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Studienarbeit AO - 17 - Lösungshinweise Einspruch I. Schritt: Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen - 358 AO Statthaftigkeit des Einspruchsverfahrens? Bindungswirkung von Grundlagenbescheiden beachtet? Persönliche Einspruchsbefugnis durch Berechtigung zur Geltendmachung von Beschwer? Ggf. Beschwer bei einheitlichen Feststellungsbescheiden? Ggf. Beschwer bei Rechtsnachfolge beachtet? Handlungsfähigkeit des Einspruchsführers? Vertretungsvollmacht für den Fall, dass der Einspruch durch einen Bevollmächtigten eingelegt wurde? Einspruchsverzicht erklärt? Einspruchsfrist gewahrt? Einlegung des Einspruchs (u.a. Schriftform)? Einspruchsbehörde (Anbringungsbehörde)? Einspruchsrücknahme? 347, 348 AO 351 Abs.2 AO 350 AO 352 AO 353 AO 365 Abs.1 i.v.m. 79 AO 365 Abs.1 i.v.m. 80 AO 354 AO 355 i.v.m. 108 AO, ggf. 356 bzw. 110 AO 357 Abs.1 AO 357 Abs. 2 AO 362 AO Ist ein Mangel an einem der Zulässigkeitserfordernisse gegeben, so wird der Einspruch mittels Einspruchsentscheidung.. als unzulässig verworfen ( 358 Satz 2 i.v.m. 367 Abs.1 S.1 AO), d.h. eine Sachprüfung erfolgt nicht mehr. Damit ist das Klageverfahren nach der FGO statthaft. Bei fehlender Zulässigkeit kann eine Sachentscheidung ausnahmsweise dann erfolgen,... wenn die Prüfung der Zulässigkeit noch einen größeren Aufwand erfordert, der Einspruch sachlich jedoch eindeutig und offensichtlich unbegründet ist, oder wenn bei einer Zulässigkeitsvoraussetzung ein Grenzfall zu Lasten des Einspruchsführers gegeben ist. Tipp: Markieren Sie sich die Normen zur Zulässigkeit in der AO mit einer bestimmten Farbe, um die einzelnen Vorschriften, die Sie prüfen müssen, gleich zu erkennen. Abakus-Steuerkolleg GbR - GS - Stud-E 17-098 - AO 06 - Seite 1

Lösung zur Studienarbeit Das vom Stpfl. begehrte Einspruchsverfahren ist erfolgreich, wenn es zulässig und begründet ist. Zuerst ist über die Zulässigkeitsvoraussetzungen zu befinden, da in Ermangelung auch nur einer Zulässigkeitsvoraussetzung ein Einspruch als unzulässig zu verwerfen ist, ohne dass es auf die Frage der Begründetheit ankommt, 358 AO. 1. Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen 1.1. Das Einspruchsverfahren ist statthaft, da es sich bei dem Gewinnfeststellungsbescheid für den VZ 27 um einen VwA ( 118 S.1 AO) in Abgabenangelegenheiten handelt, 347 Abs.1 S.1 Nr.1 i.v.m. Abs.2 AO. Ein Ausschlussgrund nach 348 AO ist nicht gegeben. 1.2. Die Bindungswirkung von Grundlagenbescheiden erlangt für den Gewinnfeststellungsbescheid 27 seinerseits keine Bedeutung, 352 Abs.2 AO kann somit außer Acht bleiben. 1.3. Der Stpfl. muss Beschwer geltend machen ( 350 AO) und ist damit befugt Einspruch einzulegen. Beschwer muss grds. objektiv vorliegen. Die FB muss dem vom VwA Betroffen etwas abverlangen. Dies ist hier gegeben, da aufgrund des Bindungswirkung des Gewinnfeststellungsbescheides für den VZ 27 auch eine höhere ESt festzusetzen ist ( 182 Abs.1, 175 Abs.1 S.1 Nr.1 AO). Ein Fall der Rechtsnachfolge ( 353 AO) ist nicht gegeben. Eine wichtige Abgrenzung: Beschwer geltend machen können bedeutet nicht, dass der VwA fehlerhaft sein müsste - auch ein rechtmäßiger VwA verlangt dem Stpfl. ggf. etwas ab (z.b. die zutreffend festgesetzte Einkommensteuer). Die Frage der Beschwer ist also unabhängig von der materiellen Rechtslage zu sehen. Die Frage der Rechtmäßigkeit des VwA erlangt grds. erst Bedeutung bei der Prüfung der Begründetheit des Einspruchsverfahrens. 1.4. Die Handlungsfähigkeit des Stpfl wird unterstellt ( 365 Abs.1 i.v.m. 79 AO). 1.5. Soll der Einspruch durch den steuerlichen Vertreter eingereicht werden, ist eine Bevollmächtigung gem. 365 Abs.1 i.v.m. 80 AO Voraussetzung. Ein wichtiger Hinweis: Die Frage der Vertretung bietet regelmäßig für Sie die Chance einen wertvollen Fußgängerpunkt mitzunehmen. Achten Sie aber dabei darauf, dass Sie im Einspruchsverfahren über 365 Abs.1 AO mit 80 AO begründen. 1.6. Ein Einspruchsverzicht ( 354 AO) wurde durch den Stpfl. nicht erklärt. Abakus-Steuerkolleg GbR - GS - Stud-E 17-098 - AO 06 - Seite 2

1.7. Der Einspruch ist innerhalb der Einspruchsfrist einzulegen. Maßgeblich ist 355 AO i.v.m. 108 AO und 187 bis 193 BGB. Hinweis: Ist die Einspruchsfrist auf den ersten Blick versäumt, gilt es in einem ersten Schritt jedenfalls noch 356 AO zu beurteilen, ggf. auszuschließen. In einem zweiten Schritt ist bei einem vermeintlichen Versäumen der Einspruchsfrist unbedingt 110 AO (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - ggf. auch über 126 Abs.3 AO) zu prüfen. Soweit keine Wiedereinsetzung zu gewähren ist, halten Sie das stets als Zwischenergebnis fest. Jetzt wieder zum gegenständlichen Sachverhalt Der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid für den VZ 27 wurde am 11.08 29 (Montag) zur Post gegeben und gilt gem. 122 Abs.2 Nr.1 AO als am Donnerstag, den 14.08.29, bekannt gegeben (am dritten Tag nach Aufgabe zur Post - ggf. ist 108 Abs.3 AO einschlägig). Die Einspruchsfrist begann mit Ablauf des 14.08.29 ( 108 Abs.1 AO i.v.m. 187 Abs.1 BGB - Ereignisfrist) und endete grds. mit Ablauf des 14.09.29 ( 108 Abs.1 AO i.v.m. 188 Abs.2 AO). Soweit der eigentliche Fristablauf auf einen Feiertag, Samstag oder Sonntag fällt, greift 108 Abs.3 AO und die Frist endet mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Da der 15.09.29 laut SV ein Montag ist, war der 14.09.29 ein Sonntag, d.h. die Frist zur Einlegung eines Einspruchs endet m.a.d. 15.09.29, weshalb die Einlegung eines Einspruchs gegenständlich noch möglich ist, da der Stpfl. ja noch am 15.09.29 bei StB Brandt vorspricht. 1.8. Der Einspruch muss gem. 357 Abs.1 S.1 AO schriftlich eingelegt oder zur Niederschrift (vor Ort) erklärt werden. Die Bezeichnung als Einspruch" ist nicht erforderlich, vgl. 357 Abs.1 S.4 AO. Im Zweifel ist ein Einspruch anzunehmen, da die Rechte des Stpfl. damit besser gewahrt werden, als mit einem lediglichen Korrekturantrag, vgl. AEAO vor 347 Ziff.1 letzter Satz. Die eigenhändige Unterschrift des Stpfl. ist nicht notwendig, da es nach 357 Abs.1 S.2 AO ausreichend ist, wenn der Einspruchsführer erkennbar ist. Der Einspruch kann gem. 357 Abs.1 S.1 AO schriftlich (auch per Telefax), elektronisch oder zur Niederschrift eingelegt werden. Auch die Einlegung per E-Mail ist möglich, ohne dass es einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz bedarf, vgl. AEAO zu 357 Ziff.1. 1.9. Der Einspruch ist gem. 357 Abs.2 S.1 AO bei der Behörde anzubringen (Einspruchsbehörde, Anbringungsbehörde), die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat (FA Ingolstadt). Da sich der Einspruch gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ( 179 AO) richtet, kann dieser aber gem. 357 Abs.2 S.2 AO wahlweise auch bei dem für den Folgebescheid zuständigen Finanzamt Fürstenfeldbruck eingelegt werden. Abakus-Steuerkolleg GbR - GS - Stud-E 17-098 - AO 06 - Seite 3

Zwischenergebnis Ein Einspruch gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 27 kann noch zulässig eingelegt werden. Das Einspruchsschreiben muss entweder beim Betriebsfinanzamt Ingolstadt ( 18 Abs.1 Nr.2 AO) oder beim Wohnsitzfinanzamt Fürstenfeldbruck ( 19 Abs.1 AO) bis 24:00 Uhr per Fax, E-Mail oder durch Einwurf in den Hausbriefkasten der entsprechenden Behörde zugehen. 2. Prüfung der Rechtmäßigkeit des VwA (Begründetheit des Einspruchs) Die Feststellungsverjährungsfrist des 181 Abs.1 i.v.m. 169 Abs.2 S.1 Nr.2 und 170 Abs.2 S.1 Nr.1 AO ist ohne Zweifel gewahrt und die materiell-rechtlichen Ergebnisse der Außenprüfung sind nach der Sachverhaltsschilderung zutreffend. Der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid vom 11.08.29 durfte, da ein bereits unanfechtbar gewordener VwA vorlag, aber nur ergehen, wenn eine Korrekturnorm anwendbar war. Die FB beruft sich auf die Anwendung des 164 Abs.2 AO. Für Feststellungsbescheide ist keine gesetzliche Automatik eines Vorbehalts der Nachprüfung vorgesehen. Die Nebenbestimmung Vorbehalt der Nachprüfung muss ausdrücklich von der FB in den Feststellungsbescheid aufgenommen worden sein ( 120 Abs.1, 181 Abs.1 S.1 i.v.m. 164 Abs.1 AO). Der Gewinnfeststellungsbescheid vom November 28 war jedoch nicht mit einem Vermerk über den Vorbehalt der Nachprüfung versehen worden. Aufgrund des Akteninhaltes der FB ergibt sich, dass diese Nebenbestimmung durch den Sachbearbeiter zwar beabsichtigt war, jedoch offensichtlich versehentlich nicht in den Bescheid übernommen wurde. Damit liegt ein mechanisches Versehen (Übertragungsfehler) und in der Folge eine offenbare Unrichtigkeit i.s.d. 129 AO vor. Der Beurteilung als eine offenbare Unrichtigkeit steht auch nicht entgegen, dass diese als solche nicht aus dem Bescheid selbst heraus erkennbar ist, sondern sich erst bei Rückgriff auf die Akten beim FA ergibt. Im Gegenteil, offenbare Unrichtigkeiten sind regelmäßig erst dann erkennbar, wenn man auf die Akteninhalte zurückgreift. Da der Fehler bei Erlass des Erstbescheides passiert ist, sind alle Voraussetzungen des 129 AO erfüllt. Der Gewinnfeststellungsbescheid vom November 28 stand somit zulässigerweise - da noch nicht abschließend geprüft - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach 164 Abs.1 AO und durfte gem. Abs.2 geändert werden. Nicht erforderlich war es, zunächst einen nach 129 AO geänderten Feststellungsbescheid mit Vorbehaltsvermerk zu erlassen, um sodann im zweiten Schritt die Änderung nach 164 Abs.2 AO durchzuführen, da dies nur eine überflüssige Formelei (BFH) wäre. 1,5 Abakus-Steuerkolleg GbR - GS - Stud-E 17-098 - AO 06 - Seite 4

Ergebnis Der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid vom 11.08.29 durfte ergehen, die Gewinnfeststellung i.h.v. 170.570 EUR ist materiell-rechtlich zutreffend. Soweit zur Begründung des Änderungsbescheides nur auf 164 Abs.2 AO hingewiesen wurde und keine Erläuterungen zur Anwendung des 129 AO gegeben sind, ist die Begründung gem. 121 AO fehlerhaft, da unvollständig. Die fehlende Begründung könnte jedoch nach 126 Abs.1 Nr.2 i.v.m. Abs. 2 AO noch bis zum Abschluss eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden; zudem greift bei Anspruchs-VwA der Anwendungsbereich des 127 AO, wonach die Aufhebung oder Änderung nicht allein deshalb durchgesetzt werden kann, weil ein Verfahrens- oder Formfehler vorliegt. Beim Vorliegen eines Steuer- oder Feststellungsbescheides besteht somit kein Aufhebungs- oder Änderungsanspruch, wenn keine andere Entscheidung in der Sache zu treffen ist, weil die materiellrechtlichen Inhalte zutreffend sind. Ein Einspruch gegen den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid vom 11.08.29 wäre aus vorstehenden Gründen nicht erfolgreich und die FB müsste den eingelegten Rechtsbehelf mittels Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückweisen, vgl. 367 Abs.1 S.1 AO. Aus selbigen Gründen könnte kein vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden, einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach 361 Abs.1 AO müsste die FB ablehnen. Anmerkung: Ein inhaltlich ähnlicher Fall war Teil der StB-Prüfung 2009. Wertungspunkte gesamt 21 Erreichte Punktzahl % Note Notenschlüssel 95 bis 100 % sehr gut Note 88 bis 94 % gut-sehr gut Note 1,5 81 bis 87 % gut Note 2,0 74 bis 80 % befriedigend-gut Note 2,5 67 bis 73 % befriedigend Note 3,0 59 bis 66 % ausreichend- befriedigend Note 3,5 50 bis 58 % ausreichend Note 4,0 40 bis 49 % mangelhaft- ausreichend Note 4,5 30 bis 39 % mangelhaft Note 5,0 20 bis 29 % ungenügend- mangelhaft Note 5,5 0 bis 19 % ungenügend Note 6,0 Bitte beachten Sie, dass Sie diese Klausur nur für Ihre individuellen Lernziele erworben haben und Sie daher nicht berechtigt sind, die Datei an dritte Personen weiterzugeben oder Dritten zugänglich zu machen, vielen Dank. Abakus-Steuerkolleg GbR - GS - Stud-E 17-098 - AO 06 - Seite 5