$Id: reihen.tex,v /12/10 13:25:55 hk Exp $ $Id: lgs.tex,v /12/10 13:26:51 hk Exp $
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- Gerburg Zimmermann
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1 $Id: reihen.tex,v /12/10 13:25:55 hk Exp $ $Id: lgs.tex,v /12/10 13:26:51 hk Exp $ 5 Reihen 5.4 Das Cauchy Produkt von Reihen Im letzten Abschnitt haben wir unter anderem gesehen, dass die Summation von Reihen sich mit Addition und Bilden der Vielfachen verträgt, dies war Lemma 5. Nun wollen wir uns der Frage der Multiplikation von Reihen zuwenden. Diese ist leider wesentlich komplizierter als die Multiplikation von Folgen. Das Produkt der Summen zweier Reihen ist natürlich nicht die Summe der Einzelprodukte, dies ist ja nicht einmal bei endlichen Summen so (a 1 + a 2 + a 3 ) (b 1 + b 2 + b 3 ) = a 1 b 1 + a 1 b 2 + a 1 b 3 + a 2 b 1 + a 2 b 2 + a 2 b 3 + a 3 b 1 + a 3 b 2 + a 3 b 3. Als eine etwas optimistische Erwartung könnten wir schauen ob eine entsprechende Rechnung auch für unendliche Summen wahr ist, ob also so etwas wie ( ) ( ) a n b n = a 0 b 0 + a 0 b 1 + a 0 b a 1 b 0 + a 1 b 1 + a 1 b a 2 b 0 + a 2 b 1 + a 2 b 2 + gilt? Hierzu müssten wir uns zunächst einmal überlegen was die rechte Seite denn überhaupt bedeuten soll, so eine doppelt unendliche Summe haben wir bisher nicht behandelt und wollen es in diesem Semester auch nicht tun. Eine naheliegende Möglichkeit dieses Problem zu umgehen, ist es die Summanden einfach in irgendeiner Reihenfolge nacheinander hinzuschreiben, etwa nach Diagonalen geordnet als a 0 b 0 + a 0 b 1 + a 1 b 0 + a 0 b 2 + a 1 b 1 + a 2 b 0 + Dass dies möglich ist klingt zunächst nicht sehr glaubhaft, wir hatten doch gesehen, dass unendliche Summen von der Reihenfolge der Summanden abhängen können, und nun soll es auf einmal keine Rolle spielen in welcher Reihenfolge wir unsere Summanden durchlaufen. Dies ist aber kein hoffnungsloses Problem, wir haben ja bereits in Lemma 12 festgehalten, dass wir absolut konvergente Reihen in beliebiger Reihenfolge aufsummieren können
2 Sind beide Summen a n und b n absolut konvergent, so kann man sehen, dass sich die Produkte a k b l in jeder beliebigen Reihenfolge summieren lassen, und sich stets das Produkt der Summen der beiden einzelnen Reihen ergibt. Aus Gründen die erst später bei der Behandlung von Potenzreihen klar werden, ist es nützlich jetzt noch eine kleine Variante dieser Summationstechnik einzuführen. Wir fassen die Summanden entlang der Diagonalen zusammen, schreiben also a 0 b 0 +a 0 b 1 +a 1 b 0 +a 0 b 2 +a 1 b 1 +a 2 b 0 + = a 0 b 0 +(a 0 b 1 + a 1 b 0 )+(a 0 b 2 + a 1 b 1 + a 2 b 0 )+ Die endlichen Summen in den Klammern fassen wir als eine neue Folge (c n ) n N auf, und diese Folge, beziehungsweise die zugehörige Reihe, ist das sogenannte Cauchyprodukt der beiden Reihen. Der erste Summand a 0 b 0 hat 0 = als Summe der auftauchenden Indizes, die beiden Terme a 0 b 1, a 1 b 0 im zweiten Summanden haben beide die Indexsumme = = 1, die drei Terme a 0 b 2, a 1 b 1, a 2 b 0 im dritten Summanden haben alle die Indexsumme = = = 2, und dies geht immer so weiter. Numerieren wir die Diagonalen mit n = 0, 1, 2, 3,... durch, so sind die Produkte a k b l auf der n-ten Diagonalen gerade durch k + l = n beschrieben. Dies führt auf die folgende Definition. Definition 5.3 (Cauchyprodukt von Reihen) Sei K {R, C} und seien a n, b n zwei Reihen über K. Das Cauchyprodukt dieser beiden Reihen ist dann die Reihe c n definiert durch c n := n a k b n k = a k b l k+l=n für jedes n N. Die ersten vier Summanden des Cauchyprodukts sind also die Summen der unten jeweils eingekästelten Produkte: a 0 b 0 a 0 b 1 a 0 b 2 a 0 b 3 a 1 b 0 a 1 b 1 a 1 b 2 a 1 b 3 a 2 b 0 a 2 b 1 a 2 b 2 a 2 b 3 a 3 b 0 a 3 b 1 a 3 b 2 a 3 b 3 c 0 a 0 b 0 a 0 b 1 a 0 b 2 a 0 b 3 a 1 b 0 a 1 b 1 a 1 b 2 a 1 b 3 a 2 b 0 a 2 b 1 a 2 b 2 a 2 b 3 a 3 b 0 a 3 b 1 a 3 b 2 a 3 b 3 c 1 a 0 b 0 a 0 b 1 a 0 b 2 a 0 b 3 a 1 b 0 a 1 b 1 a 1 b 2 a 1 b 3 a 2 b 0 a 2 b 1 a 2 b 2 a 2 b 3 a 3 b 0 a 3 b 1 a 3 b 2 a 3 b 3 c 2 a 0 b 0 a 0 b 1 a 0 b 2 a 0 b 3 a 1 b 0 a 1 b 1 a 1 b 2 a 1 b 3 a 2 b 0 a 2 b 1 a 2 b 2 a 2 b 3 a 3 b 0 a 3 b 1 a 3 b 2 a 3 b 3 c 3 Wir wollen jetzt den Satz über Produkte von Reihen ansteuern. Überraschenderweise stellt sich heraus, dass es für die Konvergenz des Cauchyprodukts bereits ausreicht, das eine der beiden Reihen absolut konvergent ist. Aus Zeitgründen hatten wir in der Vorlesung auf den Beweis des folgenden Satzes verzichtet, in diesem Skript ist er aber mit aufgeführt. Wir gehen zunächst die Beweisstrategie durch. Gegeben seien zwei konvergente Reihen a n und b n, deren Partialsummen wir mit (A n ) n N und (B n ) n N bezeichnen. Mit den Rechenregeln für Folgengrenzwerte 4.Satz 6.(c) haben 16-2
3 wir zunächst ( ) a n ( ) ( b n = lim n A n ) ( lim n B n ) = lim n (A n B n ). Denken wir uns die Produkte a k b l wie oben quadratisch angeordnet, so ist das Produkt A n B n die Summe aller Einträge im n n Quadrat links oben in diesem Schema. Bezeichnet c n das Cauchyprodukt der beiden Reihen und (C n ) n N die Folge seiner Partialsummen, so ist C n die Summe aller Einträge im unten eingezeichneten Dreieck: a k ak a k A n B n C n A n B n Cn n 0 b l b l bl Das Quadrat A n B n Das Dreieck C n Differenz der beiden Da die Folge (A n B n ) n N gegen das Produkt der beiden Summen konvergiert, ist die Konvergenz von (C n ) n N gegen dieses Produkt gleichwertig dazu das (A n B n C n ) n N eine Nullfolge ist. Diese Differenz ist die Summe über das Dreieck ganz rechts. In diesem Dreieck hat man sowohl Summanden a k b l mit kleinem k als auch solche mit kleinem l. Wegen k + l > n können k und l aber nicht beide gleichzeitig klein sein und zur Abschätzung teilt man die Summe über das Dreieck in zwei Teile auf, einmal Summanden mit l n 0 für einen Startindex n 0, und zum anderen die restlichen mit l < n 0. Satz 5.19 (Cauchyprodukte von Reihen) Sei K {R, C} und seien a n, b n zwei konvergente Reihen von denen eine sogar absolut konvergent ist. Dann ist auch das Cauchyprodukt c n dieser beiden Reihen konvergent, und es gilt [ n ] ( ) ( ) c n = a k b n k = a n b n. Sind sogar beide Reihen a n, b n absolut konvergent, so ist auch c n absolut konvergent, und ist weiter d 0, d 1, d 2,... eine Aufzählung der Produkte a k b l (k, l N), so ist auch die Reihe d n absolut konvergent mit ( ) ( ) d n = a n b n. Beweis: Seien A n, B n, C n wie oben. Da das Cauchyprodukt sich bei Vertauschen der beiden Reihen nicht ändert, können wir annehmen das a n absolut konvergent ist, 16-3
4 also A := a n <. Wie bemerkt müssen wir zeigen, dass (A n B n C n ) n N eine Nullfolge ist. Sei also ɛ > 0 gegeben. Nach dem Cauchy Kriterium für Reihen Satz 9 angewandt auf b n existiert ein n 1 N mit m b l < l=n ɛ 2A + 1 für alle n, m N mit m n n 1. Setze M := n 1 1 l=0 b l. Erneut nach dem Cauchy Kriterium für Reihen Satz 9, diesmal angewandt auf die Reihe a n, existiert ein n 2 N mit m ɛ a k < 2M + 1 k=n für alle n, m N mit m n n 2. Setze n 0 := n 1 + n 2. Sei n N mit n n 0. Dann ist A n B n C n = n a k b l = a k k=1 n n a k b l + 0 k,l n k+l>n k=1 l=max{n 1,n k+1} n 1 l n k+l>n b l n 1 1 l=1 + [ n 1 1 l=1 n k=n l+1 1 k n k+l>n a k ] a k b l b l ɛa 2A ɛm 2M + 1 < ɛ da für jedes 1 l n 1 1 stets n l+1 n 0 n 1 +2 > n 2 ist. Damit ist (A n B n C n ) n N eine Nullfolge, und die erste Aussage des Satzes ist bewiesen. Nun nehmen wir an, dass auch b n absolut konvergent ist und setzen Für jedes n N gilt dann n c n 0 k,l n k+l n B := b n <. ( n ) ( n ) a k b l a k b l AB, also ist c n AB < und auch c n ist absolut konvergent. Sei jetzt d 0, d 1, d 2,... eine Aufzählung der Produkte a k b l (k, l N), also d n = a α(n) b β(n) für alle n N wobei γ : N N N; n (α(n), β(n)) 16-4 l=0
5 eine bijektive Abbildung ist. Sei n N. Dann setzen wir m := max{α(k) + β(k) k N, 0 k n} und haben n d k = n a α(k) b β(k) 0 k,l m k+l m a k b l AB. Also ist d n AB < und d n ist absolut konvergent. Sei jetzt (d n) n N die Aufzählung der Produkte a k b l geordnet nach Diagonalen. Dann ist das Cauchyprodukt c n eine geblockte Form von d n im Sinne von Lemma 8, und nach Lemma 8.(a) sowie der schon bewiesenen Teilaussage ist damit ( ) ( ) d n = c n = a n b n. Schreiben wir wie oben d n = a α (n)b β (n) für alle n N mit einer bijektiven Abbildung γ : N N N; n (α (n), β (n)), so ist auch π := γ 1 γ bijektiv mit γ π = γ, also α = α π und β = β π. Für jedes n N ist damit und mit Lemma 12 folgt schließlich d n = d n = a α (n)b β (n) = a α(π(n)) b β(π(n)) = d π(n), d π(n) = ( ) ( ) d n = a n b n. Wir wollen hierzu ein kleines Beispiel rechnen. Sei q C mit q < 1 gegeben. Dann wissen wir bereits nach Satz 1 das die geometrische Reihe q n = 1 1 q absolut konvergiert. Wir bilden jetzt das Cauchyprodukt (c n ) n N dieser Reihe mit sich selbst, und erhalten für jedes n N c n = m q k q n k = n q n = (n + 1)q n. Der Satz über das Cauchyprodukt Satz 19 ergibt damit die absolute Konvergenz der Reihe ( ) 2 (n + 1)q n = q n 1 = (1 q)
6 Damit folgt weiter nq n = n=1 (n + 1)q n q n = 1 (1 q) q = q (1 q) 2. Auch diese Reihe ist absolut konvergent da Summen und Vielfache absolut konvergenter Reihen wieder absolut konvergent sind. Dies ist leicht zu sehen, sind a n und b n zwei absolut konvergente Reihen über K {R, C} und c K eine Konstante, so gilt für jedes n N auch n n a k + b k ( a k + b k ) = und n ca k = n a k + n ( c a k ) = c n b k a k c a k + b k < a k <, die Folgen der Partialsummen der beiden Reihen a n + b n und ca n sind also nach oben beschränkt und mit Satz 4.(b) folgt die Konvergenz dieser Reihen, also die absolute Konvergenz von (a n + b n ) und (ca n). Setzen wir in der Reihe nq n = n=1 beispielsweise q = 1/2 ein, so ergibt sich n=1 q (1 q) 2 n 2 = 1 n = 2 ( ) = 2. Falls beide Reihen a n und b n nur konvergent aber nicht absolut konvergent sind, so kann das Cauchyprodukt der beiden Reihen tatsächlich divergent sein. Beispielsweise ist die Reihe ( 1) n n + 1 nach dem Leibniz Kriterium Satz 7 konvergent. Das Cauchyprodukt dieser Reihe mit sich selbst ist für n N gegeben durch c n := n ( 1) k ( 1) n k = ( 1) n k + 1 n k + 1 Sind n, k N mit 0 k n, so haben wir ( n ( n )) ( n (k + 1)(n k + 1) = k n ) 2 k n 2 1 (k + 1)(n k + 1). = ( n ) 2 ( n 2 k ) 2 ( n ) 2, 16-6
7 d.h. c n = n 1 (k + 1)(n k + 1) n n 2 1 2(n + 1) = + 1 n + 2 und somit ist (c n ) n N nicht einmal eine Nullfolge. Eine letzte überraschende Tatsache wollen wir hier noch festhalten, aber nicht beweisen. Wie gesehen kann das Cauchyprodukt zweier konvergenter Reihen divergent sein, wenn es aber konvergent ist, so muss es immer gegen den richtigen Wert, also das Produkt der beiden Ausgangsreihen, konvergieren. 6 Lineare Gleichungssysteme In diesem Kapitel beginnen wir mit der sogenannten linearen Algebra, und ein guter Einstiegspunkt hierfür sind die linearen Gleichungssysteme. Als einen Algorithmus zur systematischen Lösung derartiger Systeme werden wir das sogenannte Gaußsche Eliminationsverfahren vorstellen. Die meisten anderen rechnerischen Aufgabentypen in der linearen Algebra werden dann auf lineare Gleichungssysteme zurückgeführt oder mit gewissen Varianten des Gaußalgorithmus behandelt. Ein lineares Gleichungssystem ist ein Gleichungssystem der Form a 11 x 1 + a 12 x a 1n x n = b 1 a 21 x 1 + a 22 x a 2n x n = b 2... =. a m1 x 1 + a m2 x a mn x n = b m. Solche linearen Gleichungssysteme kommen in vielen verschiedenen Kontexten vor, und wir wollen jetzt beispielhaft einige dieser Situationen vorstellen. 1. Angenommen wir haben zwei Geraden g 1, g 2 in der Ebene. Für i = 1, 2 sei die Gerade g i durch einen Aufpunkt p i und einen Richtungsvektor u i gegeben, d.h. g i = {p i + t u i t R}. Wir wollen den Schnittpunkt g 1 g 2 der beiden Geraden berechnen. Für i = 1, 2 liegt ein Punkt x der Ebene genau dann auf g i wenn es ein t R mit x = p i + tu i gibt, also ist ein solcher Punkt x genau dann Schnittpunkt der beiden Geraden wenn es gleichzeitig t, s R mit x = p 1 +tu 1 und x = p 2 +su 2 gibt. Dann ist auch p 1 + tu 1 = p 2 + su 2 und in Komponenten ausgeschrieben und etwas umgestellt bedeutet dies u 11 t u 21 s = p 21 p 11 u 12 t u 22 s = p 22 p 12. Dies ist ein lineares Gleichungssystem aus zwei Gleichungen in den beiden Unbekannten t, s. Lösen wir dieses durch t, s so ergibt sich der Schnittpunkt als 16-7
8 x = p 1 + tu 1. Es kann durchaus vorkommen das das lineare Gleichungssystem überhaupt keine Lösung hat, nämlich wenn die beiden Geraden parallel aber verschieden sind, und es kann auch sein das es mehr als eine Lösung gibt, nämlich wenn die beiden Geraden gleich sind. 2. Angenommen wir haben eine Ebene e und eine Gerade l im dreidimensionalen Raum. Die Ebene sei durch einen Aufpunkt p und zwei Richtungsvektoren u, v gegeben, also e = {p + tu + sv t, s R}. Entsprechend sei die Gerade durch einen Aufpunkt q und einen Richtungsvektor w gegeben, also l = {q + tw t R}. Wir wollen den Durchschnitt e l berechnen. Ein Punkt x liegt genau dann in e und l wenn es reelle Zahlen t, s, r R mit x = p + tu + sv und x = q + rw gibt. zur Bestimmung dieser Punkte x müssen wir also alle Lösungen der Gleichung p + tu + sv = q + rw in den Variablen t, s, r R finden. Schreiben wir die obige Gleichung für die einzelnen Komponenten hin, und machen eine kleine Umstellung, so ergibt sich das lineare Gleichungssystem u 1 t + v 1 s w 1 r = q 1 p 1 u 2 t + v 2 s w 2 r = q 2 p 2 u 3 t + v 3 s w 3 r = q 3 p 3 aus drei Gleichungen in drei Unbekannten. Es gibt natürlich besere Rechenwege zur Bestimmung von e l, etwa durch Umformung von e in die Hessesche Normalform, aber uns geht es hier um das lineare Gleichungssystem und nicht um die konkrete Aufgabe. 3. Als ein ähnliches Problem denken wir uns diesmal gleich zwei Ebenen e 1, e 2 im dreidimensionalen Raum gegeben, und für i = 1, 2 sei die Ebene e i durch einen Aufpunkt p i und zwei Richtungsvektoren u i, v i gegeben. Zur Berechnung des Schnitts e 1 e 2 müssen wir diesmal die Gleichung p 1 + au 1 + bv 1 = p 2 + cu 2 + dv 2 in den vier Variablen a, b, c, d R lösen. Ausgeschrieben und etwas umgestellt ergibt sich das lineare Gleichungssystem u 11 a + v 11 b u 21 c v 21 d = p 21 p 11 u 12 a + v 12 b u 22 c v 22 d = p 22 p 12 u 13 a + v 13 b u 23 c v 23 d = p 23 p 13 aus drei Gleichungen in vier Unbekannten. Auch hier gibt es bessere Rechenwege. 16-8
9 4. Lineare Gleichungssysteme entstehen auch bei der numerischen Lösung von Differentialgleichungen. Angenommen wir haben ein zu berechnendes Skalarfeld u auf dem Würfel [0, 10] 3, also anders gesagt eine Funktion u : [0, 10] 3 R. Dabei sei u durch eine Differentialgleichung, also durch eine Gleichung in den Ableitungen der Funktion u, und zusätzliche Randbedingungen gegeben. Ein Ansatz zum numerischen Rechnen ist es den Würfel durch ein diskretes Gitter zu ersetzen, etwa indem das Intervall [0, 10] in jeder der drei Dimensionen mit einer festen Schrittweite unterteilt wird. Um die Funktion u auf den Gitterpunkten zu berechnen, nähert man alle Ableitungen durch gewissen Differenzenquotienten in der gewählten Schrittweite an und ersetzt die Differentialgleichung näherungsweise durch ein lineares Gleichungssystem. Dieses Gleichungssystem hat dann eine Gleichung und eine Unbekannte für jeden Gitterpunkt. Hierbei kommt man sehr schnell auf recht große lineare Gleichungssysteme, haben wir etwa die Schrittweite h = 0, 1, so wird das Intervall [0, 10] in 100 Teile zerlegt und wir haben = Gleichungen in ebensovielen Unbekannten. 5. Als ein letztes Beispiel eines linearen Gleichungssystems wollen wir den sogenannten Pagerang einer Seite im WWW besprechen. Der Pagerang ist eine positive Zahl die die Relevanz der fraglichen Seite messen soll. Wir denken uns alle Seiten im Netz als S 1,..., S n durchnumeriert, dabei ist n eine recht grosse Zahl. Jeder Seite S i soll ein Pagerang P (S i ) > 0 zugeordnet werden. Dabei soll sich die Relevanz der Seite daraus ergeben wieviele andere Seiten einen Link auf sie haben. Schreiben wir für jedes 1 i n B i := {1 j n j i und es gibt einen Link von Seite S j nach Seite S i } für die Menge aller Seiten die einen Link nach S i haben, so soll sich P (S i ) also aus B i ergeben. Wir wollen aber nicht einfach die Anzahl aller Links nach S i zählen, Links die von wichtigen Seiten kommen sollten mehr zählen als solche die von unwichtigen Seiten kommen. Welche Seite dabei wichtig ist, wird wiederum durch deren Pagerang beschrieben. Man könnte also daran denken als Pagerang von S i die Summe alle Ränge der nach S i linkenden Seiten zu nehmen. Das ist aber auch problematisch, haben wir etwa eine wichtige Seite S j in B i die nur auf wenige andere Seiten verlinkt, so sollte dieser Link mehr zählen als ein Link von einer ebenso wichtigen Seite S k B i die auf sehr viele andere Seiten verweist. Hierzu betrachtet man die Bedeutung eines von der Seite S j ausgehenden Links relativ zur Gesamtzahl L j := Anzahl aller von S j ausgehenden Links aller Links von S j. Dabei werden mehrfache Links auf dieselbe Seite nur einmal gezählt und Links von S j auf sich selbst werden ignoriert. Hat Seite S j dann den Pagerang P (S j ), so soll jeder von S j ausgehende Link die Wichtigkeit P (S j )/L j auf sein Ziel übertragen. Um dann den Pagerang von S i zu ermitteln summieren 16-9
10 wir diese Wichtigkeiten alle auf, also P (S i ) = j B i P (S j ) L j. So weit so gut, nur ist das leider keine Definition. Haben wir etwa kreisförmig angeordnete Links S 1 S 2 S 3 S 4 S 1, so hängt P (S 1 ) von P (S 4 ) ab, was wiederum von P (S 3 ) abhängt, dieses hängt von P (S 2 ) ab, und P (S 2 ) hängt schließlich wieder von P (S 1 ) ab. Trotzdem funktioniert alles, man muss sich die obige Formel nur nicht als eine Definition sondern als eine Gleichung denken. Schreiben wir die Formel zu P (S i ) j B i 1 L j P (S j ) = 0 um, so haben wir damit ein lineares Gleichungssystem in den n Unbekannten P (S 1 ),..., P (S n ) und ebenso vielen Gleichungen. Das ist noch nicht ganz das Gleichungssystem das wirklich verwendet wird, aber es kommt nur noch eine kleine Modifikation hinzu. Das dann entstehende lineare Gleichungssystem hat eine bis auf eine willkürliche Normierung eindeutige Lösung und in dieser sind alle P (S i ) tatsächlich positiv. Definition 6.1: Ein lineares Gleichungssystem besteht aus m linearen Gleichungen a 11 x 1 + a 12 x a 1n x n = b 1 a 21 x 1 + a 22 x a 2n x n = b 2 ( )... =. a m1 x 1 + a m2 x a mn x n = b m für die gesuchten n Unbekannten x 1,..., x n. Dabei sind die sogenannten Koeffizienten a ij und die rechten Seiten b j reelle oder komplexe Zahlen, und auch die Variablen x 1,..., x n können reell oder komplex sein. Je nachdem ob reelle oder komplexe Zahlen vorliegen, sprechen wir von einem linearen Gleichunssystem über R oder über C. Wir wollen noch einige Anmerkungen zur Notation machen. Zunächst beache das a ij den Koeffizienten vor x j in der i-ten Gleichung meint, der erste Index i ist also der Zeilenindex der sagt welche der Einzelgleichungen gemeint ist und der zweite Index j ist der Spaltenindex der angibt auf welche Variable wir uns hier beziehen. Dieser Konvention werden wir, soweit sinnvoll, auch bei anderen Arten solcher doppelt indizierten Größen a ij folgen, der erste Index ist der Zeilenindex und der zweite Index der Spaltenindex. Eine Lösung des obigen Gleichungssystems (*) gibt für jede der Variablen x 1,..., x n einen reellen oder komplexen Wert an unter dem alle Gleichungen aus (*) erfüllt sind, und um eine solche Lösung hinzuschreiben geben wir entweder die Zuweisungen explizit an, beispielsweise x 1 = 3,..., x n = 7, oder wir notieren sie kompakt als ein Tupel (3,..., 7). Oft schreiben wir dieses Tupel dann 16-10
11 auch vertikal, in Form eines sogenannten Spaltenvektors, dies dient aber zunächst nur der Optik und hat im Kontext dieses Kapitels keine inhaltliche Bedeutung. Die Menge aller Lösungen von (*) nennen wir dann die Lösungsmenge des linearen Gleichungssystems, diese wird immer in der Tupelschreibweise angegeben. Haben wir ein konkretes lineares Gleichungssystem, also auch einen festen Wert für die Anzahl n der Unbekannten, so nennen wir die Variablen bei kleinen n oftmals nicht x 1,..., x n sondern geben ihnen eigene Namen. Für die Benennung gibt es dabei keine fixierte Konvention, manchmal ergibt sich eine natürliche Benennung aus der sonstigen Aufgabenstellung, manchmal kann man rein willkürlich gewählte Namen verwenden. In diesem Skript und in den Übungsaufgaben werden wir im Fall n = 2 meist x, y oder s, t nehmen, im Fall n = 3 zumeist x, y, z und für n = 4 in der Regel x, y, u, v. Bevor wir an die Lösung linearer Gleichungssysteme gehen, ist es hilfreich eine kompakte Schreibweise für diese einzuführen. Definition 6.2 (Reelle und komplexe Matrizen) Eine m n Matrix A über K {R, C} ist ein rechteckiges Schema A = a 11 a 1n.. a m1 a mn bestehend aus m Zeilen von je n Elementen von K. Ist dabei m = n, so spricht man auch von einer quadratischen Matrix. Wir können jetzt ein lineares Gleichungssystem wie unser obiges ( ) als eine Matrix schreiben, indem nur noch die Koeffizienten und die rechte Seite des Systems hingeschrieben werden. Hierbei gehen die Bezeichungen der Unbekannten verloren, aber diese spielen innerhalb der Rechnungen sowieso keine Rolle. Definition 6.3: Sei ( ) das lineare Gleichungssystem aus Definition 1. Dann nennt man die Matrix a 11 a 1n A =.. a m1 a mn die Koeffizientenmatrix des linearen Gleichungssystems ( ). Weiter heißt die Matrix A = a 11 a 1n b 1... a m1 a mn b m die erweiterte Koeffizientenmatrix des linearen Gleichungssystems ( )
12 Gelegentlich wird die rechte Seite des Gleichungssystems in der erweiterten Koeffizientenmatrix durch einen senkrechten Strich von den Koeffizienten getrennt, also a 11 a 1n b 1..., a m1 a mn b m dies hat dann aber keine inhaltliche Bedeutung, sondern dient nur der Optik. Wir wollen uns jetzt auch noch ein erstes konkretes Beispiel eines linearen Gleichungssystems anschauen, nämlich das folgende System von vier Gleichungen in vier Unbekannten: x + 2y u + v = 1 x + 2y + u v = 3 x + 2y + 3u v = 1 3x u = 0 Koeffizientenmatrix A und erweiterte Koeffizientenmatrix A dieses Gleichungssystems entstehen dann indem wir alle redundanten Symbole, also Plus/Minus-Zeichen, Gleichheitszeichen und Unbekannte weglassen, sie sind also die 4 4 beziehungsweise 4 5 Matrix A = , A = Auf einige Randfälle wollen wir besonders hinweisen: Einzeln stehende Variablen werden in der Koeffizientenmatrix zu 1, da beispielsweise das x in der ersten Gleichung als 1 x gelesen werden kann. 2. Subtraktionen im Gleichungssystem werden als Addition mit dem entsprechenden negativen Vielfachen aufgefasst, so wird beispielsweise das u in der ersten Gleichung zu 1 in der Koeffizientenmatrix. 3. Nicht vorkommende Variablen in einer der Gleichungen denken wir uns als Null mal die entsprechende Variable dazu, beispielsweise führt das fehlende y in der vierten Gleichung in der Koeffizientenmatrix zu einer 0 in der zweiten Spalte der vierten Zeile. Sehr kleine lineare Gleichungssysteme mit n = 2 oder n = 3 Unbekannten kann man einfach durch schrittweises Eliminieren der Unbekannten lösen, sind die Unbekannten etwa x, y und haben wir zwei Gleichungen, so nehmen wir eine der beiden Gleichungen um y durch x auszudrücken, setzen das Ergebnis für y in die andere Gleichung ein, lösen diese nach x auf, und berechnen hieraus schließlich y. Dieses Verfahren wird aber schon ab n = 4 Unbekannten unpraktisch. Das Gleichungssystem im obigen Beispiel wäre noch gerade ausreichend klein um direkt durch schrittweises Eliminieren der
13 Unbekannten gelöst zu werden, wir wollen aber lieber ein systematisches, allgemein verwendbares, Lösungsverfahren haben. Als ein solches werden wir das sogenannte Gaußsche Eliminationsverfahren verwenden. Dieses Verfahren beruht darauf ein gegebenes lineares Gleichungssystem von allgemeiner Form in ein äquivalentes System von sehr spezieller Gestalt umzuformen. Diese speziellen linearen Gleichungssysteme sind die linearen Gleichungssysteme die in der sogenannten Stufenform vorliegen: a 11 x a 1i x i + + a 1j x j + = b 1 a 2i x i + + a 2j x j + = b 2 a 3j x j + = b 3. =. mit a 11 0, a 2i 0, a 3j 0 und so weiter. In jeder Gleichung kommen also von links gesehen immer weniger der Unbekannten vor. Ein konkretes Beispiel für ein solches Gleichungssystem mit m = 2 Gleichungen und n = 4 Unbekannten ist x + y + u v = 1 u + v = 2, hier haben wir die beiden unterstrichenen Stufen der Länge 2. Wir lösen ein System in Stufenform indem wir von unten nach oben gehend jeweils eine Gleichung benutzen, die in dieser Gleichung am weitesten links stehende Variable mit von Null verschiedenen Koeffizienten festzulegen. In anderen Worten benutzen wir für die Systeme in Stufenform eine einfache, schrittweise Elimination von Variablen, bei Systemen in Stufenform ist diese aber wesentlich einfacher als für ein allgemeines lineares Gleichungssystem, da von jedem Einsetzungsschritt immer nur Variablen weiter rechts betroffen sind. Im Beispiel ergibt die zweite Gleichung u = 2 v und die Variable u ist festgelegt. An die andere Variable sind keine Bedingungen gestellt. Setzen wir u = 2 v in die erste Gleichung ein, so wird diese zu x + y + 2 v v = 1, also x = 1 y + 2v, d.h. durch diese Gleichung wird x festgelegt und an y gibt es keine Bedingungen. Für die Lösungsmenge ist es nun praktisch, die frei gebliebenen Variablen y und v in t und s umzutaufen. Die Lösungsmenge ist dann 1 s + 2t s 2 t t s, t R. Wie schon angekündigt schreiben wir die einzelnen Lösungen dabei in Tupelform, hier in vertikaler Form als einen sogenannten Spaltenvektor, also als eine 4 1 Matrix deren vier Einträge von oben nach unten für x, y, u, v stehen. Weiter haben wir das lineare Gleichungssystem über K = R interpretiert, wollen wir es als ein komplexes 16-13
14 Gleichungssystem auffassen, so muss t, s R durch t, s C ersetzt werden. In einem linearen Gleichungssystem aus r Gleichungen in n Variablen das in Stufenform vorliegt, wird die Lösungsmenge durch n r freie Variablen beschrieben, die die restlichen r Variablen festlegen. Wenn n = m = r ist, es also keine langen Stufen im System gibt, so ist die Lösung eindeutig. Lange Stufen sind dabei solche, die zwei oder mehr Unbekannte umfassen. Nehmen wir beispielsweise x + 2y u + v = 1 4y + 2u = 2 2u 2v = 4 2v = 10 so liefert die vierte Gleichung v = 5, damit wird die dritte zu 2u 10 = 4, also u = 3, die zweite Gleichung ergibt 4y + 6 = 2, also y = 1 und schließlich mit der ersten Gleichung auch x = 1, also x = 1. Die Lösung von Systemen in Stufenform ist also völlig unproblematisch und zwar sowohl wenn die Lösung eindeutig ist als auch wenn es mehrere Lösungen gibt. Ein allgemeines lineares Gleichungssystem wollen wir lösen, indem wir es in ein äquivalentes System in Stufenform umwandeln. Hierzu verwenden wir die folgenden drei elementaren Transformationen eines linearen Gleichungssystems: 1. Vertauschen zweier Gleichungen. 2. Multiplikation einer der Gleichungen mit einer Zahl c Addition eines Vielfachen einer Gleichung zu einer anderen Gleichung. Offenbar verändert keine dieser drei Transformationen die Lösungsmenge des linearen Gleichungssystems. Die Operation (2) wird dabei nicht wirklich benötigt, wir können sie beispielsweise dazu benutzen in der Stufenform zusätzlich a 11 = a 2i = a 3j = = 1 anzunehmen, was gelegentlich bequem ist. In Termen der erweiterten Koeffizientenmatrix werden diese drei Operationen zu 1. Vertauschen zweier Zeilen. 2. Multiplikation einer Zeile mit einer Zahl c Addition eines Vielfachen einer Zeile zu einer anderen Zeile. Diese drei Transformationen einer Matrix werden auch als elementare Zeilenumformungen bezeichnet. Das schon angekündigte Gaußsche Eliminationsverfahren, oft auch als Gauß-Algorithmus bezeichnet, wendet diese drei elementaren Umformungen systematisch auf ein gegebenes lineares Gleichungssystem an, um es in ein System in Stufenform zu überführen
15 Wir wollen das Eliminationsverfahren zunächst am obigen Beispiel des linearen Gleichungssystems mit der erweiterten Koeffizientenmatrix durchführen. Das Verfahren startet hier indem wir Vielfache der ersten Zeile zu den anderen drei Zeilen addieren, und zwar so, dass der neue Eintrag in der ersten Spalte dieser drei Gleichungen zu Null wird. Ziehen wir die erste Zeile von der zweiten ab, so erhalten wir ganz links in der zweiten Zeile tatsächlich eine Null. Beachte dabei das ein Abziehen der ersten Zeile von der zweiten auch als Addition des ( 1)-fachen der ersten Zeile zur zweiten gedeutet werden kann. Entsprechend müssen wir die erste Zeile zur dritten Zeile addieren, und das dreifache der ersten Zeile von der vierten Zeile abziehen. Mit diesen drei elementaren Zeilenumformungen wird unsere erweiterte Koeffizientenmatrix zu Damit sind wir der Stufenform ein Stück näher gekommen. Nun würden wir gerne mit der zweiten Zeile so fortfahren, also Vielfache der zweiten Zeile zur dritten und vierten addieren so, dass wir in der dritten und vierten Zeile zwei führende Nullen bekommen. Leider geht dies nicht sofort, da der zweite Eintrag der zweiten Zeile ja selbst eine Null ist. Dies können wir aber leicht beheben, wir benutzen die erste unserer elementaren Zeilenumformungen um die zweite und die dritte Zeile der Matrix miteinander zu vertauschen Danach kann es weitergehen, um auch der vierten Zeile eine zweite Null zu geben, muss nur noch das 3/2-fache der zweiten Zeile zur vierten addiert werden
16 Damit ist die Stufenform schon beinahe erreicht. Wir müssen nur noch als letzten Schritt das 5/2-fache der dritten Zeile von der vierten abziehen und erhalten Damit haben wir unser lineares Gleichungssystem in Stufenform gebracht. Tatsächlich ist das erhaltene System in Stufenform gerade x + 2y u + v = 1 4y + 2u = 2 2u 2v = 4 2v = 10 und dies war unser zweites Beispiel eines linearen Gleichungssystems in Stufenform. Die eindeutige Lösung dieses Gleichungssystems hatten wir bereits als x = 1, y = 1, u = 3, v = 5 berechnet. Wir wollen nun noch ein zweites Beispiel durchrechnen. Wir betrachten das folgende lineare Gleichungssystem x + y + z = 1 2x y + 3z = 0 5x y + 7z = b. wobei b R eine Konstante ist. Hier beginnt das Eliminationsverfahren, indem wir das doppelte der ersten Zeile von der zweiten Zeile abziehen und anschließend das fünffache der ersten Zeile von der dritten Zeile abziehen b 5 Jetzt wird das doppelte der zweiten Zeile von der dritten Zeile abgezogen, und es entsteht b b 1 Die unterste Zeile der Koeffizientenmatrix besteht jetzt nur noch aus Nullen, und die Elimination ist beendet. Was jetzt passiert hängt von der Konstanten b ab. Ist b 1 0, also b 1, so ist die unterste Gleichung nicht erfüllbar, denn diese bedeutet ausgeschrieben ja 0 x + 0 y + 0 z = b
17 Das lineare Gleichungssystem hat in diesem Fall also keine Lösung. Dass ein lineares Gleichungssystem nicht lösbar sein muss, sollte keine Überraschung sein, wir hatten als ein Beispiel zu Beginn dieses Kapitels den Schnitt einer Ebene mit einer Gerade als lineares Gleichungssystem ausgedrückt, und ist die Gerade zufällig parallel zur Ebene, so hat dieses System halt keine Lösung. Ist im Beispiel dagegen b = 1, so können wir die unterste Zeile ignorieren, diese besagt ja nur noch 0 = 0, und haben ein System in Stufenform. Die untere Zeile des verkleinerten Systems gibt dann also eingesetzt in die erste Gleichung 3y + z = 2 = y = 1 3 z x = 1 y z = z. In der Beschreibung der Lösungsmenge verwenden wir diesmal z = 3t mit t R und haben 1 4t t 3 3t t R als die Lösungsmenge des linearen Gleichungssystems. Das Gaußsche Eliminationsverfahren für ein lineares Gleichungssystem aus m Gleichungen in n Variablen läuft damit prinzipiell in drei Phasen ab: 1. Bringe das gegebene lineare Gleichungssystem von oben beginnend in Stufenform indem die Einträge der weiter unten liegenden Zeilen in der gerade betrachteten Spalte durch Addition geeigneter Vielfacher der oberen Zeile auf Null gebracht werden. 2. In der Koeffizientenmatrix des so entstandenen linearen Gleichungssystems seien die ersten r m Zeilen von Null verschieden. Es gibt zwei verschiedene Möglichkeiten: (a) Ist r < m, sind also unten in der Koeffizientenmatrix nur aus Nullen bestehende Zeilen entstanden, und ist die rechte Seite einer dieser Nullzeilen von Null verschieden, so hat das lineare Gleichungssystem keine Lösung. In diesem Fall sind wir an dieser Stelle fertig. (b) Andernfalls ist entweder r = m oder in jeder Nullzeile ist auch die rechte Seite Null. Dann ignorieren wir die unteren m r Zeilen und erhalten ein lineares Gleichungssystem aus r Gleichungen in n Unbekannten das in Stufenform ist. In diesem Fall ist unser Gleichungssystem auf jeden Fall lösbar. 3. Löse das entstandene lineare Gleichungssystem in Stufenform von unter her, indem jede der verbliebenen Gleichungen die am weitesten links stehende Unbekannte mit von Null verschiedenen Koeffizienten festlegt, und eventuell verbleibende Unbekannte als freie Parameter behandelt werden. Für r = n haben wir 16-17
18 eine eindeutige Lösung und für r < n eine Lösungsmenge, die durch n r Parameter beschrieben wird. Beachte das bei diesem Verfahren immer nur Vielfache einer oben stehenden Zeile zu einer weiter unten stehenden Zeile addiert werden, niemals in die andere Richtung. Auch werden keine Hilfsmultiplikationen zur Vermeidung von Brüchen verwendet. Damit liegen die einzelnen Rechenschritte weitgehend fest und es nicht nötig, und auch nicht üblich, diese zu vermerken. Werden die elementaren Zeilenumformungen in irgendeiner anderen Reihenfolge verwendet so spricht man nicht vom Gaußschen Eliminationsverfahren. In dieser Form ist das Eliminationsverfahren für die manuelle Bearbeitung linearer Gleichungssysteme moderater Größe geeignet. Außerdem wird es sich für die theoretische Untersuchung linearer Gleichungssysteme völlig beliebiger Größe als günstig erweisen. Zur Implementation auf einem Rechner ist die hier angegebene Form noch etwas ungünstig, da Rundungsfehler sich noch unnötig stark auswirken können. Wie man dies vermeiden kann, ist ein Thema der Numerik und soll hier nicht behandelt werden. Ebenfalls nicht geeignet ist das Verfahren für große Systeme, wie etwa diejenigen die durch Diskretisierung von Differentialgleichungen entstehen, oder die Pagerang-Gleichung, für solche Gleichungen verwendet man in der Regel spezialisierte Methoden. Will man das Eliminationsverfahren tatsächlich implementieren, so sind, abgesehen von den schon erwähnten numerischen Details, noch zwei weitere Kleinigkeiten zu beachten. Zum einen haben wir den Randfall ignoriert das die erste Unbekannte gar nicht in der Gleichung vorkommt, dass unser lineares Gleichungssystem in den Unbekannten x, y, z also beispielsweise y + z = 1, y z = 2 ist. Falls dieser Fall vorliegt oder sogar die ersten Variablen x 1,..., x s nur mit den Koeffizienten Null auftreten, so führen wir den Gaußschen Algorithmus zunächst mit den verbleibenden Variablen durch und falls dieses lösbar ist so fügen wir x 1,..., x s der Beschreibung der Lösungsmenge als freie Parameter hinzu. Andere solche nicht vorkommenden Variablen die nicht gerade am Anfang stehen bereiten dagegen keine Probleme, da diese einfach die jeweiligen Stufen des äquivalenten Systems in Stufenform verlängern. Derartige lineare Gleichungssysteme können durchaus vorkommen wenn das lineare Gleichungssystem als Teilproblem einer größeren Rechnung auftaucht und selbst als Ergebnis einer Rechnung erzeugt wurde. Das zweite Problem ist das der Gaußsche Algorithmus in unserer bisherigen Beschreibung kein Algorithmus im üblichen strikten Sinn ist, da an einigen Stellen willkürliche Wahlen getroffen werden können. Es ist erlaubt und gelegentlich hilfreich einzelne Zeilen während der Rechnung mit von Null verschiedenen Konstanten zu multiplizieren oder zwei Zeilen miteinander zu vertauschen. Auf ersteres kann man dabei verzichten, das Vertauschen von Zeilen ist aber gelegentlich notwendig wenn der Koeffizient der gerade bearbeiteten Spalte in der obersten noch nicht festgelegten Zeile gleich Null ist. Wir sagen das wir den Gaußschen Algorithmus in seiner Standardform durchführen wenn auf die Multiplikation von Zeilen mit Konstanten verzichtet wird und im Falle notwendiger Zeilenvertauschungen 16-18
19 immer die oberste bearbeitete Zeile mit der am weitesten oben stehenden Zeile mit von Null verschiedenen ersten Koeffizienten vertauscht wird. In der Standardform ist dann jeder Rechenschritt eindeutig festgelegt und es gibt nur einen möglichen Rechenweg. In unserem einführenden Beispiel zum Gaußchen Algorithmus haben wir diese Standardform verwendet
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