Ideale Gase 1 Empirische Gasgesetze, Einblick in die Geschichte der Naturwissenschaften. Wie hängt das Volumen eines Gases von Druck, Temperatur und Stoffmenge ab? Definition Volumen V: Das Volumen V ist der Rauminhalt eines Körpers, Bestimmung über Ausmessen, Füllen mit Flüssigkeit und Wägung etc. Einheiten des Volumens: m 3 (1 m 3 = 1000 dm 3 (L) = 10 6 3 (ml) und manch andere. Wichtig: Zu jeder Zahlenangabe gehört immer die Einheit, unterschiedliche Einheiten können bei gleichem V (wie auch beim Druck p und bei der Temperatur T) unterschiedliche Zahlenwerte bedingen. Bevor die Wirkung des Drucks auf das Volumen eines Gases studiert werden konnte, musste erst einmal eine Methode zur Messung des Drucks entwickelt werden. Mit dieser Frage beschäftigte sich E. Torricelli (1608 1647). Abb.1: Versuchsanordnung von Torricelli Torricelli füllte unten abgeschmolzene Glasröhren unterschiedlicher Länge vollständig mit flüssigem Quecksilber (Hg). Dann verschloss er diese Röhren mit dem Finger und stellte das um 180 Grad um die Querachse gedrehte Rohr in ein mit Hg gefülltes Bad. Nach dem Wegziehen des Fingers lief aus kurzen Röhren (1, 2) kein Hg aus. Bei langen Röhren (3, 4) war das aber der Fall. Erstaunlicherweise senkte sich der Pegel des Hg bei den langen Röhren immer auf das gleiche Niveau bezogen auf die Hg-Oberfläche des Bades, unabhängig von der Länge der Röhre. Die Höhendifferenz zwischen dem Hg-Niveau in der Röhre und der Hg-Oberfläche des Bads betrug etwa 760 mm.
2 Schlussfolgerungen: 1. Das frei gewordene Volumen ist leer. Dort ist das Torricellische Vakuum. 2. Die Atmosphäre übt auf das Quecksilberbad einen Druck aus und verhindert so das vollständige Auslaufen des Quecksilbers. Das Gewicht der Quecksilbersäule ist genauso groß wie das Gewicht der atmosphärischen Luftsäule. Deshalb ist die Höhe der Quecksilbersäule ein direktes Maß für den Außendruck. Definition Druck p: Der Druck p = F/A ist das Verhältnis von Kraft F zu Fläche A, wobei die Kraft senkrecht auf die Fläche wirkt. Die Kraft ist das Produkt aus Masse m und Beschleunigung a: F = m a. Einheiten: Masse m, kg (1 kg = 1000 g); Weg s, m; Beschleunigung a, m s -2 ; Kraft F, N (1 N = 1 kg m s -2 ); Druck p, bar (1 bar = 10 5 Pa, 1 Pa = 1 N m -2 ; 1 atm = 760 mm Hg-Säule = 760 Torr = 1,013 bar). Experimente zu p = f(v) mit Luft bei Raumtemperatur: (R. Boyle, 1661, Deutung: E. Mariotte) Ein am einen Ende abgeschmolzenes U-förmiges Rohr wird soweit mit Hg gefüllt, dass gerade ein bestimmtes Volumen Luft im linken Schenkel des U-Rohr abgesperrt wird beide Hg-Menisken sind gleich hoch. Die Länge l im linken Schenkel ist proportional zum abgesperrten Volumen: l ~ V Die Differenz der Hg-Menisken im offenen und im geschlossenen Schenkel l ist gleich der Druckdifferenz p zwischen dem Innendruck p und dem Außendruck p a in Torr. l = p = p - p a. Gibt man portionsweise Hg in den äußeren Schenkel, dann steigen beide Hg-Niveaus, das äußere aber viel stärker als das innere. Boyles Tabelle gibt Auskunft. Abb.2: Messung der Druckabhängigkeit des Volumens einer best. Menge Luft nach Boyle 1 1 G. M. Barrow, Physikalische Chemie, Teil I und Teil III, Vieweg, Braunschweig,
Tabelle nach Boyle, Schwankungen von p V sind experimentelle Fehler. 3 l ~ V l = p p = p a + p p V 2 12.0 0.0 73.7 884.4 6.0 72.3 146.0 876.0 4.0 147.3 221.0 884.0 3.0 223.1 296.8 890.4 Verallgemeinerung: Das Produkt aus Druck und Volumen eines Gases ist bei konstanter Temperatur konstant. Boyle-Mariottesches Gesetz: p V = konst. oder p = konst./v. Die Darstellung in einem p-v Diagramm zeigt, dass die Funktion p V = konst. zu Hyperbeln führt, die sich mit steigender Temperatur vom Koordinatenursprung entfernen. Diese Kurven werden auch als Isothermen bezeichnet. Abb.3: Isothermen eines Gases nach dem Boyle-Mariottschen Gesetz 2 Bevor der Einfluss der Temperatur auf das Gasvolumen quantitativ untersucht werden konnte, musste die Messung der Temperatur definiert werden. Hg dehnt sich mit steigender Temperatur aus. Die Zunahme des Hg-Volumens lässt sich sehr gut in Kapillaren messen. Man entwickelte das Quecksilberthermometer, das vom konstanten thermischen Ausdehnungskoeffizienten des Hg profitiert. Celsius schlug 1742 den Eispunkt (0 Grad) und den Siedepunkt (100 Grad) von Wasser als Fixpunkte der Temperaturskala vor. Die Auslenkung des Hg-Fadens zwischen diesen beiden Fixpunkten wurde in 99 gleiche Abschnitte unterteilt, ein Abschnitt entspricht einem o C. indiziert die Celsius-Temperatur. 2 s. Anm. 1
4 Experimente zu V = f() bei Raumdruck: (J. Charles, 1787 nicht publ., J. Gay-Lussac, 1808) Die Versuche ergaben: Bei konstantem Druck nimmt das Volumen von Luft pro o C Temperaturerhöhung um 1/273 seines Volumens bei 0 o C zu. V V 0 V0 273 Man erhält so einen linearen Zusammenhang zwischen dem Volumen und der Celsius-Temperatur, die sogenannten Isobaren, siehe Abb.4. Abb.4: Temperaturabhängigkeit des Volumens bei verschiedenen Drücken (p 1 > p 2 > p 3 ) 3 Die linearen Extrapolation der verschiedenen Geraden in den Tieftemperaturbereich zeigen, dass die Volumina verschiedener Gasproben bei der gleichen Temperatur von 273 o C den Wert Null erreichen. Dies legt die Vermutung einer generellen niedrigsten Temperatur nahe. Es wurde eine neue Temperatur - die Kelvin-Temperatur T - vorgeschlagen, die um einen Wert von 15 größer ist als die Celsius-Temperatur : T = 15 +. Die Kelvin-Skala hat einen absoluten Temperaturnullpunkt und kennt nur positive Werte. Wechselt man von der Celsius-Skala zur Kelvin-Skala, dann wird aus V V T und aus 0 V V 273. Dann gilt V T V273 15 V 273 V273 V273 oder V T T 15 15 15 Für ein abgeschlossenes Gas ist das Verhältnis V 273 15 eine Konstante und das 273. Volumen des Gases ist damit direkt proportional zur Kelvin-Temperatur. Dies gilt aber nur für ein ideales Gas. Reale Gase kondensieren bei tiefen Temperaturen. 3 s. Anm. 1
5 Satz von Avogadro: A. Avogadro postulierte 1811 auf der Basis von Volumenänderungen bei chemischen Reaktionen von Gasen: Gleiche Volumina von verschiedenen Gasen enthalten bei gleicher Temperatur und gleichem Druck stets dieselbe Anzahl von Teilchen (Atome, Moleküle). Die Teilchenzahl ist aber proportional zur Stoffmenge (Molzahl) n. Die Avogadrozahl N A = 6.022 10 23 mol -1 gibt an, wie viel Teilchen ein Mol enthält. Die Molzahl berechnet sich als Quotient aus Masse m (g) und Molekulargewicht MG (g mol -1 ) eines Stoffes: n = m/mg. Es gelten also: V ~ n für p,t = konst., V ~ T für n, p = konst. und V ~ 1/p für n, T = konst. Diese drei Proportionalitäten lassen sich bündeln zu V Zustandsgleichung idealer Gase: p V n R T, n R T, allgemein dargestellt als: p Deren Teilchen haben kein Eigenvolumen, keine attraktiven und keine repulsiven Wechselwirkungen. Deshalb haben ideale Gase bei 0 K das Volumen Null. Die Proportionalitätskonstante ist die Gaskonstante R = 8.3144 J K -1 mol -1. V, p, T und n sind Zustandsgrößen. Ihre Änderung ist unabhängig vom Weg. So ist z. B. bei der Änderung von V n R T 1 1 nach p1 V n R T davon, ob erst T und dann p oder ob erst p und dann T verändert wird. 2 2 die Änderung unabhängig p2