Symposium Sorgerecht Suchthilfe, Justiz und Jugendamt fördern durch fordern 1. Kongress für gemeindeorientierte Suchttherapie Community Reinforcement Approach 16. - 18. März 2011 in Bielefeld
Symposium Sorgerecht 14.00 Uhr Stephanie Kunz: Wie lassen sich Sorgerecht als positiver Verstärker im Rahmen des CRA Ansatzes und Sicherung des Kindeswohls zusammen bringen? Die Sicht der Suchthilfe 14.20 Uhr Wolfgang Raack: Sind die Ansätze von Familienrecht und Sozialmedizin kompatibel? Wie ist der rechtliche Rahmen? 14.45 Uhr Anke Berkemeyer: Das Prinzip Belohnung und die Sicherung des Kindeswohls ein Widerspruch? Die Sicht der Jugendhilfe 15.10 Uhr PAUSE 15.30 Uhr Fallvorstellungen aus der Suchthilfe mit anschließender Diskussion Jana Wand: Projekt Kids & Co Kornelia Fricke: Ambulante Rehabilitation Andreas Rohrbach: CRA - Counseler 17.00 Uhr Ende des Symposiums
Wie lassen sich Sorgerecht als positiver Verstärker im Rahmen des CRA Ansatzes und Sicherung des Kindeswohls zusammen bringen? Die Sicht der Suchthilfe Dr. Stephanie Kunz
Epidemiologie In Deutschland leben > 2 Mill. Kinder und Jugendliche zusammen mit mind. einem Elternteil, das an Alkoholmissbrauch oder -abhängigkeit leidet. Ca. 40 000 Kinder und Jugendliche leben in Familien, in denen ein oder beide Elternteile illegale Drogen konsumieren (Klein 2003).
Aspekte der Kindeswohlgefährdung Kinder aus Familien mit süchtigen Eltern(teilen) sind Vernachlässigung, Unberechenbarkeit, Instabilität, Konflikten und Gewalt ausgesetzt. zeigen oft Verhaltensauffälligkeiten. haben ein bis zu 6-fach erhöhtes Risiko, selbst abhängig zu werden (Klein 2003). haben ein erhöhtes Risiko, an einer psychischen Störung (Angststörungen, Depressionen, antisozialen Persönlichkeitsund hyperkinetischen Störungen, PTSD) zu erkranken (Velleman 1992).
Schwierigkeiten suchtkranker Eltern hoher Anteil eigener belastender Erfahrungen mit Misshandlung, Vernachlässigung oder Missbrauch in der Kindheit Komorbidität (40 60% leiden an psychiatrisch relevanten Störungen) Suchtmitteleinfluss (Fähigkeit zur Wahrnehmung kindlicher Signale, Vorschau auf Folgen eigenen Handelns und Hemmung aggressiver Impulse eingeschränkt, Risikobereitschaft steigt) schwierige soziale Situation (Armut, Verwahrlosung, Arbeitslosigkeit/- unfähigkeit, fehlende soziale Unterstützung) schwierige familiäre Situation (Belastung des Partners, alleinerziehende Eltern, häufige Partnerwechsel, Partnerschaftskonflikte/-gewalt) kriminelle Aktivitäten und Strafverfolgung (Drogenabhängige)
Ist es unter Berücksichtigung dieser Aspekte zu verantworten, Kinder in Familien zu belassen, in denen ein Elternteil suchtkrank ist?
Was spricht dafür? Eine gute Partnerschaft und die Versorgung der Kinder sind für viele suchtkranke Eltern ein wichtiger Motivationsfaktor, an ihrem Suchtproblem etwas zu verändern. Eine tatsächlich ausgeübte Elternrolle kann bei Suchtkranken bis zu einem gewissen Grad stabilisierend wirken, andererseits scheint die Erfahrung, als Mutter oder Vater versagt zu haben, die Prognose zu verschlechtern (Fuchs et al. 2008, Meier et al. 2004, Hasler et al. 2001). Wird der Suchtmittelkonsum frühzeitig im Laufe der Entwicklung der eigenen Kinder beendet, so haben diese eine hohe Chance auf eine normale, störungsfreie Entwicklung.
Probleme der Hilfesysteme Nur ein Bruchteil der Betroffenen sucht Hilfe. Alleinerziehende süchtige Frauen gehen oft nicht in Behandlung, weil sie ihre Kinder nicht versorgt wissen. Das Image des Jugendamtes als Eingriffsbehörde wirkt sich negativ auf die Kooperationsbereitschaft aus. Dilemma der Suchthilfe: Kontaktaufnahme zum Jugendamt wird u.u. als Vertrauensbruch gewertet und Hilfe in Zukunft nicht mehr angenommen, auf der anderen Seite muss das Wohlergehen des Kindes berücksichtigt werden.
Wie kann die Suchthilfe unterstützen? Therapie und Diagnostik Erfassung der sozialen und familiären Situation Einbeziehung der Angehörigen und unterstützenden Personen Verbesserung der sozialen Situation Vermittlung in weiterführende entsprechende Behandlungskonzepte (Rehabilitation, Suchtberatung, Selbsthilfegruppen, Kontrollmaßnahmen, Abstinenzunterstützung durch Antabus, CRA, CRA-FT, Paartherapie) Behandlungsvereinbarungen z.b. für schnelle Bewältigung von Krisensituationen (ggf. in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt zur Sicherstellung der Versorgung des Kindes)
Was brauchen unsere Patienten? Hindernisse entfernen, die den Beginn der Therapie beeinträchtigen können (z.b. Kinderbetreuung) Stärkung des elterlichen Selbstwertgefühls und der Erziehungskompetenz Das Misstrauen gegenüber dem Jugendamt nehmen, Hilfe bei der Annahme von Unterstützungsangeboten. Belohnungen müssen überschaubar und messbar sein, um motivierend sein zu können. Klarheit darüber, welche Vorraussetzungen erfüllt werden müssen, um den von der Jugendhilfe zum Schutz des Kindes geforderten Auflagen nachkommen zu können. Wenn dann Konstrukte
Zusammenarbeit zwischen Suchthilfe und Jugendhilfe Regelmäßige gemeinsame Hilfeplangespräche mit gemeinsamer Planung von Unterstützungsmöglichkeiten und erforderlichen Kontrollmaßnahmen, regelmäßiger Überprüfung der aktuellen Situation und ggf. Anpassung der Maßnahmen verbindlichen Absprachen Kooperationsvereinbarungen Erfolgreiche Interventionen erfordern eine Zusammenarbeit von Sucht- und Jugendhilfe und setzen an mehreren Stellen (Suchtproblematik, Lebenssituation, Eltern-Kind-Beziehung) an.