Der einheitliche Europäische Eisenbahnraum - Viele Teile auf dem Weg zum Ganzen?

Ähnliche Dokumente
Aufgabenträger des SPNV in Europa: Wer sind unsere Nachbarn? Was können wir von ihnen lernen?

Standardisierung und Interoperabilität und das vierte EU-Eisenbahnpaket

Fachdialog Verkehr & Mobilität ÖPNV und Radverkehr

Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung (ü)briger öffentlicher Personennahverkehr

Dr. Matthias Stoffregen Geschäftsführer mofair e. V. Wettbewerb im Fernverkehr? Wettbewerb im Fernverkehr!

Berichtspflichten für Aufgabenträger nach der VO 1370/2007

Die Instrumente der Wahl Wie Aufgabenträger mit Investitions- und Fahrzeugfinanzierung im SPNV umgehen können.

zwischen Wirtschaft Kultur Politik

SPNV-Tarif und -Vertrieb zwischen Verbundgedanken, Vertriebsmonopol und Unternehmertum

SPNV-Fahrzeugfinanzierung. 11. Deutscher Nahverkehrstag in Koblenz

Wie alles begann: Gründung des heutigen KVöV

«ÖV in der Schweiz muss auch in Zukunft attraktiv bleiben» Bern, 14. August 2018 Jeannine Pilloud, Präsidentin ch-direct

Wettbewerbsanalyse 2015 Impulsvortrag im Rahmen der Tagung 20 Jahre Re-Regulierung und Liberalisierung in Infrastruktursektoren

Fahrkartenvertrieb jeder für sich oder einer für alle?

Marktübersicht Herausforderungen in der ÖPNV-Branche Britta Salzmann & Sabrina Paulus, DB Vertrieb GmbH

Der Deutschland-Takt. Fachforum "Zukunft des Bahn-Fernverkehrs" 13. September 2008, Düsseldorf. Arnd Schäfer, Geschäftsführer BAG-SPNV

Aktuelles vom SPNV-Markt

PRO BAHN Schleswig-Holstein/ Hamburg 11 Kernforderungen zur Bundestagswahl 2017 Überlegungen zur Bahnanbindung von Schleswig

Chancen und Risiken bei der Gestaltung von technologieoffenen Ausschreibungen zur Beschaffung von Schienenfahrzeugen mit innovativen Antrieben

WETTBEWERBER-REPORT EISENBAHN 2017/18

11. DEUTSCHER NAHVERKEHRSTAG Juni 2016 DAS PROGRAMM. Die Entdeckung des Fahrgastes!

Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung Schienenpersonennahverkehr

Bahnverkehr: 1. Themenschwerpunkt: Bahnhöfe und. Stationen als zentrale Rahmenbedingung für die Attraktivität des SPNV? Dipl.-Ing.

10. Deutscher Nahverkehrstag in Koblenz: Anforderungen an Schienenfahrzeuge im In- und Ausland Jens Sprotte

Gesundheit Mobilität Bildung. Fernbus als Teil des öffentlichen Verkehrs. 12. Deutscher Nahverkehrstag, 26. April 2018 Jonathan Laser, IGES Institut

ZVSN/RGB-Fachseminar: Flexibel unterwegs Nahverkehr der Zukunft?

Was bringt die EU VO 1370/2007?

Die fünf großen S-Bahn Systeme: Herausforderungen und Zukunftschancen Deutscher Nahverkehrstag Andreas Schilling. DB Regio AG

dem Ministerium für Verkehr, öffentliche Arbeiten und Wasserwirtschaft der Niederlande

Medizinische Versorgung und ÖPNV im ländlichen Raum

Mehr Nahverkehr. nachhaltige Mobilität auch im Flächenland. LVS Schleswig-Holstein, 8. Mai Schleswig-Holstein.

Chancen im Fernverkehr aus Sicht eines Wettbewerbers

Sind die kommunalen Verkehrsunternehmen noch zu retten? Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH. Koblenz, den 15. September 2005

Reformoptionen für die Infrastrukturfinanzierung und Verkehrspolitik in Deutschland

Von der Behördenbahn zum

ÖPNV IM OSTALBKREIS. Organisation Struktur Finanzierung

Landestarife - der richtige Ansatz für den Bestellermarkt?

13231/16 kh/gt/dp 1 DGE 2A

ZUKUNFT DER LÄNDLICHEN REGIONEN

Professor Dr. Matthias Knauff, LL.M. Eur.

Umsetzung des ÖPNV-Plans des Landes Sachsen-Anhalt. Konkrete Reaktionen bei der ÖPNV- Gestaltung auf den demografischen Wandel

Taktangebote im Fernverkehr Konsequenzen für Fahrpläne und das Angebot im Schienenverkehr

Deutschlandtakt Fahrplankonzept und Konsequenzen für das Angebot im Schienenverkehr

ÖPNV Wartburgregion. 27. Gothaer Technologenseminar. am

Der Personenverkehr der Deutschen Bahn AG

Bodensee-S-Bahn und. Bodensee-S-Bahn: Konzept wie ZVV Entwicklung ZVV (Zürcher Verkehrsverbund) ab 2000

Nach 10 Jahren Wettbewerb: Sind gemeinsame Interessen vertretbar?

«Voraussetzungen für einen fairen und wirksamen Wettbewerb im Schienengüterverkehrs - und Transportmarkt»

Herausforderung an den SPNV der Zukunft

Rhenus Veniro Der Qualitätsdienstleister im Nahverkehr auf Straße und Schiene

GRENZÜBERSCHREITENDER PERSONENVERKEHR

U 28 Národního parku dráha/ Nationalparkbahn wie eine Bahnlinie D und ČR verbindet

Konkurrenz, Kostendruck und Kundenwünsche Die europäischen Eisenbahnen auf dem Weg in eine schwierige Zukunft

Unübersichtlich und intransparent: Das Preissystem der Bahn. Bernhard Knierim fuer alle.de

Unsicherer Finanzrahmen: gerät der ÖPNV aus der Spur?

Internationale Ostbahn-Konferenz

4. EU-Bahnpaket (tech. Säule) Übernahme in der Schweiz

Der Taktgeber: Planwirtschaft, Marktmonopol oder Dienstleistungsstandards wie Integration und Wettbewerb harmonieren können Dr.

Stand: Juni Die Schiene damals, heute und in der Zukunft, wo steht Deutschland"

Presseinformation FAQ REGIONALISIERUNGSMITTEL WARUM IST EIN FUNKTIONIERENDER SCHIENEN-PERSONEN-NAHVERKEHR (SPNV) SO WICHTIG?

Enquete-Kommission 6/1 am Thema: ÖPNV

Hans-Jürgen Salmhofer Stabstelle Mobilitätswende & Dekarbonisierung Generalsekretariat, bmvit

Verbesserte Organisation des stadtregionalen öffentlichen Verkehrs: internationale Erfahrungen

Bodensee-S-Bahn und Bodenseegürtelbahn

VBB-Kundeninformation mit Echtzeitdaten von SPNV und ÖPNV

Aus der Sicht eines Verkehrsverbundes im Scandria Korridor: Stand und Perspektiven grenzüberschreitende Informationen über öffentliche Verkehrsmittel

Landesweiter Tarif Mecklenburg-Vorpommern Agenda

Organisation und Struktur des ÖPNV in NRW

Die Präsidentin des Niedersächsischen Landesrechnungshofs. - Überörtliche Kommunalprüfung -

Funktionale Ausschreibung

Open access, Deutschland-Takt, HKX als eigenwirtschaftlicher Nahverkehr: Wie passt das zusammen? Hans Leister Zukunftswerkstatt Schienenverkehr

Organisationsmodelle für den SPFV. Eine (institutionen-)ökonomische Analyse

EUROPA konkret: Nahverkehr ohne Grenzen. Fachgespräch zu grenzüberschreitenden öffentlichen Personennahverkehren in Europa

Ziele, Anforderungen und Erwartungen rund um das EU-Normierungsmandat M/486

Konferenz Verkehrsökonomik und politik 2. Juni 2016 Der europäische Eisenbahn-Güterverkehr im Systemwandel

Projekt E-Beschaffung

Königsdisziplin Nah- und Regionalverkehr

1. Der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein. 2. Mobilität ist ein Gemeinschaftswerk. a. Regionales Busnetz. b. Bike + Ride Programm des Landes 2015

2. Befürworten Sie das im Gesetzentwurf verankerte Besteller-Ersteller-Prinzip?

Mobility Lokomotivenwerk München

Konferenz des BAV zum Schienengüterverkehr Dr. Dirk Stahl, CEO BLS Cargo

: 10 Jahre Initiative Deutschland-Takt

VBB IM DIALOG Planen für die Zukunft: das Projekt i2030, die Kompetenzstelle Bahnhof und weitere Projekte im VBB Ludwigsfelde,

Was kann FIS für den Nahverkehr leisten?

Infrastrukturmonitoring

Die Europäischen Eisenbahnpakete

Aspekte des Netzzugangs und des Wettbewerbs im Eisenbahnsektor

Neu Ulm, Petrus Saal Verkehrsverbund DING. ÖPNV Forum Neu Ulm Regionalverkehr

Schienenverbindungen zwischen Deutschland und Polen. Ein wahres Trauerspiel der D-PL-Zusammenarbeit!

Wettbewerb im SPNV. Herausforderungen und Chancen

Gesamtbericht nach Art. 7 (1) VO 1370 des Zweckverbandes Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON) 1 - Aufgabenträger

Intelligente Leit- und Sicherungstechnik überwindet Grenzen (und Kulturen)

Neubau, Reaktivierung und Elektrifizierung als Voraussetzung für grenzüberschreitenden Bahnverkehr im Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien

Bestellung nach GWB-Vergaberecht

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit Potenziale und Herausforderungen am Beispiel der CENTROPE-Region

Bahnindustrie erzielt 2014 Umsatzrekord / Bestellungen bleiben hinter Erwartungen / Koalition muss mit Regionalisierungsmitteln verlässlich umgehen

Auswirkungen der Digitalisierung auf die öv-mobilität. M. Reisner-Schmid

NORD-OSTSEE-KORRIDOR - DER KNOTEN BERLIN AUS SICHT DES REGIONALEN PERSONENVERKEHRS

Tarifbedingungen und BahnCard-Anerkennung in nicht von der Deutschen Bahn AG betriebenen Zügen

Nahverkehr an der deutsch-polnischen Grenze

Transkript:

Der einheitliche Europäische Eisenbahnraum - Viele Teile auf dem Weg zum Ganzen? Deutscher Nahverkehrstag 2018 Koblenz, 26.04.2018 Ludger Sippel Julian Nolte

"Deshalb ist die volle Ausschöpfung des Wachstumspotenzials des Eisenbahnsektors eines der wichtigsten Ziele nicht nur der EU- Verkehrspolitik, sondern auch der Wirtschaftspolitik generell. Mit diesem Ziel vor Augen muss die Europäische Union einen einheitlichen europäischen Eisenbahnraum schaffen, gestützt auf ein integriertes Infrastrukturnetz und interoperable Ausrüstungen, die die Durchführung reibungsloser Verkehrsdienste in ganz Europa und seinen Nachbarländern ermöglichen. Alle europäischen Eisenbahnunternehmen könnten dann effiziente Verkehrsdienste anbieten, die den Erwartungen der Fahrgäste und Unternehmen gerecht werden, und besser mit den anderen Verkehrsträgern konkurrieren, vor allem was die Preise, Flexibilität, Fahrzeiten und Pünktlichkeit anbelangt." [Mitteilung der Kommission über die Entwicklung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (KOM(2010) 474)] 2

Inhalte 1. Wie einheitlich ist der Europäische Eisenbahnraum? 2. Wozu Europa? 3. Wo kann Europa helfen? Wo muss Europa helfen? 4. Fazit 3

Inhalte 1. Wie einheitlich ist der Europäische Eisenbahnraum? 2. Wozu Europa? 3. Wo kann Europa helfen? Wo muss Europa helfen? 4. Fazit 4

Unterschiedliche Spurweiten 5

Unterschiedliche Bahnstromsysteme 6

Unterschiedliche Zugsicherungssysteme 7

Regionale 8 und nationale Aufgabenträgerschaft

Quelle: IRG Rail, Sixth IRG-Rail Market Monitoring report, 30 Marktanteile der Staatsbahnen ( incumbents ) 9

Ein zunehmend fragmentierter Eisenbahntarif Bahnfahrkarte "früher" und "heute" 10

Fragmentierung des Bahnsystems an europäischen Staatsgrenzen Beispiel Grenze Port Bou (ES) / Cerbère (FR) 11

Fragmentierung des Bahnsystems an europäischen Staatsgrenzen Beispiel Grenze Golenti (RO) / Vidin (BG) 12

1. Wie einheitlich ist der Europäische Eisenbahnraum? Zwischenfazit 1: Uneinheitlicher könnten Europas Eisenbahnen kaum sein Technisch unterschiedliche Systeme, die nur mit hohem Aufwand (Mehrsystemtriebfahrzeuge, Umspuranlagen) durchgehend nutzbar sind Frühe System-Integration (Berner Konvention, TCV/SCIC, RIC/RIV usw.) - heute noch zeitgemäß? Ein extrem fragmentierter Bestellermarkt für gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen Unterschiedliche Vergabestrategien von Aufgabenträgern: Ausschreibungswettbewerb vs. Direktvergaben an Staatsbahnen Unterschiedliche Vermarktungsstrategien v.a. im Fernverkehr: "Bahn für alle" vs. "Reisen wie im Flugzeug". Ergebnis: TCV / SCIC ist auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit 13

auf der anderen Seite: 14

Gut funktionierende grenzüberschreitende Angebote im SPFV Thalys (DE/BE/NL/FR) 15

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/trilex_(marke)#/media/file:tlx2-seifhennersdorf.jpg Gut funktionierende grenzüberschreitende Angebote im SPNV Trilex (ZVON [DE] / LK [CZ]) 16

Ein Bahnsystem, das europaweit bekannt und verständlich ist 17

Quelle: www.eba.bund.de (Auszug) Ein gemeinsamer Markt für Betriebsleistungen 18

19 Ein gemeinsamer Markt für Vertriebsleistungen Beispiel trainline.eu

Ein gemeinsamer Markt für Fahrzeuge 20

1. Wie einheitlich ist der Europäische Eisenbahnraum? Zwischenfazit 2: Es gibt Ansätze von Einheitlichkeit. Man muss sie nur organisieren. Der intermodale Wettbewerb hat sich seit dem zweiten Weltkrieg erheblich verschärft (Massenmotorisierung, Billigflüge). Gleichzeitig haben sich die betriebliche und vertriebliche Organisation der Bahn verändert (Triebwagen statt lokbespannter Wagenzüge, Digitalisierung von Leit- und Sicherungstechnik und Vertrieb, Taktverkehre, Auslastungssteuerung) Der einheitliche Europäische Eisenbahnraum will helfen, die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn zu steigern und die Neuorganisation zu unterstützen.? Nur: Sind wir auf dem richtigen Weg? 21

Inhalte 1. Wie einheitlich ist der Europäische Eisenbahnraum? 2. Wozu Europa? 3. Wo kann Europa helfen? Wo muss Europa helfen? 4. Fazit 22

2. Wozu Europa? Tätigkeit eines AT Organisation Verkehr im eigenen Zuständigkeitsbereich Wettbewerbliche Vergabe von Leistungen Finanzierung / Förderung von Infrastruktur (Neubau / Ausbau) Bezug zu Europa allgemein: kein Bezug in Grenzregionen: oft dominieren pragmatische Lösungen Anforderungen 1370/2007 in DE wegen Wettbewerbsaffinität wenig relevant ggf. Fördermöglichkeiten für Strecken mit europäischem Bezug Finanzierung / Beschaffung von Fahrzeugen ( AT-Pools ) TSI-Anforderungen ETCS-Anforderungen Reiseketten zum Fernverkehr, ÖPNV, MIV organisieren kein Bezug!? Augenscheinlich haben Aufgabenträger des SPNV nur teilweise mit dem einheitlichen europäischen Eisenbahnraum zu tun. Und wenn, scheinen die Schwierigkeiten zu dominieren. Quelle: 23 KCW GmbH

Inhalte 1. Wie einheitlich ist der Europäische Eisenbahnraum? 2. Wozu Europa? 3. Wo kann Europa helfen? Wo muss Europa helfen? 4. Fazit 24

3. Wo kann Europa helfen? Wo muss Europa helfen? Förderung von Verkehrsleistungen auf Grenzverkehrsstrecken Förderung des Wettbewerbs im Betrieb - damit es einen ausgeprägteren Wettbewerbsmarkt gibt Technologieförderung (Fahrzeuge, Fahrgastinformation, Vertrieb) Harmonisierung der Fahrzeuganforderungen und Vereinfachung der -zulassung Mehr Augenmaß bei Barrierefreiheit (erhebliche Mehrkosten für Infrastrukturbetreiber und Aufgabenträger, die sinnvolleren Alternativen teilweise entgegenstehen und sinnvollere kleinere Maßnahmen blockieren) 25

3. Wo kann Europa helfen? Wo muss Europa helfen? Beispiel: Eine zeitgemäße Standardisierung der Kupplungen ist erforderlich 26

Inhalte 1. Wie einheitlich ist der Europäische Eisenbahnraum? 2. Wozu Europa? 3. Wo kann Europa helfen? Wo muss Europa helfen? 4. Fazit 27

Fazit Markt ist wichtig - die Philosophie hat aber Grenzen im System Eisenbahn Einheitlichkeit ist wichtig für eine Entfaltung des Wettbewerbs Im Weg stehen aber die Befindlichkeiten der Nationalstaaten (Beharren auf nationalen Regelungen, Anwendung von Ausnahmetatbeständen) Der intermodale Wettbewerb muss gerecht sein. Botschaft: Die Branche * muss sich stärker zu Wort melden, um die europäischen Rahmenbedingungen mitzugestalten. 28

Danke! Ludger Sippel, Julian Nolte Berater KCW GmbH Fon: 030 4081768-56 Berlin Fax: 030 4081768-61 Bernburger Str. 27 Mail: sippel@kcw-online.de 10963 Berlin Web: www.kcw-online.de 29