Kapitel 14. Geometrie Eine kurze Einführung in die affine Geometrie

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Transkript:

Kapitel 14 Geometrie Sei V ein Vektorraum, z.b. V = R 3. Wenn wir uns für geometrische Eigenschaften vonr 3 interessieren, so stört manchmal dieausnahmerolle des Nullvektors, die es ja in V gibt. Beispielsweise soll es aus geometrischer Sicht unerheblich sein, ob eine Gerade durch den Nullpunkz geht oder nicht. Wenn man, lax gesprochen, die Ausnahmerolle der 0 beseitigt, kommt man zur affinen Geometrie. Wir wollen diesen Prozess hier nicht axiomatisch durchführen, sondern nur die Begriffe zur Verfügung stellen, die man benötigt, wenn man affine Geometrie betreiben will. Die wichtigen Begriffe sind Affinkombinationen als Verallgemeinerung der Linearkombination, sowie der Begriff der affinen Hülle (als Verallgemeinerung des linearen Erzeugnisses). 14.1 Eine kurze Einführung in die affine Geometrie Definition 14.1.1 Sei V ein Vektorraum, und seien v 1,...,v n V. Dann heißt eine Linearkombination v = n v i λ i mit n λ i = 1 i=1 i=1 219

eine affine Kombination der v i. Eine Menge S V heißt affin unabhängig, wenn sich kein Vektor v aus S als Affinkombination von Vektoren in S \{v} schreiben lässt. Andernfalls heißt S affin abhängig. Das folgende Lemma zeigt, dass linear unabhängige Mengen auch affin unabhängig sind. Die Umkehrung gilt aber i.a. nicht: Lemma 14.1.2 Sei S V eine Teilmenge des Vektorraums V. Dann ist S genau dann affin unabhängig, wenn es keine Linearkombination n i=1 v iλ i = 0 mit n i=1 λ i = 0, v 1,...v n S gibt. Beweis Ist S affin abhängig, dann gibt es w S mit w = n 1 i=1 v iλ i, n 1 i=1 λ i = 1, v i S. Setze v n := w und λ n = 1, dann haben wir eine Linearkombination n i=1 v iλ i = 0 mit n i=0 λ i = 0, v 1,...v n S gefunden. Wenn es umgekehrt eine solche Linearkombination gibt mit (obda) λ n 0, dann können wir nach v n auflösen: n 1 v n = λ i v i λ n i=1 Wegen n 1 i=1 λ i = λ n ist v n eine affine Kombination der v i, i = 1,...,v n 1, also ist S affin abhängig. Beispiel 14.1.3 Die Vektoren sie sind aber affin unabhängig. ( ) 1 und 1 ( ) 2 sind sicherlich linear abhängig, 2 Definition 14.1.4 Ist S V, so heißt S a := {v V : v ist affine Kombination von Vektoren in S} die affine Hülle von S. Eine Teilmenge U V mit U a = U ist ein affiner Unterraum. Es gilt, was man natürlich erwartet, dass die affine Hülle einer Menge S ein affiner Unterraum ist: 220

Lemma 14.1.5 S a ist affiner Unterraum. Beweis Sei v = n i=1 v iλ i, n i=1 λ i = 1, eine Affinkombination von Vektoren v i S a. Dann ist jedes v i eine Affinkombination v i = m j=1 s jµ i,j, m j=1 µ i,j = 1. Weil n m i=1 j=1 λ iµ i,j = 1, ist auch v eine Affinkombination von Vektoren aus S. Der nächste Satz zeigt den Zusammenhang zwischen affinen und linearen Unterräumen. In diesem Satz benutzen wir die Definition 14.1.4. Satz 14.1.6 Ist E ein affiner Unterraum und v E, dann ist E v ein linearer Unterraum. Ist umgekehrt U ein beliebiger linearer Unterraum, dann ist U +v ein affiner Unterraum. Beweis Beachte dass E v { }, weil v E. Wir müssen zeigen, dass zu je zwei Vektoren w 1,w 2 E v auch w 1 +w 2 E v gilt sowie w 1 λ E für λ K. Sei dazuw 1 = e 1 v undw 2 = e 2 v.dannist w 1 +w 2 = (e 1 +e 2 v) v (E v), weil e 1 +e 2 v eine Affinkombination von Vektoren in E ist, also ine liegt.weiterhinistw 1 λ = (e 1 λ (λ 1 1)v) v,alsoebenfallsine v.die Umgekehrte Richtung geht ähnlich: Sei w i = u i +v,i = 1,...,n, eine Menge von Vektoren aus U + v. Dann ist n i=1 w iλ i = ( n i=1 u iλ i ) + v (U + v), falls n i=1 λ i = 1. Also ist jede Affinkombination von Vektoren aus U + v wieder in U +v, d.h. U +v ist ein affiner Unterraum. Wir wollen uns nun überlegen, wie der Schnitt von zwei affinen Unterräumen aussieht. Man kann sich schnell, wie im Fall linearer Unterräume, überlegen, dass der Schnitt beliebiger affiner Unterräume wieder ein affiner Unterraum ist. Wir wollen nun aber den Schnitt konkret ausrechnen. Dazu beginnen wir mit einer (fast) Trivialität: Lemma 14.1.7 Es gilt U +v U +v für zwei lineare Unterräume U und U genau dann wenn U U und v v U. Beweis U + v U + v bedeutet U U + v v, also insbesondere ist v v U (weil 0 U). Damit ist aber U +v v ein linearer Unterraum, U +v v = U. Man kann auch leicht entscheiden, ob sich zwei affine Unterräume schneiden: 221

Lemma 14.1.8 Die beiden affinen Unterräume U+v und U +v sind genau dann disjunkt wenn v v / U +U. Beweis Übung oder Vorlesung. Satz 14.1.9 Seien U, U zwei lineare Unterräume, v,v V. Dann ist E = (U+v) (U +v ) ein affiner Unterraum. Ist E { }, dann ist W +w, wobei W = U U und w ein beliebiger Vektor in E ist. Sind E 1 und E 2 affine Unterräume, so bezeichnen wir die affine Hülle E 1 E 2 a mit E 1 E 2. Wir können diesen Unterraum, ähnlich wie den Schnitt, auch konkret angeben: Satz 14.1.10 Seien U, U zwei lineare Unterräume, v,v V. Dann gilt E := (U +v) (U +v ) = v +(U +U + v v ). Beweis Weil v E, so wissen wir dass wir E als L+v für einen geeigneten linearen Unterraum L schreiben können. Ferner ist E der kleinste affine Unterraum, der U + v und U + v enthält. Nun muss sowohl U als auch U in L liegen. Ferner muss auch v v in L liegen, weil v + v v eine Affinkombination von v und v ist, also in E liegt. Wir können nun auch, vergleichbar zu Satz 3.3.14, eine Dimensionsformel für Schnitt und Erzeugnis zweier affiner Unterräume angeben. Allerdings sind diese Formeln abhängig davon, ob sich die beiden affinen Unterräume schneiden oder nicht: Satz 14.1.11 Es seien E 1 = U 1 + v 1 und E 2 = U 2 + v 2 zwei affine Unterräume eines endlichdimensionalen Vektorraumes V. Wenn E 1 E 2 { }, dann gilt dim(e 1 )+dim(e 2 ) = dim(e 1 E 2 )+dim(e 1 E 2 ), andernfalls erhalten wir dim(e 1 )+dim(e 2 ) = dim(e 1 E 2 )+dim(u 1 U 2 ) 1 222

Beweis Das folgt unmittelbar aus der Dimensionsformel in Satz 3.3.14 und der Folgerung aus Lemma 14.1.10, dass nämlich { dim(u 1 +U 2 ) wenn E 1 und E 2 nicht disjunkt sind dim(e 1 E 2 ) = 1+dim(U 1 +U 2 ) wenn E 1 und E 2 disjunkt sind. Beispiel 14.1.12 Machen Sie sich diese Dimensionsformel am R 3 klar: Zwei parallele Geraden, die sich nicht schneiden, erzeugen einen 2-dimensionalen affinen Unterraum (Ebene). Zwei nicht parallele, aber disjunkte Geraden (windschief!) erzeugen den ganzen R 3. In dem Fall gilt nämlich in der Dimensionsformel dim(u 1 U 2 ) = 0. Zwei parallele Geraden, die sich schneiden (also gleich sind!), erzeugen einen eindimensionalen Unterraum, zwei sich schneidende, nicht parallele Geraden, erzeugen einen zweidimensionalen Unterraum. Wir wollen noch kurz bei der affinen Geometrie verweilen. Sei V = K n. Dann bezeichnen wir die Menge V zusammen mit den sämtlichen affinen Unterräumen die affine Geometrie AG(V). Die 0-dimensionalen Unterräume nennen wir Punkte, die 1-dimensionalen Geraden, und die 2-dimensionalen Unterräume heißen Ebenen. Ferner nennen wir (n 1)-dimensionale Unterräume Hyperebenen. Wir nennen zwei Unterräume U + v und U + v parallel, wenn U U oder U U gilt. Ferner heißt ein Unterraum E inzident mit E falls E E gilt. 14.2 Kollineationen In der affinen Geometrie interessiert man sich für diejenigen Abbildungen, die Punkte, die auf einer Geraden liegen, wieder auf Punkte abbildet, die auf einer Geraden liegen. Wir nennen Punkte, die auf einer (affinen) Gerade liegen, kollinear. Definition 14.2.1 Sei AG(V) die zu einem endlichdimensionalen Vektorraum gehörende affine Geometrie. Eine bijektive Abbildung ϕ : V V heißt Kollineation, wenn je drei kollineare Punkte v 1,v 2,v 3 auf drei kollineare Punkte abgebildet werden. 223

Beispiel 14.2.2 Sei T End(V)eine bijektive Abbildung. Ferner sei w V beliebig. Dann ist die Abbildung ϕ T,v : V V v T(v)+w eine Kollineation. Solche Kollineationen heißen auch affine Abbildungen Eine Frage, die sich aufdrängt, ist, ob es noch weitere Kollineationen gibt. Die Antwort ist ja: Beispiel 14.2.3 Die Abbildung ϕ : ( C 2 ) ( C 2 ) z1 z1 z 2 ist eine Kollineation auf C 2 (dabei ist die komplexe Konjugation). Dazu seien ( ) ( ) ( ) z1 y1 x1 v 1 :=, v 2 :=, v 3 := z 2 drei kollineare Punkte, es gibt also λ 1, λ 2 und λ 3 mit λ 1 +λ 2 +λ 3 = 1, und λ 1 v 1 +λ 2 v 2 +λ 3 v 3 = 0. Das ist dann aber auch für die ϕ(v i ) gültig. Wir wollen nun den sogenannten Hauptsatz der affinen Geometrie formulieren (ohne Beweis). Man beweist diesen Satz üblicherweise in der projektiven Geometrie! Wir benötigen zunächst noch eine Definition: y 2 z 2 x 2 Definition 14.2.4 Sei K ein Körper. Eine bijektive Abbildung ψ : K K heißt ein Automorphismus von K, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind: [A1] ψ(α+β) = ψ(α)+ψ(β). [A2] ψ(α β) = ψ(α) ψ(β). Ein Beispiel ist komplexe Konjugation auf C. Man kann zeigen, dass es auf R keinen Automorphismus id gibt. 224

Definition 14.2.5 Seien V und W Vektorräume über K. Eine Abbildung T : V W heißt semilinear, wenn es einen Automorphismus ψ von α gibt, so dass gilt: [SL1] T(v +w) = T(v)+T(w). [SL2] T(λv) = ψ(λ)t(v). Der folgende Satz sollte Ihnen keine Probleme bereiten: Satz 14.2.6 Eine Abbildung T : K n K m ist genau dann semilinear, wenn es einen Automorphismus ψ und eine Matrix A K (m,n) gibt, so dass x 1 ψ(x 1 ) x 2 T(. ) = A ψ(x 2 ). ψ(x n ) x n gilt. Definition 14.2.7 Eine Abbildung ϕ : V W heißt semiaffin, wenn es eine semilineare Abbildung T : V W und einen Vektor v 0 so gibt, dass ϕ(u) = T(u)+v 0 gilt. Man überzeugt sich leicht, dass semiaffine Abbildungen Kollineationen sind. Die Umkehrung ist nicht so offensichtlich und ist der Hauptsatz der affinen Geometrie: Satz 14.2.8 Sei V ein K-Vektorraum. Dann sind die Kollineationen von AG(V) genau die semiaffinen bijektiven Abbildungen V V. Beweis Üblicherweise in einer weiterführenden Geometrievorlesung. 225

14.3 Quadriken In diesem Kapitel sei K stets ein Körper mit 1+1 0. Definition 14.3.1 Eine Teilmenge Q K n heißt eine Quadrik, wenn es α i,j K (1 i j n) und α 0,i (1 i n) sowie α 0,0 gibt mit wobei x 1 Q = {. x n P(x 1,...,x n ) = : P(x 1,...,x n ) = 0} 1 i j n α i,j x i x j + 1 i n α 0,i x i +α 0,0 Aus naheliegenden Gründen nennen wir P ein quadratisches Polynom. Man kann Quadriken, bzw. die zugehörige Gleichung, gut durch Matrizen darstellen. Dazu erweitern wir den Vektor 1 x 1 x =. zu x x 1 =.. x n Wir können uns also x als einen Vektor der Länge n+1 vorstellen, der in der ersten Koordinate den Wert 1 hat. Ferner definieren wir β i,i = α i,i sowie β i,j = 1 2 α i,j sowie β j,i = β i,j für 0 < i < j. Wir definieren dann die erweiterte Matrix A = (β i,j ) i,j=0,...,n K(n+1,n+1), wobeiwirdieindizeshiervon0bisnlaufenlassen.fernerseia = (β i,j ) i,j=1,...,n K (n,n). Die Quadrik ist dann x n Q = {x : x A x = 0}. Wir wollen uns nun überlegen, ob wir nicht auf Q eine affine Abbildung ϕ := ϕ T,v anwenden können, so dass die neue Quadrik ϕ(q) eine recht einfache 226

Beschreibung hat. Dazu überlegen wir uns zunächst, was es bedeutet, ϕ auf Q anzuwenden, wobei Q durch die erweiterte Matrix A beschrieben wird: Satz 14.3.2 Mit den gerade eingeführten Bezeichnungen ist ϕ(q) diejenige Quadrik, die durch die erweiterte Matrix S A S beschrieben wird, wobei ( ) 1 0 0 S = T 1 v T 1 Beweis Vorlesung! Wir wollen hier ohne Beweis den folgenden Satz über affine Hauptachsentransformationen von Quadriken vorstellen: Satz 14.3.3 Sei Q = {x R n : x A x = 0} eine Quadrik, wobei A eine symmetrische Matrix in R (n+1,n+1) ist. Es sei Rang(A) = m und Rang(A ) = m (Bezeichnungen wie oben, d.h. A R (n,n) und A R (n+1,n+1) ). Die Anzahl positiver Eigenwerte von A sei k. Dann gibt es eine affine Transformation ϕ so, dass ϕ(q) durch eine Gleichung der Form 1. y1 2+...+y2 k y2 k+1... y2 m = 0 falls m = m 2. y 2 1 +...+y 2 k y2 k+1... y2 m = 1 falls m+1 = m 3. y 2 1 +...+y2 k y2 k+1... y2 m +2y m+1 = 1 falls m+2 = m beschrieben wird. Beweis (Skizze). Die Transformation A S A S in Satz 14.3.2 bedeutet, auf A beliebige Zeilen- und (simultan) dieselben Spaltenumformungen anzuwenden. Wegen der speziellen Form der ersten Zeile von S darf man dabei die erste Spalte bei den Spaltenumformungen nicht zu anderen Spalten addieren, entsprechend die erste Zeile nicht zu anderen Zeilen addieren. Bemerkung 1 Quadriken vom Typ (1.) heißen kegelige Quadriken, solche vom Typ (2.) Mittelpunktsquadriken, und die vom Typ (3.) parabolische Quadriken. 227

Der hier formulierte Satz zeigt nur, wie wir die Gleichungen, die Quadriken beschreiben, in eine recht einfache Form bringen können. Eine andere (schwierigere) Frage ist es zu entscheiden, ob nicht verschiedene Gleichungen dieselben Quadriken beschreiben. Das ist teilweise der Fall: So beschreiben beispielsweise x 2 + y 2 = 0 und x 2 y 2 = 0 dieselben Quadriken im R 2 (nämlich den Punkt 0). Ähnlich ist es mit den Geraden: x 2 = 0 sowie 2y = 0 beschreiben im R 2 Geraden. Wir werden uns gleich mit dieser sogenanten geometrischen Klassifikation beschäftigen. Es sei auch betont, dass affine Transformationen die Form einer Quadrik ändern können: So kann z.b. die Ellipsengleichung in die Kreisgleichung überführt werden. x 2 a 2 + y2 b 2 = 1 x 2 +y 2 = 1 Definition 14.3.4 Zwei Quadriken Q 1 und Q 2 in der affinen Geometrie heißen geometrisch äquivalent, wenn es eine Kollineation ϕ auf AG(V) gibt mit ϕ(q 1 ) = Q 2. Zur geometrischen Klassifikation benötigen wir noch den Begriff der Signatur einer reellen symmetrischen Matrix A : Die Signatur ist die Differenz zwischen positiven und negativen Eigenwerten (vgl. Trägheitssatz von Sylvester). Wir bezeichnen dies mit Sign(A). Satz 14.3.5 Gegeben seien zwei Quadriken in R n, die durch Matrizen A 1 und A 2 sowie deren Erweiterungen A 1 und A 2 beschrieben werden. Die beiden Quadriken seien weder leer noch Hyperebenen. Dann sind Q 1 und Q 2 genau dann geometrisch äquivalent, wenn die folgenden vier Bedingungen erfüllt sind: (i) Rang(A 1 ) = Rang(A 2 ) (ii) Rang(A 1 ) = Rang(A 2 ) 228

(iii) Sign(A 1 ) = Sign(A 2 ) (iv) Sign(A 1 ) = Sign(A 2 ) Beweis Siehe etwa das Buch Analytische Geometrie von G. Fischer oder eine weiterführende Geometrievorlesung. Korollar 14.3.6 Sei Q { } eine Quadrik in R 2 oder R 3, die von einer symmetrischen erweiterten Matrix A R (3,3) beschrieben wird (die aus einer Matrix A R (2,2) hervorgeht). Dann ist Q zu einer Quadrik äquivalent, die durch eine der folgenden Gleichungen beschrieben wird: 1. 0 = 0 (R 2 ) 2. x 2 1 = 0 (Gerade) 3. x 2 1 x 2 2 = 0 (zwei sich schneidende Geraden) 4. x 2 1 +x2 2 = 0 (Punkt) 5. x 2 1 = 1 (zwei parallele Gerade) 6. x 2 1 x 2 2 = 1 (Hyperbel) 7. x 2 1 +x2 2 = 1 (Kreis, Ellipse) 8. x 2 1 +2x 2 = 0 (Parabel) Im Fall R 3 gibt es die folgenden Typen von Quadriken: 1. 0 = 0 (R 3 ) 2. x 2 1 = 0 (Ebene) 3. x 2 1 x 2 2 = 0 (zwei sich schneidende Ebenen) 4. x 2 1 +x2 2 = 0 (Gerade) 5. x 2 1 = 1 (zwei parallele Ebenen) 6. x 2 1 x2 2 = 1 (hyperbolischer Zylinder) 229

7. x 2 1 +x2 2 = 1 (Kreiszylinder) 8. x 2 1 +2x 2 = 0 (parabolischer Zylinder) 9. x 2 1 +x 2 2 x 2 3 = 0 (Kreiskegel) 10. x 2 1 +x2 2 +x2 3 = 0 (Punkt) 11. x 2 1 x 2 2 x 2 3 = 1 (zweischaliges Hyperboloid) 12. x 2 1 +x2 2 x2 3 = 1 (einschaliges Hyperboloid) 13. x 2 1 +x2 2 +x2 3 = 1 (Kreis) 14. x 2 1 x 2 2 +2x 3 = 0 (hyperbolisches Paraboloid) 15. x 2 1 +x2 2 +2x 3 = 0 (elliptisches Paraboloid) Wir haben hier für jeden Quadrikentyp eine Gleichung gemäß Satz 14.3.5 angegeben. 230