Computerwerkzeuge und Prüfungen. Aufgaben mit Technologieeinsatz im Mathematikunterricht

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1 proceedings Ulrich Kortenkamp; Anselm Lambert; Antonia Zeimetz (Hrsg.) Computerwerkzeuge und Prüfungen Aufgaben mit Technologieeinsatz im Mathematikunterricht Bericht über die 24. und 25. Arbeitstagung des Arbeitskreises Mathematikunterricht und Informatik in der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik e.v. vom und in Soest

2 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Bibliographic information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data is available on the Internet at Ulrich Kortenkamp; Anselm Lambert; Antonia Zeimetz (Hrsg.) Computerwerkzeuge und Prüfungen / Aufgaben mit Technologieeinsatz im Mathematikunterricht. Bericht über die 24. und 25. Arbeitstagung des Arbeitskreises Mathematikunterricht und Informatik in der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik e.v. vom und in Soest ISBN Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung und Übertragung auch einzelner Textabschnitte, Bilder oder Zeichnungen vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Zustimmung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert werden (Ausnahmen gem. 53, 54 URG). Das gilt sowohl für die Vervielfältigung durch Fotokopie oder irgendein anderes Verfahren als auch für die Übertragung auf Filme, Bänder, Platten, Transparente, Disketten und andere Medien. c 2011 by Verlag Franzbecker, Hildesheim, Berlin

3 Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort der Herausgeber 3 I Computerwerkzeuge und Prüfungen 5 2 Leitgedanken zur Tagung Computerwerkzeuge und Prüfungen des Arbeitskreis Mathematikunterricht und Informatik 7 3 Hans-Jürgen Elschenbroich, Düsseldorf: Neue Medien und Unterrichtsentwicklung Lernkompetenzen auch im MU 9 4 Martin Epkenhans, Paderborn: Computeralgebrasysteme im Zentralabitur NRW Analyse einer Musteraufgabe 13 5 Wolfgang Friebe, Mainz/Berlin: Werkzeuge und Prüfungen - Wie sieht ein zukünftiger Mathematikunterricht in der Informationsgesellschaft aus? 17 6 Gilbert Greefrath, Wuppertal: Der Einsatz von Computeralgebrasystemen in zentralen Abiturprüfungen 25 7 Andreas Kittel, Schwäbisch Gmünd: Einsatz von Dynamischen-Geometrie-Systemen in der Hauptschule 31 8 Henning Körner, Oldenburg: Prüfungen im Zeitalter von CAS und GTR: Was und wie? 35 9 Eberhard Lehmann, Berlin: Vorbereitungen von Lehrerinnen und Schülerinnen auf das Zentralabitur mit CAS Fritz Nestle, Ulm/Ludwigsburg: Computergestütztes Prüfen und autonomes Lernen Jürgen Roth, Würzburg: Computerwerkzeuge und Prüfungen Probleme, Lösungsansätze und Chancen Wilhelm Sternemann, Lüdinghausen: Nichtlineare Iterationen und Fraktale, die Computerkinder Werden ihre Potentiale bei den augenblicklichen Erneuerungen des MU genügend berücksichtigt? Hans-Georg Weigand, Würzburg: Der bayerische M 3 Modellversuch Medienintegration im Mathematikunterricht Zum Einsatz von Taschencomputern in den Jahrgangsstufen Jens Weitendorf, Norderstedt; Gilbert Greefrath, Wuppertal: Arbeitsgruppe: CAS im Abitur Christine Bescherer, Ludwigsburg: Ergebnisse der Arbeitsgruppe Mathematikprüfungen im IT-Zeitalter (Positionspapier) 101 1

4 II Aufgaben mit Technologieeinsatz im Mathematikunterricht Leitgedanken zur Tagung Aufgaben mit Technologieeinsatz im Mathematikunterricht Gilbert Greefrath, Karlsruhe: Wie ändern sich Abituraufgaben durch den Einsatz digitaler Werkzeuge? Andrea Hoffkamp, Berlin: Funktionales Denken fördern durch den Einsatz von Dynamischer Geometrie Software (DGS) Sebastian Kuntze, Ludwigsburg: Vorstellungen von Lehrkräften über den Einsatz von Rechnern im Mathematikunterricht als mögliche Kontextvariablen für eine computergestützte Aufgabenkultur Ergebnisse einer Pilotuntersuchung mit Lehramtsstudierenden Marianne Moormann, München: Concept Map-Aufgaben für den Mathematikunterricht Christian Spannagel, Ludwigsburg: Computerbasierte Aufgaben zum Vervollständigen von Teillösungen Karel Tschacher, Nürnberg-Erlangen: EPM eine neue Prüfungsform aus Frankreich Modell für Deutschland? Volker Ulm, Augsburg: Welche Impulse kann die Fachdidaktik Mathematik im Hinblick auf die Gestaltung von Aufgaben mit Technologieeinsatz aus anderen Wissenschaften erhalten? Markus Vogel, Heidelberg: Multiple Repräsentationen beim Modellieren von Daten 165 2

5 Vorwort der Herausgeber Anselm Lambert, Antonia Zeimetz, Saarbrücken, und Ulrich Kortenkamp, Karlsruhe Der Arbeitskreis Mathematikunterricht und Informatik blickt auf eine lange Tradition zurück, die es zu bewahren und pflegen gilt. Die jährlichen Tagungen des Arbeitskreis sind Dreh- und Angelpunkt der Arbeit. Dort werden neue und neueste Entwicklungen des Computereinsatzes im Mathematikunterricht vorgestellt, alte und noch ältere Beispiele des mediengestützten Unterrichts kritisiert und weiterentwickelt sowie praktische Probleme der Umsetzung im Unterricht diskutiert. Die Präsentationen und die Diskussionskultur können oft nur mit großer Mühe in eine adäquate schriftliche Form gebracht werden. Dies führte schon in der Vergangenheit zu einer großen Verzögerung bei der Herausgabe der Tagungsbände. Auch ist die Qualität der Beiträge oft unterschiedlich nicht alles, was hervorragend präsentiert ist, liest sich danach genauso gut. Wir, die Leiter des Arbeitskreises seit 2007 und die Herausgeber des Tagungsbands, haben uns nach langem Zögern aber doch entschlossen, die Beiträge zur Tagung möglichst unverfälscht wiederzugeben. Das Ergebnis halten Sie nun in Händen (oder haben es auf dem Bildschirm). Um die Verzögerung aufzuarbeiten, geben wir für die Tagungen 2006 Computerwerkzeuge und Prüfungen und 2007 Aufgaben mit Technologieeinsatz im Mathematikunterricht einen gemeinsamen Band heraus. Nicht alle Präsentationen wurden uns schriftlich eingereicht, diese fehlen naturgemäß. Eine Übersicht über die auf den Tagungen gehaltenen Vorträge finden Sie im Anschluss an die den beiden Teilen dieses Doppelbands vorangestellten Leitgedanken der damaligen Arbeitskreisleiter. Manche Artikel beziehen sich auf eine Zukunft, die nun bereits vergangen ist, dies schmälert aber ihren Beitrag nicht, sondern gibt uns die Möglichkeit, die theoretischen Überlegungen in einem anderen, helleren Licht zu sehen. Auch sind nicht mehr alle Autoren an den Orten und in den Positionen tätig, an denen sie zum Zeitpunkt der Niederschrift waren. Wir haben uns entschlossen, diese Orte nicht zu aktualisieren, sondern als Zeitdokument stehen zu lassen. Die aktuellen Wirkungsstätten finden Sie im Nachschlagewerk der Mathematikdidaktik, Madipedia. Wir wünschen viel Freude bei der Lektüre der Dokumentation der Arbeit des Arbeitskreises in den Jahren 2006 und 2007! 3

6 Anselm Lambert, Antonia Zeimetz, Saarbrücken, und Ulrich Kortenkamp, Karlsruhe 4

7 Teil I Tagung 2006 Computerwerkzeuge und Prüfungen 5

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9 Leitgedanken zur Tagung Computerwerkzeuge und Prüfungen des Arbeitskreis Mathematikunterricht und Informatik Hans-Georg Weigand, Würzburg, und Thomas Weth, Nürnberg Seit der Einführung von graphikfähigen Taschenrechnern (GTR) und Taschencomputern (TC) wird diskutiert, wie sich Inhalte und Prüfungen im Mathematikunterricht ändern müssen. Die didaktischen Diskussionen drehen sich um den richtigen Zeitpunkt des Einsatzes von GTR und TC, um die Frage, ob diese Werkzeuge bei Prüfungen überhaupt, teilweise oder stets zugelassen werden sollen und schließlich darum, welche Bedeutung Handrechenfertigkeiten zukünftig noch besitzen werden (Herget et al., 2001). Im Jahr 2006 haben sich TC im Mathematikunterricht in Deutschland nicht oder wenig und weltweit im Gegensatz zu GTR, die mittlerweile in den meisten Ländern obligatorische Hilfsmittel geworden sind nur partiell durchgesetzt (einen Überblick gibt Gegenwärtig schreitet aber die Integration von GTR und TC in den normalen Mathematikunterricht fort. In allen Bundesländern in Deutschland gibt es mittlerweile zumindest Pilotprojekte zum Einsatz von TC (Griebel, 2005). Dabei geht es zum einen um die Frage nach der Praktikabilität des Einsatzes im Unterricht, zum anderen stehen aber Fragen im Vordergrund, wie der TC in Prüfungen eingesetzt werden kann und wie sich Prüfungsaufgaben und Leistungen der Schülerinnen und Schüler verändern. Nun ist der Einsatz von TC und GTR in schriftlichen Prüfungen mittlerweile schon vielfach untersucht worden. Weitgehend übereinstimmend sind die Ergebnisse dahingehend (etwa Brown, 2003), dass sich Struktur und Typen der Fragen gegenüber den früheren Prüfungen zwar nicht wesentlich verändern, dass der GTR- und vor allem der TC-Einsatz Schülerinnen und Schülern eine größere Vielfalt an Lösungsstrategien ermöglicht und sie ihre Strategien dadurch individuell auswählen können. Dies bedeutet insbesondere für die Aufgabensteller, dass sie auch im Hinblick auf die Bewertung mit Aufgaben einhergehende mögliche Lösungsstrategien beim Erstellen der Aufgaben mitbedenken müssen. Gerade im Zusammenhang mit den gegenwärtigen Diskussionen um offene Aufgaben, um eine größere Selbsttätigkeit der Schülerinnen und Schüler, um produktive Aufgaben sowie einen aktiventdeckenden Unterricht gewinnen derartige Arbeitsweisen in Prüfungen als Katalysator für eine veränderte Unterrichtsgestaltung an Bedeutung. Die diesjährige Tagung untersucht deshalb die Bedeutung von Computerwerkzeugen bei Prüfungen. Insbesondere erhoffen wir uns Antworten auf die folgenden Fragen: Wie verändern sich Prüfungsaufgaben bei der Zulassung von GTR und/oder TC? Welche Auswirkungen hat dies auf die Bewertung der Schüler-Lösungen? Wie verändern sich Aufgaben, wenn der GTR und/oder TC im Unterricht eingesetzt werden, aber bei Prüfungen nicht zugelassen sind? Welche Unterschiede hinsichtlich der Prüfungsaufgaben ergeben sich bei der Verwendung TC gegenüber dem Einsatz von GTR? Sollen bei allen Prüfungen auch Teile ohne GTR bzw. TC gelöst werden? Welche Auswirkungen hat der Werkzeug- Einsatz auf zentrale (Abitur-)Prüfungen? Wie lassen sich Prüfungen computergestützt (also am PC) durchführen? Wie ist der GTR- bzw. TC-Einsatz von der Schulart abhängig? Literatur Brown, Roger (2003): Computer Algebra Systems and Mathematics Examinations: a comparative study. The International Journal of Computer Algebra in Mathematics Education, 10(3), Griebel, Stephan (2005): Verbreitung von Graphikrechnern und Computer-Algebra-Taschencomputern in Deutschland und Europa. In: Bender, Peter, Wilfried Herget, Hans-Georg Weigand & Thomas Weth (Hg.): Neue Medien und Bildungsstandards, Hildesheim: Franzbecker Herget, Wilfried, Helmut Heugl, Bernhard Kutzler & Eberhard Lehmann (2001): Welche handwerklichen Rechenkompetenzen sind im CAS-Zeitalter erforderlich? Der Mathematische und Naturwissenschaftliche Unterricht, 54(8),

10 Hans-Georg Weigand, Würzburg, und Thomas Weth, Nürnberg Vorträge der Tagung 2006 Körner, Henning Bescherer, Christine Roth, Jürgen Greefrath, Gilbert Goebel, Andreas Weigand, Hans-Georg Sternemann, Wilhelm Lehmann, Eberhard Nestle, Fritz Friebe, Wolfgang Kittel, Andreas Elschenbroich, Jürgen Heintz, Gaby Epkenhans, Martin Kortenkamp, Ulrich Thode, Reinhold Peters, Uwe und Lambert, Anselm Weiß, Sebastian A. Knechtel, Heiko Prüfungsaufgaben mit GTR und CAS was ist neu, was bleibt? (Hauptvortrag) Kriterienraster zur Bewertung projektorientierter Aufgaben Computerwerkzeuge und Prüfungen Probleme, Lösungsansätze und Chancen Der Einsatz von Computeralgebrasystemen in Abiturprüfungen(Arbeitsgruppe) Dynamische Raumgeometriesoftware im mündlichen Abitur Mathematik: Erfahrungen, Möglichkeiten, Perspektiven Der bayerische Modellversuch Medienintegration im Mathematikunterricht Überlegungen zur Evaluation eines einjährigen Schulversuchs mit Taschencomputer in der 10. Jahrgangsstufe Nichtlineare Iterationen und Fraktale, die Computerkinder Werden ihre Potentiale bei den augenblicklichen Erneuerungen genügend berücksichtigt? Aufgaben und Fallstudien aus der Unterrichtspraxis Vorbereitung von Lehrerinnen und Schülerinnen auf das Zentralabitur mit CAS Computergestütztes Prüfen und autonomes Lernen Werkzeuge und Prüfungen Wie sieht ein zukünftiger Mathematikunterricht in der Informationsgesellschaft aus? (Hauptvortrag) Dynamische-Geometrie-Systeme in der Hauptschule Ein interpretative Studie zur unterrichtlichen Erprobung von DGS in der Hauptschule Lernkompetenzen, auch im MU Einklang von Neuen Medien, Methoden und Aufgabenstellungen? Einsatz eines CAS im Zentralabitur NRW Analyse einer Musteraufgabe MUNIT - Math Unit Testing, Algorithmen und Prüfungen Thesen und Beispiele für Klausuraufgaben mit Medieneinsatz Trassen, CAS und Authentie Semi-automatische Fehleranalyse im Mathematikunterricht mit Hilfe eines freien Computer Algebra Systems Nicht zentrale und zentrale Abiturprüfungen mit (GTR und?) CAS in Niedersachsen von der Input- zur Outputorientierung. (Hauptvortrag) 8

11 Neue Medien und Unterrichtsentwicklung Lernkompetenzen auch im MU Hans-Jürgen Elschenbroich, Düsseldorf In der Folge von TIMMS und PISA gab es mit den Bildungsstandards der KMK (KMK, 2004) grundlegende bildungspolitische Änderungen. Die Fokussierung auf Inhalte (Was soll gelehrt werden?) wurde durch die Fokussierung auf Kompetenzen (Was sollen die Schüler gelernt haben?) abgelöst. Dies bringt Klieme in seiner Expertise auf den Punkt: Die Bildungsstandards benennen präzise, verständlich und fokussiert die wesentlichen Ziele der pädagogischen Arbeit, ausgedrückt als erwünschte Lernergebnisse der Schüler. [...] Sie legen fest, welche Kompetenzen die Kinder oder Jugendlichen bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe mindestens erworben haben sollen (Klieme & et al., 2003). Für das Fach Mathematik wurden von der KMK in den Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss zwei Kompetenzbereiche 1 benannt: allgemeine mathematische Kompetenzen und inhaltsbezogene mathematische Kompetenzen. Erwartet man, dass dies in Deutsch und Englisch analog gehandhabt wird, erlebt man eine Überraschung. In Englisch gibt es drei Kompetenzbereiche (funktionale kommunikative Kompetenzen, interkulturelle Kompetenzen, methodische Kompetenzen) und in Deutsch vier Kompetenzbereiche (Sprache und Sprachgebrauch untersuchen, Sprechen und Zuhören, Schreiben, Lesen mit Texten und Medien umgehen). Ein ähnlich buntes Bild aber nicht ganz so überraschend zeigen auch die Aussagen der Bildungsstandards zum Arbeiten mit Medien (siehe Übersicht in Elschenbroich, 2006). Wenn man sich diese Vielfalt bei den fachlichen Kompetenzen und den Aussagen zur Mediennutzung anschaut, so stellt sich die Frage, ob es da überhaupt einen roten Faden gibt. Die Beschäftigung mit dieser Frage ist naturgemäß (auch) eine Aufgabe von Mediendidaktik und Medienberatung. Die Antwort liegt in so genannten Lernkompetenzen 2, die sich überfachlich (aber nicht unfachlich!) identifizieren lassen. Oft wird stattdessen auch von Medienkompetenzen gesprochen. Das ist eine Frage der Sichtweise: aus der Perspektive der Lernenden oder aus der Perspektive der Medien. In der Literatur werden verschiedene und unterschiedlich viele Lernkompetenzen benannt. Die Medienberatung NRW 3 hält folgende Lernkompetenzen für fundamental: Strukturieren, Recherchieren, Kooperieren, Produzieren, Präsentieren. Diese kann man zu den jeweiligen fachspezifischen Kompetenzbereichen als einen zusätzlichen, über die Fächer hinweg gleichen Kompetenzbereich auffassen. Für das Fach Mathematik möchte ich dies in einer dreidimensionalen Matrix veranschaulichen (siehe Abb. 3.1). Abbildung 3.1: Elschenbroich (2006) Betrachtet man die Fächer einzeln, so könnte man sicher auch versuchen, diese Lern- und Medienkompetenzen in die fachlichen Kompetenzen zu integrieren. Damit nähme man sich jedoch die Chance, diese Kompetenzen immer wieder in den einzelnen Fächern zu identifizieren und über die Fächer hinweg ein schlüssiges Medien- und Methodenkonzept für die ganze Schule zu entwickeln und damit dem Allgemeinbildungsauftrag der Schule durchgängig Rechnung zu tragen. Schnell befürchten Kolleginnen und Kollegen, hier käme ein weiterer Berg an Zusatzanforderungen auf sie zu. Doch dies ist weitgehend unberechtigt, denn es geht dabei weitgehend um Aktivitäten, die sowieso im Mathematikunterricht gemacht werden (oft nur nicht mit dieser konzeptionellen Klarheit). Dies soll am Beispiel einer Unterrichtsreihe zur Satzgruppe des Pythagoras verdeutlicht werden, für andere Themen wie Bruchrechnen oder Funktionen lässt sich das problemlos übertragen: Strukturieren: Die Schüler erstellen eine Mindmap zur Satzgruppe des Pythagoras, die die 1 Die Kernlehrpläne NRW unterscheiden prozessbezogene Kompetenzen und inhaltsbezogene Kompetenzen 2 Jonas (2003) spricht von Lernmethoden-Kompetenzen. In NRW und Hessen hat sich mittlerweile die griffigere Bezeichnung Lernkompetenzen eingebürgert

12 Hans-Jürgen Elschenbroich, Düsseldorf Sätze und Anwendungen gliedert und vernetzt. Recherchieren: Mit Hilfe von Suchmaschinen im Internet, in digitalen und klassischen Bibliotheken tragen die Schüler Informationen zum Leben des Pythagoras und zu den Pythagoräern zusammen. Kooperieren: In Stationen-Lernen, Arbeitsgruppen oder Partnerarbeit bearbeiten die Schüler konventionelle und elektronische Arbeitsblätter, entdecken Zusammenhänge und entwickeln Begründungen, vertiefen Themen z.b. zu Anwendungen, zu Beweisen, zur Geschichte des Satzes von Pythagoras. Produzieren: Zu den Arbeitsblättern erstellen die Schüler Konstruktionen, geometrische Puzzles, Lernplakate oder Webseiten. Präsentieren: Vom Vorstellen der Hausaufgaben und Lösungen der Arbeitsblätter innerhalb der Klasse geht die Spannweite bis zur Präsentation von Produkten an einem Tag der offenen Tür oder auf der Schul-Website für eine größere Öffentlichkeit. Auch für einen stark methodenorientierten Unterricht bieten die Lernkompetenzen Hilfen und Orientierung. Klippert beschreibt in seinen Lernspiralen die Schülerrolle durch selbstständig und planvoll Aufgaben und Probleme zu lösen, Verantwortung zu übernehmen und Eigeninitiative zu zeigen, Wissen gekonnt zu erwerben und sinnfällig zu strukturieren, moderne Medien zu nutzen und gezielt zu recherchieren, in Gruppen zu arbeiten und überzeugend zu präsentieren. (Klippert, 2004). Die Verwandtschaft zu den Lernkompetenzen ist offensichtlich. Seine Lernspirale zum Satz des Pythagoras konkretisiert obige Überlegungen durch den Dreischritt Vorwissen/Voreinstellungen aktivieren, neue Kenntnisse/Verfahrensweisen erarbeiten, komplexere Anwendungs-/Transferaufgaben und konkrete Vorgaben zur jeweiligen Arbeitsform (Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit, Doppelkreis, Schülervorträge). Genauso sind die Lernkompetenzen hilfreich für einen stark medienorientierten Unterricht mit alten und neuen Medien (vgl. Elschenbroich, 2001) und verdeutlichen darin die Rolle des Kooperierens, Produzierens und Präsentierens. Aus der Gliederung durch die Lernkompetenzen ergeben sich zunächst Konsequenzen fachspezifisches Lernmittelkonzept. Die Fachkonferenz sollte festlegen, welche Lernmittel vom Schulbuch über Arbeitshefte bis hin zu Software und Internet-Angeboten genutzt werden. Auf diesen fachlichen Lernmittelkonzepten basierend muss die Schule ein Medienkonzept entwickeln. Es muss nicht jedes Fach eine Einführung in das Recherchieren, Präsentieren etc. und die Handhabung entsprechender Software leisten. Es muss aber klar sein, welches Fach in welcher Stufe sich womit beschäftigt und welche konkrete Textverarbeitung, welche Tabellenkalkulation, welches Präsentations-Programm, welches Mindmap-Programm eingesetzt werden soll, damit dies dann auch verlässlich zur Verfügung steht. Das Medienkonzept festzulegen ist Aufgabe des Gesamtkollegiums und der Schulkonferenz im Rahmen der Erarbeitung des Medienkonzepts innerhalb des Schulprogramms. Es zu überprüfen und zu sichern ist dann Aufgabe der Schulleitung. Damit sich die Medienkonzepte und Lernmittelkonzepte der einzelnen Schulen innerhalb eines Schulträgers nicht völlig auseinander entwickeln, ist es weiter dessen Aufgabe, die Medienkonzepte seiner Schulen zu sammeln und daraus einen kommunalen Medienentwicklungsplan erstellen. Dies geht bis zur Festlegung von technischen und baulichen Vorgaben, zur Definition von Service- Level-Agreements bei IT-Support und ggfs. zur Anschaffung von Schulträgerlizenzen für Software. Ohne ein planmäßiges und umfassendes Angehen aller Aspekte, die mit Lernen, Lernmitteln und Lernbedingungen zu tun haben, werden wir nicht in überschaubarer Zeit die Defizite bewältigen können, die durch TIMMS und PISA offenbar geworden sind. Der adäquate und professionelle Einsatz Neuer Medien im Unterricht wird dabei eine bedeutsame Rolle spielen. Eine kompetenzorientierte Lehrerfortbildung ist unverzichtbar. Literatur Elschenbroich, Hans-Jürgen (2001): Der Satz des Pythagoras mit Schere und Computer. mathematik lehren (Mathe-Welt), 109, URL download/pythagoras/index.htm Elschenbroich, Hans-Jürgen (2005): Bildungsstandards und neue Medien im Mathematikunterricht. Praxis der Mathematik, 4 Elschenbroich, Hans-Jürgen (2006): Lernmethoden- Kompetenzen und Fachkompetenzen. L.A. Multimedia, 1, URL Schule/Unterrichtsentwicklung/69_nrw.pdf Jonas, Hartmut (2003): Lernmethoden-Kompetenz. Computer + Unterricht, 52 Klieme, Eckhard & et al. (2003): Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards - Eine Expertise. Bonn, URL nationaler_bildungsstandards.pdf Klippert, Heinz (2004): Eigenverantwortliches Arbeiten und Lernen. Bausteine für den Fachunterricht. 4 Auflage, Beltz Verlag KMK (2004): Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Mittleren Schulabschluss. URL www. kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_ beschluesse/2003/2003_12_ 04-Bildungsstandards-Mathe-Mittleren-SA. pdf 10

13 Neue Medien und Unterrichtsentwicklung Lernkompetenzen auch im MU Abbildung 3.2: Dynamisierung des Stuhls der Braut (Elschenbroich, 2001) Abbildung 3.3: Das Medienhaus, Unit 21 11

14 Hans-Jürgen Elschenbroich, Düsseldorf Abbildung 3.4: Das Medienhaus, Unit 21 12

15 Computeralgebrasysteme im Zentralabitur NRW Analyse einer Musteraufgabe Martin Epkenhans, Paderborn Im Jahr 2007 werden in NRW erstmalig zentrale Abiturprüfungen durchgeführt. Im Fach Mathematik werden den Schulen am Prüfungstag Aufgabensätze mit Nutzung eines CAS und welche unter Benutzung eines WTR zur Auswahl vorgelegt. Zur Vorbereitung wurden Beispielaufgaben mit Musterlösungen erarbeitet und veröffentlicht. Eine dieser Aufgaben mit CAS soll insbesondere unter den Aspekten mathematischer Gehalt, problemlösendes Denken und Einsatz des CAS diskutiert werden. 1 Einleitung Das Land NRW führt im Schuljahr 2006/2007 erstmalig an Gymnasien zentrale Abiturprüfungen durch. Zur Vorbereitung hierauf wurden Arbeitsgruppen eingerichtet, die für die einzelnen Fächer Beispielaufgaben mit Musterlösungen entwickelt und veröffentlicht haben. In der Abiturprüfung Mathematik erhalten die Kurse an den Schulen Aufgabensätze aus denen die Lehrkraft am Prüfungstag die konkrete Abiturprüfung zusammenstellt. Es werden getrennte Aufgabensätze für die Benutzung eines CAS und die Nutzung von wissenschaftlichen Taschenrechnern vorgelegt. Erfahrungsgemäß werden die Lehrkräfte ihren Unterricht an diesen Beispielaufgaben orientieren. Im Folgenden soll eine Aufgabe aus dem Bereich Analysis für einen Leistungskurs mit CAS analysiert werden. Dabei sollen der mathematische Gehalt der Aufgabe und der Anteil der Nutzung des CAS herausgearbeitet werden. Insbesondere soll thematisiert werden, in wieweit die vielfach propagierte neue Aufgabenkultur durch die Einführung von CAS realisiert worden ist und welche Probleme insbesondere zentrale Prüfungen mit CAS mit sich bringen. Abschließend werden Alternativen zur Aufgabenstellung und zur Musterlösung vorgestellt und diskutiert. 2 Die Aufgabenstellung Da die Aufgabe im Internet nur zu einem zeitlich befristeten Zweck veröffentlicht worden ist, stellen wir zunächst die gesamte Aufgabe vor. Mathematik und Paläontologie (Tergan, 2007) Computergrafiken gewinnen in unserer Gesellschaft immer größere Bedeutung. Nach den ersten Anfängen in den 80er Jahren hat sich die Computertechnik mittlerweile so weit entwickelt, dass wir sogar in der Lage sind, längst ausgestorbene Lebewesen wieder zum Leben zu erwecken. Nicht nur die Filmindustrie, sondern auch die Wissenschaft hat den Wert der neuen Techniken mittlerweile erkannt. Paläontologen rekonstruieren beispielsweise das Aussehen von Dinosauriern anhand ihres Skelette. Das komplette Skelett eines ausgewachsenen Brachiosauriers wird im Museum für Naturheilkunde zu Berlin ausgestellt. Das Institut für Geodäsie und Geoinformationstechnik an der TU Berlin hat das Knochengerüst vermessen und grafisch aufgearbeitet (Quelle: 1. Die Haut über der Wirbelsäule (mit Schwanz) soll mit Hilfe der Graphen von Funktionen modelliert werden. Ziel ist es, so weitere Daten und Informationen über den Saurier gewinnen zu können. Die Linie vom Kopf über die Wirbelsäule bis zum Schwanz wird im Folgenden stets als Rücken bezeichnet. (a) Ermitteln Sie eine Funktionsvorschrift, deren Graph den Rumpfbereich (x [4; 11]) modelliert; gehen Sie dabei davon aus, dass in P(7 6) ein Sattelpunkt vorliegt. 13

16 Martin Epkenhans, Paderborn Hinweise: Mögliche Lösung: dino(x) = x x x x Es handelt sich nicht um eine optimale Approximation. Achten Sie darauf, dass die von Ihnen gewählte Methode nicht zu viel Zeit in Anspruch nimmt. (7 Punkte) (b) Zeichnen Sie den Graphen der Funktion aus Teil a) in die beigefügte Abb. 2 und notieren Sie Ihre Wertetabelle. (5 Punkte) (c) Modellieren Sie den verbleibenden Kopf- und Schwanzbereich jeweils durch geeignete Funktionen und begründen Sie in beiden Fällen Ihre Wahl (ggf. auch mit Hilfe einer Skizze). (14 Punkte) (d) Nennen Sie eine weitere, zu Teilaufgabe a) alternative Methode, die den Rumpfbereich des Saurierrückens funktional modelliert. (Berechnungen sind nicht durchzuführen). Benennen Sie die Vor- und Nachteile dieser und der in der Teilaufgabe a) beschriebenen Modellierung. (7 Punkte) 2. Brachiosaurier fingen auch klein an. Kurz nach dem Schlüpfen hatten die Tiere eine Größe von ungefähr 40 cm. Ihre endgültige Höhe (Abstand vom Boden zur höchsten Stelle des Körpers) erreichten Brachiosaurier nach ungefähr 30 Jahren. Wie schnell die Tiere genau wuchsen, kann man heute nur noch anhand von Knochenfunden erahnen. Die Knochen weisen ähnlich wie Bäume Ringe auf, mit denen sich das Wachstum pro Jahr schätzen lässt. Im Folgenden (Wachstumsmodell) wird davon ausgegangen, dass die Wachstumsrate von Tieren (in Metern pro Jahr) durch Funktionen des Typs w k,h (t) = (t ist die Zeit in Jahren) gut beschrieben wird k ek t 4 e k t + 50 h, k,t,h R+ (a) Zeigen Sie, dass ein Brachiosaurier, dessen Wachstumsrate durch w k,h (t) mit k = 0,27 und h = 1,1 beschrieben wird, größer als 13 m wird. Bestimmen Sie das Alter des Brachiosauriers, in dem er nach diesem Wachstumsmodell am stärksten wächst und das Alter, in dem er 95% seiner Endgröße erreicht hat. (9 Punkte) (b) Beschreiben Sie für h = 1, 1 den Einfluss, den der Parameter k auf die Wachstumsrate der Brachiosaurier nimmt, untersuchen Sie dazu unterschiedliche Werte für k. (3 Punkte) (c) Bestimmen Sie geeignete Werte für h und k unter der Annahme, dass ein Brachiosaurier im Alter von 5 Jahren den größten Wachstumsschub hat. (5 Punkte) Im Folgenden beschränken wir die Diskussion der Aufgabe auf den ersten Teil (Modellierung der Haut). Die Wachstumsuntersuchungen erfordern ein anspruchsvolleres mathematisches Verständnis. Der Einsatz eines CAS ist aber nur wegen der schwierigen Rechnungen zur Erzielung numerischer Ergebnisse erforderlich. Einfachere Funktionen ohne Einsatz eines CAS hätten mindestens die gleichen mathematischen Kompetenzen abgeprüft. 2.1 Anwendungsbezug versus Ehrlichkeit Bevor wir auf zu erwartenden Schülerlösungen eingehen, soll kurz angedeutet werden, was Schüler an dieser Stelle (in einer Prüfungssituation) nicht leisten sollen. Zur Lösung der Aufgabe ist es nicht erforderlich zu wissen, was Geodäsie oder Paläontologie bedeuten, ebenso sind die Informationen zur Computergraphik und die lebenden Saurier unnötiger Ballast. Sie können Schüler sogar auf die falsche Fährte locken, wie wir später noch thematisieren werden. Auch sollen Schüler erst einmal nicht darüber nachdenken, warum die Haut in drei Teilen modelliert wird und wieso der Rücken bei x = 4 bereits beginnt. Naheliegend wäre es, den Rücken zumindest entlang der Halswirbel in einer eher welligen Form zu modellieren, da sich die Haut dort in Form einer Minimalfläche spannen könnte. Die Umsetzung dieser Gedanken ebenso wie eine Modellierung der gesamten Haut mit eine stetigen Krümmung würde zu viel Zeit kosten und diese Leistung würde bei dem angegebenen Punkteschema nicht honoriert. Schließlich ist dies nur ein Teil von drei Aufgaben. Wollte man den Brachiosaurier tatsächlich zum Leben erwecken, so wäre im schulischen Kontext eine Modellierung mit Funktionenscharen sinnvoller, Veränderungen eines Parameters würden dann die Bewegung simulieren. Diese Überlegungen verdeutlichen, dass ein wirklicher, motivierender Anwendungsbezug in dieser Aufgabe nicht realisiert wird. Der Vorspann stellt eine didaktische Verpackung dar. Insbesondere in Anbetracht der Prüfungssituation muss hier eindeutig die Frage nach der Ehrlichkeit gegenüber den Prüflingen verneint werden. 2.2 Zur Musterlösung Blicken wir nun kurz auf die Musterlösung der Modellierung der Haut. Zu Erwähnen ist an dieser Stelle, dass die Korrektur sich nicht an der Musterlösung sondern an den Bewertungskriterien orientieren soll und somit alternative Lösungen zulässig sind und in einem eingeschränkten Rahmen auch erwartet werden können. Diese Aussage ändert jedoch nichts an der normierenden Wirkung solcher Musterlösungen für den Unterricht. Der Rumpfbereich wird mit der in der Aufgabe vorgegebenen ganzrationalen Funktion 4. Grades modelliert, für den Halsbereich wird eine quadratische Funktion vorgeschlagen, der Schwanzbereich wird mit Hilfe exponentieller Regression mit einer Exponentialfunkti- 14

17 Computeralgebrasysteme im Zentralabitur NRW Analyse einer Musteraufgabe on approximiert. In Derive ist dies nur über den Umweg über die lineare Regression möglich. Die Problematik des CAS-Einsatzes an dieser Stelle mit den verschiedenen CAS-Systemen wird in Greefrath (2006) erörtert. Die Nachteile dieser Modellierung sind schnell erkennbar, der Hals ist konkav, der Rumpf beginnt konvex. An der Stelle x = 4 hat die Krümmung somit eine Unstetigkeitsstelle. Die Idee des Sattelpunktes lässt sich beim bewegten Saurier nicht weiter aufrecht erhalten. Der Schwanz ist eine monoton fallende Exponentialfunktion, ein leichtes Anheben der Spitze ist daher unmöglich. Am Übergang vom Rücken zum Schwanz ist eine Unstetigkeitsstelle von ca. 30 cm. Wie die Bearbeitung von Teil b) zeigt, ist auch die Modellierung des Rückens nicht sehr optimal. In Teil d) wird kurz die Splineinterpolation erwähnt. Die Diskussion der Vorund Nachteile erschöpft sich im wesentlichen im Gegensatz gute Approximation (inkl. stetiger Krümmung) vs. Komplexität der Rechnung und Zeitaufwand. Eine korrekte Analyse in diesem Sinne würde natürlich eine mehr in die Informatik gehörende Komplexitätsbetrachtung erfordern. Die Autoren der Musterlösung bleiben hier sehr stark an der Oberfläche. 2.3 Mathematischer Gehalt und Versäumnisse Erforderlich ist die Kenntnis der Sattelpunktbedingung und deren Übersetzung in lineare Gleichungen. Aus weiteren Punktbedingungen wird ein lineares Gleichungssystem erstellt. Aus einer Wertetabelle wird mit Hilfe exponentieller Regression eine Funktion ermittelt. Das CAS übernimmt hier das Lösen des linearen Gleichungssystems und die exponentielle Regression. An keiner Stelle wird die Eindeutigkeit der Lösung diskutiert, bzw. die vom CAS geleistete Arbeit gerechtfertigt. Wieso benötigt man fünf Bedingungen in Teil a) bzw. sind diese Bedingungen tatsächlich linear unabhängig? Hat das CAS vielleicht einen eingeschränkten Rechenbereich, der durch Zufall nur eine Lösung ausgibt? Dass die angegebene Funktion in a) tatsächlich eine Lösung des Problems darstellt, wird nicht thematisiert. Ein großer Vorteil von Computern in dieser Situation ist die Möglichkeit des experimentellen Arbeitens. Optimal wäre eine Zeichnung des Skeletts in Dateiform, so dass man die gefundenen Kurven direkt einzeichnen lassen kann. Wieso soll man mit Hilfe einer Wertetabelle einen Graphen zeichnen, wenn man ein CAS zur Verfügung hat? Da der Sitzungsverlauf gespeichert werden kann, ist auch ein leichtes Abändern von Bedingungen zum Finden besserer Approximationen leicht möglich. Diese Arbeiten könnten in die Bewertung der Klausur einfliessen. Leider müssen in Klausuren Schüler ihre Aufgabenlösung eindeutig als solche Kennzeichnen. Das begründete Verwerfen erster Lösungsansätze ist somit nicht ohne weiteres mit Punkten zu belohnen. 2.4 Bewertung der Aufgabenstellung und Lösung Die Aufgabenstellung ist sehr kleinschrittig. Die Schüler werden zunächst mit einer scheinbar komplexen Aufgabenstellung konfrontiert, dann aber an die Hand genommen um möglichst die gewünschten mathematischen Kenntnisse und Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Die gesamte Einleitung ist nichts anderes als eine überflüssige didaktische Verpackung. Es scheint, als habe man beim Konstruieren der Aufgabe wieder einmal den umgekehrten Weg beschritten: Mathematische Inhalte, die abgeprüft werden sollen, werden vorgegeben, danach wird eine anwendungsorientierte komplexe Problemstellung in der Hoffnung gesucht, dass Schüler beim Lösen dieses Problems die gewünschten Kompetenzen offenbaren. Um die Folgefehlerproblematik beim Lösen von Teil b) zu vermeiden, wird in a) eine konkrete Lösung vorgegeben. Somit wird verhindert, dass in a) mit dem CAS experimentell gearbeitet wird um bereits an dieser Stelle eine gute Approximation zu finden. Damit wäre das Suchen nach Alternativen in d) ebenso erschwert worden wie das Suchen nach einer ganzheitlichen Modellierung für den gesamten Rücken. Die geeignete Modellierung eines Problems hängt von der Zielsetzung ab. Die Einleitung enthält wenigstens drei verschiedenen Zielsetzungen, die wir kurz mit ihren möglichen Auswirkungen auf die Problemlösung schildern wollen: Die Filmindustrie und lebende Suarier Funktionenscharen lebende Saurier haben keine Sattelpunkte und keine Exponentialfunktion am Rücken Die Geodäsie und das Rekonstruieren des Aussehens Frage nach Minimalflächen Fragen im 3-dimensionalen Raum Gewinnung weiterer Daten und Informationen über den Saurier aus der Modellierung des Rückens Welche Daten sollen gewonnen werden? Rückenlänge? Volumen des Sauriers? Gesamtoberfläche der Haut? Vor dem Hintergrund des Einleitungstextes wäre es nahe liegend, die Haut mit einem möglichst guten Polygonzug zu approximieren oder aber als fein gestufte Treppenfunktion oder aber als Rastergraphik in Form einer Matrix und gar nicht als Funktion. Schließlich besteht eine Computergraphik aus Pixeln und ist eher ein diskretes als ein infinitesimales Problem. Die Frage Vektorgraphik oder Rastergraphik stellt sich im Mathematikunterricht nicht zwangsläufig. Die Befürworter des Einsatzes von CAS im Unterricht argumentieren häufig damit, dass durch die Entlastung von Formelmanipulationen und Rechenaufwand Zeit für das Problemlösen geschaffen wird und so das Verständnis mathematischer Theorien durch die Anwendung in Problemkontexten gefördert wird. Problemorientierte Aufgaben sind in der Regel durch offene Aufgabenstellungen geprägt. Wie lassen sich diese Ziele nun mit den Anforderungen einer schriftlichen Abiturprüfung vereinbaren? Polya (Tietze, 1982, S. 53) hat vier Phasen des Problemlöseprozesses vorgeschlagen: Verstehen der Aufgabe, Ausdenken eines Planes, Ausführen des Planes, Rückschau. In gewisser Weise orientiert sich die Aufgabenstellung an diesem Phasenmodell, der Prüfling muß dieses Modell jedoch nicht beachten. Im wird schrittweise ein Plan vorgegeben, den er Durchführen soll, im Rückblick (Teil d) der Aufgabe) soll er dann aber diesen Plan nicht nur kritisch betrachten, sondern als nicht ganz gelungen und verbesserungswürdig erkennen. 15

18 Martin Epkenhans, Paderborn 3 Alternativen Abituraufgaben versuchen häufig den Spagat zwischen komplexen Aufgabenstellungen und dem Ermöglichen von Teillösungen für die Prüflinge. Eine Lösung mit einem Polygonzug, den die Schüler vielleicht noch aus Malheften kennen oder eine an Pixeln orientierte Lösung, würde keine Kenntnisse der gymnasialen Oberstufe verlangen. Dies soll scheinbar durch die Aufgabenstellung verhindert werden (konkrete Vorgabe eines Sattelpunktes). Es sollte daher in der Fachdidaktik diskutiert werden, ob die Aufteilung in drei (zwei) zusammenhängende Aufgaben in einem LK (GK) in NRW, die wiederum aus in einem thematischen Zusammenhang stehenden Teilaufgaben bestehen können, aufgegeben wird. Stattdessen könnte eine gebietsüberscheitende, komplexe und offene Aufgabenstellung zusammen mit einer noch zu definierenden Anzahl isolierter Aufgaben gewählt werden, in denen relativ konkrete mathematische Kenntnisse und Fähigkeiten abgeprüft werden. Die EPA Mathematik (Kultusministerkonferenz, 2002) bietet diese Möglichkeit, da die schriftliche Abiturprüfung aus bis zu fünf Prüfungsaufgaben bestehen darf. Beispiel: Eine ganzrationale Funktion vom Grad 4 hat an der Stelle x = 7 den Sattelpunkt S(7 6) und verläuft durch die Punkte A(4 8) und B(11 3, 5), (evtl. weitere Punkte vorgeben). Bestimmen Sie die Funktionsgleichung und zeichnen Sie den Graphen im Intervall [4;11]. Diese in Fachkreisen auch bayrische Abituraufgabe genannte Aufgabe, würde die gleichen mathematischen Kompetenzen wie Teil a) der Aufgabe von den Prüflingen abverlangen. Ebenso könnte man eine dem Rückenverlauf ähnelnde Kurve vorgeben und eine Modellierung (ohne unnötigen Sachkontext) verlangen. Damit die Prüflinge ein Mindestmaß an analytischen Fähigkeiten offenbaren, könnte man Funktionsklassen oder Funktionseigenschaften (Stetigkeit, Differenzierbarkeit, stetige Differenzierbarkeit etc.) vorgeben. Literatur Greefrath, Gilbert (2006): Der Einsatz von Computeralgebrasystemen in zentralen Abiturprüfungen. In: Kortenkamp, Ulrich (Hg.): Bericht über die 24. Arbeitstagung des Arbeitskreises Mathematikunterricht und Informatik in der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik e. V., Hildesheim: Franzbecker Kultusministerkonferenz (2002): Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Mathematik (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom i.d.f. vom ). München: Luchterhand Tergan, Sigmar-O. (2007): Learnline NRW. URL angebote/abitur-gost-07/download/ ma-lk1-casaufgabe-1.pdf Tietze, Uwe (1982): Didaktik des Mathematikunterrichts in der Sekundarstufe II. Braunschweig: Vieweg 16

19 Werkzeuge und Prüfungen - Wie sieht ein zukünftiger Mathematikunterricht in der Informationsgesellschaft aus? Wolfgang Friebe, Mainz/Berlin In den letzten Jahren verdeutlichen sich bereits einige Forderungen an einen Mathematikunterricht in der Informationsgesellschaft: 1. In den Bildungsstandards für Mathematik werden als output-kompetenzen gefordert, bei denen die digitale Kompetenz noch integriert werden muss. 2. Die EU fordert die digitale Kompetenz bis Eine neue Lernkultur mit selbständigem und selbstorganisiertem Lernen wird für ein lebenslanges Lernen in einer Informationsgesellschaft notwendig. 4. Die Werkzeuge in der Lernumgebung müssen natürlich auch in der Prüfung zur Verfügung stehen. 1 Aktueller Mathematikunterricht in Deutschland Ob und in welchem Umfang Werkzeuge in Mathematikprüfungen eingesetzt werden dürfen, war in der Vergangenheit umstritten. Logarithmentafel und Rechenstab war meist erlaubt. Nachdem diese Werkzeuge aber aus dem Mathematikunterricht herausgefallen sind, geht es nun um elektronische Werkzeuge vom Taschenrechner bis zum Computer bzw. Notebook. Eine Antwort auf eine Zulassung dieser Hilfsmittel ergibt sich allerdings von selbst aus einem zukünftigen Mathematikunterricht in einer Informationsgesellschaft. Der Weg in diese Zukunft ist aber bis heute noch überhaupt nicht (an-)gegangen worden. Bestenfalls haben die Ergebnisse von PISA, jeder 1. Fünfzehnjährige ist ein Risikoschüler (SZ vom ), ein Nachdenken bewirkt; auch dass in Deutschland jährlich Schülerinnen bzw. Schüler keinen Schulabschluss erhalten, regt eigentlich keinen Politiker zu einer Veränderung von Unterricht an. Der Modellversuch SEMIK hat gezeigt, dass differenziertes und selbständiges, ja selbstorganisiertes Lernen mit neuen Medien möglich ist, aber eine flächendeckende Umsetzung scheitert an einer nicht verpflichtenden Lehrerfortbildung und an der fehlenden Computerausstattung in den Schulen. Die Ergebnisse einer Erhebung an der IFS in Dortmund sind auch heute, zwei Jahre danach, im wesentlichen noch gültig. Die Bundesstatistik (2004) gibt eine Anzahl von 13 Schüler pro Computer an, seien es zwei Jahre später auch nur 11 Schülerinnen bzw. Schüler. Dies bedeutet, dass jeder Schüler bestenfalls 2 Stunden in der Woche an einem Computer lernen kann. Die Folge ist, dass über eine verpflichtende Veränderung des Unterrichts für die inzwischen sich entwickelnde Informationsgesellschaft nicht laut nachgedacht wird, auch wenn die Folgen am Arbeitsplatz bereits spürbar werden. Ein Großteil der arbeitslosen Jugend verfügt eben nicht über die erforderlichen Kompetenzen für eine Informationsgesellschaft. 2 Forderungen an einen Mathematikunterricht in der Informationsgesellschaft 2.1 Schlüsselkompetenzen der EU In der EU sind Schlüsselkompetenzen, das Framework for key competences in an information society, vereinbart worden, die eigentlich in jedem der Mitgliedsstaaten im Jahre 2020 erreicht werden sollten: 1. Communication in the mother tongue Communication in a foreign language Mathematical literacy and basic competences in science and technology Interpersonal and civic competences Digital competence Learning-to-learn Entrepreneurship Cultural expression Die Bundesregierung hat sich zu diesen Zielen bekannt, im Jahre 2006 hat D21 insbesondere die digitale Kompetenz in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung akzentuiert. Aber die Umsetzung im Bildungsbereich ist nach der Föderalismusreform eben Sache der Länder. Bei einer EU-Tagung 2004 in Dublin mit dem Thema New futures for learning wurden Folgerungen für die damals 25 Mitgliedsstaaten gezogen. Prof. em. Seymour Papert aus Maine, USA, hat als Ehrengast dieses Treffens die folgenden Aussagen beigesteuert: Digitale Medien beschränken sich bisher auf neue Wege, die bisherigen Inhalte zu lehren. Die bisherigen Inhalte sind aber bestimmt durch die alten Technologien wie Buch, Tafel, Papier, Kreide und Stift. Die Probleme werden erst bei einem Unterricht mit digitalen Medien deutlich. Neue Inhalte und neue Wege müssen erprobt werden, niemand kann sie vorhersagen! Persönliche Ansicht: 90% des heutigen Schul

20 Wolfgang Friebe, Mainz/Berlin Abbildung 5.1: Neue Medien in den Schulen in Nordrhein-Westfalens (IFS Dortmund 2004) lehrplans in Mathematik und Naturwissenschaften werden innerhalb der nächsten 30 Jahre eliminiert sein! Aber Prof. Papert will niemanden davon überzeugen, sondern anregen, sich damit zu befassen, ob eine solche Entwicklung passieren könnte. In Maine haben alle Schülerinnen und Schüler in allen Schulen Notebooks! In etwa 200 Versuchsschulen werden erste Erfahrungen in Deutschland gesammelt. 2.2 Bildungsstandards Zur Intention der Bildungsstandards: Ausgangspunkt: Unbefriedigende PISA Resultate in Deutschland Orientierung an erfolgreicheren Bildungssystemen, Anknüpfen an internationale Entwicklungen KMK-Beschlüsse zu Bildungsstandards: Dez mittlerer Schulabschluss, Okt Hauptschulabschluss (Jg. 9) Bildungsstandards greifen allgemeine Bildungsziele auf und benennen Kompetenzen, die Schülerinnen und Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangstufe an zentralen Inhalten erworben haben sollen. Sie konzentrieren sich auf Kernbereiche eines Faches. Was sind Bildungsstandards? Kompetenzen, über die Schülerinnen und Schüler nach der Schule verfügen (output): die verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten oder Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen (...) erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können (Weinert, 2001) Ein Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen wurde in Berlin als Aninstitut der Humboldt-Universität mit folgenden Aufgaben gegründet: Weiterentwicklung, Normierung, Implementation und Überprüfung der Erreichung der Bildungsstandards Generierung von Aufgabensammlungen zur Operationalisierung der Standards sowie zur Rückmeldung, in wie weit diese von den Schüler/innen erreicht werden. ziele Aber: Bildungsstandards legen nicht fest, was guter Unterricht ist! (Klieme, April 2004 in Berlin) Für die Mathematik wurden folgende Kompetenzen entwickelt (Auszug): (K1) Mathematisch argumentieren (K2) Probleme mathematisch lösen (K3) Mathematisch modellieren (K4) Mathematische Darstellungen verwenden (K5) Mit symbolischen, formalen und technischen Elementen der Mathematik umgehen (K6) Kommunizieren Seit Frühjahr 2005 werden die Bildungsstandards vom IQB bearbeitet: Verantwortlich: IQB und PISA Konsortium Ziel: Handreichung für Lehrkräfte Inhalt: Aufgaben nebst Analysen, Schülerlösungen, Unterrichtshinweisen, Entwicklungsziel: 400 Items Tatsächlich (bis Herbst 2005) entwickelt: 600 Items Für Handreichung verwendet: 150 Items Fertigstellung: Herbst 2006 Die folgende Aufgabe zeigt aber deutlich, dass eine Aufgabe nicht so weiteres zu den erwünschten Kompetenzen führt, sondern dass für einen Unterricht geeignete Lernstandards angeboten werden müssen. Aufgabe (Filmverpackung). Zur Fußballweltmeisterschaft 2006 hat sich eine Firma für Kleinbildfilme eine besondere Verpackung ausgedacht: Jeweils 4 Filme werden in einer Schachtel verpackt, die an einen Fußball erinnern soll. Die Schachtel besteht aus Quadraten (Seitenlänge 4 cm) und (nach innen zeigenden) Dreiecken. Alle Dreiecke sind rechtwinklig-gleichschenklig. 18

21 Werkzeuge und Prüfungen - Wie sieht ein zukünftiger Mathematikunterricht in der Informationsgesellschaft aus? Abbildung 5.2: Filmverpackung Aus wie vielen Quadraten und wie vielen Dreiecken besteht diese Schachtel? Berechne die Größe der Oberfläche der Schachtel. Interessant ist auch, wie viel Platz überhaupt in der Schachtel ist. Die Designer geben an, dass das Volumen (gerundet) 528 cm 3 beträgt. Rechne selbst: Bekommst du das auch heraus? Mache noch einen Vorschlag, wie du das Volumen auch berechnen könntest. Jeder der vier Filme steckt in einem zylinderförmigen Döschen (Durchmesser: 3,1 cm; Höhe: 5,2 cm). Wie viel Prozent der Schachtel bleiben leer, wenn die vier Filme eingepackt sind? Schätze zuerst die Prozentzahl und berechne erst danach das Ergebnis.... Die vom IQB veröffentlichen Aufgaben beziehen sich auf die mathematischen Kompetenzen der nationalen Bildungsstandards. Die digitale Kompetenz (aus dem EU-Katalog) ist aber eine Querschnittskompetenz, die in die Bildungsstandards mit eingehen und diese auch verändern. Es geht nicht nur um eine Einbeziehung von neuen Medien in den Unterricht, in dem eine Tabelle auf Papier eben in einer elektronischen Tabelle realisiert wird, sondern um die mathematischen Kompetenzen mit der digitalen Kompetenz zu verschmelzen, dies kann auch zu Veränderung der mathematischen Kompetenz führen. Im 3. Teil werden Beispiele von Aufgaben zu mathematisch-digitalen Kompetenz vorgestellt und als Beispiele für weitere Entwicklung solcher Aufgaben gesehen. 2.3 Lernstandards Die Realisierung von mathematisch-digitalen Kompetenzen im Unterricht geschieht durch Hinführen und Einüben von selbsttätigem Lernen selbständigem Lernen eigenverantwortlichem Lernen in einer geeigneten Lernumgebung (situations à apprendre). Hierzu wird eine neue Lernumgebung im Mathematikunterricht erforderlich. Medien/Werkzeuge: Tabellenkalkulation Präsentationsprogramm Dynamische Geometrie Algebraprogamm Programmiersprache LOGO Internet Diese Werkzeuge erfordern Selbsttätigkeit, ermöglichen Selbständigkeit führen zur (notwendigen) digitalen Kompetenz führen zu neuen Methoden und aktuellen Themen motivieren... 3 Aufgaben mit neuen Medien für einen Mathematikunterricht in der Informationsgesellschaft 3.1 Neue Optionen in einer Tabellenkalkulation a) Tabellen erstellen und verknüpfen mit Hilfe von sich selbst berechnenden Formeln b) Visualisierungen durch Diagramme für 1, 2 oder 3 Variablen c) Einsatz von Booleanschen Funktionen Tabellenkalkulation ist eine Antwort auf offene Aufgaben durch Variation und Selektion. Eng gestellte Aufgaben benötigen bestenfalls einen Taschenrechner. Beispiel für eine offene Aufgabe (Jordan, Uni Kassel) Aufgabe. Herr Stein wohnt in Trier nahe der Grenze zu Luxemburg. Deshalb fährt er mit seinem VW Golf zum Tanken nach Luxemburg, wo sich direkt hinter der 20 Kilometer weit entfernten Grenze eine Tankstelle befindet. Dort kostet der Liter Benzin nur 0,85 Euro, im Gegensatz zu 1,10 Euro in Trier. Lohnt sich die Fahrt für Herrn Stein? Begründe. Diese Aufgabe ist vom Autor abgeändert zu einer tatsächlich offenen Aufgabe, zu deren Lösung eine digitale Kompetenz erforderlich ist: Aufgabe. Wenn man an der Grenze zu Luxemburg wohnt, könnte man in Luxemburg billiger tanken. - Lohnt sich das? - Was muß der Schüler/die Schülerin an Informationen zusammentragen? Welche Rechnungen fallen an? Stoffsammlung: 19

22 Wolfgang Friebe, Mainz/Berlin - Wovon hängt das Billigertanken ab? - Preis/l in Deutschland P(D) - Preis/l in Luxemburg P(L) - Anzahl der Umweg-km: x - Benzinverbrauch des Autos: y l/100 km Beispiel Ornamente Siehe Abbildungen 5.6 und 5.7. Abbildung 5.3: Beispiel für eine offene Aufgabe Aufgabe zum Linearen Optimieren Aufgabe. Siehe Abbildung 5.4. Lademenge der LKWs: 120 m 3 LKW1: 6 m 3 davon mind. 4 Preis DM LKW2 12 m 3 Preis DM 17 Fahrer Welche Kombination von LKWs verursachen die geringsten Kosten? Zahlenpaare eingesetzt im System von Aussageformen und Kostenfunktion: =WENN(UND(12*B\$1+6*\$A2>=120; B\$1+\$A2<=17;\$A2>3); B\$1*6+\$A2*4,5;" ") Dynamische Abfalldiagramme Siehe Abbildung 5.5. Was bringt die Tabellenkalkulation? Lernumgebung zum Experimentieren, Entdecken und Ausprobieren Dynamische Tabellen und ihre Visualisierung Modulares Arbeiten Arbeiten mit einer Tabellenkalkulation führt zu hoher Motivation, Selbsttätigkeit, Selbständigkeit... und auch Begeisterung 3.2 Neue Optionen in einem Dynamischen Geometrie-Programm (Otte s Logo) Zur Verfügung stehen Punkte, Strecken, Geraden, Winkel... Figuren (Dreiecke, Vierecke, Kreise usw.) Geometrische Abbildungen (Spiegelung, Verschiebung, Drehung) Zugmodus, Geometrischer Ort, Makros u.a. Abbildung 5.6: Beispiel Ornamente Prof. Mauve, de/wp/mauve/ornament/ornahome.htm Drehung durch Doppelspiegelung Siehe Abbildung 5.8. Was bringt die dynamische Geometrie? Lernumgebung zum Experimentieren, Entdecken und Ausprobieren Modulares Arbeiten Arbeiten mit Dynamischer Geometrie führt zu hoher Motivation, Selbsttätigkeit, Selbständigkeit... und auch Begeisterung 3.3 Neue Optionen in einer Programmiersprache (LOGO-Grafik) VW, RW mit Längen RE, LI mit Winkeln Variable Sequenz Selektion Wiederholung insbes. Rekursion Subprogramme/Module Beispiel für eine Schnecke Siehe Abbildung 5.9. PR Schnecke :s :n wenn :n=0 dann rk vw :s re 90 Schnecke :s+5 :n-1 ENDE Aufruf: Schnecke

23 Werkzeuge und Prüfungen - Wie sieht ein zukünftiger Mathematikunterricht in der Informationsgesellschaft aus? Abbildung 5.4: Aufgabe zum Linearen Optimieren Abbildung 5.5: Dynamische Abfalldiagramme 21

24 Wolfgang Friebe, Mainz/Berlin Abbildung 5.7: Beispiel Ornamente Abbildung 5.8: Drehung durch Doppelspiegelung 22

25 Werkzeuge und Prüfungen - Wie sieht ein zukünftiger Mathematikunterricht in der Informationsgesellschaft aus? Abbildung 5.9: Beispiel für eine Schnecke Bäume Siehe Abbildung PR Tria :n :s wenn :n=0 dann rk li 35 vw :s tria :n-1 :s*0,75 rw :s re 35 vw :s tria:n-1 :s*0,75 rw :s re 35 vw :s tria :n-1 :s*0,75 rw :s li 35 ENDE Aufruf: Tria 3 60 Spiralen Siehe Abbildung Abbildung 5.10: Bäume PR seltsam :l :w :z vw :l re :w seltsam :l :w+:z :z ENDE Aufruf: seltsam Abbildung 5.11: Spiralen Was bringt eine Programmiersprache? Fächerübergreifend zu Informatik wichtig für viele Schüler/innen, die keine Informatik haben! (Arbeitskreis Mathematik und Informatik!) Neue Inhalte: Beispiele für rekursives Denken in der Geometrie und Algebra Arbeiten mit Logo führt zu hoher Motivation, Selbsttätigkeit, Selbständigkeit... und auch Begeisterung 3.4 Weitere Werkzeuge Algebraprogramm Dynamische Programme erst in der Entwicklung Präsentationsprogramm für mathematische Vorträge, Kommuikation Internet Unendlich viele, teilweise interaktive Beiträge, z.b. ca. 900 für Magische Quadrate 4 Schulentwicklung 4.1 Unterrichtsentwicklung In einer Informationsgesellschaft muss es einen mathematisch-digitalen Mathematikunterricht geben es einen Lernstandard geben, der auf Selbsttätigkeit, Selbständigkeit und eigenverantwortliches Lernen aufbaut Unterricht wieder motivieren, begeistern es ausreichend Fortbildung für einen mathematisch-digitalen Mathematikunterricht geben es eine ausreichende Ausstattung geben, die jegliche notwendige Form von Prüfungen ermöglicht Mathematisch-digitale Kompetenzen, die mit elektronischen Werkzeugen erreicht wurden, können auch nur mit diesen abgeprüft werden. 23

26 Wolfgang Friebe, Mainz/Berlin 4.2 Personalentwicklung erweiterte Lehrerrolle auch zum Moderator Bereitstellen der Lernumgebung als neue Aufgabe Offenheit für verschiedene Lösungswege Überblick über individuelle Lernfortschritte mehr individuelle Betreuung 4.3 Organisationsentwicklung Neue Organisation von Unterricht: Autonome Schule Ganztagsschule Notebookschule Aufgeben der 45-Minuten-Stunden Mehr Fachräume (Lernumgebungen) 5 Was mir fehlt... Wenn Schule in einer Informationsgesellschaft digitale Kompetenz vermitteln soll, dann reichen eine Ausstattung mit 1 oder 2 Laboren, oder ein oder mehrere Computer im Klassenraum nicht aus! Werkzeuge müssen griffbereit sein und nicht nur dann genutzt werden, wenn man den Computersaal aufsuchen kann bzw. wenn dieser Saal frei ist!!! Das bedeutet aber nicht, dass der Computer etwa ständig benutzt werden soll! Auch sollte es ein persönliches Werkzeug sein und nicht zuhause und in der Schule unterschiedlich! Wir nutzen die vielen Veröffentlichungen zu den neuen Medien zu wenig Aber wir benötigen (aus den Kompetenzen abgeleitet) zeitlich ausgewiesene Themenpläne (früher Lernzielkataloge, Lehrpläne usw), in denen die Möglichkeiten der neuen Werkzeuge eingearbeitet sind. Einige Schulbücher fangen schon an! Wir haben in der Bundesrepublik wohl ca. 200 Notebookschulen, einige Evaluationen, die aber den herkömmlichen Fachunterricht als Messlatte nehmen Aber wir benötigen Schulen, die neue Konzepte zu einem Mathematikunterricht mit mathematisch-digitalen Kompetenzen erproben Literatur Weinert, Franz Emmanuel (2001): Vergleichende Leistungsmessung in Schulen eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In: Weinert, Franz Emmanuel (Hg.): Leistungsmessungen in Schulen, Weinheim und Basel: Beltz Verlag,

27 Der Einsatz von Computeralgebrasystemen in zentralen Abiturprüfungen Gilbert Greefrath, Wuppertal Der Einsatz von Computeralgebrasystemen in zentral gestellten Abiturprüfungen führt zu Veränderungen und Herausforderungen auf mehreren Ebenen. An dieser Stelle wird der Einfluss auf Aufgabeninhalt und -kontext sowie die Verwendung verschiedener Computeralgebrasysteme diskutiert. 1 Einleitung In mehreren Bundesländern wird mit der Einführung des Zentralabiturs auch die Verwendung von Computeralgebrasystemen (CAS) gestattet. Dies wird am Beispiel von Nordrhein-Westfalen diskutiert. In diesem Bundesland werden 2007 erstmals Abiturprüfungen mit zentral gestellten Aufgaben durchgeführt. Dabei werden auch Aufgaben angeboten, die mit einem CAS gelöst werden sollen. Es ist aber auch weiterhin möglich, im Abitur kein CAS einzusetzen. Aus den vergangenen Jahren gibt es Erfahrungen mit CAS in (dezentralen) Abiturprüfungen in Nordrhein- Westfalen. So haben beispielsweise an der Friedensschule in Münster drei Grundkurse mit einem Handheld-Computeralgebrasystem (Casio Classpad) und zwei Leistungskurse mit einem PC- Computeralgebrasystem (Derive) in den Jahren 2005 und 2006 die Abiturprüfungen abgelegt. Die Erfahrungen aus diesen Kursen sind in die folgenden Überlegungen eingeflossen. Auch der Einsatz unterschiedlicher CAS ist bei zentralen Prüfungen von Bedeutung. 2 Aufgabeninhalt und Aufgabenkontext Die Verwendung von Computeralgebrasystemen in zentralen Prüfungen hat Auswirkungen auf die Art der gestellten Aufgaben. Dabei spielt nicht nur der Einsatz des CAS eine Rolle, sondern auch die Tatsache, dass die Aufgaben zentral gestellt werden. Beides hat teilweise auf unterschiedliche Weise Auswirkungen auf den Inhalt, den Kontext und die Formulierung der Aufgaben. Drei Grundkurse, die ab dem 12. Jahrgang mit einem CAS gearbeitet haben, wurden nach zwei Jahren Arbeit mit dem CAS schriftlich befragt, was sich durch diesen Einsatz am Mathematikunterricht grundlegend geändert hat. Da die Schülerinnen und Schüler im 11. Jahrgang noch kein CAS zur Verfügung hatten und auch parallele Kurse ohne CAS unterrichtet wurden, kann der Unterschied hier von den Schülerinnen und Schülern tatsächlich beurteilt werden. Hauptsächlich stellten die Schülerinnen und Schüler Änderungen an den Aufgaben im Unterricht fest. So wurden in vielen Antworten mehr Anwendungen sowie komplexere und andere Aufgabenstellungen genannt. Diese wurden häufig als komplizierter und schwieriger empfunden, als vor der Verwendung des CAS. Befragt man dagegen Lehrerinnen und Lehrer über die Veränderungen durch den Einsatz von CAS, so erhält man häufig die Antworten, dass mit einem CAS mehr Verständnisaufgaben, Realitätsbezüge und Modellierungen möglich sind, da z.b. Zahlenwerte irrelevant werden. So kommt es aus Sicht von Lehrerinnen und Lehrern zur Erleichterung bei Rechnungen. Die befragten Lehrerinnen und Lehrer nahmen an einer Fortbildungsveranstaltung zum CAS- Einsatz teil und hatten bereits alle Unterrichtserfahrung mit CAS. Der folgende Trend ist insgesamt bei der Durchsicht von Schüler- und Lehrerantworten zu bemerken: Schülerinnen und Schülern erscheinen die Aufgaben schwieriger und sie nennen den gestiegenen Realitätsbezug seltener als Lehrerinnen und Lehrer. Es ist also der Frage nachzugehen, wie groß die Unterschiede zwischen Aufgaben mit und ohne CAS-Einsatz in der Praxis tatsächlich sind. Hier steht sicher die persönliche Einstellung von Lehrerinnen und Lehrern im Vordergrund, allerdings bieten zentrale Prüfungen und die in diesem Zusammenhang veröffentlichten Materialien die Chance, Trends aus einem ganzen Bundesland zu erkennen. Vergleicht man Aufgabenstellungen mit und ohne CAS-Einsatz zum gleichen Kontext, so kann man an einigen Stellen Unterschiede in der Aufgabenstellung feststellen. Dies kann an einer Beispielaufgabe aus dem Sinus-Transfer- Projekt NRW 1, die als Vorbereitung für eine zentral gestellte Klausur konzipiert ist, deutlich gemacht werden: Aufgabe. Ein Kanuclub möchte für ein neues Clubhaus mit Anlegestelle ein Grundstück an der Wupper erwerben. Der bisherige Eigentümer, ein Landwirt, bietet das Grundstück über einen Makler zu einem Preis von 12 e pro m 2 an. Die Vermessung ergab eine Breite von 460 m. Von der Mitte der geraden Gebietsgrenze beträgt die Distanz zum Wasser 50 m. 1 ( ) 25

28 Gilbert Greefrath, Wuppertal Aufgabenstellung ohne CAS a) Erläutern Sie, dass der Uferverlauf im angegebenen Koordinatensystem durch f (x) = a x 2 (x 460) beschrieben wird und berechnen Sie a. (Kontrollergebnis: a = ) b) Berechnen Sie den Kaufpreis für das Grundstück. c) Der Makler veranschlagt eine Maklergebühr in Höhe von 3,48% des Kaufpreises (inklusive Mehrwertsteuer). Mit welchen Kosten hat der Kanuclub zu rechnen? Aufgabenstellung mit CAS a) Ermitteln Sie eine Funktion, die den Uferverlauf beschreibt bzgl. eines geeigneten Koordinatensystems und berechnen Sie die Höhe des Kaufpreises. b) Der Makler veranschlagt eine Maklergebühr in Höhe von 3,48% des Kaufpreises (inklusive Mehrwertsteuer). Mit welchen Kosten hat der Kanuclub zu rechnen? Es ist auffällig, dass die Aufgabenteile a) und b) aus der Aufgabe ohne Computeralgebrasystem- Einsatz zu einem Aufgabenteil zusammengefasst wurden. Dies ist gut möglich, da keine Probleme mit der Wahl des Koordinatensystems auftreten können. In der Computeralgebrasystem- Variante war kein Koordinatensystem vorgegeben. Für Computeralgebrasystem-Aufgaben ist der folgende Trend zu beobachten: Sie sind weniger kleinschrittig. Es ist keine Funktionsgleichung vorgegeben. Es ist kein Koordinatensystem vorgegeben. Es sind keine Zwischenergebnisse angegeben. Die Aufgabe ist offener formuliert. Dennoch sind die Unterschiede zwischen den beiden Aufgaben eher gering. Die zentral gestellten Aufgaben mit CAS sind eher offener als die ohne CAS-Verwendung. Dies ist aber keine Hinweis 26 darauf, dass auch mathematische Inhalte für CAS- Aufgaben verändert werden. Die mathematischen Inhalte der beiden Aufgaben sind identisch. Für das Zentralabitur 2007 bis 2009 in Nordrhein- Westfalen gibt es auch entsprechende Vorgaben 2. Für den Einsatz von CAS im Abitur gelten im Prinzip keine anderen inhaltlichen Vorgaben als für die Schülerinnen und Schüler, die mit einem herkömmlichen wissenschaftlichen oder grafikfähigen Taschenrechner arbeiten. Lediglich im Grundkurs können zusätzlich auch ganzrationale Funktionenscharen vorkommen. Zur Zeit liegen für die Verwendung eines CAS in Nordrhein-Westfalen drei offizielle Beispielaufgaben für das Zentralabitur 2007 vor. Zusätzlich gibt es noch eine Reihe von Aufgaben aus dem dezentralen Abiturdurchgang 2006, die aus Sicht der fünf Mathematikdezernenten auch die Vorgaben des Zentralabiturs Mathematik 2007 erfüllen. Auf diese Weise liegen drei ausführliche Beispielaufgaben mit Lösungen und Bewertungsschema sowie acht weitere Aufgaben für den Computeralgebrasystem-Einsatz vor. Außerdem gibt es noch Aufgaben aus dem BLK- Modellversuch SINUS-Transfer in Nordrhein- Westfalen, die durch eine zentrale Vorbereitungsklausur mit ergänzenden Materialien stark verbreitet sind. Zusätzlich gibt es viele weitere Beispielaufgaben und Hinweise. Diese beziehen sich aber auf die Verwendung von wissenschaftlichen oder grafikfähigen Taschenrechnern ohne CAS. Die Aufgabenbeispiele zeigen im Hinblick auf Realitätsbezüge keine echten Anwendungen von Mathematik. Die verwendeten Kontexte dienen in erster Linie der Einkleidung von mathematischen Aufgaben. Hier wirken der CAS-Einsatz, der Anwendungsbezüge erleichtert, und der Faktor zentrale Prüfung gegeneinander. Da eine Vorgabe von Kontexten nicht geplant ist und alle Schülerinnen und Schüler ohne Vorkenntnisse über die Kontexte die Aufgaben bearbeiten sollen, ist es in zentralen Prüfungen schwierig geeignete Aufgabenkontexte zu finden, die über eine bloße Einkleidung von Aufgaben deutlich hinausgehen. Bezogen auf die Kontexte gibt es für die Aufgaben mit CAS den Trend zu etwas realitätsbezogeneren Aufgaben als für die Aufgaben ohne CAS-Einsatz. In Aufgaben zur Vorbereitung des Zentralabiturs (mit CAS) in NRW findet man beispielsweise die folgenden Kontexte: Brücke, Tunneleingang, Dinosaurierrücken, Länge von Forellen, Verkehrsrate, Weg zwischen zwei Märkten, Kundenwanderungen, Krankheitsverlauf, Schwarzfahrer, Telefontarife, Lose. Die meisten Kontexte und Beispielaufgaben findet man zum Bereich Analysis. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass solche Aufgaben den Ein- 2 ( )

29 Der Einsatz von Computeralgebrasystemen in zentralen Abiturprüfungen satz eines CAS am besten verdeutlichen. Viele Beispiele sind auch ohne CAS möglich, erfordern dann aber einen erheblich größeren Aufwand und sind so in der Prüfungszeit in der Regel nicht lösbar. Selten zu finden sind außermathematische Kontexte für Aufgaben aus dem Bereich Lineare Algebra/Analytische Geometrie (ohne Matrizen). 3 Einsatz unterschiedlicher Computeralgebrasysteme in zentralen Prüfungen In den Schulen werden zur Zeit unterschiedliche CAS verwendet. Sie unterscheiden sich in der Handhabung und in der Leistungsfähigkeit. Bezogen auf die Handhabung sind PC-CAS und Handheld-CAS zu unterscheiden. Hier ist die Handhabung der PC-CAS deutlich komfortabler und daher in der Regel auch schneller als die der Handhelds. Dadurch könnten Schülerinnen und Schüler in der Abiturprüfung einen Zeitvorteil haben. Die Handhelds haben nur beim Einschaltvorgang einen zeitlichen Vorteil, der aber bei einer Prüfung keine Rolle spielt. Die komfortablere und schnellere Handhabung der PC-CAS kann daher zu Vorteilen in Prüfungen führen. Die Leistungsfähigkeit eines CAS ist in einer Prüfung verglichen mit dem Zeitfaktor sicherlich entscheidender. Es gibt Aufgaben, die mit einigen CAS nicht oder nur sehr umständlich bearbeitet werden können, während sie von anderen Systemen schnell und einfach gelöst werden. Dies soll an zwei Beispielen erläutert werden: Beispielaufgabe: Die Brücke über den Großen Belt (Mühlenfeld)3 Mitte 1998 wurde in Dänemark eine Verbindung über den Großen Belt eingeweiht. Hauptbestandteil ist die Ostbrücke - eine 6790 Meter lange Hängebrücke mit einer Spannweite zwischen zwei Pfeilern von 1624 m. Die Durchfahrtshöhe für den Schiffverkehr beträgt 65 m, die Spitzen der Pfeiler bilden mit 254 m Höhe über dem Meeresspiegel die größte Erhebung Dänemarks. Der tiefste Punkt des Kabels zwischen den beiden Pfeilerspitzen liegt ca. 3 m über der Fahrbahn. [...] b) Das Kabel lässt sich annähernd auch durch den Graphen der Funktion g mit g (x) = a (e b x +e b x ); a, b > 0 beschreiben. Bestimmen Sie a und b. Mit dem PC-Computeralgebrasystem Derive 6 lässt sich das durch die beiden Funktionswerte gegebene Gleichungssystem direkt eingeben und lösen (siehe Abb. 6.1). Mit dem Handheld-CAS Casio Classpad 300 führen entsprechende Eingaben nicht zum Ziel: Erst das Definieren einer Hilfsfunktion führt zum Ziel. Hier können nur Teile der Aufgabe mit dem Rechner durchgeführt werden. Dazu müssen den Schülerinnen und Schülern die Schwächen des Rechners im Bereich der Exponentialfunktionen bekannt sein. Dennoch ist es nicht so, dass die Schülerinnen und Schüler in jedem Fall mit dem PC-CAS Derive Vorteile gegenüber dem Handheld-CAS Classpad haben. Dies zeigt das folgende Beispiel, Mathematik und Paläontologie4 : (...) b) Modellieren Sie den verbleibenden (...) Schwanzbereich jeweils durch geeignete Funktionen und begründen Sie (...) Ihre Wahl. In der Lösung wird eine exponentielle Regression durch die folgenden Punkte vorgeschlagen: Mit dem PC-Computeralgebrasystem Derive kann nicht direkt eine exponentielle Regression durch die verwendeten Punkte gelegt werden. Die Schülerinnen und Schüler müssen die Daten zunächst linearisieren. Dann kann eine lineare Regression berechnet werden und schließlich in eine Exponentialfunktion umgewandelt werden: 3 Mathematik.pdf ( ) 4 pdf ( ) 27

30 Gilbert Greefrath, Wuppertal Abbildung 6.1: Lösung der Beispielaufgabe: Die Brücke über den Großen Belt mit Derive 6 Mit dem Classpad kann die Regression direkt durchgeführt werden (siehe Abb. 6.2 und 6.3).Die zusätzliche Überlegung zur Linearisierung und das Übertragen der linearen Regression entfallen also für Schülerinnen und Schüler, die den Classpad nutzen. Abbildung 6.2: Lösung der Beispielaufgabe: Mathematik und Paläontologie mit dem Classpad Abbildung 6.3: Lösung der Beispielaufgabe: Mathematik und Paläontologie mit dem Classpad 4 Übersetzungsprozesse Die Bearbeitung realitätsnaher Aufgaben mit einem CAS erfordert zwei Übersetzungsprozesse. Zunächst muss der Aufgabentext verstanden und in die Sprache der Mathematik übersetzt werden. Der CAS-Rechner kann jedoch erst angewendet werden, wenn die mathematischen Ausdrücke in die Sprache des Rechners übersetzt worden sind. Die Ergebnisse des Rechners müssen dann wieder in die Sprache der Mathematik zurück transformiert werden. Schließlich kann dann die Aufgabe gelöst werden, wenn die mathematischen Ergebnisse auf diese reale Situation bezogen werden (siehe Abb Die Aufgabenbeispiele zeigen, dass die Bearbeitung durch das CAS nicht immer gleichwertig ist. Außerdem sind die Systeme unterschiedlich benutzerfreundlich. Nicht alle Befehle sind im natural-display-typ (Eingabe in mathematischer Notation) vorhanden. So ist auch die Übersetzung von der mathematischen Sprache in die Befehlssprache und zurück nicht immer vergleichbar. Um eine größere Gleichwertig- 28

31 Der Einsatz von Computeralgebrasystemen in zentralen Abiturprüfungen Abbildung 6.4: Übersetzungsprozesse keit von Aufgaben in zentralen Prüfungen zu erreichen, wäre eine Festlegung von CAS-Standard- Techniken für Abituraufgaben sinnvoll. Eine solche Liste könnte beispielsweise im Bereich Analysis die folgenden Punkte enthalten: Gleichungen lösen (Exponentialgleichung, Wurzelgleichung, Polynomgleichung), Gleichungssystem lösen (Lineares Gleichungssystem, Exponential- Gleichungssystem), Regression bestimmen (Lineare Regression, Exponentielle Regression), Ableitung und Integrale bestimmen, Wertetabellen anlegen und Graphen zeichnen. Dies wäre zum einen für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer eine Hilfe bei der Abiturvorbereitung und zum anderen für die Hersteller von CAS eine Orientierungshilfe. Auch die Übersetzungsprozesse von der Aufgabe zur Mathematik könnten im Rahmen von zentralen Prüfungen mit CAS verbessert werden. Hier wäre zu überlegen, ob bestimmte Kontexte für die Vorkenntnisse nötig sind vor den Prüfungen bekannt gemacht werden oder umfangreichere Materialien wie Karten und Sachtexte in der Prüfung zur Verfügung gestellt werden. Dann wäre es möglich, auch innerhalb der Prüfung realistische Modellierungen mit dem CAS durchführen zu lassen. 29

32 Gilbert Greefrath, Wuppertal 30

33 Einsatz von Dynamischen-Geometrie-Systemen in der Hauptschule Andreas Kittel, Schwäbisch Gmünd Viele Gründe sprechen für den Einsatz von Dynamischen-Geometrie-Systemen in der Hauptschule. Trotz dieser Argumente und Empfehlungen der Bildungspläne werden diese Systeme kaum genutzt. Als Hauptgrund dafür wird die mangelnde Kompetenz der Schülerinnen und Schüler genannt. In der hier kurz umrissenen Untersuchung wird gezeigt, dass auch Hauptschüler in der Lage sind, diese Systeme nach kurzer Einarbeitungszeit rasch und sicher zu bedienen. Dabei findet ohne Ablenkung von der Programmoberfläche eine Beschäftigung mit mathematischen Problemlösungen statt. 1 Einleitung In vielen Forschungsprojekten, Aufgabensammlungen und Erfahrungsberichten aus dem Schulalltag wird gezeigt, wie der Einsatz von Dynamischen-Geometrie-Systemen (DGS) zum besseren Verstehen von geometrischen Zusammenhängen beitragen kann (vgl. Elschenbroich & Seebach, 2000; Elschenbroich, 2005; Hölzl, 1994; Ritter, 2002; Schumann, 2001). Alle diese Untersuchungen beziehen sich auf den Einsatz dieser Systeme in Realschulen oder Gymnasien. Hauptschulen sind nicht berücksichtigt. Traut man Hauptschülerinnen und -schülern den Umgang mit diesen Systemen nicht zu, gibt es keine passenden Unterrichtsstoffe im Bildungsplan oder gibt es weitere Gründe, DGS in der Hauptschule nicht zu berücksichtigen? 2 Gründe für DGS in der Hauptschule Dabei gibt es eine Reihe von Argumenten, die insbesondere auch in der Hauptschule für einen Einsatz von DGS sprechen und die gerade für Hauptschülerinnen und -schüler von Bedeutung sind: DGS verlangen korrektes Konstruieren Nur reine Zirkel- und Linealkonstruktionen sind korrekt. Statische Konstruktionen lassen sich mit Hilfe des Zugmodus leicht als solche entlarven. Die mathematische Computer-Syntax wird akzeptiert (Lutz & Weth, 1994). Die Autorität des Computers wird im Gegensatz zu der des Lehrers weniger in Frage gestellt. Heuristisches Vorgehen DGS eignen sich zum heuristischen Bearbeiten von Aufgaben (Weigand & Weth, 2002). Durch das heuristische Vorgehen können Vermutungen verifiziert oder falsifiziert werden. Dieses Verfahren eignet sich besonders für die Hauptschule, da Beweise in dieser Altersstufe und Schulform kritisch gesehen werden (Elschenbroich, 2005). Bildungsplan Im den nationalen Bildungsplänen der Hauptschulen wird die Verwendung dieser Systeme vorgeschlagen. In den deutschlandweit gültigen Vorgaben der Kultusministerkonferenz sollen die Schülerinnen und Schüler [g]eometrische Figuren unter Verwendung angemessener Hilfsmittel wie [...] dynamischer Geometrie-Software zeichnen und konstruieren. (KMK 2004, S.10) Repräsentationsformen DGS zeigen eine Zeichnung als Repräsentant einer Figur. Dadurch lernen Schülerinnen und Schüler beispielsweise Eigenschaften von verschiedenen Vierecken zu differenzieren. Unterrichtspraktische Begründungen DGS bieten eine Entlastung bei komplexen Konstruktionsaufgaben. Schülerinnen und Schüler gelangen schneller von der Idee zur Realisation. Sie eignen sich für schülerzentrierte Lernformen, wie entdeckendem Lernen. Es besteht die Hoffnung, dass Neue Medien auch neue Methoden fördern. Alle Konstruktionsschritte und dynamische Variationen lassen sich ohne Probleme wiederholen. Dabei können einzelne Parameter verändert werden. Dadurch lassen sich operative Aufgabestellungen realisieren. Durch Änderungen der Ausgangslage kann das Resultat schnell und unproblematisch analysiert werden. DGS bieten eine Exportmöglichkeit von Zeichnungen. Dadurch lassen sich saubere und exakte Konstruktionen erstellen. Fallunterscheidungen können schnell und einfach mit Hilfe des Zugmodus erstellt werden. Nicht lösbare Fälle können schnell durch Fallunterscheidungen entlarvt werden. Funktionale Zusammenhänge lassen sich durch vielfältige Beispiele anschaulich präsentieren. Der Konstruktionstext kann produktiv in die Aufgabenlösung eingebunden werden. Lernende sind durch das neue Medium und die neuen vielfäligen Möglichkeiten motiviert. (vgl. Hole, 2006) 31

34 Andreas Kittel, Schwäbisch Gmünd 3 Lehrerargumente gegen den Einsatz von DGS Trotz dieser vielen Vorteile, die DGS gegenüber traditionellen Medien bieten, sind sie in der Hauptschule immer noch unterrepräsentiert. Bereits vor einigen Jahren merkte Hole (1998, S. 26) an, dass spezielle Mathematik- Werkzeugprogramme wie [...] Cabri, Geolog bislang kaum Eingang in den Mathematikunterricht der HS gefunden [haben]. Ein Indiz, dass sich die Häufigkeit des Einsatzes dieser Systeme bis heute kaum geändert hat, zeigt sich darin, wie schwer es war, Hauptschullehrkräfte für die hier vorgestellte Untersuchung zu finden, die wussten was DGS sind oder in einem Interview Fragen zu diesem Themenkomplex beantworten konnten. Diese Untersuchung sollte klären, welche Gründe es für diese Unterrepräsentanz gibt. Sie wurde im Rahmen eines Leitfadeninterviews mit Lehrern durchgeführt. Die Ergebnisse der Auswertung dieser Interviews lassen sich in fünf wesentlichen Punkten zusammenfassen. Mangelnde Kompetenz der Lehrer Vielen Hauptschullehrkräften sind DGS bzw. deren Bedienung unbekannt. Schwierigkeiten bei der Organisation des Computerunterrichts Der 45 Minuten Takt wird als störend empfunden bzw. nicht in Einklang mit der Belegung des Computerraumes gebracht. Hinzu kommt die ungenügende Computer- bzw. Softwareausstattung an der Schule. Priorität von Unterrichtsinhalten Geometrie gilt als nicht so wichtig erachteter Unterrichtsstoff. Die Prüfungen müssen mit traditionellen Werkzeugen abgelegt werden. Kompetenz der Schüler und Lernerfolg Es gibt die Befürchtung, dass Schülerinnen und Schüler mehr mit dem Programm als mit mathematischen Inhalten beschäftigt sind. Nutzungsmöglichkeit und Aufgabenstellungen, die sich für DGS eignen, sind unbekannt. Die ersten drei Argumente befassen sich hauptsächlich mit organisatorischen Fragestellungen. Beim vierten Argument, das sich auf die Kompetenz der Schülerinnen und Schüler im Umgang mit DGS bezieht, handelt es sich auf Grund fehlender Erfahrung erst um eine Vermutung. Ob sie zutrifft, soll durch weitere Untersuchungen geklärt werden. 4 Empirische Untersuchung Im Schuljahr 2004/05 wurden zur Klärung dieser Frage in einer größeren empirischen Untersuchung Hauptschülerinnen und -schüler in ihrem Umgang mit DGS begleitet. Dabei bearbeiteten jeweils zwei Schülerinnen oder Schüler Aufgaben am Computer unter Aufsicht eines Interviewers. Da sie bisher keine Erfahrungen mit diesen Systemen hatten, wurde zur Einführung eine Aufgabenstellung formuliert, bei der die Kinder Figuren aus ihrer Fantasie erstellen sollten (Kittel 2006). Dies geschah in Anlehnung an ein englisches Schulprojekt (Hölzl, 1994). Alle Körperteile sollten miteinander verbunden sein oder in Abhängigkeit zueinander stehen. Dabei standen die Entdeckung des Zugmodus und der unterschiedlichen Punktarten im Vordergrund. Nach dieser kurzen Begegnung mit dem DGS DynaGeo sollten sie Aufgaben lösen, die sich auf den Bildungsplan des Landes Baden- Württemberg beziehen. Die Schülerinnen und Schüler sollten darin über den geometrischen Ort aller Punkte mit bestimmten Abstand zu einem Punkt den geometrischen Ort aller Punkte zu drei Punkten finden und die Existenz bzw. Lagemöglichkeiten dieses Punktes untersuchen. Diese Aufgaben wurden der Hälfte der Gruppen in kontextgebundener, der anderen Hälfte als rein mathematisch formulierte Aufgaben vorgelegt. 5 Forschungsfragen Als Untersuchungsziele wurden drei Hauptfragestellungen formuliert: 5.1 Softwarespezifische Fragestellungen Wie werden neue Werkzeuge und Funktionen entdeckt und genutzt? Wie sieht die Nutzung komplexer Werkzeuge aus? Gibt es spezielle Schwierigkeiten im Umgang mit der Software Euklid DynaGeo? Wie sieht der Umgang mit Hilfen aus? Welche Strategien werden im Umgang mit dem Computer benutzt? Wie unterscheiden Lernende korrektes Konstruieren im Gegensatz zum statischen Zeichnen? 5.2 Umgang mit dem Zugmodus Wie werden Figuren mit Hilfe des Zugmodus variiert? Welche Rolle spielt der Zugmodus bei der Lösungsfindung und beim Entdecken von mathematischen Gesetzmäßigkeiten? Wird die Lösung mit Hilfe des Zugmodus überprüft (Zugmodusinvarianz)? Welche Rolle spielt die pragmatische Nutzung des Zugmodus? Welches Wissen über den Zugmodus liegt vor und in welcher Form wird es genutzt? (Arzarello et al., 2002, S. 66 ff.) 32

35 Einsatz von Dynamischen-Geometrie-Systemen in der Hauptschule 5.3 Bearbeitung der Aufgaben Wie wird mathematische Fachsprache benutzt? Gibt es eine mathematische Argumentation bei der Lösungserstellung? Welche mathematischen Strategien werden bei der Lösungserstellung gebraucht? 5.4 Auswertung Während bei anderen Forschungsvorhaben (vgl. Gawlick, 2002) quantitative Vergleiche zwischen traditioneller Paper-Pencil und DGS im Mittelpunkt standen, sollte hier rein qualitativ untersucht werden, ob Schülerinnen und Schüler der Hauptschule in der Lage sind, qualifiziert mit diesen für sie neuen Systemen im Rahmen der oben genannten Forschungsfragen umgehen können. 26 Schülerinnen und Schüler in 13 Gruppen wurden dazu zufällig ausgewählt. Die dabei entstandenen Interviews wurden in einer Forschungsgruppe (Autor des Artikels, Prof. Dr. habil Astrid Beckmann, Stud. Päd. Katrin Beiermeister, Stud. Päd. Stefanie Schüle; alle PH Schwäbisch Gmünd) transkribiert und interpretativ ausgewertet (nach Krummheuer & Naujok 1999, S ). 6 Ergebnisse Die Ergebnisse sind nach dem gleichen Schema wie die Forschungsfragen sortiert. Die Ergbenisse sind nur stichwortartig verfasst. Eine ausführliche Darstellung dieser Ergebnisse findet sich in (Kittel, 2007, S. 259 ff.). 6.1 Umgang mit der Software Der Befehl Rückgängig machen hat eine zentrale Bedeutung. Bei der Auswahl der Werkzeuge ist der Bully Effekt, reflektierter Umgang und eine Zwischenform zu beobachten. Bei der Bearbeitung von Aufgaben werden sowohl bekannte als auch unbekannte Werkzeuge benutzt. Hilfen wie Icons und Tooltips werden von den Lernenden selbständig entdeckt. Auf Hilfen, wie dem Text der Statuszeile, müssen Schülerinnen und Schüler vereinzelt aufmerksam gemacht werden. Lernende mit mehr Computererfahrung nutzen eher computereigene Strategien, wie die Übernahme von Teillösungen. 6.2 Umgang mit dem Zugmodus Nach mehrmaligem Hinweis setzen Lernende den Zugmodus selbständig zur Überprüfung der Lösung ein. Der bisherige Geometrieunterricht hat kaum Einsicht in korrektes Konstruieren gefördert. Der Zugmodus wird häufig und eigenständig zum Variieren von Zeichnungen eingesetzt. Der Zugmodus wird kaum zum Entdecken von Gesetzmäßigkeiten und zur Lösungsfindung eingesetzt. Für diese Nutzung ist beispielsweise die Kenntnis der Ortslinie vonnöten. Die pragmatische Nutzung des Zugmodus ist der wichtigste Aspekt für Schülerinnen und Schüler. 6.3 Bearbeitung der Aufgaben Die Tooltip-Funktion fördert die Verwendung mathematischer Fachwörter. Tooltips können beim Erlernen eines neuen Begriffs unterstützend helfen. Komplexe allgemeingültige Beweise gelingen Hauptschülern auch mit DGS nicht. Arbeiten mit DGS und passender Aufgaben regt das Verwenden vielfältiger mathematischer Strategien an. 6.4 Zusammenfassung Insgesamt lässt sich belegen, dass sich die Schülerinnen und Schüler intensiv mit mathematischen Fragestellungen beschäftigten. Softwareprobleme sind von untergeordneter Natur und können meist mit den im Programm integrierten Hilfefunktionen selbständig gelöst werden. Bereits nach kurzer Zeit gehen die Kinder routiniert mit den ihnen aus der Einführung bekannten Funktionen und Werkzeugen um. Das in den Leitfadeninterviews eingebrachte Argument, dass die Software für diese Klientel zu schwer zu verstehen sei, kann im Rahmen dieser Untersuchung eindeutig widerlegt werden. Aufgrund der unter Punkt 2 genannten Argumente und der vorliegenden Untersuchungsergebnisse wird die Verwendung von DGS in der Hauptschule empfohlen. Literatur Arzarello, Ferdinando, Federica Olivero, Domingo Paola & Ornella Robutti (2002): A cognitive analysis of dragging practises in Cabri environments. ZDM, 34(3), Elschenbroich, Hans-Jürgen (2005): Mit dynamischer Geometrie argumentieren und beweisen. In: Barzel, Bärbel, Stephan Hußmann & Timo Leuders (Hg.): Computer, Internet & Co, Berlin: Cornelsen, Elschenbroich, Hans-Jürgen & Günter Seebach (2000): Dynamisch Geometrie entdecken. Elektronische Arbeitsblätter mit Euklid-DynaGeo und Cabri II. Rosenheim: co.tec Verlag Gawlick, Thomas (2002): On Dynamic Geometry Software in the Regular Classroom. ZDM, 34(2), 85 Hole, Volker (1998): Erfolgreicher Mathematikunterricht mit dem Computer - Methodische und didaktische Grundfragen in der Sekundarstufe I. Donauwörth: Auer Hole, Volker (2006): Unveröffentlichtes Manuskript zu der Veranstaltung Computer im Mathematikunterricht, im SoSe 2006 an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd Hölzl, Reinhard (1994): Im Zugmodus der Cabri-Geometrie. Weinheim: Deutscher Studien-Verlag Kittel, Andreas (2006): Dynamische Teddybären - Eine Einführung in DGS. PM, 47(6) 33

36 Andreas Kittel, Schwäbisch Gmünd Kittel, Andreas (2007): Dynamische Geometrie-Systeme in der Hauptschule. Eine interpretative Untersuchung an Fallbeispielen und ausgewählten Aufgaben der Sekundarstufe. Berlin: Franzbecker Krummheuer, Götz & Natascha Naujok (1999): Grundlagen und Beispiele Interpretativer Unterrichtsforschung. Opladen: Leske und Budrich Verlag Kultusministerkonferenz (2004): Bildungsstandards für den Hauptschulabschluss Lutz, Bettina & Thomas Weth (1994): Beobachtungen beim Einsatz von Geolog. MidS, 32(9), Ritter, Wilhelm (2002): Ein Jahr dynamische Geometrie mit Geonext in der 8. Klasse. Bayreuther Schriftenreihe Roth, Jürgen (2005): Figuren verändern - Funktionen verstehen. In: Computer, Internet & Co, Hildesheim: Cornelsen Schumann, Heinz (2001): Modulares Arbeiten im Geometrieunterricht. In: Dynamische Geometrie - Offene Aufgaben - Analytische Geometrie, Weingarten Weigand, Hans-Georg & Thomas Weth (2002): Computer im Mathematikunterricht - Neue Wege zu alten Zielen. Berlin: Spektrum Akademischer Verlag 34

37 Prüfungen im Zeitalter von CAS und GTR: Was und wie? Henning Körner, Oldenburg Computer sind gut im Rechnen, aber schlecht im Bewerten einer Situation. Sebastian Thrun (KI-Forscher) Denken... ist dann nicht mehr im Subjekt lokalisiert, sondern das System aus Subjekt und Kontext (das sind insbesondere die dort verfügbaren materiellen und mentalen Werkzeuge und Technologien) realisiert Denkprozesse. W. Dörfler (zit. aus Weigand & Weth, 2002, S. 37) Das, worauf es ankommt, lässt sich weder eindeutig ansteuern noch eindeutig testen, aber es lässt sich durch testorientiertes Unterrichten eindeutig behindern. (Meyer, 2005, S. 69) Kommt das in der Arbeit dran? Wir machen noch richtige Mathematik, kein Knöpfchendrücken. Wie soll man solche Texte bewerten? Schüler X und Lehrer Y, Z 1 Die Ausgangsthese Die Bearbeitung der Frage, wie Computerwerkzeuge in Prüfungen eingesetzt werden können und sollten und wie sie die Aufgaben und Prüfungsformate verändern, muss immer zunächst den gemeinsamen Bezugspunkt, den zu Grunde liegenden Unterricht und die an ihm teilnehmenden Schülerinnen und Schüler, in den Blick nehmen und im weiteren Sinne dann natürlich auch die gesellschaftliche Einbettung von Prüfungen und neuen Technologien. Abbildung 8.1: Beziehung Unterricht Schüler Leistungsfeststellung Die folgenden Ausführungen beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Beziehungen, die mit den dicken Pfeilen markiert sind. Der Einfluss von Computertechniken auf den Unterricht ist in diesem Arbeitskreis unter vielfältigen Aspekten ausführlich diskutiert worden. Zur Beziehung Unterricht Schüler Leistungsfeststellung wird hier als Grundlage aller weiteren Überlegungen und Diskussionen folgende, normative Forderung gestellt These 1. In Prüfungen muss qualitativ und quantitativ das abgefragt werden, was auch den Unterricht qualitativ und quantitativ prägt. Diese zunächst fast banal und selbstverständlich erscheinende Forderung beinhaltet bei genauerem Hinsehen doch einiges an Klärungs- und Begründungsbedarf. Zunächst erfolgt hiermit eine klare Abgrenzung gegenüber zentralen Überprüfungen, deren direkter Bezugspunkt eben nicht der je individuelle Unterricht ist. Die weiteren Ausführungen beziehen sich damit immer auf Prüfungssituationen zu einem vorgängigen Unterricht. Es ist wichtig, hier eine gewisse Distanz zu solchen zentralen Überprüfungen, auch dem Zentralabitur, zu wahren und die konstitutive Differenz deutlich zu markieren, um von Vornherein eine zu starke, im Sinne der allgemeinen pädagogischen und didaktischen Ziele kontraproduktive, Fokussierung auf solche Prüfungen zu vermeiden ( teaching to the test ). Dahinter steckt darüber hinaus die Überzeugung, dass nicht ein umfangreiches, enges Abarbeiten für prüfungsnah gehaltener Aufgaben hinreichenden Erfolg sichert, sondern die Ausbildung breiter, flexibel anwendbarer Kompetenzen einen hohen Anteil an potentiellem Erfolg hat. Einem möglichen Missverständnis muss hier vorgebeugt werden. Die These besagt nicht, dass im Unterricht das behandelt werden soll, was die Prüfungen prägt! Zentraler Bezugspunkt von Unterricht müssen immer allgemeine und spezifische didaktischmethodische Ziele sein. Nur wenn der Unterricht stark kalkülgeprägt ist, sollten es auch konsequenterweise die Klausuren sein, alles andere wäre unredlich. Es gilt aber auch umgekehrt: Wenn Klausuren sich auf den algorithmischen Kern beschränken, geraten Herleitungen, Diskussionen und Begriffsbildungsprozesse zu zusätzlichen Unterrichtsphasen, die dann aus Schülersicht häufig unwichtig sind, weil sie für Klausuren eben keine Relevanz besitzen. Schülerbemerkungen wie Warte bis die Formel kommt, dann wird s wich- 35

38 Henning Körner, Oldenburg tig und Lehreranmerkungen wie Keine Angst, dass kommt nicht dran unterfüttern dann diese Tendenz. Die inhaltliche Invarianz der Abiturklausuren in den letzten 30 Jahren bei massiven Änderungen des didaktisch methodischen Hintergrunds bis hin zu curricularen Verschiebungen ( New Math Anwendungsorientierung Computerorientierung) kann als weiteres Argument für die These 1 genommen werden. Sie zeigt deutlich, dass diese Aufgaben und die ihnen zugrunde liegende Struktur mit ihrer Kalküldominanz nicht valide bezogen auf die in Lehrplänen festgelegten Ziele sind. Will man für sinnvoll Erachtetes auch deutlich im Unterricht implementieren, dann müssen von Beginn an auch geeignete Prüfungsformate konzipiert werden. Prüfungssituationen und -phasen sind an geforderte Kompetenzen anzupassen. Wenn prozessorientierte Kompetenzen zunehmende Bedeutung erlangen, muss eine Kompetenz wie z.b. das Argumentieren auch in Prüfungssituationen auftreten. Wenn dann eventuell Klausuren als wenig angemessenes Format erscheinen, müssen andere, geeignetere Formate gefunden und benutzt werden (vgl. Abschnitt 3.). Ein Verzicht auf prozessorientierte Kompetenzen auch in Prüfungssituationen ist also kontraproduktiv, er würde den Stellenwert solcher Kompetenzen, mindestens aus Schülersicht, verringern. So zweifelhaft und vielleicht wenig ehrenwert die These ist, dass nur das, was geprüft wird, auch für Schüler wichtig ist, so verständlich ist sie in ihrem pragmatischen Kern. Sie darf auf der anderen Seite natürlich aber nie zur Maxime von Unterrichtsgestaltungen werden, im Gegenteil, es gilt: These 2. (Guter) Unterricht ist immer mehr als in Prüfungen abgefragt werden kann. Die wichtigste unmittelbare Folgerung aus These 1 bezüglich des Einsatzes von Computerwerkzeugen ist: Computerwerkzeuge müssen grundsätzlich immer auch in Prüfungen eingesetzt werden dürfen und zwar soweit, wie sie auch qualitativ und quantitativ den Unterricht prägen. Die Folgerung sagt nicht, dass es nicht auch partiell technikfreie Prüfungsteile geben kann und vielleicht auch geben sollte. Sie wendet sich nur massiv gegen eine teilweise diskutierte und geforderte Trennung in technologiegestützten Unterricht und technologiefreie Prüfungen. Um im Weiteren das Beziehungsgefüge von Computerwerkzeugen und Prüfungssituationen genauer zu untersuchen, werden zwei unterschiedliche Blickrichtungen eingenommen, indem zum Ausgangspunkt der Überlegungen jeweils der eine der beiden Begriffe genommen wird, also: Von Computerwerkzeugen zu Prüfungen. Von Prüfungen zu Computerwerkzeugen. 2 Von Computerwerkzeugen zu Prüfungen Die zentrale Frage ist: Was können Computerwerkzeuge im Zusammenhang mit prozessorientierten Kompetenzen in Prüfungen leisten? Für eine Klärung muss zunächst das Besondere von Computerwerkzeugen im Vergleich zu anderen Werkzeugen in den Blick genommen werden. Computerwerkzeuge ersetzen im Gegensatz zu anderen Werkzeugen Gehirntätigkeiten, sind damit also Gehirnerweiterungen oder Denkzeuge (Hischer, 2002, S. 68 ff.). Dieser kategorische Unterschied wird sofort deutlich, wenn man die Auforderungen Benutze ein Geodreieck und Benutze einen Taschencomputer (TC) vergleicht. Während die Benutzung eines Geodreiecks in trennscharfen Verwendungszusammenhängen (Zeichen- und Messgerät) innerhalb eines recht eng umgrenzten Sets von Regeln und Verfahren erfolgt, ist die wechselseitige Beziehung von Computerwerkzeugen und Nutzern im Unterricht wesentlich komplexer. Steuer- und Kontrollinstanz beim Umgang mit Geodreiecken, Zirkeln etc. bleibt das Gehirn, also der Nutzer. Bei Computerwerkzeugen werden aber häufig gerade auch Steuer- und Kontrollinstanzen von der Technologie übernommen. Ein TC mit einem CAS ist zunächst einmal in dem Sinne ein offenes Werkzeug, als erst die Art der Verwendung, sowie die Kenntnisse und Fähigkeiten des Nutzers bezüglich des Geräts, Verwendungszusammenhänge definieren und mögliche Breite und Tiefe der Nutzung festlegen. Bei der Integration in den Unterricht geht es also zentral um die Entwicklung einer instrumentellen Wechselbeziehung (Weigand, 2006, S. 91) zwischen Computerwerkzeug und Schüler. Kompetenzen entwickeln sich dabei in der Auseinandersetzung mit dem Werkzeug, indem immer wieder bestimmte Teilaspekte an dieses ausgelagert werden. Zur Kompetenz eines Schülers gehört dann zwangsweise auch die Kompetenz, Teile an das Computerwerkzeug zu übergeben. Man kann hier dann von technologischer Kompetenz in dem Sinne sprechen, dass inhalts- bzw. prozessorientierte Kompetenzen im Dialog mit Computerwerkzeugen erworben werden, pointiert und etwas provokant ausgedrückt: Der TC wird zu einem ausgelagerten, materialisierten Teil des Gehirns. 1. Die Möglichkeit eines TC, Funktionen selbst zu definieren, also Makros herzustellen, ist eine konstruktive, mathematische Tätigkeit (funktionales Denken), die die Fertigkeiten des TC enorm erweitert. Da diese Makros im Unterricht von Schülern selbst entwickelt werden, liegt eine grundsätzliche Einsicht vor und keine black box. Solchermaßen programmierte Geräte werden damit lerngruppenspezifisch 36

39 Prüfungen im Zeitalter von CAS und GTR: Was und wie? konfiguriert und ermöglichen darüber hinaus auch eine individualisierte Nutzung. Es ist gerade diese Offenheit gegenüber Nutzungsmöglichkeiten, die solche TC zu didaktischmethodisch wertvollen Geräten machen, im Gegensatz zu festverdrahteten Arbeitsblättern und Software-Produkten mit eindimensionalen Benutzeroberflächen wie sie manche E- learning Projekte prägen. Erst in der spezifischen Einrichtung des Geräts kann sich die Produktivität des Arbeitens mit dem TC entfalten. Abbildungen 8.2 bis 8.4 zeigen drei Beispiele. 2. Ein CAS kann ein lineares Gleichungssystem durch direkte Eingabe der Gleichungen lösen, wie in Abbildung 8.5 gezeigt. Abbildung 8.2: (a) Berechnung der Katheten- und Hypotenusenlängen im rechtwinkligen Dreieck Abbildung 8.3: (b) Abstand eines Punktes von einer Ebene: PKEB(vp,vn,d) Abbildung 8.4: (c) Trapezsumme für y 1(x) von x = a bis x = b mit n Intervallen: TRAPEZ(a, b, n) Abbildung 8.5: Lösung eines linearen Gleichungssystems durch direkte Eingabe der Gleichungen Hier wird die Lösungskompetenz zunächst vollständig an den TC übergeben. Der Preis ist fehlende Einsicht in zugrunde liegende Verfahren und Prinzipien. Hier liegt also reines, technologiegestütztes, know how vor. Um Einsicht zu bekommen, werden die Gleichungen dann als Geradengleichungen interpretiert und nach y aufgelöst. Die grundsätzliche Einsicht, das auf Descartes und Fermat zurückgehende Prinzip der Analytischen Geometrie, ist sicher nicht an Technik delegierbar, sondern eine grandiose menschliche Denkleistung. Die Umsetzung kann aber wieder mit technologischer Unterstützung erfolgen (Auflösen nach y, Gleichsetzen der Terme, grafische Darstellung der Geraden), know what rückt in den Mittelpunkt. Beim Übergang zu drei Gleichungen kann zunächst mit dem gleichen Verfahren, auch wieder rechnerunterstützt, gearbeitet werden. Das Erleben recht umständlichen Vorgehens führt dann zur Einführung des Additionsverfahrens, das zunächst auch von Hand ein- und durchgeführt wird. Systematisierung führt zum Gauss-Verfahren und der Einführung der Matrix-Schreibweise; der vielleicht schon vorher benutzte Befehl RREF (Diagonalisierung, Zeilenreduzierung) wird strukturell einsichtig, aus der black box wird eine white box bzw. grey box. Später können dann algebraische (Rang einer Matrix, etc.) und geometrische (Ebenenschnitte) Betrachtungen weitere Einsicht in Strukturen und Zusammenhänge liefern und mit Hilfe von Matrizen dann auch größere LGS mit Technik gelöst werden. Die Herausbildung der Kompetenz Lösen eines Linearen Gleichungssystems (LGS) geschieht in wechselseitigem Dialog mit dem TC, es entsteht eine Art Spiralcurriculum, bei dem der TC immer wieder auch Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung von Verfahren sein kann. Das Interpretieren, Bewerten und Einsicht Gewinnen rückt in das Zentrum des mathematischen Tuns, das konkrete Ausrechnen rückt in den Hintergrund. 37

40 Henning Körner, Oldenburg 3. Zwischen natürliche Sprache und Fachsprache schiebt sich eine Art Rechnersprache mit spezifischen Darstellungen. Wenn Schüler von solven reden, ist dies sicher, nicht nur aus sprachästhetischen Gründen, zu korrigieren. Anders sieht das aber bei Bezeichnungen wie z. B. BINOMPDF(np k) für die Werte von Binomialverteilungen aus. Der Rechnerausdruck hat seine eigene, mathematische Qualität, er verdeutlicht die funktionale Sichtweise und hilft z.b. bei Variationen von Parametern, liefert also strukturelle Einsichten. Die mathematische Formel zeigt dagegen den Formelaufbau und hilft, wenn es darum geht, die Größe einzelner Teilterme zu erfassen oder die Genesis der Formel zu durchschauen. Verschiedene Darstellungen erfassen unterschiedliche Aspekte von Begriffen und Sachverhalten und können dementsprechend kontextabhängig mehr oder weniger sinnvoll sein. Ein klassisches Beispiel hierfür sind die unterschiedlichen Darstellungen von Funktionen (f, f (x), x y,... ). Im Unterricht kommt es automatisch zu Mischformen aus Umgangs- Fach- und Rechnersprache und zwar sowohl bei den Schülern als auch unter Lehrern. Lehrer sind hier gefordert, adäquate Standards zu entwickeln. Das obige Beispiel soll nur zeigen, dass eine kategorische Ablehnung von Rechnerformulierungen auch in Prüfungen nicht adäquat ist und per se kein Zeichen mathematischer Dignität ist. Bis in die sachbezogene Kommunikation hinein setzt sich die Verzahnung aus Sache, Denken und Technologie fort. Der TC fungiert hier dann auch als Experte, eben als Experte für das Operative, das Ausführen von Kalkülen, das vielfältige Darstellen und numerische Auswerten. Auch im Dialog mit diesem Experten bilden sich mathematische Kompetenzen. Diese drei Beispiele zeigen: Die Leistungsfähigkeit von Computerwerkzeugen liegt in der Wechselbeziehung von Nutzer und Werkzeug, also auch in der Rückwirkung des Werkzeuges auf den Nutzer (Pfeile in Grafik oben verlaufen in beide Richtungen!). Mathematische Qualifikationen bilden sich dann auch in Zusammenarbeit mit Computern aus, der zum Experten für Syntaktisch- Algorithmisches wird und gleichzeitig mächtiger Informationsspeicher ist (CAS sind Expertensysteme, also eine Art Datenbanken). Computerwerkzeuge sind damit nicht reine Werkzeuge, die etwas ersetzen, schneller oder sicherer machen. Sie haben und sollten damit auch massiven Einfluss auf die Inhalte und didaktisch-methodische Zielsetzungen und Einbettungen haben. Mit These 1 muss dies auch Auswirkungen auf Prüfungssituationen haben. Erst wenn Computerwerkzeuge integraler Bestandteil des Mathematikunterrichts sind, können sie ihr volles Potential entfalten. Dies setzt ständige, unkomplizierte, zeitökonomische Verfügbarkeit voraus, was bisher nur GTR und TC leisten. Die schon oben gemachte Forderung der vollständigen Integration von Computerwerkzeugen in Prüfungen erfährt durch diese technologiebezogenen Aspekte eine Verschärfung. Um im obigen Bild zu bleiben: Prüfungen ohne TC sind Formen von Amputationen. Wird hier die Abhängigkeit von Technik propagiert? Ja und nein! Ja, weil viele klassische Fertigkeiten tatsächlich ausgelagert werden, nein, weil Wesentliches, wie Einsicht gewinnen, strukturelle Zusammenhänge erkennen und geeignete Modellierungen finden beim Menschen bleiben. Die manchmal zu hörende Forderung, dass erst nach Einsicht und händischem Können Techniken eingesetzt werden sollten, geht am Kern und Grundprinzip von Technologien vorbei. Wenn wir Einsicht in die Funktionsweise und eigentätige Konstruktion eines Automotors fordern würden bevor man Auto fahren darf, wären zwar manche Umweltprobleme vielleicht gelöst oder gar nicht erst aufgetreten, eine bedeutsame Autoindustrie würde es aber eben auch nicht geben. Die Möglichkeit, Verstehen und Tun zu trennen, sind sogar tragende Elemente der Effizienz mathematischer Zugänge. Die Möglichkeit, Mathematik anzuwenden ohne immer genau zu wissen, warum sie gerade so funktioniert, sichert zuweilen Schul- und Studienerfolg, oft aber eben gerade auch ihre enorme explanatorische und prognostische Kraft. Auslagerung ist ein Grundprinzip von Mathematik und wird auch immer schon im Mathematikunterricht praktiziert (Peschek, 1999). So werden die Problematisierung der Vollständigkeit der reellen Zahlen oder topologische Weitungen selbstverständlich aus dem Analysisunterricht ausgelagert, in neuerer Zeit häufig auch der Epsilon-Kalkül zum Grenzwertbegriff. Diese theoriebedingten Auslagerungen sind meist unhinterfragt, eine Auslagerung an ein technisches Gerät berührt dagegen die Gemüter, warum? Was beunruhigt an der Vorstellung, dass eine Qualifikation in Teilen an der Benutzung eines Gerätes hängt? Es ist vermutlich ein epistemischer Hintergrund, der hier, häufig vielleicht un- oder unterbewusst, wirkt, nämlich die Vorstellung, dass Werkzeuge und ihr Gebrauch unabhängig vom Eigentlichen, vom Wesen der Mathematik sind. Soll richtige Mathematik geprüft werden, dann muss dies technikfrei geschehen! Dieses platonische Erbe kollidiert massiv mit der Vorstellung, dass auch mathematische Qualifikationen in Verbindung und dann auch Abhängigkeit von Werkzeugen (Gegenständen der physischen Welt) entstehen und vorhanden sein können. Wenn Computerwerkzeuge die Ausführung 38

41 Prüfungen im Zeitalter von CAS und GTR: Was und wie? von Kalkülen und vielfältige Darstellungen übernehmen, entsteht zwangsweise ein Raum für die Inhalte, Ziele und Methoden, die nicht an das Gerät delegiert werden können. Vor allem auch die prozessorientierten Kompetenzen rücken in den Mittelpunkt von Unterricht und dann auch (siehe These 1) in die Prüfungssituationen. Wo bisher algorithmisches Handwerk dominierte und andere Ziele nachgeordnet waren ( Ich würde gerne komplexere Anwendungen machen, aber meine Schüler können immer noch nicht die pq-formel ), können und sollten jetzt die höheren Ziele ins Zentrum des Unterrichts rücken. Computerwerkzeuge sind hier ebenso Anlass und Hilfsmittel. Prüfungen mit Computerwerkzeugen dürfen dann konsequenterweise nicht das behandeln, was auch bisher behandelt wurde, nur jetzt einfacher oder mit höherer Komplexität, sondern mindestens in gewichtigen Teilen auch andere inhaltliche Aspekte und Schwerpunkte. Natürlich braucht es für solchen Unterricht und daraus resultierende Prüfungsaufgaben nicht notwendig der Computerwerkzeuge, Bespiele für technikfreie Aufgaben zu Bedeutungen und Sinnzusammenhängen gibt es (Schmidt, 1993). Computerwerkzeuge ermöglichen allerdings besonders die Vernetzung von Begrifflichem, Interpretationen und Operativem, also zwischen know what und know how (vgl. Bsp. 6). Wird dann nicht aber alles schwerer? Was machen wir mit den schwachen Schülern, für die die Kalküle der Rettungsanker sind? Hier liegt eine Art Teufelskreis vor: Weil formale Kalküle Prüfungsaufgaben dominieren, prägen diese auch den Unterricht, alles Andere wird eventuell angesprochen, aber nicht geübt. Und weil die Kalküle nicht gekonnt werden, werden eben noch mehr Kalküle geübt. Wenn aber Semantisch Begriffliches und Pragmatisch Modellierendes starkes Gewicht im Unterricht haben, kann hier auch entsprechend geübt werden, so dass diesbezügliche Fragen und Arbeitsaufträge Gewohntes werden. Darüber hinaus liegt hier m.e. auch eine Fehlvorstellung vor: Syntaktische Umformungen sind nie einfach, weil sie letztendlich ja gerade nur dann erfolgreich durchgeführt werden können, wenn man von Bedeutungen und Verwendungszusammenhängen abstrahiert, sie als starres Regelwerk ohne Sinnzusammenhänge sieht. Und genau das fällt dem Menschen schwer und dem Computer leicht. Kontextfreie oder -arme Aufgaben mit komplexen Termumformungen sind schwer aber bedeutungsarm und sinnleer, die Fehlertoleranz ist minimal. Sinnentnehmendes Lesen, Interpretieren, Reflektieren sind in allen Fächern geforderte Kompetenzen, warum soll das im Mathematikunterricht nicht möglich sein? Es muss nur auch geübt werden! Natürlich erzwingt die Formelsprache der Mathematik auch eine spezifische Lesefähigkeit, die es zu schulen gilt. Welche und wie viele syntaktische Übungen man dazu braucht, harrt aber noch der systematischen Untersuchung. Die bei zumindest komplexen Termumformungen erforderliche Frustrationstoleranz, Disziplin und Kondition bleiben allerdings sicherlich weiterhin notwendige Qualifikationen, jetzt aber in anderen Kontexten. Das massive Festhalten an Termumformungen und Ähnlichem erscheint dann wie das Festhalten am Abschreiben von Büchern als Qualifikation für Schwächere nach Gutenberg. Die Analogie ist vielleicht tragfähiger als sie zunächst erscheint. Denn auch im Zeitalter des Buchdrucks ist die Fähigkeit Texte zu schreiben, grundlegende Kompetenz, die Art und Weise und der Umfang ändern sich aber entscheidend, statt Abschreiben werden zunehmend eigenständige Texte produziert. Statt Kurvendiskussionskatechismus heute, werden morgen (hoffentlich) zunehmend mathematische Diskussionen von Problemen produziert. Pointierte Zusammenfassung: Während klassischer Unterricht versuchte, Schülerinnen und Schüler zu Experten in algebraischen Kalkülen zu machen und in Kauf nahm, dass sie Laien in Inhaltlich-Begrifflichem und Modellbildungen blieben, sollten sie aus didaktischen Gründen ohnehin und aus technologischen heute zusätzlich, Experten in Inhaltlichem, Anwendungsbezogenem und Strukturellem werden. Im Syntaktischen bleiben sie dann zwar Laien, müssen aber Experten im Umgang mit dem Experten für das Syntaktische (Computerwerkzeug) werden. Hier entsteht natürlich sofort wieder die Frage danach, wie viel an syntaktischen Grundfertigkeiten denn notwendig sind, um sinnvoll mit Computerwerkzeugen, vor allem auf der algebraischen Ebene mit einem CAS, arbeiten zu können. Da stabile (empirisch abgesicherte) Forschungsergebnisse hier m.e. (noch) nicht vorliegen, kann man hier nur mehr oder weniger normativ setzen, deswegen wird hier als These 3 formuliert: These 3. Je mehr an Computerwerkzeuge übergeben wird, desto wichtiger ist eine grundlegende Einsicht und auch Fertigkeit in einfachen Fällen. Die schnelle Verarbeitung in Computern zwingt gleichzeitig zu einer bewussten Verlangsamung ( Entschleunigung ) in einführenden Phasen um Lesefähigkeit von Computerergebnissen und - darstellungen zu erzeugen. Ein Beispiel: Wenn man bei dem LGS von oben die zweite Gleichung nach y auflöst, erhält man: 39

42 Henning Körner, Oldenburg Abbildung 8.6: Auflösen nach y Wer hier y = mx + b erfassen soll, muss etwas über Terme wissen und können. Selbst das gezielte Benutzen von EXPAND setzt Termkenntnisse voraus. Abbildung 8.7: Nutzung von Termkenntnissen Deutlich wird aber auch an diesem kleinen Beispiel, dass es weniger die syntaktische Umformungskompetenz als vielmehr eine Strukturkompetenz ist, die benötigt wird. Berücksichtigt man weiterhin, dass eine semantische Aufladung durch unmittelbar zugängige grafische Darstellung auch Erkenntnis schafft, wird die, technikbedingte, Verschiebung notwendiger Kompetenzen deutlich. Wie viel syntaktische Kompetenz benötigt man nun aber für die Strukturkompetenz? Eine offene Frage. Aus dieser These ergeben sich auch inhaltliche Konsequenzen für Prüfungen. Denkbar sind z.b. kurze Prüfungen ohne Computerwerkzeug zu solchen Basiskompetenzen analog zu Vokabeltests im Sprachunterricht. So wie das Einmaleins auf Abruf vorhanden sein muss, so sollten einfache Termzusammenhänge auch im Kopf erschlossen und ausgewertet werden können. Was genau einfache Aufgaben sind, muss dann diskutiert werden. Im Schulversuch CALIMERO (Niedersachsen) ist Konsens unter den beteiligten Lehrerinnen und Lehrern erzielt worden, dass Schülerinnen und Schüler jede Termumformungsregel in Einzelaufgaben händisch mit einfachen Zahlen und Buchstabenkombinationen beherrschen sollen. Sinnvoll erscheint dann eine Modifikation der zeitlichen Struktur von schriftlichen Überprüfungen. Kurze, technikfreien, Überprüfungen, stehen zeitlich ausgedehntere Überprüfungen mit Computerwerkzeugen gegenüber, in denen der Schwerpunkt auf den nicht syntaktischen Teilen liegt. So wie einerseits händisches Bearbeiten vorweg für einen verständigen Umgang mit Computerwerkzeugen notwendig und dann auch für Einsicht zwingend ist, so erlaubt die Realisation von Denkprozessen in Mensch Maschine Dialogen anderseits auch eine Erzeugung von Ergebnissen mit einem Computerwerkzeug ohne vorgängiges Erarbeiten und Üben zu Fuß. Der Status der Wissensgenerierung muss aber jederzeit transparent sein, eine inhaltliche Aufklärung wird mindestens partiell zu fordern sein, dann aber, um Einsicht und Überblick zu gewinnen. Nachbemerkung zu zentralen Überprüfungen: Wenn in zentralen Überprüfungen keine prozessorientierten Kompetenzen in hinreichendem Umfang eingefordert werden, ist dies zunächst kontraproduktiv bezüglich der eigentlich begrüßenswerten Fokussierung auf solche Kompetenzen in den neuen curricularen Vorgaben. Warum sollte man diese im Unterricht stärker berücksichtigen, wenn sie in zentralen Überprüfungen und - erhebungen doch nicht in entsprechender Weise vorkommen? Dies ist sicher eine verkürzte Sicht (vgl. These 2), aber in der Praxis beobachtbar. Es gibt zwei Wege aus diesem Dilemma. (A) In zentralen Überprüfungen werden auch prozessorientierte Kompetenzen (Argumentieren, Modellieren, Vernetzen) abgefragt. (B) Man entkoppelt zentrale Überprüfungen von Leistungsüberprüfungen im Unterricht und beschränkt sich auf grundlegende, in jeder Art von Unterricht zu erwerbende, Kompetenzen. Zu (A): Durch solche Aufgaben ist sicher die Validität bezogen auf die didaktischen Ziele eher gegeben, die oben beschriebene Diskrepanz zwischen didaktischen Konzeptionen und ihren Zielsetzungen und den existierenden Prüfungsaufgaben könnte verringert werden. Allerdings ist wohl meist ein Gütekriterium empirischer Auswertung schwer zu erfüllen, nämlich die Reliabilität. Die Abhängigkeit von den Auswertern, die trennscharfe Fixierung von Erwartungshorizonten schaffen schwer steuerbare externe Einflüsse (Büchter & Leuders, 2005, S. 186 f.). Unabhängig davon würden aber Aufgaben wie Wie viel Zahnstocher kann man aus einem Baumstamm herstellen? oder Finde geeignete Modelle zu folgendem Datensatz... Mache Prognosen und vergleiche. ein deutliches Zeichen setzen. Schüler in Klasse 9/10 sollten m.e. hier, unabhängig vom jeweiligen Unterricht, Sinnvolles produzieren können. Auch Texte lassen sich auswerten, wenn auch weniger quantitativ als qualitativinterpretatorisch. Bei solchen Aufgaben müssen die Computerwerkzeuge, die im jeweiligen Unterricht benutzt wurden, erlaubt sein. Zu (B): Solche Überprüfungen können einen auch quantitativen Überblick über gewünschte 40

43 Prüfungen im Zeitalter von CAS und GTR: Was und wie? Basiskompetenzen innerhalb eines unterrichtsund sogar lehrplanunabhängigen Konzepts von Grundbildung geben. Das mathematical literacy - Konzept aus PISA ist von diesem Typ. Bei solchen Aufgaben ist der Ausschluss von Computerwerkzeugen durchaus sinnvoll, man muss natürlich die geforderten technikunabhängigen Fähigkeiten und Fertigkeiten klar definieren und transparent machen. Gleichzeitig muss in aller Deutlichkeit klar gestellt sein, dass solche zentralen Überprüfungen nur einen Teilaspekt erfassen können, nie das ganze, auch geforderte, Spektrum an inhaltlichen und prozessbezogenen Kompetenzen. 3 Von Prüfungen zu Computerwerkzeugen Klassische Prüfungen haben die Form von Klausuren. In meist engem Zeitrahmen müssen möglichst fehlerfrei, möglichst viele Aufgaben bearbeitet werden. Dieses Format eignet sich besonders gut für Aufgaben mit klar definierten Lösungsalgorithmen und Wissensabfragen in überschaubaren, trennscharfen Teilen. So dominieren im Mathematikunterricht dementsprechend Kalküle, also Syntaktisch-Algebraisches, die Klausuren. Dass diese einseitige Ausrichtung nicht zwingend Folge des Klausurenformats ist, zeigen Aufsätze in den anderen Fächern. Es muss noch andere Gründe geben. Eine Möglichkeit kann die Vorstellung sein, dass das, auch umfangreiche, formale Operieren zunächst Basistätigkeit und - Qualifikation ist und auch sein soll, also Teil von eigentlicher Mathematik, mindestens aber notwendige Voraussetzung dafür. Diese Sichtweise ist dann Folge eines spezifischen Bildes von Mathematik mit der Konsequenz, dass Interpretieren und Reflektieren, Problemlösen, Modellieren und heuristisches Handeln zwangsläufig nachgeordnet sind, also ein Art zusätzlicher Bonbon. Diese weicheren Anforderungen gehören nach dieser Vorstellung eben auch nicht zum Kern. Aus diesem Bild von Mathematik heraus ist ein weitgehendes Verbot von Computerwerkzeugen in Prüfungen dann auch folgerichtig. Neben solchen Vorstellungen vom Wesen der Mathematik spielen darüber hinaus natürlich auch noch pragmatische (schnelle, transparente Korrigierbarkeit) und mehr psychologische Gründe (Scheinobjektivität durch arithmetische Quantifizierungen) eine Rolle. Wenn nun aber mit Computerwerkzeugen in Prüfungen algebraische, tabellarische und grafische Auswertungen auf Knopfdruck zur Verfügung stehen, ist die Notwendigkeit einer Interpretation und Auswertung der Ergebnisse unmittelbar notwendig und einsichtig. Damit entsteht dann ein zeitlicher, vor allem auch für Schülerinnen und Schüler deutlich wahrnehmbarer Raum für die Behandlung von Aufgaben, die die in den didaktischen Zielsetzungen geforderten inhaltlichen Qualifikationen erfordern. Es ist dann durchaus möglich, eigenständiges Explorieren sowie Versuch und Irrtum in Klausuren zu integrieren. (siehe Schülerin A in Beispiel 6). Natürlich wirken der zeitliche und manchmal angstbesetzte Rahmen von Klausuren hier einschränkend. Denkt man die in den curricularen Vorgaben in den Vordergrund gerückten prozessorientierten Kompetenzen allerdings zu Ende, dann ist das Klausurenformat nicht mehr das geeignete Mittel zur Diagnose, Evaluation und Überprüfung. So werden konsequenterweise in diesen Vorgaben auch zunehmend explizit neben der Klausurleistung und der mündlichen Mitarbeit andere fachspezifische Leistungen gefordert, die Vielfalt an Formen der Leistungsüberprüfung muss zunehmen. Dazu gehören Unterrichtsdokumentationen, Protokolle zu Gruppenarbeiten, (Forschungs- ) berichte und Präsentationen (vgl. Kultusministerium, 2006, S. 39). In solchen Formaten können dann z.b. die für Lernprozesse konstitutive Rolle von Fehlern angemessen berücksichtigt und Aspekte von Kommunikation adäquat abgebildet werden. Wer solche Formen von Leistungsmessungen fordert, handelt sich aber auch entsprechende Konsequenzen bezüglich der Bewertungsmodalitäten ein. Eine strenge Quantifizierung mit scheinbarer absoluter Objektivität, wie sie Klausuren mit algorithmischen Schwerpunkten prägen ( 5%-Raster ), ist dann nicht mehr möglich, es müssen Interpretationen, Anschauungen und Beschreibungen bewertet werden. Dies ist für klassische Mathematiklehrerinnen und -lehrer sicher ungewohnt und zumindest zunächst arbeitsaufwendiger, die Kompetenz dafür sollte aber grundsätzlich nicht den Deutschlehrern etc. überlassen oder allein zugeschrieben werden. Das Ungewohnte und dann auch für Mathematiker Fremde solcher Formen von Leistungsanforderungen hat vermutlich auch wieder einen epistemischen Hintergrund. Argumentieren, Interpretieren und Berichten sind klassische geisteswissenschaftliche Methoden, unterliegen also methodologisch hermeneutischen Prinzipien (z.b. hermeneutischer Zirkel ) und sind damit gerade das Andere einer naturwissenschaftlichen Methodologie, die bei den meisten Mathematiklehrern im Hintergrund wirkt. Typisch für diese Sichtweise ist die immer wieder erlebbare Vorstellung, dass der Mathematiklehrer am besten ist, der am besten erklärt, im Deutschunterricht aber Verstehen, nicht Erklären im Mittelpunkt steht. So lange der Mathematikunterricht sich weitgehend auf Kalküle beschränkt, ist tatsächlich eine geeignete Erklärung für erfolgreiches Arbeiten vielleicht hinreichend. Pointiert ausgedrückt ist es ja gera- 41

44 Henning Körner, Oldenburg de auch eine Qualität mathematischer Methoden, dass man erfolgreich sein kann, ohne Inhalte und Hintergründe verstanden zu haben und umgekehrt ein grundlegendes Missverständnis, wenn aus erfolgreichem Abarbeiten von Kalkülen auf ein wie auch immer ausgestaltetes Verständnis geschlossen wird. Wenn aber nun mit den prozessorientierten Kompetenzen zunehmend Aspekte des Verstehens in den Fokus geraten, müssen zwangsweise Formen von Bearbeitungen gefunden und benutzt werden, die Verständnis erfordern und belegen. Auf einer ganz anderen Ebene liegen psychologische und gesellschaftliche Gründe für mögliche Akzeptanzschwierigkeiten bei solchen Formen für Leistungsfeststellungen. Manche Schüler, vielleicht auch Lehrer, mögen Mathematik gerade wegen ihrer klaren, zweiwertigen, Ergebnisse ohne Herumreden. Dies muss natürlich berücksichtigt werden, bleibt ja auch immer ein wichtiger Teilbereich, sollte aber trotzdem nicht zuletzt auch aus fachlichen und dann auch technologischen Gründen hinterfragt und modifiziert werden. Daneben macht die einfache Quantifizierbarkeit bei Kalkülen mit wahr - falsch - Prinzip, Mathematik (leider) auch zu einem hochgradig wirkungsvollen und effektiven Selektionsinstrument. Wo diese Ansprüche an Veranstaltungen zur Mathematik gebunden werden, wird man sich wohl zwangsläufig auf Kalküle beschränken wollen. Bis hierher ist in diesem Zusammenhang noch kein Wort über Computerwerkzeuge gefallen. Dies ist bewusst geschehen, weil immer die Sache im Vordergrund stehen sollte und nicht die Technik. So beeinflussen Computerwerkzeuge solche Formen von Leistungsanforderungen wie (Forschungs-)berichte, Protokolle von Einzel-, Partner- und Gruppenarbeiten mehr implizit, indem sie Schülern hinreichende Freiräume für eigentätige Explorationen schaffen. Algebraischsyntaktische Schwierigkeiten sind nicht mehr das Nadelöhr, durch die jede Bearbeitbarkeit von Problemen letztendlich beschränkt ist. Schüler haben mit Computerwerkzeugen vielfältige Möglichkeiten, eigene Ideen und Lösungswege zu probieren und vor allem auch auf Plausibilität und Gültigkeit zu überprüfen, indem sie z.b. algebraische Ansätze grafisch-tabellarisch auf Plausibilität überprüfen. Der für Erkenntnisgewinnung wichtige Zyklus aus Vermutungen, Überprüfungen und Modifikationen kann weitgehend in die Hand der Lerngruppen gegeben werden, Schüler sind längst nicht mehr so stark auf Lehrereingriffe und - hinweise angewiesen, Reflexionen über eigenes Tun und eigene Ergebnisse werden angeregt und verstärkt, Schüler können sowohl im Unterricht als auch bei Hausaufgaben über längere Zeiträume selbständig arbeiten. Unmittelbar einleuchtend ist, dass dann die Ideen, Lösungsansätze, Überprüfungen, kurz: der Weg zum Ziel, stärkere Bedeutung erfährt, Heuristik gerät ins Zentrum, allgemeiner: die prozessorientierten Kompetenzen. Für die Lehrkraft ergeben sich aus solchen Schülerarbeiten häufig tiefe Einsichten in je individuelle Arbeits- und Denkweisen von Schülern, wie sie in ihrer Vielfalt in klassischen Klausuren nicht auftreten. Die Diagnosemöglichkeiten für Schülerfähigkeiten, aber auch -probleme erhöhen sich. In Kooperation mit Computerwerkzeugen entfalten sich also Möglichkeiten der Problembearbeitung, indem in zweckmäßiger Arbeitsteilung der Lernende für das Denken, Interpretieren und Bewerten, das Computerwerkzeug für das Rechnen verantwortlich ist (siehe Beispiel 8). Dies ist deswegen fruchtbar, weil in der Mathematik eben immer das Wechselspiel aus Darstellen, Operieren und Interpretieren entscheidend ist und das Fehlen von einer dieser Tätigkeiten den Verlust des Ganzen bewirkt (Schneider, 2002, S. 13ff.). Das Interpretieren, das Erfassen von Bedeutungen und das Bewerten auf der einen Seite und das formal-syntaktische Durchrechnen auf der anderen, gehören zusammen. So ist es auf Dauer unbefriedigend, wenn man zwar eventuell gedankliche Antizipationen und Ansätze hat, diese aber nicht konkret zu einem Ergebnis führen kann, weil das Syntaktische entweder nicht beherrscht wird oder Verfahren gar nicht bekannt sind. In Abwandlung eines Diktums von Kant: Konzeptionelles ohne Durchführung (Operationalisierung) ist letztendlich leer, reine, manchmal sogar kontextfreie Durchführung dagegen blind. Insgesamt erhöhen solche Formen der Leistungsfeststellung damit die Validität bezüglich der auch in den curricularen Vorgaben intendierten Ziele. Computerwerkzeuge schaffen zunehmend Möglichkeiten eigentätiger und reflexiver Behandlung von Problemen in modifizierten, sachgemäßeren Prüfungssituationen. Natürlich sollte nicht alles, was Schüler erarbeiten immer bewertet werden, vor allem bei Lerntagebüchern ist dies sensibel, weil es dort zunächst allein um die Überwachung des eigenen Tuns geht, der Adressat also der Schüler selbst ist. 4 Beispiele Die Leistungsüberprüfung sollte die angestrebten Unterrichtsziele besser widerspiegeln, d.h. weniger als bisher an Kalkülen und mehr an präformalen, realitätsbezogenen, offenen Aufgaben orientiert sein, auch unter Verwendung von Computern als Hilfsmittel und auch in anderer als schriftlicher Form (Blum, 2000, S. 14). Vorbemerkung: Alle Aufgaben sind in Klausuren erprobt. 42

45 Prüfungen im Zeitalter von CAS und GTR: Was und wie? 4.1 Aufgabe 1 Aufgabe 1 (siehe Abb. 8.34) ist inhaltlich eine Standardaufgabe aus dem Feld traditioneller Kalkülaufgaben. Die spezifische Variation der Terme führt zu unterschiedlich möglichen Lösungsverfahren. Die zu lösenden Gleichungen sind manchmal einfach analytisch zu lösen, manchmal komplizierter und manchmal überhaupt nicht. Die Komplexität wird dann nicht durch die Komplexität der Termumformungen bestimmt, sondern durch die Verschiedenartigkeit der sinnvollen Methoden. Schüler sollen hier bewusst zwischen grafischen, tabellarischen und algebraischen Verfahren wählen und diese Wahlen dann auch begründen. Wer eine grafische Lösung liefert, bekommt dann z.b. einen Rohpunkt, wer begründet, dass es algebraisch nicht möglich ist, einen weiteren, wer die Anzahl über die Funktionsgraphen begründet, weitere. Ein Bewertungsraster könnte dann so aussehen: - Ablesen aus Skizze, Übersehen des zweiten Schnittpunktes von f 1 und f 2 : 4 Rohpunkte + Grafisch/numerische Bestimmung alle Schnittpunkte: 5 Rohpunkte + f 1 f 2 analytisch, sonst grafisch/numerisch. Begründungen für Anzahl: 10 Rohpunkte + Nachweis der Exaktheit des einen Schnittpunktes bei f 1 f 3 : 12 Rohpunkte. Wichtig ist, dass ein reines Ablesen von Lösungen noch nicht eine ausreichende Leistung sichert. Bei dieser Aufgabe steht damit die Kompetenz der geeigneten und dann auch begründeten Methodenwahl im Vordergrund. 4.2 Aufgabe 2 Bei Aufgabe 2 (siehe Abb. 8.35) wird die Fähigkeit zur Mathematisierung in Form einer inhaltlichen Interpretation von Formeln geprüft. Hier hilft ein Computerwerkzeug zunächst wenig. Aber schon beim Erfassen des linearen Zusammenhangs, ist der Schüler nicht mehr zwingend auf die entsprechenden Termumformungen angewiesen, eine grafische Auswertung liefert höchste Plausibilität, die dann auch wieder rückwärts zu einem analytischen Abschluss gebracht werden könnte, das Begründe umfasst dabei unterschiedliche Ebenen. Zur Beantwortung von b) reichen dann grafische Untersuchungen aus. Dazu muss allerdings auch hier wieder die kontextbezogene Bedeutung der zu ermittelnden Schnittstellen erfasst werden, algebraische Verfahren sind natürlich nicht verboten. 4.3 Aufgabe 3 Wer vollständiges Wissen über Potenzfunktionen hat, braucht für Aufgabe 3 (siehe Abb. 8.36) natürlich kein Computerwerkzeug. Mit einem GTR kann der Schüler seine Vermutungen aber direkt und unmittelbar überprüfen und eventuell dann auch korrigieren, so dass er die Möglichkeit einer iterativen Annäherung an die Lösung hat. Das Anspruchsniveau der Aufgabe wird durch die Technik feiner diskretisiert, wobei die Forderung einer Darstellung des vollständigen Lösungsweges dann von zentraler Bedeutung ist. Hier wird damit ein Wissen bezüglich einer Funktionsklasse und der Abhängigkeiten ihrer Repräsentanten von bestimmten Parameterwerten erforderlich, also ein Wissen über Zusammenhänge und nicht ein erfolgreiches syntaktisches Operieren mit einem oder einigen Repräsentanten. 4.4 Aufgabe 4 Der Titel der Aufgabe 4 (siehe Abb. 8.37) zeigt, dass dieser Typ in einer Kontinuität mit dem Unterricht steht. Sie ist ohne Technik wohl nicht bearbeitbar, wenn nicht sehr tiefes, verallgemeinerungsfähiges Wissen vorhanden ist. Mit Computerwerkzeugen können auch in Klausuren Explorationen und Klassifikationen gefordert werden, wie es angestrebte Unterrichtsziele sind. Auch hier sichert die Technik wieder, dass jeder Schüler auf jedem Niveau Teilziele erreichen kann, denn jeder kann einige, vielleicht ungeordnete, Repräsentanten skizzieren und beschreiben. In bewusstem und reflektiertem Dialog mit dem GTR können dann alle Möglichkeiten erfasst werden und mit im Unterricht behandelten Typen verglichen werden. Zugehörige Begründungen sind dann Transferleistungen. 4.5 Aufgabe 5 Vollständige Modellierungen können in Klausuraufgaben wohl nicht eingefordert werden. Man kann aber durchaus Teilaspekte erfassen. In Aufgabe 5 a) müssen Wissensbestände aus dem Unterricht (konstantes -, quadratisches -, exponentielles Wachstum) vergleichend und bewertend auf eine neue Situation angewandt werden. Der Datensatz ist so gewählt, dass keines der bekannten Modelle offensichtlich am besten passt, so dass hier verschiedene Lösungen zu vollen Punktzahlen führen können. Ein Schüler hat hier sogar erkannt, dass die Änderung der Änderung der Änderung annähernd konstant ist und auf ein kubisches Wachstum geschlossen! In Aufgabe 5 b) können dann mit verschiedenen Verfahren, technikunterstützt, geeignete Funktionen gefunden werden (Regression, nach Augenmaß, Benutzung zweier Punkte,... ). 4.6 Aufgabe 6 Aufgabe 6 (siehe Abb. 8.39) ist eine Klausuraufgabe (180 min) aus einem Leistungskurs, der 2007 Zentralabitur macht. Vorgegebenes Schwerpunktthema in der Analysis ist Beschreibung und 43

46 Henning Körner, Oldenburg Analyse von Wachstum (auch unter dem Aspekt der Änderungsrate und mit einfachen linearen Differentialgleichungen). Das zugrunde liegende Kurskonzept findet man in Körner (2005). Während in klassischen, kalkülorientierten Aufgaben die Funktionenschar im Mittelpunkt steht und deren Untersuchung auf charakteristische Punkte den Hauptteil ausmacht, ist es hier ein realer Kontext mit einem Problem, bei dessen Bearbeitung dann eine Funktionenschar entwickelt und untersucht wird. Statt syntaktisch-algebraischen Kalkülen mit eventuell aufgesetzten Einbettungen hier ein inhaltliches Problem und dessen Exploration. Prägend für diese Aufgabe ist das Wechselspiel von Herleitungen, Beschreibungen, Interpretationen und Bewertungen (prozessorientierte Kompetenzen) auf der einen Seite und grafischen Darstellungen und algebraischen Auswertungen auf der anderen Seite. Elemente klassischer Klausuraufgaben tauchen (natürlich) auch auf (b),c)), sind aber konsequent in einen Anwendungskontext eingebettet und immer Hilfsmittel zur Beantwortung der eigentlichen Fragen. Die Möglichkeit, den syntaktischen Anteil an das CAS zu delegieren, schafft dabei den notwendigen zeitlichen Freiraum zur intensiven Bearbeitung der inhaltlichen Fragen und Probleme. Exemplarisch sollen hier einige kleine Ausschnitte von Bearbeitungen beschrieben und analysiert werden. Die handgeschriebenen Teile sind der besseren Lesbarkeit wegen neu geschrieben: Beispiel 1 (Schülerin A (9 Pkte.) zu a, d). Überlegung: Zum Teil muss das Phasendiagramm wie bei dem zeitabhängigen Wachstum verlaufen, wo die Änderung proportional zur Zeit ist. Bei diesem Modell ist es ebenfalls von der Zeit abhängig. Der andere Teil müsste wie beim exponentiellen Wachstum aussehen, da dort die Änderung proportional zum Bestand ist, was auch in unserem Modell wieder zu finden ist. Eine Kombination dieser Modelle würde eventuell so aussehen (Abb. 8.8) Abbildung 8.8: Schülerin A So kann das Phasendiagramm aber auch nicht aussehen, da die Änderung einen Extrempunkt haben muss, denn die Bestandsfunktion hat auch einen Wendepunkt. Verglichen mit meiner Erwartung in a), die zwar sehr bedürftig war, kommt mir eine weitere Idee: Das logistische Wachstum muss auch noch mit einbezogen werden (Abb. 8.9). 44 Abbildung 8.9: Schülerin A Das begrenzte Wachstum scheint mir doch nicht logisch, weil es der zugehörigen Bestandsfunktion überhaupt nicht entspricht. Also nur Kombination von logistischem und zeitabhängigem Wachstum. Durch deren Graphen der Bestandsfunktion schließe ich, dass das logistische an den Randbereichen und das zeitabhängige am Extrempunkt unserer neuen Bestandsfunktion Einfluss hat. Abbildung 8.10: Schülerin A Die Schülerin stellt qualitative, inhaltliche Überlegungen zum Phasendiagramm an, indem sie die aus dem Unterricht bekannten Modelle versucht derart zu kombinieren, dass ein angemessenes Diagramm entsteht. In einem kreativen Prozess aus Vermutungen und Widerlegungen nähert sie sich einer Lösung, die in zentralen Teilaspekten richtig ist. Lernen aus Fehlern, Elemente von Versuch und Irrtum, Explorationen im Kleinen sind auch in Klausuren möglich! Die Schülerin hat vor diesen Überlegungen einen richtigen algebraischen Ansatz angegeben, aber nicht weiter verfolgt. Vielleicht war ihr der Lösungsterm zu komplex oder undurchschaubar, so dass sie den inhaltlich argumentativen Weg wählte. An die Stelle oft langwieriger Termumformungen treten inhaltliche, Verständnis fordernde, Argumentationsketten.

47 Prüfungen im Zeitalter von CAS und GTR: Was und wie? Beispiel 2 (Schüler B (14 Pkte.) zu a). Abbildung 8.11: Schüler B y g = 0 ist ein Fixpunkt, der nicht erreicht werden/überschritten werden kann, da man sonst positive Steigung und sinkenden Bestand bzw. negative Steigung und steigenden Bestand hätte. y m ist kein Fixpunkt, da auch bei Überschreiten der y- Achse Änderung und Bestandsentwicklung zusammenpassen. Schüler B zeigt hier sehr ausgeprägte Fähigkeiten zur Interpretation von Grafiken, er erfasst Abhängigkeiten zwischen unterschiedlichen Darstellungen und beherrscht den Kovarianzaspekt von Funktionen souverän. Beispiel 3 (Schüler B (14 Pkte.) zu b). Der Taschenrechner zeigt mir als Lösung (per desolve- Funktion ) y = y 0 ebt at2 2. b entspricht also k in der gegebenen Lösung, a dementsprechend s. Der Unterschied, dass im Exponenten noch ein Vorfaktor 0,5 enthalten ist, ist nur auf einen Vorfaktor in der DGL zurückzuführen, ändere ich die DGL in y = 2aty + by, erhalte ich die vorgegebene Lösung (also k = 2at + b). Hier benutzt Schüler B das CAS zum Finden einer analytischen Lösung, interpretiert das Ergebnis und führt den einen Abgleich mit der in der Aufgabenstellung gegebenen Lösung durch eine gedankliche Termanalyse und -variation durch. Dies kann nur gelingen, wenn ein strukturelles Termverständnis vorhanden ist. Bemerkung: Es ist klar, dass das Finden einer analytischen Lösung einer DGL i.a. kein einfaches algebraisches Kalkül ist und insofern eine eigenständige Qualität darstellt. Abgesehen davon, dass auf Schulniveau hier aber nur sehr wenige Verfahren zugängig sind, standen im Unterricht auch Modellierungen mit Mathematisierungen, Interpretationen und Bewertungen im Vordergrund der Untersuchungen und nicht das innermathematische Finden einer Lösungsformel. Da in einem CAS Richtungsfelder und mindestens das Euler-Cauchy-Verfahren implementiert sind, können Modellansätze jederzeit numerisch und grafisch ausgewertet werden. Beispiel 4 (Schülerin C (05 Punkte)).... k ist die Wachstumsrate und s ist die Sterberate, beide sind abhängig von der Zeit... Die Wachstumsrate ist abhängig von der Sterberate und der Zeit... Meine Erwartung beruht darauf, dass die Änderung proportional zum Bestand ist und von k und somit von der Zeit abhängig ist... Normalerweise müsste man k und s auch mit dem V200 folgendermaßen lösen können: solve(... ). Doch aus mir unerklärlichen Gründen zeigt der Taschenrechner immer wieder too many arguments an... k in y einsetzen und Gleichung nach s auflösen. Man erhält: true Tippfehler? Falsche Eingabe?... Neben sprachlichen Ungenauigkeiten und Mehrdeutigkeiten zeigen die Ausführungen von Schülerin C deutliche Verständnisprobleme und Fehlvorstellungen auf der inhaltlichen Ebene. Die Ergebnisse des CAS können nicht immer hinreichend erklärt werden und führen dann zu Abbrüchen und Neuansätzen. Auch in dieser Arbeit werden verschiedene Wege probiert und gegangen, allerdings fehlt den Ausführungen teilweise die Konsistenz und Stringenz der Ausführungen von Schülerin A und Schüler B. Bemerkung: Da GTR Graphen auf Knopfdruck skizzieren, wird häufig das Anfertigen einer Skizze als reine Routineaufgabe aus dem Anforderungsbereich I angesehen. Dem ist aber nicht so. Keinem Schüler gelangen in b) alle Skizzen analog zum Lösungsblatt. Das Finden repräsentativer Parameterwerte, die Skalierungen und Auswahlen geeigneter Bildausschnitte stellen eine eigenständige Qualität dar und dürfen bezüglich des Anforderungsniveaus nicht unterschätzt werden. Eine Langzeitaufgabe (LK). In einer Hausaufgabe sollten die Permutationen des Punktes (1 2 3) skizziert werden und Vermutungen über die entstehende Figur aufgestellt werden. In der Besprechung wurden dann weitere Fragen entwickelt. In einer Langzeitaufgabe sollten dann Variationen und Verallgemeinerungen versucht und überprüft werden. Beispiel 5 (Schüler D). Die ursprüngliche Aufgabe bestand darin, zu den gegebenen Punkten eine dreidimensionale Darstellung zu zeichnen. Das dabei entstehende Sechseck hat dann im Unterricht die Frage aufgeworfen, ob es sich um ein regelmäßiges Sechseck handelt. In der Stunde haben wir geklärt, dass alle Seiten gleich lang und alle Winkel gleich groß sind. Es blieb jedoch die Frage, ob das Sechseck sich in einer Ebene befindet, über. Lösungsansatz: Als mögliche Lösung besteht die Idee eines Vektors, der zu allen Seiten des 45

48 Henning Körner, Oldenburg Sechsecks senkrecht und nicht gleich dem Null- Vektor ist. Das Skalarprodukt dieses Vektors mit den Vektoren der Seiten muss null ergeben. Als erstes müssen die Seiten des Sechsecks in Vektoren umgerechnet werden. Dazu werden Vektoren erstellt, die die Positionen der Punkte beschreiben. Mit Hilfe dieser Vektoren werden dann die Seiten des Sechsecks als Vektoren errechnet. Abbildung 8.14: Schüler D Der Vektor vtest(2,2,2) ist senkrecht zu den Vektoren, die die Seiten des Sechsecks beschreiben, und somit ist das Sechseck in einer Ebene. Abbildung 8.12: Schüler D Dann setzt man einen Vektor in die Funktion, die das Skalarprodukt zweier dreidimensionaler Vektoren bestimmt ein, und löst nach den Koordinaten des senkrechten Vektors auf. Erstaunlich ist, dass die erste Koordinate des senkrechten Vektors gleich der zweiten ist. Beispiel 6 (Schülerin E). 1. Versuch: Bei beiden bisher betrachteten Sechsecken wurden die Koordinaten der Punkte durch drei aufeinander folgende Zahlen konstruiert, der erste angegeben Punkt hatte jeweils die Struktur (a a + 1 a + 2). Sind also alle Sechsecke, die durch Punkte mit dieser Struktur gegeben sind, regelmäßig? E(a a + 1 a + 2), F (a + 1 a a + 2), G(a + 2 a a + 1), H(a + 2 a + 1 a), I (a + 1 a + 2 a), J(a a + 2 a + 1) Abbildung 8.13: Schüler D Erstellt man nun einen Vektor, der diesem Gesetz folgt, ergibt sich das Skalarprodukt gleich null mit dem verwendeten Vektor. Jedoch funktioniert er nur mit einem weiteren Vektor und nicht mit den restlichen vier. Aber es ist zu bemerken, dass dreimal jeweils das gleiche Ergebnis herauskommt. Somit müsste es eigentlich nur drei verschiedene Vektoren geben, die nur parallel verschoben sind. Beim Einsetzen eines Vektors der zweiten Kategorie und der dritten Kategorie in das Skalarprodukt und auflösen nach den drei Koordinaten kam folgende Ergebnisse heraus: b 2 b 3 = 0 b 2 = b 3 b 3 = b 2 b 2 und b 3 sind Koordinaten des senkrechten Vektors. Demnach müssen alle drei Koordinaten des senkrechten Vektors die gleiche Zahl sein. Abbildung 8.15: Schülerin E: Bestimmen der Seitenlängen Abbildung 8.16: Schülerin E: Bestimmen der Winkel Alle Sechsecke, die durch Punkte mit der oben genannten Struktur gegeben sind, sind also regelmäßige Sechsecke. Alle Seiten haben die Länge 2 und alle Winkel sind 120 groß. 46

49 Prüfungen im Zeitalter von CAS und GTR: Was und wie? 2. Versuch: Erhält man auch regelmäßige Sechsecke, wenn man den ersten Punkt mit der Struktur wählt und dann vertauscht? Versuch: Erhält man auch regelmäßige Sechsecke, wenn man den ersten Punkt mit der Struktur (a a + 2 a + 4) wählt und dann vertauscht?... Neue Frage: Kann man drei beliebige Zahlen für die Koordinaten der Punkte wählen und erhält man dann auch ein regelmäßiges Sechseck? Konkretes Beispiel mit Zahlen: Gegeben sind folgende Punkte: E(1 5 7), F (5 1 7), G(7 1 5), H(7 5 1), I (5 7 1), J(1 7 5) Abbildung 8.19: Schülerin E: Bestimmen der Seitenlängen Abbildung 8.17: Schülerin E: Bestimmen der Seitenlängen Abbildung 8.20: Schülerin E: Bestimmen der Winkel Abbildung 8.18: Schülerin E: Bestimmen der Winkel Das Sechseck ist nicht regelmäßig, alle Winkel sind zwar 120 groß, aber nicht alle Seiten sind gleich lang. Auffälligkeiten, Bemerkungen: Auffällig ist, dass jeweils drei Seiten gleich lang sind. Außerdem sind alle Seitenlängen wieder ein Vielfaches von 2. Neues Beispiel um Auffälligkeiten zu überprüfen/widerlegen: Es werden sechs neue Punkte gewählt: E( 4 2 9), F (2 4 9), G(9 4 2), H(9 2 4), I (2 9 4), J( 4 9 2) Verallgemeinerung: Gegeben sind folgende Punkte: E(a b c), F (b a c), G(c a b), H(c b a), I (b c a), J(a c b)... Bei drei beliebigen Zahlen für die Koordinaten der Punkte, hatten die Seiten entweder eine Länge von a b 2 oder eine Länge von b c 2. Um eine regelmäßiges Sechseck zu erhalten müsste also a b = b c sein. Es ergibt sich also für die Koordinaten des ersten Punktes Folgendes: P 1 (a b 2b a) Überprüfung: Gegeben sind folgende Punkte: E(a b 2b a), F (b a 2b a), G(2b a a b), H(2b a b a), I (b 2b a a), J(a 2b a b) Abbildung 8.21: Schülerin E: Bestimmen der Seitenlängen 47

50 Henning Körner, Oldenburg Abbildung 8.22: Schülerin E: Bestimmen der Winkel Ergebnis: Wählt man einen Punkt P(a b 2b a), konstruiert man fünf weitere Punkte durch Vertauschen der Koordinaten und verbindet dann die sechs Punkte miteinander, so erhält man eine regelmäßiges Sechseck, dessen Seitenlängen ein Vielfaches von 2 sind und dessen Innenwinkel alle 120 groß Punkt x an einer Spiegelebene, so ist der Vektor v = x x orthogonal zu ihr. Da alle Punkte des Sechsecks durch zwei Permutationen (Spiegelungen) aus einem einzigen konstruiert werden können, müssen alle Punkte in einer Ebene liegen, die im rechten Winkel auf der Spiegelebene E(P 1 ) und E(P 2 ). Dieses bekommt man auch analytisch über das Kreuzprodukt heraus. Beweis 2. Da nach Beweis 1 das Sechseck immer in einer Ebene liegt, kann dieses zweidimensional betrachtet werden. Per1, Per2 und Per3 beschreiben jeweils die Schnittgeraden der Spiegelebenen mit der Ebene des Sechsecks. Zu erkennen ist, dass alle Winkel aufeinander gespiegelt werden und somit gleich groß(120 ) sind. sind. Beispiel 7 (Schüler F). Behauptungen: 1. Das Sechseck liegt immer in einer Ebene. 2. Das Sechseck ist immer gleichmäßig. 3. Alle Seiten des Sechsecks sind gleich lang, wenn gilt a = c a = 2b c. Beweis 1. Eine Permutation ist eine Spiegelung: Im 2-dimensionalen, an der x = y - Gerade und im 3-dimensionalen an einer Ebene, die normal auf einer der drei Grundebenen steht und diese so schneidet, dass die Schnittgerade die Winkelhalbierende dieser Ebene ist. Es gibt also insgesamt drei. Notation: a b b = a c c P 1 P 2 a a b = c c b a c b = b c a P 3 Wobei gilt P 1 (P 2 (P 1 (x))) = P 3 (x). Man nimmt sich nun einen beliebigen Punkt c G = b und erzeugt durch P 2 (G) = G 2 und a P 1 (G) = G 1 zwei weitere Punkte. Diese drei Punkte spannen eine Ebene auf. Spiegelt man einen Abbildung 8.23: Schüler F Beweis 3. Durch Spiegelung werden die Strecken x,z und v aufeinander gespiegelt. Ebenso die Strecken u,w und y. Man muss also nur noch nachweisen, dass eine beliebige Strecke aus der ersten Gruppe gleich lang ist wie eine beibiege Strecke aus der zweiten Gruppe. Löst man dies auf so erhält man die obige Bedingung. Schüler D beantwortet eine Frage im Dialog mit dem CAS in einer Mischung aus induktivem und deduktivem Vorgehen. Typisch für die Arbeit mit dem CAS ist ein häufig beobachtbarer Hang zu einer zunächst weitestgehend allgemeinen Bestimmung einer Lösung und einer dann möglichst zielgerichteten Engführung auf charakteristische Beispiele. Der hier gezeigte Lösungsweg ist wohl an ein CAS gebunden und ohne dies vermutlich nicht gangbar. Schülerin E zeigt ein kleinschrittiges Verallgemeinern in streng induktivem Vorgehen in hochgradig geordneter Darstellung. Am Ende gelingt eine vollständige Verallgemeinerung mit Nachweis. An das CAS werden konsequent alle Rechnungen übertragen und redundant durchgeführt, der 48

51 Prüfungen im Zeitalter von CAS und GTR: Was und wie? Versuch einer gedanklichen Erschließung wird nicht vorgenommen, die Rechnerergebnisse werden aber immer zielführend interpretiert und sind Grundlage weiterführender Vermutungen und Ansätze. Die Ausführungen von Schüler F zeigen deutlich, dass hier außerschulisch erworbenes Wissen vorliegt. Die Vorgehensweise ist deduktiv, die Darstellung hochgradig komprimiert. Es werden sowohl geometrische als auch algebraische Lösungen geliefert und Vernetzungen vorgenommen. Die Ausführungen der Schüler D, E und F zeigen extreme Unterschiede in den Vorgehensweisen und Denkweisen der Schülerinnen und Schüler. Solche Einsichten lassen sich in Klausuren schwer und meist nur unvollständig gewinnen. Solche Ausarbeitungen sind damit nicht nur Leistungsüberprüfungen der anderen Art und sondern können auch wichtige Diagnoseinstrumente bezüglich der Grundvorstellungen, Denkweisen und Arbeitsmethoden von Schülern sein. Zum Abschluss noch eine aus einer Unterrichtssituation erwachsenen Aufgabe an einen Schüler. Als im Unterricht die Gaußfunktion zur Normalverteilung entwickelt wurde, erinnerte sich ein Schüler daran, dass die Ableitung des logistischen Wachstums ein Aussehen der gesuchten Art hat. Spontan bekam er den Auftrag, dies zu Hause zu untersuchen. Hier sein Bericht: Abbildung 8.25: zu Beispiel 8 Ins Auge springt hier die obere Funktion, die auf dem ersten Blick nicht viel mit dem logistischen Wachstum zu tun hat. Auch ist es etwas verwunderlich, dass nicht bei jeder Wertekombination für k, G und y(0) zum gleichen Funktionstypus abgeleitet wird. Dies lässt sich aber vielleicht dadurch erklären, dass dem V200 die cosh-funktion als Ableitung nur dann auffällt, wenn der Hochpunkt genau an der Stelle x = 0 liegt; dies ist dann der Fall, wenn gilt: G = 2 y(0). Dies ist allerdings nur durch Stichproben belegt; ich vermute, dass dies auch nur eine Unzulänglichkeit des V200 und kein mathematisches Phänomen ist, da ich später ja auch verschobene cosh selber konstruieren möchte. Beispiel 8. Annäherung an die Binomialverteilung über den cosh. Als im Unterricht die Suche nach einer Annäherungsfunktion an die Binomialverteilung stattfand, ist mir die Idee gekommen, hier mit der Ableitung des logistischen Wachstums anzusetzen. Die Steigung des logistischen Wachstums hat einen Hochpunkt und konvergiert für x und x gegen Null, würde also von der Grundform zu der Binomialverteilung passen. In einem ersten Schritt habe ich dann die Ableitung für eine spezielle logistische Funktion vom TC bilden lassen. Abbildung 8.26: zu Beispiel 8 y(x) = 10 (cosh(x) 2 ) Im Prinzip könnte diese Funktion passen. Die y-koordinate des Hochpunktes scheint genau dem Wert des Zählers der Funktion zu entsprechen; die nötige Verschiebung nach rechts lässt sich auch recht einfach zustande kriegen. Also kann man als Zwischenstand die Formel y(x) = p(x = µ) (cosh(x µ) 2 ) Abbildung 8.24: zu Beispiel 8 festhalten und für die Beispielverteilung mit n = 20 und p = 0,6 austesten. 49

52 Henning Körner, Oldenburg Das sieht zwar besser aus; das Integral hat den richtigen Wert, aber die Kurve passt noch nicht so hervorragend. Dies liegt wohl am recht niedrigen n, also wiederhole ich den Vorgang noch einmal für n = 200 und p = 0,6: Abbildung 8.27: zu Beispiel 8 1.Schritt: p(x =µ) y(x) = ist die Grundformel; (cosh(x µ) 2 ) durch einsetzen von µ erhalte ich 0,058 y 1 (x) = (cosh(x 120) 2 ). 2.Schritt: Das Integral dieser Funktion von bis bestimmen und diesen Wert als Streckfaktor benutzen: y 2 (x) = 0,058 (cosh(0,115(x 120)) 2 Abbildung 8.28: zu Beispiel 8 Sowohl der Graph als auch das per V200 errechnete Integral zeigen, dass die Kurve noch viel zu schmal ist und noch in x-richtung gestreckt werden muss. Experimentell habe ich als Streckfaktor einfach den Wert des falschen Integrals genommen mit dem Grundgedanken, dass die Kurve einfach um diesen Faktor zu schmal ist. Es ist also eher intuitives Probieren als echtes Nachdenken. Abbildung 8.31: zu Beispiel 8 Abbildung 8.29: zu Beispiel 8 Abbildung 8.32: zu Beispiel 8: Quadrate: echte Binomialverteilung Abbildung 8.30: zu Beispiel 8 Das sieht schon um einiges besser aus; diese Funktion ist also offenbar auch eine akzeptable Annäherung an die Binomialverteilung mit großen n. Nicht so schön ist, dass man bisher keine einzige Formel für diese Kurve angeben kann, sondern den Umweg über das Integral gehen muss. Um dieses Problem zu lösen, soll der V200 einmal die Stammfunktion der ersten Funktion bilden: 50

53 Prüfungen im Zeitalter von CAS und GTR: Was und wie? Solche Ausführungen sollten eigentlich unkommentiert bleiben, nur so viel: Der Kosinushyperbolicus ist im Unterricht nicht behandelt worden. Hier operiert ein Schüler also mit einem unbekannten Objekt. Er ist sich dessen voll bewusst, benutzt den Kosinushyperbolicus aber trotzdem zunächst hemmungslos, reflektiert dann und bricht schließlich wegen offener Fragen die Untersuchung ab. Er zeigt unabhängig davon vielfältiges Wissen und die Fähigkeit, im Dialog mit dem CAS Vermutungen zu generieren und zumindest auf Plausibilität zu überprüfen. An keiner Stelle wird hier unreflektiert mit einem Computerwerkzeug gearbeitet, die Einsicht in den methodologischen Status der eigenen Untersuchungen und Ideen ist immer vorhanden ( Es ist also eher intuitives Probieren als echtes Nachdenken. ) Die Beispiele sollen in Variation eines bekannten Diktums von Hans Schupp zeigen: Der Computer zwingt uns, Dinge zu tun, die wir schon immer tun sollten, auch in Prüfungen! Abbildung 8.33: zu Beispiel 8 Der V200 kehrt also beim Integrieren wieder in den Bereich der e-funktionen zurück. Leider kann ich nicht feststellen, woher in der Formel die -1,9562E103 kommen; außerdem fehlt mir jegliches Vorwissen über das Auf- und Ableiten der cosh-funktion, so dass ich nicht mehr weiterkomme. Literatur Blum, Werner (2000): Perspektiven für den Analysisunterricht. Der Mathematikunterricht, 46(4/5), 5 17 Büchter, Andreas & Timo Leuders (2005): Mathematikaufgaben selbst entwickeln - Lernen fördern - Leistung überprüfen. Berlin: Cornelson Scriptor Hischer, Horst (2002): Mathematikunterricht und Neue Medien - Hintergründe und Begründungen in Fachdidaktischer und fachübergreifender Sicht. Berlin: Franzbecker Körner, Henning (2005): Mit Wachstum durch die Analysis. Der Mathematikunterricht, 51(4), 4 18 Kultusministerium, Niedersächsisches (2006): Kerncurriculum für das Gymnasium Schuljahrgänge 5-10 Meyer, Jörg (2005): Zu den Zielen des Mathematikunterrichts. Der Mathematikunterricht, 51(2-3), Peschek, Werner (1999): Auslagerung als didaktisches Prinzip eines computerunterstützten Mathematikunterrichts. In: Neubrandt, Michael (Hg.): Beiträge zum Mathematikunterricht 1999, Hildesheim: Franzbecker, Schmidt, Günter (1993): Kommt das auch in der Arbeit dran?. Der Mathematikunterricht, 39(1), Schneider, Edith (2002): Computeralgebrasysteme in einem allgemeinbildenden Mathematikunterricht. München: Profil Weigand, Hans-Georg (2006): Der Einsatz eines Taschencomputers in der 10. Jahrgangsstufe - Evaluation eines einjährigen Schulversuchs. Journal für Mathematik-Didaktik, 27(2), Weigand, Hans-Georg & Thomas Weth (2002): Computer im Mathematikunterricht - Neue Wege zu alten Zielen. Berlin: Spektrum Akademischer Verlag 51

54 Henning Körner, Oldenburg Abbildung 8.34: Aufgabe 1 Abbildung 8.35: Aufgabe 2 Abbildung 8.36: Aufgabe 3 Abbildung 8.37: Aufgabe 4 52

55 Abbildung 8.38: Aufgabe 5 53

56 Henning Körner, Oldenburg Abbildung 8.39: Aufgabe 6 54

57 Abbildung 8.40: Aufgabe 6: Lösungen und Bewertungspunkte 55

58 Henning Körner, Oldenburg Abbildung 8.41: Fortsetzung Aufgabe 6: Lösungen und Bewertungspunkte 56

59 Vorbereitungen von Lehrerinnen und Schülerinnen auf das Zentralabitur mit CAS Eberhard Lehmann, Berlin Das Zentralabitur mit CAS wird für die meisten Lehrerinnen eine neue Erfahrung werden. Vorbereitungsstrategien für Lehrerinnen und Schülerinnen, realisiert in Fortbildungsveranstaltungen und im Unterricht, können hilfreiche Kompetenzen vermitteln. 1 Vorbereitung auf das CAS-Zentralabitur durch diverse Veranstaltungen und Workshops Die Arbeit am Einsatz von CAS im Unterricht ist durch diverse Projekte gefördert worden, siehe Abb Zuletzt ging es gezielt um das kommende CAS-Zentralabitur. Hierzu wurden die KollegInnen eingeladen, die den ersten Zentralabiturdurchlauf mit CAS bestreiten wollten. Abb. 9.1 sagt Einiges über die Arbeit auf der Großbeeren- Tagung. Hierzu ist auch ein Heft erschienen gesponsert von Texas Instruments Deutschland das u.a. die Ergebnisse dokumentiert. 1 Abbildung 9.1: CAS-Projekte in Berlin 2 Aufgabentypen Bei den Überlegungen zu angemessenen Aufgabenstellungen für das Zentralabitur weichen Wunschvorstellungen und Realität noch stark voneinander ab. In Berlin werden für das erste Zentralabitur 2007 vermutlich Aufgaben vom Typ B gestellt werden, siehe Abb Typ C wird wohl erst in den Folgejahren zur Geltung kommen, da hier zunächst etliche Vorarbeiten zu leisten sind, insbesondere eine Verankerung passender Schwerpunktthemen, wie z.b. Matrizenrechnung, Kurven in Parameterdarstellung, usw. 3 Kompetenzen 3.1 Auch SchülerInnen kompetent machen Die gängige Methode zur Vorbereitung der SchülerInnen besteht darin, viele vielleicht mit dem Abitur zusammenhängende Aufgaben bearbeiten zu lassen. Das allein reicht m.e. jedoch nicht. Meine Erfahrungen zeigen, dass die SchülerInnen auch Hintergrundwissen und Kompetenzen haben sollten, die ihnen die Auswahl und Bearbeitung der Abituraufgaben erleichtern. So ist es z.b. eine wichtige Kompetenz für CAS-Nutzer, ob sich der CAS-Einsatz in der aktuellen Fragestellung überhaupt lohnt. Abbildung 9.2: CAS-Tagung für AbiturkollegInnen Abbildung 9.6: Metawissen 1 Eberhard Lehmann: Auf dem Weg zum Zentralabitur mit CAS, Tagungsergebnisse - Aufgabenanalysen - CAS-Anforderungen, Texas Instruments Bestellung per an den Autor unter mirza@snafu.de 57

60 Eberhard Lehmann, Berlin Abbildung 9.3: Aufgabentypen Abbildung 9.4: Kompetenzen für LehrerInnen und SchülerInnen 58

61 Vorbereitungen von Lehrerinnen und Schülerinnen auf das Zentralabitur mit CAS Abbildung 9.5: Kompetenzen für LehrerInnen und SchülerInnen 3.2 Kompetenz Aufgabenanalyse Lehrerinnen und SchülerInnen wählen Abituraufgaben aus Die LehrerInnen und SchülerInnen sollen nach den Vorschriften bei der schriftlichen Abiturprüfung selbst Aufgaben auswählen. Das erfordert spezielle Kompetenzen, die LehrerInnen haben müssen und die im Unterricht auch an die Schülerinnen weiter gegeben werden müssen. Hierzu mehr in den nächsten Bildern (siehe Abb. 9.7). 3.3 Modulare Kompetenz Von besonderer Bedeutung bei jeder Arbeit mit dem Computer ist die modulare Kompetenz. In zahlreichen Lebensbereichen ist es wichtig mit Modulen/Bausteinen umgehen zu können. Bei vielen Mathematikprogrammen, insbesondere auch beim Einsatz von CAS ist diese Kompetenz fundamental, so dass man ihr im Unterricht besondere Aufmerksamkeit schenken sollte. Die Ansätze hierzu spiegeln sich wider in dem Moduldreieck/Bausteindreieck (siehe Abb. 9.8 ). Nähere Ausführungen zur modularen Kompetenz mit zahlreichen Unterrichtsbeispielen finden Sie u.a. in Eberhard Lehmann: Mathematiklehren mit Computeralgebra-Bausteinen, Franzbecker- Verlag 2002 Eberhard Lehmann: Konzeptionelle Überlegungen zur Einbeziehung informatischer Inhalte und Methoden beim Computereinsatz im Mathematikunterricht der Sekundarstufe 2, Franzbecker-Verlag, 2003, Texte zur mathematischen Forschung und Lehre, 28, 190 Seiten, DIN A5, ISBN Kompetenz Bearbeitungszeit einschätzen können Siehe Abb und Zusammenfassung Eine angemessene Vorbereitung der betroffenen Personen auf das CAS-Zentralabitur erfordert mehr als nur Äufgabenrechnen". Der Erfolg bei der Abiturarbeit wird auch bestimmt von weitergehenden Kompetenzen, wie Aufgaben analysieren können, den Schwierigkeitsgrad einschätzen können, Aufgaben auswählen können, Zeit einschätzen können, modular arbeiten können usw. Diese Kompetenzen müssen bereits in den Jahren vor dem Abitur im Unterricht vermittelt werden. Auch bei normalen Klausuraufgaben wird sich das auszahlen! 59

62 Eberhard Lehmann, Berlin Abbildung 9.7: Wünschenswerte Kompetenzen, auch bei SchülerInnen! Aufgabenanalyse und Aufgabenkonstruktion Abbildung 9.8: Bausteindreieck: Definition, Nutzung und Analyse von Modulen 60

63 Vorbereitungen von Lehrerinnen und Schülerinnen auf das Zentralabitur mit CAS Abbildung 9.9: Beispiele für CAS-Module Abbildung 9.10: Auch die Arbeit mit einem CAS-Rechner erfordert viel Zeit 61

64 Eberhard Lehmann, Berlin Abbildung 9.11: Einige Variablen für die Zeiteinschätzung 62

65 Computergestütztes Prüfen und autonomes Lernen Fritz Nestle, Ulm/Ludwigsburg 1 Prolog Nachdenken oder Vordenken. Die griechische Mythologie kennt dazu die Gestalten des Epimetheus und des Prometheus. Prometheus, der Vordenker, hat der Menschheit den Fortschritt gebracht. 2 Technischer Fortschritt 1 Hardware Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis auf besser ausgestatteten Handys die Funktionen von graphischen Taschenrechnern (GTR), Computer- Algebrasystemen (CAS) und Taschencomputern (TC) unmittelbar oder als Software on demand zusammen mit Internetzugang demnächst überwiegend mit UMTS preiswert verfügbar sind. Das Handy wird damit zu einer echten, nützlichen eierlegenden Wollmilchsau ; GTR, CAS und TC in spezialisierten Einzelgeräten verlieren an Bedeutung. Webbasierte Methoden dürften daher längerfristig gesehen solche Funktionen anbieten. Notebook und Handy ermöglichen dann eine Vielzahl von Anwendungen, für die vorher zahlreiche Einzelgeräte erforderlich waren. Dabei geht es auch um neue Anwendungen, insbesondere um Prüfungen, in denen gegebenenfalls auch die oben genannten Funktionen frei verwendet werden dürfen: Vordenken. 3 Technischer Fortschritt 2 Software Korrektur und Bewertung von Schülerleistungen sind bereits in der klassischen Schule problematisch. Durch die klassische, handwerkliche Einzelarbeit erfordert dieser Vorgang sehr viel Zeit. Außerdem pflegen sich die Maßstäbe während der Korrektur zu verändern, so dass von Auswertungsgerechtigkeit nicht mehr gesprochen werden kann. In weitaus größerem Maß gilt dies für die Korrektur der Klausuren in Massenveranstaltungen mit zum Teil über tausend Teilnehmern an den Hochschulen. Auch wenn genügend Hilfskräfte für die Korrektur zur Verfügung stehen, kann eine für alle gleiche Korrektur bei den früher üblichen offenen Aufgaben nicht gewährleistet werden. Zudem wächst der Zeitaufwand für die Korrektur solcher Aufgaben in einen nicht mehr bezahlbaren Bereich. Mit der Einführung von Auswahlantwortaufgaben (multiple choice; MC) und gebundenen Freiantworten konnte der Zeitaufwand für die Korrektur vermindert und die Korrekturgerechtigkeit (bis auf Flüchtigkeitsfehler) gesichert werden. Gleichzeitig konnten die kognitiven Anforderungen an die Korrektoren gesenkt werden. Die Korrektur wurde zu einem mechanisierbaren und damit transparenten Vorgang. Vor drei bis vier Jahrzehnten begann die Ausbreitung einer automatisierten Auswertung von Klausuraufgaben. Grundlage waren, passend zu den vorhandenen Lesegeräten, vorgestanzte Lochkarten oder Markierungsbögen. Ja/Nein- Antworten werden zum Teil bis heute mit dem Griffel in Lochkarten gestanzt oder mit weichem Bleistift auf Markierungsbögen eingetragen; diese Bögen können dann mit entsprechenden Lesegeräten ausgewertet werden. Abbildung 10.1: Die Eintragung schafft zusätzliche Probleme. Zum Beispiel füllt ein noch im Sommersemester 2006 an der Fernuni in Hagen benutzter Markierungsbogen (LOTSE; Ausschnitt in Bild 1) mehrere Foren des Studienservices (z.b. showthread.php?t=1185). Am schreibt da ein David... die Markierungen werden wohl wirklich nur erkannt, wenn man mit Bleistift die kleinen Kästchen ausfüllt. So gesehen ist die BWL 1 - Klausur auch ein Test der Feinmotorik. Die Technik des Ausfüllens erwies sich damit als zusätzliches Diskussionsthema neben den spezifischen Inhalten. Im Prinzip kann man mit Markierungsbögen 63

66 Fritz Nestle, Ulm/Ludwigsburg auch Zahlen oder gebundene Freiantworten verschlüsseln. Dann geht es nicht nur um die Feinmotorik; als zusätzliche Fehlerquelle für die Prüfungskandidaten zeigt sich dann die verwendete Kodierung. Die Verwendung von Markierungsbögen ist nur ein Zwischenschritt zwischen klassischen Korrekturverfahren und den heutigen Möglichkeiten. Stand der Technik bei der Eingabe ist heute die Antwort mit der Tastatur, auf Touchscreen oder Grafiktablett, und in begrenztem Umfang auch die Spracheingabe. (Letztere hat inzwischen eine hinreichende Zuverlässigkeit, wie man in vielen Hotlines mit automatischen Menüs für die Auswahl der passenden Mitarbeiter im Callcenter nachvollziehen kann.) Theoretisch können in gewissem Umfang auch offene Antworten ausgewertet werden. Einige grobe Fehler der automatischen Auswertung, die auch nicht selten flüchtigen Korrektoren bei der klassischen Korrektur unterlaufen, werden inzwischen vermieden. In einem frühen Stadium dieser Prozesse führte die Antwort Stuttgart ist keineswegs die Hauptstadt von Baden-Württemberg. auf die Systemfrage Wie heißt die Hauptstadt von Baden-Württemberg? zum Vergnügen des Antwortenden und zum Ärger der Programmierer zur Systembestätigung Ja, Stuttgart ist die Hauptstadt von Baden- Württemberg. Heute werden solche Primitivfehler (und -provokationen) in der Regel erkannt und entsprechend bewertet. Die Aufgaben selbst werden überwiegend mit Rechnerprogrammen erstellt. Technisch bereitet es keine Probleme, die Aufgaben statt auf Papier auf dem Bildschirm zu präsentieren und die Bearbeitung damit interaktiv zu gestalten. Der Zugang zum Server kann dabei durch verkabelte Rechnernetze, WLAN oder Intranet und Internet erfolgen. Dadurch entsteht, siehe unten, die Möglichkeit neuartiger Lernorganisationsformen. Es bleiben an vielen Stellen noch organisatorische Probleme. Da und dort ist indessen bereits heute die technische Infrastruktur für die elektronische Verteilung vorhanden. Grundsätzlich können auch aufgabenspezifische Berechtigungen für die Nutzung (oder den Ausschluss) von Hilfsmitteln wie Grafikprogrammen oder Computeralgebrasystemen vergeben werden. An verschiedenen Stellen werden bereits Aufgaben verwendet, die bei der Generierung durch Zufallsparameter verändert werden. Bei der Auswertung von Zahleneingaben wird dann überprüft, ob die Einsetzung in einem zulässigen Intervall liegt. Das erfüllt eine alte Forderung des Dortmunder Manifests ( bildungsoptionen.de/manifest.htm). Für die Veränderungen gilt: Vordenken. 4 Didaktische Konzeption 1 Lehrziele und Aufgabenformen Jede sachgerechte Prüfung besteht aus Entscheidungsverfahren, mit deren Kriterien entschieden werden kann, ob ein Kandidat ein bestimmtes Lehrziel erreicht hat. Diese Lehrziele können objektiv definiert sein oder leider recht häufig in Vorstellungen bestehen, die der Prüfer nicht offen zu erkennen gibt. Bei computergestützten Prüfungen müssen die Prüfungsziele nachprüfbar offengelegt werden. Zunächst ergibt sich bei der Verbindung verschiedener Lehrziele ein Profil. Dessen Interpretation ist offen. Wenn jedoch bedenkenlos Äpfel und Birnen verglichen werden, kann man die Gesamtheit der Einzelentscheidungen bei einem einzelnen Kandidaten in einer Benotung, zum Beispiel in einer Schul- oder Prüfungsnote, zusammenfassen. Dabei unterliegt diese Bewertung der Willkür bei der Gewichtung der Einzelentscheidungen. Dies gilt in gleicher Weise, wenn die Ergebnisse benützt werden, um unter verschiedenen Kandidaten eine Rangfolge festzulegen, und ist unabhängig davon, ob zwischen Einzelergebnissen und Note noch eine Punktwertung eingeschaltet wird oder nicht. Vielfach wird eine Normalverteilung der Punktzahlen oder Noten aktiv angestrebt, das heißt, es wird im Gegensatz zum zielerreichenden Lernen (mastery learning) gar nicht versucht, alle Lernenden bis zur Beherrschung aller Einzelziele zu führen. Auf das Thema Lernzeit soll weiter unten eingegangen werden. Entgegen der landläufigen Meinung sind Auswahlantworten nicht nur für primitive Wissensabfragen geeignet, auch wenn es dafür in manchen Fernsehsendungen abschreckende Beispiele gibt. Die Primitivität unterliegt dem subjektiven Empfinden des Betrachters. Beim Fernsehen liegt die Kunst darin, das Niveau so zu treffen, dass bei einer möglichst großen Zahl von Zuschauern Spannung entsteht. Auch bei Prüfungen in Schule und Hochschule unterliegt das geforderte Niveau der Willkür. Die Entwicklung führte vom Typ 1 aus 5 (genau eine von fünf vorgegebenen Antworten ist richtig) zum Typ x aus 5 mit einem den Prüflingen unbekannten, wechselnden Wert von x für die Zahl der richtigen Teilantworten. Die Wahrscheinlichkeit, die richtigen Kreuzchen ohne Kenntnis der Inhalte zu setzen, ist dann schon recht klein. Trotzdem bleibt es eine zeitaufwendige Kunst, die wahren Aussagen und die Distraktoren angemessen zu formulieren. Wenn innerhalb einer Aufgabe falsche Antworten zum Abzug führen, werden die erfolgreichen Ratestrategien zusätzlich eingeschränkt und die tatsächlichen Kenntnisse lassen sich so noch 64

67 Computergestütztes Prüfen und autonomes Lernen besser ermitteln. Der Aufwand für die Erstellung von guten Auswahlantwortaufgaben ist hoch. Er kann eingespart werden, wenn man grundsätzlich Lückentexte verwendet. Hierbei können leere Lücken für Zahlen, Text und Bilder (auch aus Geometrieprogrammen) oder solche mit einer Auswahl aus einem Klappmenü (Bild 2) verwendet werden. Abbildung 10.2: In der produzierenden Wirtschaft zählt das Bestreben, Produkte mit definierten Eigenschaften anbieten zu können, als Grundlage für den Erfolg. Analog sollte man teaching to the test nicht als Fehlentwicklung sondern als zweckmäßiges Vorgehen für die Optimierung erfolgreicher Bildungsarbeit ansehen. Dem steht außer der Mentalität der Lehrkräfte, die durch die Lehrerbildung noch verstärkt wird, bei der Verwendung moderner Informationsverarbeitung nichts mehr im Weg. Eine wesentliche Eigenschaft rechnerbasierter Prüfungen liegt darin, dass Bearbeitung und Auswertung der Aufgaben unabhängig von Zeit und Ort erfolgen kann. Das hat Konsequenzen für den Lernprozess und für die Rolle der Lehrkraft. Wenn der Prüfungsvorgang nicht zertifiziert werden muss, ist er unabhängig von Ort und Zeit. Selbstorganisierte Übungen Probeprüfungen werden für jedermann möglich. Für zertifizierbare Prüfungsergebnisse muss durch Aufsicht und Logband zur Verhinderung unlauterer Bearbeitungsmethoden sichergestellt werden, dass während der Bearbeitung kein Kontakt zu Dritten möglich ist. Dann sparen online-prüfungen Zeit und Geld ( de/200mio.htm) und schaffen Chancengleichheit: Vordenken. 5 Didaktische Konzeption 2 autonomes Lernen Klare, transparente Ziele sind die Basis für autonomes Lernen, Chancengerechtigkeit und Steigerung der Lernmotivation. Ein Beispiel ist der Handy-Effekt : In der Ausnützung von Handyfunktionen (leider auch in ihrem Mißbrauch) sind als bildungsschwach geltende Hauptschüler der siebten Klassen vielen Erwachsenen überlegen ( bildungsoptionen.de/handy.htm). Woher kommt das? Einerseits handelt es sich bei der Handynutzung um einen klar begrenzten Bereich mit einer überschaubaren Anzahl von Funktionen. Diese besitzen eine hohe Anschaulichkeit. Andererseits gibt es zu jeder Eingabe sofort eine Rückmeldung, die erwünschte, aber auch unerwünschte. Keiner will in der sozialen Gruppe zurückstehen. Schließlich gibt es die Möglichkeit, einzelne Schritte ohne belastende soziale Kontrolle zu üben, das heißt, beliebig oft zu wiederholen. Wer Lernen verbessern will, muss den Handy- Effekt auf das Lernen von Schulstoffen übertragen. Insbesondere beim Mathematiklernen fehlt den einzelnen oft die Möglichkeit, in einem selbstgewählten Tempo und ohne soziale Aufsicht mit sofortiger Rückmeldung zu üben. Bei der Übung am Bildschirm liegt bei entsprechender Organisation zwischen der Antworteingabe und der Rückmeldung nur ein kurzer Zeitraum. Die Zeitspanne zwischen dem Abschluss des Denkprozesses und der Auseinandersetzung mit der Bewertung des Ergebnisses ist daher nur klein. Eine richtige Antwort wird bestätigt, solange ihre Entstehung noch im Gedächtnis ist. Wenn die Antwort nicht richtig ist, können die Probleme innerhalb der Lerngruppe geklärt werden, sobald der erste in der Gruppe reproduzierbar erfolgreich ist. An die Stelle der Selbstorganisation in der Lerngruppe kann auch der Kontakt mit einer tutoriellen Betreuungsmöglichkeit treten. Das erfordert, dass im Selbstverständnis der Lehrkraft der Wunsch zu belehren durch die Organisation von Selbstlernmöglichkeiten ersetzt wird. Im Gegensatz zur klassischen Prüfungssituation kann auch die Arbeitszeit in der Rückmeldung erfasst und über eine Scorefunktion bewertet werden. Die Faszination von Computerspielen beruht zum Teil darin, dass man in immer neuem, aber vergleichbarem Kontext einen Rangplatz in einer Scoreliste erobern kann. Dabei kommt es stets auf die Reaktionszeiten an. Deshalb sollten auch beim Lernen die Reaktionszeiten mit in die Bewertung einfließen, so dass die Schülerleistung mit dem physikalischen Leistungsbegriff gemessen wird ( de/06/sukmk1a.php). Ein System von Scorelisten für Gruppen, regionalen Scorelisten mit Tagesscore, Wochenscore,... kann so organisiert werden, dass es immer wieder neue Chancen für jeden gibt. Mit Hilfe der Rückmeldung durch einen Score wird ein Teil der Motivation durch Computerspiele und Gerätenutzung auch in Lernsituationen fruchtbar. Wie beim Handy können sich die Lernenden durch Versuch und Irrtum an die sichere Beherrschung eines Problemkreises herantasten. Wo der Weg noch zu schwierig ist, hilft die Unter- 65

68 Fritz Nestle, Ulm/Ludwigsburg stützung in der Sozialgruppe. Diese Hilfe ist für den Helfer so nützlich wie für den Frager, weil es beim Helfer die erforderliche Routine für eine auf lange Sicht angelegte Beherrschung des Sachverhalts erzeugt. Dies widerlegt die Theorie, dass Bildschirmlernen in die soziale Vereinzelung führt. Wesentlich ist, dass bei jedem Aufruf zufällig neue Fragen generiert beziehungsweise ausgewählt werden. Damit wird in Fächern wie Mathematik zugleich vermieden, dass Auswendiglernen das Verstehen ersetzt. Es ist offen, wie lange die derzeitigen Monopole der Lehrenden bezüglich Methodenwahl und Beurteilung erhalten bleiben. PISA hat gezeigt, dass die heutige Lernorganisation weit von einer optimalen entfernt ist. Grundlegende Änderungen sind nur zu erwarten, wenn die moderne Informationsverarbeitung anstelle von personalen Lehrkräften die Last von Information und Bewertung von Lernleistungen übernimmt. Das sollte auch Konsequenzen für die Lehrerbildung haben: Vordenken. 6 Zusammenfassung Welche Einsparungen beim Übergang von der heute üblichen handwerklichen Einzelarbeit möglich sind, wird in bildungsoptionen.de/200mio.htm grob abgeschätzt. Wie wenig die Lernfähigkeit der Kinder und Jugendlichen für schulbezogene Lerninhalte ausgeschöpft wird, zeigt unter anderem der Handytest ( bildungsoptionen.de/handy.htm). Grundfragen einer intersubjektiven Beurteilung von Lernfortschritten beantwortet das Dortmunder Manifest ( bildungsoptionen.de/manifest. htm). Wichtig ist dabei besonders die Zufallsauswahl aus einem größeren Pool von Aufgaben, von denen jede für sich den wesentlichen Kern der jeweiligen fachlichen Inhalte repräsentiert. 1 Die größte Schwierigkeit bei computergestützten Prüfungen liegt in einer Kreditierung, die Betrug weitgehend verhindert. Hier liegen auch in Zukunft, wohl mehr als bisher, hoheitliche Aufgaben des Bildungssystems. Sobald Lernergebnisse anhand objektiver Kriterien gemessen werden und nicht mehr für die individuellen Vorstellungen einzelner Lehrer gelernt werden muß, kann das riesige Motivationspotential selbstorganisierten Lernens auch im Bereich von Schulthemen wirksam werden. Es gilt dann, dass Lernen, Üben und Testen auf einer gemeinsamen Grundlage beruhen und für diese drei Stadien nur die Randbedingungen (Hilfen: ja oder nein; Zeitbeschränkung: ja oder nein) variiert werden. Ein Zeithorizont für damit verbundenen Änderungen im Bereich des Lernens läßt sich zur Zeit noch nicht angeben. 7 Epilog Das Schicksal des Vordenkers Prometheus sollte jedem Gebildeten bekannt sein. Gegebenenfalls dauert eine Google-Recherche zu den Stichwörtern Prometheus und Mythologie nur rund 0,14 Sekunden. Vielleicht ist Vordenken für den Vordenker doch nicht so gut. 1 Speziell zur Chancengerechtigkeit siehe auch 2e-imix-t-01/user_files/personal/nestle/alternativen/kap1.htm#16. 66

69 Computerwerkzeuge und Prüfungen Probleme, Lösungsansätze und Chancen Jürgen Roth, Würzburg Bei Computerwerkzeugen (CW) handelt es sich um Software, die flexibel für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden kann. So gesehen sind CW also computergestützte Universalwerkzeuge, bei denen der Anwender jeweils entscheidet, welche der vielen Funktionen er wozu einsetzt. Die im Mathematikunterricht (MU) eingesetzten CW sind im Wesentlichen Tabellenkalkulationsprogramme (TKP), dynamische Geometriesysteme (DGS) und Computeralgebrasysteme (CAS). Veröffentlichungen zum Einsatz von Computerwerkzeugen im MU beschränken sich bisher in der Regel darauf, die sich eröffnenden Möglichkeiten und Grenzen zu reflektieren, sie blenden aber die Verwendung von CW in Prüfungen weitgehend aus. Gerade der Einsatz in Prüfungen wirft aber eine ganze Reihe von Problemen auf. Diese sind zum einen organisatorischer Art (Anzahl der Rechner, Unterschleif, Einsammeln und Korrektur der Bearbeitungen,... ), zum anderen und vor allem beziehen sie aber die Frage mit ein, wie Prüfungsaufgaben bei der Zulassung von CW zu konzipieren und Prüfungen zu organisieren sind. Der Artikel geht auf Problembereiche und Lösungsansätze ein und reflektiert die Chancen, die ein zielgerichteter Einsatz von CW in Prüfungen eröffnet. 1 Status quo Prüfungen sind Bestandteil jeglichen schulischen Lernens. Die Art und Weise wie Prüfungen gestaltet sind hat direkte Auswirkungen auf Unterrichtsinhalte und -methoden und beeinflusst das Lernund Arbeitsverhalten von Schülerinnen und Schülern. Wer also der Überzeugung ist, dass der Einsatz von Computerwerkzeugen im Mathematikunterricht sinnvoll ist, der muss sich mit der Frage auseinandersetzen, wie Computerwerkzeuge auch in Prüfungen eingesetzt werden können. Diese scheinbar naheliegende Aussage widerspricht leider diametral der aktuellen Praxis. Während Computerwerkzeuge immer stärker Eingang in den Mathematikunterricht der Sekundarstufen finden, lassen die Kultusministerien der Länder nach wie vor ihren Einsatz in Prüfungen häufig nicht oder nur eingeschränkt zu. Dies gilt im besonderen Maße für PC- bzw. Laptop-gestützte Computerwerkzeuge (CW). Das Problem des Verbots von CW in Prüfungen zeigt sich immer wieder bei Studien zum Unterrichtseinsatz dieser Werkzeuge. So berichten etwa Macintyre & Forbes (2002) aus einer schottischen Studie zu den Auswirkungen des Einsatzes von CAS-fähigen Taschenrechnern auf die algebraischen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler: Indeed, given appropriate conditions and encouragement, the use of the calculator as an investigative tool is something that was well received by the schools involved in the study. The full potential of such technology however, will not be made apparent until schools are encouraged to utilise the resource through a change in policy on assessment. Regardless of personal visions and expertise in harnessing the power of the technology, staff are going to be discouraged and students themselves will be reluctant to make use of CAS calculators whilst they remain banned in assessments. (Macintyre & Forbes, 2002, S. 51) Die Problematik liegt aber noch tiefer. In der Mathematikdidaktik gibt es zahlreiche Veröffentlichungen, die sich mit Chancen und Grenzen der Nutzung von Computerwerkzeugen für den Mathematikunterricht befassen. Es gibt aber fast gar keine Auseinandersetzung mit der Frage, wie solche Werkzeuge in Prüfungen eingesetzt werden können. Prototypisch hierfür scheinen mir die Standardwerke zum Einsatz von Computerwerkzeugen im Mathematikunterricht zu sein. Weder in Hole (1998), noch in Hischer (2002) oder Weigand & Weth (2002) und auch nicht in Barzel et al. (2005) wird das Thema Prüfungen im Zusammenhang mit Computerwerkzeugen auch nur erwähnt. 2 Thesen zum Einsatz von Computerwerkzeugen im Mathematikunterricht Für eine Auseinandersetzung mit Computerwerkzeugen (CW) in Prüfungen muss zunächst festgehalten werden, was unter dem Begriff Computerwerkzeug verstanden und warum es überhaupt als sinnvoll erachtet wird, CW im Mathematikunterricht einzusetzen. Bei Computerwerkzeugen handelt es sich um Software, die flexibel für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden kann. Damit sind CW computergestützte Universalwerkzeuge, bei denen der Anwender jeweils entscheidet, welche der vielen Funktio- 67

70 Jürgen Roth, Würzburg nen er wozu nutzt. Die im Mathematikunterricht (MU) eingesetzten Computerwerkzeuge sind im Wesentlichen Tabellenkalkulationsprogramme (TKP), dynamische Geometriesysteme (DGS), Computeralgebrasysteme (CAS) und dynamische Mathematiksoftware (DMS). DMS lässt sich grob als Versuch darstellen, TKP, DGS und CAS in einer Software zu integrieren. Auch graphikfähige Taschenrechner (GTR) und Taschencomputer (TC) lassen sich zusammen mit der zugehörigen Software als Computerwerkzeuge für den Mathematikunterricht auffassen. 1 Hier soll das Augenmerk aber hauptsächlich auf dem Einsatz von PC- bzw. Laptop-gestützten Computerwerkzeugen liegen. Um die Frage nach dem Sinn eines Einsatzes von Computerwerkzeugen in Prüfungen reflektieren zu können, werden im Folgenden schlaglichtartig bekannte Thesen zum Einsatz von Computerwerkzeugen im Mathematikunterricht zusammengestellt: Experimentierumgebung Computerwerkzeuge eignen sich als Experimentierumgebungen zur Erkenntnisgewinnung, weil mit ihrer Hilfe Vermutungen sofort überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden können. Darüber hinaus werden in Konfigurationen enthaltene funktionale Zusammenhänge direkt erfahrbar, wenn mit einem Computerwerkzeug einzelne Variable einer Konfiguration (etwa mit Hilfe von Schiebereglern) gezielt und stetig bzw. quasistetig 2 verändert werden. Heuristisches Hilfsmittel ("Denkzeug") Der Computer ist ein Werkzeug, das das Denken unterstützt, in Anlehnung an Dörfler (1991) also ein Denkzeug, weil er bei komplexen Problemstellungen, die nicht mehr im Kopf erfassbar sind, dazu dient, die Komplexität in den Griff zu bekommen. Dies geschieht dadurch, dass das Gedächtnis entlastet wird und einzelne Fähigkeitsaspekte des Denkens an den Rechner delegiert werden. Folgende Aspekte sind hier zu nennen: Systematisches Probieren, das Untersuchen von Grenzfällen und ein Überblick über evtl. notwendige Fallunterscheidungen beanspruchen den mit Computerwerkzeugen arbeitenden Menschen nicht mehr im gleichen Umfang wie jene ohne Werkzeug. Die Variationen müssen zwar noch geplant, aber nicht mehr mental realisiert werden. Das Gedächtnis wird nicht mehr so stark belastet, da die Gesamtkonfiguration ständig zur Verfügung steht und nötige Fokussierungen auf jeweils relevante Details nur noch antizipiert werden müssen. Geeignete Hilfsmittel, die das Computerwerkzeug bietet, können zur Konzentration der Aufmerksamkeit auf diesen Aspekt genutzt werden. Parametervariation durch den Nutzer und die daraus resultierende (Bildschirm-)Ausgabe des Computerwerkzeugs kann zu einer Interaktion zwischen Computerwerkzeug und Nutzer und damit zum verteilten Denken führen. Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund der beobachteten Computerausgabe die nächste Aktion bzw. Veränderung geplant wird. Die Betonung liegt hier also auf der Planung der nächsten Eingabe. Die Entlastung in den genannten kognitiven Bereichen erlaubt beim Problemlösen die Konzentration auf Aspekte der Planung, Interpretation, Analyse und Argumentation. Voraussetzung dazu ist allerdings die Fähigkeit, mit dem jeweiligen Computerwerkzeug umgehen, seinen zielgerichteten Einsatz planen und im Laufe des verteilten Denkprozesses ggf. auch reorganisieren zu können. Modellierungswerkzeug Bei mathematischen Modellierungen kann das Computerwerkzeug als Kreativitäts- und Interpretationskrücke verwendet werden. Einerseits wird damit die Manipulation komplexer Modelle und die Verarbeitung realistischer Daten auch für Schülerinnen und Schüler überhaupt erst möglich. Andererseits sind wesentliche Aspekte der Modellbildung, etwa das Erproben und Optimieren bzw. Verwerfen verschiedener Modellansätze, noch in realistischer Weise für eine Behandlung im Mathematikunterricht zugänglich. Kommunikationsmittel Mit Computerwerkzeugen können Sachverhalte optimal dargestellt und visualisiert werden. Dabei spielen die Möglichkeiten des dynamischen Vorführens von Veränderungen und der Nutzung von Fokussierungshilfen (Roth, 2006b) zur Aufmerksamkeitsfokussierung auf wesentliche Aspekte eine wichtige Rolle. Dies erleichtert den Einblick in die und das Verständnis der Sachverhalte. Alle genannten Aspekte sprechen dafür, dass die Lehrkraft Computerwerkzeuge im Mathematikunterricht einsetzt. Noch wichtiger ist aber die Nutzung von Computerwerkzeugen durch die Schülerinnen und Schüler selbst. Dadurch besteht, wie oben dargestellt die Chance, dass sie ihre Fähigkeiten im Experimentieren, Problemlösen, Modellieren und Kommunizieren mathematischer Sachverhalte im Mathematikunterricht weiterent- 1 Ich bin davon überzeugt, dass auch bei solchen Geräten die integrierte Software das Computerwerkzeug ausmacht. Sehr deutlich wird das bei TI-nspire CAS. Hier wird die Software sowohl auf dem Taschencomputer als auch auf dem PC eingesetzt. 2 Gemeint ist ein diskretes, aber gleichmäßiges Variieren, also eine Veränderung, die in äquidistanten Schritten erfolgt. 68

71 Computerwerkzeuge und Prüfungen Probleme, Lösungsansätze und Chancen wickeln und vorhandene Begrenzungen überwinden. Prinzipiell besteht aufgrund des oben umrissenen Potentials von Computerwerkzeugen die Möglichkeit, die Schülerinnen und Schüler durch ihren Einsatz von Kalkülen zu entlasten. Dadurch kann der Unterrichtsschwerpunkt in Richtung von Planung, Analyse, Argumentation sowie kreativem und produktivem Arbeiten verschoben werden, ein selbsttätiges und entdeckendes Arbeiten der Schülerinnen und Schüler unterstützt werden, sich im Hinblick auf Modellierungen die Möglichkeit eröffnen, realistischere Probleme anzugehen. Grundsätzlich bleibt aber festzuhalten: Es handelt sich hier nur um prinzipielle Chancen aber nicht um zwangsläufige Folgen eines Einsatzes von Computerwerkzeugen! Die Art und Weise der Nutzung eines Computerwerkzeugs und damit auch der Erfolg eines entsprechenden Unterrichts hängt in erheblichem Maße von einer ganzen Reihe von Faktoren ab. Dazu gehören insbesondere die zugrundeliegenden Unterrichtskonzepte, die Werkzeug- und Prozesskompetenzen aller am Unterricht Beteiligten sowie deren Einstellung zu Computern und Computerwerkzeugen. Also: Das Potential ist vorhanden es kommt allerdings darauf an, was wir daraus machen! 3 Prüfungen In Prüfungen muss qualitativ und quantitativ das abgefragt werden, was auch den Unterricht qualitativ und quantitativ prägt. Dieses Zitat von Henning Körner aus seinem Vortrag auf dieser Tagung bringt auf den Punkt, worauf es bei Prüfungen ankommt. Insbesondere darf es nicht zu einer antididaktischen Umkehrung dieses Prinzips kommen, wie sie leider immer wieder im Zusammenhang mit zentral gestellten Tests und Zentralprüfungen zu beobachten ist. Das worauf es [im Mathematikunterricht] ankommt, lässt sich weder eindeutig ansteuern noch eindeutig testen, aber es lässt sich durch testorientiertes Unterrichten eindeutig behindern (Meyer, 2005, S. 69). Dies lässt sich vermeiden, wenn man bei der Konzeption von Prüfungen folgende Aspekte beachtet: Aufgaben in Mathematikprüfungen sollten auf das notwendige Wissen und Können von Schülerinnen und Schülern und die Ziele des Lehrplans abgestimmt sein, die Lehr- und Lernpraktiken des Unterrichts berücksichtigen, den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit geben ihr mathematisches Wissen zu zeigen, ihre mathematischen Ideen zu vermitteln und ihre Überlegungen darzustellen. Nur unter Berücksichtigung der genannten Aspekte besteht die Chance, folgendem Anspruch gerecht zu werden: Assessment should not merely be done to students; rather, it should also be done for students, to guide and enhance their learning. (NCTM, 2000, S. 22) Daneben haben Prüfungen (leider?) normierende Wirkung, denn sie vermitteln den Schülerinnen und Schülern (zentrale Prüfungen und Tests auch den Lehrerinnen und Lehrern) implizit, welches mathematische Wissen und welche Fähigkeiten honoriert werden und wie dieses Wissen dargestellt werden soll. Dabei spielen die Art der Aufgaben, die abgeprüften Fähigkeiten, die Anzahl der auf die einzelnen Aufgaben vergebenen Bewertungseinheiten und die erlaubten technischen Hilfsmittel eine wichtige Rolle. Dieser Aspekt muss bei der Erstellung von zentralen Tests und Prüfungen immer bedacht und entsprechend berücksichtigt werden. 4 Einsatz von Computerwerkzeugen in Prüfungen 4.1 Wozu sollten CW in Prüfungen erlaubt werden? Betrachtet man das oben skizzierte Potential von Computerwerkzeugen für den Mathematikunterricht, so wird sehr schnell deutlich, wie die in der Überschrift gestellte Frage zu beantworten ist. Bei Aufgaben, die Aspekte beinhalten, in deren Rahmen Computerwerkzeuge ihr Potential entfalten und die kognitiven Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler erweitern, sollten sie, wenn sie im Unterricht verwendet werden, auch in Prüfungen erlaubt sein. Dazu zählen insbesondere das Problemlösen, das Modellieren, das Visualisieren und das Analysieren. Diese Auflistung provoziert die berechtigte Frage, inwieweit derartige Aspekte in herkömmlichen und u.a. deutlich zeitbegrenzten Klassenarbeiten wirklich abgeprüft werden können. Eine mögliche Antwort darauf kann folgende These sein, auf die weiter unten noch einmal eingegangen wird: Computerwerkzeuge können ein Katalysator dafür sein, bestehende Prüfungsformen durch weitere, eher prozessorientierte zu ergänzen. 69

72 Jürgen Roth, Würzburg Geht es in Prüfungsaufgaben allerdings um die Reproduktion von Wissen oder um den Nachweis von Basisfähigkeiten, dann kann es sinnvoll sein, den Einsatz von Computerwerkzeugen nicht zuzulassen. Herget et al. (2001, S. 459) teilen Prüfungsaufgaben diesbezüglich in drei Töpfe ein, nämlich in Aufgaben, die in einer Prüfung ohne Computerwerkzeuge gestellt werden könnten bzw. sollten, Aufgaben, die in einer Prüfung ohne Computerwerkzeuge nicht gestellt werden sollten und schließlich Aufgaben, bei denen die Zuordnung zu einem der beiden anderen Töpfe umstritten oder praktisch nicht möglich ist. Insbesondere der dritte Topf von Herget et al. (2001, S. 259) macht deutlich, dass die Grenze zwischen Aufgaben fließend ist, die in Prüfungen ohne Computerwerkzeuge sinnvollerweise gestellt werden können und solchen, für die das nicht gilt. Vielleicht ist das auch ein Grund für folgendes Phänomen, das Weigand (2006, S. 102) aus einem einjährigen Schulversuch mit Taschencomputern (TC) berichtet: Eine Analyse der Klassenarbeiten zeigt, dass die überwiegende Mehrzahl der Aufgaben in gleicher Weise auch dann gestellt werden könnten, 3 wenn in den Prüfungen kein TC erlaubt gewesen wäre (Weigand, 2006, S. 102). 4.2 Technische Probleme und Lösungsansätze dazu Lässt man die Verwendung von PC-gestützten Computerwerkzeugen in Prüfungen zu, so ergibt sich eine ganze Reihe von technischen Fragen, die hier zunächst ohne Anspruch auf Vollständigkeit zusammengestellt werden sollen: 4 Wie werden die jeweils evtl. elektronisch in Dateien vorliegenden Aufgaben ausgeteilt bzw. die Bearbeitungen eingesammelt? Wie schafft man einheitliche Voraussetzungen auf allen Schülerrechnern? Wie lässt sich (elektronischer) Unterschleif unterbinden? Wie soll die Korrektur von evtl. elektronisch in Dateien vorliegenden Schülerbearbeitungen erfolgen? Wie kann man Klassenarbeiten in Klassen mit ca. 30 Schülern durchführen, wenn die Computerräume in Schulen in der Regel nur mit 16 Rechnern ausgestattet sind? Für die ersten drei der genannten Probleme gibt es diverse technische Lösungen. Eine besonders 70 gelungene scheint mir die in Baden-Württemberg entwickelte Musterlösung (Baden-Württemberg, 2005) für pädagogische Schulnetze zu sein. Damit ist es u.a. möglich, das Austeilen von Aufgaben und das Einsammeln der Schülerbearbeitungen auf Knopfdruck durchzuführen. Es sind selbstheilende Arbeitsstationen realisiert, die garantieren, dass beim Neustart der Rechner auf jedem PC die identische Ausgangskonfiguration vorliegt. Eine Prüfung am PC kann also einfach mit dem Hochfahren der Rechner beginnen. Bei Bedarf kann mit sicheren Klassenarbeitsumgebungen gearbeitet werden, deren spezielle Benutzerprofile ein Ablegen von Dateien in den Schülerverzeichnissen vor der Prüfung unmöglich macht bzw. allen Schülerinnen und Schülern dieselben Dateien zur Verfügung stellt. Daneben ist es auch sehr einfach möglich bei Bedarf den Zugang zu Internet, und Tauschverzeichnissen zu sperren. Das Aufsetzen und die Wartung entsprechend geeigneter pädagogischer Schulnetze bleibt aber eine anspruchsvolle Aufgabe für schulische Systembetreuer und Softwareentwickler. Mit der Frage wie Schülerbearbeitungen korrigiert werden können, die zumindest teilweise mit Hilfe von Computerwerkzeugen erstellt wurden, rückt der Aspekt der Dokumentation von Lösungswegen in den Mittelpunkt der Überlegungen. Um eine Korrektur zu ermöglichen, die die Gedankengänge berücksichtigt, die hinter möglichen richtigen und fehlerhaften Lösungen stecken, ist in der jeweiligen Klasse eine Vereinbarung über die Art der Dokumentation der durchgeführten Arbeitsschritte erforderlich. Diese sollte u.a. folgende Aspekte umfassen: Erfolgt die schriftliche Dokumentation auf Papier oder direkt innerhalb der mit dem Computerwerkzeug erzeugten Datei? Soll die Dokumentation nur in Papierform, nur in Form von Dateien oder mit Dateien und auf Papier erfolgen? Welche Überlegungen sollen protokolliert und worauf kann verzichtet werden? Wie kleinschrittig muss die Protokollierung erfolgen? Welche Ausgaben des Computerwerkzeugs sollen in welcher Form in das Protokoll übernommen werden? Wie soll mit Hilfsobjekten in den Dateien umgegangen werden? 5 Die Tatsache, dass zu diesen und evtl. auch weiteren Fragen Vereinbarungen getroffen und ggf. auch eingeübt werden müssen, wird auch durch folgende Ergebnisse einer australischen Vergleichsstudie zum Einsatz von CAS bei Prü- 3 Einige der Aufgaben wurden von den Lehrern auch bereits in früheren Jahren in Klassenarbeiten gestellt. 4 So berichtet etwa Hagan (2005, S. 222f) von einzelnen weiteren Aspekten. 5 Bei Konstruktionen mit einem DGS kann etwa festlegen werden, Hilfslinien grundsätzlich gestrichelt darzustellen.

73 Computerwerkzeuge und Prüfungen Probleme, Lösungsansätze und Chancen fungen gestützt: [... ] assessors [... ] need to be prepared for shorter written solutions and it is likely that in these written solutions students may have replaced pen-and-paper techniques by descriptions of processes used to solve problems. These written solutions may appear to be overall plans for solving problems with answers stated, rather than contain the extent of algebraic manipulation that might be expected in a purely penand-paper solution. (Ball, 2003, S. 192) Auch das Problem der begrenzten Anzahl der in einem Computerraum zur Verfügung stehenden Rechner ist nicht ganz einfach zu lösen. Mögliche Lösungsansätze bestehen in der geeigneten Gestaltung von Prüfungsaufgaben und grundsätzlich in der Frage in welcher Form Prüfungen abgehalten werden. Auf beide Aspekte wird in den nächsten Abschnitten eingegangen. 4.3 Prüfungsaufgaben beim Einsatz von CW Werden Computerwerkzeuge im Mathematikunterricht eingesetzt, so gibt es grundsätzlich die Möglichkeit, sie auch in Prüfungen zuzulassen oder ihren Einsatz in Prüfungen nicht zu erlauben. Die zweite Möglichkeit ist überall dort zwingend erforderlich, wo (wie etwa zurzeit noch in Bayern 6 ) Computerwerkzeuge in Klassenarbeiten und zentralen Prüfungen nicht zugelassen sind. Darüber hinaus kann es aber auch dann, wenn Computerwerkzeuge in Prüfungen erlaubt sind, sinnvoll sein, für bestimmte Aufgaben den Einsatz von Computerwerkzeugen in einer Klassenarbeit nicht zuzulassen. 7 In jedem Fall sind aber grundsätzliche Aufgabentypen im Hinblick auf die Nutzung von Computerwerkzeugen mit zu bedenken. Allerdings gibt es durchaus verschiedene Ansätze für eine Klassifizierung. Heugl et al. (2005, S. 6) geben z. B. folgende Aspekte an: Das Computerwerkzeug stellt keine wesentliche Hilfe bei der Lösung der Aufgabe dar. Unter Verwendung eines Computerwerkzeugs ist die Aufgabe wesentlich schneller lösbar oder sogar trivial. Die Aufgabe testet die Werkzeugkompetenz der Schülerinnen und Schüler. Es handelt sich um eine herkömmliche Aufgabe, die aber durch die Nutzung eines Computerwerkzeugs ausgeweitet wurde bzw. ausgeweitet werden kann. 8 Die Aufgabe ist (für Schülerinnen und Schüler) nur mit Hilfe von Computerwerkzeugen überhaupt lösbar. Eine etwas andere Klassifizierung der möglichen Rollen, die ein Computerwerkzeug bei der Lösung einer (Prüfungs-)Aufgabe spielen kann, stammt von Brown (2003, S. 156): Notwendig: Die Aufgabe kann ohne Verwendung eines Computerwerkzeugs nicht sinnvoll gelöst werden. Optional: Ein Computerwerkzeug kann zur Lösung der Aufgabe beitragen, aber die Verwendung ist nicht notwendig. Neutral: Ein Computerwerkzeug kann nichts Wesentliches zur Lösung der Aufgabe beitragen. Ausgeschlossen: Die Aufgabe wurde absichtlich so strukturiert oder formuliert, dass ein Computerwerkzeug nicht (direkt) zur Lösung verwendet werden kann. Unterricht mit, Prüfung ohne CW Es kann verschiedene Gründe dafür geben, dass Computerwerkzeuge zwar im Unterricht, aber nicht in Prüfungen eingesetzt werden. Sie reichen von rechtlichen 9 über organisatorische 10 bis hin zu inhaltlichen 11 Aspekten. Werden bei einem Unterricht, der Computerwerkzeuge integriert, die Prüfungen ohne Computerwerkzeuge geschrieben, so gibt es u.a. folgende Möglichkeiten für Aufgabenformate in Klassenarbeiten: Standardaufgaben Es werden Aufgaben gestellt, die in gleicher Weise auch ohne Computer gestellt werden könnten. Hier wird die Tatsache, dass Computerwerkzeuge im Unterricht eingesetzt werden, in der Prüfung nicht berücksichtigt. Soll dies doch der Fall sein, so bieten sich u.a. folgende Aufgabentypen für Klassenarbeiten an: Nutzung von Erkenntnissen, die mit Computer- 6 Gegenwärtig dürfen in Bayern Computerwerkzeuge in Prüfungen nur in einzelnen Klassen im Rahmen von Unterrichtsversuchen verwendet werden, grundsätzlich sind sie für Prüfungen aber nicht zugelassen. 7 Dies kann z.b. bei Aufgaben zum Grundwissen oder allgemein zu Fähigkeiten sinnvoll sein, die auch ohne Computerwerkzeuge verfügbar sein sollen. Ein Beispiel für den letztgenannten Aspekt ist etwa die Fähigkeit zur Interpretation von Funktionsgraphen (vgl. hierzu auch Weigand, 2006, S. 102). 8 Man denke etwa an Verallgemeinerungen, die Betrachtung des Einflusses von Parametern und ähnliches. 9 Das zuständige Kultusministerium erlaubt evtl. den Einsatz von Computerwerkzeugen in Prüfungen nicht. 10 Im Computerraum hat evtl. nicht jeder Schüler einen eigenen Arbeitsplatz für die Prüfung zur Verfügung, weil es nicht genügend Rechner gibt. 11 In Prüfungen sollen evtl. mathematische Grundfähigkeiten gezeigt werden, die (hoffentlich) unabhängig von der Verfügbarkeit von Computerwerkzeugen vorhanden sind. 71

74 Jürgen Roth, Würzburg werkzeugen gewonnen wurden Zur Lösung der Aufgabe müssen die Schülerinnen und Schüler Erkenntnisse nutzen, die sie mit Hilfe von Computerwerkzeugen gewonnen haben. Dieser Aspekt soll mit folgender Klassenarbeitsaufgabe illustriert werden: Aufgabe. Der Eckpunkt V des Dreiecks UVW wandert entlang der in der Abbildung eingezeichneten Kurve. Die eingezeichnete Lage von V ist der Startpunkt. Von hier aus wandert V entlang der Kurve nach links. Welche Dreiecksgrundformen 12 durchläuft das Dreieck UVW dabei der Reihe nach? (Roth, 2006a, S. 25) Seite [AB] vorgegeben und der Eckpunkt C kann frei in der Zeichenebene bewegt werden. Variiert man die Lage von C, dann verändert sich die Form des Dreiecks ABC. Im ersten dynamischen Arbeitsblatt (vgl. Abb. 11.2) soll der Punkt C z.b. so bewegt werden, dass das Dreieck ABC immer gleichschenklig bleibt. Ziel ist es letztlich, Ortslinien für die möglichen Lagen von C zu erarbeiten. Analog wird für weitere Dreiecksgrundformen vorgegangen. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Erarbeitung kann der Abb entnommen werden. Erkenntnisse aus dieser Unterrichtssequenz, bei deren Erarbeitung die dynamischen Möglichkeiten des Computerwerkzeugs (hier ein DGS) eine zentrale Rolle gespielt haben, sind zur Bearbeitung der Prüfungsaufgabe zwingend erforderlich. Bildschirmausgaben von Computerwerkzeugen interpretieren Um mit einem Computerwerkzeug sinnvoll arbeiten und mathematische Problemstellungen bewältigen zu können ist es unabdingbar, Bildschirmausgaben des Werkzeugs geeignet interpretieren zu können. Dazu sind u.a. mathematische Grundfähigkeiten wie etwa das Erkennen von Termstrukturen oder die Fähigkeit zur Analyse einer geometrischen Konfiguration notwendig. Folgende Beispiele sollen diesen Aufgabentyp illustrieren. Aufgabe. Erkläre den Bildschirmausdruck [in Abb Es ist günstig, eine Zeile nach der anderen genau zu erklären (Dreeßen-Meyer & Reiß, 2006, S. 51). Peter hat den Term Abbildung 11.1: Abbildung zur Beispielaufgabe Nutzung von mit Computerwerkzeugen gewonnenen Erkenntnissen ( 3a 2 b 4 4ab 2 ) 2p ( 2b 4 3a 2 ) 3p Im Vorfeld haben die Schülerinnen und Schüler in einer Unterrichtssequenz in Partnerarbeit selbstständig an dynamischen Arbeitsblättern gearbeitet, die auf DynaGeoX-Applets basieren (vgl. Abb und Abb. 11.3). 13 In den ersten Arbeitsblättern ist jeweils ein Dreieck ABC mit fester zu ( 1 6 )p vereinfacht. Mit Derive überprüft er sein Ergebnis und erhält die in Abb dargestellte Bildschirmausgabe. Erläutere, wie Peter damit umgehen sollte Mit dem Oberbegriff Dreiecksgrundformen werden die grundlegenden Begriffe gleichschenkliges, gleichseitiges, rechtwinkliges, spitzwinkliges und stumpfwinkliges Dreieck zusammengefasst. 13 Die dynamische Arbeitsblätter können unter der Adresse dreiecksgrundformen/ online bearbeitet und heruntergeladen werden. Eine ausführliche Darstellung der Konzeption der zugehörigen Unterrichtssequenz findet man in Roth (2006a). 14 Es handelt sich um die Modifizierung einer Idee aus Weigand (2006, S. 104f) 72

75 Computerwerkzeuge und Prüfungen Probleme, Lösungsansätze und Chancen Abbildung 11.2: Dyn. Arbeitsblatt zur Unterrichtssequenz: Entdeckende Übung zu gleichschenkligen Dreiecken bei einer festgehaltenen Dreiecksseite (hier [AB]) Abbildung 11.3: Dyn. Arbeitsblatt zur Unterrichtssequenz: Überblick über die Dreiecksgrundformen bei einer festgehaltenen Dreiecksseite 73

76 Jürgen Roth, Würzburg Abbildung 11.4: Interpretieren der Bildschirmausgabe (1) Abbildung 11.5: Interpretieren der Bildschirmausgabe (2) Beschreiben von (mehreren) Lösungsstrategien zu einem konkreten Problem mit einem Computerwerkzeug Ein Vorteil der Nutzung von Computerwerkzeugen kann die Vielfalt der Lösungswege sein, die mit ihrer Hilfe ermöglicht werden. Die Schülerinnen und Schüler können sich selbst für einen Lösungsweg entscheiden, andererseits ist nicht immer jeder mögliche Lösungsweg gleich gut geeignet. Es sollten also verschieden Lösungsmöglichkeiten bekannt sein. Ein sehr einfaches Beispiel 15 soll dieses Aufgabenformat illustrieren: Aufgabe. Beschreibe drei Möglichkeiten wie du mit Computerwerkzeugen die Schnittstellen des Graphen der Funktion f :x 1 2 (x 12)4 5 mit den Koordinatenachsen bestimmen kannst. Unterricht und Prüfung mit CW Auch dann, wenn Computerwerkzeuge in Prüfungen zugelassen sind, gibt es eine große Bandbreite an Möglichkeiten, diese Tatsache in der Art der Aufgabenstellung zu berücksichtigen. Bei der folgenden exemplarischen Auflistung von Möglichkeiten ist zu beachten, dass die einzelnen Aufgabentypen nicht scharf voneinander abgrenzbar sind. Könnten auch ohne CW gestellt werden Die Aufgaben unterscheiden sich nicht von solchen in Prüfungen ohne Computerwerkzeuge. Manchmal besteht ein Unterschied darin, dass die Aufgaben mit CW etwas komplexer sind oder explizit die Nutzung des Computerwerkzeugs als Kontrollinstanz fordern. 16 Diese Aufgaben scheinen zurzeit bei herkömmlichen Klassenarbeiten mit CW eher die Regel zu sein (vgl. Weigand, 2006, S. 102). Aufgaben mit Schwerpunkt auf dem Analysieren und Argumentieren Computerwerkzeuge eröffnen u.a. die Möglichkeit Konfigurationen dynamisch zu variieren. Dies kann einerseits als heuristisches Hilfsmittel beim Problemlösen eingesetzt werden und entlastet andererseits von kalkülbasiertem Arbeiten. Auf die- 15 Variation einer Aufgabe aus Weigand (2006, S. 103) 16 Um ein Computerwerkzeug als Kontrollinstanz verwenden zu können, muss man über Werkzeugkompetenz aber auch mathematische Grundfähigkeiten wie das Erkennen von Termstrukturen oder die Fähigkeit zur Analyse einer geometrischen Konfiguration verfügen. 74

77 Computerwerkzeuge und Prüfungen Probleme, Lösungsansätze und Chancen se Weise wird es (auch für Prüfungen) einfacher möglich, den Schwerpunkt von Aufgaben hin zum Analysieren und Argumentieren zu verschieben. Folgendes Beispiel soll dieses Aufgabenformat illustrieren: Finde mit Hilfe der DGS-Datei (vgl. Abb. 11.6) heraus, wo der Umkreismittelpunkt bei spitzwinkligen, stumpfwinkligen und rechtwinkligen Dreiecken liegt und begründe dies jeweils. 17 In einer DGS-Datei ist die Bewegungsmöglichkeit des Punktes C auf zwei Teilbewegungen eingeschränkt. 18 Der Punkt C kann auf der Halbgeraden [BC (Änderung der Länge von [BC]) und Ohne Computerwerkzeug kann es leicht passieren, dass eine derartige Aufgabe in einer Kalkülschlacht endet, ohne dass wirklich heuristische Strategien angewendet werden oder die Aufgabe inhaltlich reflektiert wird. Mit einem Computerwerkzeug (hier etwa einem CAS wie Derive) lässt sich die Problemstellung ausloten, indem z.b. der Graph der Funktion ausgegeben wird (vgl. Abb. 11.7) und die Ableitung sowie deren Nullstellen bestimmt werden (vgl. Abb. 11.8). Mit diesen Ausgaben des Computerwerkzeugs konfrontiert beginnt nun das eigentliche Problemlösen... Es lassen sich prinzipiell auch Umweltbezüge in Problemlöseaufgaben in Prüfungen integrieren, was zu Modellierungen führen würde. Allerdings ist es nicht ganz leicht derartige Aufgaben so zu stellen, dass sie noch innerhalb einer Klassenarbeit vollständig bearbeitet werden können. dem Kreis k(b; BC) (Änderung der Richtung der Halbgeraden [BC) bewegt werden. Diese Bewegungen lassen sich durchführen und in ihren Auswirkungen auf die Lagen der Mittelsenkrechten der Dreicksseiten und die Dreiecksform analysieren. Auf dieser Grundlage kann argumentiert werden, wo der Umkreismittelpunkt jeweils liegen muss. 19 Problemlöseaufgaben Was ist mit Problemlöseaufgaben gemeint? Es handelt sich um Aufgaben, bei denen kein Lösungsverfahren zur Verfügung steht bzw. offensichtlich ist und die offen sind für verschiedene Herangehensweisen und Lösungswege. Der Einsatz von Computerwerkzeugen ermöglicht es, solche Aufgaben auch in Prüfungssituationen zu stellen, weil evtl. erforderliche Rechnungen bzw. Kalkülabarbeitungen an das Werkzeug delegiert werden können. Als Beispiel kann folgende Aufgabe dienen: 20 Abbildung 11.7: Problemlöseaufgabe: Funktionsgraph Aufgabe. Suche nach Aussagen, aus denen du folgern kannst, dass die Funktion f :x 6 5 (x 1) cos(x) 6 5 sin(x) x3 1 2 x2 genau vier Extremstellen besitzt. Abbildung 11.8: Problemlöseaufgabe: Problemstellung ausloten 17 Die zugehörige DGS-Datei und Lösungshinweise zur Aufgabe findet man im Internet unter folgender Adresse: juergen-roth.de/dynageo/dreieck/umkreismittelpunkt.html 18 Büchter & Leuders (2005) unterscheiden zwischen Aufgaben zum Lernen und Aufgaben zum Leisten. Wäre diese Aufgabe in einem Lernkontext gestellt worden, so wäre der Punkt C (zunächst) völlig frei beweglich gewesen. Im Kontext einer Klassenarbeit ist es aber erforderlich, die Offenheit ein Stück weit einzuschränken und den Schülerinnen und Schülern so einen Einstieg in die Analyse der Situation zu ermöglichen. 19 Hinweise zu einer möglichen argumentativen Lösung des Problems findet man unter folgender Internetadresse: juergen-roth.de/dynageo/dreieck/umkreismittelpunkt.html 20 Es handelt sich um eine leichte Variation einer Aufgabe aus Büchter & Leuders (2005, S ). 75

78 Jürgen Roth, Würzburg Abbildung 11.6: Lage des Umkreismittelpunkts Aufgabe mit Schwerpunkt auf dem Analysieren und Argumentieren 4.4 Prüfungsformen beim Einsatz von CW Prüfungen ausschließlich mit Papier und Bleistift durchführen zu lassen ist beim Einsatz von Computerwerkzeugen im Unterricht zumindest unbefriedigend. Ridgway et al. (2004) geben hierzu folgendes zu bedenken: A complete reliance on paper-based assessment has a number of drawbacks; first is that such assessments are increasingly inauthentic as classroom and professional practices embrace ICT. Second is that such assessments constrain progress, and have a negative effect on students who have to learn (just for the exam) how to do things on paper that are done far more effectively with ICT. A third major constraint is that current innovative suggestions for curriculum reform, which rely on student portfolios for their implementation, will be impossible to manage on a large scale without extensive use of ICT. (Ridgway et al., 2004, S. 28) schreiben und diese den veränderten Gegebenheiten anzupassen. Dies ist nahe am Gewohnten und damit relativ leicht umsetzbar, hat allerdings den großen Nachteil der deutlichen zeitlichen Begrenzung. Gerade Aufgabenstellungen, zu deren Lösung Computerwerkzeuge ihr volles Potential ausspielen können, lassen sich aber nicht in wenigen Minuten vollständig bearbeiten. Es geht hier um echte mathematische Betätigung, die auch unabhängig vom Einsatz von Computerwerkzeugen insbesondere der Muße bedarf. Folglich wird es notwendig auch über (zusätzliche) alternative Prüfungsformen nachzudenken, bei denen diese zeitliche Begrenzung nicht im gleichen Ausmaß gegeben ist. Klassenarbeiten Mögliche Organisationsformen von Klassenarbeiten im Zusammenhang mit der Zulassung von Computerwerkzeugen werden z.b. in Reimer (1999), Heugl (2000), Herget et al. (2001), Brown (2003), Wurnig (2001) und Wurnig (2004) angesprochen bzw. beschrieben. 21 Im Folgenden sollen einige der dort genannten Aspekte zusammengestellt werden: Sollen Computerwerkzeuge aber in Prüfungen eingesetzt werden, so muss man sich neben der Art der Aufgabenstellung auch Gedanken über die Prüfungsformen machen. Einerseits besteht die Möglichkeit, wie bisher Klassenarbeiten zu Kurze Tests Hier werden Grundwissen sowie grundlegende Fähigkeiten und Fertigkeiten geprüft. Dabei wird die Nutzung von Computerwerkzeugen in der Regel nicht zugelassen, da diese Aspekte auch oh- 21 Die zitieren Aufsätze beziehen sich alle auf den Einsatz von Computeralgebrasystemen in Prüfungen der Sekundarstufe II bzw. ihrer Entsprechung im jeweiligen Bildungssystem. Obwohl viele Ergebnisse und Vorschläge problemlos auch auf die Sekundarstufe I und andere Computerwerkzeuge übertragbar sind wird dabei trotzdem deutlich, dass diesbezügliche Unterrichtsversuche und Forschungsansätze die Sekundarstufe I und andere Computerwerkzeuge außer CAS sträflich vernachlässigen. Auch die Mehrheit der Vorträge dieser Tagung bestätigt diese Einschätzung. 76

79 Computerwerkzeuge und Prüfungen Probleme, Lösungsansätze und Chancen ne Computerwerkzeuge verfügbar sein sollten. 22 Entsprechend erfolgt die Dokumentation auch mit Papier und Bleistift. Der zeitliche Umfang dieser Tests beträgt etwa 15 bis 30 Minuten. Zweigeteilte Prüfungen Hier wird die Hälfte 23 der Prüfung mit und die andere Hälfte der Prüfung ohne Computerwerkzeug geschrieben. Ein Hauptgrund für diese Art der Prüfung ist, dass sehr viele Computerräume immer noch nur über ca. 16 PC-Arbeitsplätze verfügen, die Klassengrößen sich aber in der Regel bei ca. 30 Schülerinnen und Schülern bewegen. 24 Bei dieser Prüfungsform hat jeweils eine Hälfte der Klasse einen PC für sich alleine zur Verfügung, während die andere Hälfte den Papier und Bleistift -Teil der Prüfung bearbeitet. Nach der Hälfte der Arbeitszeit geben beide Teilgruppen ihre bis dahin erstellten Bearbeitungen ab und bearbeiten anschließend den jeweils anderen Teil der Aufgaben. Bei der Dokumentation des Prüfungsteils mit Computerwerkzeug bestehen alle Möglichkeiten der Dokumentation der Lösungen. Sie kann nur auf Papier, auf Papier und in einer CW-Datei oder nur in Form einer (bzw. mehrerer) CW-Datei erfolgen. Der zeitliche Umfang entspricht hier dem von herkömmlichen Klassenarbeiten. Problemlöseprüfungen In dieser Prüfungsform werden Fähigkeiten aus den Bereichen Problemlösen, Argumentieren, Interpretieren und Verbindungen mehrerer Grundfähigkeiten verlangt. Es geht dabei um das Anwenden von mathematischen Kenntnissen und Fähigkeiten auf neue bisher nicht geübte Problemstellungen. Häufig wird bei dieser Art der Prüfung nicht nur die Nutzung des (der) eingeführten Computerwerkzeugs(e) grundsätzlich freigestellt, sondern auch der Zugriff auf bisher erstellte CW- Dateien und sonstige Unterlagen erlaubt. Auch hier muss wieder die Frage der Dokumentation der Ergebnisse vorab geklärt werden. Der zeitliche Umfang dieser Tests beträgt etwa 100 bis 240 Minuten. 25 Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen die Ergebnissicherung und die Leistungsmessung. [... ] Bei Leistungstests mit dem Rechner [... ] verlagert sich der Schwerpunkt hin zu problemorientierten Aufgaben. Kreativität und experimentelles Herantasten an Lösungswege lassen sich jedoch nur schwer in ein vorgegebenes Zeitraster zwängen. Deshalb werden auch neue Formen der Leistungsmessung wie Wochenarbeit, Schülerreferat oder Kolloquium erprobt. (Koller, 1998, S.11) Der letzte Satz des Zitats von Koller und auch eine ganze Reihe von weiteren Veröffentlichungen die das Thema Alternative Prüfungsformen ansprechen, verdeutlichen, dass zwar der Bedarf an neuen Konzepten gesehen wird, es aber noch keine ausgereiften Vorschläge zu diesem Thema gibt. Hier eröffnet sich ein weites Feld für mathematikdidaktische Entwicklungs- und empirische Forschungsarbeit. Einige exemplarische Denkanstöße für entsprechende Entwicklungen werden im Folgenden kurz zusammengestellt: Forschungshefte Die Frage, wie eine Prozessevaluation von Lernund Arbeitswegen zu der bisher hauptsächlich durchgeführten Evaluation und Benotung von Schülerprodukten treten kann, ist auch und vielleicht gerade im Zusammenhang mit dem Einsatz von Computerwerkzeugen zu beantworten. Hußmann (2003, S. 39ff) schlägt vor, die Schülerinnen und Schüler Forschungshefte führen zu lassen. Hier werden jeweils individuell die Fragestellung bzw. das Problem, erste Überlegungen, das tatsächliche Vorgehen, Verallgemeinerungen, Anmerkungen u.ä. notiert. Zwar können und sollen diese Forschungshefte natürlich auch zur Bewertung herangezogen werden, hier ist aber, wie Hußmann betont, ein behutsames Vorgehen notwendig, da Forschungshefte sehr persönliche Dokumente sind. Alternative Prüfungsformen Zur Frage, warum man im Zusammenhang mit dem Einsatz von Computerwerkzeugen auch über andere Prüfungsformen als die üblichen Klassenarbeiten nachdenken sollte, schreibt Koller mit Blick auf das in Baden-Württemberg durchgeführte Notebook-Projekt PIMOKL: Schriftliche Gruppentests Werden Computerwerkzeuge im Mathematikunterricht eingesetzt, so vergrößert sich durch die Nutzung des neuen Experten Computerwerkzeug der Anteil an kooperativen Lern- und Arbeitsphasen. Using the new expert [... ] students 22 Es wird aber auch berichtet, dass Computerwerkzeuge dann in kurzen Tests zugelassen werden, wenn es darum geht Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit dem Computerwerkzeug abzuprüfen. 23 Die Hälfte bezieht sich hier auf die zur Verfügung stehende Arbeitszeit. 24 Vgl. hierzu Abschnitt Falls diese lange Prüfungszeit für den realen Schulalltag unrealistisch und nicht durchführbar erscheint, sei darauf verwiesen, dass etwa im Fach Deutsch dieser Zeitrahmen für Klassenarbeiten seit vielen Jahren durchaus üblich ist. 77

80 Jürgen Roth, Würzburg more often are working in pairs or groups often sharing their tasks, discussing mathematical problems, exploring mathematical themes together. This cooperative way of learning needs a suitable method of measuring students abilities and competence. (Heugl, 2000, S. 22) Um diesen Aspekts des Unterrichts auch in Prüfungen widerzuspiegeln wurden im österreichischen CA Projekt III schriftliche Gruppentests erprobt. Dabei wurden Prüfungsaufgaben in Gruppen schriftlich bearbeitet. Entscheidend für die Validität dieser Leistungsmessung ist, ob es gelingt, nicht nur die Gruppenkompetenz, sondern auch die Einzelkompetenzen zu messen. Als Regel gilt, dass für eine positive Note weder die Einzel- noch die Gruppenkompetenz negativ beurteilt sein darf. (Wurnig, 2004, S. 618) Diese Prüfungsform wurde von Schülerinnen und Schülern mehrheitlich befürwortet, während die beteiligten Lehrkräfte sie durchweg ablehnten. Letzteres lässt sich wahrscheinlich auf die Problematik der individuellen Leistungsbeurteilung im Zusammenhang mit diesen Tests zurückführen, für die offensichtlich noch keine praktikable Lösung gefunden wurde. Projektarbeit 26 Ein weiterer Ansatz, um insbesondere problemlösendes Arbeiten in Prüfungen aufnehmen zu können und den Schülerinnen und Schülern dabei die hierzu nötige Muße zu ermöglichen, ist die benotete Projektarbeit. Zu einem mathematischen Thema wird in Einzel- oder Gruppenarbeit im Unterricht und zum größten Teil zuhause eine Ausarbeitung in der Art einer Fach- oder Seminararbeit ( term paper ) erstellt. Gruppenarbeit wird besonders in großen Klassen wegen der zeitaufwändigen aber unabdingbaren Präsentation der Ergebnisse vorgeschlagen. Schülerinnen und Schüler müssen während der Projektarbeit einerseits bereits gelernte Inhalte anwenden, sich andererseits aber auch mit neuen Problemen und Inhalten auseinandersetzen. In die Bewertung gehen dabei folgende Aspekte ein: Observation of the learning process: The independent activity, the ideas of the Student, the necessary inputs of the teacher. Assessment of the results: 26 Vgl. Heugl (2000) und Wurnig (2004) 27 Vgl. den Bericht von Christine Bescherer in diesem Tagungsband auf Seite Vgl. (Hischer, 2002, S. 186) The quality of the term papers, the quality of the presentation, the competence during the discussion about the results. (Heugl, 2000, S. 21) Vorteile dieses Prüfungsmodells sieht Heugl u.a. darin, dass die Prüfungssituation kein singulärer, oft mit erheblichem Stress für die Schülerinnen und Schüler verbundener Akt mehr ist, eine innere Differenzierung möglich ist und neben mathematischen auch soziale und methodische Schlüsselqualifikationen in die Bewertung eingehen. In der Arbeitsgruppe Alternative Prüfungsformen 27 wurde ergänzend dazu diskutiert Gruppenaufgaben von kleineren Gruppen mehrere Stunden lang bearbeiten zu lassen. Dabei wird der gesamte Bearbeitungsprozess von zwei Lehrkräften unabhängig von einander anhand eines vorher aufgestellten Bewertungsrasters prozessbegleitend beurteilt. Am Ende soll sowohl eine Präsentation der Ergebnisse als auch ein Arbeitsbericht stehen, die beide in die Bewertung mit eingehen. Die hier aufgeführten Beispiele für alternative Prüfungsformen sollen nur exemplarische Denkanstöße geben. Über konkrete Ausgestaltungen und weitere kreative Ansätze muss sicher noch intensiv diskutiert werden. Unabhängig von der konkreten Prüfungsform sind allerdings einige Punkte grundsätzlich zu beachten: Wenn alternative Prüfungsformen von allen Beteiligten ernst genommen werden sollen, dann muss die Gewichtung der dabei erzielten Noten denen von Klassenarbeiten entsprechen. Die Schülerinnen und Schüler müssen langsam an die neuen Prüfungsformen herangeführt werden. Derartige Aspekte müssen auch ohne Prüfungssituation im Unterricht vorkommen. Bewertungskriterien müssen vorab bekannt, mit den Schülerinnen und Schülern besprochen und transparent sein. 4.5 Zusammenstellung von Chancen die der Einsatz von CW in Prüfungen eröffnet In Abwandlung eines Diskussionsbeitrags von Schupp 28 lässt sich folgendes konstatieren: Der Einsatz von Computerwerkzeugen in Prüfungen zwingt uns zum Nachdenken über Aspekte von Prüfungen, über die wir auch ohne Computerwerkzeuge längst hätten nachdenken sollen. Dazu gehört die Frage, welche Prüfungsformen und welche Aufgabentypen den aktuellen

81 Computerwerkzeuge und Prüfungen Probleme, Lösungsansätze und Chancen Unterrichtsschwerpunkten und zielen des Mathematikunterrichts angemessen sind. Damit können Computerwerkzeuge ein Katalysator dafür sein, bestehende Prüfungsformen durch weitere, eher prozessorientierte und mehr Muße für echtes mathematisches Arbeiten ermöglichende zu ergänzen bzw. deren Entwicklung und Konzeption anzustoßen. Prüfungen haben normierende Wirkung, denn sie vermitteln den Schülerinnen und Schülern (zentrale Prüfungen und Tests auch den Lehrerinnen und Lehrern) implizit, welches mathematische Wissen und welche Fähigkeiten honoriert werden und wie dieses Wissen dargestellt werden soll. Werden geeignete Aufgaben gestellt, so kann der Einsatz von CW in Prüfungen die Wertschätzung von kreativem, produktivem und entdeckendem Arbeiten und eine Verschiebung der Unterrichtsschwerpunkte weg von einer Kalkülorientierung hin zu mehr Analysen, Argumentationen und Problemlösungen initiieren. Das sollte dann auch zu einer reichhaltigeren Unterrichtskultur führen. All das gilt allerdings nur dann, wenn wir uns wirklich auf den Weg machen und die Weiterentwicklung von Prüfungskonzepten in Angriff nehmen. Literatur Baden-Württemberg, Landesmedienzentrum (2005): Musterlösung für pädagogische schulische Netzwerke. Stuttgart Ball, Lynda (2003): Communication of Mathematical Thinking in Examinations: Features of CAS and Non-CAS Student Written Records for a Common Year 12 Examination. The International Journal of Computer Algebra in Mathematics Education, 10(3), Barzel, Bärbel, Stephan Hußmann & Timo Leuders (2005): Computer, Internet & Co. im Mathematikunterricht. Berlin: Cornelson Scriptor Brown, Roger (2003): Computer Algebra Systems and Mathematics Examinations: a comparative study. The International Journal of Computer Algebra in Mathematics Education, 10(3), Büchter, Andreas & Timo Leuders (2005): Mathematikaufgaben selbst entwickeln - Lernen fördern - Leistung überprüfen. Berlin: Cornelson Scriptor Dörfler, Willi (1991): Der Computer als kognitives Werkzeug und kognitives Medium. In: Dörfler, Willi (Hg.): Computer Mensch Mathematik: Beiträge zum 6. Internationalen Symposium zur Didaktik der Mathematik, Universität Klagenfurt, , Wien: Hölder-Pichler-Tempsky, Dreeßen-Meyer, Günter & Angelika Reiß (2006): Mit Bausteinen spielen - Termeigenschaften mit dem Rechner entdecken. Mathematik lehren, 136, Flinn, Peter (2003a): Adapting Problems to Prove for CAS- Permitted Examinations. The International Journal of Computer Algebra in Mathematics Education, 10(2), Flinn, Peter (2003b): Using Assessment Principles to Evaluate CAS-Permitted Examinations. The International Journal of Computer Algebra in Mathematics Education, 10(3), Hagan, Claudia (2005): Mathematik in Notebook-Klassen der 7. und 8. Jahrgangsstufe. In: Bender, Peter, Wilfried Herget, Hans-Georg Weigand & Thomas Weth (Hg.): WWW und Mathematik - Lehren und Lernen im Internet. Bericht über die 21. Arbeitstagung des Arbeitskreises Mathematikunterricht und Informatik in der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik e. V. vom 26. bis 28. September 2003 in Dillingen, Hildesheim: Franzbecker, Herget, Wilfried, Helmut Heugl, Bernhard Kutzler & Eberhard Lehmann (2001): Welche handwerklichen Rechenkompetenzen sind im CAS-Zeitalter erforderlich? Der Mathematische und Naturwissenschaftliche Unterricht, 54(8), Heugl, Helmut (2000): New emphasis of fundametal algebraic competence and its influence in exam situation. URL portoroz/p00_heug.pdf Heugl, Helmut, Thomas Himmelbauer, Walter Klinger & Walter Wegscheider (2005): Elektronische Lernmedien im Mathematikunterricht (Projekt CA V) - Teil 8 Summary. URL 08summary.pdf Hischer, Horst (2002): Mathematikunterricht und Neue Medien - Hintergründe und Begründungen in Fachdidaktischer und fachübergreifender Sicht. Berlin: Franzbecker Hole, Volker (1998): Erfolgreicher Mathematikunterricht mit dem Computer - Methodische und didaktische Grundfragen in der Sekundarstufe I. Donauwörth: Auer Hußmann, Stephan (2003): Mathematik entdecken und erforschen I. Berlin: Cornelson Scriptor Koller, Dieter (1998): Neue Wege in der Mathematikdidaktik. URL ~za242/casimu/learn/referat.html Macintyre, Tom & Ian Forbes (2002): Algebraic Skills and CAS - Could Assessment Sabotage the Potential? The International Journal of Computer Algebra in Mathematics Education, 9(1), Meyer, Jörg (2005): Zu den Zielen des Mathematikunterrichts. Der Mathematikunterricht, 51(2-3), NCTM (2000): Principles and Standards for School Mathematics. Reston: National Council of Teachers of Mathematics Reimer, Rolf (1999): PIMOKL/CASIMU: Abschlussbericht über den Projektunterricht in der Sekundarstufe II in den Schuljahren 1996/97, 1997/98 und 1998/99. 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Journal für Mathematik-Didaktik, 27(2), Weigand, Hans-Georg & Thomas Weth (2002): Computer im Mathematikunterricht - Neue Wege zu alten Zielen. Berlin: Spektrum Akademischer Verlag Wurnig, Otto (2001): A summary about the experiences how to integrate personal computers and hand computers (TI-89/92) in Mathematical Education in Austria. URL acdca.ac.at/material/vortrag/sci2001.pdf Wurnig, Otto (2004): Neue Modelle zur Leistungsbeurteilung im CAS-integrierten Mathematikunterricht - Erfahrungen aus den CA-Projekten. In: Beiträge zum Mathematikunterricht 2004, Hildesheim: Franzbecker,

82 Jürgen Roth, Würzburg 80

83 Nichtlineare Iterationen und Fraktale, die Computerkinder Werden ihre Potentiale bei den augenblicklichen Erneuerungen des MU genügend berücksichtigt? Wilhelm Sternemann, Lüdinghausen Schon weil sie als selbstverständlich den Computereinsatz benötigt, ist die Mathematik von Chaos und Fraktal für den heutigen MU aktuell. Sie beinhaltet sowohl altbekannte, im MU etablierte, als auch neue, im MU weniger etablierte, moderne Mathematik. Gerade heute, wo manche Systeme unserer Welt außer Kontrolle zu geraten drohen, hat das Verständnis des Verhaltens von Dynamischen Systemen, wozu die Mathematik von Chaos und Fraktal gehört, besondere Relevanz. Im MU können diese Inhalte einen besonderen Beitrag zum Verstehen unserer Welt leisten. Durch die Besprechung einer kleinen Auswahl von (Klausur-)Aufgaben aus der Unterrichtspraxis wird versucht, obiges deutlich zu machen, insbesondere: dass wesentliche Teile davon für die Schule gut geeignet sind, dass damit wichtige prozessbezogene Kompetenzen des Begriffsbildens des Lehrplans auf nicht ersetzbare Art gefördert werden können, dass dabei die inhaltsbezogenen Kompetenzen Funktionen, Geometrie und Stochastik des Lehrplans erweitert werden, dass beim Arbeiten mit Prozessen und Systemen der Funktionsbegriff auf vielfältige Weise vertieft wird, dass auch, die Stochastik durch Phänomene beim deterministischen Chaos ergänzt werden kann. Die dargestellten Beispiele sind weitgehend bekannt mit der offen gelassenen Frage des Untertitels, ob ihre Möglichkeiten im MU genügend genutzt werden. 1 Einleitung Iterationen sind uralt. Als historisches Beispiel werden immer wieder gern die Pythagoräer mit dem heute sogenannten Euklidschen Algorithmus genannt, mit dem der größten gemeinsamen Teiler (das gemeinsame Maß) zweier Längen bestimmt wird. Bei dieser Gelegenheit wurde bekanntlich die Inkommensurabilität entdeckt und eine Grundlagenkrise von Mathematik und der Wissenschaft ausgelöst. Heute kennt jeder Iterationen unter den verschiedensten Bezeichnungen, ob sie nun Algorithmen, rekursive Folgen, Reihen oder Differenzengleichungen heißen, von der schriftlichen Division in der Grundschule über die Rentenrechnung bis hin zur bewährten Newtoniteration in der Oberstufe des Gymnasiums gibt es genügend Beispiele. In den letzten Jahrzehnten meist als diskrete dynamische Systeme bezeichnet, wurden zu Iterationen neue Perspektiven eröffnet. Der Computer ermöglichte neue Einblicke in ihre erstaunlich komplexe Verhaltensweisen schon bei einfachsten Iterationsvorschriften. Die diskreten dynamischen Systeme haben bekanntlich als Gegenstück die stetigen dynamischen Systeme. Hier fließt die Zeit passend zu unserer physikalischen Wahrnehmung nicht in diskreten Schritten sondern kontinuierlich bzw. stetig (mit x IR). Die stetigen Systeme sind meist durch Differentialgleichungen ausgedrückt und sie stehen zur Zeit m. E. stärker im mathematischen Rampenlicht. Zwischen den diskreten und stetigen Systemen gibt es Verbindungen (z.b. iterative Näherungslösungen, Poincaréschnitte u.a.) aber auch Trennendes (sogar Wesensunterschiede!). Zu den stetigen dynamischen Systemen sie sind meist durch Differentialgleichungen festgelegt wurden Unterrichtsmaterialien entwickelt, bei denen der Schüler Komplexität durch Vernetzung von sich gegenseitig beeinflussenden Größen begegnet. Die mathematischen Formeln werden in Diagrammen auf einer grafischen Oberfläche versteckt. Man spricht von systemischem bzw. vernetztem Denken (siehe Ossimitz). In der diskreten Dynamik ist es dagegen schon ausreichend, wenn man eindimensional nur eine (rückgekoppelte) Größe betrachtet. Der Schüler begegnet hier Komplexität nicht in der Vernetzung mehrerer Größen sondern im unerwarteten Verhalten der Prozesse, die er dann aber als normal verstehen lernt. Diese systemdynamischen Aspekte werden durch systemisches Denken im o.g. Sinne nicht abgedeckt. In diesem Beitrag werden zu den Iterationen Inhalte in Form von grundsätzlichen Aufgabentypen und -beispielen, erwachsen aus dem Unterricht in der Jahrgangsstufe 10, erläutert. Dabei wird auf einige Bezüge zu den gebräuchlichen Inhalten des MU (incl. fachbezogener Kompetenzen der Kernlehrpläne NRW) hingewiesen. Der Bezug zum Themenschwerpunkt dieser Tagung er- 81

84 Wilhelm Sternemann, Lüdinghausen gibt sich zwangsläufig, da Aufgaben und Klausuraufgaben kaum zu trennen sind. Die mathematischen Gegenstände beim Arbeiten mit dynamischen Systemen lassen sich nach vier Stufen ordnen. Sie lauten kurz zusammengefasst: 1. Zustand, 2. Prozess, 3. System, 4. Sich änderndes System. Kurz erläutert: 1. Zustände und ihr Zustandsraum bilden die Basis von Prozess und System. 2. Ein diskreter Prozess ist eine Folge von Zuständen. 3. Ein System entsteht durch freie Wahl des Startwertes, ist also eine durch den Parameter Startwert parametrisierte Prozessschar. 4. Zur Systemdynamik gehört darüber hinaus auch der Vorgang, dass sich ein ganzes System meist über einen reellen Parameter ändert, so dass man streng genommen ein System von Systemen betrachtet.bei jeder Stufe kommt ein neuer freier Parameter hinzu. Diese mathematische Stufung lässt sich auch als eine Stufung im Anspruchsniveau beim unterrichtlichen Arbeiten mit den Dynamischen Systemen oder auch als grobe Stufung des systemdynamischen Denkens benutzen. Zum Vergleich seien die entsprechenden Stufen bei Funktionen bzw. beim funktionalen Denken aufgelistet. Man sieht, dass die Stufe 4 bei den Funktionen im MU nicht vorkommt: 1. Zahl, 2. Funktion, 3. Funktionenschar, 4. Sich ändernde Funktionenschar. 2 Stufe 1 Iterationen durchführen Zustände erzeugen und darstellen Grundaufgabe Stufe 1. Bestimme zur Iteration Abbildung 12.1: Grundaufgabe Stufe 1 Das Ergebnis könnte zum Beispiel bei f (x) = cos(x) wie in Abb aussehen. Auch untalentierte Schüler lernen hierbei mathematisch etwas. Die unsinnig vielen Stellen, die der Taschenrechner liefert, müssen dann sinnvoll gerundet werden, z.b. für den Bedarf einer grafischen Darstellung (Abb. 12.2). Koordinatensysteme anzufertigen kann im MU nicht oft genug geübt werden. Schon bis hierhin wird der Kompetenzbereich Werkzeuge benutzen des Kernlehrplans auf mehreren Ebenen angesprochen. x n+1 = f (x n ) zum Startwert x 0 = 1 die folgenden Werte: x 1,x 2,...,x 6. Auch diese eher handwerkliche Grundaufgabe der untersten Stufe zu Iterationen in der Schule verdient Aufmerksamkeit. Ein besonders einfacher Weg wäre bestimmen, indem man wiederholt auf einer geeigneten TR-Taste tippt, die Display- Anzeige beobachtet und dies angemessenen dokumentiert. Die TR der jüngeren Generation erlauben dies nach Eingabe eines Startwertes durch einen Term cos(ans) (s. Beispiel in Abb. 12.1) mit der Variablen Ans = Anzeige und dem Betätigen der = -Taste. Auch das Heronverfahren in der Jgst. 9 oder die Newtoniteration in der Sek.II kann mit den heutigen Taschenrechnern so bequem wie nie zuvor durchgeführt werden. Abbildung 12.2: Graphische Darstellung zu Grundaufgabe Stufe 1 Natürlich bietet sich solche Kompetenzförderung auch bei dem Werkzeug Tabellenkalkulation an. Der MU ist heute dafür prädestiniert, 82

85 Nichtlineare Iterationen und Fraktale, die Computerkinder Werden ihre Potentiale bei den augenblicklichen Erneuerungen des MU genügend berücksichtigt? jeden gebildeten Menschen mit diesem heutigen Alltagshilfsmittel vertraut zu machen. Auch in einer weiteren Hinsicht erweitert der Schüler durch die Iterationen den mathematischen Erfahrungshorizont. Der Schüler stößt mit einer Iterationstabelle gegenüber der gewohnten Funktionstabelle auf eine weniger gewohnte Tabellenart. Beide Tabellen stehen in ihrer inneren Struktur gewissermaßen orthogonal zueinander. (Siehe Abb. 12.3!) In der gewohnten Zuordnungstabelle werden die Funktionswerte aus den Argumenten links daneben horizontal vernetzt und in der Iterationstabelle vertikal dazu iterativ unter Benutzung des darüberstehenden Vorgängers berechnet. Es ist der Unterschied zwischen Berechnung mit expliziter Formel und rekursiver Berechnung. Man braucht beide Arten. Im MU kommt letzteres im Vergleich eher zu selten vor. Manche Aufgaben in Intelligenztests Setze die Folge... fort. sind von der Art dieses rekursiven Denkens. ganz ohne Zahlen gearbeitet. Man benötigt keinen Funktionsterm, nur eine abgebildete beliebige Funktionskurve (Siehe Abb und 12.5). Im Schaubild wird abwechselnd die Rolle von Funktionswert und Argument geübt, und damit der Funktionsbegriff selbst auf mehrfache Weise gefestigt und vertieft. Abbildung 12.5: Lösung: Graphische Iteration Abbildung 12.3: Tabellen zu Grundaufgabe Stufe 1 Generell wird das Verständnis des Funktionsbegriffs auch allein dadurch verbessert, dass eine Funktion anders als gewohnt, als Operator erfahren wird und im Denken des Schülers weiter vernetzt wird. Auch ist die Iterationen einer Funktion eine Rückkopplung (Ausgabe wird wieder zur Eingabe) und damit eine Grundform der Vernetzung in Systemen und des algorithmischen Denkens. Alle bisher beschriebenen Aufgaben und Inhalte lassen sich gut ab der Klasse 8 den Lehrplan unterstützend bei Benutzung der in der jeweiligen Klassenstufe bekannten Funktionen in den MU einbauen. 3 Stufe 2 - Iterationen als dynamische. Prozesse Grundaufgabe Stufe 2. Beschreibe und erläutere das beobachtete Kurzzeit- und das (vermutete) Langzeitverhalten der Iteration xn+1 = f (xn ) zum Startwert x0 = 1 Abbildung 12.4: Aufgabenstellung: Graphische Iteration Anspruchsvoller ist die Durchführung als die bekannte grafische Iteration im sog. SpinnwebDiagramm: Hier wird rein qualitativ, zunächst Die der Stufe 1 zugeordnete Grunderfahrung, Zustände zu erzeugen und darzustellen, bedeutet noch nicht das eigentliche systemdynamische Denken. Sie bereitet es vor. Der Schüler wird mit dem Zustandsraum vertraut. Allerdings besteht die Trennung von Stufe 1 und der Stufe 2, die nun besprochen wird, nur theoretisch. Schon beim Durchführen von wenigen Iterationsschritten drängen sich dem Schüler Fragen danach auf, wie es wohl weitergeht. Vor allem mit Excel, wenn größere Datenmengen mit grafischer Darstellung entstehen, erkennt ein Schüler Muster, Tendenzen. Oft noch zwingender bei der eben geschilderten grafischen Iteration (Siehe z.b. Abb. 12.5). Dieser 83

86 Wilhelm Sternemann, Lüdinghausen Wechsel des Blickwinkels bedeutet den Übergang zur Stufe 2. Der Schüler macht den ersten Schritt, die Ergebnissse seiner Iteration aus der Distanz zu betrachten. Er soll im altersgemäßen Rahmen in den Zeitreihen (= Prozessen) Verhaltensmuster sehen, beschreiben und erklären. Hier beginnt systemdynamisches Denken, bzw. genauer gesagt: der dynamische Aspekt davon. Zunächst sei dieses dynamische Prozessdenken (künstlich) in verschiedene Einzeltätigkeiten auf den unterschiedlichsten Anspruchsniveaus unterteilt. Beobachten: In der gegebenen begrenzten Zeitreihe (der Anfangsiteration) Muster, qualitative Strukturen erkennen. Beschreiben Die erkannten Strukturen zunächst mit eigenen Worten verbalisieren und dann mit Fachbegriffen definieren. Nahvorhersage: Von den erkannten und beschriebenen Mustern wird automatisch auch erwartet, dass sie sich zumindest für die nächsten Iterationsschritte nicht ändern. Sie sind also auch Vorhersagen. Hier sind in vielen Fällen experimentelle Überprüfungen sinnvoll bzw. erforderlich. Langzeitverhalten: betrachten: Ähnlich wie bei dem Kurzzeitverhalten die Muster und Strukturen dafür zu ergänzen dass die Iteration unbegrenzt lange durchgeführt wird, was nur in Gedanken möglich ist. Wieder sollten Vermutungen mit eigenen Worten verbalisiert und möglichst präzise mit Fachausdrücken erfasst werden. Hier begegnet der Schüler dem Grenzwertbegriff bzw. dem Unendlichen in der Mathematik. Begründen und beweisen: Die mathematisch präzisierten Beobachtungen lassen sich in vielen Fällen, wie im folgenden noch durch Beispiele belegt wird, auf dem jeweiligen Level der Schüler mathematisch begründen oder streng beweisen, z.b. die Stabilität eines n-zyklus über die Ableitung im entspr. Fixpunkt der n-iterierten Funktion (auch unabhängig vom Experiment) Als zweites sei eine Liste von Verhaltensmustern skizziert, die die Schüler erkennen und beschreiben sollen. Dabei bleibt an dieser Stelle offen, wie man die Schüler im Einzelnen am nachhaltigsten die Prozesse beobachten und untersuchen lässt. Am Ende bleibt eine überschaubare Liste von Möglichkeiten, z.b.: Verhaltensmuster im Kurzzeitverhalten: konstant bzw. Fixpunktverhalten, (streng (monoton)) steigend/fallend, teilweise monoton (anfangs nicht, später doch) (streng) alternierend (streng) zweizyklisch andere Muster als alternierend streng dreizyklisch bzw. n-zyklisch unregelmäßig noch oben und unten schwankend gleichbleibende, stärker oder schwächer werdende Änderung,... Zusätzlich beim Langzeitverhalten: Fixpunkt- und streng zyklisches Verhalten sind automatisch schon Langzeitverhalten für unbegrenzte Zeit. Auch die anderen benannten Muster kann man sowohl zur Kurzzeit- als auch zur Langzeitbeschreibung von Prozessen benutzen. Beim Langzeitverhalten auf unbegrenzte Zeit kommen jedoch noch ganz neue Qualitäten hinzu, die im Umfeld des Grenzwertbegriffs liegen, ohne dass dieser jedes Mal streng definiert werden muss. Beschränkt/unbeschränkt sein (monoton/alternierend/... ) annähern an einen stabilen Fixpunkt. (monoton/alternierend/... ) entfernen von einem instabilen Fixpunkt. (monton/alternierend/unregelmäßig/... ) unbegrenzt sein annähern an einen stabilen Zweizyklus/n- Zyklus entfernen von einem instabilen Zweizyklus/n- Zyklus chaotisch, für alle Zeit in einem begrenzten Wertebereich unregelmäßig schwanken (siehe auch unten!)... Zunächst kommt es auf das Begreifen dieser Muster an, was mit geringem Anspruchsniveau möglich ist. Die Erkennbarkeit bzw. Unterscheidbarkeit der Muster hat allerdings ihre Grenzen z.b. bei großen Periodenlängen und Chaos. Auch der mathematische Nachweis kann zu beliebig hohen Anspruchsniveaus führen, der hier nicht als Unterrichtsziel gesehen wird. Andererseits gibt es auch viele für alle Schüler sehr gut machbare Ansätze z.b. bei Fixpunktnachweis und Fixpunktsuche Zweizyklennachweis u.a. Zur experimentellen Überprüfung der Vermutungen ist die Computernutzung unverzichtbar. Der Schüler vertieft seine Grundbildung in Excel, Derive u.a. Mathematisch gewinnbringend ist auch die Rundungsproblematik und damit auch die Grenzen des Computers beim scheinbaren Einrasten der Iteration im Fixpunkt oder Zyklus. 4 Ergänzung zu Stufe 2 Chaos und Phasenbild Zum chaotischen Verhalten einer Iteration können auf dem Level der Klasse 10 mehrere sinnvolle Experimente gemacht werden, die z.b. die Sensitivität(Schmetterlingseffekt) vertiefen. An die- 84

87 Nichtlineare Iterationen und Fraktale, die Computerkinder Werden ihre Potentiale bei den augenblicklichen Erneuerungen des MU genügend berücksichtigt? ser Stelle sei das sogenannte Phasenbild ( Returnmap ) ausgewählt, eine ganz elementare grafische Darstellungsform einer Iteration, welche viel zu wenig bekannt ist und in hervorragender Weise den Funktionsbegriff und den Determinismus bei chaotischem Verhalten deutlich machen kann. Man erzeugt diese grafische Darstellung, indem man in einem (x n, x n+1 )-Koordinatensystem zu zwei benachbarten Folgenwerten einen Punkt (x n, x n+1 ) zeichnet. Die Zeitachse zu der Zahlenfolge ist dabei verschwunden. Mit dem Phasenbild sollen hier zwei für den Schüler überraschende Erkenntnisse wiedergegeben werden. 4.1 Vom Chaos zum Phasenbild Die erste große Überraschung sei am Beispiel der Iteration von f (x) = x 2 2 erläutert. Aufgabe. a) Bestimme zur Iteration x n+1 = x 2 n 2 zum Startwert x 0 = 0,5 die die folgenden Werte x 1,x 2,...x 50 und stelle sie grafisch im (n,x n )-Diagramm dar. Eine mögliche Lösung (Excel): b) Stelle die gleichen Werte in einem Phasenbild dar, indem du die Punkte zu den Zahlenpaaren (x 0,x 1 ), (x 1,x 2 ),..., (x 49,x 50 ) in ein Koordinatensystem zeichnest. c) Beschreibe das, was überraschend an dem Phasenbild ist. Erkläre die besondere Form des Phasenbildes. Anmerkung: Die Darstellung im Phasenbild lässt sich gut mit Diagrammassistenten von Excel realisieren. Eine spannende Stunde ist auch ohne Computer im Gespräch mit der Klasse möglich. Anstelle von 50 oder viel mehr werden nur wenige z.b. 10 Punkte auf einer Folie auf dem Tageslichtschreiber eingetragen. Es dauert dann doch eine Weile bis die Schüler als erste große Überraschung merken, dass die vorher chaotisch umherspringenden Werte plötzlich auf einer absolut exakten Kurve liegen, die auch noch wie eine Parabel aussieht. Die Ermittlung der Gleichung dieser Parabel ist dann eine Anwendung des Wissens zu Parabeln aus der Klasse 9 und bringt die zweite Überraschung. Es ist das Schaubild der Iterationsfunktion. Dann kommt aber auch schon die Erklärung. Die Punkte (x n,x n+1 ) = (x n,f (x n )) müssen alle aus natürlichem Grund auf dem Grafen von f (x) liegen. Das Phasenbild zeigt die Iterationsfunktion. Das Phänomen, dass man eine ganze Kurve entdeckt, hat man dabei nur bei entsprechender Streuung der Wert, die beim chaotischen Verhalten am günstigsten ist. Gerade das Chaos selbst hilft, die dahinterliegende Ordnung, bzw. sein deterministisches Erzeugungsgesetz offen zu legen. Mit dem Phasenbild wird bewusst, dass das deterministische Chaos nur scheinbar chaotisch ist und nicht stochastisch sondern streng determiniert ist. 4.2 Vom Phasenbild zum Determinismus Das nächste überraschende Aha-Erlebnis entsteht nicht bei einem berechneten sondern bei einem in der Natur gemessenen Chaos. Um nicht von der Mathematik abzulenken, wird zunächst nicht verraten, was da gemessen wurde. Abbildung 12.6: Phasenbild mit Excel Aufgabe. Die Datenfolge x 1 bis x 55 wurde in einem naturwissenschaftlichen Experiment gemessen. In Abb sind die Daten in Normaldarstellung und darunter sind sie in einem (x n,x n+1 ) Phasenbild dargestellt. a) Erläutere, was man aus den beiden Bildern über die Natur der chaotischen Daten schließen kann? b) Der erste Wert der Datenreihe ist x Wie würde sich das Phasenbild verändern, wenn statt dessen ein anderer Startwert z.b. x gewählt würde? c) Erläutere in diesem Beispiel den so genannten Schmetterlingseffekt (Sensitivität), welche Eigenschaften des Graphen entscheidend sind für die Sensitivität. Warum ist es unwahrscheinlich, dass mit einer Wahl des Startwertes die Datenfolge konstant bleibt? d) Welche Möglichkeiten siehst Du, zu diesem Graphen einen möglichst gut passenden Funktionsterm zu finden? 85

88 Wilhelm Sternemann, Lüdinghausen Abbildung 12.7: Normaldarstellung einer physikalischen Messreihe Abbildung 12.9: Phasenbild mit Ausgleichskurve Abbildung 12.8: Phasenbild der Messung von Abb Zu c): Der freihändig eingezeichnete Graph in Abb liegt in einem Quadrat. Es wird durch den abstoßenden Fixpunkt links unten und dem Hochpunkt rechts daneben festgelegt (siehe Bild) und bildet ein Chaosgefängnis, so wie es mathematisch definierbar ist. Die steilen Stellen mit der Steigung größer als 1 verursachen das exponentielle Wachsen der Fehlerspanne, den Schmetterlingeffekt. Zu d): Modellierung? Sie ermöglicht einen Rechner-Zugriff auf eine qualitativ passende stetige Funktion. Es kommt nicht auf die Art der Formeln an, nicht auf numerische Werte. Es kommt auf qualitative (topologische!) Eigenschaften an, incl. der Lage relativ zur 45 -Linie, wo auch die Steigung in den Fixpunkten eine Rolle spielt. Zur Lösung: a) Die Punkte in Normaldarstellung (Abb. 12.7) zeigen einen unregelmäßigen Prozess ohne erkennbare Struktur. Die Punkte im Phasenbild liegen mit nur kleinen Störungen ziemlich deutlich erkennbar auf einem Funktionsgraphen. Wie aus dem Nichts tritt die zuvor völlig unsichtbare Funktion in Erscheinung, von der man keine Formel kennt sondern nur qualitativ die Silhouette eines Graphen. Zu jedem x n ist der Nachfolger x n+1 sogar ablesbar vorherbestimmt. Es handelt sich um deterministisches Chaos. Die qualitativ sichtbare Funktionslinie ist wie eine Iterationsfunktion anzusehen, ohne dass ein Term von ihr bekannt ist. Gute Möglichkeiten im Unterricht: 1. Polynomische Regressionskurve mit dem Excel-Grafikassistenten bestimmen (ab Klasse 10). 2. Parameteraufgabe für eine ganzrationale Funktion (in Klasse 11 mit Derive-Einsatz). 5 Stufe 3 Iterationen im System Grundaufgabe Stufe 3. Beschreibe und erkläre die verschiedenen Langzeitverhalten der Iterationen x n+1 = f (x n ) des Systems in Abhängigkeit von den Startwerten. 86

89 Nichtlineare Iterationen und Fraktale, die Computerkinder Werden ihre Potentiale bei den augenblicklichen Erneuerungen des MU genügend berücksichtigt? Abbildung 12.10: Aufgabe: Untersuche das durch einen Grafen der Iterationsfunktion gegebene System vollständig auf sein Langzeitverhalten in Abhängigkeit vom Startwert. Wie schon in der Einleitung kurz gesagt, wird aus einer Iteration dadurch ein System, dass man den Startwert ändert. Eigentlich ein kleiner Schritt, wo doch jeder Zwischenwert eines Prozesses als neuer Startwert angesehen werden kann. Stufe 2 und Stufe 3 sind also wiederum nur theoretisch zu trennen. Aber der Schritt bedeutet eine neue Sichtweise. Man hat mehrere Iterationen (Prozesse) nebeneinander mit weiterhin unveränderter Iterationsvorschrift. Jeder Startwert hat sein determiniertes Langzeitverhalten. Die Lösung der Grundaufgabe besteht also darin, dass man lückenlos für alle Startwerte (= alle möglichen Zustände) ihr jeweiliges Langzeitverhalten angibt. Dieses geänderte Ziel bedeutet genau den Übergang zum systemdynamischen Denken. Damit ist nicht das systemische bzw. vernetzte Denken gemeint. Die zweite Frage ist, wie man ein solches Ergebnis der Grundaufgabe übersichtlich darstellt. Viele verschiedene Startwerte werden normalerweise nur wenige verschiedene Langzeitverhalten haben. Die Langzeitverhalten erzeugen eine Klasseneinteilung der Startwerte. Bei deren Darstellung kann der Schüler zum einen eine formal korrekte und lückenlose Fallunterscheidung notieren oder zum anderen in einem geometrischen Überblick ein System von Punkten Strecken auf dem Zahlenstrahl zeichnen. Letzteres bietet sich automatisch bei der grafischen Iteration an. Beide Versionen haben ihren Nutzen und sind dem Schüler nicht vorzuenthalten. Abbildung 12.11: Grafischer Teil der Lösung der Aufgabe Abb zu einem nichtlinearen System. Zwei Einzugsbereiche mischen sich unendlich eng an der Stelle x3 = 8,5. Hinzu kommt für den Schüler eine verbale Beschreibung und Erläuterung des Bildes. Das abgebildete Beispiel ist schon ein wenig komplexer. Es gibt streng genommen sechs mögliche Langzeitverhalten, wenn man die eher theoretischen drei Fixpunktverhalten an singulären Stellen mitzählt. Einer der drei Fixpunkte ist anziehend und erzeugt in dem System einen Bereich mit beschränktem alternierenden konvergenten Langzeitverhalten. Dieser Einzugsbereich ist unendlich filigran mit dem Einzugsbereich von Minus Unendlich verzahnt, so dass man dem Phänomen der Fraktale am Rande begegnet. Cantorstaubartige Figuren lassen sich gut auch von Schülern der Klasse 10 qualitativ beschreiben. Dieses Beispiel ist völlig losgelöst von jeder Anwendung. Die gleiche Fragestellung kann aber zu dem im Phasenbild entlarvten System des chaotischen tropfenden Wasserhahns (Abb. 12.9) gestellt werden. Hier ist die Dynamik, soweit sie sichtbar gemacht werden konnte, anders. Die Funktionskurve dort bildet mit den beiden abstoßenden Fixpunkten ein geschlossenes Chaosgefängnis, welches für die Schüler Klasse 10 ein beschreibbares und nachweisbares Erkennungsmerkmal für Chaos ist. Bei dieser Aufgabenart tritt der Computer, ohne den ein Kennenlernen der Phänomene nicht möglich ist, in den Hintergrund. Die Lösung ist eine Untersuchung geometrischer, topologischer Art, die durch einen mathematischer Aufsatz ergänzt wird. Zum Abschluss sei eine Auswahl grundlegender Systembegriffe aufgelistet und zwei Aufgabenbeispiele abgebildet. Einzugsgebiete zu stabilen Fixpunktes, Zyklen, Chaosbereichen. Rückwärtsorbit eines Zustands (vor allem eines 87

90 Wilhelm Sternemann, Lüdinghausen abstoßenden Fixpunktes). Attraktoren: stabile unentrinnbare Bereiche ( Gefängnisse z.b. stabile Fixpunkte, stabile Zyklen, Chaosbereiche). Fraktale: Einzugsgebiete haben bei nichtlinearen Systemen häufig eine komplizierte geometrische Struktur und untereinander filigran verzahnt sein (Cantorstaub).... Die Liste an interessanten Phänomenen ließe sich verlängern, wenn man etwa an Intermittenzverhalten oder koexistierende Attraktoren denkt. Natürlich muss aus den vielen für die Schüler verstehbaren Dingen eine Auswahl getroffen werden. Für das Mathematiklernen geben die Fraktale noch vieles her. Unter anderem treten beim Zoomen von Bildern die Rundungsproblematik und damit die Grenzen des Computers eindrucksvoll in Erscheinung. 6 Stufe 4 Systeme, die sich ändern Grundaufgabe Stufe 4. Beschreibe und erkläre die im Bifurkationsdiagramm (= Feigenbaumdiagramm) zu sehenden verschiedenen Langzeitverhalten und auch die (Bifurkations-) Stellen, wo sich das jeweilige Langzeitverhalten des Systems qualitativ ändert? Abbildung 12.12: Ein Feigenbaumdiagramm der Systeme f (x) = x 2 +c, wobei c von - 2,0 bis 0,25 Die Stufe 4 liegt dann vor, wenn sich das System bei uns die Iterationsfunktion ändert und man die veränderten Systeme nebeneinander sieht also als eine System von Systemen. Etwas Ähnliches begegnet den Schülern in Form von Funktionsscharen. Bei einer Systemschar bilden die Iterationsfunktionen eine Funktionenschar. Bei den Iterationen kam man automatisch zu einer ersten solchen Systemschar wenn man was umumgänglich ist die Iterationen von linearen Funktionen im Überblick betrachtet, z. B. x n+1 = ax n + k für k = 1 und alle Werte von a. Das ganze System ändert sich mit der Zeit bzw. mit einem reellen Parameter. In dieser Stufe 4 möchte man auch einen Überblick über alle Langzeitverhalten jeweils von allen sich ändernden Systems. Hier erreicht das Komplexitätsniveau automatisch ein höheres Level. Es sind die Anforderungen an den Schüler, einen komplexen Sachzusammenhang zu strukturieren und strukturiert darzustellen und mitzuteilen. Als Aufgabenart ist auch hier, wie schon bei Stufe 3 der mathematische Aufsatz nicht zu vermeiden. Als grafisches Hilfsmittel steht aus der Theorie der nichtlinearen dynamischen Systeme ( Chaostheorie ) das Bifurkationsdiagramm ( Feigenbaumdiagramm ) zur Verfügung. Ein Beispiel zu der Sytemschar f (x) = x 2 + c ist abgebildet. Bevor der Schüler die dortige Grundaufgabe bearbeitet, muss er auch die Erzeugungstechnik eines solchen Diagramms erklären können. Man sieht längst nicht alles! Das Verständnis dafür, wie ein Feigenbaumdiagramm erzeugt wird, was es darstellt und was nicht, dessen Grenzen der Interpretation und Anwendbarkeit haben sich in der Klasse 10 als gut machbar erwiesen (z.b. dass zu jedem Wert des Parameters orthogonal ein angenähertes Bild eines der möglichen Langzeitverhalten gezeichnet wird, und nur, falls dies beschränkt ist und in dem gewählten Skalenbereich liegt, oder dass es rechentechnisch bedingte Bildstörungen gibt, die mit der begrenzten Stellenzahl des Rechners und auch mit der begrenzten Pixelauflösung des Computers entstehen, und dass mehrere Berechnungsarten von Feigenbaumdiagrammen gibt, die sich unterschiedlich auf solche Fehler auswirken). Die wichtigste Aufgabe für Schüler ab der Klasse 10 ist dann das Beschreiben der im Feigenbaumdiagramm zu sehenden Phänomene. Eine Auswahl von systemdynamischen Stichworten: Bifurkationen im Sinne von singulären Stellen des Systemparameters, an denen sich das Langzeitverhalten qualitativ verändert. Katastrophen = Umkippen von Stabilität in Chaos als besondere Bifurkation. Gabelbifurkation und ihre Kaskaden mit Periodenverdopplung, Feigenbaumkonstante. Intermittenz: Die Iteration ist in einem "Kastennur fast gefangen und findet immer wieder raus. Koexistierende Attraktoren: Je nach Startwert erhält man völlig verschiedene Feigenbaumdiagramme. Sog. Ordnungsfenster mit Berechnung des superstabilen Zyklusses darin: Auch hier erfährt der Schüler neue Grenzen des Rechnens. Durch die Möglichkeiten mit DE- RIVE erfährt er, dass mathematische Formeln so komplex werden können, dass sie 88

91 Nichtlineare Iterationen und Fraktale, die Computerkinder Werden ihre Potentiale bei den augenblicklichen Erneuerungen des MU genügend berücksichtigt? nutzlos und auch sinnlos sind. Alle diese Dinge können als experimentelle Erfahrungen geschildert werden und durch numerische Beobachtung mit dem Rechner bestätigt werden. Etwa einzelne Bifurkationsstellen bzw. Katastrophenstellen. Die Dinge sind als prozesshafte Änderungen eines Systems zu beschreiben, die durch Experimente unterstützt wurden. Allerdings sind die mathematisch strengen rechnerischen Begründungen und Beweise meist eher für den Analysisunterricht der Oberstufe geeignet, wo man die Ableitung kennt, und auch dort sind sie auf einzelne Phänomene beschränkt. Aufgabe. Erläutere: a) Warum kann man das Bild der Messreihe von Wassertropfen als ein Feigenbaumdiagramm bezeichnen. Welcher der bekannten Berechnungsmethoden entspricht es? b) Welche der aus dem Feigenbaumdiagramm bekannten Phänomene kann man hier mehr oder weniger prägnant wiedererkennen? 7 Schlussbemerkung Für eine entprechende Diskussion zu Fraktalen bleibt hier kein Platz mehr. Der Autor möchte davon überzeugen, dass dieses aktuelle Themengebiet nicht zu schwer ist und den Schülern nicht vorenthalten werden darf. Relevante naturwissenschaftliche weitere Beispiele von der Art der Wassertropfenmessung sind zu wünschen. Aber auch ohne sie lassen die rein mathematischen Modelle Schlüsse auf die Systeme der Natur zu und helfen die Welt besser zu verstehen... Abbildung 12.13: Ein Feigenbaumdiagramm als Ausschnitt einer Messung zum Wassertropfenexperiment Literatur Peitgen, Heinz-Otto, Hartmut Jürgens & Dietmar Saupe (1992): Bausteine des Chaos - Fraktale. Berlin: Springer Klett Cotta Sternemann, Wilhelm (2007): Nichtlineare Iterationen und Fraktale, die Computerkinder. In: Kortenkamp, Ulrich, Hans- Georg Weigand & Thomas Weth (Hg.): Computerwerkzeuge und Prüfungen, Berlin: Franzbecker 89

92 Wilhelm Sternemann, Lüdinghausen 90

93 Der bayerische M 3 Modellversuch Medienintegration im Mathematikunterricht Zum Einsatz von Taschencomputern in den Jahrgangsstufen Hans-Georg Weigand, Würzburg Der bayerische Modellversuch Medienintegration im Mathematikunterricht M 3 wird im Auftrag des bayerischen Kultusministeriums durchgeführt und von Texas Instruments finanziell unterstützt. Er begann im Schuljahr 2003/04, als sechs 10. Klassen mit dem Rechner Voyage 200 ausgestattet wurden und den Rechner über das gesamte Jahr zur Verfügung hatten. Der Versuche wurde im Schuljahr 2004/05 auf zehn Klassen ausgeweitet. Mit dem Schuljahr 2006/07 wurde der Versuch auf die 11. Jahrgangsstufe ausgedehnt und die Schüler können den Rechner in der gesamten Oberstufe einsetzen. 1 Empirische Untersuchungen zum CAS-Einsatz im Mathematikunterricht Es gibt mittlerweile zahlreiche empirische Untersuchungen zum CAS-Einsatz im Mathematikunterricht (etwa Rasfeld (1999), Weigand (1999), Schneider (2000), Barzel & Möller (2001),Drijvers (2003), Pierce & Stacey (2004), Guin et al. (2005)). Die zentralen Ergebnisse dieser Projekte haben sich mittlerweile auch in anderen Untersuchungen weltweit bestätigt. Beim CAS-Einsatz kommt dem Arbeiten mit Darstellungen eine größere Bedeutung zu, es wird verstärkt experimentell gearbeitet, indem Vermutungen durch (systematisches) Probieren erhalten werden und es treten vermehrt selbsttätiges Arbeiten und kooperative Arbeitsformen auf. Viele empirische Untersuchungen in diesem Bereich beschränken sich allerdings auf einen Einsatz des Rechners über lediglich einige Wochen wohingegen es noch an Erfahrungen mit dem langfristigen Einsatz mangelt. 1 Gegenwärtig schreitet die Integration der Taschencomputer in den normalen Mathematikunterricht fort. In allen Bundesländern in Deutschland gibt es mittlerweile zumindest Pilotprojekte zum Einsatz von TC und GTR (Griebel, 2005). Dabei geht es zum einen um die Frage nach der Praktikabilität des Einsatzes im Unterricht, zum anderen stehen aber Fragen im Vordergrund, wie der TC in Prüfungen eingesetzt werden kann und wie sich Prüfungsaufgaben und Leistungen der Schülerinnen und Schüler verändern. Im Folgenden wird ein langfristiger Unterrichtsversuchs zum TC-Einsatz im bayerischen Gymnasium beschrieben, der Bedingungen und Möglichkeiten des Einsatzes von Taschencomputer im Unterricht und in Prüfungen aufzeigen soll. 2 Der Unterrichtsversuch Der Unterrichtsversuch begann im Schuljahr 2003/04. In sechs 10. Klassen (im Folgenden als CAS-Klassen bezeichnet) an drei bayerischen Gymnasien (insgesamt 137 Schülerinnen und Schüler) wurde über ein Jahr hinweg der TI Voyage 200 (im Folgenden als TC Taschencomputer bezeichnet) im Unterricht und in Prüfungen eingesetzt. Die Schülerinnen und Schüler dieser Klassen hatten keine Erfahrungen mit dem CAS-Einsatz. Als Kontrollklassen wurden vier 10. Klassen (121 Schülerinnen und Schüler) an drei bayerischen Gymnasien in den Test einbezogen. Der Schulversuch wurde im Schuljahr 2004/05 mit zehn 10. Klassen wiederholt (118 Schüler in der TC-Klassen und 126 Schüler in den Kontrollklassen), und im Schuljahr 2005/06 mit Klassen (257 Schüler in den TC- und 145 in den Kontrollklassen). Gegenwärtig wird das Projekt in den Jahrgangsstufen 11, 12 und 13 fortgesetzt. Folgende Inhalte werden in Bayern in der 10. Klasse unterrichtet: Rechnen mit Potenzen und Potenzgesetze Potenzfunktionen Folgen und Reihen 2 Exponential- und Logarithmusfunktionen Kreismessung Trigonometrie Volumen und Oberfläche von Zylinder, Kegel und Kugel Die durchgeführte Evaluation sollte Antworten auf folgende Fragen liefern: 1. Lassen sich hinsichtlich zentraler mathematischer Fähigkeiten (Termumformungen, Interpretieren von Graphen, Lösen von Gleichungen, Arbeiten mit Tabellen, Arbeiten mit Formeln) nach einem Jahr Unterschiede zwischen den Modell- und den Kontrollklassen feststel- 1 Ein Beispiel für einen derartigen langfristigen Einsatz ist die Untersuchung von Kendal & Kaye (2002), die Unterrichtsveränderungen von zwei Lehrerinnen beim CAS-Einsatz über zwei Jahre hinweg begleitet und untersucht haben. 2 In den verschiedenen Klassen wurden Folgen und Reihen unterschiedliche Bedeutung beigemessen. In einer Klasse sind rekursiv definierte Folgen und Reihen sehr ausführlich behandelt worden. Im bayerischen Lehrplan sind dagegen nur geometrische Folgen explizit als verbindlicher Inhalt vorgegeben. 91

94 Hans-Georg Weigand, Würzburg len? 2. Lassen sich bei den Versuchsklassen unterschiedliche Auswirkungen des TC-Einsatzes bei guten und schlechten Schülerinnen und Schülern 3 feststellen? 3. Wie verändern die unterrichtenden Lehrer die Prüfungsaufgaben in den TC-Klassen? 4. Welche Einstellungen entwickeln die Schülerinnen und Schülern der Versuchsklassen zu dem neuen Werkzeug? 5. Welche Kompetenzen entwickeln die Schülerinnen und Schüler bzgl. des Umgangs mit dem TC? 6. Welche Unterrichtsmethodik und Unterrichtsformen herrschen in den TC-Klassen vor? Testinstrumente Die Fragen 1 und 2 wurden durch eine klassische Vor- und Nachtestreihe in Experimental- und Kontrollklassen beantwortet. Dabei wurden beide Tests von allen Klassen mit Papier und Bleistift geschrieben, die Benutzung des Rechners war hier nicht erlaubt. Zur Beantwortung der 3. Frage wurden die Prüfungsaufgaben nachträglich durch ein externes Expertenurteil eingeschätzt. Zu der 4. Frage wurde ein Fragebogen mit Antworten im Rahmen einer 5-stufigen Rating-Skala und Fragen mit offenen verbalen Antworten entwickelt. Zur Beantwortung der 5. Frage wurde ein Test am Ende des Schuljahres geschrieben, bei dem der TC verwendet werden durfte und zur Beantwortung der 6. Frage führten die Lehrer in den Modell-Klassen Stundenprotokolle, in denen Thema der Stunde, Unterrichtszeit mit TC-Einsatz und Art des Einsatzes festgehalten wurden. 3 Ergebnisse 3.1 Vor- und Nachtests Zu Beginn und am Ende der jeweiligen Schuljahre wurden von den TC-Klassen und den Kontrollklassen je ein Vortest und ein Nachtest geschrieben. 4 Die Tests wurden von Jahr zu Jahr nur wenig verändert. Im Folgenden sind die Testergebnisse der TC-Gruppe und der Kontrollgruppe für das Schuljahr 2005/06 gegenübergestellt. Es soll hier genügen, die zentralen Ergebnisse stichwortartig aufzulisten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Schülerinnen und Schüler der TC-Klassen auch beim traditionellen (d.h. mit Papier und Bleistift) Arbeiten mit Funktionsgraphen einen höheren Leistungszuwachs gegenüber den Kontrollklassen (ohne TC) erzielt haben. 5 Es lassen sich keine Unterschiede zwischen TC- und Kontrollklassen beim Arbeiten (mit Papier und Bleistift) mit Variablen, Termen und Tabellen feststellen. Dies entkräftet ein immer wieder angeführtes Argument, dass algebraische Fertigkeiten beim Rechnereinsatz unterentwickelt bleiben. Es zeigt sich aber eine Verschlechterung der Leistungen der Modell-Klassen beim Lösen von Gleichungen. Abbildung 13.1: Vergleich der Testergebnisse von TC- und Kontrollgruppe im Schuljahr 2005/06 Beim Interpretieren von und Arbeiten mit Graphen erzielten die TC-Klassen (teilweise signifikant) bessere Ergebnisse. Beim Arbeiten mit Tabellen, etwa beim Auffinden von Gesetzmäßigkeiten aus gegebenen Tabellen, erzielten die Kontrollklassen teilweise signifikant bessere Ergebnisse. Erstaunlich ist das schlechtere Abschneiden der TC-Klassen beim Lösen von (einfachen) Gleichungen der Art x 2 + 5x = 0 oder sinx = 0,5. Die Gründe für die letzten beiden Ergebnisse lassen sich aus den vorliegenden Daten nicht ableiten, sie sollen im weiteren Verlauf des Versuchs herausgefunden werden. 3.2 Vergleich zwischen leistungsschwachen und -starken Schülerinnen und Schülern Es lässt sich feststellen, dass der Schereneffekt, dass nämlich die guten Schülerinnen und Schüler noch zusätzlich gefördert und die schwachen Schülerinnen und Schüler noch schwächer werden, hier nicht eingetreten ist. Vielmehr ist ein Leistungszuwachs vor allem bei den schwachen und mittleren Schülergruppen festzustellen, wohingegen die guten Schülerinnen und Schüler sich nur wenig verbessern. 3 Die verwendeten Leistungsbezeichnungen gut und schlecht beziehen sich dabei auf die Ergebnisse des Eingangstests. 4 Die Aufgaben finden Sie unter soest 5 Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass der Rechner bei Vor- und Nachtest nicht verwendet werden durfte. 92

95 Der bayerische M 3 Modellversuch Medienintegration im Mathematikunterricht Zum Einsatz von Taschencomputern in den Jahrgangsstufen Abbildung 13.2: Vergleich von Leistungsgruppen der Kontroll-Klassen bei Vor- und Nachtest im Schuljahr 2004/05 Erstaunlich ist sicherlich die geringe Verbesserung der guten Schüler in den TC-Klassen. Möglicherweise ist dieses Ergebnis damit zu erklären, dass diese Schüler durch die weitgehend traditionellen Aufgaben des ohne TC geschriebenen Tests nicht genügend motiviert und herausgefordert wurden. Es könnte also ein Desinteresse an derartigen Aufgaben vorliegen, wenn während des Jahres weitaus interessantere Aufgaben mit dem TC bearbeitet worden sind. Abbildung 13.3: Vergleich von Leistungsgruppen der TC-Klassen bei Vor- und Nachtest im Schuljahr 2004/ Schüler-Fragebogen Von den CAS-Klassen wurde ein Fragebogen zur Einschätzung des Unterrichts mit dem TC ausgefüllt. Die Schülerinnen und Schüler sollten zunächst Aussagen zum TC-Einsatz in einer 5-stufigen Rating-Skala bewerten 6 und anschließend noch drei Fragen mit offenen Antworten zum Einsatz des TC beantworten. Die folgende Tabelle zeigt die Verteilungen in Prozent aus dem Schuljahr 2003/04, für die weiteren Jahre haben wir ähnliche Ergebnisse erhalten: 7 Die Ergebnisse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Im Allgemeinen schätzen die Schülerinnen und Schüler den Unterricht mit dem TC interessanter (1) und abwechslungsreicher (3) ein. Der Einsatz des TC ermöglicht den Schülerinnen und Schülern eine neue Seite der Mathematik kennen zu lernen (6). Etwa die Hälfte der Schülerinnen und Schüler empfindet eine Erleichterung durch den Gebrauch des Taschencomputers gegenüber dem rechnerfreien Mathematikunterricht (2). Die Schülerinnen und Schüler sind nicht der Meinung, dass sie im Unterricht mit dem TC mehr gelernt haben (4) oder dass sie aktiver waren (7). Ebenso stimmen Sie mehrheitlich nicht der Meinung zu, dass ihnen Mathematik mehr Freude bereitet hat (5). Die Schülerinnen und Schüler nutzten den Rechner häufig für ihre Hausaufgaben (11) Hinsichtlich einer weitergehenden Beschäftigung mit dem Rechner lassen sich zwei Gruppen unterscheiden: Über ein Drittel der Schülerinnen und Schüler arbeitet über Unterricht und Hausaufgaben hinaus mit dem Gerät, wohingegen etwa die Hälfte diese Frage verneint (8). Diese Aufteilung in zwei Gruppen zeigt sich sowohl bei den Fragen nach dem Wunsch einer weiteren Benutzung des Gerätes (9, 10), als auch bei Fragen nach Schwierigkeiten mit der Bedienung des Gerätes (12, 13). Die Antworten zu den Fragen 8-13 lassen eine deutliche Polarisierung in zwei Gruppen erkennen. Eine Gruppe, die gerne mit dem TC arbeitet, sich über den Unterricht hinaus mit dem Gerät beschäftigt, keine größeren Schwierigkeiten mit der Bedienung des Gerätes hat und den Rechner auch weiterhin benutzen möchte. Die Schülerinnen und Schüler der anderen Gruppe empfinden weniger Freude am Arbeiten mit dem Rechner, sie haben sich wenig über den Unterricht hinaus mit dem Gerät beschäftigt und haben Schwierigkeiten bei der Bedienung des Gerätes. 3.4 Stundenprotokolle Die Lehrer der Modellklassen führten im Schuljahr 2003/2004 Protokoll über den Einsatz des TC im Mathematikunterricht, indem sie behandelte Themen, Zeitumfang, Unterrichtsform des CAS- Einsatzes und verwendete CAS-Fenster stundenweise in verschiedenen Unterrichtsphasen festhielten. Die Einträge wurden von den Lehrern im Allgemeinen nach dem Unterricht vorgenommen und erlauben deshalb nur eine grobe Einschätzung des zeitlichen Umfangs des CAS-Einsatzes. Die Aus- 6 ++: trifft völlig zu, +: trifft zu; o: es war kein Unterschied; -: trifft nicht zu; - -: trifft überhaupt nicht zu. 7 Werte auf ganze Zahlen gerundet. 93

96 Hans-Georg Weigand, Würzburg Abbildung 13.4: Auswertung des Schüler-Fragebogens Abbildung 13.5: Ausschnitt aus dem Lehrer-Stundenprotokoll 94

97 Der bayerische M 3 Modellversuch Medienintegration im Mathematikunterricht Zum Einsatz von Taschencomputern in den Jahrgangsstufen wertung der Stundenprotokolle ergab, dass in etwa der Hälfte der Mathematikstunden der TC genutzt wurde. In diesen Stunden stand wiederum etwa die Hälfte der Anteile der Unterrichtszeit in Beziehung zu diesem Gerät. Dies bedeutet nicht, dass während dieser Zeit ständig der Rechner benutzt wurde, sondern dass im Rahmen dieser Unterrichtsphase auch der Rechner benutzt wurde. 8 Hinsichtlich der gewählten Unterrichtsformen beim TC-Einsatz lässt sich feststellen, dass in etwa 30 % der Stunden (u. a.) Partner- bzw. Gruppenarbeit und in ebenfalls etwa 30 % der Stunden individuelles Arbeiten oder ein Schülervortrag vorkamen. Auch wenn aufgrund dieser Daten keine gesicherte empirische Aussage möglich ist, 9 so lässt sich durch den Vergleich mit Aufzeichnungen des traditionellen (d.h. rechnerfreien) deutschsprachigen Mathematikunterrichts (Nocker (1996), TIMSS-Video-Studie in (Baumert & Lehmann et al., 1997, S.231 f.)) zumindest die Hypothese aufstellen, dass der Rechner ein Katalysator für Unterrichtsformen ist, die immer wieder gerade in der TIMSS- und PISA- Diskussion insbesondere für den deutschen Mathematikunterricht gefordert werden. 3.5 Jungen und Mädchen Abbildung 13.6: Leistungsunterschiede zwischen Vortest und Nachtest Jungen Der Vergleich zwischen den Leistungsunterschieden zwischen Jungen und Mädchen beim Vor- und beim Nachtest zeigt bei einigen Aufgaben deutliche Unterschiede. So verbessern sich etwa bei Aufgabe 2, bei der ein Term in einer einzeiligen Schreibweise analog der Rechnereingabe geschrieben werden sollte, die Jungen stärker als die Mädchen. Dagegen verbessern sich Mädchen stärker bei Aufgaben mit kreativen Anteilen, etwa bei Aufgabe 7, bei der eine Funktionsvorschrift aus gegebenen Tabellenwerten entwickelt werden sollte. Weiterhin auffällig ist das aus den vorliegenden Daten nicht erklärbare starke Verbessern vor allem der Mädchen der Kontrollklassen bei den Aufgaben 4 bis 7. Keine Unterschiede zeigen sich bei den Aufgaben zum Lösen von Gleichungen (Aufgaben 9 bis 11). Abbildung 13.7: Leistungsunterschiede zwischen Vortest und Nachtest Mädchen 4 Test mit CAS Der Einsatz von TC und CAS in schriftlichen Prüfungen ist mittlerweile schon vielfach untersucht worden. Weitgehend übereinstimmend sind die Ergebnisse dahingehend (etwa Brown, 2003), dass sich Struktur und Typen der Fragen gegenüber den früheren CAS-freien Prüfungen zwar nicht wesentlich verändern, dass durch den CAS-Einsatz aber Schülerinnen und Schülern eine größere Vielfalt an Lösungsstrategien ermöglicht wird und sie ihre Strategien dadurch individuell auswählen können. Dies bedeutet insbesondere für die Aufgabensteller, dass sie auch im Hinblick auf die Bewertung mit Aufgaben einhergehende mögliche Lösungsstrategien beim Erstellen der Aufgaben mitbedenken müssen. Gerade im Zusammenhang mit den gegenwärtigen Diskussionen um offene Aufgaben, um eine größere Selbsttätigkeit der Schülerinnen und Schüler, um produktive Aufgaben sowie einen aktiv-entdeckenden Unterricht gewinnen derartige Arbeitsweisen in Prüfungen als Katalysator für eine veränderte Unterrichtsgestaltung an Bedeutung. Es wurde ein Test entwickelt, der insbesondere die beiden Fragen beantworten sollte: Wie verwenden die Schüler den TC? Welche Strategien (symbolisch, graphisch, numerisch) wenden Sie beim Lösen von Problemen an? 8 Dies kann eine Demonstration mit dem Display seitens des Lehrers oder eines Schüler, das gelegentliche Benutzen des Rechners bei einzelnen Schülern oder auch ein systematisches Arbeiten der ganzen Klasse mit dem Rechner bedeuten. 9 Hierzu bedürfte es genauerer zeitlicher Aufzeichnungen der entsprechenden Sozialformen in Experimental- und Kontrollklassen. 95

98 Hans-Georg Weigand, Würzburg Beispiele aus dem Test: Gegeben ist die Gleichung cos( 1 5 x) = x3 über der Grundmenge R. Wie viele Lösungen hat diese Gleichung? Begründen Sie! 2. Gegeben sind zwei Funktionen f und g mit f (x) = sin(x) + 1 und g(x) = 2 x. a) Begründen Sie rechnerisch, dass der Punkt P(0;1) ein Schnittpunkt der beiden Graphen ist! b) Wir betrachten die beiden Funktionen f und g im Definitionsbereich 3,5 < x < 3,5. Ermitteln Sie näherungsweise die Koordinaten der restlichen Schnittpunkte im vorgegebenen Definitionsbereich! Beschreiben Sie auch Ihre Vorgehensweise mit dem Taschencomputer! c) Wie viele Schnittpunkte haben die beiden Funktionen im Bereich 10 < x < 10. Begründen Sie! Es zeigt sich, dass die gewählten Strategien weniger von der Art der Problemstellung, als vielmehr von der Formulierung der Problemstellung abhängen. So scheinen etwa das Lösen der Gleichung cos( 1 5 x) = x3 einerseits (Aufgabe 1) und das Bestimmen von Schnittpunkten der Graphen der beiden Funktionen mit f (x) = sin(x) + 1 und g(x) = 2 x andererseits (Aufgabe 2) für die Schüler verschiedene Problemstellungen zu sein. Die erste Aufgabe wird weitgehend mit dem Löse- Befehl des TC, während die zweite graphisch gelöst wird. Dies zeigt, dass der TC sehr mechanisch eingesetzt wird. Löse die Gleichung erfordert den Löse-Befehl, Bestimme Schnittpunkte bedeutet graphisches Lösen. Abb gibt einen Überblick über die bei den einzelnen Aufgaben verwendeten Lösungsstrategien. Aufgabe 2c wurde nur von ca. 15 % der Schüler richtig gelöst. Ein erfolgreiches Bearbeiten der Aufgabe erfordert gute Kenntnisse der Eigenschaften der betrachteten Funktionen (Abb. 20.9). 5 Zusammenfassung und Ausblick Der Modellversuch hat bisher gezeigt, dass sich der Taschencomputer gut in den regulären Unterricht der 10. Klasse integrieren und in Prüfungen verwenden ließ. Individuelles Arbeiten sowie Partner- und Gruppenarbeit traten im Mathematikunterricht verstärkt auf. Dieses Ergebnis unterstützt die Hypothese, dass der TC zu einem Katalysator für immer wieder geforderte neue Unterrichtsformen werden kann. Insbesondere bei Schülervorträgen oder -erläuterungen mit Hilfe des am Overhead-Display angeschlossenen Rechners oder beim Berichten über Ergebnisse von Partner- und Gruppenarbeitsphasen zeigte sich, dass dem schriftlichen und mündlichen Beschreiben des Vorgehens und dem Interpretieren von TC-Ergebnissen ganz im Sinne des KMK- Standards Kommunikation eine größere Bedeutung zukam. Die Ergebnisse des Vor- und Nachtests bestätigen eine Kompetenzentwicklung in Bereichen, bei denen ein TC vorteilhaft eingesetzt werden kann: So haben die Schülerinnen und Schüler der CAS-Klassen beim Arbeiten mit Funktionsgraphen und beim Transfer zwischen Gleichung und Graph einen höheren Leistungszuwachs gegenüber den Kontrollklassen erzielt. Keine Unterschiede lassen sich beim Arbeiten mit Variablen, Termen und Tabellen feststellen. Dies zeigt insbesondere, dass kalkülhafte algebraische Fertigkeiten auch bei den Modell-Klassen nicht unterentwickelt bleiben. Das im Rahmen des Versuchs nicht erklärbare schlechtere Abschneiden der TC-Klassen bei Aufgaben zum Lösen von einfachen Gleichungen und dem Arbeiten mit Tabellen weist darauf hin, dass alleine der Einsatz des Gerätes im Unterricht nicht automatisch zu einem besseren Verständnis der behandelten Inhalte führt, dass es hierzu vielmehr des Werkzeugaspekts des TC im Sinne der Theorie der instrumentellen Entwicklung (etwa Trouche, 2005) bedarf, der in Wechselbeziehung zu den mathematischen Inhalten im Rahmen einer produktiven Lernumgebung entfaltet werden muss. Das häufig befürchtete Auseinanderstreben der Leistungen beim TC-Einsatz zwischen leistungsschwachen und -starken Schülerinnen und Schülern ( Schereneffekt ) konnte nicht beobachtet werden, im Gegenteil, dieser Unterschied hat sich bei den CAS-Klassen verringert, was vor allem auf die Leistungszuwächse der mittleren und leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler zurückzuführen ist. Allerdings muss der gegenüber der Kontrollgruppe geringere Leistungszuwachs der entsprechend der Ergebnisse des Vortests guten Schülerinnen und Schüler eingehender untersucht werden. Die Anlage dieses Modellversuchs lässt keine Rückschlüsse auf die Ursache für dieses Ergebnis zu. Durch den Rechnereinsatz in Prüfungen eröffnete sich den Schülerinnen und Schülern ein erweitertes Spektrum an Lösungsstrategien, etwa beim Gleichungslösen und sie nutzten nach Aussage der Lehrer auch die vielfältigen Möglichkeiten (numerisch, algebraisch, geometrisch) zur Ergebniskontrolle ihrer Berechnungen (ob mit Papier und Bleistift oder mit dem Rechner durchgeführt). Eine systematische Untersuchung der aufgetretenen Lösungsstrategien war in diesem Versuch leider nicht möglich, das soll in dem Nach- 10 Der vollständige Test findet sich unter /soest 96

99 Der bayerische M 3 Modellversuch Medienintegration im Mathematikunterricht Zum Einsatz von Taschencomputern in den Jahrgangsstufen Abbildung 13.8: Lösungsstrategien beim Nachtest mit TC Abbildung 13.9: Graphen der Funktionen aus Aufgabe 2 97

100 Hans-Georg Weigand, Würzburg folgeprojekt nachgeholt werden. Der Modellversuch wird ab diesem Schuljahr 2006/07 in den 11. Klassen fortgeführt und es ist geplant, den Werkzeugeinsatz bis zum Abitur zu testen. In diesen Modellklassen unterrichten insbesondere Lehrerinnen und Lehrer, die sich bisher kaum oder gar nicht mit dem Einsatz von TC beschäftigt haben. Damit wird ein weiterer Schritt hin zum Werkzeugeinsatz im normalen Unterricht getan. Neben der Dokumentation der langfristigen Kompetenzentwicklung der Schüler soll bei diesem Versuch stärker nach den Ursachen für mögliche Veränderungen des Unterrichts aufgrund des Werkzeugeinsatzes gefragt werden. Literatur Barzel, Bärbel & Regina Möller (2001): About the Use of the TI-92 for an Open Learning Approach to Power Functions - A Teaching Study. Zentralblatt für Didaktik der Mathematik (ZDM), 33(1), 1 5 Baumert, Jürgen & Rainer Lehmann et al. (1997): TIMSS - Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht im internationalen Vergleich. Opladen: Leske + Budrich Brown, Roger (2003): Computer Algebra Systems and Mathematics Examinations: a comparative study. The International Journal of Computer Algebra in Mathematics Education, 10(3), Drijvers, Paulus Hendrikus Maria (2003): Learning Algebra in a Computer Algebra Environment, Design Research on the Understanding of the Concept of Parameter. Dissertation, Utrecht Griebel, Stephan (2005): Verbreitung von Graphikrechnern und Computer-Algebra-Taschencomputern in Deutschland und Europa. In: Bender, Peter, Wilfried Herget, Hans-Georg Weigand & Thomas Weth (Hg.): Neue Medien und Bildungsstandards, Hildesheim: Franzbecker Guin, Dominique, Kenneth Ruthven & Luc Trouche (2005): The Didactical Challenge of Symbolic Calculators. New York: Sprinter Kendal, Margaret & Stacey Kaye (2002): Teachers in Transition: Moving towards CAS-supported classrooms. Zentralblatt für Didaktik der Mathematik (ZDM), 34(5), Nocker, Robert (1996): Der Einfluss von Computeralgebrasystemen auf die Unterrichtsmethoden und die Schüleraktivitäten. Hildesheim: Franzbecker, Pierce, Robyn & Kaye Stacey (2004): A Framework for Monitoring Progress and Planning Teaching towards the effective Use of Computer Algebra Systems. International Journal of Computers for Mathematical Learning, 9, Rasfeld, Peter (1999): Untersuchung von Funktionen bei Anwendung linearer Transformationen mit Hilfe eines Computeralgebrasystems. mathematica didactica, 22(2), Schneider, Edith (2000): Teacher Experiences with the Use of a CAS in a Mathematics Classroom. International Journal of Computer Algebra in Mathematics Education, 7(2), Trouche, Luc (2005): Instrumental Genesis, individual and Social Aspects. In: Guin, Dominique, Kenneth Ruthven & Luc Trouche (Hg.): The Didactical Challenge of Symbolic Calculators, New York: Sprinter, Weigand, Hans-Georg (1999): Eine explorative Studie zum computerunterstützten Arbeiten mit Funktionen. Journal für Mathematikdidaktik (JMD), 20, Weigand, Hans-Georg (2006): Der Einsatz eines Taschencomputers in der 10. Jahrgangsstufe - Evaluation eines einjährigen Schulversuchs. Journal für Mathematik-Didaktik, 27(2),

101 Arbeitsgruppe: CAS im Abitur Jens Weitendorf, Norderstedt; Gilbert Greefrath, Wuppertal 1 Einleitung Die Arbeitsgruppe 1 ist aus zwei angebotenen Arbeitsgruppen entstanden, die sich beide mit dem Themenbereich CAS im Abitur beschäftigen wollten. Allerdings bezogen sich die beiden Angebote aber auf verschiedene Aspekte des Einsatzes von CAS im Abitur. Der eine Aspekt stellte inhaltliche Fragen in den Vordergrund, während der andere sich eher auf die Problematik bezüglich der Anforderungsbereiche bezog. Eine sinnvolle Zusammenfassung der verschiedenen Aspekte gelang durch die Fragestellung: Was verändert ein CAS in zentralen Abiturprüfungen? So wird die Frage zunächst hinsichtlich der Anforderungsbereiche und dann hinsichtlich der Inhalte diskutiert. Zum Schluss werden noch die sich daraus ergebenden Konsequenzen und Probleme dargestellt. Dass die verschiedenen Aspekte jedoch auch stark miteinander verknüpft sind, hat die Diskussion in der Arbeitsgruppe gezeigt. Die einzelnen Themen ließen sich nur schwer trennen. 2 Was verändert ein CAS in den Anforderungsbereichen? In vielen Bundesländern wird zurzeit ein Zentralabitur eingeführt. Gleichzeitig entscheiden sich einige Schulen, CAS auch im Abitur einzusetzen. Daher lassen sich diese beiden Einflussfaktoren teilweise nur schwer trennen. Prinzipiell lässt sich feststellen, dass die Anforderungsbereiche neu definiert werden müssen. Insbesondere ist es im Hinblick auf ein Zentralabitur nicht mehr möglich, die Anforderungsbereiche durch einen Zusammenhang zum erteilten Unterricht festzulegen. Des Weiteren sahen wir zwischen den einzelnen Bereichen fließende Übergänge. Ein gewisses Problem stellt der Anforderungsbereich I dar. In diesen Anforderungsbereich fallen beispielsweise das Lösen von einfachen Gleichungen, Ungleichungen und Gleichungssystemen nach eingeübten Verfahren, das Bestimmen von Ableitungsfunktionen, das Bestimmen von Extremwerten und das Berechnen bestimmter Integrale von ganzrationalen Funktionen (s. Richtlinien, 1999). Die meisten durch diesen Bereich festgelegten Aktivitäten werden beim Einsatz eines CAS durch dieses übernommen. Daher müssen die Beschreibungen für den Anforderungsbereich I entsprechend verändert werden. Es bestand in der Arbeitsgruppe Einigkeit darüber, dass alles, was mit einem CAS-Rechner direkt gelöst werden kann, dem Bereich I zuzuordnen ist. Da aber derartige Aufgabenstellungen vermutlich recht selten in Prüfungsaufgaben auftreten werden, besteht die Gefahr, dass das mögliche Spektrum für Aufgaben aus dem Anforderungsbereich I durch den Einsatz eines CAS deutlich kleiner wird. 3 Was verändert ein CAS in den Inhalten? Dazu wurde zunächst diskutiert, welche Möglichkeiten ein CAS bezüglich der verschiedenen Inhaltsbereiche (Analysis, Lineare Algebra, Stochastik) besitzt. Untersucht man Beispielaufgaben und veröffentlichte Prüfungsaufgaben auf die CAS-bezogenen Fähigkeiten, so findet man einige Fähigkeiten und Fertigkeiten, die in den Aufgaben immer wieder auftreten. Diese Fähigkeiten sind im Folgenden nach den Inhalten geordnet aufgeführt. 3.1 Zur Analysis In der Analysis kann ein CAS die folgenden Aufgaben übernehmen: Lineare und exponentielle Gleichungssysteme lösen Lineare und exponentielle Regression bestimmen Ableitung, Stammfunktion, Integral und Taylorpolynome berechnen Gleichungen lösen: Exponentialgleichung (auch numerisch), Wurzelgleichung, quadratische usw. Graphen zeichnen Funktionswerte berechnen Funktionsuntersuchungen durchführen 3.2 Zur Linearen Algebra und Analytischen Geometrie In der linearen Algebra kann ein CAS die folgenden Aufgaben übernehmen: Eigenwerte, Eigenvektoren bestimmen Matrizen multiplizieren, potenzieren Matrizen und Vektoren multiplizieren Lineare Gleichungssysteme lösen Länge u. Winkel von Vektoren bestimmen Skalar- und Kreuzprodukte berechnen 3.3 Zur Stochastik 1 Teilnehmende des Ak: Elvira Malitte, Gilbert Greefrath, Helmut Springstein, Jens Weitendorf In der Stochastik kann ein CAS die folgenden Aufgaben übernehmen: Binomialverteilungen berechnen Andere Verteilungen berechnen Vergleichen verschiedener Verteilungen Tabellen erstellen, mit deren Hilfe auch Gleichungen gelöst werden können 99

102 Jens Weitendorf, Norderstedt; Gilbert Greefrath, Wuppertal 4 Diskussion Bei der CAS-Verwendung ist ein Schwerpunkt im Bereich der Analysis festzustellen. In den anderen Gebieten (Lineare Algebra und Stochastik) wird ein CAS seltener und weniger innovativ eingesetzt. So beschränkt sich die Verwendung eines CAS im Bereich Stochastik häufig darauf, Werte für bestimmte Verteilungen zu berechnen. Es ersetzt damit die bisher verwendeten Tabellen, ändert aber die Aufgaben aus diesem Bereich nicht wesentlich. Insbesondere verliert die Normalverteilung an Bedeutung, da in der Regel Werte für Binomialverteilungen direkt bestimmt werden können. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe waren übereinstimmend der Meinung, dass sich bezüglich der Aufgabenstellung in der Stochastik nur geringfügig etwas ändern muss bzw. wird. Im Bereich der linearen Algebra liegt der Schwerpunkt des CAS-Einsatzes häufig in der Lösung von Linearen Gleichungssystemen. Die unterrichtlichen Inhalte, die sich auf Geraden, Ebenen und deren Beschreibung beziehen, verlieren weitgehend ihre Sinnhaftigkeit. Sie gewinnen allerdings bezüglich der Diskussion von Lösungen eines Gleichungssystems an Bedeutung, da ein CAS die Möglichkeit eröffnet, Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Koeffizienten und Lösungen durchzuführen. Ein schlecht gestelltes Problem ist daran zu erkennen, dass die Winkel zwischen den Ebenen, die einzelne Zeilen des Systems repräsentieren, klein sind. Der Bildschirm in Abb zeigt ein solches Beispiel. Es wurde lediglich der Koeffizient in der ersten Zeile vor dem x ein wenig verändert. Aus der obigen Zusammenstellung ergibt sich, dass Aufgaben aus der Zeit vor Einführung eines CAS nun im Wesentlichen den Anforderungsbereich I abdecken. Die Einführung eines CAS erfordert grundsätzlich veränderte Aufgaben, um auch die anderen Anforderungsbereiche abzudecken. Diese Aufgaben sollten auch längere Anteile an Begründungen und Erklärungen beinhalten. 5 Probleme Wie es auch an vielen anderen Stellen während der Tagung festgestellt wurde, wird es in Zukunft kaum möglich sein, dass Abituraufgaben den gesamten Unterricht widerspiegeln. Dies hängt aber mehr mit dem Zentralabitur als mit dem Einsatz eines CAS zusammen. Die Konstruktion von Aufgaben ist ein komplexes Problem, da viele Bedingungen, wie zum Beispiel Anwendungsbezüge, Inhalte, verschiedene Anforderungsbereiche usw., abgedeckt werden müssen. Dadurch wird es beispielsweise besonders schwierig, Aufgaben mit Modellierungsanteilen zu konstruieren. Als eine Schwierigkeit erweist sich hier außerdem das Problem, dass es kaum möglich ist, Aufgaben zu konstruieren, in denen die Bearbeitung der Aufgabenteile mit Anforderungsbereich I unabhängig von der Bearbeitung der anderen Aufgabenteile möglich ist. Diese Tendenz wird möglicherweise durch die Benutzung eines CAS noch verstärkt. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass verschiedene CAS unterschiedliche Fähigkeiten haben; dadurch gibt es möglicherweise Ungerechtigkeiten. Beispiele dazu finden sich in dem Artikel von Greefrath in diesem Band. Literatur Abbildung 14.1: Richtlinien (1999): Richtlinien und Lehrpläne für die Sekundarstufe II - Gymnasium/Gesamtschule in Nordrhein- Westfalen Mathematik. Frechen: Ritterbach 100

103 Ergebnisse der Arbeitsgruppe Mathematikprüfungen im IT-Zeitalter (Positionspapier) Christine Bescherer, Ludwigsburg Arbeitsgruppenleitung: Christine Bescherer Teilnehmerinnen und Teilnehmer: C. Bescherer, A. Borrmann, W. Friebe, C. Spannagel, R. Thode, M. Vogel, R. Vogel Vorbemerkung: Ziel der Arbeitsgruppe war es mit Hilfe der Galeriemethode (eine Art Brainstorming für Gruppen) Argumente, Beispiele, Formen,... zum Thema zu finden. Dies sind die Ergebnisse, die auf den Metaplanwänden hingen: 1 Gründe für die IT-Nutzung in Prüfungen 2 (Mögliche) Formen / Beispiele der IT-Nutzung in Prüfungen Abbildung 15.1: Gründe für die IT-Nutzung in Prüfungen Didaktische Überlegungen IT nimmt algorithmische, routinemäßige Tätigkeiten ab andere Aufgabenstellung möglich andere Art des Wissens und der Kompetenzentwicklung Prozessbeurteilung Dokumentation des Lösungswegs wird möglich Curriculare Einflüsse Prüfung als Wertschätzung des Gelernten Erfüllung der IT-Lehrpläne und Fachlehrpläne IT-Kompetenz sollte geprüft werden aus Unterricht mit neuen Medien folgt Prüfung mit neuen Medien Einflüsse von außen Lobby (Taschenrechner-Hersteller, Software-Hersteller,...) gesellschaftliche Anforderungen Druck der Arbeitsstellen Prüfung im Rahmen der Einbindung in die Informationsgesellschaft Sonstiges Selbstkontrolle möglich Online-Prüfungen bei großen Teilnehmerzahlen (Hochschule) niedrigerer Aufwand bei der Auswertung Abbildung 15.2: (Mögliche) Formen / Beispiele der IT-Nutzung in Prüfungen Sozialformen Gruppenprüfung mündliche Prüfung (vgl. Frankreich) individuelle Präsentationsprüfung Aufgabentypen, -arten, -schwerpunkte Werkzeugnutzung nur zur Ergebnisfindung Anwendungsaufgaben wie im Unterricht viele kleine Fragen mit notwendiger ITKenntnisse (alle Werkzeuge) Modellierungsaufgaben (NRW-Abitur) Aufgaben, die mit Rückwärts-Strategie zu lösen sind (IT wird zum Ausprobieren möglicher Lösungen verwendet)??? adaptive Prüfungen mit Tool-Wahl / PLE Personal Learning Environment Online-Prüfungen (ähnlich FH-Berlin) Multiple-Choice-Aufgaben, bei denen IT zur Bestimmung der Lösung notwendig sind Selbstkontrolle vor der Weitergabe/Abgabe was eingeführt ist, wird in jedem Prüfungskontext zugelassen ( Wähle aus und begründe es ) 101

104 Christine Bescherer, Ludwigsburg 3 Ergebnis- vs. Prozessbeurteilung Wie kann damit umgegangen werden? (Dies ist zwar eher eine didaktische Forschungsfrage, hatte dann aber doch einige interessante Argumente) Abbildung 15.4: Unterstützung von IT-Nutzung in Prüfungen 5 Argumente gegen die Nutzung von IT in Mathematikprüfungen besser: Problembereiche bei der Nutzung von IT in Mathematikprüfungen Abbildung 15.3: Ergebnis- vs. Prozessbeurteilung Didaktische Aspekte In welchen Kontexten lassen sich Prozesse überhaupt beurteilen? genaue Fragestellung, z.b. Löse oder Erläutere Gehören Werkzeugkenntnisse zur Ergebnisbeurteilung oder zu Prozessbeurteilung? Sonstiges Gruppenprüfungen mit IT - Prozessbeurteilung von Gruppen-/Lern-/Arbeits/Denkprozessen IT als Werkzeug oder als Gesamtsystem Unterschiede im Einsatz Das Problem dabei liegt nicht an der IT IT als Unterstützung der Prozessbewertung für Prozessbeurteilung ist IT sehr hilfreich (z.b. Intelligent Assessment) bei geometrischen Konstruktionen können beim Lösen mit DGS die Konstruktionsschritte sichtbar gemacht werden, bei einer Papier- und Bleistiftlösung nicht 4 Mit welchen Maßnahmen/bei welchen Ansprechpartnern kann/soll die IT-Nutzung in Prüfungen unterstützt werden? Landesregierungen Bildungsministerien Fachzeitschriften/Vorträge bei Tagungen (MNU,...)/Fachverbände (GEW,...)/Schulbücher Fortbildungsinstitute/Hochschulen Kooperation mit anderen Fächern 102 Abbildung 15.5: Problembereiche Aufwand Zeitaufwand Bedienung muss gelernt werden zu teuer Zuverlässigkeit Ausfall-Sicherheit?? Wenn das mal nicht funktioniert Gerechtigkeitsaspekte/Betrugsmöglichkeiten neue Möglichkeiten des Betrugs Gerechtigkeit? (wenn Schüler unterschiedliche Geräte haben) ungerecht IT versteckt, dass Schüler nicht rechnen können IT verfälscht die Ergebnisse des Selektionsmittels Mathematik falsche Kompetenzen werden geprüft Vorwissen/IT-Kompetenzerwerb Lehrer müssen erst selbst lernen Vorwissen wo gelernt? Wo haben die Schüler die Kompetenzen her? Aus dem Unterricht? Von Zuhause? Vorurteile Ich kann das gar nicht beurteilen! Echte Mathematik geht nur mit Papier und Bleistift!

105 Teil II Tagung 2007 Aufgaben mit Technologieeinsatz im Mathematikunterricht 103

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107 Leitgedanken zur Tagung Aufgaben mit Technologieeinsatz im Mathematikunterricht Hans-Georg Weigand, Würzburg, und Thomas Weth, Nürnberg Schwerpunkt der Herbsttagung 07 sollen Aufgabenstellungen aus der Grundschule bis zur Sekundarstufe II sein, welche neuetechnologien in den mathematischen Lernprozess einbeziehen. Reflektiert und analysiert werden sollen Fragen wie z.b.: Welche Aufgaben eignen sich, wenn neue Technologien im Mathematikunterricht bei Prüfungen eingesetzt werden? Auf welche Aufgaben(typen) kann verzichtet werden? Wie ändern sich die Prüfungsaufgaben beim Einsatz neuer Technologien? Wie dokumentieren Schüler(innen) ihre Lösungen auf Papier? Wie sollen technologiefreie Teile von Prüfungen gestaltet werden? (Wenn man das denn möchte.) Ändert sich die Bewertung von Aufgaben? Welche Rolle spielt der Technologieeinsatz für die mathematische Kompetenzentwicklung? Welche Werkzeugkompetenzen müssen von den Schülern erworben werden? Welche Lernumgebungen minimieren den Aufwand an Werkzeugkompetenz-Erwerb und maximieren die Möglichkeit des mathematischen Kompetenzerwerbs? Bis hin zu ketzerischen Fragen wie: Ist der Einsatz neuer Technologien überhaupt sinnvoll? Wenn ja, wo und auf Grund welcher empirischen Erfahrungen? Wir erwarten von der Tagung (wie immer) gehaltvolle Vorträge und kritische Diskussionen und freuen uns über Ihre Teilnahme in Soest. 105

108 Hans-Georg Weigand, Würzburg, und Thomas Weth, Nürnberg Vorträge der Tagung 2007 Lehmann, Eberhard Lagrange, Jean-Baptiste Bichler, Ewald Kuntze, Sebastian Weitendorf, Jens Vogel, Markus Greefrath, Gilbert Sternemann, Wilhelm Ulm, Volker Tschacher, Karel Fest, Andreas Kortenkamp, Ulrich Lindmeier, Anke Bescherer, Christine und Thode, Reinhold Moormann, Marianne Roth, Jürgen Goebel, Andreas Haug, Reinhold und Leuders, Timo Spannagel, Christian Hoffkamp, Andrea CAS-Unterrichtskonzepte zu einem kompetenzorientierten, nachhaltigen Mathematikunterricht A new trial at the French baccalaureat. New problems and a new tool (Casyopée) (Hauptvortrag) Wenn der CAS-Rechner in den Unterricht und in die Prüfungen kommt... Vorstellungen von Lehrkräften über den Einsatz von Rechnern im MU als Kontextvariablen für eine computergestützte Aufgabenkultur Sinnvolle Aufgaben mit Neuen Technologien Multiple Repräsentationen beim Modellieren von Daten Wie ändern sich Abituraufgaben durch den Einsatz digitaler Werkzeuge? Chaos beim Newtonverfahren Ergebnisse und Erfahrungen auf der Schülerakademie SMIMS 2007 Welche Impulse kann die Fachdidaktik Mathematik im Hinblick auf die Gestaltung von Aufgaben mit Technologieeinsatz aus anderen Wissenschaften erhalten? (Hauptvortrag) E.P.M ein neues Aufgabenformat im französischen Abitur Graphenalgorithmen programmieren im MU mit Visage Intergeo Interoperable Interactive Geometry for Europe Lösungsbeispiele in der Lernumgebung KOMMA Gruppenprüfungen im Mathematikunterricht der Oberstufe Concept-map-Aufgaben für den Mathematikunterricht Dynamische Mathematik Online-Lernpfade auf der Basis von dynamischen Geometriesystemen Aufgaben zur Dynamischen Raumgeometrie Mit (Computer-)Werkzeugen arbeiten Leistungen erfassen (Haupvortrag) Computerbasierte Aufgaben zum Vervollständigen von Teillösungen Funktionales Denken fördern durch den Einsatz von DGS 106

109 Wie ändern sich Abituraufgaben durch den Einsatz digitaler Werkzeuge? Gilbert Greefrath, Karlsruhe 1 Einleitung Die Veränderung von Abituraufgaben durch den Einsatz von Computeralgebrasystemen (CAS) wird hier am Beispiel von Nordrhein-Westfalen diskutiert. In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2007 Abiturprüfungen mit zentral gestellten Aufgaben eingeführt. Im Fach Mathematik gab es grundsätzlich zwei Aufgabengruppen (mit bzw. ohne CAS-Einsatz). Innerhalb dieser Aufgabengruppen gab es für die Lehrenden Auswahlmöglichkeiten, die sich durch Alternativen im Lehrplan ergeben. Die Schülerinnen und Schüler haben keine Auswahlmöglichkeit. Der Anteil der Schulen, an denen sich Kolleginnen und Kollegen im Jahr 2007 für die Aufgabengruppe mit CAS-Einsatz entschieden war sehr gering. Subjektiv entstand außerdem nach den Prüfungen an einigen Schulen der Eindruck, die CAS-Aufgaben seien vergleichsweise schwieriger gewesen als die Aufgaben der anderen Aufgabengruppe. Daher soll hier der Frage nachgegangen werden, wie sich Aufgabenstellungen für die Abiturprüfung mit und ohne CAS- Einsatz unterscheiden. In diesem Zusammenhang stellt sich grundsätzlich die Frage, wodurch sich CAS-Prüfungsaufgaben (außer der Benutzung des CAS) von bisher bekannten Aufgabenstellungen unterscheiden sollten. 2 Anforderungen an Abituraufgaben Aufgaben für Prüfungen unterliegen vielfältigen Randbedingungen. Dazu zählen außer der Frage nach den Hilfsmitteln, zu denen der Einsatz eines CAS gehört auch noch inhaltliche und prüfungsbedingte Faktoren. Beispielsweise müssen nach den Vorgaben aus den Richtlinien bestimmte inhaltliche Bereiche in der Abiturprüfung abgedeckt werden. So soll in der Abiturprüfung, die im Leistungskurs aus drei und im Grundkurs aus zwei Aufgaben besteht, mindestens eine Aufgabe aus dem Bereich Analysis vorkommen. Eine weitere Aufgabe ist dann entweder aus dem Bereich Lineare Algebra oder Stochastik zu wählen. Innerhalb der Linearen Algebra wiederum gibt es noch die (auch im Lehrplan vorgesehene) Wahl zwischen Übergangs- und Abbildungsmatrizen. Außer diesen inhaltlichen Kriterien gibt es noch weitere Kriterien. So sollen die Aufgabenteile in einem bestimmten Verhältnis auf unterschiedliche Anforderungsbereiche aufgeteilt sein. Der erste Anforderungsbereich hat wiederholenden Charakter und umfasst ca. ein Drittel der Aufgaben. Der zweite Anforderungsbereich beinhaltet im Wesentlichen das Übertragen des Gelernten auf vergleichbare neue Situationen. Dies soll etwas die Hälfte der Klausur ausmachen. Der übrige Teil besteht im Idealfall aus Aufgabenteilen zum Problemlösen und Bearbeiten neuartiger Situationen. Zusätzlich sollte jede der zwei bzw. drei Aufgaben die gleiche Bearbeitungszeit erfordern, damit eine Kombination mit den anderen Aufgaben wie oben dargestellt möglich ist. Ebenfalls erwartet man von Prüfungsaufgaben die Möglichkeit später folgende Prüfungsteile auch dann bearbeiten zu können, wenn die vorhergegangenen Aufgabenteile nicht gelöst werden konnten. 3 Aufgabenbeispiele Im Folgenden werden einige Aufgabenbeispiele mit und ohne CAS-Einsatz aus der Abiturprüfung 2007 charakterisiert. Hier werden Aufgaben aus dem Bereich Analysis diskutiert, da dabei der CAS-Einsatz am besten deutlich wird. Aufgabenbeispiel 1 (Analysis Grundkurs ohne CAS). Bei dieser Aufgabe handelt es sich im ersten Teil um eine Funktionsbestimmung einer ganzrationalen Funktion dritten Grades. Die Steigung im Ursprung und der Wendepunkt sind vorgegeben. Nach der Ermittlung des Funktionsterms (der als Zwischenergebnis auch angegeben wird), sollen im zweiten Teil die Achsenschnittpunkte und die Extrempunkte ermittelt werden. Dieses Aufgabenbeispiel beinhaltet einige kleinschrittige rein innermathematische Aufgabenteile, z.b.: Berechnen Sie den Inhalt der Fläche, die der Graph von f mit der t-achse zwischen t = 0 und t = 12 einschließt. Die mathematischen Inhalte dieser Analysisaufgabe sind absehbar und auch leicht in der Aufgabenstellung erkennbar. Es handelt sich im Wesentlichen um eine Funktionsbestimmung mit Nullstellen- und Extremwertbestimmung sowie die Berechnung von Integralen. Diese ersten beiden Aufgabenteile sind völlig kontextfrei. Für zwei der folgenden drei Aufgabenteile wird zu der bereits bestimmten Funktionsgleichung ein, in vielen Mathematikbüchern verwendeter, Sachkontext (Wasserzulauf) nachgeschoben. Der Kontext wird nicht ernsthaft für die Bearbeitung der Aufgabe benötigt. Verlangte Interpretationen im Sachkontext sind nahe liegend und bekannt. Aufgabenbeispiel 2 (Analysis Grundkurs ohne CAS). Bei dieser Aufgabe handelt es sich um eine 107

110 Gilbert Greefrath, Karlsruhe in einen Kontext eingekleidete Funktionsuntersuchung einer Exponentialfunktion. Es wird die Bestimmung von Funktions- und Extremwerten erwartet. Außerdem sollen Werte mit Hilfe der Integralrechnung bestimmt werden. Der Kern der meisten Aufgabenteile gehört zum Standardprogramm einer Abituraufgabe. Es handelt sich um die Bestimmung eines Funktionswertes, die Berechung eines Extremwertes, der Nachweis einer Stammfunktion und die Bestimmung einer Wendestelle. Die Arbeit an der Aufgabe wird durch sehr viele kleinschrittige Aufgabenstellungen geleitet, z.b.: Zeigen Sie, dass durch F (t) = 0,2(t 2 40t + 200)e 0,1t eine Stammfunktion von f gegeben ist. Die mathematischen Inhalte der Aufgabe sind (leicht) in den Kontext des Wachstums eingekleidet. Auch Interpretationen von mathematischen Ergebnissen im Kontext werden erwartet. Der Kontext wird zu Beginn der Aufgabenstellung eingeführt. Es handelt sich um das Wachstum einer Fichte. Dieser Kontext ist auch in einer Beispielaufgabe der Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Mathematik (s. Beschl. d. Kultusministerkonferenz, S. 20 f.) enthalten und aus diesem Grund mit hoher Wahrscheinlichkeit den Schülerinnen und Schülern bereits bekannt. Viele mathematische Inhalte dieser Funktionsbestimmung sind trotz der Einkleidung in einen Sachkontext gut erkennbar. Aufgabenbeispiel 3 (Analysis Grundkurs ohne CAS). Diese Aufgabe beinhaltet eine innermathematische Kurvendiskussion einer ganzrationalen Funktion 4. Grades mit anschließender Berechnung von Flächen zwischen zwei Graphen. Es wird im Rahmen der Kurvendiskussion die Bestimmung von Achsenschnittpunkten und relativen Extrempunkten verlangt. Mit Hilfe der Integralrechnung sind Flächen zwischen einer Funktion 4. Grades und einer Geraden bzw. einer Parabel zu bestimmen. Ein außermathematischer Kontext wird in dieser Aufgabe nicht verwendet. Aufgabenbeispiel 4 (Analysis Grundkurs mit CAS). Bei dieser Aufgabe handelt es sich um die Bestimmung und Diskussion von Exponentialfunktionen mit linearen und quadratischen Exponenten. Es wird die Bestimmung der zwei Parameter einer Exponentialfunktion mit zwei angegebenen Wertepaaren und die Bestimmung einer Exponentialfunktion der Form B(t) = B e vt wt2 mit Hilfe eines zusätzlichen Extremwertes erwartet. Dabei führt die zweite Funktionsbestimmung mit bestimmten digitalen Werkzeugen z.b. mit dem Casio Classpad (mit der zu diesem Zeitpunkt aktuellen Version 2.3; mittlerweile ist das Problem gelöst) zu technischen Schwierigkeiten (siehe Abb. 17.1). Des Weiteren muss im Rahmen dieser Aufgabe eine Funktionalgleichung nachgewiesen werden. In den Bereich von in einer Abiturprüfung zu erwartenden Aufgabenteilen fällt nur die Bestimmung von Wendestellen. Standard-Aufgabenteile kommen also in dieser Aufgabe fast nicht vor. Ebenso gibt es wenige kleinschrittige innermathematische Aufgabenstellungen. Als Kontext wird das Algenwachstum verwendet. Es handelt sich zwar um eine Einkleidung, in der Aufgabenstellung werden aber mehr Informationen gegeben, als für die Bearbeitung der Aufgabe erforderlich sind. Daher ist das Verständnis des Kontextes teilweise für die Bearbeitung der Aufgabe erforderlich. Es müssen auch mehrere Antworten im Sachkontext geliefert werden. Aufgabenbeispiel 5 (Analysis Grundkurs mit CAS). In dieser Aufgabe sollen eine ganzrationale Funktion vierten Grades bestimmt und die Eigenschaften einer ganzrationalen Funktion fünften Grades untersucht werden. Für die Funktion fünften Grades soll nachgewiesen werden, dass in einem bestimmten Intervall keine Extremstellen existieren und die 2. Ableitung einen bestimmten Wert hat. Außerdem sollen die Fläche zwischen drei Graphen berechnet und die Gleichung einer Normalen bestimmt werden. Standard-Aufgabenteile und kleinschrittige innermathematische Aufgabenstellungen kommen in dieser Aufgabe in geringem Umfang vor. Als Kontext wird die Trassierung von Bahnlinien verwendet. Es handelt sich dabei um eine Einkleidung, die relativ leicht in mathematische Bedingungen übersetzt werden kann. 4 Diskussion Die dargestellten Aufgabenbeispiele zeigen bereits einige Unterschiede zwischen Aufgaben, die mit bzw. ohne CAS bearbeitet werden sollen. Die Unterschiede liegen in der geringeren Kleinschrittigkeit der Aufgabenstellungen, der größeren Bedeutung bzw. dem Vorhandensein eines Sachkontextes und der geringeren Anzahl von Standard-Aufgabenteilen in den CAS-Aufgaben. Durch den in CAS-Aufgaben etwas stärker auftretenden Sachkontext wird zusätzlich der Wiedererkennungseffekt für Standard-Aufgabenteile geringer. Der auffälligste Unterschied ist aber die Länge der Aufgabenstellungen. Während die Nicht- CAS-Aufgaben eine Länge von ca. 250 Wörtern haben, beträgt die Länge der CAS-Aufgaben ca. 400 Wörter. Bei den CAS-Aufgaben stellt man außerdem keinen klassischen Ablauf einer Prüfungsaufgabe fest, bei der der höchste Anforderungsbereich im letzten Aufgabenteil zu finden ist. Zusätzlich sind die Aufgabenteile komplexer und es werden mehr Begründungen und Erklärungen im Kontext 108

111 Wie ändern sich Abituraufgaben durch den Einsatz digitaler Werkzeuge? Abbildung 17.1: Aufgabenbeispiel 4 der Aufgabenstellung verlangt. Durch den Einsatz unterschiedlicher CAS an den Schulen kommt es zusätzlich auf Grund der technischen Möglichkeiten teilweise zu unterschiedlich anspruchsvollen Lösungswegen. Viele dieser Unterschiede zwischen CAS- und Nicht-CAS-Aufgaben hängen zwar nicht direkt mit dem Einsatz eines Computeralgebrasystems zusammen, zumal in Nordrhein-Westfalen in der Nicht-CAS-Aufgabengruppe sogar der Einsatz grafikfähiger Taschenrechner erlaubt ist. Die Unterschiede in den Aufgabenstellungen entstehen auch durch eine neue Aufgabenkultur und eine stärkere Fokussierung auf prozessbezogene Kompetenzen, die häufig mit dem Einsatz von neuen Medien im Unterricht verbunden werden. Die Einführung einer neuen Aufgabengruppe (mit CAS) im Zentralabitur bietet so die Möglichkeit, veränderte Aufgaben schneller in die Schulrealität zu transportieren. Da es sich aber um Abiturprüfungen handelt müssten auch als Gründen der Fairness die Aufgaben ohne CAS-Einsatz in einigen Punkten verändert werden. Auch die Akzeptanz von CAS in Prüfungen und damit möglicherweise ebenso im Unterricht könnte sinken, weil Veränderungen mit dem CAS-Einsatz in Verbindung gebracht werden, die nicht direkt damit zusammenhängen. Diese durchaus gewünschten Veränderungen von Prüfungsaufgaben können nicht alleine durch die Einführung von CAS umgesetzt werden. Um vorübergehend die Unsicherheit und die tatsächlichen Probleme auf Grund des Einsatzes von Unterschiedlichen Systemen in CAS- Prüfungen zu verringern, sind genauere Vorgaben (z.b. welche Berechnungen sollen / sollen nicht mit dem CAS in der Prüfung ausgeführt werden, Herget et al., 2001) bezüglich des CAS-Einsatzes erforderlich. Literatur Herget, Wilfried, Helmut Heugl, Bernhard Kutzler & Eberhard Lehmann (2001): Welche handwerklichen Rechenkompetenzen sind im CAS-Zeitalter erforderlich? Der Mathematische und Naturwissenschaftliche Unterricht, 54(8), Kultusministerkonferenz (2002): Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Mathematik (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom i.d.f. vom ). München: Luchterhand 109

112 Gilbert Greefrath, Karlsruhe 110

113 Funktionales Denken fördern durch den Einsatz von Dynamischer Geometrie Software (DGS) Andrea Hoffkamp, Berlin Funktionales Denken zieht sich als Leitbegriff durch die gesamte Sekundarstufe I und II. In diesem Artikel wird nach einer Erläuterung des Begriffs dargestellt, welche Schwierigkeiten und Fehlvorstellungen es im Bereich funktionales Denken gibt. Danach wird die Frage erörtert, warum ein Einsatz von DGS sinnvoll sein kann, um einigen dieser Schwierigkeiten beizukommen. Wie solch ein DGS-Einsatz aussehen kann, wird anhand einer digitalen Lerneinheit gezeigt, die bisher einmal mit Schülerinnen und Schülern einer 10. Klasse erprobt wurde. 1 Einleitung Die Bezeichnung funktionales Denken taucht das erste mal explizit in der Meraner Reform von 1905 (Krüger, 2000) auf. Es hat heute als Leitidee: Funktionaler Zusammenhang eine zentrale Stellung in den Bildungsstandards von 2003 (Kultusministerkonferenz, 2003). Funktionales Denken ist eng mit dem Funktionsbegriff verbunden. Der Funktionsbegriff ist aber ein sehr komplexer Begriff. Das liegt u.a. daran, dass der Begriff verschiedene Aspekte (Zuordnungsaspekt, Kovariationsaspekt, Funktion als Ganzes/als Objekt) beinhaltet, aber auch daran, dass Funktionen verschiedene Darstellungsformen haben, nämlich sprachliche Beschreibung, Tabelle, Graph und Term. Deswegen ist es nicht erstaunlich, dass der Begriff Funktion und dass funktionales Denken allgemein Schwierigkeiten bereitet. Ergebnisse aus Diagnosetests, die mit Mathematikanfängerstudenten 1 und Schülern einer 10. Klasse durchgeführt wurden, zeigen u.a. folgende Schwierigkeiten auf: Der Kovariationsaspekt oder dynamische Aspekt von Funktionen ( Wie wirkt sich die Änderung einer Größe auf die Änderung der anderen Größe aus? ) bereitet große Schwierigkeiten. Der Wechsel zwischen den Darstellungsformen fällt schwer, insbesondere das Auffinden eines Funktionsterms zu einem Graphen oder einem in Worten beschriebenen funktionalen Zusammenhang. Festgestellt wurde, dass der Wechsel zwischen den Darstellungsformen in kleinschrittigen Aufgaben meist kein Problem darstellt, aber in komplexen zusammengesetzten Aufgaben, die mehrere Schwierigkeiten beinhalten, sehr wohl. In den neuen Rahmen- und Lehrplänen taucht inzwischen die Forderung nach einem Einsatz neuer Medien und speziell die Forderung nach Einsatz von DGS im Mathematikunterricht auf. Der Einsatz von DGS bietet sich im Bereich Funktionen und funktionales Denken besonders an, denn gerade der Kovariationsaspekt (dynamische Aspekt) von Funktionen läßt sich damit visualisieren. Anhand einer digitalen Lerneinheit wird gezeigt, wie so etwas aussehen kann. Dazu werden erste Erfahrungen mit Schülern, die die Lerneinheit erprobt haben, vorgestellt. 2 Funktionales Denken zum Begriff Zur Begriffsklärung wird im folgenden auf drei Punkte eingegangen. Zum einen darauf, wie der Begriff in der Meraner Reform von 1905 auftaucht. Dann auf den Artikel Funktionales Denken von Vollrath (1989) und schließlich darauf, wie funktionales Denken heute in den Bildungsstandards verankert ist. 2.1 Funktionales Denken in der Meraner Reform Die Bezeichnung funktionales Denken taucht das erste mal explizit in der Meraner Reform (1905) auf. Gemeint war eine gebietsübergreifende Denkgewohnheit, die den gesamten Mathematikunterricht betreffen sollte. Der tiefere Anspruch der Meraner Reform war, dass das Denken in Variationen und funktionalen Abhängigkeiten gebietsübergreifend eingeübt werden sollte. Die Erziehung zum funktionalen Denken wurde dezidiert als eine Sonderaufgabe herausgestellt. Es ging dabei um ein pädagogisches Ziel, eine bestimmte Wahrnehmungs- und Analysegewohnheit (Krüger, 2000). 2.2 Funktionales Denken bei H.-J. Vollrath In der 60ern und 70ern kam der Begriff funktionales Denken im Zuge der Neuen Mathematik, in der Funktionen nur aus mengentheoretischer Sicht betrachtet wurden, ganz aus der Mode. Erst seit den 80ern gewinnt der Begriff innerhalb der Mathematikdidaktik wieder an Bedeutung. Wegweisend ist in diesem Zusammenhang der Artikel von Vollrath (1989). Vollrath bezeichnet funktionales Denken als einen offenen didaktischen Begriff, dessen Weiterentwicklung zu einer permanenten Aufgabe der Didaktik gehört. Dennoch macht er folgenden Versuch einer Begriffsdefinition: Funktionales 1 Im Artikel wird nur die männliche Form verwendet. Gemeint sind aber stets Studentinnen und Studenten, sowie Schülerinnen und Schüler. 111

114 Andrea Hoffkamp, Berlin Denken ist eine Denkweise, die typisch für den Umgang mit Funktionen ist. Damit koppelt er funktionales Denken an den Funktionsbegriff. Er fasst den Begriff also enger als er in der Meraner Reform gemeint war. Er begründet dies damit, dass der Begriff in der Meraner Reform so umfassend sei, dass dies die didaktische Arbeit und Forschung bremsen würde. Eine berechtigte Kritik daran ist, dass damit funktionales Denken auf den Umgang mit Funktionen als Gegenständen bezogen wird. Wie diese Gegenstände auf das Denken zurückwirken wird aber nicht betrachtet (Krüger, 2000). Vollrath nennt drei Aspekte, die charakteristisch für das Arbeiten mit Funktionen sind: 1. Zuordnungsaspekt: Funktion als eindeutige Zuordnung und Abhängigkeit von Größen, ein horizontaler Zusammenhang 2. Kovariationsaspekt: Auswirkung der Änderung einer Größe auf die abhängige Größe, ein vertikaler Zusammenhang bzw. die dynamische Sicht auf Funktionen 3. Funktion als Ganzes, als (algebraisches) Objekt 2.3 Funktionales Denken in den Bildungsstandards In den Bildungsstandards (Kultusministerkonferenz, 2003) taucht funktionales Denken als Leitidee Funktionaler Zusammenhang auf. Sie wird unter anderem beschrieben durch die folgenden Kompetenzen: Die Schüler - erkennen und beschreiben funktionale Zusammenhänge und stellen diese in sprachlicher, tabellarischer oder graphischer Form sowie gegebenenfalls als Term dar. - beschreiben Veränderungen von Größen mittels Funktionen. Mit anderen Worten sollen die Schüler die verschiedenen Darstellungsformen (Sprache, Tabelle, Graph, Term) kennen und dazwischen übersetzen können. Der zweite Punkt meint genau den Kovariationsaspekt von Funktionen. 3 Fehlvorstellungen und Schwierigkeiten im Bereich funktionales Denken Zu Fehlvorstellungen und Schwierigkeiten im Bereich Funktionen und funktionales Denken gibt es einige Untersuchungen, (siehe z.b. Malle, 1993; Janvier, 1978; Kösters, 1996; Müller-Philipp, 1994), um nur einige zu nennen. Im folgenden werden zwei Aufgaben vorgestellt, die Mathematikanfängerstudenten bzw. Schülern einer 10. Klasse Gymnasium im Rahmen eines Testes zum Thema funktionales Denken gestellt wurden. 3.1 Aufgabe: Dreiecksfläche Die in Abb dargestellte Aufgabe (Schlöglhofer, 2000) wurde ca. 100 Mathematikanfängerstudenten im Diplomstudiengang Mathematik an der Technischen Universität Berlin zu Beginn des Wintersemesters 2006/07 gestellt. Nur 66% der Mathematikstudenten kreuzten den korrekten Graphen an und nur 57% lieferten eine korrekte Begründung. Der Hauptfehler bestand darin, dass der Graph ganz rechts angekreuzt wurde und zwar mit einer Begründung folgender Art: Die Fläche unter dem Graphen entspricht der Dreiecksfläche. Der Funktionsgraph wurde also als fotographisches Bild der Realsituation angesehen ein typischer Graph-als-Bild-Fehler (Bezeichnung nach Vogel (2006a)). Graph-als-Bild-Fehler treten auch oft bei der Interpretation von Weg-Zeit- Graphen auf, wenn der Graph direkt als Bewegung in der Ebene interpretiert wird. Die Ursachen für den Fehler liegen aber darin, dass einerseits die Übersetzungsleistung zwischen Situation und Graph (Modellierung) nicht erbracht werden kann und andererseits die Kovariation von x und F (x) nicht klar ist. 3.2 Aufgabe: Ein Hasengehege Die in Abb dargestellte Aufgabe (Swan et al., 1985) wurde 24 Schülern einer 10. Klasse eines Berliner Gymnasiums am Ende des 10. Schuljahres kurz nach Stattfinden der Mittleren Schulabschlussprüfungen gestellt. Zu den Aufgabenteilen 1, 3, 4 und 5 gab es genau eine korrekte Lösung, Aufgabe 2 wurde von vier Schülern korrekt bearbeitet. Allerdings berechneten die Schüler maximal 2-3 Werte. Eine Wertetabelle hat niemand angefertigt. Die grundlegende Schwierigkeit war, dass die Schüler nicht in der Lage waren eine gedankliche Vorstellung davon, was mit dem Rechteck passiert, wenn man die Breite ändert, aufzubauen. Das lag sicherlich daran, dass es hier um zwei sich bedingende funktionale Zusammenhänge geht, nämlich zwischen Länge und Breite und zwischen Breite und Flächeninhalt. Auch wenn in Aufgabe 1 der funktionale Zusammenhang zwischen Länge und Breite erkannt wurde, setzten die Schüler in Aufgabe 2 den Wert für die Länge auf 12m oder 22m fest und variierten nur die Breite. In Aufgabe 3 zeichneten die meisten eine Gerade mit positiver Steigung durch den Ursprung. Auch wenn die Schüler als Graphen eine Gerade gewählt hatten, gaben sie oft Werte für Breite und Länge an, bei denen sie den größten Flächeninhalt vermuteten. Dass dies im Widerspruch zum gezeichneten Graphen stand, wurde nicht erkannt. Das Auffinden eines Funktionsterms war er- 112

115 Funktionales Denken fördern durch den Einsatz von Dynamischer Geometrie Software (DGS) Abbildung 18.1: Aufgabe aus einem Test zu funktionalem Denken Abbildung 18.2: Aufgabe aus einem Test zu funktionalem Denken 113

116 Andrea Hoffkamp, Berlin wartetermaßen ein großes Problem. Außer der Schwierigkeit der Modellierung spielt hier die Komplexität der Aufgabe eine große Rolle. Die Schüler müssen sich zur Lösung der Aufgabe in verschiedenen Darstellungsformen von Funktionen (sprachliche Beschreibung, Tabelle, Graph, Term) bewegen. 4 Warum DGS-Einsatz? Das grundlegende Problem der Aufgabe Hasengehege (siehe 3.2) bestand darin, dass die Schüler die Situation bzw. das Problem der Aufgabe nicht erfassen konnten. Würde man den Schülern einen Wollfaden geben und sie die Situation mit dessen Hilfe nachvollziehen lassen, wäre schnell klar, worum es geht. Vereinfacht gesagt kann das DGS solch ein Faden sein. Es bietet aber noch viel mehr: Nämlich die Möglichkeit viel weitreichender zu experimentieren und die funktionalen Abhängigkeiten in verschiedenen Darstellungsformen dynamisch darzustellen. Gerade bei komplexeren Aufgaben wie der Aufgabe Hasengehege bietet der DGS-Einsatz die Möglichkeit der Auslagerung von Denkprozessen, so dass Operationen, die mental nicht vollzogen werden können, extern dargestellt werden und so der Kopf frei wird für weitere Überlegungen und Ansätze bzw. die Hoffnung besteht, dass die Schüler die extern dargestellten Operationen verinnerlichen (vgl. auch Supplantation bei Vogel, (Vogel, 2006a)). Dadurch erlangen die Schüler auch mehr Eigenständigkeit in der Bearbeitung von mathematischen Problemstellungen. In Abschnitt 3 wurde gezeigt, dass der Kovariationsaspekt von Funktionen, also der dynamische Aspekt, große Probleme bereitet. DGS ermöglicht aber gerade die visuelle Dynamisierung mathematischer Objekte (Stichworte: Zugmodus, Spuren, Animationen), was genau die dynamische Komponente funktionalen Denkens akzentuiert (Krüger, 2000). Müller-Philipp (1994) zieht als Fazit aus den Ergebnissen diverser empirischer Studien, dass es allgemein ein schlechtes Begriffsverständnis von Funktionen gibt: Nicht begriffliches Wissen, sondern höchstens prozedurale Kompetenz ohne begriffliche Basis ist das Ergebnis des Unterrichts für viele Schüler. Für das Begriffverständis von Funktionen sind die verschiedenen Darstellungsformen von Funktionen zentral. DGS erlaubt eine interaktive Verknüpfung der Darstellungsformen und in dieser Hinsicht die Förderung des strukturellen Begriffverständnis von Funktionen. 5 Wie DGS-Einsatz? Ein Beispiel für eine digitale Lerneinheit Das schlechte Abschneiden der Schüler bei der Aufgabe Hasengehege führt zu der Frage, ob es möglich ist eine komplexe Aufgabe ähnlich der Hasenaufgabe bei der Bearbeitung durch DGS zu unterstützen. Als Grundlage der Lerneinheit diente die folgende Trapezaufgabe (Abb. 18.3) zur Leitidee funktionaler Zusammenhang aus den Bildungsstandards (Kultusministerkonferenz, 2003). Die Aufgabe ist vom Anforderungsniveau her schwerer als die Aufgabe Hasengehege, prinzipiell geht es aber um dieselben Probleme, nämlich das Erfassen zweier einander bedingender funktionaler Zusammenhänge, deren mathematischer Darstellung in verschiedenen Darstellungsformen von Funktionen und der Suche nach einem Extremwert. Die Aufgabenstellung wurde für die Lerneinheit abgewandelt. 5.1 Lerneinheit Trapezaufgabe Bei der Lerneinheit 2 handelt es sich um Internetseiten mit integrierten Java Applets, die mit der DGS Cinderella (Kortenkamp & Richter- Gebert, 1999) erstellt wurden. Die Applets wurden in Zusammenarbeit mit Andreas Fest, Technische Universität Berlin, erstellt. Zur Lerneinheit gibt es ein Arbeitsblatt, auf dem die Schüler Ihre Lösungen und Gedankengänge festhalten. Die Lerneinheit wurde bisher einmal in einem Wahlpflichtkurs 10. Klasse mit 10 Schülern am Luise-Henriette Gymnasium Berlin getestet. Aufgrund der Erfahrungen mit den Schülern wurde die Lerneinheit nochmals überarbeitet. Eine erste (unzureichende) Evaluation fand aufgrund von Schülerbeobachtungen und Fragebögen statt. Den Fragebogen findet man ebenfalls unter der oben angegebenen Internetadresse. Im folgenden wird der Aufbau der Lerneinheit beschrieben und anschliessend von ersten Beobachtungen und Schüleräußerungen berichtet. Die Lerneinheit ist in vier Aufgaben gegliedert und hat zwei Wiederholungsteile. Aufgabe 1 In Aufgabe 1 (Abb. 18.4) sollen sich die Schüler mit der Aufgabenstellung vertraut machen und die funktionalen Zusammenhänge sprachlich beschreiben ohne auf genaue Werte einzugehen. Aufgabe 2 In Aufgabe 2 geht es um die graphische Darstellung des funktionalen Zusammenhangs zwischen der x-koordinate von P und dem Flächeninhalt des Rechtecks. Der Flächeninhaltsgraph soll mit 2 Die Lerneinheit findet man zusammen mit Unterrichtsmaterial unter Material auf der Internetseite tu-berlin.de~hoffkamp. 114

117 Funktionales Denken fördern durch den Einsatz von Dynamischer Geometrie Software (DGS) Abbildung 18.3: Trapezaufgabe Abbildung 18.4: Zieht man den Punkt P auf die Strecke CD, so erscheint ein einbeschriebenes Rechteck. Der Punkt P lässt sich nach Fixierung auf der Strecke CD nur noch auf CD bewegen. Als Hinweis kann man die Koordinaten von P und den Wert des Flächeninhalts einblenden. 115

118 Andrea Hoffkamp, Berlin Worten beschrieben werden und anhand des Graphen soll erklärt werden, welche Flächeninhaltswerte einmal, zweimal bzw. keinmal vorkommen und wann der Flächeninhalt am größten ist. Dazu steht den Schülern das Applet aus Abb zur Verfügung. Abbildung 18.5: Bei Bewegung des Punktes P auf CD bewegt sich der entsprechende Punkt im Koordinatensystem rechts und hinterlässt dabei eine (sich ausdünnende) Spur. Aufgabe 3 In Aufgabe 3 soll mit Hilfe des Applets aus Abb ein Funktionsterm für die Flächeninhaltsfunktion F gefunden werden. Abbildung 18.6: Im gelben Eingabefeld können Funktionsterme eingegeben werden. Der gesuchte Graph kann ein- oder ausgeblendet werden. Quadratische Funktionen werden in Klasse 9 behandelt. Im ersten Probedurchlauf mit den 10 Schülern des Wahlpflichtkurses Mathematik 10. Klasse hat sich gezeigt, dass es nötig ist einen Wiederholungsteil zu quadratischen Funktionen in die Lerneinheit zu integrieren. Der Wiederholungsteil besteht aus einem Applet, in dem man über Schieberegler die Parameter der Scheitelpunktsform verändern und gleichzeitig die Veränderungen des Graphen verfolgen kann. Wiederholungsteil und Trapezaufgabe sind voneinander getrennt. Das im Wiederholungsteil Gelernte muss dann auf die Situation in Aufgabe 3 angewendet werden. Aufgabe 4 In Aufgabe 4 soll begründet werden, warum sich der Flächeninhalt mit der Formel F = x ( 1,5x + 15) berechnen lässt. Der erste Hinweis besagt: Aus den Koordinaten von P kann man den Flächeninhalt berechen. Außerdem liegt P auf der Geraden durch C und D. Versuche die Geradengleichung dieser Geraden herauszufinden. Ein zweiter Hinweis führt auf den Wiederholungsteil Geradengleichungen (Abb. 18.7). 5.2 Erste Beobachtungen und Schüleräußerungen Die Durchführung der Lerneinheit im Wahlpflichtkurs der 10. Klasse ist als ein Probedurchlauf zu verstehen, in dem es darum ging grobe Antworten auf folgende Fragen zu finden: Wie arbeiten Schüler mit der Lerneinheit? Brauchen die Schüler weitere Hilfen bei der Arbeit mit der Lerneinheit und welche? Ist die Lerneinheit sinnvoll aufgebaut? Kann man Fortschritte im funktionalen Denken beobachten bzw. in welche Richtung müsste man Lerneinheiten dieser Art entwickeln, um das funktionale Denken zu fördern? Die Schüler haben die Aufgaben weitgehend selbstständig, d.h. ohne Lehrerhilfe, in Kleingruppen bearbeitet. Die Hilfe des Lehrers war v.a. beim Auffinden der Gleichung der quadratischen Funktion in Aufgabe 3 (siehe 5.1) notwendig. Deswegen wurde im Nachhinein ein Wiederholungsteil zum Thema quadratische Funktionen eingebaut. Probleme im Umgang mit den Internetseiten und den Applets sind keine aufgetaucht. Da viele Schüler die Texte und Aufgabenstellungen auf den Internetseiten nur unzureichend gelesen haben und sofort mit den Applets gespielt haben, wurde im Nachhinein eingebaut, dass bei jeder Aufgabe zunächst nur die Aufgabenstellung sichtbar ist und erst auf Klick das Applet mit Erklärung erscheint. Nach dem Arbeiten mit der Lerneinheit füllten die Schüler einen Fragebogen zur Arbeit mit dem Computer aus. Eine Auswahl der Ergebnisse dieser Fragebögen wird im folgenden vorgestellt. Allgemein haben die Schüler das Arbeiten mit dem Computer als positiv und motivierend empfunden und würden den Computer gerne häufiger in dieser Form nämlich zum Lösen mathematischer Probleme im Mathematikunterricht einsetzen. Ein Computereinsatz in dieser Form war den Schülern bisher noch nicht begegnet und deshalb ungewohnt. Das erklärt, warum die Schüler sich sehr lange (bis zu 25 Minuten) mit Aufgabe 1 beschäftigt haben. 116

119 Funktionales Denken fördern durch den Einsatz von Dynamischer Geometrie Software (DGS) Abbildung 18.7: Das Applet wählt zufällig zwei Punkte und eine Gerade mit dazugehöriger Gleichung. Im das gelbe Textfeld können Geradengleichungen eingegeben werden. Hat man eine richtige Gleichung gefunden, so erscheint ein Knopf Neue Aufgabe, der den Zufallsgenerator wieder in Gang setzt Besonders hervorgehoben haben die Schüler, dass sie individueller arbeiten bzw. sogar besser und sorgfältiger arbeiten konnten. Für alle Schüler war das Auffinden eines Funktionsterms am schwierigsten. Das bestätigt die Erfahrungen aus den Diagnosetests und anderer Untersuchungen (z.b. Müller-Philipp, 1994) die Übersetzung in die Darstellungsform Term fällt am schwersten. Die Schüler fanden den Computer bei Aufgabe 3 und 4 (Auffinden der Funktionsterme) am hilfreichsten. Auf die Frage Kannst Du sagen, was genau Du besser verstanden hast, weil Dir der Computer bei der Trapezaufgabe zur Verfügung stand? antworteten die Schüler: - Die Aufgabe 2, da es dort gezeigt wurde wie sich der Punkt auf der Parabel verschiebt, wenn man eine der Seiten des Trapezes bewegt bzw. verschoben hat. - Man den Graphen oder oder die Punkte im Koordinatensystem verschieben kann wie man will. - Die Verschiebung auf der Strecke DC hat vieles bewiesen. Diese Antworten zeigen: Einerseits fanden die Schüler die simultane Veranschaulichung des funktionalen Zusammenhangs in verschiedenen Darstellungsformen hilfreich und haben dies auch genutzt. Weiterhin ist es genau die Veranschaulichung des Kovariationsaspektes in verschiedenen Darstellungsformen der Funktion, was die Schüler im Verständnis der Aufgabe weitergebracht hat. Tatsächlich haben sich die Schüler bis zu 25 Minuten mit Aufgabe 2 beschäftigt. 6 Ausblick Der Bereich des funktionalen Denkens ist ein weites Feld und der Einsatz von DGS kann hier sehr sinnvoll sein. Es ergeben sich u.a. folgende Fragestellungen und Richtungen für weitere Forschung: - Im Falle der Trapezaufgabe: Kann man einen Lernerfolg nachweisen, nachdem die Schüler mit der Lerneinheit Trapezaufgabe gearbeitet haben, z.b. durch einen schriftlichen Test, in dem die Aufgabe Hasengehege bearbeitet werden muss? - Wie kann man die Lerneinheiten so gestalten, dass eine möglichst große Selbstständigkeit bei der Arbeit der Schüler erreicht wird? Wie bringt man die Schüler dazu, die Texte (genauer) zu lesen? - Welche Darstellungsformen werden von Schülern bevorzugt? Welche Darstellungsformen werden z.b. von Lernschwächeren bevorzugt? - Müssen Schüler immer den Weg über Tabellen gehen, um von der Situation oder dem Term zum Graphen zu gelangen? Welche Vorstellung verbinden Schüler mit Funktionstermen? Literatur Janvier, Claude (1978): The interpretation of complex cartesian graphs representing situations. Dissertation, University of Nottingham, Shell Centre for Mathematical Education, Nottingham Kortenkamp, Ulrich & Jürgen Richter-Gebert (1999): The interactive Geometry Software Cinderella. Heidelberg: Springer, online: Kösters, Claudia (1996): Was stellen sich Schüler unter Funktionen vor? mathematik lehren, 75,

120 Andrea Hoffkamp, Berlin Krüger, Katja (2000): Kinematisch funktionales Denken als Ziel des höheren Mathematikunterrichts das Scheitern der Meraner Reform. Mathematische Semesterberichte, 47, Kultusministerkonferenz (2003): Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Mittleren Schulabschluss. Darmstadt Malle, Günther (1993): Didaktische Probleme der elementaren Algebra. Braunschweig: Vieweg Müller-Philipp, Susanne (1994): Der Funktionsbegriff im Mathematikunterricht - Eine Analyse für die Sekundarstufe I unter Berücksichtigung lernpsychologischer Erkenntnisse und der Einbeziehung des Computers als Lernhilfe. Münster/New York: Waxmann Verlag GmbH Schlöglhofer, Franz (2000): Vom Foto-Graph zum Funktions- Graph. mathematik lehren, 103, Swan et al., Malcolm (1985): The language of functions and graphs. Nottingham: Shell Centre & Joint Matriculation Board Vogel, Markus (2006a): Mathematisieren funktionaler Zusammenhänge mit multimediabasierter Supplantation. Hildesheim: Franzbecker Vollrath, Hans-Joachim (1989): Funktionales Denken. Journal für Mathematikdidaktik, 10(1),

121 Vorstellungen von Lehrkräften über den Einsatz von Rechnern im Mathematikunterricht als mögliche Kontextvariablen für eine computergestützte Aufgabenkultur Ergebnisse einer Pilotuntersuchung mit Lehramtsstudierenden Sebastian Kuntze, Ludwigsburg Für die Art und Weise, wie Mathematiklehrerinnen und -lehrer Computer im alltäglichen Mathematikunterricht in die Gestaltung von Aufgaben und Lerngelegenheiten einbeziehen, dürfte deren professionelles Wissen zum Computereinsatz von Bedeutung sein. Dieses auf die Verwendung von Rechnern im Mathematikunterricht gerichtete professionelle Wissen reicht von deklarativen Wissenskomponenten bis hin zu präskriptiven unterrichtsbezogenen Überzeugungen und Einstellungen von Lehrkräften. Ergebnisse einer Pilotierungsuntersuchung mit Lehramtsstudierenden aus dem Umfeld des Projekts KOMMA deuten darauf hin, dass diesbezügliche Variablen reliabel erhoben werden können. Ferner ergeben sich Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten im professionellen Wissen zum Computereinsatz im Mathematikunterricht. 1 Theoretischer Hintergrund 1.1 Einführendes zu Einflussgrößen auf eine computergestützte Aufgabenkultur Beim Einsatz von Computerprogrammen im Mathematikunterricht stellt sich für Mathematiklehrerinnen und -lehrer die Frage, wie deren Nutzung in Aufgabenstellungen einbezogen und unterrichtsmethodisch gerahmt werden kann. Insbesondere werden in der Fachdidaktik etwa bei Computeralgebrasystemen oder dynamischer Geometriesoftware Möglichkeiten gesehen, in veränderten Aufgabenstellungen die Vorteile des Mediums beispielsweise bei statischer und dynamischer Visualisierung, Interaktivität oder Auslagerung algorithmischer Tätigkeiten zu nutzen. Darüber hinaus werden aber auch Erfordernisse der inhaltlich-methodischen und curricularen Veränderung in der Ausrichtung der Aufgabenkultur des Mathematikunterrichts formuliert (vgl. z.b. Heugl, 2005; Peschek, 1999; Löthe, 1992), die auch Veränderungen der Rolle der Lehrkraft impliziert (Löthe, 1992). So sieht etwa Peschek (1999) eine Verschiebung hin zu einer Reduktion des Operierens und einer Stärkung sowohl des Darstellens als auch des Interpretierens als mathematikbezogenen Tätigkeiten als Merkmal einer Computernutzungen einbeziehenden Aufgabenkultur des Mathematikunterrichts. Derartige fachdidaktische Überlegungen können Mathematiklehrkräften Orientierung bieten, wenn sie ihren Unterricht planen und durchführen. Für die Art und Weise, wie Mathematiklehrerinnen und -lehrer Computer und Software im alltäglichen Unterricht in die Gestaltung von Aufgaben und Lerngelegenheiten einbeziehen, dürften neben der Frage der Verfügbarkeit von Medien gerade auch Kenntnisse und Überzeugungen der Lehrkräfte zum Computereinsatz im Mathematikunterricht von Bedeutung sein. Diese Kenntnisse und Überzeugungen betreffen letztlich Komponenten professionellen Wissens von Mathematiklehrkräften. Im Folgenden wird daher zur Einordnung der theoretische Referenzrahmen zum professionellen Wissen von Mathematiklehrkräften skizziert, auf den sich die vorliegende Studie stützt. 1.2 Professionelles Wissen von Mathematiklehrkräften Variablen aus dem Bereich des professionellen Wissens von Mathematiklehrkräften werden verbreitet als bedeutsame Einflussgrößen auf die Gestaltung von Lergelegenheiten im Mathematikunterricht und auch auf die Kompetenzentwicklung von Schülerinnen und Schülern angesehen (vgl. Adler et al., 2005; Shulman, 1986; Kuntze & Eichler, 2007). Da eine strikte Abgrenzung problematisch ist, wird der Begriff professionelles Wissen als sowohl deklaratives Wissen als auch präskriptive epistemologische und unterrichtsbezogene Überzeugungen umfassend verstanden (vgl. Pajares, 1992). Innerhalb des professionellen Wissens von Mathematiklehrkräften können bestimmte Bereiche unterschieden werden. So identifiziert Shulman (1986) die Bereiche content matter knowledge, curricular knowledge, pedagogical knowledge und vor allem pedagogical content knowledge. Für diese Bereiche ist es jeweils möglich, ein Spektrum zwischen deklarativem und prozeduralem Expertenwissen einerseits, sowie deklarativen und präskriptiven Überzeugungen andererseits zu sehen (Baumert et al., 2004). Da unterrichtsbezogenes Wissen und entsprechende Überzeugungen oft episodisch strukturiert sind (Leinhardt & Greeno, 1986; Bromme, 1997), ist es ferner sinnvoll, zwischen stark an Unterrichtssituationen bzw. einzelne Lerninhaltsbereiche gebundenen Komponenten professionellen Wissens und übergreifenderen Kognitionen und 119

122 Sebastian Kuntze, Ludwigsburg Orientierungen zu unterscheiden. So spricht Törner (2002) von verschiedenen levels of globality von Beliefs, die wiederum als Komponenten professionellen Wissens eingeordnet werden können. Er unterscheidet etwa global beliefs, domainspecific beliefs und subject matter beliefs. Diese verschiedenen Ebenen, denen noch eine Ebene auf konkrete Unterrichtssituationen bezogener Überzeugungen hinzugefügt werden könnte, werden als untereinander in Verbindung stehend gesehen. Empirische Hinweise, dass es solche Verbindungen gibt, können in den Ergebnissen von Lerman (1990) sowie Kuntze & Reiss (2005) gesehen werden. Überzeugungen und Wissen von Mathematiklehrkräften zum Computereinsatz, wie sie oben bereits angesprochen wurden und im folgenden Abschnitt noch weiter zu spezifizieren sind, dürften auf einer mittleren Ebene zwischen globalen Orientierungen und auf konkrete Unterrichtssituationen bezogenen Komponenten professionellen Wissens liegen. Vorwiegend dürfte es sich um pedagocical content knowledge handeln, das aber auch Verbindungen zum subject matter knowledge (z.b. auf welche mathematische Begriffe fokussiert eine Software?), zum pedagocical knowledge (z.b. wie können Arbeitsprozesse im Computerraum unterrichtsmethodisch organisiert werden?) und zum curricular knowledge (z.b. welche curricularen Änderungen könnte der Rechnereinsatz in einem bestimmten Bereich nach sich ziehen?) aufweisen kann. Die Untersuchung von Komponenten professionellen Wissens ist auch im Hinblick auf die Evaluation von Lehrerinnen- und Lehrerbildung und -fortbildung von Interesse (vgl. Kuntze & Eichler, 2007). Fortbildungsangebote, die auf die Weiterentwicklung professionellen Wissens von Mathematiklehrkräften im Hinblick auf den Computereinsatz im Mathematikunterricht ausgerichtet sind, waren im vergangenen Jahrzehnt zahlreich und sind inzwischen weit verbreitet. Auch als Reaktion auf einen entsprechenden Bedarf der Lehrkräfte sind viele dieser Fortbildungsangebote auf Zuwächse im deklarativen Wissen zum Computereinsatz gerichtet. Gleichzeitig wird im Sinne einer Werbung um Akzeptanz auch an der Weiterentwicklung von Überzeugungen der Lehrkräfte zum Computereinsatz gearbeitet. Dies ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, da Überzeugungen möglicherweise gleichsam als Filter bei der Implementation von Fortbildungsinhalten durch die teilnehmenden Mathematiklehrkräfte fungieren dürften (vgl. etwa Ergebnisse von (Kuntze, 2006). Auch aus diesem Grunde spielen Überzeugungen zum Computereinsatz im Mathematikunterricht in dieser Untersuchung eine wichtige Rolle. Komponenten professionellen Wissens zu diesem Bereich werden im Folgenden etwas näher beschrieben. 1.3 Bereichsbezogene Kognitionen und Überzeugungen zum Computereinsatz im Mathematikunterricht Professionelles Wissen und unterrichtsbezogene Überzeugungen zum Einsatz von Computerprogrammen im Mathematikunterricht gehören nach den Überlegungen der vorangegangenen Abschnitte zu möglichen Einflussgrößen auf Gestaltungen computergestützter Lerngelegenheiten durch Mathematiklehrkräfte, wie beispielsweise Gestaltungen von Aufgabenstellungen, zu deren Bearbeitung Rechner eingesetzt werden sollen. Zusammenhänge zwischen Überzeugungen und der Unterrichtspraxis anzunehmen liegt nahe, weil dem Wie des Umgangs mit Computerprogrammen als Werkzeugen im Mathematikunterricht eine entscheidende Bedeutung zukommt. In der Mathematik-Didaktik besteht ein weitgehender Konsens darüber, dass der Einsatz von Computern nicht nur den Transport bisher gebräuchlicher Unterrichtskonzepte, Lernziele und Inhalte unterstützen kann, sondern dass, um die Möglichkeiten der zur Verfügung stehenden Softwares voll für mathematikbezogenes Lernen zu nutzen, Veränderungen etwa in Lernzielen, Denkweisen, inhaltlichen Zugängen, methodischen Gestaltungen und auch Prüfungen angestrebt werden sollten (Weigand & Weth, 2002). Solche Veränderungen bedingen letztlich auch eine veränderte Aufgabenkultur. Beispielsweise dürfte experimentellen und explorativen Herangehensweisen beim Einstieg in mathematische Themen ein größerer Stellenwert zukommen, denn es ist eines der Merkmale des Einsatzes dynamischer Geometriesoftware oder von Computeralgebrasystemen, dass etwa im Sinne eines Black-Box- /White-Box-Vorgehens (z.b. Heugl et al., 1996) experimentelle und explorative Zugänge erleichtert werden und sich als Lerngelegenheiten anbieten. Dies auch im Unterricht umzusetzen, erfordert professionelles Wissen zum Computereinsatz im Mathematikunterricht. So befürchtet beispielsweise (Bender, 2005, S. 41) dass viele Lehrerinnen und Lehrer nicht gut genug mit DGS vertraut sind, um sie im eigenen Unterricht einzusetzen. Didaktisches Wissen zum und Erfahrungen mit dem Computereinsatz düften also mit diesbezüglichen unterrichtsbezogenen Überzeugungen zusammenhängen. Insofern könnte es sinnvoll sein, zwischen verschiedenen Elaborationsniveaus professionellen Wissens zum Computereinsatz zu unterscheiden. Beispielsweise ist die Überzeugung, dass Computereinsatz unabhängig von Inhalt und Aufgabenstellung in jedem Falle motivierend auf 120

123 Vorstellungen von Lehrkräften über den Einsatz von Rechnern im Mathematikunterricht als mögliche Kontextvariablen für eine computergestützte Aufgabenkultur Schülerinnen und Schüler wirkt, aufgrund des eher geringen als damit verbunden anzunehmenden unterrichtsbezogenen Hintergrundwissens auf einem vergleichsweise geringen Elaborationsniveau anzusiedeln. Zu befürchten ist hier nicht zuletzt ein Motivationsabfall bei den Lernenden, wenn der Neuigkeitswert der Computernutzung zurückgeht (vgl. Kerres, 2005). Demgegenüber dürfte sich die unterrichtsbezogene Überzeugung, dass Computerprogramme oft den Vorteil experimenteller und explorativer Zugänge zu mathematischen Inhalten bieten, auf die Verfügbarkeit entsprechenden Hintergrundwissens und damit auf ein möglicherweise höheres Elaborationsniveau diesbezüglicher Komponenten professionellen Wissens beziehen: Wie bereits angesprochen bieten sowohl dynamische Geometriesoftwares als auch Computeralgebrasysteme zusätzliche Möglichkeiten bei experimentellen und explorativen Zugängen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen können beispielsweise die folgenden Aspekte auf den Computereinsatz im Mathematikunterricht bezogenen professionellen Wissens betrachtet werden. Diese in etwa nach ansteigendem Elaborationsniveau geordneten Überzeugungen können jeweils stärker oder schwächer ausgeprägt sein: Überzeugung, dass Computereinsatz dadurch mathematikbezogenen Wissensaufbau beeinträchtigt, dass der Umgang mit einer Software Aufmerksamkeits- und Denkressourcen bindet: Computereinsatz stellt demgemäß eher ein zusätzliches Hindernis für das Lernen von Mathematik dar. Ein theoretischer Bezugspunkt für derartige Überzeugungen kann in der cognitive load theory von Sweller (1994) gesehen werden, nach der extraneous cognitive load möglichst vermieden werden sollte. Extraneous cognitive load kann etwa auch durch den notwendigen Erwerb der Fähigkeit, ein Programm zu bedienen, verursacht werden, die für das zu Erlernende in der Regel irrelevant ist. Eine derartige Überzeugung könnte mit der Sichtweise zusammenhängen, dass der Einsatz von Computerwerkzeugen lediglich ein Additum für begabtere Lernende darstellt: Möglicherweise ist bei Lehrkräften mit einer entsprechenden Überzeugung auch professionelles Wissen um vereinfachte Zugänge zu manchen Inhalten oder um curriculare Veränderungsmöglichkeiten in geringerem Maße verfügbar. Überzeugung, dass Computereinsatz inhaltsunspezifisch motivierend auf Lernende wirkt: Derartige Überzeugungen, wie sie auch bereits oben angesprochen worden waren, könnten sich eventuell auf einen vergleichsweise geringen unterrichtsbezogenen Erfahrungshintergrund beziehen, der die Situation, dass Computerwerkzeuge zu einem alltäglichen Unterrichtsbestandteil geworden sind, ausspart. Außerdem könnte im Zusammenhang mit solchen Überzeugungen eine kritische Beurteilung der Qualität computergestützter Lerngelegenheiten eventuell herabgesetzt sein. Positive Einstellung zum Computereinsatz vor dem Hintergrund eigenen Interesses am Experimentieren mit der Software und an diesbezüglichen Innovationen im Mathematikunterricht: Oft dürfte ein eigenes Interesse als Voraussetzung für eine eingehendere, eigeninitiative Beschäftigung mit unterrichtsbezogener Software einerseits professionelles Wissen zu Einsatzmöglichkeiten der betreffenden Software positiv beeinflussen, auch wenn es sich andererseits nicht zwangsläufig um eine notwendige Bedingung dafür handeln muss. Offen ist auch, inwiefern diese Überzeugung mit computerbezogenem fachdidaktischen Wissen gekoppelt ist. Überzeugung zur Notwendigkeit curricularer und inhaltlicher Änderungen im Zusammenhang mit einem die Nutzung von Computerwerkzeugen einbeziehenden Mathematikunterricht: Derartige Sichtweisen könnten sich auf ein Bewusstsein für andersartige Zugänge und Vorgehensweisen im Mathematikunterricht beziehen. Forderungen nach Änderungen im inhaltlichen und curricularen Bereich wurden verbreitet geäußert und diskutiert (z.b. Heugl, 2005; Heugl et al., 1996; Löthe, 1992). Wahrnehmungen zusätzlicher inhaltlicher Möglichkeiten für den Mathematikunterricht als Komponente professionellen Wissens weisen mit dem vorangegangenen Punkt Überschneidungsbereiche auf, wenn auch diese Sichtweise nicht identisch mit jenem Punkt zu sein scheint. Zusätzliche inhaltliche Möglichkeiten bestehen beispielsweise in der Zugänglichkeit von Inhaltsgebieten, die aufgrund hohen algorithmischen Aufwands bisher eher unzugänglich erschienen oder in neuen Zugängen zu Begriffswissen (Weigand & Weth, 2002; Heugl et al., 1996). Wenn Mathematiklehrkräfte der Überzeugung sind, dass mit dem Computereinsatz keine neuen inhaltlichen Neuerungen verbunden sind, könnte dies auf Verbesserungsmöglichkeiten in ihrem professionellen Wissen hindeuten. Überzeugung zur Möglichkeit, entsprechend des Auslagerungsprinzips algorithmische Tätigkeiten und Prozeduren an Computerwerkzeuge auszulagern: Diese Sichtweise spiegelt Erkenntnisse etwa von Peschek (1999) wider, nach denen die Möglichkeit der Auslagerung letztlich auch einer der Gründe für Forderungen nach einer inhaltlichen Neuausrichtung ei- 121

124 Sebastian Kuntze, Ludwigsburg nes computergestützten Mathematikunterrichts ist. Überzeugungen zu möglichen Vorteilen bzw. Verbesserungen, die durch den Einsatz von Computerwerkzeugen erreicht werden können. Hier können Möglichkeiten in den folgenden Bereichen von Bedeutung sein: Visualisierung einschließlich Merkmalen von Interaktivität: Dies ist ein zentraler Bereich, auf den zahlreiche fachdidaktische Überlegungen fokussieren (Weigand & Weth, 2002). So sind mit dem Einsatz von Computerwerkzeugen Möglichkeiten gegeben, geometrische Figuren in ihrer Veränderbarkeit zu visualisieren oder etwa Funktionsgraphen interaktiv zu verändern. Experimentierende und explorierende Herangehensweisen: durch die Möglichkeit, fertige Gebilde zu verändern, erlauben es Computerwerkzeuge, mit Eigenschaften eines Objekts zu experimentieren und so zugrunde liegende Zusammenhänge zu erkunden. Zu nennen sind hier etwa Lernsituationen, in denen nach dem Black-Box-White- Box-Prinzip vorgegangen wird (Heugl et al., 1996). Methodische Gestaltungsmöglichkeiten für Lernumgebungen: Für die schülerzentrierte Arbeit mit computergestützten Lernumgebungen gibt es Möglichkeiten, gestaffelt Hilfen und Rückmeldungen an die Lernenden zu geben, die auf deren Lernvoraussetzungen und Leistungsstand abgestimmt sind. Hintergrundüberlegungen zu diesem Bereich wurden beispielsweise von Jacobs (2002) angestellt. Die vorgestellten Aspekte professionellen Wissens beziehen sich speziell auf das Fach Mathematik. Im Vergleich zu Studien, die Vorstellungen von Lehrkräften oder Lehramtsstudierenden zum Computereinsatz weitgehend fachunspezifisch in den Blick nehmen (z.b. Cuckle et al., 2000; Hardy, 1998), wurde oben bereits deutlich, dass die meisten Aspekte nicht zum fachunspezifischen pedagogical knowledge, sondern zum pedagogical content knowledge gehören. In einer ersten Herangehensweise werden im Folgenden die vorgestellten Komponenten professionellen Wissens zum Computereinsatz im Mathematikunterricht untersucht. Bei solchen Untersuchungen ist nicht nur von Interesse, über welches professionelle Wissen praktizierende Mathematiklehrkräfte verfügen. Auch auf professionelles Wissen von Lehramtsstudierenden sollte fokussiert werden dies kann nicht zuletzt im Hinblick auf deren Professionalisierung oder die Evaluation von Lehrveranstaltungen von Bedeutung sein. Bei der Interpretation der Ergebnisse dieser Studie sollte jedoch darauf geachtet werden, dass sich Untersuchungen mit Studierenden aufgrund von Unterschieden in unterrichtsbezogenen Erfahrungen von Studien mit im Beruf stehenden Lehrkräften unterscheiden (vgl. da Ponte, 2001). Ferner ist zu berücksichtigen, dass wiederholt Unterschiede im professionellen Wissen von Lehrkräften verschiedener Schultypen beobachtet wurden (Brunner et al., 2006; Lipowsky et al., 2003), die sich auch bereits bei Studierenden verschiedener Lehramtsstudiengänge zeigen könnten. Forschungsfragen einer Pilotstudie in diesem Bereich, deren Ergebnisse in diesem Beitrag berichtet werden, werden im Folgenden zusammengefasst. Diese Pilotstudie dient auch Untersuchungen zum Professionswissen von Mathematiklehrkräften im Rahmen des Projekts KOMMA (Reiss et al., 2007), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde. 2 Forschungsfragen Vor dem Hintergrund der angestellten Überlegungen stehen die folgenden Forschungsfragen im Mittelpunkt: 1. Können die untersuchten Konstrukte in dem entwickelten Fragebogeninstrument reliabel operationalisiert werden? 2. Über welches professionelle Wissen zum Computereinsatz im Mathematikunterricht verfügen die untersuchten Lehramtsstudierenden in den angesprochenen Bereichen? 3. Gibt es Zusammenhänge zwischen den betrachteten Komponenten professionellen Wissens? 4. Können für die untersuchten Komponenten professionellen Wissens zum Computereinsatz Anzeichen für Entwicklungen beobachtet werden oder erweisen sie sich als vergleichsweise stabil? 3 Untersuchungsdesign An der Befragung nahmen N=39 Lehramtsstudierende teil (31 Studentinnen und 8 Studenten). Die Eingangsbefragung fand zu Beginn zweier Seminare statt, von denen eines seiner Inhalte nach auf Wissen zum Computereinsatz im Mathematikunterricht ausgerichtet war. Im Rahmen dieses Seminars (2 Semesterwochenstunden) hielten die Studierenden Vorträge, in denen jeweils eine Software vorgestellt wurde und den Teilnehmenden Gelegenheit gegeben wurde, selbsttätig mit dieser Software umzugehen. Einsatzmöglichkeiten der Software wurden von den Studierenden jeweils vorgestellt und kurz diskutiert. Am Ende des Seminars wurde die Befragung wiederholt. 25 Studierende (18 Studentinnen und 7 Studenten) besuchten das Seminar 122

125 Vorstellungen von Lehrkräften über den Einsatz von Rechnern im Mathematikunterricht als mögliche Kontextvariablen für eine computergestützte Aufgabenkultur Computereinsatz im Mathematikunterricht, 14 Studierende (13 Studentinnen und 1 Student) nahmen an einem anderen Seminar ohne Bezug zum Computereinsatz teil und konnten bei Vergleichen zwischen den beiden Befragungszeitpunkten, d.h. zu möglichen zeitlichen Entwicklungen als Kontrollgruppe betrachtet werden. Die Befragung bestand aus zwei Fragebögen, die nacheinander beantwortet werden sollten. Der erste Fragebogen enthielt Multiple-Choice-Items zu den in Abschnitt 1.3 vorgestellten, auf den Computereinsatz bezogenen Überzeugungen. Zu den Items konnten die Studierenden auf einer vierstufigen Likert-Skala ihre Zustimmung oder Ablehnung zum Ausdruck bringen. Beispielitems finden sich in der Tabelle in Abb Der zweite Fragebogen fokussierte auch auf deklarative Bestandteile professionellen Wissens zum Computereinsatz. Er bestand aus fünf offenen Items, in denen nach Wissen zum Computereinsatz gefragt wurde. Die fünf Items bezogen sich auf Wissen entsprechend der Skalen Explorative Herangehensweisen, Computereinsatz und Notwendigkeit curricularer Änderungen, Visualisierung/Interaktivität, keine inhaltlichen Neuerungen durch Computereinsatz und Auslagerungsprinzip. Ein Beispielitem des zweiten Fragebogens ist in Abb dargestellt. Abbildung 19.1: Beispielitem aus dem 2. Fragebogen 4 Ergebnisse Entsprechend der ersten Forschungsfrage wurde die Reliabilität der betrachteten Skalen untersucht. Die Tabelle in Abb zeigt die Reliabilitätswerte für die beiden Befragungszeitpunkte. Angesichts der geringen Anzahlen von Items pro Skala sind die Werte mit Ausnahme der Skala keine inhaltlichen Neuerungen durch Computereinsatz (CKN) zufrieden stellend bis ausreichend. Letztere Skala wurde daher von der weiteren Auswertung ausgenommen. Die ersten fünf Skalen Abb lassen sich auch faktorenanalytisch trennen. Die Faktorladungen einer entsprechenden Faktorenanalyse, deren fünf Hauptkomponenten 78,3% der Varianz erklären, sind in der Tabelle in Abb dargestellt. In der Faktorenanalyse werden durch die Hauptkomponenten offenbar gerade die Skalen reproduziert. Die Subskalen CEX, CVI und CMV beziehen sich alle auf Wahrnehmungen zu möglichen, an das Medium gebundenen Vorteilen des Computereinsatzes. Diese Skalen bilden erwartungsgemäß ein Bündel von Aspekten. Sie trennen faktorenanalytisch nicht völlig eindeutig voneinander ab, wie sich bei einer erweiternden Faktorenanalyse zeigte. Ergebnisse zur zweiten Forschungsfrage nach der Ausprägung der untersuchten Komponenten professionellen Wissens sind in der Tabelle in Abb wiedergegeben. Insgesamt bewegen sich die Mittelwerte eher nahe der Mitte zwischen starker Zustimmung (4) und starker Ablehnung (1). Der Computereinsatz wurde von den Studierenden als zusätzliches Hindernis für das Lernen tendenziell abgelehnt, auch die eigene positive Innovationseinstellung aufgrund eigenen Experimentierens mit Software wird in geringerem Maße gesehen. Demgegenüber fanden die Skalen Computereinsatz inhaltsunspezifisch motivierend, Auslagerungsprinzip, Explorative Herangehensweisen und Visualisierung/Interaktivität eher Zustimmung. Im Zusammenhang mit der zweiten Forschungsfrage nach Ausprägungen von Überzeugungen zum Computereinsatz ist auch von Interesse, ob es Unterschiede zwischen Studierenden verschiedener Lehramtsstudiengänge gibt. Aufgrund der Stichprobengröße konnten hierzu in einer explorativen Herangehensweise zwei Gruppen von Studierenden gebildet werden. Die eine Gruppe bestand aus 20 Realschullehramtsstudierenden, die andere Gruppe setzte sich aus 19 Grund- und Hauptschullehramtsstudierenden zusammen. Die Ergebnisse in Abb zeigen signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen von Studierenden in der Größenordnung mittlerer bis starker Effekte bei vier der acht Skalen: So nahm die Gruppe der Grund- und Hauptschullehramtsstudierenden den Computereinsatz eher als zusätzliches Hindernis wahr und war weniger von möglichen Vorteilen des Computereinsatzes (CEX, CVI, CMV) überzeugt. Von Interesse sind in diesem Zusammenhang auch Zusammenhänge zwischen den einzelnen Variablen entsprechend der dritten Forschungsfrage (Abb. 19.6). Die Korrelationen in der Tabelle in Abb fallen insgesamt erwartungsgemäß aus: So korreliert die Vorstellung, dass Computereinsatz ein zusätzliches Hindernis für mathematischen Kompetenzaufbau darstellt, erwartungsgemäß negativ mit der Skala Computereinsatz und positive Innovationseinstellung (CIN), sowie mit der Wahr- 123

126 Sebastian Kuntze, Ludwigsburg Abbildung 19.2: Überblick über in die Untersuchung einbezogene Skalen und Reliabilitätswerte Abbildung 19.3: Ergebnisse einer Faktorenanalyse zu Komponenten professionellen Wissens zum Computereinsatz Abbildung 19.4: Ausprägungen der betrachteten Überzeugungen zum Computereinsatz 124

127 Vorstellungen von Lehrkräften über den Einsatz von Rechnern im Mathematikunterricht als mögliche Kontextvariablen für eine computergestützte Aufgabenkultur Abbildung 19.5: Auf Computereinsatz im Mathematikunterricht bezogene Überzeugungen Gruppierung nach Lehramtsstudiengang (erster Fragebogen) Abbildung 19.6: Korrelationen zwischen den betrachteten Überzeugungen zum Computereinsatz 125

128 Sebastian Kuntze, Ludwigsburg nehmung des Auslagerungsprinzips (CAU), Vorteile für die methodische Gestaltung von Lernumgebungen (CMV) und Explorative Herangehensweisen (CEX) als Skalen, die sich stärker auf fachdidaktisches Wissen beziehen. Letztere Variable weist besonders starke Korrelationen mit den meisten der betrachteten Überzeugungen auf, was in etwas geringerem Maße auch für Computereinsatz und positive Innovationseinstellung (CIN) zuzutreffen scheint. Vergleichsweise unabhängig von den anderen Variablen ist die Überzeugung, dass curriculare Änderungen im Zusammenhang mit dem Einbeziehen von Computernutzungen in den Mathematikunterricht notwendig werden. Die vierte Forschungsfrage fokussierte auf die Stabilität oder Veränderbarkeit von professionellem Wissen zum Computereinsatz. Erste Erkenntnisse zu dieser Fragestellung können aus einem Vergleich der beiden Befragungszeitpunkte hervorgehen, zwischen denen eine der Gruppen sich in einem Seminar mit unterrichtsbezogener Software und mit Möglichkeiten des Computereinsatzes im Mathematikunterricht auseinandergesetzt hatte. Die Ergebnisse hierzu sind für Computereinsatz- und Kontrollgruppe in Abb dargestellt. Ein Vergleich bezüglich der ersten Befragung zu Beginn der jeweiligen Seminare zwischen der Gruppe der Teilnehmenden am Seminar Computereinsatz im Mathematikunterricht und der Kontrollgruppe im T-Test zeigt keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. In der zweiten Befragung nach dem jeweiligen Seminar unterschieden sich die Werte für Auslagerungsprinzip (CAU) (T=2,88; df=25; p<0,01; d=1,11) und für Explorative Herangehensweisen (CEX) (T=3,32, df=25; p<0,01; d=1,27) hoch signifikant zwischen den Gruppen. Es handelt sich jeweils um starke Effekte (vgl. die Werte für Cohen s d). Der Unterschied der mittleren Ausprägung der Skala Computereinsatz und positive Innovationseinstellung (CIN) zwischen den beiden Gruppen in der zweiten Befragung ist (knapp) nicht signifikant (T=2,02; df=25; p<0,054; d=0,77). In Abb kann ferner abgelesen werden, dass sich die Überzeugungen für Computereinsatz und positive Innovationseinstellung (CIN) und für Auslagerungsprinzip (CAU) bei der Computereinsatzgruppe von der ersten zur zweiten Befragung hoch signifikant steigerten. Es handelt sich dabei um einen mittleren bzw. um einen starken Effekt. Bei der Kontrollgruppe wird eine Veränderung bei der Skala Vorteile für die methodische Gestaltung von Lernumgebungen (CMV) signifikant. Ergänzende Erkenntnisse zur Unterstützung der Interpretation dieser Befunde kann eine Auswertung des zweiten Fragebogens zu deklarativen Wissensbestandteilen zum Computereinsatz im Mathematikunterricht liefern. Die Antworten der Studierenden zu den Items dieses Fragebogens wurden von zwei Ratern mit den folgenden Kategorien codiert, um einen indikatorenartigen Überblick zu erhalten (vgl. hierzu auch Abb. 19.1): So eine Situation gibt es nicht bzw. analog völlig unbearbeitet zweite Alternative angekreuzt, aber Textfeld leer/unbearbeitet Beschreibung/Antwort unpassend Idee vorhanden, ungenau formuliert zutreffende Beschreibung/Antwort Dabei kann die Reihenfolge der Codes bei aller notwendigen Vorsicht im Sinne eines ansteigenden Elaborationsniveaus bei deklarativen Wissensbestandteilen zum Computereinsatz im Mathematikunterricht interpretiert werden. Die relativen Häufigkeiten dieser Codes für die beiden Befragungszeitpunkte sind in Abb dargestellt. Dabei ist bei den meisten Fragen sichtbar, dass sich bei der Computereinsatz-Gruppe die relativen Häufigkeiten in Richtung einer zutreffenden Beschreibung/Antwort verschieben, während die Verschiebungstendenz in der Kontrollgruppe eher gegenläufig ist (eine Ausnahme scheint hier die Frage nach Lernsituationen mit interaktiver Veranschaulichung zu sein). Die Verschiebungen für die Computereinsatz-Gruppe sind bei den Fragen nach Lernsituationen mit rechnergestütztem Experimentieren und nach Beispielen für das Auslagerungsprinzip besonders deutlich. 5 Diskussion Die in dieser Studie betrachteten Komponenten professionellen Wissens beziehen sich auf verschiedene Bereiche fachdidaktischer Überlegungen zum Computereinsatz im Mathematikunterricht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die betrachteten Konstrukte in reliablen und teils faktorenanalytisch trennbaren Skalen operationalisiert werden konnten. Damit steht für quantitative Folgeuntersuchungen ein Fragebogeninstrument zur Verfügung, mit dem bereichsspezifisches Professionswissen erhoben werden kann, das auf Unterrichtsgestaltungen und Lernergebnisse rückwirken könnte. Der Fragebogen könnte insbesondere auch dazu beitragen, Anschlussfragen nach Zusammenhängen mit Unterrichtsmerkmalen und der Leistungs- oder Motivationsentwicklung von Schülerinnen und Schülern zu untersuchen. Die vorgestellten Befunde sollten jedoch mit Vorsicht interpretiert werden. Insbesondere ein Generalisieren auf praktizierende Lehrkräfte erscheint problematisch (da Ponte, 2001). Entsprechend ist es wünschenswert, auch praktizieren- 126

129 Vorstellungen von Lehrkräften über den Einsatz von Rechnern im Mathematikunterricht als mögliche Kontextvariablen für eine computergestützte Aufgabenkultur Abbildung 19.7: Entwicklung der Ausprägungen auf Computereinsatz im Mathematikunterricht bezogene Überzeugungen zwischen erster und zweiter Befragung Abbildung 19.8: Indikatoren für deklarative Wissensbestandteile zum Computereinsatz im Mathematikunterricht zum Zeitpunkt der beiden Befragungen (2. Fragebogen) 127

130 Sebastian Kuntze, Ludwigsburg de Lehrkräfte in Folgeuntersuchungen mit einzubeziehen. Dabei ermutigen die vorliegenden Befunde dazu, eventuell auch weitere Komponenten professionellen Wissens zum Computereinsatz mit zu betrachten. Auch Zusammenhänge mit anderen übergreifenden unterrichtsbezogenen Orientierungen oder epistemologischen Beliefs sollten Gegenstand von Anschlussstudien sein, um die hier betrachteten Überzeugungen einordnen zu können (vgl. Zusammenhänge zwischen Komponenten professionellen Wissens bei Lipowsky et al., 2003). Die Korrelationen zwischen verschiedenen auf den Computereinsatz bezogenen Überzeugungen deuten darauf hin, dass neben eigener Freude am Experimentieren mit unterrichtsbezogenen Computeranwendungen etwa die Vorstellungen von explorativen und experimentellen Zugängen zentrale Variablen sein könnten, die mit vielen anderen Vorstellungen aus diesem Bereich korrellieren. Eine dazu eher entgegengesetzte Überzeugung ist die Auffassung, dass Computereinsatz ein zusätzliches Hindernis für mathematischen Kompetenzaufbau im Sinne zusätzlichen Cognitive Loads ist. Die Befunde zu deklarativen Wissensbestandteilen zum Computereinsatz scheinen zunächst der Richtung nach Beobachtungen von Bender (2005) zu replizieren, nach denen es Studierenden oft nicht leicht fällt, ihre Vorstellungen und ihr Wissen zum Computereinsatz treffend zu formulieren. Trotzdem zeigen sich Anzeichen für Fortschritte im professionellen Wissen. Vor allem können die Ergebnisse in 19.8 dahingehend interpretiert werden, dass die in 19.7 festgestellten Veränderungen von Überzeugungen weniger auf eine bloße Beantwortung der Fragebögen nach sozialer Erwünschtheit, sondern auf Wissenszuwächse in mit den Überzeugungen verbundenem deklarativen Wissen zurückzuführen sein dürfte. Auch wenn tatsächlich Anzeichen für Effekte, die auf das Computereinsatz-Seminar zurückzuführen sind, vorhanden sind, sollen die Befunde jedoch weniger der Evaluation dieser Lehrveranstaltung als vielmehr der Untersuchung der Frage dienen, wie stabil die untersuchten Überzeugungen sind bzw. inwiefern sie durch Maßnahmen der Professionalisierung weiterentwickelt werden können. Hier zeigen sich vor allem Entwicklungen in fachdidaktisch geprägten Überzeugungen, während sich allgemeinere Beliefs, etwa, dass Computereinsatz inhaltsunspezifisch motivierend wirkt, als eher stabil erwiesen. Auf die Notwendigkeit von Anschlussuntersuchungen weisen schließlich auch die Ergebnisse zu den beobachteten Unterschieden zwischen den Studierenden verschiedener Lehramtsstudiengänge hin. Ob diese etwa mit unterschiedlichen Wahrnehmungen zur Anwendbarkeit von Computerprogrammen im jeweils eigenen Schultyp zusammenhängen, mit Unterschieden in übergreifenden epistemologischen Überzeugungen in Zusammenhang zu bringen sind oder etwa auf eine stärkere didaktische Sensibilität für Cognitive Load in Lernsituationen hinweisen, sollte Gegenstand vertiefender Analysen sein, die auch flankierenden Aufschluss zur Genese schularttypischen professionellen Wissens geben könnten. Literatur Adler, Jill, Deborah Ball, Konrad Krainer, Fou-Lai Lin & Novotna Jona (2005): Reflections on an Emerging Field: Researching Mathematics Teacher Education. Educational Studies in Mathematics, 60, Baumert, Jürgen, Werner Blum & Michael Neubrand (2004): Vortrag zum COACTIV-Projekt im Rahmen des 7. BIQUA- Rundgesprächs. Augsburg, Bender, Peter (2005): Dynamische-Geometrie-Software (DGS) in der Erstsemester-Vorlesung - ein Werkstatt-Bericht über ein Entwicklungs- und ein Forschungs-Projekt. In: Bender, Peter, Wilfried Herget, Hans-Georg Weigand & Thomas Weth (Hg.): Neue Medien und Bildungsstandards, Hildesheim: Franzbecker, Bromme, Rainer (1997): Kompetenzen, Funktionen und unterrichtliches Handeln des Lehrers. In: Weinert, Franz Emanuel (Hg.): Enzeklopädie der Psychologie: Psychologie des Unterrichts und der Schule, Göttingen: Hogrefe, Brunner, Martin, Mareike Kunter, Stefan Krauss, Jürgen Baumert, Werner Blum, Michael Neubrand, Thamar Dubberke, Alexander Jordan, Uta Klusmann & Yi-Miau Tsau (2006): Welche Zusammenhänge bestehen zwischen dem fachspezifischen Professionswissen von Mathematiklehrkräften und ihrer Ausbildung sowie beruflichen Fortbildung? Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9(4), Cuckle, Pat, Stephan Clarke & Isobel Jenkins (2000): Student s Information and Communication Technology Skills and Their Use during Teacher Training. Journal of Information Technology for Teacher Education, 9(1), 9 21 da Ponte, João Pedro (2001): Investigating mathematics and learning to teach mathematics. In: Lin, Fou-Lai & Cooney Thomas J. (Hg.): Making Sense of Mathematics Teacher Education, Dordrecht: Kluwer, Hardy, Janice V. (1998): Teacher attitudes toward and knowledge of computer technology. Computers in the Schools, 14(3-4), Heugl, Helmut (2005): CAS und Standards - eine interessante Herausforderung. In: Bender, Peter, Wilfried Herget, Hans- Georg Weigand & Thomas Weth (Hg.): Neue Medien und Bildungsstandards, Hildesheim: Franzbecker, Heugl, Helmut, Walter Klinger & Josef Lechner (1996): Mathematikunterricht mit Computeralgebra-Systemen - Ein didaktisches Lehrbuch mit Erfahrungen aus dem österreichischen DERIVE-Projekt. Bonn: Addison-Wesley Jacobs, Bernhard (2002): Aufgaben stellen und Feedback geben. URL wwwartikel/feedback/index.htm Kerres, Michael (2005): Mehrwert digitaler Medien. In: Kerres, Michael (Hg.): Multimediale und lelemediale Lernumgebungen, München: Oldenbourg, Kuntze, Sebastian (2006): Teachers beliefs on teacher training contents and related characteristics of implementation - the example of introducing the topic study method in mathematics classrooms. Zentralblatt für Didaktik der Mathematik (ZDM), 38(6),

131 Vorstellungen von Lehrkräften über den Einsatz von Rechnern im Mathematikunterricht als mögliche Kontextvariablen für eine computergestützte Aufgabenkultur Ergebnisse einer Pilotuntersuchung mit Lehramtsstudierenden Kuntze, Sebastian & Andreas Eichler (2007): Professionelles Wissen von Mathematiklehrkräften. Beiträge zum Mathematikunterricht Hildesheim: Franzbecker Kuntze, Sebastian & Kristina Reiss (2005): Situation-specific and generalized compo-nents of professional knowledge of mathe-matics teachers - Research on a video-based in-service teacher learning program. In: Chick, Helen & Jill Vincent (Hg.): Proceedings of the 29th Conference of the International Group for the Psychology of Mathematics Education (PME), Melbourne: University, Vol.3 (pp ) Leinhardt, Gaea & James Greeno (1986): The cognitive skill of teaching. Journal of Educational Psychology, 78, Lerman, Stephen (1990): Alternative perspectives of the nature of mathematics and their influence on the teaching of mathematics. British Educational Research Journal, 16(1), Lipowsky, Frank, Claudia Thußbas, Eckhard Klieme, Kurt Reusser & Christine Pauli (2003): Professionelles Lehrerwissen, selbstbezogene Kognitionen und wahrgenommene Schulumwelt - Ergebnisse einer kulturvergleichenden Studie deutscher und Schweizer Mathematiklehrkräfte. Unterrichtswissenschaft, 31(3), Löthe, Herbert (1992): Was trivialisieren, was komplizieren informatische Methoden in der Schulmathematik? In: Hischer, Horst (Hg.): Mathematikunterricht im Umbruch? Erörterungen zur möglichen Trivialisierung von mathematischen Gebieten durch Hardware und Software, Hildesheim: Franzbecker, Pajares, Frank (1992): Teachers Beliefs and Educational Research: Cleaning Up a Messy Construct. Review of Educational Research, 62(3), Peschek, Werner (1999): Auslagerung als didaktisches Prinzip eines computerunterstützten Mathematikunterrichts. In: Neubrandt, Michael (Hg.): Beiträge zum Mathematikunterricht 1999, Hildesheim: Franzbecker, Reiss, Kristina, Reinhard Pekrun, Sebastian Kuntze, Anke Lindmeier, Ulrike Nett & Luzia Zöttl (2007): KOMMA - ein Projekt zur Entwicklung und Evaluation einer computergestützten Lernumgebung. GDM-Mitteilungen, 83, Shulman, Lee (1986): Those who understand: Knowledge growth in teaching. Educational Researcher, 15(2), 4 14 Sweller, John (1994): Cognitive load theory, learning difficulty and instructional design. Learning and Instruction, 4, Törner, Günter (2002): Mathematical Beliefs - A Search for a Common Ground: Some Theoretical Considerations on Structuring Beliefs, some Research Questions, and some Phenomenol-ogical Observations. In: Leder, Gilah, Erkki Pehkonen & Günter Törner (Hg.): Beliefs: A Hidden Variable in Mathematics Education?, Dordrecht: Kluwer, Weigand, Hans-Georg & Thomas Weth (2002): Computer im Mathematikunterricht - Neue Wege zu alten Zielen. Berlin: Spektrum Akademischer Verlag 129

132 Sebastian Kuntze, Ludwigsburg 130

133 Concept Map-Aufgaben für den Mathematikunterricht Marianne Moormann, München Im Vortrag werden Beispiele von verschiedenen Concept Map-Aufgaben vorgeführt. Die Aufgaben werden dabei mit dem icmap tool bearbeitet, welches auf der Software Coolmodes basiert. Interessant ist sicherlich die Bandbreite der Aufgaben, die den Lernenden sehr stark führen oder ihm viele Freiräume lassen. Auch der Zweck, den die Concept Map-Aufgaben im Lernprozess erfüllen, variiert von Aufgabe zu Aufgabe. Ergebnisse einer kleinen Studie mit 23 Studierenden, die dieses Tool hinsichtlich Bedienbarkeit und anderen Aspekten beurteilen sollten, runden den Vortrag ab. 1 Einleitung Concept Maps können als strukturierte, visuellräumliche Darstellungen von Wissen beschrieben werden. Im Deutschen würde man sie etwa als Begriffs- oder Wissens-Landkarten bezeichnen. Die Möglichkeiten dieser Darstellungsform auch komplexe Zusammenhänge komprimiert und dennoch übersichtlich zu präsentieren haben dazu geführt, dass Concept Maps sich sowohl in der empirischen Forschung wie auch als Lernstrategie etabliert haben. Dabei hat sich mit der Zeit eine Vielzahl von Subkategorien netzwerkartiger Wissensdarstellungen herausgebildet. Eine häufig anzutreffende Kategorie sind etwa die Mindmaps. In diesem speziellen Fall sind die in einer Karte verwendeten Begriffe nicht gleichwertig, sondern ordnen sich um einen zentralen Begriff herum an. Derartige Unterscheidungen haben für diesen Artikel jedoch keine Bedeutung, so dass häufiger allgemein von Mapping-Techniken die Rede ist. 2 Theoretischer Hintergrund zu Mapping-Techniken 2.1 Darstellung von Wissensbereichen durch Concept Maps Zunächst handelt es sich bei einer Concept Map um eine Darstellung von isolierten Wissenseinheiten und deren Relationen untereinander. Die Wissenseinheiten, z.b. Begriffe oder Symbole, werden als Knoten abgebildet, während die Relationen als (beschriftete) Verbindungslinien dargestellt werden. Je nach Typ der Relation werden gelegentlich auch Pfeile verwendet um die Richtung des Zusammenhangs anzugeben. Auf diese Art können Hierarchien, Zusammengehörigkeiten, Einflussfaktoren oder Interdependenzen angezeigt werden (Tergan, 2005). 2.2 Ziele der Wissensdarstellung in Form von Concept Maps Werden Concept Maps als Lernstrategie verwendet, so werden ihnen meist drei Funktionen zugesprochen. Sie sollen Wissen strukturieren, eine ökonomische Speicherung erlauben und die spätere, leichte Abrufbarkeit der Information garantieren. Besonders in eher komplexen Domänen kommen Concept Maps zum Einsatz. Nutzt der Lernende Concept Maps, so erfährt er etwas über die Zusammenhänge zwischen einzelnen Begriffen oder Wissenseinheiten. Von Detailwissen wird zugunsten größerer Sinnzusammenhänge abstrahiert. Die effektivere Form der Wissensspeicherung durch eine visuell-räumliche Darstellung wird einerseits damit begründet, dass hier der so genannte Bildüberlegenheitseffekt greift, Wissen also besser behalten wird, wenn es anhand von bildlichem anstatt von verbalem Material erworben wird. Zum anderen geht die Psychologie heute davon aus, dass die mentale Repräsentation des Wissens strukturelle Ähnlichkeit zur äußeren Repräsentation in Mapping-Strukturen aufweist (vgl. Anderson, 1996). Aus dieser strukturellen Nähe wird ein erleichterter Zugang zu Wissen, welches in dieser Art repräsentiert ist, abgeleitet. 2.3 Concept Maps im Kontext virtueller Lernangebote Gerade durch das Internet bzw. durch internetbasierte Lernangebote wird Wissen zum ständig verfügbaren Gut. Die Menge weltweiten Wissens verdoppelt sich in immer kürzerer Zeit. Ebenso verkürzen sich die Verfallszeiten von Wissen in Bereichen sich wandelnder Aktualität. Damit wird ein neuer Umgang mit Wissen notwendig. Statt einer Anhäufung von Wissen ist eher ein effizienter Umgang mit Informationen und Informationsquellen gefragt. Wissen, [...] wie auf dieses Wissen zugegriffen und wie es für eine flexible Wissensnutzung organisiert und verwaltet werden kann, wird zu einem wesentlichen Aspekt kognitiver Kompetenz werden (Tergan, 2002). Visualisierungsstrategien, wie eben den diversen Mapping-Techniken, wird in diesem Zusammenhang eine zentrale Funktion zugesprochen (vgl. Tergan, 2005). 2.4 Concept Maps im Mathematikunterricht Im Vergleich zu anderen Wissenschaften stellt die Mathematik ein stärker hierarchisch strukturiertes Gebiet dar. Nicht nur lassen sich in der Mathematik Ober- und Unterbegriffe netzwerkartig darstellen. Vielfach gibt es auch zentrale Begriffe, die in zahlreichen Teilgebieten der Mathematik wie- 131

134 Marianne Moormann, München der eine zentrale Rolle spielen, wobei der Schwerpunkt auf unterschiedlichen Formen der Repräsentation liegen kann. Denkbar ist auch die Darstellung abstrakter mathematischer Begriffe im Zusammenhang mit konkreten Objekten oder Anwendungen, die zu ihrem Begriffsumfang zählen. Nach (Brinkmann, 2005) ist es noch eher unüblich Mapping-Techniken, die sich in anderen Gebieten als nützlich erwiesen haben, für das Lernen von Mathematik zu verwenden. Neben den schon genannten Möglichkeiten Concept Maps zu nutzen, stellt (Brinkmann, 2005) heraus, dass sie zweckmäßig eingesetzt werden können um ein Thema zu wiederholen. 3 Das icmap tool als ein Beispiel eines Concept Mapping Tools 3.1 Funktionsweise des Tools Das icmap tool ist an die Wissensbasis der Software LeActiveMath angebunden. Prinzipiell ist aber jede größere Wissensbasis geeignet, deren Objekte die erforderlichen Informationen über Relationen untereinander tragen. Der Lernende kann zum Einen Zusammenhänge frei erkunden: Nachdem er das ic-map tool geöffnet hat, werden ihm zwei Fenster angezeigt (vgl. Abb. 12.1), der größere Arbeitsbereich (links im Bild) und die Palette (rechts im Bild). In den Arbeitsbereich können Objekte aus der Lernumgebung LeActiveMath per Drag&Drop-Funktion hereingezogen werden. Dabei werden allerdings nur der Objekt-Typ und der Titel auf einem Begriffsknoten angezeigt. Ein Klick auf das i - Symbol gibt jedoch die gesamte Information wieder frei. Der Lernende hat die Aufgabe nun sinnvolle Verknüpfungen zu finden. Die Palette bietet dazu verschiedene Relationen in Form beschrifteter Kanten an, die zwischen zwei Begriffsknoten gesetzt werden können. Einige Beispiele sind in Abbildung 1 bereits erkennbar. Des Weiteren lassen sich über die Palette Hilfen und Vorschläge abrufen. Auch eine Überprüfung der gewählten Kanten auf Richtigkeit und eine Erklärung zu Fehlern wird hier angeboten. Grundsätzlich ist das icmap tool sehr offen angelegt und unterstützt daher auch die Möglichkeiten eigene Knoten hinzuzufügen oder handschriftliche Notizen mit einem Stiftwerkzeug vorzunehmen. Einem Autor ist es demgegenüber allerdings auch möglich sehr eng geführte Concept Map-Aufgaben zu erstellen, in der beispielsweise nur ein Relationstyp angeboten wird. Eine eng geführte Aufgabe kann dann zum Einsatz kommen, wenn zuvor die Zusammenhänge aufgezeigt wurden und der Lerner sie lediglich anhand der Map rekonstruieren soll. Statt des offenen Explorierens besteht auch die Möglichkeit vordefinierte Concept Map-Aufgaben zu bearbeiten, die direkt aus LeActiveMath heraus aufgerufen werden können. Hierbei befinden sich üblicherweise zusätzlich zu den Bezeichnungen der Relationen einige Begriffe in der Palette, so dass der Lerner das Tool zur Bearbeitung der Aufgabe nicht zwingend verlassen muss. Am Ende kann die erstellte Concept Map mittels einer Exportfunktion als Bild festgehalten und beispielsweise auch ausgedruckt werden. 3.2 Positionen von icmaps im Lernprozess Sinn von Concept Map-Aufgaben ist es, die Vernetzung von Begriffen zu fördern, indem Hierarchien oder andere Zusammenhänge als Verbindungslinien gezogen werden müssen. In der Konzeption der Software LeActiveMath spielen sie daher besonders zum Abschluss eines Themengebiets eine Rolle. So lässt sich ein Kurs Zusammenhänge begreifen automatisch aus dem gewählten Inhaltsbereich generieren (Erläuterungen zur Kursgenerierung z.b. in (Groß & Moormann, 2007)), bei dem zunächst eine fertige Map der zu erarbeitenden Zusammenhänge präsentiert wird. Nach einigen Sätzen mit Beispielen und Übungen wird dann zum Abschluss eine Concept Map- Aufgabe gestellt, die die erste Map reproduzieren und zur Reflexion über den Lernprozess anregen soll. 4 Bewertung des icmap tools durch Studierende 4.1 Stichprobe und Design der Untersuchung Im Rahmen eines Seminars erprobten 23 Mathematik-Studierende des vertieften Lehramts an der LMU München das icmap tool. Das Tool wurde im Kontext der Software LeActiveMath benutzt, so dass die Studierenden im Wesentlichen nur an den vordefinierten Aufgaben arbeiteten. Mit der Software waren die Studierenden bereits vorher vertraut, in die Funktionsweise des speziellen Tools wurden sie jedoch erst zu Beginn der Sitzung eingeführt. Anschliessend arbeiteten sie gut 60 Minuten paarweise an den Concept Map-Aufgaben. Zum Abschluss füllte jeder einzeln einen dreiseitigen Fragebogen aus. Auf den ersten zwei Seiten befanden sich jeweils Multiple-Choice-Items auf einer 4-fachen Likert- Skala ( stimmt genau, stimmt weitgehend, stimmt kaum, stimmt gar nicht ) mit Aussagen zur Nutzerfreundlichkeit und Bedienbarkeit, zum (vermuteten) Lernwert und zum Unterstützungswert bezogen auf die Reflexion des eigenen Wissens und Lernens. Die letzte Seite stellte einen offenen Kommentarteil dar. In diesem wurde um Kritik zum Relationen-Angebot gebeten, durften Verbesserungsvorschläge formuliert werden und sollten das Lernpotenzial bzw. mögliche Anwendungen im Mathematikunterricht skizziert 132

135 Concept Map-Aufgaben für den Mathematikunterricht Abbildung 20.1: Screenshot des icmap tools werden. 4.2 Ergebnisse und Interpretation Zweck des Fragebogens war zum Einen eine erste Tendenz der Bewertung zu erhalten und zum Anderen eine Überprüfung der Tauglichkeit der eingesetzten Items. Da die Stichprobe mit N = 23 für eine umfangreiche statistische Auswertung zu gering war und einige der Items Probleme in der Formulierung aufwiesen, sollen hier nur Tendenzen angegeben werden. Bewertet wurden die Bedienbarkeit, die Unterstützung der Reflexion und das vermutete Lernpotenzial. Auf einer Skala von 1 bis 4, stellt 1 eine positive und 4 eine negative Bewertung dar. Die meisten Items erzielten Werte im neutralen Bereich um 2,5. Ein wenig überrascht, dass die Items zur Bedienbarkeit tendenziell am besten bewertet wurden (zwischen 2,0 und 2,5). Die Bedienung des Tools ist zwar sehr leicht zu erlernen und eher schlicht angelegt, doch funktioniert sie in einigen Punkten kontraintuitiv. Beispielsweise werden die Verbindungslinien bis auf die Begriffsknoten gezogen statt nur an ihren Rand heran. Diese Vorgehensweise ist motorisch einfacher, war jedoch aus Sicht der Studierenden vermutlich zunächst eher unerwartet. Genauere Informationen lassen sich dem Kommentarteil entnehmen. Zunächst wurden die Relationen für und ist ein(e) teils nicht verstanden bzw. für überflüssig erklärt. Diese Benennungen sind 1:1-Abbildungen der im System zugrundeliegenden informationstechnologischen Codierung. Ihre Bedeutung wurde im Vorfeld nicht erklärt. Dagegen fanden Relationen wie ist abhängig von, gehört zu, ist äquivalent zu sowie gegen (für Gegenbeispiele) und irgendeine (zur Feststellung, ob überhaupt ein Zusammenhang existiert) allgemeine Akzeptanz. Als weitere Vorschläge wurden genannt bedingt durch, führt zu und ist Teil von. In der Kritik standen einzelne Aspekte der Bedienung. In Bezug auf die sinnvolle Nutzung der Concept Maps schien einigen Stuierenden die Offenheit der Aufgabenstellung Schwierigkeiten zu bereiten. Der Hilfe-Text, der bewusst eher kurz gehalten wurde und sich nur auf technische Aspekte bezieht, konnte den Studierenden Sinn und Zweck von Concept Maps nicht eröffnen. Der Wert der Concept Maps wurde vielfach in der Darstellung von Zusammenhängen und Übersichten gesehen. Andere Möglichkeiten, z.b. die Concept Map zu nutzen um die eigene Einschätzung seines Wissens zu überprüfen oder über seinen Lernprozess zu reflektieren wurden mit einer Ausnahme nicht genannt. Mehrfach betont wurden dagegen der hohe Anspruch und der hohe Zeitaufwand, den die Erstellung der Concept Maps darstellten. Als Empfehlung für den Einsatz im Unterricht wurde eine Verwendung konsequenterweise höchstens einmal zum Abschluss eines Themas bzw. nach intensiver Beschäftigung mit einem Themengebiet eingeräumt. 5 Ausblick Die Aussagen der Studierenden in der Untersuchung machen deutlich, dass sie eher den grundsätzlichen Wert von Mapping-Techniken in Frage stellen. Dagegen scheinen sie wenig Schwierigkeiten mit der Erstellung von Concept Maps mit dem IC-Map tool gehabt zu haben. 133

136 Marianne Moormann, München Dennoch gründen sich natürlich gewisse Schwierigkeiten auch auf die eingesetzte Technologie. So wird neben einer umfangreichen Wissensbasis mit entsprechend reichhaltigen Relationen immer auch notwendig sein, die Lernenden mit den Spezifika des Tools vertraut zu machen. Damit die Stärke des Tools, nämlich die Möglichkeit zur Rückmeldung über die Korrektheit der Relationen auch genutzt werden kann, sind zwei Aspekte bedeutsam: Die Lerner benötigen explizite Informationen zu den Möglichkeiten des Lernangebots (z.b. zur Reflexion der eigenen Maps anhand des Feedbacks). Das Tool muss Feedback in einer Art und Weise geben, die (technisch immer mögliche) Fehlentscheidungen berücksichtigt (d.h. statt eine in der Wissensbasis nicht vorgesehene bzw. vom Autor übersehene Relation als falsch zu bezeichnen eher dem System nicht bekannt als Formulierung wählen, eventuell mit der Ergänzung bitte prüfen ). Insgesamt stellen Darstellungen von Wissensgebieten als Concept Maps einen interessanten Ansatz dar, insbesondere auch in Zusammenhang mit virtuellen Lernumgebungen. Noch gibt es allerdings nur sehr wenige empirische Belege für die Lernwirksamkeit von Mapping-Techniken. Ob Concept Maps als Lernhilfe unter Berücksichtigung solcher Nachbesserungen wirksame Unterstützung in der Lernumgebung bieten bleibt zu untersuchen. Ausprobieren lässt sich das Tool unter activemath.org/ (nach der Registrierung oben rechts über Tools bzw. Werkzeuge ). Literatur Anderson, John R. (1996): Kognitive Psychologie. 2 Auflage, Heidelberg, Berlin, Oxford: Spektrum Akademischer Verlag Brinkmann, Astrid (2005): Knowledge maps - tools for building structure in mathematics. International Journal for Mathematics Teaching and Learning (IDMTL) Groß, Christian & Marianne Moormann (2007): LeActiveMath - a new innovative European elearning system for calculus contents. ZDM, 38(6) Tergan, Sigmar-O. (2002): Konzeption, Lernmöglichkeiten, Lernprobleme und Perspektiven. In: Issing, Ludwig J. & Paul Klimsa (Hg.): Information und Lernen mit Multimedia und Internet, Weinheim: Beltz Verlag, Tergan, Sigmar-O. (2005): Concept Maps & E-Learning. URL e-teaching.org Weidenmann, Bernd (2002): Mulicodierung und Multimodalität im Lernprozess. In: Issing, Ludwig J. & Paul Klimsa (Hg.): Information und Lernen mit Multimedia, Weinheim: Beltz Verlag,

137 Computerbasierte Aufgaben zum Vervollständigen von Teillösungen Christian Spannagel, Ludwigsburg Lernsituationen im Mathematikunterricht lassen sich im Spektrum zwischen den Extrema vollständige Instruktion und vollständige Exploration verorten. Beim Problemlösen beispielsweise kann die Lösung eines Problems vorgegeben sein (als Lösungsbeispiel bzw. worked example; vollständige Instruktion). Die Lernenden vollziehen die Lösung nach und wenden sie anschließend auf ähnliche Probleme an. Dabei wird aber kaum Problemlösekompetenz erworben. Im anderen Extremfall sollen Schüler das Problem komplett selbst lösen (vollständige Exploration). Dabei können aber vor allem schwächere Schüler schnell überfordert sein. Im mittleren Bereich zwischen diesen beiden Extrema erkunden Lernende eine Umgebung mit Unterstützung der Lehrperson (guided exploration). Ein entsprechendes Aufgabenformat zum Problemlösen sind Vervollständigungsaufgaben (completion problems), bei denen zunächst nur ein Teil eines Lösungsweges demonstriert wird. Die Lernenden vervollständigen diesen anschließend. In diesem Artikel wird vorgestellt, wie das Werkzeug Clever- PHL zur Erstellung computerbasierter Vervollständigungsaufgaben verwendet werden kann. 1 Einleitung Wenn Schüler im Mathematikunterricht Probleme lösen, dann bieten sich verschiedene Handlungsmöglichkeiten für die Lehrperson an. Sie kann z. B. die Schüler die Problemlösesituation alleine explorieren lassen und keinerlei Hilfestellung geben. Sie kann aber auch die Lösung des Problems komplett vorgeben. Die Schüler müssen dann die Lösung nachvollziehen und später z. B. auf ähnliche Probleme übertragen. Zwischen diesen beiden Extremen (vollständige Exploration und vollständige Leitung) liegt ein ganzes Spektrum an Handlungsmöglichkeiten, in denen die Schüler in ihrer Selbsttätigkeit durch die Lehrperson unterstützt werden, in denen also selbstständiges Entdecken auf der Seite der Schüler und helfende Unterstützungsmaßnahmen auf der Seite der Lehrperson kombiniert werden. Ein Beispiel hierfür ist die folgende Situation: Ein Schüler arbeitet an einem Problem, weiß aber nicht, wie er anfangen soll. Die Lehrperson führt ihm einige Schritte vor und erläutert, warum sie diese Schritte durchführt, welche Ziele sie hat und welche Strategien sie anwenden. Anschließend überlässt sie dem Schüler die Fortführung der Teillösung. Sie hat durch die Demonstration den Anfang gemacht mit dem Ziel, dem Schüler den Einstieg in die Problemlösung zu erleichtern. Findet das Problemlösen unter der Nutzung eines Computerprogramms statt, so kann die Lehrperson zunächst einige Schritte am Computer vorführen und ihre Schritte erläutern. Anschließend übergibt sie die Steuerung dem Schüler, der mit der Problemlösung fortfahren kann. Befinden sich Schüler und Lehrperson nicht zur selben Zeit am selben Ort (beispielsweise beim Online-Lernen, bei Hausaufgaben oder in ähnlichen Situationen), dann kann die Lehrperson die ersten Schritte im Computerprogramm dem Schüler nicht ohne Weiteres demonstrieren. Hierzu wird ein Werkzeug benötigt, das die Lehrerdemonstration aufzeichnen, abspeichern und wiedergeben kann, und zwar so, dass der Schüler nach der Betrachtung der Einführung mit der Problemlösung fortfahren kann. In diesem Artikel wird das Werkzeug CleverPHL vorgestellt, das Lehrpersonen die Möglichkeit bietet, computerbasierte Problemlöseaufgaben mit anfänglichen Teillösungen zu erstellen, die von den Lernenden zu Ende geführt werden sollen. Zunächst wird in Abschnitt 2 eine kognitionspsychologische Definition des Begriffs Problemlösen gegeben. Darüber hinaus werden dort Instruktionsformate vorgestellt, die Novizen beim Problemlösen unterstützen sollen. In Abschnitt 3 werden diese Konzepte auf das Problemlösen mit dem Computer übertragen. Dabei wird deutlich gemacht, dass ein spezielles Werkzeug zur Erstellung eines bestimmten Instruktionsformates (prozessorientierte Vervollständigungsaufgabe) benötigt wird. In Abschnitt 4 wird das Aufzeichnungsund Wiedergabesystem CleverPHL vorgestellt, das die Erstellung prozessorientierter Vervollständigungsaufgaben ermöglicht. Abschnitt 5 fasst den Artikel zusammen. 2 Problemlösen zwischen Exploration und Leitung Problemlösen im kognitionspsychologischen Sinne bezeichnet die Überführung einer gegebenen Situation (Startzustand) in eine erwünschte Situation (Zielzustand), wobei mehrere Handlungsmöglichkeiten zur Auswahl stehen (Operatoren; Anderson, 1996). Die verschiedenen Möglichkeiten, wie man die Operatoren verknüpfen kann, spannen ein Handlungsfeld auf, den Problemraum. Ein Beispiel für eine Problemlöseaufgabe ist eine klassische Konstruktionsaufgabe, wie sie in Abbildung 21.1 dargestellt ist. Den Startzustand bilden die gegebenen Werte, der Zielzustand ist die fertige Konstruktion. Als Operatoren stehen mehrere Konstruktionshandlungen zur 135

138 Christian Spannagel, Ludwigsburg Verfügung (Konstruktion eines Punkts, Konstruktion einer Geraden, Konstruktion einer Senkrechten usw.). Ein Experte in geometrischen Konstruktionen kann relativ schnell einen möglichen Konstruktionsweg, d. h. eine passende Reihenfolge von Konstruktionshandlungen, ausmachen, welcher den Start- in den Zielzustand überführt. Ein Novize hingegen hat es schwer, bereits im Startzustand aus der Fülle möglicher Handlungsalternativen eine passende auszuwählen. Dies kann zur Anwendung ineffizienter Problemlösestrategien wie beispielsweise trial and error führen. Das menschliche Arbeitsgedächtnis, in dem bewusste Denkvorgänge ablaufen, ist stark kapazitätsbeschränkt (Miller, 1956; Baddeley, 1992). Im Kontext der cognitive load theory wird daher postuliert, dass intensive Suchen im Problemraum, wie sie bei Novizen stattfinden, die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses derart in Anspruch nehmen, sodass nicht genügend Ressourcen zum Aufbau von Problemlöseschemata zur Verfügung stehen (Chandler & Sweller, 1991; Sweller et al., 1998). Diese lernirrelevante kognitive Belastung (extraneous cognitive load) kann durch den Einsatz von Lösungsbeispielen (worked examples) vermieden werden. Die Lernenden erhalten hierbei zunächst zu einer gegebenen Aufgabe die Lösung samt Lösungsweg. Nach der Auseinandersetzung mit dem Lösungsbeispiel bekommen sie ähnliche Aufgaben ohne Lösung gestellt. Sie können dann versuchen, die gesehene Lösung auf die neuen Aufgaben zu übertragen (Transfer). Abbildung 21.2 zeigt ein Lösungsbeispiel zu der Konstruktionsaufgabe aus Abbildung Hierbei handelt es sich um die Konstruktionsbeschreibung mit Bild. In zahlreichen Untersuchungen wurde gezeigt, dass Lösungsbeispiele ein effektives und effizientes Instruktionsformat sind, insbesondere hinsichtlich transferfähigen Wissens (Sweller et al., 1998). Dies wird darauf zurückgeführt, dass durch das Nachvollziehen eines Lösungsbeispiels unnötige Suchen im Problemraum vermieden werden und dadurch mehr kognitive Kapazität für das Erkennen struktureller Eigenschaften des Problems und für den Aufbau von Problemlöseschemata zur Verfügung steht. Darüber hinaus gibt es mittlerweile zahlreiche Gestaltungsrichtlinien für Lösungsbeispiele (Atkinson et al., 2000). Hierzu zählen beispielsweise die Empfehlungen, Text und Bild zu integrieren (Sweller et al., 1998) und Unterziele im Lösungsprozess kenntlich zu machen (Catrambone & Holyoak, 1990). Lernsituationen lassen sich im Spektrum zwischen vollständiger Exploration und vollständiger Leitung verorten (Hermann, 1969; Shuell, 1988). Während konventionelles Problemlösen zur vollständigen Exploration zu zählen ist und Novizen überfordern kann, besteht bei der Anleitung durch Lösungsbeispiele kaum kein Raum für eigene, kreative Problemlösungen. Zu viel Unterstützung kann sich bei Lernenden mit hohem Vorwissen zudem nachteilhaft auswirken (expertise reversal effect; Kalyuga et al., 2003). Zwischen den beiden Extremen gibt es jedoch ein ganzes Spektrum an Lernsituationen, in denen Lernende einerseits aktiv Lösungen entwickeln, andererseits aber durch die Lehrperson Anleitung und Hilfe erfahren (guided exploration; Mayer, 2004). Ein Instruktionsformat, dass sowohl Anteile an Exploration als auch an Leitung enthält, ist die Vervollständigungsaufgabe (completion problem; Sweller et al., 1998). Hier wird Lernenden ein Teil des Lösungswegs (z. B. der Anfang) vorgegeben. Ihre Aufgabe ist es dann, die Teillösung zu vervollständigen. So kann beispielsweise der Anfang einer Konstruktionsbeschreibung vorgegeben sein (Abbildung 21.3). Die Konstruktion muss von den Lernenden zu Ende geführt werden. Vervollständigungsaufgaben können beispielsweise als Übergang von Lösungsbeispielen zum konventionellen Problemlösen eingesetzt werden. Die Intensität der Unterstützung wird dabei schrittweise zurückgenommen (fading; Renkl et al., 2004). Sowohl Lösungsbeispiele als auch Vervollständigungsaufgaben sind konzeptionell darauf ausgelegt, dass Lernende Problemschemata für eine bestimmte Klasse von Problemen ausbilden. Die Strategien, die Experten während der Lösung eines Problems anwenden, werden in der Regel nicht expliziert. In prozessorientierten Lösungsbeispielen hingegen wird auch der Lösungsprozess fokussiert (van Gog et al., 2004). Hier wird die Lösung des Problems von einem Experten (z. B. der Lehrperson) schrittweise vorgeführt. Dabei erläutert dieser seine Gedanken und Problemlösestrategien. Hierdurch erhalten Lernende einen Einblick in die Denkweise von Experten und können diese bei ähnlichen Problemstellungen imitieren. Sie lernen am Modell (Bandura, 2001). So kann die Lehrperson eine Konstruktion an der Tafel schrittweise entwickeln und dabei die jeweiligen Ziele und Strategien erläutern. Bei prozessorientierten Vervollständigungsaufgaben wird nur ein Teil des Lösungsprozesses vorgeführt. Die Lernenden müssen diesen anschließend abschließen. Es handelt sich dabei um ein Szenario der unvollständigen Modellierung durch die Lehrperson mit anschließender Vervollständigung der Problemlösung durch die Lernenden (Spannagel, 2007). Produktorientierte Lösungsbeispiele und Vervollständigungsaufgaben können in statischen Medien repräsentiert werden, also beispielsweise als Text-Bild-Kombination wie in den Abbildungen 21.2 und Die prozessorientierten For- 136

139 Computerbasierte Aufgaben zum Vervollständigen von Teillösungen Abbildung 21.1: Eine typische Konstruktionsaufgabe als Problemlöseaufgabe Abbildung 21.2: Lösungsbeispiel (worked example) Abbildung 21.3: Vervollständigungsaufgabe (completion problem) 137

140 Christian Spannagel, Ludwigsburg men bedürfen hingegen einer dynamischen Darstellung, da die Entwicklung der (Teil-)Lösung des Problems gezeigt werden soll. Prozessorientierte Lösungsbeispiele können etwa als Videoaufzeichnung oder als Animation einer Expertenlösung repräsentiert werden. 3 Problemlösen mit dem Computer Computer können beim Problemlösen unterstützen. Denkwerkzeuge (cognitive tools, mindtools) helfen den Lernenden beim Denken und können im Sinne der verteilten Kognition als integraler Bestandteil der Denkprozesse betrachtet werden (Jonassen & Reeves, 1996; Salomon, 1993). Sie nehmen beispielsweise arbeitsaufwändige Rechnungen ab und legen so kognitive Ressourcen frei für höherwertige Denkvorgänge, oder sie unterstützen Denkprozesse durch externe Repräsentationen. Hierzu zählen z. B. dynamische Geometriesysteme (DGS) und Tabellenkalkulationsprogramme. Die Verwendung von Computerprogrammen bedeutet allerdings eine zusätzliche kognitive Belastung für Lernende (Spannagel, 2007). Die Verwendung eines Computerprogramms kann selbst zum Problem im oben beschriebenen Sinne werden: ein Anfangszustand (momentaner Programmzustand) muss in einen Zielzustand überführt werden. Die einzelnen Funktionen des Programms stellen dabei die Problemlöseoperatoren dar. Das Verwenden eines Computerprogramms zum Bearbeiten eines mathematischen Problems kann somit zur Notwendigkeit von Problemlöseprozessen auf zwei Ebenen führen. Zum einen muss das mathematische Problem gelöst werden, zum anderen das Problem der korrekten Programmnutzung. Lösungsbeispiele und Vervollständigungsprobleme können eine Hilfe bei dieser komplexen Aufgabe sein. Prozessorientierte Lösungsbeispiele können z. B. mit Hilfe eines Bildschirmvideoprogramms erstellt werden. Dabei führt die Lehrperson die einzelnen Schritte zur Lösung des Problems in dem Programm (z. B. dem DGS) durch und zeichnet diese gleichzeitig als Bildschirmvideo auf. Die Lernenden können sich das Bildschirmvideo betrachten und das beobachtete Vorgehen beim Problemlösen anschließend auf ähnliche Probleme unter Nutzung der gleichen Software übertragen. Die Repräsentation von prozessorientierten Vervollständigungsaufgaben hingegen ist mit Bildschirmvideosystemen nicht direkt zu verwirklichen. Hat der Lernende das Bildschirmvideo mit der aufgezeichneten Teillösung betrachtet, so kann er anschließend den Prozess nicht direkt fortführen, da das Bildschirmvideo separat zum Anwendungsprogramm abläuft. Er muss zunächst alle beobachteten Schritte in der Software (z. B. dem DGS) wiederholen, bevor der den Prozess vervollständigen kann. Wünschenswert wäre es hingegen, wenn das Bildschirmvideo direkt im Anwendungssystem ablaufen würde, d. h. wenn es den Zustand des Anwendungssystems beim Abspielen ändert würde. Nach Ablauf des Videos wäre dann das Programm in demjenigen Zustand, der für den Lernenden Ausgangspunkt zur Vervollständigung der Problemlösung ist. Im folgenden Abschnitt wird ein System vorgestellt, das die Erstellung prozessorientierter Vervollständigungsaufgaben in diesem Sinne ermöglicht. 4 Erstellung computerbasierter Vervollständigungsaufgaben mit CleverPHL CleverPHL ist ein Programm, mit dem die Benutzung von Anwendungssystemen aufgezeichnet und wieder abgespielt werden kann. Das Abspielen erfolgt dabei direkt im Anwendungssystem, d. h. die einzelnen Aktionen wie Mausbewegungen oder Tastatureingaben werden im Programm ausgeführt. Dadurch wird auch der Zustand des Anwendungssystems während des Abspielens analog geändert. Hierdurch wird die Erstellung prozessorientierter Vervollständigungsaufgaben ermöglicht. Die Lernenden können nach dem Betrachten der Teillösung direkt mit der Bearbeitung des Problems in der Anwendung fortfahren, ohne alle gesehenen Schritte nochmals selbst wiederholen zu müssen. Dieses Vorgehen soll nun exemplarisch an einer Vervollständigungsaufgabe mit dem DGS GEONExT (Baptist, 2007) erläutert werden. Die Lehrperson startet zunächst CleverPHL. Anschließend ruft sie GEONExT aus CleverPHL heraus auf (siehe Abbildung 21.4). Die Schritte, welche die Lehrperson in GEONExT durchführt, werden von CleverPHL im Hintergrund aufgezeichnet und als Ereignisliste gespeichert. Diese Ereignisliste enthält u. a. alle Maus- und Tastaturaktionen. Zudem kann die Aufzeichnung mit einer Audiospur verknüpft werden, sodass die Schritte in einem gesprochenen Kommentar erläutert werden können. Die Lehrperson kann beispielsweise zur Erstellung einer Vervollständigungsaufgabe zum Konstruktionsproblem aus Abbildung 21.1 zunächst in GEONExT die Dreiecksseite c konstruieren. Danach konstruiert sie die Senkrechte zu c auf B und einen Kreis um B mit einem Radius von 3 Einheiten. Während sie diese Schritte durchführt, zeichnet CleverPHL alle Aktionen auf, auch die Auswahl der Werkzeuge in der Werkzeugleiste und sämtliche Aktionen, welche die Auswahl von Menüpunkten betreffen. Anschließend fügt die Lehrperson einen Audiokommentar hinzu, in dem sie die Problemlösestrategien erläutert. Diese Aufzeichnung übergibt sie 138

141 Computerbasierte Aufgaben zum Vervollständigen von Teillösungen dann dem Lernenden. Dieser kann nun Clever- PHL starten und die Aufzeichnung abspielen. Dabei wird zunächst GEONExT automatisch gestartet. Danach werden alle aufgezeichneten Aktionen direkt in GEONExT ausgeführt. Der Audiokommentar wird synchron dazu abgespielt. Nach Beendigung des Abspielens verbleibt GEONExT in seinem letzten Programmzustand, d. h. die Konstruktion ist nun dem Lernenden zugänglich und kann von diesem ergänzt und modifiziert werden. Der Lernende kann darüber hinaus das Abspielen der Vervollständigungsaufgabe zu jedem beliebigen Punkt abbrechen und selbst fortfahren. So können beispielsweise erfahrene Lernende entscheiden, dass ein weiteres Verfolgen der Aufzeichnung nicht notwendig ist, weil sie bereits wissen, was sie tun müssen. Außerdem kann der Lernende seine eigenen Schritte, mit denen er die Lösung des Problems vervollständigt, aufzeichnen und der Lehrperson übergeben. Diese kann dann die Lösung betrachten, bewerten oder Rückmeldung dazu geben. Neben der Aufzeichnungs- und Abspielmöglichkeit bietet CleverPHL noch weitere Funktionen (vgl. Spannagel, 2007): Elemente der Benutzungsschnittstelle des Anwendungssystems können mit CleverPHL ausgeschaltet oder versteckt werden. So können Lehrpersonen ein Werkzeug zur Verfügung stellen, das im Funktionsumfang reduziert ist und welches dadurch an die Belange der Lernenden und an Anforderungen der Lernsituation angepasst ist. Darüber hinaus können Zeichnungen und schriftliche Kommentare direkt auf der Schnittstelle des Anwendungssystems angebracht werden. So können z. B. wichtige Elemente umkreist und mit Erläuterungen versehen werden. CleverPHL bietet zudem Methoden, die Ereignisliste qualitativ und quantitativ zu analysieren (Spannagel et al., 2005; Spannagel & Kortenkamp, 2007). Hierzu können Erkennungsalgorithmen integriert werden, mit deren Hilfe die Ereignisliste strukturiert wird. Aus diesen Strukturen können dann Daten gewonnen und mit Hilfe statistischer Software weiterverarbeitet werden. CleverPHL ist somit auch Werkzeug, das sich für den Einsatz in Forschungskontexten eignet (vgl. Klaudt & Spannagel, 2004; Ziefle et al., 2007). 5 Zusammenfassung In diesem Artikel wurde das Werkzeug Clever- PHL vorgestellt, mit dessen Hilfe computerbasierte, prozessorientierte Vervollständigungsaufgaben erstellt werden können. Es unterscheidet sich von Bildschirmvideosystemen dadurch, dass die aufgezeichneten Aktionen direkt in der Anwendungssoftware wiedergegeben werden. Es bietet dadurch die Möglichkeit Demonstrationen zu erzeugen, die nur einen Teil der Lösung vorgeben. Lernende sind anschließend aufgefordert, den Problemlöseprozess zu vervollständigen. Mit den weiteren Funktionen CleverPHLs wie der Möglichkeit zur Modifikation von Benutzungsschnittstellen können Lernumgebungen erstellt werden, die im Sinne von guided exploration zwischen vollständiger Exploration und vollständiger Leitung angesiedelt sind und die den Lernenden einen gewissen Rahmen zur Erkundung der mathematischen Problemstellung und der Software bieten (scaffolding). CleverPHL ist Teil des Capture&Replay- Frameworks Jacareto. Es kann im Zusammenspiel Anwendungssystemen betrieben werden, die in der Programmiersprache Java geschrieben sind. So kann es beispielsweise mit anderen DGS wie Cinderella (Spannagel & Kortenkamp, 2007), mit javabasierten Programmierwerkzeugen wie BlueJ (Schroeder & Spannagel, 2006) und JEdit (Schroeder & Spannagel, 2004) oder mit mathematischen Mikrowelten (Klaudt & Spannagel, 2004) eingesetzt werden. Es kann kostenlos bezogen werden unter der Adresse http: //jacareto.sourceforge.net. 6 Danksagung Ich danke Markus Vogel für seine wertvollen Anregungen zu diesem Text. Literatur Anderson, John R. (1996): Kognitive Psychologie. 2 Auflage, Heidelberg, Berlin, Oxford: Spektrum Akademischer Verlag Atkinson, Robert K., Sharon J. Derry, Alexander Renkl & Donald Wortham (2000): Learning from examples: instructional principles from the worked examples research. Review of Educational Research, 70(2), Baddeley, Alan (1992): Working memory. Science, 255, Bandura, Albert (2001): Modeling. In: Craighead, W. Edward & Charles B. Nemeroff (Hg.): The Corsini Encyclopedia of Psychology and Behavioral Science, New York: John Wiley & Sons, Baptist, Peter (2007): GEONExT. URL uni-bayreuth.de Catrambone, Richard & Keith J. Holyoak (1990): Learning subgoals and methods for solving probability problems. Memory & Cognition, 18(6), Chandler, Paul & John Sweller (1991): Cognitive Load Theory and the format of instruction. Cognition and Instruction, 8, Hermann, G. (1969): Learning by discovery: a critical review of studies. The Journal of Experimental Education, 38, Jonassen, David H. & Thomas C. Reeves (1996): Learning with technology: using computers as cognitive tools. In: Jonassen, David H. (Hg.): Handbook of research for educational communications and technology, New York: Macmillan, Kalyuga, Slava, Paul Ayres, Paul Chandler & John Sweller (2003): The expertise reversal effect. Educational Psychologist, 38(1),

142 Christian Spannagel, Ludwigsburg Abbildung 21.4: CleverPHL (im Hintergrund) und GEONExT (im Vordergrund) Klaudt, Dieter & Christian Spannagel (2004): Computerunterstütztes Operieren am mentalen Zahlenstrahl. Erziehung und Unterricht, 154(3 4), Mayer, Richard E. (2004): Should there be a three-strikes rule against pure discovery learning? The case for guided methods of instruction. American Psychologist, 59(1), Miller, George A. (1956): The magical number seven, plus or minus two: some limits on our capacity for processing information. The Psychological Review, 63(2), Renkl, Alexander, Robert K. Atkinson & Cornelia S. Große (2004): How fading worked solution steps works - a cognitive load perspective. Instructional Science, 32, Salomon, Gavriel (Hg.) (1993): Distributed cognitions. Psychological and educational considerations. New York: Cambridge University Press Schroeder, Ulrik & Christian Spannagel (2004): Supporting active learning in e-learning scenarios. In: Uskov, V. (Hg.): Proceedings of the Seventh IASTED International Conference on Computers and Advanced Technology in Education, August 16 18, 2004, Kauai, Hawaii, USA, Anaheim, Calgary, Zürich: ACTA Press, Schroeder, Ulrik & Christian Spannagel (2006): Supporting the active learning process. International Journal on E- Learning, 5(2), Shuell, Thomas J. (1988): The role of the student in learning from instruction. Contemporary Educational Psychology, 13, Spannagel, Christian (2007): Benutzungsprozesse beim Lernen und Lehren mit Computern. Hildesheim, Berlin: Franzbecker Spannagel, Christian, Michaela Gläser-Zikuda & Ulrik Schroeder (2005): Application of qualitative content analysis in user-program interaction research. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 6(2), URL net/fqs-texte/2-05/ e.htm Spannagel, Christian & Ulrich Kortenkamp (2007): Prozesse beim Lernen mit DGS: Aufzeichnung, Wiedergabe, Analyse. In: Ludwig, Matthias (Hg.): Tagungsband des Arbeitskreis Geometrie der GDM, Hildesheim, Berlin: Franzbecker Sweller, John, Jeroen J. G. van Merrienboer & Fred G. W. C. Paas (1998): Cognitive architecture and instructional design. Educational Psychology Review, 10(3), van Gog, Tamara, Fred Paas & Jeroen J. G. van Merriënboer (2004): Process-oriented worked examples: improving transfer performance through enhanced understanding. Instructional Science, 32, Ziefle, Martina, Ulrik Schroeder, Judith Strenk & Thomas Michel (2007): How younger and older adults master the usage of hyperlinks in small screen devices. In: Proceedings of the SIGCHI conference on Human factors in computing systems, San Jose, California, USA, 2007, New York: ACM,

143 EPM eine neue Prüfungsform aus Frankreich Modell für Deutschland? Karel Tschacher, Nürnberg-Erlangen Epreuve pratique de mathématiques, EPM, das ist das neue Prüfungsformat für Abiturienten der naturwissenschaftlichen Ausrichtung des baccalauréats in Frankreich. Im Rahmen unseres Arbeitskreises ist das Thema Aufgaben mit Technologieeinsatz im Mathematikunterricht der passende Ort, die Erfahrungen vorzutragen. 1 Wie werden zurzeit neue Technologien (TICE) in Frankreich eingesetzt? 1.1 Der Stellenwert der neuen Technologien (TICE) im Mathematikunterricht Die Verwendung und der Einsatz von neuen Technologien ist fester Bestandteil des Lehrplans für die Sekundarstufe und für die Oberstufe. Ein Zitat aus den Lehrplänen soll das erläutern: Die Entwicklung der verfügbaren Werkzeuge ist immer begleitet von der Entwicklung der unterrichtlichen Zugänge und der unterrichtlichen Praxis. Die Informatik verändern qualitative und quantitativ die Möglichkeiten der reinen Mathematik (formales Rechnen) und der angewandten Mathematik (Näherungslösungen). Sie erlaubt es, klassische Fragestellungen auf veränderte Art anzugehen und öffnet das Feld für neue Problemstellungen. Es erscheint notwendig, alle bisherigen Inhalte des Mathematikunterrichts neu vor dem Hintergrund der vielfältigen Möglichkeiten zu beleuchten: dynamische Geometrie, Formales Rechnen, Tabellenkalkulation, Kurvenplotter,.... Der sinnvolle Einsatz dieser Werkzeuge ist somit bei jedem Inhalt des Lehrplan dringend empfohlen. Man kann noch hinzufügen, dass die Informatik jeden Eingabefehler unnachsichtig und erkennbar angibt und somit zu klarer Struktur und zu exakter Darstellung von Zahlen, Variablen und geometrischen Figuren zwingt. Der Alltag in Frankreichs Klassenzimmern ist aber immer noch weit davon entfernt, dass der Einsatz von neuen Technologien flächendeckend und systematisch erfolgt. Auch wenn die Ausstattung der Schulen besser geworden ist, die gegebenen Möglichkeiten werden weitgehend von den Lehrerinnen und Lehrern kaum genutzt. Ein weiterer Grund der Zurückhaltung ist die fehlende Ausbildung der Lehrkräfte. Es ist zu erwarten, dass die Engpässe bei den Räumen und bei der Fortbildung zunehmend geringer werden. 1.2 Rechnereinsatz bei Mathematikprüfungen Es gibt für die Verwendung von Rechnern einen Erlass aus dem Jahre Dort sind Taschenrechner und programmierbare Rechner mit alphanumerischer oder graphischer Ausgabe erlaubt, wenn sie unabhängig sind und keine Druckfunktion besitzen. Diese Bestimmung lässt für die Hersteller viel Spielraum. Die Speichergröße nimmt ständig zu, so wie bei den digitalen Fotoapparaten. Es ist möglich, mit Speicherkarten einen ganzen Lehrgang und sämtlichen Übungen zu verwalten und in der Prüfung zu verwenden. Die Leistungsfähigkeit reicht oft an einen PC heran, insbesondere bei CAS. Im besagten Erlass wird auch die Kommunikation der Geräte untereinander verboten. Aber bei den Entwicklungen wie Bluetooth, W-LAN oder Infrarot wird es immer schwieriger, das wirkungsvoll zu verhindern, etwa durch gezielte Störtechniken. 1.3 Die Besonderheit des Mathematikunterrichts Es gibt unstrittig Gemeinsamkeiten von Mathematik und Informatik. Das zeigen Entwicklungen wie der verstärkte Umgang mit Algorithmen und in der diskreten Mathematik. In keinem anderen Schulfach hat die Technologie die alltägliche Arbeit so verändert, wie Mathematik und Informatik. In den Lehrplänen wird von der Grundschule an gefordert, dass der verständige Einsatz eines Taschenrechners fester Bestandteil des Kurrikulums sein soll. Es wird erwartet, dass spezifische Kompetenzen im Lauf der Schulzeit erworben werden. 2 Überlegungen zur Entwicklung der Didaktik des Mathematikunterrichts mit TICE In den französischen Hochschulprüfungen CA- PES wird von den Kandidaten eine Prüfung unter Verwendung eines PCs gefordert. Auch in der mündlichen Prüfung ist das ein Prüfungsinhalt. Für die Abschlussprüfung des naturwissen- 141

144 Karel Tschacher, Nürnberg-Erlangen schaftlichen Zweiges gibt es schon mündliche Prüfungen mit Experimentalcharakter, etwa in Physik oder Chemie. Daher liegt es nahe, auch für den Rechnereinsatz eine vergleichbare experimentelle Aufgabe in Mathematik zu stellen. Dabei wird auf bewährte Werkzeuge zurückgreifen wie etwa Tabellenkalkulation oder dynamische Geometriesoftware. In den wirtschaftswissenschaftlichen Zweigen ist der Einsatz der Tabellenkalkulation seit Jahren Pflicht und hat sich auch in Prüfungen bewährt. Auch in den beruflichen Gymnasien gibt es eine Reihe von Prüfungen, die experimentellen Charakter haben und bei denen Rechner verwendet werden sollen. 3 Versuchsphase der neuen Prüfung 3.1 Inhalte und Ablauf Die gestellten Aufgaben sind mathematische Übungen, in denen der Einsatz und die Verwendung von neuen Technologien notwendiger Bestandteil der Bearbeitung ist. Eingesetzt werden können der programmierbarer graphikfähiger Taschenrechner GTR, ein Computer mit zugehörigen Programmen PC, diverse Tabellenkalkulationsprogramme TK auch mit Graphikfunktionen TKG, eine dynamische Geometriesoftware DGS oder sonstige Computer-Algebra-Systeme CAS. Eine Datenbank mit Beispielaufgaben wird landesweit aufgebaut. Jede Aufgabe enthält vier Ebenen: Beschreibung des gestellten Problems Schülerbogen mit klaren Arbeitsanweisungen Lehrerbogen mit Lernzielen, Anforderungen, Anspruch des Einsatz der neuen Technologien und Hinweise zur Benotung Bewertungsbogen, der Teil der Prüfungsunterlagen ist. Die Prüfung findet in den Räumen der Schule des Schülers statt. Die Lehrer wählen nach den technischen Möglichkeiten und nach dem zuvor gehaltenen Unterricht angemessene Aufgaben aus, die dann zum Beispiel in einem Rechnerraum abgehalten wird. Die Gewichtung könnte zu einem Fünftel der Gesamtnote der Mathematiknote ausmachen. 3.2 Wissenschaftliche Begleitung und Wahl der Aufgaben Eine staatliche Kommission hat die Vorbereitungen begleitet und hat mehr als 100 Aufgabenangebote ausgewertet. Daraus ist eine umfangreiche Liste von erprobten Aufgaben entstanden. Dann wurden diese Aufgaben an Versuchsschulen im Unterricht eingesetzt und bei Prüfungen probeweise vorgelegt. Es liegen viele Erfahrungsberichte über die einzelnen Aufgaben vor. 3.3 Die Inhalte der Prüfungen Alle Aufgaben enthalten einen theoretischen mathematischen Teil und eine Fragestellung, in der neue Technologie verwendet werden soll. Die Aufgaben unterscheiden sich untereinander erheblich. Das hat zwei Gründe: Der Anteil der Verwendung der neuen Technologien kann sich sehr unterscheiden, es kann dazu kommen, dass der Rechnereinsatz und die Herleitungen völlig andere Wege gehen. Der Ablauf der Prüfung ist auch zeitlich nicht einheitlich festgelegt. Es gibt Aufgabenteile, die mehr Zeit für den Rechnereinsatz als für die theoretischen Nachweise beanspruchen und umgekehrt. Die Aufgaben sind schrittweise aufgebaut. Es muss sichergestellt sein, dass der Prüfling die Sache versteht und mit der Bearbeitung sinnvoll beginnen kann. Daher beginnen manche Aufgaben mit einer Experimentierphase am Rechner, andere mit einer abstrakten Frage. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass Prüflinge eher verunsichert sind, wenn die Aufgabe mit einem theoretischen Teil beginnt, dagegen sind Aufgaben mit dem Experiment am Beginn gut angenommen worden. Auch muss die Verwendung der neuen Technologien nicht zu umfangreich sein, die geforderte Verwendung sollte dem Prüfling vertraut sein und Fragen zum Einsatz des Rechners der Software zu spezielle Kenntnisse der Bedienung fordern. Wie bei den anderen Prüfungen mit einem Experiment sind natürlich auch eine Reihe von Problemen und Schwierigkeiten zu beachten: Sind die zentral gestellten Aufgaben so ausgewählt, dass sie mit dem Unterricht und den Inhalten bearbeitet werden kann? Wenn ein Lehrer in der Prüfung maximal vier Schüler betreut, Hilfen gibt und die Arbeit bewertend verfolgt, kann er da auch gleichzeitig fair und objektiv benoten? Wie ist die Gewichtung der Bewertung zwischen Theorie und Praxis und wie kann man unterschiedliche Aufgaben dennoch vergleichbar bewerten? 3.4 Beschreibungsbogen Kommentar zu Abb. 22.1: Die Bedeutung dieser Beschreibung ist klar. Es soll vermieden werden, dass nur das Lösen der Aufgabe und nicht die Lernziele eingeübt werden. Es soll nicht zu einem training for the test kommen. Der Experimentalcharakter soll sehr deutlich werden. Es soll eine Orientierung geben, welche Anforderungen und welche Antworten erwartet werden. 3.5 Schülerbogen Kommentar zu Abb. 22.2: Der Schülerbogen macht klar, was man vom Schüler erwartet und wann er sich an den Prüfer zu wenden hat. Daneben wird deutlich gesagt, welche Ergebnisse 142

145 EPM eine neue Prüfungsform aus Frankreich Modell für Deutschland? Abbildung 22.1: Beschreibungsbogen 143

146 Karel Tschacher, Nürnberg-Erlangen Abbildung 22.2: Schülerbogen 144

147 EPM eine neue Prüfungsform aus Frankreich Modell für Deutschland? er mündlich mitteilen soll und welche Aussagen schriftlich erfolgen sollen. 3.6 Der Lehrerbogen Leider habe ich keinen Lehrerbogen auftreiben können, ich vermute, dass er große Ähnlichkeit mit dem Bewertungsbogen haben wird. Kommentar: Dort werden die Ziele und Anforderungen der Aufgabensteller genannt. Es wird auch erläutert, was zu tun ist, wenn der Prüfer vom Schüler gerufen wird. Ebenso wird angegeben, inwieweit Hilfen und Lösungstipps in die Bewertung einfließen sollen. 3.7 Der Bewertungsbogen Kommentar zu Abb. 22.3: Es gibt nur einen einheitlichem Bewertungsbogen, auch wenn die Aufgaben sehr verschieden sind und der Anteil Praxis und Theorie sehr unterschiedlich ausfällt. Die Lehrer sollten zuvor im Unterricht auch mit anderen Kollegen Erfahrungen in der Bewertung dieser Praxisprüfungen sammeln. Eine einheitliche Bewertungsrichtlinie, die von der Fachgruppe entwickelt wird, wäre an jeder Schule wünschenswert. 3.8 Die Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler Eine Aufgabe mit Experimentalcharakter muss natürlich im Unterricht vorbereitet werden. Dazu wird von den Schulen erwartet, dass die Schüler tatsächlich am PC im Unterricht arbeiten. Es sollten Eine untere zeitliche Begrenzung sollte eine Doppelstunde in zwei Wochen sein, in denen sie im Rechnerraum arbeiten. Dabei sollen die üblichen mathematischen Werkzeuge eingesetzt werden. Darüberhinaus ist der Einsatz im Klassenzimmer vorteilhaft, wenn mittels Beamer und Notebook Sachverhalte gezeigt werden. Dann sind natürlich Taschencomputer wie Classpad 300 oder N-Inspire ebenso geeignet. 3.9 Der Prüfungsablauf Ein Prüfer kümmert sich in der Prüfung um höchstens vier Schüler, die das gleiche Thema bearbeiten. Zwischen den Prüfungen lag eine Pause von 15 Minuten, um die Bewertung sicher zu stellen und die Rechner wieder in den Ausgangszustand zu versetzen. Dann wurde die nächste Gruppe von Prüflingen eingelassen. Die Einsatzmöglichkeiten wurden von einzelnen Kandidaten sehr unterschiedlich genutzt. Manche setzen neben dem PC auch ihren Taschenrechner ein. Die Rolle des Lehrers ist ungewohnt. Einerseits gibt der dem Schüler Anweisungen und gleichzeitig bewertet er die Arbeit und er gibt Hinweise oder ermutigt den Schüler. Es ist eine einfühlsame und schwierige Rolle, weil es keine Richtlinie geben kann für jede Situation. Beispielsweise kann ein Lehrer auf ein Vorzeichenfehler aufmerksam machen oder eine Hinweis geben, einen Sonderfall zunächst zu betrachten, damit der Schüler seine Arbeit fortsetzen kann. Es kann aber auch sein, dass der Prüfer zu einem Computerbefehl die korrekte Syntax liefert, oder sie korrigiert Die Schulausstattung In den Schulen muss es ausreichend ausgestattete Rechnerräume geben und auch Lehrkräfte, mit den Rechnern und den Programmen vertraut sind. Diese neue Prüfung hat auch dazu beigetragen, dass verstärkt der Unterricht im Rechnerraum durchgeführt wurde. Denn auch die Schüler sollen mit den Gegebenheiten der Schule vertraut sein und es als eine gewöhnliche alltägliche Beschäftigung ansehen Die Bewertung der Prüfungsergebnisse Im Zusammenwirken aller Beteiligten hat man einen sinnvollen Weg zur Bewertung dieser Experimentalprüfung gefunden. Auch wenn die Themen sehr verschieden sind, manche Fragen benötigen wenig Rechnereinsatz, andere wieder deutlich mehr und die Hilfen für die Schüler nicht immer vergleichbar sind, so ist doch eine weitgehende Gleichbehandlung möglich. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt gute bis sehr gute Noten in dieser Prüfung und die statistische Auswertung zeigt vertretbare Lagemaße der Einzelwerte der Noten. Hier sei die Graphik (Abbildung 17.4) kurz kommentiert. Insgesamt haben 2007 Prüfungen stattgefunden. Zu den ausgewählten Aufgaben 1, 5, 7, 31,..., 15 sind die Minima, Q1, Mediane, Q3 und Maxima der zu erreichenden Punkte von 0,..., 20 der Noten aufgetragen. Für die von mir ausgewählte Aufgabe Nummer 12 bedeutet das: Die schlechteste Leistung war 5 Punkte (mangelhaft), das untere Quartil 11 Punkte (befriedigend), der Median war 12 Punkte (befriedigend), das obere Quartil 16 Punkte (gut) und das Maximum war 17 Punkte (sehr gut) bei 35 Kandidaten. 4 Ergebnisse und Aussichten Die neue Prüfung setzt also die bisherigen praktischen Prüfungen in anderen Fächern fort (Physik, Chemie,...) und hat erfolgreich die Inhalte der neuen Technologie einbeziehen können und zugleich wird dort Mathematik abgeprüft. Diese Neuerungen ziehen eine Reihe von Konsequenzen nach sich, die den Unterricht und die Einstellung zu neuen Technologien nachhaltig verändern wird. Die Schüler erleben Mathematik in einer kreativen und innovativen Form, weil es um kleine Entdeckungen und strukturierte Beobachtungen geht. Es sind immer offene Aufgaben, die keine Lösung mit einem eindeutigen linearen Ablauf haben. Viele Fähigkeiten werden in der Prüfung 145

148 Karel Tschacher, Nürnberg-Erlangen Abbildung 22.3: Bewertungsbogen 146

149 EPM eine neue Prüfungsform aus Frankreich Modell für Deutschland? Abbildung 22.4: Notenverteilung gefordert. Man muss seine Schritte selbst planen, immer das Ziel vor Augen, bewerten, ob der Ansatz tragfähig ist. Er muss ausdauernd und zielstrebig eine Idee verfolgen, aber auch bereit sein, diesen Weg wieder zu verlassen, wenn das Ergebnis nicht befriedigt. Auch aus didaktischer Sicht ist diese Prüfung eine Bereicherung. Denn die Inhalte des bisherigen Mathematikunterrichts müssen nicht verändert werden. Schüler erleben Mathematik als etwas Persönliches, die Lehrer erhalten die Möglichkeit, auf Fragen der Schüler zu reagieren. Es ergeben sich verschiedene Zugänge und offene Methodenwahl zu einem Problem. In Frankreich haben auch die Lehrerverbände und andere Offizielle Zustimmung und Unterstützung für diese neue Prüfung. Abbildung 22.7: Die Achsen mit Beschriftung 5 Eine Beispielaufgabe Eine Beispielaufgabe mit Schülerbogen ist in Abb dargestellt. Der Bewertungsbogen befindet sich in Abb Lösungskonzept Abbildung 22.8: Das rechtwinklige Dreieck Phase 1: Aufgabe lesen und erste Versuche Phase 2: Dynamisierung 147

150 Karel Tschacher, Nürnberg-Erlangen Abbildung 22.5: Schülerbogen zur Beispielaufgabe 148

151 EPM eine neue Prüfungsform aus Frankreich Modell für Deutschland? Abbildung 22.6: Bewertungsbogen zur Beispielaufgabe 149

152 Karel Tschacher, Nürnberg-Erlangen Abbildung 22.9: Die Animation Abbildung 22.12: Kreis und Gerade Phase 3: Vermutung formulieren Die Vermutungen sind klar: Kreis und Gerade. Phase 4: Beweise führen Abbildung 22.10: Die Ortskurve von I Abbildung 22.13: Der Radius ist 3 Abbildung 22.14: Der Schnittwinkel hat 30 Abbildung 22.11: Die Ortskurve von B Somit ist der Neigungswinkel 60 und tan60 = 3. Somit ist Geradengleichung y = 3 x die Gleichung der Geraden OB. 150

153 EPM eine neue Prüfungsform aus Frankreich Modell für Deutschland? Nachweis ohne Rechner Das Viereck OCBA hat einen Umkreis. IO = IB = IA = IC, die Dreiecke AIB und OIA sind gleichseitig. Der Winkel ist 60. Der Winkel AOB ist Umfangswinkel zum Mittelpunktswinkel AIB und somit 30. Unter Verwendung des Sinussatzes im Dreieck OAB findet man OB sin( OAB) = AB sin(30 ) und mit AB = 3 folgt dann die Behauptung: OB = sin( OAB) = 6 sin( OAB) Der Winkel OAB beschreibt dann einen Winkel zwischen 60 und 150, denn OAB = OAC + CAB und der zweite Summand ist konstant 60 : OAC bewegt sich zwischen 0 und 90. Für die Länge von OB bedeutet das: zwischen [60,90 ] gilt OB [6 sin60,6 sin90 ] = [3 3,6] und zwischen [90,150 ] gilt OB [6 sin150,6 sin90 ] = [3,6] Somit beschreibt B eine Strecke, die eine Länge von 3 hat und auf der Geraden liegt, die unter einem Winkel von 60 zur Achse OS verläuft. Die Endpunkte der Strecke liegen im Abstand 3 beziehungsweise 6 vom Punkt O. 7 Schlussfolgerungen Für diese Aufgabe sind die statistischen Parameter der Vorphase bekannt. 35 Prüflinge haben diese Aufgabe bearbeitet. Der Mittelwert {0,...,20} war 12,94; Die Standardabweichung betrug 2,91; min = 5; Q 1 = 11; x = 12; Q 3 = 16; max = 17. Die Schüler haben mit dieser Aufgabe Schwierigkeiten, weil die Nutzung der Software viele Kenntnisse erfordert. Die Namengebung der Punkte, die Erzeugung des rechtwinkligen Dreiecks und die Animation machen die Aufgabe mühsam. Viele Schüler arbeiten zunächst mit Bleistift und Papier und dann erst versuchen sie, die Lösung auf dem PC. Wenn erst einmal die Ausgangsfigur als dynamische Figur vorliegt, dann sind die Vermutungen leicht zu erstellen. Auch die Messungen und die Kontrollen der Vermutungen gelingen dann meist. Aber der Beweis ist lang und schwierig. In dieser Prüfung können die folgenden Kenntnisse und Fertigkeiten erfasst werden: Eigenschaften des Kreises, und Winkel am Kreis, Trigonometrie des rechtwinkligen Dreiecks, Folgerungen ziehen durch eine Synthese der Angaben, deduktives Denken und Schritte zur Umkehr eines Problems finden. Im Einzelnen war für die Aufgabenteile gemeinsames Verhalten zu beobachten. Frage 1: Die Konstruktion des rechtwinkligen Dreiecks wurde häufig mit Lehrerhilfe gefunden. Oft gelang diese Konstruktion erst nach einem Versuch auf Papier. Frage 2 und 3: Die Kreisvermutung ist schnell gefunden, allerdings übersehen viele, dass die vier Punkte auf einem Kreis liegen und damit ein Sehnenviereck vorliegt. Die Aufstellung der Verhältnisse des Sinus ist kaum einem Schüler ohne Hilfestellung gelungen. Es liegt wohl daran, dass diese Inhalte lange zurückliegen. Diese Aufgabe zeigt, dass es im Unterricht zu wenig Übungen gibt, die Eigenschaften von Figuren zu analysieren und daraus begründete Vermutungen aufzustellen und sie dann zu beweisen. Literatur (2005): Le journal du Grip. URL Berry, John (2005): On high-school students of graphic calculators in mathematics. ZDM, 37(3), 140 Gawlick, Thomas (2002): On Dynamic Geometry Software in the Regular Classroom. ZDM, 34(2), 85 o.a. (2005a): Calctech. URL enseignants/bac_series/index.php o.a. (2005b): Calctech. URL enseignants/bacs/epm_12.pdf o.a. (o.j.): Experimentation d une preuve pratique de mathematiques au baccalaureat Scientifique. URL pdf 151

154 Karel Tschacher, Nürnberg-Erlangen 152

155 Welche Impulse kann die Fachdidaktik Mathematik im Hinblick auf die Gestaltung von Aufgaben mit Technologieeinsatz aus anderen Wissenschaften erhalten? Volker Ulm, Augsburg 1 Einleitung: Warum dieses Thema? Die Einladung zu einem Hauptvortrag beim GDM-Arbeitskreis Mathematikunterricht und Informatik ist natürlich eine Ehre und Freude, sie wirft aber auch die Frage auf: Mit welchem Thema kann man dem Arbeitskreis inhaltlich neue Anregungen geben? Den Mehrwert von dynamischer Geometrie, Computeralgebrasystemen, Tabellenkalkulation oder Hypertextstrukturen im Mathematikunterricht braucht man nicht zu preisen vor einem Auditorium, dem Entwickler solcher Software und Verfasser von Büchern, Artikeln und Unterrichtsmaterialen zu diesen Medien angehören. So entwickelte sich beim Autor der Gedanke, dass man inhaltlich Neues allenfalls dann vorstellen kann, wenn man allseits bekannte Pfade verlässt. Dadurch entstand der Titel Welche Impulse kann die Fachdidaktik Mathematik im Hinblick auf die Gestaltung von Aufgaben mit Technologieeinsatz aus anderen Wissenschaften erhalten?. Beim Einsatz Neuer Medien im Mathematikunterricht stellen sich ganz grundsätzliche Fragen, etwa: Wie sind die Lernmedien zu gestalten? Wie sind die Arbeitsaufträge für Schüler zu formulieren? Wie ist der Unterricht methodisch zu organisieren? In der alltäglichen Schulpraxis werden solche Fragen kaum explizit thematisiert schon allein aus Zeitgründen. Als Lehrkraft erstellt man Unterrichtsmaterialien auf der Basis der eigenen Berufserfahrung, zudem kennt man auch die Klasse. Man geht in den Computerraum und hält den Unterricht eben so, wie man es macht. Die Grundlage ist die persönliche Berufserfahrung und viel implizites Wissen über Lehr-Lern-Prozesse. Eine Aufgabe von Fachdidaktik ist es, explizites Wissen für derartige Entscheidungen zu gewinnen. Wie sollten etwa Lernumgebungen und Unterricht gestaltet werden, um möglichst Erfolg versprechend zu sein? Wenn von Seiten der Fachdidaktik Kriterien für gute Lernumgebungen formuliert werden, kann man verschiedene Begründungsmuster nutzen: Man kann sich etwa auf die eigene Erfahrung, die eigene Autorität und das eigene Renommee in der Scientific Community stützen. Die Behauptungen sind dann wahr, weil sie mit päpstlicher Autorität ausgesprochen werden. Man kann empirische Untersuchungen durchführen und feststellen, dass die propagierte Art des Unterrichtens signifikant besser als eine selbst bestimmte Alternative ist. Solche Begründungsmuster sind vor allem dann erfolgreich, wenn man den Test und die Alternative geschickt wählt und viele Rahmenbedingungen ausblendet. Oder man kann versuchen, Argumentationen auf der Basis anderer anerkannter wissenschaftlicher Theorien zu entwickeln. Dazu ein kurzer wissenschaftstheoretischer Gedanke: Auch wenn ein derartiges Begründungsmuster auf empirische Erhebungen und statistische Kennziffern verzichtet, kann es substanziell und wissenschaftlich tragfähig sein, nämlich dann, wenn die Argumentation schlüssig ist. Ein derartiger Erkenntniserwerb entspricht geisteswissenschaftlicher Tradition und ist auch zutiefst mathematisch. Denn jede höhere mathematische Theorie gründet sich auf andere Theorien und versucht, durch logische Argumentation neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu begründen. Fazit dieser Einleitung: Im Folgenden werden vier Exkurse in Wissenschaftsgebiete angeboten, die auf den ersten Blick wenig Bezug zur Mathematikdidaktik und zum Lernen mit Neuen Medien aufweisen. Es sind dies die Systemkybernetik, die Neuroinformatik, die Neurobiologie und die Motivationspsychologie (Abb. 23.1). Aus jeder dieser Wissenschaften wird jeweils ein Gedankenkreis vorgestellt. Daraus werden anschließend Folgerungen für den Mathematikunterricht und insbesondere für die Gestaltung von Aufgaben mit Technologieeinsatz gezogen. Wir werden uns also viermal gedanklich vom Mathematikunterricht entfernen, aber auch jeweils wieder zurückkommen. Natürlich ist die Auswahl dieser vier Wissenschaften und der jeweiligen Inhalte in gewisser Weise willkürlich; Mathematikdidaktik besitzt Querbezüge zu vielen anderen Wissenschaften. Allerdings erfolgte die Wahl so, dass sich damit evtl. neuartige Begründungen für mathematikdidaktische Entscheidungen finden lassen. Insgesamt soll dieser Tagungsbeitrag zu kritischkonstruktivem wissenschaftlichem Diskurs anregen. 153

156 Volker Ulm, Augsburg dem System möglichst förderlich sind? Vor derartigen Fragen stehen Manager von Wirtschaftsunternehmen, aber auch Verantwortliche im Bildungssystem. 2.2 Steuerung komplexer Systeme Mit Bezug auf Theorien der Systemkybernetik (Malik, 1992) werden zwei Dimensionen der Steuerung komplexer Systeme unterschieden: Die in Abb horizontale Dimension bezieht sich auf das Wie, die vertikale betrifft das Wo des Ansetzens von Steuermaßnahmen. Abbildung 23.1: Vier Gedankenkreise 2 Systemkybernetik Beginnen wir mit einem Exkurs in die Systemkybernetik und die Managementlehre. Vielleicht mag dies zunächst exotisch oder abwegig erscheinen. Allerdings werden sich sehr fundamentale Folgerungen für Initiativen ergeben, die den Mathematikunterricht in seiner Grundstruktur weiterentwickeln wollen. Erich Wittmann hat auf der GDM-Jahrestagung 1988 bereits Gedanken in dieser Richtung entwickelt (Wittmann, 1988). 2.1 Komplexe Systeme Die Systemkybernetik befasst sich mit der Steuerung komplexer Systeme. Dazu zunächst eine Begriffsbeschreibung (Malik, 1992): In der Systemtheorie bezeichnet man ein System als komplex, wenn es so viele Zustände annehmen kann, dass ein einzelner Mensch nicht alle möglichen Systemzustände und alle möglichen Übergänge zwischen den Zuständen kognitiv erfassen kann. In einem komplexen System sind Komponenten zu einem Wirkungsgefüge vernetzt. In dieses kann man nicht eingreifen, ohne dass sich die Beziehung aller Teile zueinander und damit der Gesamtcharakter des Systems ändern würden. Als Beispiele denke man etwa an unsere Erde, an einen Nationalpark, an ein Wirtschaftsunternehmen, an das Schulsystem eines Bundeslandes oder an eine konkrete Schule. Reale komplexe Systeme sind auch immer offen und stehen in einem ständigen Austausch mit der Umwelt (Vester, 1999). Mag diese Beschreibung etwas unscharf erscheinen, so hat sie dennoch Bedeutung. Betrachten wir das Gegenteil: Ist ein System einfach strukturiert, so dass eine Person alle möglichen Zustände und Zustandsübergänge kognitiv erfassen kann, so kann sie das System als omnipotenter Monarch sicher zu als gut erkannten Zielen hin steuern. Ist dagegen ein System im erwähnten Sinne komplex, ist dies nicht möglich. Damit stellt sich das fundamentale Problem: Wie leitet man ein komplexes System Erfolg versprechend? Wie findet man Wege zu Zuständen, die Abbildung 23.2: Die Methode des analytisch-konstruktiven Steuerns benötigt einen Steuermann, der das System in umfassender Weise kennt und der den jeweils optimalen Entwicklungsweg des Systems festlegen kann. Dieser Steuermann identifiziert Ziele und bestimmt die besten Wege zu diesen Zielen. Autoritär-hierarchisch gesteuerte Systeme basieren auf diesem Prinzip. Diese Art der Systemsteuerung mag auch für Kultusministerien auf den ersten Blick verlockend erscheinen. Man denkt sich im Ministerium die optimalen Entwicklungswege für alle Schulen im Land aus und setzt diese Wege dann mit staatlicher Macht durch. So ein Vorgehen funktioniert allerdings nicht wirklich. Die Widerstände im System können zu groß sein, es entsteht Stress, die Reformen bleiben oberflächlich, das alltägliche Handeln der Lehrkräfte im Unterricht wird nicht beeinflusst. Das fundmentale Problem liegt nämlich gerade in der Komplexität des Systems begründet. Das analytisch-konstruktive Steuern postuliert die Verfügbarkeit eines Maßes an Informationen über das System, das in der Realität nicht erreicht werden kann. Es ist ja gerade das Charakteristikum komplexer Systeme, dass niemand alle möglichen Systemzustände und alle möglichen Übergänge zwischen den Zuständen kognitiv erfassen kann. Evolutionäres Steuern komplexer Systeme gründet sich als Gegenpol auf die Annahme, dass komplexe Systeme das Resultat von Wachstums- 154

157 Welche Impulse kann die Fachdidaktik Mathematik im Hinblick auf die Gestaltung von Aufgaben mit Technologieeinsatz aus anderen Wissenschaften erhalten? und Entwicklungsprozessen sind. Die Steuerbemühungen versuchen deshalb nicht, den Stein der Weisen zu finden und analytisch-konstruktiv gewonnene Erkenntnisse im System zu implementieren. Vielmehr sind die Aktivitäten darauf gerichtet, kleine Schritte in Erfolg versprechende Richtungen zu machen. Kleine Schritte deshalb, weil schlagartige, große Veränderungsmaßnahmen unvorhersehbare Folgen haben können, die das System in seiner Existenz gefährden können. Es wird also versucht, im bestehenden System inkremental-evolutionäre Prozesse anzustoßen und sie so effizient wie möglich zu gestalten. Wie können sich dadurch aber dennoch grundlegende strukturelle Veränderungen ergeben? Auf zweierlei Weise: Zum einen, wenn solche Prozesse kumulativ wirken und sich überlagern, zum andern, wenn sie auf der Metaebene wirken. Das zweite Begriffspaar Objektebene Metaebene sei mit konkretem Bezug zum komplexen System Schule erläutert. Auf der Objektebene findet sich im Schulwesen alles Fassbare: Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Bücher, Arbeitsmaterialien, Computer, Schulhäuser etc. Veränderungen auf der Objektebene finden etwa statt, wenn man neue Schulbücher anschafft, neue Arbeitsmaterialen erstellt oder einen neuen Computerraum einrichtet. Die Metaebene umfasst u.a. soziale Beziehungen zwischen den am Schulwesen Beteiligten, Entscheidungsstrukturen im Schulwesen, Vorstellungen, welche Aufgaben Schule erfüllen sollte, und Vorstellungen, wie Unterricht ablaufen sollte (Unterrichtsskipts). Veränderungen auf der Objektebene müssen nicht notwendig strukturelle Veränderungen des Systems nach sich ziehen. Man kann eine Schule mit einem modernen Computerraum ausstatten, ohne dass dadurch die Kompetenzen der Schüler im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie gesteigert werden. Man kann Online-Lernpfade zur Lehrerfortbildung entwickeln, ohne dass sich der Unterricht ändert. Erfolg versprechende Initiativen setzen an der in Abb mit dem Kreis markierten Stelle an. Sie versuchen, inkremental-evolutionäre Veränderungen auf der Metaebene anzustoßen. Nach allem bisher Gesagten erscheint dies auch sinnvoll, denn evolutionäre Veränderungen gefährden das System nicht in seiner Existenz, sie tragen dem Umstand der Komplexität Rechnung und sie können substanzielle Wirkungen entfalten, wenn sie kumulativ bzw. auf der Metaebene wirken. Abbildung 23.3: Innovationen in komplexen Systemen 2.3 Innovationen im Mathematikunterricht Damit kommen wir wieder zurück zur Mathematikdidaktik und zum Thema der GDM- Arbeitskreistagung. Aufgaben mit Technologieeinsatz sind ja kein Selbstzweck. Mit ihnen werden in der Regel vielfältige übergeordnete Ziele angestrebt: Schüler sollen mit Aufgaben inhaltsbezogene und prozessbezogene fachliche Kompetenzen entwickeln. Sie sollen Kompetenz im Umgang mit Neuen Medien erwerben. Lehrkräfte sollen mit Aufgaben, die den Computer einbeziehen, überhaupt erst einmal angestoßen werden, dieses Medium entsprechend seinem Potenzial im Mathematikunterricht zu nutzen. Und schließlich werden oftmals mit Neuen Medien Ziele auf systemischer Ebene angestrebt: Die Art der Aufgabenstellungen soll dazu führen, dass sich generelle Haltungen zum Lehren und Lernen auf Schüler- wie auf Lehrerseite (Unterrichtsskripts) ändern, beispielsweise hin zu forschend-entdeckendem Lernen. Aufgaben mit Technologieeinsatz und viele aktuelle Bildungsinitiativen zur Integration Neuer Medien in den Unterricht zielen also auch auf strukturelle Weiterentwicklungen des komplexen Systems Mathematikunterricht in Deutschland ab. Die Theorie der Systemkybernetik gibt wertvolle Hinweise, die bei der Initiierung von Innovationsprojekten für den Mathematikunterricht Beachtung finden sollten. Zusammenfassend seien die Folgerungen aus der Systemkybernetik etwas plakativ positiv formuliert. (Darin findet man auch Gründe, warum die BLK-Programme SINUS und SINUS-Transfer relativ erfolgreich waren.) Man sollte damit zufrieden sein, wenn man in kleinen Schritten inkremental Wirkung entfaltet. Getreu einem Ausspruch von Hartmut von Hentig: Die Schritte können klein sein, wenn die Ideen groß genug sind. Initiativen zur Weiterentwicklung des Mathematikunter- 155

158 Volker Ulm, Augsburg richts sollten also nicht versuchen, den gesamten Mathematikunterricht völlig umkrempeln. Sonst sind Lehrkräfte in ihrer Handlungssicherheit gefährdet und lassen sich auf gut gemeinte Ideen nicht ein. Zweitens sollte es das Ziel sein, Entwicklung anzustoßen und zu begleiten, statt Fertiges zu implementieren. Dies ist der evolutionäre Aspekt. Substanzielle Veränderungen des Mathematikunterrichts können nicht von außen erzwungen werden. Sie sollen ja im Denken und im Handeln von Lehrkräften und Schülern stattfinden und müssen deshalb auf Entwicklungsprozessen der Beteiligten beruhen. Drittens entfalten Initiativen nur dann langfristige Wirkungen im System, wenn sie auf die Metaebene, also etwa auf die Vorstellungen über Unterricht, abzielen. Diese Vorstellungen bestimmen letztendlich die Art und Weise des Mathematikunterrichts. Wenden wir die eben entwickelte Theorie schließlich auf ein Beispiel an: auf dynamische Arbeitsblätter, ihre Konzeption, ihren Einsatz und ihren Nutzen im Mathematikunterricht. Als Ende der 90er Jahre dynamische Geometrie in HTML- Seiten integriert werden konnte, wurden auch von Universitäten ausgesprochen umfangreiche Lernumgebungen für Schüler zum eigenständigen Erarbeiten mathematischer Themen mit DGS entwickelt. Diese Lernumgebungen waren so reichhaltig, dass sie z.t. mehr als 30 Bildschirmseiten umfassten und die Schüler über mehrere Unterrichtsstunden damit hätten eigenverantwortlich arbeiten können. Das Ergebnis war eher ernüchternd: Die Lernumgebungen entfalteten kaum Wirkung im komplexen System Mathematikunterricht, weil sie nicht eingesetzt wurden. Der Schritt vom traditionellen Unterricht hin zu offeneren Unterrichtsformen mit Neuen Medien war zu groß. Der Schritt war nicht inkremental genug und wurde deshalb in der Praxis nicht gegangen. Als Folge ist zu beobachten, dass in den letzten Jahren und gegenwärtig konzipierte Lernumgebungen für den Mathematikunterricht zumeist wesentlich kleiner sind. Sie umfassen oft nur ein bis drei bewegliche Konstruktionen und Arbeitsaufträge, die in einer Unterrichtsstunde erledigt werden können. Die zugehörigen Unterrichtsmethoden sind so gestaltet, dass sich Phasen, in denen Schüler eigenständig am Bildschirm experimentieren, mit Phasen traditionellen Unterrichts in kürzeren Schritten abwechseln. Nur so finden die Konzepte Eingang in der Schulpraxis und nur so können sie langfristig Wirkung entfalten eben inkremental-evolutionär. 3 Neurobiologie Besuchen wir eine weitere Wissenschaft, die der Mathematikdidaktik nur auf den ersten Blick relativ fern steht: die Neurobiologie. Wir werden zunächst einige biologische Resultate zusammenstellen, diese in Kapitel 3 mathematisch und informatisch modellieren und aus dem Modell Folgerungen für menschliches Lernen und die Gestaltung von Aufgaben im Mathematikunterricht ziehen. Warum lohnt sich ein Exkurs in die Biologie? Führt man sich vor Augen, dass der Mathematikunterricht letztendlich auf Weiterentwicklungen der kognitiven Struktur, sprich des Gehirns, der Schüler abzielt, verwundert es umgekehrt, warum biologische Aspekte des Lernens bislang in der Mathematikdidaktik so wenig Bedeutung erlangt haben. Ein Grund mag sein, dass immer noch eine erhebliche Wissenslücke besteht: Auf der einen Seite stehen die Neurobiologie und die Medizin, die die bio-chemischen Prozesse beim Lernen erforschen. Auf der anderen Seite stehen die Lernpsychologie und die Fachdidaktik, die sich mit dem äußerlich beobachtbaren Verhalten der Lernenden befassen. Beide Seiten haben noch nicht zusammengefunden. Aber dennoch können beide Seiten voneinander lernen. Deshalb zunächst ein kurzer (und etwas oberflächlicher) Blick auf biologische Grundlagen des Lernens. 3.1 Biologische Neuronen Im menschlichen Gehirn befinden sich weit über 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen), davon etwa 20 Milliarden in der Großhirnrinde. Das Fundamentale an Neuronen (Abb. 23.4, aus Wikimedia Commons) ist ihre Fähigkeit, elektrische Impulse an andere Zellen auszusenden über das Axon, einen langen, oft weit verzweigten Fortsatz. Dies geschieht immer dann, wenn ein Neuron erregt ist, weil es von anderen Neuronen oder auch von Sinnesrezeptoren selbst passende elektrische Impulse erhalten hat. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Stellen, an denen die Zuleitungen auf ein Neuron oder dessen dendritische Struktur treffen. An diesen Verbindungsstellen den Synapsen besteht zwischen Zuleitung und Neuron ein Spalt. Damit ein ankommender elektrischer Impuls diesen Spalt überwinden kann, müssen dort chemische Prozesse stattfinden: Es werden auf präsynaptischer Seite Transmittersubstanzen ausgeschüttet, die innerhalb von wenigen Millisekunden auf der post-synaptischen Seite des Spalts entsprechende Rezeptoren aktivieren. Durch diese bio-chemischen Prozesse kann sich das elektrische Potenzial des Zielneurons erhöhen oder erniedrigen. 156

159 Welche Impulse kann die Fachdidaktik Mathematik im Hinblick auf die Gestaltung von Aufgaben mit Technologieeinsatz aus anderen Wissenschaften erhalten? Abbildung 23.4: Was passiert nun beim Lernen? Es entstehen keine neuen Neuronen. Vielmehr ändern sich die Stärken der synaptischen Verbindungen zwischen Nervenzellen, die Synapsengewichte. Auf biologischer Ebene ändern sich etwa die Menge des freigesetzten Transmitters, Charakteristika der Rezeptoren oder das umgebende Milieu. Lernen ist vor diesem Hintergrund die bio-chemische Veränderung von Synapsengewichten (Spitzer, 2000, 2003). 3.2 Mathematische Modellierung biologischer Neuronen Abb modelliert die Verhältnisse der Informationsverarbeitung durch ein Neuron. Es enthält an den Synapsen Eingangssignale v 1,v 2,...,v n. Nicht jedes Signal beeinflusst das Neuron in gleicher Weise. Vielmehr werden die Eingangssignale mit der Stärke wie der jeweiligen synaptischen Verbindungen gewichtet. Insgesamt wird das Neuron durch die Summe des gewichteten Inputs erregt bzw. gehemmt. Übersteigt diese Erregung eine Aktivierungsschwelle, so feuert das Neuron, d.h. es produziert selbst einen elektrischen Impuls, andernfalls erfolgt kein Output. Abbildung 23.5: Der gewichtete Input lässt sich als Standardskalarprodukt im IR n des Inputvektors v und des Gewichtsvektors w beschreiben. Ist dieses Skalarprodukt größer als eine Aktivierungsschwelle feuert das Neuron, ansonsten passiert nichts. Der Output ist also eine Funktion y = f (w v) des Standardskalarprodukts. Hierbei kann man die Aktivierungsschwelle ohne Einschränkung als 0 annehmen und für f die Heaviside-Funktion wählen. Damit haben wir folgendes mathematisches Modell für ein Neuron: Ein Neuron lässt sich modellieren durch eine Funktion von R n nach R, die jedem Inputvektor v die Zahl f (w v) zuordnet. Diese Funktion wird durch den Gewichtsvektor w als Parameter maßgeblich bestimmt. 4 Neuroinformatik Technische neuronale Netze finden in äußerst vielfältigen Bereichen Anwendung. Sie werden z.b. verwendet, um Roboter zu steuern, gesprochene Sprache oder Schrift zu erkennen, medizinische Diagnosen aufzustellen, Aktienkurse vorherzusagen, Flugmaschinen oder U-Boote zu identifizieren, Krebszellen zu erkennen, Immobilien zu bewerten, Materialien auf Risse hin zu prüfen, Daten zu komprimieren oder aufzubereiten, Wetterprognosen zu erstellen oder Optimierungsprobleme (wie etwa das Travelling-Salesman-Problem) effizient zu bearbeiten. Neuronale Netze arbeiten mit Mustern: Sie werden mit Mustern trainiert und sind anschließend in der Lage, Muster zu erkennen, zu analysieren, zu verallgemeinern, zu optimieren, zu extrapolieren oder zu bewerten. Neuronale Netze lernen dabei durch Beispiele: Ihnen werden keine Regeln oder Algorithmen zur inhaltlichen Bewältigung spezifischer Aufgaben einprogrammiert, sondern es werden Beispiele dargeboten, aus denen das Netz allgemeine Strukturen entwickelt. Das inhaltliche Wissen des Netzes ist nicht wie bei traditioneller Computerarchitektur unter einzelnen Speicheradressen lokalisierbar, sondern es ist durch Synapsengewichte über das gesamte Netz verteilt. 4.1 Kohonen-Netze Es gibt viele verschiedene Arten neuronaler Netze. Im Weiteren wird ein Typ vorgestellt, der in den achtziger Jahren vom T. Kohonen an der Universität Helsinki entwickelt wurde (Kohonen, 1988) und der mittlerweile vielfache technische Anwendungen gefunden hat, beispielsweise in der Sprach- und Mustererkennung oder in der Robotersteuerung. Kohonen-Netze sind auch deshalb von besonderem Interesse, weil sie in ihrer Architektur und in ihrem Verhalten deutliche Ähnlichkeiten zu biologischen neuronalen Netzen aufweisen und als Modell für menschliche neuronale Netze dienen können (siehe 4.4 und 4.5). Zunächst zur Architektur von Kohonen- Netzen: Das Modell von Kohonen geht von einer zweidimensionalen Gitterstruktur von Neuronen aus (Abb. 23.6). Jedes Neuron befindet sich in einer Ebene an einem Ort r und besitzt den Gewichtsvektor w (r). Jedes Neuron erhält als äußeren Input den gleichen Eingangsvektor v. (In Abb ist dies nur für ein einzelnes Neuron skizziert.) 157

160 Volker Ulm, Augsburg Abbildung 23.6: Kohonen-Netzwerke sind zudem sehr stark intern vernetzt (in Abb nicht gezeichnet): Jedes Neuron ist mit jedem anderen Neuron synaptisch verbunden. Die Kopplung ist derart, dass jedes Neuron die Neuronen seiner unmittelbaren Umgebung erregen kann, weiter entfernte Neuronen werden dagegen gehemmt. Um derart lokale Erregungszonen zu realisieren, müssen die Synapsengewichte bei geringen Abständen zwischen Neuronen hohe positive Werte, bei größeren Abständen dagegen negative Werte annehmen. Dies wird beispielsweise mit einer Mexikanerhut - Funktion gewährleistet: Besitzen zwei Neuronen im Kohonen-Netz den euklidischen Abstand d, so ergibt sich die Stärke der synaptischen Verbindung zwischen beiden Neuronen beispielsweise mittels der Überlagerung zweier Gauß-Glocken m(d) = 3 e d2 2σ 2 2 e d2 4σ 2,d R mit einem Parameter σ, der die Breite des Peaks beeinflusst. Abbildung 23.7: Damit ist das Gewicht der internen synaptischen Verbindung zwischen dem Neuron am Ort r und dem Neuron am Ort s gegeben durch h(r,s) = m( r s ). 4.2 Lernprozesse in Kohonen-Netzen Kohonen-Netze lernen, indem sie ihre Gewichtsvektoren auf der Basis von dargebotenem Input modifizieren. Im Folgenden ist der Lernalgorithmus skizziert, Weiterführendes findet sich beispielsweise in (Kohonen, 1988; Ritter et al., 1991; Rojas, 1996). Wir betrachten wie in 4.1 ein Kohonen-Netz mit Neuronen, deren Orte ein Gitter A R 2 bilden. Zum neuronalen Netz ist eine Menge von möglichen Eingangssignalen V R n gegeben. Sie werden dem neuronalen Netz gemäß einer Wahrscheinlichkeitsverteilung P (falls V endlich) bzw. gemäß einer Wahrscheinlichkeitsdichte p (falls V unendlich) dargeboten. Die Gewichtung der Eingangssignale durch das Neuron am Ort r A erfolgt mittels des Gewichtsvektors w (r) R n. Intern sind alle Neuronen des Kohonen-Netzes miteinander verbunden, die zugehörigen Gewichte sind durch die Funktion h : A A R n aus 4.1 gegeben. Zudem bezeichne η ]0; 1] einen Parameter, die sog. Lernkonstante. Das Training des Kohonen-Netzes erfolgt nach folgendem Algorithmus: (0) Initialisierung : Belege alle Synapsenstärken w (r) i mit Anfangswerten, z.b. mit zufällig gewählten Werten. (1) Stimuluswahl : Wähle aus der Menge der Eingangsreize V einen Vektor v entsprechend der zugehörigen Wahrscheinlichkeitsverteilung bzw. der Wahrscheinlichkeitsdichte. (2) Response : Bestimme den Ort s A eines Neurons mit v w (s) v w (r) für alle r A. (3) Adaptionsschritt : Berechne für alle r A den Änderungsvektor w (r) = η h(r,s) (v w (r) ) und ersetze danach für alle r A den Gewichtsvektor w (r) durch w (r) + w (r). (4) Schleife : Stoppe, falls die Maximalzahl der Iterationen erreicht ist. Andernfalls fahre bei Punkt (1) fort. Im Schritt Response wird zum Eingangssignal v der Ort s eines Neurons bestimmt, bei dem der Gewichtsvektor am besten mit dem Eingangssignal übereinstimmt. Gute Übereinstimmung bedeutet dabei geringer euklidischer Abstand. Es wird also ein Neuron ermittelt, für das der Abstand des Gewichtsvektors zum Inputvektor v minimal ist. Im Adaptionsschritt nähert sich der Gewichtsvektor w (s) noch stärker v an: Es wird ein Vektor w (s) addiert, der von w (s) zu v hin zeigt. Dabei wird nicht der ganze Differenzvektor addiert, sondern nur eine Verkürzung desselben. Dies passiert analog für alle anderen Gewichtsvektoren des Kohonen-Netzes. Der Verkürzungsfaktor wird jeweils durch das Synapsengewicht h(r,s) bestimmt (vgl. 4.1). Aufgrund der Form der Mexikanerhut-Funktion passen sich die Gewichtsvektoren von Neuronen in der Nähe des Ortes s stark an den Inputvektor v an. Für weiter ent- 158

161 Welche Impulse kann die Fachdidaktik Mathematik im Hinblick auf die Gestaltung von Aufgaben mit Technologieeinsatz aus anderen Wissenschaften erhalten? fernte Neuronen hat h sogar ein negatives Vorzeichen, dadurch entfernen sich die Gewichtsvektoren vom Input v. Was ist das Ergebnis dieser Adaption? Der Ort s wurde ja so bestimmt, dass der Abstand des zugehörigen Gewichtsvektors zum Inputvektor v minimal ist. Im Adaptionsschritt wurden Gewichte von Neuronen in der Nähe von s so verändert, dass ihr Abstand zu v noch geringer ist. Diese Änderung ist dabei für das Neuron am Ort s maximal. Nach dem Iterationsschritt passt das Neuron am Ort s also noch besser zum Input v als vorher. Auch die Neuronen in der Umgebung von s passen besser zu v als vorher. Die Annäherung der Gewichte an v ist jedoch ein lokal begrenztes Phänomen. Gewichtsvektoren von weiter entfernt liegenden Neuronen entfernen sich ja von v. Auf diese Weise bildet sich in der Umgebung von s eine sog. Repräsentation des Inputs v. 4.3 Beispiele Betrachten wir als Beispiel eine Simulation von (Kohonen, 1988). Zu Grunde liegt ein quadratisches Kohonen-Netz mit Neuronen. Jedes Neuron hat zwei Eingänge, der Input ist also zweidimensional. Die Inputvektoren werden aus einem Quadrat im R 2 zufällig gewählt, wobei kein Ort bevorzugt wird. Abb zeigt dieses Quadrat, aus dem der Input stammt, sechsmal. Es ist allerdings noch einiges mehr dargestellt. Als Punkte abgebildet sind auch die Gewichtsvektoren der Neuronen zu sechs verschiedenen Zeitpunkten des Lernprozesses. Was bedeuten dabei die Linien? Jedes Neuron im Innenbereich des quadratischen Netzes hat vier direkte Nachbarn (links, rechts, oben, unten). Die Neuronen am Rand haben nur drei Nachbarn bzw. in den Ecken zwei. In Abb sind die Gewichtsvektoren direkt benachbarter Neuronen mit Linien verbunden. So wird deutlich, welche Gewichtsvektoren zu benachbarten Neuronen gehören. Abbildung 23.8: Darstellung der Gewichtsvektoren (aus Kohonen, 1988) Zur Initialisierung wurden die Anfangswerte der Gewichtsvektoren innerhalb eines kleinen Kreises im Zentrum des Quadrates zufällig gewählt. Mit zunehmender Zahl der Iterationen wird die Struktur des Netzes immer deutlicher. Am Ende des Lernprozesses sind die Gewichtsvektoren in dem Eingabequadrat gleichmäßig verteilt. Man beachte dabei: Das in Abb sichtbare Netz ist nicht das Kohonen-Netz! Es gibt die Lage der Gewichtsvektoren wieder. Diese Darstellung ist besonders bemerkenswert, da hier ja zwei völlig unterschiedliche Dinge gleichzeitig dargestellt sind: Zum einen das Quadrat, aus dem der Input stammt, zum anderen die Positionen der Gewichtsvektoren. Nach genügend vielen Iterationen hat das neuronale Netz die Struktur des Inputs gelernt. Was heißt dies im Einzelnen? Jedes Neuron repräsentiert einen Bereich der Inputmenge. Repräsentieren bedeutet dabei Folgendes: Wenn Input aus der Umgebung eines Kreuzungspunkts in Abb kommt, wird das zugehörige Neuron am meisten aktiviert, denn der Gewichtsvektor hat dann unter allen Gewichtsvektoren den geringsten Abstand zum Inputvektor. Die Gewichtsvektoren sind relativ gleichmäßig in der Inputmenge verteilt. Es gibt also keine Teile des Inputs, die durch überdurchschnittlich viele Neuronen repräsentiert sind. Dies kommt dadurch zustande, dass bei der Auswahl der Inputvektoren zum Training des Kohonen-Netzes alle Orte gleichberechtigt waren. (Im nächsten Beispiel ist die Gleichverteilung nicht erfüllt.) Eine fundamentale Eigenschaft des Lernprozesses ist, dass benachbarte Neuronen auch benachbarte Bereiche der Inputmenge V repräsentieren. Nur deshalb ist in Abb überhaupt ein Netz optisch erkennbar. (Kohonen, 1988) drückt dies mit dem Begriff der topologieerhaltenden Abbildung aus. Die Menge der Orte der Neuronen im Kohonen-Netz kann als Karte (im Sinne einer Landkarte) der Menge der Inputsignale angesehen werden. Ähnlicher Input wird im neuronalen Netz durch die gleichen bzw. durch nahe beieinander liegende Neuronen repräsentiert. Unähnlicher Input erregt Neuronen mit größerem Abstand. Es bleibt die Frage, wie das Kohonen-Netz reagiert, wenn der dargebotene Input nicht gleichmäßig verteilt ist. Ritter et al. (1991) beschreiben eine entsprechende Simulation mit einem quadratischen Kohonen-Netz aus "40 40 Neuronen. Der Input ist zweidimensional und stammt aus einem Gebiet, wie es Abb zweimal zeigt. Wie oben entsteht die abgebildete Gitterstruktur durch die Lage der Gewichtsvektoren nach einer genügend großen Zahl an Lerndurchgängen. Links ist der Fall abgebildet, dass der Input gleichmäßig verteilt ist. Rechts besitzt die Wahrscheinlichkeitsdichte für die Auswahl der Input- 159

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