Aufbau einer Falllösung im Einkommensteuerrecht - unter besonderer Berücksichtigung der Einkünfte aus einer Mitunternehmerschaft
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- Simon Böhler
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1 Aufbau einer Falllösung im Einkommensteuerrecht - unter besonderer Berücksichtigung der Einkünfte aus einer Mitunternehmerschaft Fall: X und Y sind Gesellschafter einer Personengesellschaft: PersGes Transparenzprinzip X Y Einkommensteuerpflicht des X (Kurzübersicht): I. Subjektive Steuerpflicht II. Objektive Steuerpflicht 1. Zweistufige Einkünftequalifikation a) Ebene der Gesellschaft aa) bb) 15 II EStG cc) Gesellschaft i.s.d. 15 I 1 Nr. 2 EStG? Gewerbliches Unternehmen? z.b.: 15 II, III Nr. 1 EStG 15 III Nr. 2 EStG Betriebsaufspaltung Gesellschafter sind Mitunternehmer? b) Ebene des Gesellschafters Betriebsverpachtung im Ganzen 2. Zweistufige Einkünftequantifikation/Einkünfteermittlung a) Anteil am Gesamthandsgewinn gem. 15 I Nr. 2 S.1, 1.Hs EStG aa) Bestimmung der Gewinnermittlungsart und methode im Bereich der Gesamthand bb) Berechnung des Gewinnanteils cc) Korrektur um Ergänzungsbilanzergebnis b) Sonderbereich und Sonderbetriebsergebnis (Sonderbilanzen) aa) Bestimmung der Gewinnermittlungsart im Sonderbereich bb) Berechnung des Sonderbetriebsergebnisses c) Addition des Anteils am Gesamthandsgewinn und Sonderbetriebsergebnisses 3. (Ggfs. Ermittlung des zu versteuernden Einkommens bzw. der Steuerschuld) 1
2 A. Steuerpflichtiger X I. Subjektive Steuerpflicht Nicht die Personengesellschaft, sondern der einzelne Gesellschafter ist Einkommensteuersubjekt! II. Objektive Steuerpflicht 1. Einkünftequalifikation Erzielt X Einkünfte gem. 15 I Nr. 2 EStG aus gewerblicher Mitunternehmerschaft? zweistufige Einkünftequalifikation (1. Ebene der partiell steuersubjektfähigen Personenvereinigung, 2. Ebene der personenbezogenen Einkünftequalifikation endgültig auf Ebene des Gesellschafters = Einkommensteuersubjekt) a) Ebene der Gesellschaft Gesellschaft ist (zwar nicht Einkommensteuersubjekt, aber) Einkünftequalifikationssubjekt aa) Gesellschaft i.s.d. 15 I Nr. 2 EStG = Gesellschaft (oder ähnliche Personenvereinigung) OHG und KG sind ausdrücklich genannt andere Gesellschaften dann, wenn sie diesem Leitbild ähneln bb) Gewerbliches Unternehmen? (Gesellschaft = Einkünftequalifikationssubjekt) Qualifikation dieser Tätigkeit (?) Man unterscheidet: Mitunternehmer (MU) mit Einkünften aus Gewerbebetrieb: 15 I 1 Nr. 2, II EStG; 15 III EStG MU mit Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft: 13 VII EStG MU mit Einkünften aus selbständiger Arbeit: 18 IV 2 EStG Vermögensverwaltende Personengesellschaft: 20, 21 EStG Hier geht es also um die Frage der Einkünftequalifikation (vgl. AG 2
3 ESt), also ob im konkreten Fall (gefragt ist nach gewerblicher Mitunternehmerschaft des X) die Gewerblichkeit zu bejahen ist. Siehe hierzu Schema-Gewerbliche Einkünfte einer Personengesellschaft (1) Gewerblichkeit wegen Erfüllung der Voraussetzungen gem. 15 II EStG? o Selbständige Betätigung o Nachhaltige Betätigung o Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr o Gewinnerzielungsabsicht o Negativmerkmale/Abgrenzung nach dem Gesamtbild der Betätigung/Berücksichtigung der Verkehrsauffassung: Keine Land- und Forstwirtschaft ( 13 EStG), keine selbständige Tätigkeit ( 18 EStG), (P):Vervielfältigungstheorie? Beachte Rspr.-Änderung! (BFH v VIII R 50/09, BStBl. II 2011, 506) keine Vermögensverwaltung ( 14 S.3 AO) Abgrenzung EStG, beachte: Gewerblichkeit kraft bilanzrechtlicher Zuordnung (gewillkürtes/notwendiges BV) (2) oder Gewerblichkeit wegen Erfüllung der Voraussetzungen gem. 15 III EStG? (a) Gewerblichkeit kraft Abfärbung/Infektion gem. 15 III Nr. 1 EStG? (Zweck: Vereinfachung; Kritik: Art. 3 I GG, da nicht bei Einzelunternehmen?) Voraussetzungen: (i) Personengesellschaft (nicht Einzelunternehmen, nicht Gemeinschaft) 3
4 (ii) KEINE einheitlich zu betrachtende Tätigkeit BFH = einheitlich zu betrachtende Tätigkeit, wenn nach Verkehrsauffassung gegenseitiges Bedingen der Tätigkeiten und untrennbare Verflechtung (Wenn einheitlich zu betrachtende Tätigkeit vorliegt kein 15 III Nr. 1 EStG sofern bei gemischter Tätigkeit einheitlicher Erfolg geschuldet, erfolgt Qualifikation danach, welche einzelne Tätigkeit der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt) (iii) Teilweise gewerbliche Tätigkeit im Gesamthandsbereich (nicht bloß im Sonderbereich) Folge: Abfärbewirkung der teilweisen gewerblichen Tätigkeit auf übrige Umqualifizierung in gewerbliche Einkünfte INSGESAMT; unwiderlegbare Vermutung der Gewerblichkeit (keine Fikiton) Ausnahme: KEINE Umqualifizierung bei Marginalgrenze Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips (b)(nicht gewerblich tätige, aber) gewerblich geprägte Personengesellschaft gem. 15 III Nr. 2 EStG (sog. Gewerbebetrieb kraft Prägung - echte Fiktion) Voraussetzungen: (i) Alle persönlich haftenden Gesellschafter (Komplementäre = Kpl.) = Kapitalgesellschaften (ii) Nur diese (Kpl.) oder Nichtgesellschafter = Geschäftsführer (iii) Mit Einkunftserzielungsabsicht unternommene Tätigkeit (iv) Keine Tätigkeit gem. 15 II EStG 4
5 (3) oder Sonderfall der Betriebsaufspaltung (Folge, dass beim Besitzunternehmen Einkünfte in gewerbliche umqualifiziert werden)? Dazu später mehr (4) oder Sonderfall der sog. Betriebsverpachtung im Ganzen (Unterfall der Betriebsunterbrechung)? Dazu später mehr cc) Gesellschafter sind Mitunternehmer (Typusbegriff!) Rechtsfolge= Zurechnung der Einkünfte beim Gesellschafter Voraussetzungen: (1) Gesellschafter (zivilrechtlich wirksamer Vertrag) (P):Verträge zwischen nahen Angehörigen zivilrechtlich wirksam (insb. gem 1629 II 1, 1795, 1643 I, 1821, 1822 BGB) und steuerlich anzuerkennen? Ausreichend: verdecktes Gesellschaftsverhältnis/faktische Mitunternehmerschaft (2) Typusbegriff (Mit-)Unternehmer: (a) Typuskriterium: Tragen von Mitunternehmerrisiko = Teilhabe am Erfolg/Misserfolg des Unternehmens (b) Typuskriterium: Tragen von Mitunternehmerinitiative = Einfluss auf Unternehmensentscheidungen (c) Bedingte Kompensation der beiden Kriterien Ein Mehr des einen kann ein Weniger des anderen Begriffsmerkmals kompensieren, wobei kein Merkmal ganz fehlen darf! Gesamtbetrachtung der Verhältnisse maßgeblich ( Typusbegriff ) (3) Mindestens zwei Mitunternehmer (also mindestens ein weiterer Gesellschafter muss als Mitunternehmer anzusehen sein 5
6 ACHTUNG: inzidente Prüfung übriger Mitunternehmer), sonst Einzelunternehmer i.s.d. 15 I Nr. 1 EStG Beachte: die Voraussetzungen (1)-(3) sind immer erforderlich, also auch bei Gesellschaftern von ohg oder KG, denn: handelsrechtlicher Gewerbebetriebsbegriff ist NICHT gleich dem steuerrechtlichen Gewerbebetriebsbegriff (z.b. kann zivilrechtlicher Gesellschafter steuerrechtlich nur typisch stiller Gesellschafter gem. 20 I Nr. 4 EStG sein und damit kein Mitunternehmer) b) Ebene des Gesellschafters ( evtl. Umqualifizierung) Gesellschafter bleibt (einziges) Einkommensteuersubjekt! Es gilt das Transparenzprinzip! ggf. Umqualifizierung (vgl. sog. Zebragesellschaft ) 2. Einkünftequantifikation: Zweistufige (sog. additive) Gewinnermittlung (Anteil am Gesamthandsgewinn + Gewinn aus dem Sonderbereich) a) Gewinnanteil (Anteil am Gesamthandsgewinn) gem. 15 I Nr. 2 S.1, 1.Hs EStG (Erzielt die Gesellschaft Überschusseinkünfte muss die Terminologie natürlich angepasst werden.) aa) Bestimmung der Gewinnermittlungsart und methode im Bereich der Gesamthand bb) Berechnung des Gewinnanteils (Handelsbilanz Steuerbilanz) Gesamthandsgewinn X Anteil cc) Korrektur um Ergänzungsbilanzergebnis Ergänzungsbilanzen enthalten lediglich rechnerische Korrekturposten b) Sonderbereich und Sonderbetriebsergebnis (Sonderbilanzen) aa) Bestimmung der Gewinnermittlungsart im Sonderbereich 6
7 Prinzip der korrespondierenden Bilanzierung bb) Berechnung des Sonderbetriebsergebnisses Sonderbetriebseinnahmen (insbesondere Sondervergütungen) Sonderbetriebsausgaben ( Qualifikation von etwaigem Sonderbetriebsvermögen -> SBV I, II und gewillkürtes) c) Addition des Anteils am Gesamthandsgewinn und Sonderbetriebsergebnisses (3. Ggfs. Ermittlung des zu versteuernden Einkommens bzw. der Steuerschuld) B. Steuerpflichtiger Y MERKE Dieses Schema ist im Rahmen der steuerrechtlichen Begutachtung eines Falles nicht immer strikt durchzuprüfen. Es dient lediglich der besseren Orientierung bei der Prüfung von Fällen zur Besteuerung der Personengesellschaften. Bei der Begutachtung von Fällen ist insoweit vielmehr auf die einzelnen Problemfelder einzugehen und die Falllösung dementsprechend auszurichten. 7
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