5 Handlungsformen des Kommunalrechts. I. Die Handlungsformen kommunaler Aufgabenwahrnehmung. Das Satzungsrecht und seine Rechtsschutzaspekte

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Transkript:

Prof. Dr. März Kommunalrecht 5 1 5 Handlungsformen des Kommunalrechts I. Die Handlungsformen kommunaler Aufgabenwahrnehmung im Überblick II. Das Satzungsrecht und seine Rechtsschutzaspekte III. Besonderheiten privatrechtlicher Aufgabengabenwahrnehmung in der Gemeinde

Prof. Dr. März Kommunalrecht 5 2 I. Die Handlungsformen kommunaler Aufgabenwahrnehmung im Überblick Als Handlungsformen der Gemeinde im Öffentlichen Recht kommen (neben Verwaltungsakt und Verwaltungsvertrag) in Betracht die Rechtsverordnung nach gesetzlicher Ermächtigung # im eigenen Wirkungskreis ( 2 Abs. 3 KV) # im übertragenen Wirkungskreis ( 3 Abs. 1 und 2 KV) > öffentliche Bekanntmachung wie Satzungen die Satzung # im eigenen Wirkungskreis generell, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird ( 5 Abs. 1 Satz 1 KV) # im übertragenen Wirkungskreis nur, wenn ein Gesetz dies vorsieht ( 5 Abs. 1 Satz 2 KV), etwa im NatSchAG M-V (z.b. Strandnutzung, 27 Abs. 4) oder in der LBauO (z.b. örtliche Bauvorschriften, 86 Abs. 1)

Prof. Dr. März Kommunalrecht 5 3 II. Das Satzungsrecht und seine Rechtsschutzaspekte 1. Grenzen der gemeindlichen Satzungsautonomie Vorrang des Gesetzes, etwa hinsichtlich des Ob einer Satzung (z.b. Hauptsatzung als Pflichtsatzung, 5 Abs. 2 KV; Haushaltssatzung als wiederkehrende Pflichtsatzung, 45 KV) Vorrang der Verfassung (GG und LV M-V) Vorrang des Unionsrechts Vorbehalt des Gesetzes, vor allem bei Grundrechtseingriffen > keine Befugnis zur Einschränkung von Grundrechten unmittelbar aus dem Recht zur Satzunggebung; deshalb z.b. gesetzliche Ermächtigung in 10 Abs. 1 BauGB (Bebauungsplan), in 15 Abs. 1 Satz 1 KV (Anschluß- und Benutzungszwang) oder im kommunalen Abgabenrecht (KAG M-V)

Prof. Dr. März Kommunalrecht 5 4 2. Voraussetzungen der Rechtswirksamkeit einer Satzung Formelle Rechtmäßigkeit # Zuständigkeit zur Satzunggebung: immer Gemeindevertretung, keine Übertragbarkeit ( 22 Abs. 3 Nr. 6 KV) # Verfahren nach allgemeinen Vorschriften, 29 ff. KV # Ausfertigung und öffentliche Bekanntmachung, 5 Abs. 4 KV # ausnahmsweise: Genehmigung durch Rechtsaufsichtsbehörde, z.b. bei Kreditaufnahme im Haushalt ( 52 Abs. 2 Satz 1 KV) # Fehlerfolge: grundsätzlich Nichtigkeit, aber: Unbeachtlichkeit von bestimmten Form- und Verfahrensfehlern nach Zeitablauf, 5 Abs. 5 KV # Beachte: Zulässigkeit rückwirkender Heilung solcher Fehler Materielle Rechtmäßigkeit, d.h. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht; Fehlerfolge: hier stets Nichtigkeit

Prof. Dr. März Kommunalrecht 5 5 3. Rechtsschutz gegen Satzungen verwaltungsinterne Kontrolle durch # Widerspruchsrecht des Bürgermeisters, 33 Abs. 1 Satz 1 KV # rechtsaufsichtliche Überprüfung, 81 Abs. 1 KV verwaltungsgerichtliche Kontrolle durch # inzidente Überprüfung der Satzung im Weg der Anfechtungsoder Feststellungsklage, 42 f. VwGO # prinzipale Normenkontrolle nach 47 Abs. 1 VwGO bei Satzungen nach BauGB (Nr. 1) bei allen anderen kommunalen Satzungen, Nr. 2 i.v.m. 13 AGGerStrG M-V verfassungsgerichtliche Kontrolle durch # inzidente Überprüfung mit Urteilsverfassungsbeschwerde # Gesetzesverfassungsbeschwerde, soweit unmittelbare Betroffenheit vorliegt (z.b. BVerfGE 65, 325 [Zweitwohnungssteuer])

Prof. Dr. März Kommunalrecht 5 6 III. Besonderheiten privatrechtlicher Aufgabengabenwahrnehmung in der Gemeinde Allgemeine Geltung des Zivilrechts (z.b. 164 ff. BGB) bei rechtsgeschäftlicher Vertretung der Gemeinde durch den Bürgermeister, 38 Abs. 2 Satz 1 KV Sondervorschriften für privatrechtliche Verpflichtungserklärungen durch den Bürgermeister, 38 Abs. 6 KV # Schriftformerfordernis (Unterschrift und Dienstsiegel) # bei Formfehlern oder innergemeindlichen In-sich-Geschäften Genehmigungspflicht (Gemeindevertretung) und schwebende Unwirksamkeit des Vertrags Darüber hinaus gelten die allgemeinen Formvorschriften des BGB (etwa bei Grundstücksgeschäften) Umstritten ist, ob zivilrechtliche Willenserklärungen außerhalb der öffentlich-rechtlich begrenzten Zuständigkeit der Gemeinde ( ultra vires ) gem. 134 BGB unwirksam sind (so wohl die noch h.m.)