Diagnostisches Interview KIWIS Ein Arithmetik-Interview zu Wissen und Strategien

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Transkript:

Diagnostisches Interview KIWIS Ein Arithmetik-Interview zu Wissen und Strategien Mit KIWIS den individuellen Lernstand in der Primar- und Sekundarstufe ermitteln. Ein Instrument aus dem neuseeländischen Numeracy Projekt Leseprobe Friedrich Verlag GmbH, Bestell-Nr.: 1840005

INHALT Seite Vorwort... 3 Arithmetische Kompetenzen entwickeln und fördern... 4 Das Numeracy Development Project: Schülerleistungen systematisch verbessern Das Lernentwicklungsmodell (LEM) Das diagnostische Interview Hinweise zur Durchführung des Interviews Zur vorliegenden deutschen Fassung Ausblick und Hinweise zur Weiterarbeit Protokollbogen (Langfassung) Einstiegsfragen... 10 Version A... 12 Version B... 16 Version C... 24 Indikatorentabellen zur Einstufung... 32 Kopiervorlagen Kurz-Protokoll (Einstiegsfragen, Version A, B, C)... 40 Aufgabenkarten (Einstiegsfragen, Version A, B, C)... 51 Zahlenkarten, Punktestreifen... 65 Impressum The Diagnostic Interview published by the Ministry of Education, copyright Crown, 2008. Deutsche Fassung: Friedrich Verlag 2016 Übersetzung und Ergänzungen: Nikola Leufer, Frauke Link, Julia Cramer, Michael Katzenbach Redaktion: Anne Hilgers Herstellung: Matthias Schiller Fotos: Felix Clebowski Druck: D+L Printpartner GmbH, Schlavenhorst 10, 46395 Bocholt Friedrich Verlag GmbH 2016 Best.-Nr.: 1840005

Danke! An dieser Stelle sei dem neuseeländischen Erziehungsministerium gedankt, das die Übertragungs- und Nutzungsrechte gewährt hat. Besonders hervorzuheben ist der Einsatz von Marilyn Holmes, Regionalkoordinatorin im neuseeländischen Projekt, die in Veranstaltungen in Bad Kreuznach, Berlin, Frankfurt und Hannover in den Jahren 2006, 2009 und 2013 über das neuseeländische Projekt berichtet und Workshops angeboten hat. Ein herzlicher Dank geht auch an die Mitglieder der Initiativgruppe Numeracy, an Kolleginnen und Kollegen für Rückmeldungen zur Erprobungsfassung, an den Friedrich-Verlag für die Unterstützung der Erprobung, an das Landesinstitut für Schule Bremen, die Lehrkräfteakademie Hessen, das Pädagogische Landesinstitut Rheinland-Pfalz, das Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik und das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen für die Unterstützung u. a. bei der Durchführung von Veranstaltungen, an die Teilnehmenden dieser Veranstaltungen für ihre Beiträge und an Christine Knipping und die AG Mathematikdidaktik an der Universität Bremen für die Kooperation in Veranstaltungen zur Lehrerbildung. Weitere Mitglieder der Initiativgruppe: Ursula Bicker, Jan Peter Braun, Christiane Heumann, Hans Knobel, Barbara Krauth, Joachim Schmaeck, Rüdiger Vernay, Hans-Dieter von Zelewski Rückmeldungen zur Erprobung: Doris Ayaita, Anja Becher, Judith Hafner, Andrea Hoffkamp, Andrea Kramer, Sabine Löhr, Richard Menzel, Renate Reble, Marija Vlaski, Marlies Weber, Roland Weber und Kristina Witte sowie die Kollegien der IGS Lengede und der Gesamtschule Bremen Mitte 2

VORWORT Liebe Leserin, lieber Leser, zählt Sven noch oder multipliziert er schon? Nutzt Özlem Rechenstrategien oder wendet sie vielleicht schriftliche Verfahren im Kopf an? Und wenn die beiden auf das richtige Ergebnis kommen sind diese Informationen wichtig? Unbedingt! Die Vorkenntnisse und das operative Verständnis unserer Schülerinnen und Schüler sind entscheidend dafür, an bzw. mit welchen mathematischen Konzepten sie im Arithmetikunterricht erfolgreich arbeiten können. Nicht nur das Wissen, ob Sven und Özlem eine Multiplikationsaufgabe lösen können, sondern auch auf welche Weise sie dies tun, ist relevant, wenn es darum geht, im prozessorientierten Mathematikunterricht passende Lernangebote auszuwählen. Lernstand und Lernangebot aufeinander abzustimmen, ist eine große Herausforderung für Lehrkräfte, insbesondere in stark heterogenen Klassen. Das seit dem Jahr 2000 in Neuseeland im Rahmen des sogenannten Numeracy Development Project eingesetzte Diagnostische Interview und das diesem zugrunde liegende Lernentwicklungsmodell haben sich als große Hilfe bei der Gestaltung eines passgenauen differenzierenden Unterrichts erwiesen. Sie werden seit einigen Jahren auch in Deutschland erfolgreich eingesetzt. Mit der vorliegenden Übersetzung möchten wir diese Materialien nun auch im deutschsprachigen Raum einem größeren Kreis verfügbar machen. Das diagnostische Interview ist geeignet, um den Lernstand von Schülerinnen und Schülern der Primar- und Sekundarstufe im Bereich der Arithmetik zu erfassen. Besonders bewährt hat sich das Interview zu Beginn der weiterführenden Schule oder bei Wechsel der Lehrkraft. Auch zu Interviews mit neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern liegen bereits positive Erfahrungen vor. Wir hoffen, dass das diagnostische Interview KIWIS Sie bei der individuellen Förderung aller Schülerinnen und Schüler unterstützen kann und wünschen Ihnen als Lehrkraft interessante Einblicke in die individuellen Lern- und Denkwege Ihrer Schülerinnen und Schüler. Nikola Leufer, Frauke Link, Julia Cramer, Michael Katzenbach 3

Arithmetische Kompetenzen ermitteln und fördern Das Numeracy Development Project: Schülerleistungen systematisch verbessern Nach dem unerwartet schlechten Abschneiden bei der TIMS- Studie 1995 rief im Jahre 1998 die neuseeländische Regierung ein landesweites Fortbildungs- und Unterstützungsprojekt, das Numeracy Development Project (Projekt zur Förderung der Kompetenzen in der Arithmetik), ins Leben. Auf Vorschlag einer Kommission aus Vertretern von Politik und Mathematikdidaktik gründete die neuseeländische Regierung 1999 einen Numeracy Think Tank mit dem Auftrag, ein zum neuseeländischen Curriculum passendes Lernentwicklungsmodell (LEM) für den Bereich der Arithmetik und ein darauf abgestimmtes diagnostisches Instrument (das diagnostische Interview) zu erarbeiten, mit dem sich Schülerleistungen im Lernentwicklungsmodell einordnen lassen. Die Aufmerksamkeit richtete sich zunächst auf das in Australien erfolgreiche Projekt Count me in Too (Department of Education and Training, NSW, 1998, s. Wright 1998) für die Jahrgänge 1 bis 3, das in Deutschland über das ElementarMathematische Basisinterview bekannt wurde (s. Peter-Koop 2007). Nach erfolgreicher Pilotierung von Count me in Too in Neuseeland zeigte sich, dass das australische Programm Counting On für die Folgejahrgänge 4 bis 6 nicht ohne weiteres übertragen werden konnte. Daraufhin wurde das Lernentwicklungsmodell für den Einsatz in Neuseeland für die Jahrgänge 1 bis 8 erweitert und erprobt. Das Numeracy Development Project hat den Schwerpunkt in der berufsbegleitenden Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern und betont dadurch die zentrale Rolle der Lehrperson für die Gestaltung gelingender Lehr-/Lernprozesse. Fachliche und fachdidaktische Kenntnisse sowie pädagogische Kompetenz werden als ausschlaggebende Faktoren für den angestrebten verständnisorientierten und nachhaltigen Mathematikunterricht betrachtet. Entscheidet sich eine Schule, an dem Projekt teilzunehmen, werden alle Mathematiklehrkräfte im diagnostischen Interview geschult und in das Material zur weiteren Förderung der Schülerinnen und Schüler eingearbeitet. Das neuseeländische Projekt entwickelt sich entlang aktueller Erkenntnisse in der mathematischen Lehr- und Lernforschung inhaltlich weiter. Es nutzt dabei systematisch Erfahrungen, die seit Beginn des Projekts zusammengetragen werden. Dazu gehören wesentliche Erkenntnisse darüber, wie Kinder lernen und welche Denkstrategien sie im mathematischen Anfangsunterricht entwickeln wie sich die Lernbedürfnisse von Kindern systematisch identifizieren lassen und wie angemessen reagiert werden muss welche Charakteristika professionelle Fortbildungsprogramme aufweisen, die Unterrichtspraxis verändern wie effektive Förderung aussehen kann (vgl. Ministry of Education, 2008b). Mittlerweile haben fast alle neuseeländischen Lehrkräfte der Klassen 1 bis 8 an Schulen für Maori mehr als 80 % an dem Projekt teilgenommen. Das Lernentwicklungsmodell (LEM) Das theoretische Konzept des Numeracy Projects unterscheidet die zwei Bereiche Strategien und Wissen. Im Bereich Strategien geht es um die mentalen Prozesse, also die nicht schriftlich entlasteten Vorgehensweisen der Schülerinnen und Schüler beim Bearbeiten von Arithmetikaufgaben. Der Bereich Wissen bezieht sich auf grundlegendes Wissen, das Schülerinnen und Schüler auswendig zur Verfügung haben müssen. Das Konzept geht davon aus, dass beide Bereiche beim Lernprozess miteinander verwoben sind und betont, dass die Lernenden sich in beiden Bereichen entwickeln müssen. Zu den Strategiebereichen gehören Addition und Subtraktion, Multiplikation und Division, Proportionen und Anteile. Als Wissensbereiche werden Zählen, Zahlenkenntnis, Brüche, Stellenwerte und Grundaufgaben unterschieden. Für die Strategiebereiche wie auch für die Wissensbereiche gibt es jeweils Niveauabstufungen auf Grundlage nachvollziehbarer Indikatoren (diese sind in Indikatorentabellen aufgelistet, s. S. 32 ff.). Die Strategieniveaus der Bereiche Addition und Subtraktion, Multiplikation und Division und Proportionen und Anteile werden in einem sogenannten globalen Lernentwicklungsmodell (LEM) Numeracy aufeinander bezogen (s. Tab. 1). Das diagnostische Interview Für die Lernstandsbestimmung im Numeracy Development Project ( Numeracy Project Assessment ) wurde auf der Grundlage des Lernentwicklungsmodells ein Instrument entwickelt, mit dessen Hilfe wertvolle Informationen über Wissen und Strategien der Schülerinnen und Schüler im Bereich Arithmetik gewonnen werden können. Die Diagnose erfolgt als individuelles diagnostisches Interview. 4

Globales Lernentwicklungsmodell Niveau Bezeichnung und Erläuterung 0 Lernende auf diesem Niveau zeigen keine verlässliche Strategie beim Zählen einer ungeordneten Menge von Gegenständen, weil Wissen über Zählsequenzen oder die Fähigkeit einer Eins-zu-Eins-Zuordnung fehlt. 1 Zählen (Eins-Eins-Prinzip): Lernende auf diesem Niveau können Mengen von bis zu zehn Gegenständen bilden und zählen. Sie sind jedoch nicht in der Lage, einfache Additions- und Subtraktionsaufgaben zu lösen, die das Zusammenfassen oder das Zerlegen von Mengen erfordern. 2 Zählen beginnend mit 1 am Material Die Lösung einer Aufgabe, bei der Mengen zusammengefasst oder zerlegt werden müssen, gelingt nur durch das Zählen am Material (zum Beispiel Gegenstände, Finger, ) beginnend mit 1. Lernende auf diesem Niveau zählen alle Gegenstände beider Mengen. 3 Mentales Zählen beginnend mit 1 Lernende auf diesem Niveau zählen alle Gegenstände bei Aufgaben, die das Zusammenfassen oder Zerlegen von Mengen erfordern. Sie können sich jedoch zu gegebenen Zahlen entsprechende Mengen von Gegenständen vorstellen und im Kopf (ohne Materialunterstützung) beginnend mit 1 zusammenzählen. 4 Fortgeschrittenes Zählen Lernende auf diesem Niveau haben verstanden, dass mit der letzten Zahl einer Zählsequenz ein Maß für die gesamte Menge vorliegt. Sie sehen den Bezug von Additions- oder Subtraktionsaufgaben zum Vorwärtsoder Rückwärtszählen in Einer-, Zehner-, -Schritten. Statt alle Gegenstände der Aufgabe 6 + 5 (am Material oder im Kopf) zu zählen, erkennen sie z. B., dass 6 alle sechs Gegenstände der ersten Menge repräsentiert und zählen dann weiter: 7, 8, 9, 10, 11. 5 Frühe additive Rechenstrategien Lernende auf diesem Niveau haben bereits ein Teil-Ganzes-Verständnis entwickelt, d. h. sie haben verstanden, dass Zahlen abstrakte Einheiten sind, die sich zerlegen und zusammensetzen lassen. Sie lösen Additions- und Subtraktionsaufgaben im Kopf und nutzen dabei einfache Rechenstrategien, wie z. B. das Verdoppeln oder das Ergänzen zum nächsten Zehner. 6 Fortgeschrittene additive frühe multiplikative Rechenstrategien Lernende auf diesem Niveau können mindestens zwei Rechenstrategien zur Lösung von Additions- und Subtraktionsaufgaben mit mehrstelligen Zahlen nutzen. Sie lösen Multiplikationsaufgaben ausgehend von Grundaufgaben und verwenden multiplikative und additive Strategien zur Bearbeitung von einfachen Bruchaufgaben, z. B. 3/4 von 24. 7 Fortgeschrittene multiplikative frühe proportionale Rechenstrategien Lernende auf diesem Niveau wählen zunehmend geeignete Zerlegungsstrategien aus und berechnen oder überschlagen so Lösungen zu Multiplikations- und Divisionsaufgaben (auch mit einfachen Brüchen). 8 Fortgeschrittene proportionale Rechenstrategien: Lernende auf diesem Niveau wählen aus einem Repertoire von Zerlegungsstrategien aus, um Lösungen zu Aufgaben mit Brüchen, Dezimalzahlen, Verhältnissen und Prozenten zu berechnen und zu überschlagen. Tab. 1: Das Globale Lernentwicklungsmodell Numeracy (nach Ministry of Education, 2008a, S. 3 f.) Warum ein individuelles Interview? Das individuelle diagnostische Interview hat sich aus folgenden Gründen bewährt: Um die von den Schülerinnen und Schülern angewandten mentalen Strategien aufzudecken, muss man herausfinden, wie sie Probleme mit Zahlen lösen. Schriftliche Tests oder Online-Multiple-Choice-Tests zeigen zwar, ob ein Kind richtige Antworten geben kann. Sie helfen jedoch nicht, die Strategien herauszufinden, die die Schülerinnen und Schüler verwenden. Das Interviewen an sich (insbesondere der eigenen Schülerinnen und Schüler) erweist sich für die Lehrkräfte als ausgesprochen spannend und erkenntnisreich. In den Erpro bungen der deutschen Fassung hat sich auch die Beziehungs arbeit, die mit der Eins-zu-Eins-Situation des Interviews geleistet werden kann und die in vielen Fällen für den nachfolgenden Unterricht trägt, als wesentlicher Vorteil dieses Diagnoseverfahrens erwiesen. Sprachliche Probleme, die in vielen schriftlichen Tests die beobachteten Mathematikleistungen verzerren können, lassen sich in der Eins-zu-Eins-Situation oftmals lösen oder zumindest von konzeptuellen Schwierigkeiten abgrenzen. 5

Struktur und Ablauf des Interviews Entsprechend dem zugrundeliegenden Lernentwicklungsmodell besteht das Interview aus Strategiefragen und Fragen zum Wissen aus den jeweiligen Inhaltsbereichen. Bei den Fragen zum Wissen geht es um Antworten, die das Kind auswendig kann und nicht erarbeiten muss. Wenn Schülerinnen und Schüler also zur Beantwortung solcher Fragen einige Zeit benötigen, nutzen sie in der Regel Strategien. Das bedeutet, dass sie das entsprechende Wissen nicht abrufen können und sich eine Lösung erst noch erarbeiten müssen. Die Strategiefragen richten den Fokus primär darauf, wie ein Schüler/eine Schülerin die Aufgabe gelöst hat. Fragen Sie daher im Interview bei jeder Aufgabe nach der verwendeten Strategie: Wie hast du das gemacht? Es hat sich bewährt, das Kind bei richtigen Ergebnissen zuerst durch Kommentare wie Ja, das ist richtig zu bestärken, bevor man zu Fragen nach den verwendeten Strategien übergeht. Manchmal gibt der Interview-Ablauf auch vor, nach einer weiteren Strategie zu fragen. Der Ablauf des Interviews hängt vor allem davon ab, welche Strategien Schülerinnen und Schüler bei der Bearbeitung der Addition und Subtraktion nutzen. Das Interview startet mit in der Schwierigkeit aufsteigenden Einstiegsfragen zu Strategien beim Zählen und bei der Addition. Entsprechend den verwendeten Strategien wird für die folgenden Interviewbereiche eine von drei unterschiedlich schwierigen Versionen A, B oder C ausgewählt. Das Interview wird in jedem Strategiebereich an der vermuteten Leistungsgrenze abgebrochen. In der Regel werden so einem Kind nie zwei Fragen hintereinander gestellt, die es nicht beantworten kann. Durch diese adaptiven Elemente im Interview können Misserfolgserlebnisse vermieden werden. Abb. 1 gibt einen Überblick über Inhaltsbereiche und Versionen des Interviews und zeigt exemplarisch mögliche Wege durch das Interview auf. Das Protokoll zum diagnostischen Interview Auf den Seiten 10 30 finden Sie den ausführlichen Protokollbogen. Dieser enthält die Interviewfragen und die zugehörigen Handlungsanweisungen. Die Abbruchkriterien für einzelne Bereiche des Interviews, Verzweigungsregeln zur Auswahl der fol- Wege im Interview Jasmin verwendet bei den Aufgaben E1 bis E5 Strategien auf dem jeweils geforderten Niveau. Eine entsprechende Strategie zur Bearbeitung von Aufgabe E6 kann sie nicht nutzen. Es ist wie Pilotstudien zu dem Interview zeigen nicht zu erwarten, dass Jasmin dann für die Aufgaben E7 und E8 noch komplexere Strategien verwendet. Wahrscheinlich kann sie jedoch einfache Aufgaben zu den Bereichen Multiplikation und Division und Proportionen und Anteile mit entsprechenden Strategien bearbeiten. Daher wird im Weiteren die Version B genutzt. Im Bereich Multiplikation und Division zeigt sich ihre Leistungsgrenze bei der zweiten Aufgabe. Das Interview wird dann mit Fragen zum Bereich Proportionen und Anteile fortgesetzt. Nach der Bearbeitung der Aufgaben B4 und B5 mit den geforderten Strategien erhält Jasmin Wissensfragen zu verschiedenen Bereichen. Aufgabe E9 Aufgabe C7 Aufgabe E8 Aufgabe C6 Aufgabe E7 Aufgabe C5 Aufgabe C12 Aufgabe E6 Aufgabe C4 Aufgabe C11 Grundaufgaben Aufgabe E5 Aufgabe C3 Aufgabe C10 Stellenwerte Aufgabe E4 Aufgabe C2 Aufgabe C9 Bruchzahlen Aufgabe E3 Aufgabe C1 Aufgabe C8 Vorw./Rückw.-Z. Aufgabe E2 Multiplikation / Division Strategien Proportionen / Anteile Strategien Wissen Aufgabe E1 Addition / Subtraktion Strategien Grundaufgaben Version C Grundaufgaben Einstieg, Versionswahl Stellenwerte Stellenwerte Jasmin Zahlenkenntnis Aufgabe B3 Bruchzahlen Rückwärtszählen Aufgabe B2 Aufgabe B5 Rückwärtszählen Vorwärtszählen Aufgabe B1 Aufgabe B4 Vorwärtszählen Wissen Multiplikation / Division Strategien Proportionen / Anteile Strategien Wissen Version A Version B Abb. 1: Wege im Interview 6

genden Interviewbereiche und Hinweise zur Einstufung werden hier ausführlich beschrieben. Der ausführliche Protokollbogen hat sich vor allem für diejenigen bewährt, die bislang keine oder nur geringe Erfahrungen mit dem Interview gemacht haben. Sobald Sie mit dem Interview und den Verzweigungsregeln vertraut sind, können Sie auch die papiersparende Version der Kurzprotokolle (Vorlagen ab Seite 40, vgl. Abb. 2) nutzen. Die Indikatorentabellen zu den einzelnen Inhaltsbereichen (ab S. 32) sind unabhängig von der genutzten Version die Grundlage für die Einstufung der Kinder. Vorbereitung: Aufgaben und weiteres Material Sie benötigen für jedes Interview den Protokollbogen oder das entsprechende Kurzprotokoll (Vorlage ab S. 40) zur Dokumentation. Einige Aufgaben werden nur mündlich gestellt. Die meisten Aufgaben im Interview werden zudem den Lernenden vorgelegt. Am Ende dieser Broschüre (ab. S. 46) finden Sie die entsprechenden Aufgabenkarten als Kopiervorlage. Sie können auch die Aufgabenseiten zu jeder der Versionen A, B und C als eine Art Booklet binden. Ab S. 65 finden Sie Zahlenkarten und Punktestreifen zum Vorlegen. Diese sind mit der entsprechenden Aufgabennummer gekennzeichnet. Es hat sich bewährt, Karten und Streifen auf Karton zu kopieren bzw. zu laminieren. Zusätzlich brauchen Sie noch: mindestens 12 Plättchen oder Steine einer Farbe, 10 Plättchen oder Steine einer anderen Farbe sowie 2 DIN-A4-Blätter/Karten zum Abdecken. Wird ausschließlich mit Aufgabenkarten interviewt, dann sind die Fragen, die nicht vorgelegt werden, für die Lernenden gar nicht sichtbar. Dies unterstützt den adaptiven Charakter des Interviews. Entscheiden Sie sich für ein Booklet, dann decken Sie jeweils die Seite so ab, dass nur die zu bearbeitende Aufgabe sichtbar ist. Wichtig ist, dass Sie einen guten Überblick über das Aufgabenmaterial haben und die richtigen Aufgaben schnell zur Hand sind. Hinweise zur Durchführung des Interviews Notieren Sie vor Beginn des Interviews die persönlichen Daten der Schülerin / des Schülers in der Kopfzeile des entsprechenden Protokollbogens. Legen Sie die Aufgabenkarten (oder das Booklet), die weiteren Materialien und die Indikatorentabellen griffbereit zurecht. Wenn Sie das Interview zum ersten Mal durchführen, folgen Sie bitte genau den Anweisungen, die im ausführlichen Protokollbogen gegeben werden. Das Interview beginnt mit Einstiegsfragen zum Zählen sowie zur Addition und Subtraktion. Ihr Vorwissen über die betreffenden Schülerinnen und Schüler kann ggf. bei der Entscheidung helfen, mit welcher Frage begonnen wird. 1 Um die Interviewsitua- 1 Es hat sich gezeigt, dass auch in Klasse 5 schon auch überraschend erste Probleme bei der Aufgabe 8+5 auftauchen. Es scheint daher auf alle Fälle sinnvoll, Abb. 2: Ausschnitt aus einem ausgefüllten Kurzprotokoll tion zu entspannen und das Selbstvertrauen der Lernenden zu unterstützen, sollte jedenfalls mit einer Frage begonnen werden, die diese leicht finden. Strategieniveaus und Wissensniveaus werden mit den entsprechenden Fragen eines Interviewabschnitts unter Zuhilfenahme der Indikatorentabelle festgestellt. Machen Sie im Protokollbogen Notizen zu den verwendeten Strategien und zu Beobachtungen bei den Wissensfragen und tragen Sie die Einstufungen in Kurzform in die vorgesehenen Felder ein. Es hat sich als hilfreich erwiesen, die Antworten der Lernenden zu notieren, um sie auch zu einem späteren Zeitpunkt noch verfügbar zu haben. Sie können die Antworten in Form von Rechnungen, aber auch mit Hilfe von Skizzen (z. B. nicht komplett ausgefüllte Zahlenstrahlen; empty number lines ) dokumentieren (Abb. 2). Die Niveaus eines Kindes im Bereich Wissen können sich von den Niveaus im Bereich Strategien unterscheiden: Einerseits kann Wissen auswendig gelernt werden, ohne es sinnvoll anwenden zu können. Andererseits können Schülerinnen und Schüler auch anspruchsvolle Strategien erfinden und diese auf eine Vielzahl von Problemen und Zahlen anwenden, ohne über ausreichendes automatisiertes Wissen zu verfügen. in diesem Jahrgang bei unbekannten Schülerinnen und Schülern mit Frage 1 (Abzählen), Frage 2 (4+3 mit Material) oder ggf. Frage 3 (8+5) zu beginnen. Wenn die Lernenden die Aufgaben sicher bearbeiten, stellen diese Aufgaben keinen großen Zeitverlust dar. 7

Zur vorliegenden deutschen Fassung Übersetzung und Erprobung Die Übersetzung des Lernentwicklungsmodells und des diagnostischen Interviews orientiert sich eng an der Originalversion 2, versucht jedoch, an die deutschsprachige Praxis anzuknüpfen. In die hier vorliegende Fassung gingen vielfältige Erfahrungen aus der mehrjährigen Erprobung einer ersten Übersetzung an Schulen aus verschiedenen Bundesländern, an Fortbildungsinstituten und an Universitäten ein. Erste Schritte zur Übertragung von Materialien aus dem neuseeländischen Numeracy-Projekt wurden bereits im BLK-Modellversuch SINUS-Transfer unternommen. 3 Das diagnostische Interview wurde bei der Erprobung vor allem in stark heterogenen Klassen der Jahrgänge 4 bis 6 eingesetzt, um den Lernstand von Schülerinnen und Schülern im Bereich der Arithmetik zu erfassen. Der pädagogische Wert des Instruments zeigte sich besonders deutlich zu Beginn der weiterführenden Schule (Jahrgang 5) oder bei einem Wechsel der Lehrkraft. Feedback: Passung zum Bildungsplan & Förderhinweise Insgesamt lieferten diese Erprobungen sehr gute und motivierende Rückmeldungen. Als besondere Stärke des vorliegenden Interviews wird hervorgehoben, dass sich durch die enge Verzahnung von Interview und Lernentwicklungsmodell direkt substanzielle Hinweise zur Förderung der Lernenden ableiten lassen. Zudem werden ausgesprochen positive Wirkungen auf die Lehrenden-Lernenden-Beziehung beschrieben: Im Rahmen des Interviews hat die Lehrkraft die Möglichkeit, die Lernenden in einer entspannten Eins-zu-Eins-Situation (besser) kennenzulernen. Die Lernenden wiederum nehmen das Interesse der Lehrkraft an den eigenen Überlegungen als große Motivation wahr, die sich, wie Erfahrungen zeigen, auch im darauffolgenden Unterricht nachweisen lässt. Weil das Interview an der individuellen Leistungsgrenze abbricht, werden Überforderungen und Frustrationen systematisch vermieden eine pädagogisch und diagnostisch wertvolle Situation! Das Lernentwicklungsmodell und die Interviewfragen passen erfahrungsgemäß gut zu den Schwerpunkten der deutschen Bildungspläne (in der Arithmetik). Einige Feinjustierungen, wie beispielsweise eine differenziertere Stufung der höheren Niveaus im Lernentwicklungsmodell mit entsprechenden zusätzlichen Interviewfragen oder besser geeignete Kontexte, werden derzeit diskutiert und gegebenenfalls künftig noch erfolgen. Als eine Konsequenz aus den Rückmeldungen wurden in der vorliegenden Broschüre bereits weitere Beispiele für mögliche Strategien zur Bearbeitung der Interviewaufgaben ergänzt. 2 Quelle: Numeracy Professional Development Projects Book 1 and 2 published by the Ministry of Education Copyright Crown 2008. Online: www.nzmaths.co.nz/numeracy-development-projects-books 3 Auf der Grundlage einer Übersetzung von Christina Drüke-Noe. Ausblick und Hinweise zur Weiterarbeit In Neuseeland werden die Interviewergebnisse einer gesamten Klasse häufig dazu genutzt, um niveaugleiche oder -ähnliche Gruppen zu bilden. In diesen Gruppen können die Lernenden dann in bestimmten Unterrichtsphasen selbständig auf ihrem jeweiligen Entwicklungsstand arbeiten. Es stehen jedoch auch passende Unterrichtseinheiten mitsamt fachdidaktischen Hintergründen zur Verfügung, um in anderen Phasen die Lernenden ausgehend von konkreten Handlungen am Material schematisch fortschreitend zu den Inhalten und Anforderungen des jeweils nächsthöheren Niveaus zu führen. Lehrkräfte können solche Unterrichtseinheiten aus den Projektmaterialien wählen: Teaching Number Knowledge Teaching Addition, Subtraction and Place Value Teaching Multiplication and Division Teaching Fractions, Decimals and Percentages Teaching Number Sense and Algebraic Thinking Teaching Number through Measurement, Geometry, Algebra and Statistics (Kostenloser Downloadbereich auf der Projekthomepage: www.nzmaths.co.nz/ numeracy-development-projects-books, 08.02.2016) In der Erprobungsphase in deutschen Schulen haben einige Kolleginnen und Kollegen (und auch Studierende) mit Übersetzungen dieser Materialien, aber auch mit bestehendem, in den jeweiligen Schulen vorhandenem Differenzierungsmaterial gearbeitet. Die Einstufungen der Lernenden mit Hilfe der Indikatorentabellen geben in der Regel konkrete Hinweise auf die passende Weiterarbeit im Unterricht oder in außerunterrichtlichen Arbeitsgruppen. Nach einer weiteren Erprobung und Anpassung plant die Autorengruppe, auch entsprechende Lehrmaterialien aus dem neuseeländischen Projekt auf Deutsch verfügbar zu machen. Weiterführende Literatur Bicker, U. (2013): Verstehen, wie Schüler denken. In: Pädagogik Leben, 5, S. 14 16. Speyer: Pädagogisches Landesinstitut Rheinland-Pfalz Department of Education and Training, (1998): Count Me In Too: Learning framework in number. New South Wales, Department of Education and Training. Katzenbach, M./Bicker, U./Knobel, H./Krauth B./Leufer, N. (2014): Wie hast Du das gerechnet? - Erste Erfahrungen mit einem neuseeländischen Diagnoseverfahren. In: Bohl, T. (Hrsg.): Fördern. Jahresheft 2014. Seelze: Friedrich Verlag, S. 86 90. Ministry of Education (2008a): Numeracy Professional Development Projects. Book 1. The Number Framework. Wellington, New Zealand. Online verfügbar unter: http://nzmaths.co.nz/sites/default/files/numeracy/2008numpdfs/numbk2.pdf (08. 02. 2016) Ministry of Education (2008b): Numeracy Professional Development Projects. Book 2. The Diagnostic Interview. Wellington, New Zealand. Online verfügbar unter: http://nzmaths.co.nz/sites/default/files/numeracy/2008numpdfs/numbk1.pdf (08. 02. 2016) Peter-Koop, A./Wollring, B./Spindeler, B./Grüßing, M. (2007): ElementarMathematischesBasisInterview. [Handbuch]. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Tozer, L./Holmes, M. (2005): Moving on from Count me in Too. Evidence based teaching and learning in numeracy in the early and middle years of schooling. Online unter: http://research.acer.edu.au/research_conference_2005/16/ (16. 09. 2015). Wright, R. (1998): An overview of a research-based framework for assessing and teaching early number. In: Kanes, C./Goos, M./Warren, F. (Hrsg.): Proceedings of th 21st Annual Conference of the Mathematics Education Group of Australasia, 2, Brisbane: Griffith-University, S. 701 708. 8

Einstiegsfragen Addition und Subtraktion (Strategien) Name Datum Nr. Interviewfragen, Anleitung und ggf. Einordnung Kommentar/Strategie Material: 12 rote Plättchen, 10 blaue Plättchen; Aufgaben A5 bis A9 (als Karte oder Booklet); 2 Blätter Papier (leer) zum Abdecken. E1 Stellen Sie dem Kind alle roten Plättchen zur Verfügung. Gib mir bitte 8 Plättchen. Gelingt es dem Kind nicht, 8 Plättchen abzuzählen, so stufen Sie es auf Niveau 0 ein. Nutzen Sie im Folgenden Version A (S. 14 ff.). Gelingt es dem Kind, fahren Sie mit Aufgabe E2 fort. E2 Strecke mir mal die Hände entgegen. Geben Sie dem Kind 4 Plättchen in eine Hand und 3 Plättchen in die andere Hand. Hier sind 4 Plättchen. Hier sind noch mal 3 Plättchen. Schließe nun deine Hände. (Oder schließen Sie die Hände des Kindes vorsichtig). Die Hände können später geöffnet werden, falls erforderlich. Wie viele Plättchen hast du insgesamt? Löst das Kind 4 + 3 gar nicht, so stufen Sie es auf Niveau 1 ein. Nutzen Sie im Folgenden Version A. Kann das Kind 4 + 3 nur durch Abzählen des Materials lösen, so stufen Sie es auf Niveau 2 ein. Nutzen Sie im Folgenden Version A. Andernfalls fahren Sie mit Aufgabe E3 fort. E3 Legen Sie 8 rote Plättchen auf den Tisch und verdecken Sie diese (z. B. mit einem Blatt Papier). Legen Sie 5 blaue Plättchen auf den Tisch. Verdecken Sie auch diese. Unter diesem Papier befinden sich 8 Plättchen und unter dem anderen Papier befinden sich 5 Plättchen. Zeigen Sie dem Kind erst die Plättchen einer Farbe und verdecken Sie sie wieder. Zeigen Sie dem Kind dann die Plättchen der anderen Farbe und verdecken Sie sie wieder. Wie viele Plättchen sind dies insgesamt? Löst das Kind die Aufgabe E3 gar nicht oder indem es ab 1 zählt, so stufen Sie es auf Niveau 3 ein. Nutzen Sie im Folgenden Version A. Löst das Kind Aufgabe E3 durch Weiterzählen (zum Beispiel 9, 10, 11, ), so fahren Sie mit Aufgabe E4 fort. Diese legt nahe, Rechenstrategien zu verwenden. Nutzt das Kind bei Aufgabe E3 bereits Rechenstrategien, so fahren Sie ebenfalls mit Aufgabe E4 fort E4 Legen Sie 9 rote Plättchen auf den Tisch und verdecken Sie diese (z. B. mit einem Blatt Papier). Legen Sie 8 blaue Plättchen auf den Tisch und verdecken Sie sie. Unter diesem Papier befinden sich 9 Plättchen und unter dem anderen Papier befinden sich 8 Plättchen. Zeigen Sie dem Kind erst die Plättchen einer Farbe. Verdecken Sie sie wieder. Zeigen Sie dem Kind dann die Plättchen der anderen Farbe. Verdecken Sie sie wieder. Wie viele Plättchen sind dies insgesamt? Löst das Kind die Aufgaben E3 und E4 durch Weiterzählen, so stufen Sie es auf Niveau 4 ein. Nutzen Sie im Folgenden Version B (S. 22 ff.). Nutzt das Kind für mindestens eine der Aufgaben E3 und E4 eine Rechenstrategie (z. B. bei Aufgabe 4 schrittweise Rechnen bzw. Zerlegen und Rechnen bis zum nächsten Zehner: 9 + 1 = 10, 10 + 7 = 17) oder rechnet das Kind mit Hilfsaufgabe (Nachbaraufgabe und nachträglichem Korrigieren: 10 + 8 = 18, 18 1 = 17), so fahren Sie mit Aufgabe E5 fort. 10

Einstiegsfragen Addition und Subtraktion (Strategien) Name Datum Nr. Interviewfragen, Anleitung und ggf. Einordnung Kommentar/Strategie E5 Zeigen Sie dem Kind die Bonbon-Aufgabe (E5). Du hast 37 Bonbons, und du isst 9 davon. Wie viele Bonbons hast du noch übrig? Zählt das Kind rückwärts (zum Beispiel 37, 36, 35, ), so stufen Sie es auf Niveau 5 ein. Nutzen Sie im Folgenden Version B. Nutzt das Kind bei Aufgabe E5 eine Rechenstrategie (z. B. schrittweise Rechnen bzw. Zerlegen und Rechnen bis zum nächsten Zehner: 37 7 = 30, 30 2 = 28 oder Hilfsaufgabe mit nachträglichem Korrigieren: 37 10 = 27, 27 + 1 = 28), so fahren Sie mit Aufgabe E6 fort. E6 Zeigen Sie dem Kind die Bus-Aufgabe (E6). Im Bus sind 53 Personen. 26 Personen steigen aus. Wie viele Personen sind noch im Bus? Stellt sich das Kind eine schriftliche Methode vor, befolgen Sie den unten stehenden Hinweis (*). Löst das Kind die Aufgabe nicht, so stufen Sie es auf Niveau 5 ein. Nutzen Sie im Folgenden Version B. Löst das Kind die Aufgabe mit Hilfe von Rechenstrategien, so fahren Sie mit Aufgabe E7 fort. E7 Zeigen Sie dem Kind die Briefmarken-Aufgabe (E7). Sandra hat 394 Briefmarken. Sie bekommt weitere 79 Briefmarken von ihrem Bruder. Wie viele Briefmarken hat sie dann? Löst das Kind nicht beide Aufgaben (E6 und E7) mit Hilfe von Rechenstrategien (zum Beispiel Hilfsaufgabe und nachträgliche Korrektur: 394 + 80 = 474, 474 1 = 473), so stufen Sie das Kind auf Niveau 5 ein. Nutzen Sie im Folgenden Version B. Löst das Kind beide Aufgaben (E6 und E7) mit Hilfe von Rechenstrategien, so fahren Sie mit Aufgabe 8 fort. E8 Zeigen Sie dem Kind die Näh-Aufgabe (E8). Maria hat 5,3 m Stoff. Sie verbraucht 2,89 m davon, um sich eine Hose zu nähen. Wie viel Stoff behält sie übrig? Unabhängig von der Richtigkeit der Antwort des Kindes fahren Sie mit Aufgabe E9 fort. E9 Zeigen Sie dem Kind die Pizza-Aufgabe (E9). Harry und Sally kaufen zwei Pizzen. Harry isst } 3 4 einer Pizza und seine Freundin Sally isst } 7 8 einer Pizza. Wie viel Pizza bleibt übrig? Hinweis: Die Lösung der Aufgabe ist } 3 8. Wenn Lernende als Ergebnis } 1 4 und } 1 nennen, fragen 8 Sie nach, ob sie diese beiden Brüche addieren können. Auf dem Niveau 7 sollten die Kinder bereits Strategien beherrschen, um Additions- und Subtraktionsaufgaben mit Dezimalzahlen und mit Brüchen zu lösen. Wenn ein Kind keinen Weg findet, die Brüche zu addieren, stufen Sie es auf Niveau 6 ein Löst das Kind nicht beide Aufgaben (E8 und E9) mit Hilfe von Rechenstrategien, so stufen Sie es auf Niveau 6 ein. Nutzen Sie im Folgenden Version C (ab S. 36 ff.). Löst das Kind beide Aufgaben (E8 und E9) richtig mit Hilfe von Rechenstrategien, so stufen Sie es auf Niveau 7 ein. Nutzen Sie im Folgenden Version C. (*) Hinweis: Nutzt das Kind standardisierte, schriftliche Methoden im Kopf, so können zunächst keine Rückschlüsse auf sein Strategieniveau gezogen werden. Nachfragen sind nötig, um das Strategieniveau herauszufinden, z. B.: Kannst du dies auf eine andere Art lösen?, Könntest du dir vorstellen, dass ein anderes Kind dies anders löst?. Erkläre mir mal, wie die schriftliche Methode funktioniert. Achten Sie darauf, ob informelle/ halbschriftliche Rechenstrategien genutzt werden. Zum Beispiel wäre dies bei 53 26 der Fall, wenn das Kind offensichtlich nutzt, dass 53 gleichbedeutend ist mit vier Zehnern und 13 Einern, indem etwa ein Zehner in 10 Einer umgebündelt wird oder ein Zehner geborgt wird. Einstufung: 11

Indikatorentabelle zur Einstufung Addition und Subtraktion (Strategien) Niveau Indikator 0 Lernende auf diesem Niveau zeigen keine verlässliche Strategie beim Zählen einer ungeordneten Menge von Gegenständen. 1 Zählen (Eins-Eins-Prinzip) Lernende auf diesem Niveau zeigen eine sichere Strategie beim Zählen einer ungeordneten Menge von Gegenständen, können aber noch keine Mengen zerlegen bzw. zusammenfassen, um einfache Additions- und Subtraktionsaufgaben zu lösen. 2 Zählen am Material beginnend mit 1 Die am weitesten fortgeschrittene Strategie beim Addieren besteht darin, beginnend mit 1 am Material (zum Beispiel Gegenstände, Finger, ) zu zählen. Lernende auf diesem Niveau zählen alle Gegenstände beider Mengen. 3 Mentales Zählen beginnend mit 1 Die am weitesten fortgeschrittene Strategie beim Addieren besteht darin, beginnend mit 1 ohne konkrete Materialien zu zählen. 4 Weiterzählen Die am weitesten fortgeschrittene Strategie beim Addieren oder Subtrahieren besteht im Weiterzählen oder Rückwärtszählen. Lernende auf diesem Niveau haben verstanden, dass mit der letzten Zahl einer Zählsequenz ein Maß für die gesamte Menge vorliegt. Statt alle Gegenstände der Aufgabe 6 + 5 (am Material oder im Kopf) zu zählen, erkennen sie beispielsweise, dass 6 alle 6 Gegenstände der ersten Menge repräsentiert und zählen dann weiter: 7, 8, 9, 10, 11. Lernende auf diesem Niveau nutzen zudem 10 als Zähleinheit und kombinieren beim Zählen Zehnerund Einerschritte (zum Beispiel 27, 37, 47, 48, 49, 50, 51). 5 Frühe Addition und Subtraktion Lernende auf diesem Niveau nutzen beim Addieren und Subtrahieren einfache Rechenstrategien im Kopf. Sie leiten die Lösung aus bekannten Grundaufgaben ab wie zum Beispiel Verdoppeln (8 + 7 über 8 + 8 1) nutzen bekannte Zahlen der Fünferreihe (8 + 7 über 5 + 5 + 3 + 2), oder rechnen schrittweise bzw. vereinfachen, indem sie bis zum nächsten Zehner ergänzen (8 + 7 über 10 + 5). Beim Umgang mit mehrstelligen Zahlen werden Zehner und Hunderter als zerlegbare Einheiten aufgefasst und stellenweise und schrittweise Rechenstrategien genutzt (zum Beispiel 43 + 25 über (40 + 20) + (3 + 5) oder 84 8 über 84 4 4). 32

Indikatorentabelle zur Einstufung Addition und Subtraktion (Strategien) Niveau Indikator 6 Fortgeschrittene Addition und Subtraktion (mit natürlichen Zahlen) Lernende auf diesem Niveau können mindestens zwei verschiedene Kopfrechenstrategien zur Lösung von Additions- und Subtraktionsaufgaben mit mehrstelligen Zahlen nutzen. Sie kennen Rechenstrategien wie zum Beispiel das Nutzen von Hilfsaufgaben und nachträgliche Korrektur (63 39 über 63 40 + 1), das Nutzen der Umkehroperation (indirekte Addition) in Kombination mit schrittweise Rechnen (63 39 über 39 + 20 + 4 = 63), das Berechnen einer durch gegensinniges / gleichsinniges Verändern vereinfachten Aufgabe (63 39 über 64 40) sowie stellenweise (63 39 über 60 30 und 3 9, also 30 6 = 24) und schrittweise (63 39 über 63 30 = 33 und 33 9 = 24) Rechenstrategien. 7 Fortgeschrittene Addition und Subtraktion (mit ganzen Zahlen und Dezimalzahlen, einfachen Brüchen) Lernende auf diesem Niveau können mindestens zwei verschiedene Kopfrechenstrategien zur Lösung von Additions- und Subtraktionsaufgaben mit Dezimalzahlen und mit Brüchen nutzen, bei denen ein Nenner ein Vielfaches des anderen ist (zum Beispiel } 3 4 + } 5 8 ). Ein multiplikatives Verständnis zeigt sich darin, dass auch Multiplikation und Division genutzt werden können, um geeignete Additions- und Subtraktionsaufgaben zu lösen (zum Beispiel 28 + 33 + 27 + 30 + 32 = 5 30 oder 81 36 = (9 9) (4 9) = 5 9 = 45). 8 Addition und Subtraktion von Brüchen Lernende auf diesem Niveau nutzen verschiedene Kopfrechenstrategien zur Lösung von Additions- und Subtraktionsaufgaben mit Dezimalzahlen und mit Brüchen. Zu diesen Strategien gehört das Umrechnen von Brüchen in gemischte Zahlen (und umgekehrt) sowie das Finden äquivalenter Brüche (Erweitern und Kürzen). 33

Version C Multiplikation und Division (Strategien) Name Datum Nr. Interviewfragen, Anleitung und ggf. Einordnung Kommentar/Strategie Material: Aufgabe C1 bis C7 (als Karte oder im Booklet), Papier zum Abdecken Zeigen Sie dem Kind im Folgenden die jeweilige Aufgabe und lesen Sie sie laut vor. C1 Hier siehst du einen kleinen Tannenwald. Es stehen 5 Tannen in jeder Reihe, und es gibt 8 Reihen. Überstreichen Sie dabei Spalten und Reihen mit dem Zeigefinger. Bedecken Sie mit einem Blatt Papier alle Tannen bis auf eine Reihe und eine Spalte. Wie viele Tannen stehen insgesamt im Wald? Wenn das Kind keine Antwort findet, nehmen Sie das Blatt ganz weg, so dass alle Tannen zu sehen sind. Wenn ich 15 weitere Tannen pflanzen würde, wie viele 5er Reihen hätte ich dann insgesamt? Wenn das Kind jeden Baum (in Einerschritten) zählt bzw. die Bäume in 5er-Schritten zählt, stufen Sie das Kind auf dem passenden Niveau 2, 3 oder 4 ein (vgl. Indikatorentabelle Multiplikation und Division). Beenden Sie die Aufgaben zur Multiplikation und fahren Sie mit Proportionen und Anteile (nächster Bereich) fort. Multipliziert das Kind, kommt aber auch nach Rückfrage nicht zum richtigen Ergebnis, so stufen Sie es ebenfalls auf Niveau 4 ein und fahren Sie mit Proportionen und Anteile fort. Andernfalls fahren Sie mit den Aufgaben C2 und C3 fort. Bedecken Sie für die Aufgaben C2 und C3 zunächst das zugehörige Ergebnis 60 und 40 mit einem Blatt Papier.. Wenn das Kind richtig antwortet, decken Sie das Ergebnis auf und fahren fort. C2 Was ist 3 20? Wenn 3 20 = 60, was ist dann 3 18? Leitet das Kind 3 18 von 60 6 = 54 ab? C3 Was ist 5 8? Wenn 5 8 = 40, was ist dann 5 16? Leitet das Kind 5 16 = 80 ab, indem es 40 verdoppelt? Wenn das Kind auf die Multiplikationsaufgaben 3 20 und 5 8 keine oder eine falsche Antwort gibt, stufen Sie das Kind auf Niveau 4 ein und fahren Sie mit Proportionen und Anteile (nächster Bereich) fort. Wenn das Kind zwar die Multiplikationen löst, aber die Antworten auf die jeweils zweite Frage nicht strategisch ableitet, stufen Sie es auf Niveau 4 oder 5 ein (vgl. Indikatorentabelle Multiplikation und Division) und fahren Sie mit Proportionen und Anteile fort. Leitet das Kind die Antworten auf die jeweils zweite Frage strategisch ab, fahren Sie mit den Aufgaben C4 und C5 fort. Wenn das Kind bei den folgenden Fragen eine richtige Strategie beschreibt, fragen Sie immer auch nach mindestens einer weiteren Strategie: Kannst du das auch noch anders rechnen? oder Kannst du dir vorstellen, dass ein anderes Kind diese Aufgabe anders rechnen würde? Wie? C4 In jedem Korb sind 24 Brötchen. Wie viele Brötchen sind es insgesamt? Nutzt das Kind Rechenstrategien? Zum Beispiel: Schrittweise Rechnen (Ein Faktor wird additiv, subtraktiv oder multiplikativ zerlegt). Beispiel: 6 24 über 6 20 = 120, 6 4 = 24, 120 + 24 = 144; Hilfsaufgaben (etwa mit Hilfe benachbarter Zehner oder bekannter Grundaufgaben rechnen): Beispiel: 6 24 über 6 25 = 150, 150 6 = 144 Vereinfachen durch Gegensinniges Verändern (etwa Verdoppeln und Halbieren, Nutzen der Konstanz des Produkts). Beispiel: 6 24 = 12 12 = 144 Fahren Sie mit Aufgabe C5 fort. 23

Version C Multiplikation und Division (Strategien) Name Datum Nr. Interviewfragen, Anleitung und ggf. Einordnung Kommentar/Strategie C5 Für den Bau eines Autos sind 4 Räder nötig. Wie viele Autos können gebaut werden, wenn 72 Räder da sind? Nutzt das Kind Rechenstrategien? Zum Beispiel: Schrittweise Rechnen (Der Dividend wird in geeignete Vielfache des Divisors zerlegt) Beispiel 72 : 4 über 40 : 4 = 10, 72 40 = 32, 32 : 4 = 8, 8 + 10=18; Hilfsaufgaben (etwa mit Hilfe benachbarter Zehner rechnen) Beispiel 72 : 4 über 80 : 4 = 20, also 72 : 4 = 20 8 : 4) = 18; Umkehroperation und schrittweises Vorgehen Beispiel 72 : 4 über 10 4 = 40, 8 4 = 32, also 18 4 = 72 Umkehroperation und Vereinfachen durch Gegensinniges Verändern Beispiel 72 : 4 über 9 8 = 72, also 18 4 = 72, also 72 : 4 = 18 Löst das Kind die Aufgaben C4 und C5 und verwendet dabei mindestens zwei verschiedene Rechenstrategien, so befindet es sich mindestens auf Niveau 7. Fahren Sie mit den Aufgaben C6 und C7 fort. Andernfalls stufen Sie das Kind auf Niveau 6 ein und fahren Sie mit Proportionen und Anteile fort. C6 Ivan hat 2,4 Liter Saft. In jedes Glas füllt er 0,15 Liter Saft. Wie viele Gläser kann Ivan füllen? Nutzt das Kind Rechenstrategien mit Dezimalzahlen? Zum Beispiel: Verdoppeln Beispiel 2 0,15 = 0,3, also 4 0,15 = 0,6, also 16 0,15= 2,4 Umkehroperation, Hilfsaufgaben und / oder Schrittweise Rechnen Beispiel 2,4 : 0,15 über 10 0,15 = 1,5, also 20 0,15 = 3,0, also 16 0,15 = 2,4 C7 Bei einer Fahrradtour werden 22 Liter Wasser an die 8 Kinder verteilt. Jedes Kind bekommt gleich viel. Wie viel Liter Wasser bekommt jedes Kind? Nutzt das Kind Rechenstrategien? Zum Beispiel: Schrittweise Rechnen Beispiel: 16 : 8 = 2, 6 : 8= 0,75, also 22 : 8 = 2,75 Bruchzahlen in Dezimalzahlen umformen Beispiel: 22 : 8 = 2 } 6 8 = 2 } 3 4 = 2,75 Löst das Kind die Aufgaben C6 und C7 und verwendet dabei mindestens zwei verschiedene fortgeschrittene Rechenstrategien, stufen Sie es auf Niveau 8 ein. Fahren Sie mit Proportionen und Anteile fort. Andernfalls stufen Sie das Kind auf Niveau 7 ein. Fahren Sie mit Proportionen und Anteile fort. Hinweis zur Nutzung standardisierter schriftlicher Methoden: Nutzt das Kind bei der Bearbeitung einer Aufgabe standardisierte, schriftliche Methoden im Kopf, so können zunächst keine Rückschlüsse auf sein Strategieniveau gezogen werden. Nachfragen sind nötig, um das Strategieniveau herauszufinden, z. B.: Kannst du dies auf eine andere Art lösen?, Könnte es sein, dass ein anderes Kind dies anders löst? Erkläre mir mal, wie die schriftliche Methode funktioniert. Achten Sie darauf, ob das Kind informelle/halbschriftliche Strategien nutzt. Einstufung: 24

Indikatorentabelle zur Einstufung Name Niveau Indikator Datum Multiplikation und Division (Strategien) 0 Lernende auf diesem Niveau zeigen keine verlässliche Strategie beim Zählen einer ungeordneten Menge von Gegenständen. 1 Zählen / Eins-Eins-Prinzip Lernende auf diesem Niveau zeigen eine sichere Strategie beim Zählen einer ungeordneten Menge von Gegenständen, können aber noch keine Mengen zerlegen bzw. zusammenfassen, um einfache Multiplikationsund Divisionsaufgaben zu lösen. 2 Zählen am Material beginnend mit 1 Die am weitesten fortgeschrittene Strategie beim Multiplizieren/Dividieren besteht darin, die Aufgabe direkt zu modellieren und am Material (zum Beispiel Gegenstände, Finger, ) vollständig auszuzählen. Gezählt wird beginnend mit 1 in Einerschritten. 3 Mentales Zählen beginnend mit 1 Lernende auf diesem Niveau lösen Multiplikationsaufgaben durch (rhythmisches) Zählen (am Material oder im Kopf) der Gegenstände, zum Beispiel 4 2 über 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8. Beim Umgang mit größeren Zahlen wird nach wie vor Material benötigt. 4 Schrittweise Zählen Lernende auf diesem Niveau lösen Multiplikationsaufgaben durch Zählen in gleichgroßen Schritten (Aufsagen der entsprechenden Zahlenfolgen). Oft werden die Finger mitbenutzt, um die Anzahl der Schritte mitzuzählen (zum Beispiel 4 5 über 5, 10, 15, 20; Finger zählen dabei bis 4). 5 Multiplikation als wiederholte Addition Lernende auf diesem Niveau lösen Multiplikationsaufgaben, indem sie die Faktoren zerlegen oder verändern, um bekannte Grundaufgaben oder wiederholte Addition gleicher Summanden zu nutzen. Zum Beispiel 8 5 wird gerechnet über 5 + 5 = 10, 10 + 10 + 10 + 10 = 40. 6 4 wird gerechnet über 4 + 4 = 8, 8 + 4 = 12, 12 + 12 = 24. Einfache Divisionen werden ebenso abgeleitet (z. B. 20 : 4 = 5, denn 5 + 5 = 10 und 10 + 10 = 20). 6 Multiplikation durch Ableitung Lernende auf diesem Niveau leiten das Ergebnis zu Multiplikations- und Divisonsaufgaben von bekannten Multiplikationsaufgaben mit Hilfe geeigneter Rechenstrategien ab. Zum Beispiel 4 8 = 2 16 = 32 (Verdoppeln und Halbieren bzw. Gegensinniges Verändern beider Faktoren) 9 16 = (10 16) 6 = 54 (Hilfsaufgabe: Mit der nächsten Zehnerzahl rechnen und nachträgliche Korrektur), ebenso: 3 20 = 60, also ist 3 18 = 60 (3 2) = 54. 63 : 7 = 9, denn 9 7 = 63. 7 Fortgeschrittene Multiplikation und Division Lernende auf diesem Niveau nutzen mindestens zwei verschiedene fortgeschrittene Rechenstrategien, um Multiplikations- und Divisionsaufgaben mit ganzen Zahlen zu lösen. Zu diesen Rechenstrategien gehören das (additive oder multiplikative) Zerlegen eines Faktors oder mehrerer Faktoren beim Multiplizieren und das Nutzen der Umkehroperation, um Divisionsaufgaben zu lösen. Beispiele für fortgeschrittene Rechenstrategien: Stellenweise Zerlegen, zum Beispiel 24 6 = (20 6) + (4 6). Hilfsaufgaben nutzen mit nachträglicher Korrektur, zum Beispiel 24 6 = 25 6 6. Proportionale Anpassung / gegensinniges Verändern von Divisor und Quotient, zum Beispiel 81 : 9 = 9, also ist 81 : 3 = 3 9. Umkehroperation und Hilfsaufgabe, z. B. 4 25 = 100, also ist 92 : 4 = 25 2 = 23. Nutzung von Kenntnissen über Teilbarkeit bzw. Teilbarkeitsregeln, etwa 90 : 5 = 18, also ist 87 : 5 = 17 Rest 2. 8 Multiplikation und Division von Dezimalzahlen, Multiplikation von Brüchen Lernende auf diesem Niveau nutzen mehrere verschiedene fortgeschrittene Rechenstrategien (s. Stufe 7), um Multiplikations- und Divisions-Aufgaben mit Dezimalzahlen und Brüchen zu lösen. Hierzu gehört auch das geeignete Zerlegen von Brüchen, das Umrechnen von Brüchen in Dezimalzahlen (und umgekehrt) sowie das Verständnis der Auswirkung einer Multiplikation mit einem Bruch auf die Größe einer Zahl. 34

Einstiegsfragen E 3 E 4 8 + 5 = 9 + 8 = E 5 Du hast 37 Bonbons und du isst 9 davon. Wie viele Bonbons hast du noch übrig? E 6 Im Bus sind 53 Personen. 26 Personen steigen aus. Wie viele Personen sind noch im Bus? 46

Einstiegsfragen E 7 Sandra hat 394 Briefmarken. Sie bekommt weitere 79 Briefmarken von ihrem Bruder. Wie viele Briefmarken hat sie dann? E 8 Maria hat 5,3 m Stoff. Sie verbraucht 2,89 m davon, um sich eine Hose zu nähen. Wie viel Stoff behält sie übrig? E 9 Harry und Sally kaufen zwei Pizzen. Harry isst 3 } 4 Freundin Sally isst 7 } 8 einer Pizza und seine einer Pizza. Wie viel Pizza bleibt übrig? 47

Version C C 1 Hier siehst du einen kleinen Tannenwald. Es stehen 5 Tannen in jeder Reihe und es gibt 8 Reihen. Wie viele Tannen stehen insgesamt im Wald? Wenn ich 15 weitere Tannen p anzen würde, wie viele 5er Reihen hätte ich dann insgesamt? 55

Version C C 2 3 20 = 60 3 18 = C 3 5 8 = 40 5 16 = C 4 In jedem Korb sind 24 Brötchen. Wie viele Brötchen sind es insgesamt? 56

Version C C 5 Für den Bau eines Autos sind 4 Räder nötig. Wie viele Autos können gebaut werden, wenn 72 Räder da sind? C 6 Ivan hat 2,4 Liter Saft. In jedes Glas füllt er 0,15 Liter Saft. Wie viele Gläser kann Ivan füllen? C 7 Bei einer Fahrradtour werden 22 Liter Wasser an die 8 Kinder verteilt. Jedes Kind bekommt gleich viel. Wie viel Liter Wasser bekommt jedes Kind? 57