, dass Unternehmen mit der Einführung von IFRS 15 verstetigte Umsatzniveaus ausweisen werden und mit einem Einmaleffekt die Möglichkeit erhalten diese auch früher zu realisieren.
7 7 Die Neuregelung der Ertragsrealisation nach IFRS 15 Neue Herausforderungen in der CFO-Praxis von Dr. Stefan Gros Teil 2 Um die in Teil 1 beschriebenen fünf Schritte zur Ertragsrealisation nach IFRS 15 zu verdeutlichen soll in diesem Teil ein vereinfachtes Beispiel das Vorgehen skizzieren. Beispiel: Die Car AG verkauft Autos für und (Auto-) Dachboxen für Am verkauft sie an den Kunden A ein Auto für Zwei Tage später verkauft die Car AG dem gleichen Kunden in einem separatem Vertrag eine dazu passende Dachbox für 300. Die Car AG liefert die Dachbox noch im Jahr 2014 an den Kunden A aus. Die Auslieferung des Autos verzögert sich auf Mai 2015, da das Auto sich noch in der Fertigung befindet. Der Kaufpreis wird erst nach sechs Monaten (Juli 2015) fällig. Die Car AG würde Darlehen (ohne Verkaufsgeschäft und Ausfallrisiko) für 5,0% vergeben. Schritt 1: Identifikation des Kundenvertrags oder der Kundenverträge Die Merkmale eines Vertrages werden in diesem Zusammenhang nicht geprüft. Sie gelten als Voraussetzung für eine Erfassung nach IFRS 15 und gelten in diesem Beispiel erfüllt. Selbständige Verträge können bilanziell zusammengefasst werden, wenn diese zeitnah mit dem gleichen Kunden geschlossen wurden und eines der folgen Merkmal erfüllt ist: In dem vorliegendem Beispiel wurde dem gleichen Kunden zunächst ein Auto und anschließen 2 Tage später eine dazu passende Dachbox verkauft. Es handelt sich also um zwei selbständige Verträge mit dem gleichen Kunden. Um diese bilanziell zusammen zu fassen muss eines der Merkmale erfüllt sein. Die Verträge scheinen eine gewisse Abhängigkeit aufzuzeigen. Der deutliche Nachlass bei der Dachbox ist wohl auf den erhöhten Kaufpreis bei dem Auto zurückzuführen. Die Vergütung des einen Vertrags hängt demnach von der Vergütung das andern ab. Die Verträge können bilanziell zusammengefasst werden!
8 8 Schritt 2: Identifikation der Verpflichtungseinheit Der Ertragszeitpunkt ist losgelöst von andern Verpflichtungen zu bestimmen, wenn die Er-füllungszeitpunkte auseinander fallen und die Leistung separierbar ( distinct ) ist. Die Auslieferung des Autos und der Dachbox fallen auseinander, fraglich ist jedoch ob diese distinct sind. Dazu sind 2 Kriterien zu überprüfen. Sowohl das Auto, als auch die Dachbox können unabhängig voneinander vom Kunden A genutzt werden: d.h. er kann aus den einzelnen Gütern einen Nutzen ziehen. Zudem ist davon auszugehen, dass die beiden Leistungen seperately identifiable sind. Die Ertragszeitpunkte können unabhängig voneinander bestimmt werden! Schritt 3: Bestimmung der Gesamtvergütung In diesem Fall besteht die Gesamtvergütung aus den fixen Vergütungsteilen für das Auto und die Dachbox. Zusätzlich muss auf die Finanzierung geachtet werden, da der Kaufpreis erst im Juli 2015 später zu bezahlen ist. Die Gesamtvergütung beträgt !
9 9 Schritt 4: Allokation der Gesamtvergütung Das Gesamtentgelt ist bei Vertragsabschluss auf die einzelnen separaten Vertragsleistungen aufzuteilen. Als Aufteilungsmaßstab dienen die Einzelverkaufspreise. Als Gesamtpreis des Autos und der Dachbox auf Basis der Einzelverkaufspreise ergibt sich ein Betrag von Dies dient als Referenzmaßstab. Auf Basis dieser Proportionalität kann nun die Gesamtvergütung von aufgeteilt werden. Schritt 5: Umsatzrealisation Das neue Realisationskriterium bemisst sich nach der Kontrolle über ein Gut/Dienstleistung. Es gelten zwei Kriterien welche den Kontrollübergang definieren. Diese müssen beide erfüllt sein, damit es zu einer Umsatzrealisation kommt. Noch im Jahr 2013 wird die Dachbox an den Kunden A ausgeliefert. Damit befindet sich das Asset im Verfügungsbereich des Kunden und dieser kann die Verwendung bereits dirigieren und Dritte davon ausschließen. Zudem hat er die Möglichkeit den gesamten Nutzen aus der Dachbox zuziehen. Kriterium 1 und 2 sind erfüllt! Der Umsatz von 796 kann realisiert werden! Im Mai 2015 kann dann auch der Umsatz für das Auto in Höhe von realisiert werden! Das Auto wurde ausgeliefert und die Kriterien 1 und 2 gelten als erfüllt. Dr. Stefan Gros arbeitet als Finanzvorstand/CFO und Leiter Restrukturierung für Unternehmen in Umbruchsituationen. Er ist u.a. Lehrbeauftragter an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Kath. Universität Eichstätt Ingolstadt für Corporate Finance und Business Valuation (Kontakt: stefan.gros@dr-gros.de). Herr Dr. Gros dankt Herrn cand. MA Jan Philipp Langescheid für die Unterstützung bei der Abfassung dieses Artikels.
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