Perspektiven aus Graz, Stuttgart und Rosenheim. Forschungsergebnisse, Auszug Dissertation 2018 Elias Schaden

Ähnliche Dokumente
Warum soziale Kompetenz heute so wichtig ist

Personalentwicklung im Sport

Kompetenzerfassung in der Weiterbildung

Betriebsrat sucht Mitarbeiter

Ehrenamtsförderung mit System

Welche Abstufung trifft jeweils auf die Freiwillige/den Freiwilligen am ehesten zu?

Dulwich, London Borough of Southwark (südlicher Stadtbezirk von London) Anzahl der Plätze 2 (nur weibliche Freiwillige) Einsatzdauer

1 Die folgende Liste enthält Merkmale, die häufig als Voraussetzung für einen erfolgreichen Einstieg in die Berufsausbildung genannt werden.

Basiskompetenzen eines Kindes bis zur Einschulung

Die Arbeit in Mutter-Kind-Einrichtungen: Eine fachliche und persönliche Herausforderung

Ehrenamtliches Engagement fördern

Die Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements für eine gelingende Integration

Schlüsselkompetenzen in der internationalen Zusammenarbeit heute und in Zukunft

Caritas Hamm Projekt TIMO

Professionalisierung im Ehrenamt

ONG Quillagua, Haus für Mädchen Sor Theresa Allende

Breaking - Das tänzerische Element der HipHop-Kultur

Oppawsky, Eike, Zelz, Wech, Böck, G rau, Resilienzforschung. Impulse für ein Lehrerhandeln zwischen Risiko und Resilienz

Autonomie in Verbundenheit. Selbstbestimmt leben nach einem Auszug aus dem Elternhaus!?

Attraktiv für Engagierte ein Perspektivwechsel. Bremerhaven 22. Mai 2017 Birgitt Pfeiffer

MeIN D E INs Unser Leitbild

Ergebnisse der Befragung der Freiwilligendienstleistenden in Bayern

Ethik trifft auf Wirklichkeit

1. Oberstufen Praktikum

Schlüsselkompetenzen für die psychiatrische Arbeit. Empowerment in der Psychiatrie aber richtig!

Was wünschen Sie den Auszubildenden für ihre Ausbildung?

Kompetenznachweis Kultur

Umgang mit Vielfalt und Werteerziehung. Ioanna Zacharaki M.A.

Ergebnisse aus der Evaluation des Zeitvorsorge-Modells KISS

Anerkennungskultur. Gereon Schomacher Malteser Hilfsdienst e.v. Berlin

Dissertationsvorhaben Begegnung, Bildung und Beratung für Familien im Stadtteil - eine exemplarisch- empirische Untersuchung-

Konzeption der dem Psychosozialen Wohnheim angegliederten Trainingswohnungen für psychisch Kranke

MITMACHEN - Gewinnung von Senioren -

Fachschule für Sozialpädagogik BEURTEILUNGSBOGEN. Projekt - Praktikum. Studierende/r:... PraxisanleiterIn:... Einrichtung:...

Ausbildung von Lehrpersonen Was müssen Lehrpersonen im 21. Jahrhundert können

Positive Psychologie - Übungen (angelehnt an Martin Seligman)

Serviceteil. Auf einen Blick! 100. Literatur 105

Elterntreff. Wir suchen

Erfolg durch Persönlichkeit und Kompetenz!

Ergebnisse vom Erwartungsbaum

36 Topics zur betrieblichen Ausbildung von Dualen Studenten. Training & People Development

Fragebogen zur Selbst- und Fremdeinschätzung

Sind Sie interkulturell kompetent? - Beweisen Sie es in der Bewerbung Ernst-Abbe-Hochschule Jena

Service Learning an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

wellcome Praktische Hilfe nach der Geburt

Das Lebenskonzept von BetreuerInnen. Autorin: Linda Hörter Dipl. Sozialpädagogin/Supervisorin

Qualitätskonzept Bürgerschaftliches Engagement im Justizvollzug

Anhang für "Analyse der Kompetenzen": 1. Kompetenz-Bilanzierung. Merkmalsgruppe 1. Sensibilität Zuhörfähigkeit

Sprachliche Bildung als Querschnittsaufgabe in elementaren Bildungseinrichtungen. Michaela Hajszan Graz, 26. Mai 2011

Hilfe! Meine Kinder streiten

Teil haben. Teil sein. mit Bildern. BruderhausDiakonie. Leitbild der. Leichte Sprache. Leitbild BruderhausDiakonie.

Vorschläge für Stärken und ihre Dokumentation im Qualifizierungsnachweis am Ende des 1. Halbjahres der Berufsfachschule I

Vorstellung der Arbeit der Koordinierungsstelle des Landkreises Bautzen im Rahmen des ESF- Projektes Sozialpädagogisches Vorhaben zur

7. Leichtigkeit, Balance Entspannung/Anspannung, die schönen Dinge des Lebens

Startklar. Eltern können ihr Kind auf die Schule vorbereiten! Elternabend vom 31.Mai 2018 in Wald

APK Jahrestagung 2015 Selbsthilfe Selbstbestimmung - Partizipation Wiebke Schneider, Guttempler-Bundesverband Suchtreferentin und Geschäftsführerin

Die Person des Gründers

Einführung in die Methode Patenschaften. 29. Juni

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an demokratischen Alltagsprozessen. Bautzen,

Work Life Balance in der Ehrenamtsarbeit

Kompetenzprofil Studiengang SB KOMPETENZPROFIL

Schlüsselqualifikationen in der Arbeitswelt Workshop Frau Winnie Haugk Oberfränkischer Schulentwicklungstag 2013

Kompetenzprofil der Fachberatung für Kindertageseinrichtungen als Anstoß zur Etablierung kompetenzstärkender Maßnahmen

Die Weiterentwicklung der Sifa-Ausbildung (Stufen I und II) LAK Bremen, Rüdiger Reitz Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV (IAG)

Ultra-Kurz-Zusammenfassungen ( ) und Forderungen (->) auf den Schildern

Entwickelt und erarbeitet von Trägern der Freien und Öffentlichen Jugendhilfe im Bezirk

Betreutes Leben in Gastfamilien Für psychisch kranke Menschen. Leben in Fremdfamilien mit professioneller ambulanter Betreuung

Wehrfritz Erlebnistage 28. Oktober Herzlich willkommen! Doris Rauscher

Bewerbertrainer Auswärtiges Amt Mündliches Auswahlverfahren

mars martis Aus eigener Kraft

Demografischer Wandel und Übergangsmanagement

Mentoring Ressourcen in einer Institution nachhaltig nutzen

Perlen für Gott. Interreligiöses Projekt der Kindertagesstätte Heilig Kreuz. Kath. Kindertagesstätte Heilig Kreuz. Perlen für Gott

FRAUENSTIMME (fiktive Klientin): Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich kann mit dem Kollegen nicht mehr reden und arbeiten.

Würde, Erwerbsarbeit und BMS: Warum nicht alle müssen sollen, was die meisten können

Leitbild für flexible Erziehungshilfen

HR meets HP Studie Die Förderung von jungen und älteren Potenzialträgern vor dem Hintergrund des demographischen Wandels

Qualität im Miteinander

WENN NUR DIE ELTERN NICHT SO KOMPLIZIERT WÄREN...

Qualifizierung zum/zur Fallmanager/in

Er hält stets sein Wort und verhält sich fair bei seinen Geschäften, wobei er auf seine Mitarbeiter, seine Mitmenschen und auf seine Umwelt achtet.

Landesjugendkonferenz Schleswig Holstein Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Nord Büdelsdorf, 09. Juni Prof. Dr. Bernd-Joachim Ertelt

WAS IST MIT ARMUTSSENSIBLEM HANDELN

BEACHTE: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte durch visuelle Elemente (Logo, Fotos, Illustrationen) können Sie zusätzlich punkten!

Das Zukunftsbild der kommunalen Jobcenter in Niedersachsen*

Fachtagung Familienerholung

Selbstevaluation meiner Kompetenzen, die ich während meines freiwilligen Engagements erlernt habe

Kooperation von Haupt- und Ehrenamtlichen in Pflege, Sport und Kultur

DEIN LEADERSHIP-PROGRAMM BIST DU DABEI? Los geht s

Kompetenzentwicklung im Bürgerschaftlichen Engagement

Wertschätzung Leistungsbereitschaft Kommunikation Verantwortung Selbstkompetenz. Schulprogramm. der Gesamtschule Kamen

der Kreisverwaltung Bad Kreuznach

Fachforum Paten halten Anerkennung und Fortbildung

PSG I, II, III: Wie geht es der Pflege?

Leitbild der Kita St. Elisabeth

Stärken stärken Integration durch individuelle Förderung

Die Vermittlung von Basiskompetenzen in der Kinderkrippe

FÜHRUNGSGRUNDSÄTZE DES MSAGD

Transkript:

Freiwilliges Engagement in der sozialräumlichen Kinder-und Jugendhilfe Perspektiven aus Graz, Stuttgart und Rosenheim Forschungsergebnisse, Auszug Dissertation 2018 Elias Schaden

Warum engagieren sich Menschen freiwillig für Familien? Forschungsfragen Welche Aufgaben und Tätigkeiten können sie übernehmen? Welche Voraussetzungen müssen sie erfüllen? Welche Form der Begleitung und Wertschätzung von Freiwilligen ist angemessen? Wie steht es um rechtliche bzw. Versicherungsfragen? usw.

Forschungsdesign Multiperspektivisch(37 Interviews mit Freiwilligen, Familien, FreiwilligenkoordinatorInnenund Führungskräften öffentlicher und privater Kinder-und Jugendhilfe) auf mehreren Ebenen (Aspekte der Meta-, Meso-und Mikroebene) interdisziplinär(aus Sicht praktischer Sozialer Arbeit, Projektmanagements und Verwaltungs-bzw. Leitungsperspektive) länderübergreifend(graz, Stuttgart und Rosenheim)

Neugierde und Interesse an anderen Motive Ich hatte auch einmal einen jungen Afghanen betreut. Das war sehr interessant, der hat mir seine Story erzählt wie der zu Fuß von Afghanistan nach Deutschland getrampt ist. Mit einem Täschchen und so. Was Menschen da so ERLEBEN und MACHEN. (Freiwilliger 2.10.154)

Abwechslung und Ausgleich zum Alltag Motive Ich habe einen teilweise sehr stressigen Job. Oder sagen wir zeitraubenden Job. Und da geht es GÄNZLICH um andere Dinge. Und dieses Erden, meine ich, dass man einmal wieder, sage ich einmal, auf den Boden der Tatsachen zurückkommt. Dass man auch einmal über den Tellerrand hinausguckt. Und man sieht, dass es eben anderen Menschen, eben, nicht so gut geht. (Freiwilliger 2.15:10)

Soziale Beziehungen und Gemeinschaft Motive VIELE Anfragen, oder die MEISTEN, jetzt im Moment, kommen über die Homepage. Weil sie neu in der Stadt sind und so KONTAKT suchen auch Anschluss finden wollen. Und sagen: Ja, das hört sich interessant an. Soziale Kontakte. Etwas Gutes tun und dabei Leute kennenlernen. (Organisation 3.1:26).

Persönliche Weiterentwicklung Motive Ich bin schon ein großer Zweifler und Selbstkritiker und es würde mich keinen Sinn machen, etwas zu studieren, wofür ich mich nicht eigne. Wie soll man das herausfinden, ob man sich dafür eignet? ( ) ich wollte einfach einmal für mich auch wissen: Kann ich das? Eigne ich mich dafür?. (Freiwilliger 1.2:52)

Anderen helfen wollen Motive Ich weiß nicht. Es ist eigentlich immer schon so gewesen. Weil, ich war auch öfter bei meinen Nichten drüben, bei meiner Schwiegermutter und bei den Nichten. Und wir sind dann halt auf dem Spielplatz gewesen oder so. Und da LERNT man das. Dass nicht nur das EINE Kind wichtig ist ( ) da ist man nicht so für SEIN Kind da, sondern, man sieht, dass man den anderen auch HELFEN kann. (Freiwillige 3.3:186) Erstens, weil ich Christ bin und ich finde, das gehört auch zum Christsein und das habe ich eigentlich nicht sehr viel praktiziert. Ich habe gedacht, jetzt ist die Zeit. (Freiwillige 1.1:10)

Zurückgeben wollen Motive Und zweitens, ich war selber Alleinerzieherin und mir ist viel geholfen worden und irgendwie wollte ich dann etwas in irgendwelcher Form zurückgeben. (Freiwillige 1.1:10)

Die Welt ein kleines Stück besser machen Motive Ich sag, da halte ich mich gar nicht auf, sondern ich versuche, wenn sich jeder in seinem direkten Umfeld einfach eine Sache vornimmt und die versucht, selbstlos zu machen, weil er einfach sagt, das ist mir ein Herzensanliegen, es wirklich von innen raus tut, dann wird die Welt ganz schnell besser. Dann ist das völlig egal, was die anderen tun. Weil, mir kann keiner verbieten, einem anderen irgendwie zu helfen. Das ist echt das Allereinfachste. (Freiwilliger 3.9:164).

Sinnstiftung Motive ENTSCHEIDENDER ist noch, was er SINNVOLLES in der Hilfe sieht. Also auch dieses Altruistische, eine Stück weit. Wenn er sich da GEBRAUCHT fühlt und sieht, er macht das etwas SINNVOLLES, er hat da einen Nutzen, dann, glaube ich, ist DAS noch einmal das GRÖSSTE (Organisation 3.1:134)

Unvereinbarkeit mit alltäglichen und beruflichen Verpflichtungen Motive gegen freiwilliges Engagement Unvereinbarkeit von inhaltlichen Interessen und Vorstellungen Unvereinbarkeit von zeitlichen Interessen und Vorstellungen Unverbindlichkeit und mangelnde Initiative von Familien Risiken für physische und psychische Gesundheit bzw. Wohlbefinden

Stabilisierung des Selbstwerts (Gewissen, Anerkennung, Sinn, Selbstwirksamkeit) Vorteile für Freiwillige Erweiterung des Wahrnehmungshorizonts Ausbau von Handlungskompetenzen Bearbeitung biografischer Themen Selbstaktivierung

Vorteile für Freiwillige Es war dann ein VIEL SCHÖNERER Nachmittag, als wenn man jetzt daheim geblieben wäre. Da wäre nicht groß etwas passiert. Man ist RAUS gegangen. Und, wie gesagt, da hat man SO VIEL (..) Man hat GEMEINSAM dann etwas gemacht, was mir unheimlich Positives mitgegeben hat. (Freiwillige 2.7:57)

Praktische und emotionale Unterstützung Erweiterung sozialer Netzwerke Vorteile für Familien Stabilisierung des Selbstwerts Ausbau von Handlungskompetenzen Alltagsstrukturierung Moralisch-ethische Orientierung Schonung von Nahbeziehungen

Vorteile für Familien Und sonst haben die GANZ wenig Leute im Umkreis. Oder TRAUEN sich die Leute gar nicht mehr im Umkreis fragen, weil sie schon so OFT gefragt haben, dass sie irgendwie einspringen. Dass der schon ganz ein schlechtes Gewissen hat. Und da ist so der Einsatz von einer Familienpatenschaft geplant. (Organisation 3.1:85)

Handlungskompetenzen Zusammenhänge von kognitiven und sozialen Fähigkeiten und Bereitschaft bzw. Willen, um unterschiedliche Lebenssituationen erfolgreich und verantwortungsvoll meistern zu können (vgl. Weinert 2001b)

PERSONALE KOMPETENZEN ZIELORIENTIERUNG SOZIALE KOMPETENZEN OFFENHEIT UND NEUGIER UMSETZUNGSRELEVANTE KOMPETENZEN ANALYSEFÄHIGKEIT UND BEURTEILUNGSVERMÖGEN EIGENINITIATIVE FÄHIGKEIT ZUR ABGRENZUNG RISIKOBEREITSCHAFT LEISTUNGSBEREITSCHAFT EMPATHIE PROBLEMLÖSEFÄHIGKEIT DURCHHALTEVERMÖGEN ZUVERLÄSSIGKEIT NUTZEN VON WISSEN UND INFORMATIONEN KREATIVITÄT KOMMUNIKATIONSFÄHIGKEIT NUTZEN VON PERSÖNLICHEN KONTAKTEN FLEXIBILITÄT KOOPERATIONSFÄHIGKEIT FACHKENNTNISSE PSYCHISCHE BELASTBARKEIT KRITIK- UND KONFLIKTFÄHIGKEIT SELBSTREFLEXION INTERKULTURELLE KOMPETENZ LERNBEREITSCHAFT

Nicht-Zustandekommen bzw. spontaner Abbruch Unklare Zielsetzungen und Aufgabenbeschreibungen Risiken Unverbindlichkeit von Familien Grenzüberschreitendes Verhalten von Freiwilligen Ausnützung und Geringschätzung von Freiwilligen

Risiko der Ausnützung Also Ausbeutung in dem Sinne, weil wenn das eine Mutter liest: `Ach, die täten mir einkaufen, die täten mir Nachhilfe machen, die täten mir Gartenarbeit machen, die werden mir meine Fenster putzen, die Wohnung putzen` Zum Beispiel jetzt. (Interview Adressatin 2.11:96).

Risiko der Abwertung Da war ein kurdisches Mädchen. Und da war nicht gewährleistet, dass sie in die KITA geht. Die Mutter, die saß halt auf dem Sofa und hat geradeaus geschaut. Die war AUCH nie in der Schule, warum sollte sie ihre Tochter dann zur Schule schicken. Und da habe ich sie immer geschnappt da. Und ich konnte mich da frei bewegen in der Wohnung. Die Kurden sind da irgendwie GANZ anders. Ich kenne mich aus, ich war schon öfter in Kurdistan. Nach Erdbeben und solchen Sachen da. (Freiwilliger 2.10:54)

Freiwilligenkoordination 1. Ziele und Grundhaltungen 2. Gewinnung von Freiwilligen 3. Voraussetzungen für die Mitarbeit 4. Zugänge und Abläufe 5. Anleitung und Begleitung 6. Aus- und Weiterbildungen 7. Wertschätzung und Anerkennung 8. Versicherungsschutz 9. Vernetzung und Kooperationen 10.Dokumentation und Evaluation

Danke für die Aufmerksamkeit! Kontakt: Elias Schaden elias.schaden@apfl.or.at 0664 608 26 405