Stellungnahme des Deutschen Pflegerates e.v. (DPR) zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung



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Transkript:

des Deutschen Pflegerates e.v. (DPR) zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz PrävG) Stand 11.03.2015 und zum Änderungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und SPD zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz PrävG) Drucksache 18/4282 Artikel 6 (Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch) Stand 05.05.2015 Der DPR folgt den Ausführungen des DBfK zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz PrävG) vom 21.11.2014. Die Ausführungen im Einzelnen: Der DPR begrüßt die Gesetzesinitiative zum Präventionsgesetz im Grundsatz. Von dem ursprünglichen Vorhaben früherer Entwürfe zum Präventionsgesetz, die Prävention als vierte Säule im Gesundheitswesen neben der Kuration, Rehabilitation und Pflege zu verankern, ist der jetzige Gesetzentwurf jedoch weit entfernt. Damit bleibt er hinter den Erwartungen zurück. Die Bereitstellung von Mitteln für präventive und gesundheitsförderliche Maßnahmen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Anzumerken ist jedoch, dass die Ausgaben insgesamt marginal sind im Vergleich zu den übrigen Ausgaben im Gesundheitswesen, insbesondere in den stationären Pflegeeinrichtungen. Seite 1 von 7

Änderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch 4. 20 Absatz 4 und 5, Primäre Prävention und Gesundheitsförderung Gemäß Absatz (4) werden Leistungen nach Absatz 1 u.a. erbracht als Leistungen zur Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung) nach 20b. Gemäß Absatz (5) sollen die Krankenkasse bei ihrer Entscheidung über eine Leistung zur verhaltensbezogenen Prävention eine Präventionsempfehlung nach 25 Absatz 1 Satz 2, nach 26 Absatz 1 Satz 3 oder eine im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorge abgegebene Empfehlung berücksichtigen. Für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention, die die Krankenkasse wegen besonderer beruflicher oder familiärer Umstände wohnortfern erbringt, gilt 23 Absatz 2 Satz 2 entsprechend. Der Gesetzentwurf ordnet Prävention ausschließlich der ärztlichen Profession zu. Das ist nicht zielführend. Betrieblicher Gesundheitsschutz ist ein präventiv geprägtes Arbeitsfeld mit hohem Beratungsanteil. International ist das Handlungsfeld Occupational Health Nursing/betriebliche Gesundheitspflege seit langem mit guten Erfolgen etabliert. Occupational Health Nurses (OHN) sind Pflegefachpersonen und spezialisieren sich in Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz für den Einsatz in Betrieben. Als Pflegefachpersonen finden sie einen anderen, bzw. erweiterten Zugang zu den Betroffenen. Sie beraten lebensweltbezogen, z.b. zum Umgang mit chronischer Krankheit, bei Behinderung, nach Rehabilitation, zur beruflichen Wiedereingliederung nach Arbeitsunfähigkeit sowie zur Gesundheitsvorsorge und -förderung. Neben einer pflegerischen Grundqualifikation verfügen OHNs über Kenntnisse in Personalentwicklung, Hygiene, Public Health, Gesundheitsförderung, Case- und Caremanagement, Ergonomie, Unfallschutz, Arbeitsschutz etc. Aktuelle Umfragen belegen, dass Gesundheitsversorgung und -förderung in der Arbeitswelt zu kurz kommen (z.b. iga.report 27 1 ). Das höhere Alter der Beschäftigten durch längere Lebensarbeitszeiten, vermehrtes Auftreten von chronischen Krankheiten und Multimorbidität sowie wachsender Arbeitsdruck und -verdichtung sowie der Erhalt der psychischen Gesundheit erfordern verstärkte Anstrengungen im betrieblichen Gesundheitsschutz. Zusätzliche Belastungen entstehen in den Familien, wenn ältere oder pflegebedürftige Familienangehörige unterstützt und gepflegt werden müssen. Diese Versorgungslücke könnte durch den Einsatz von Occupational Health Nurses geschlossen werden. 1 www.iga-info.de/veroeffentlichungen/iga-reporte/iga-report-27.html (17.09.2014) Seite 2 von 7

Der DPR plädiert dafür, den betrieblichen Gesundheitsschutz als Handlungsfeld für die Gesundheits- und Krankenpflege zu öffnen. In einem ersten Schritt sollte der Einsatz von OHN modellhaft erprobt werden. Diese betriebliche Gesundheitspflegerin im Sinne von Occupational Health Nursing nach internationalem Vorbild kann zur Weiterentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes und der betrieblichen Gesundheitsförderung einen wichtigen Beitrag leisten. 26, Absatz 1 Gesundheitsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche (1) Der Neuregelung entsprechend haben versicherte Kinder und Jugendliche Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten. Die Untersuchungen beinhalten auch eine Erfassung und Bewertung gesundheitlicher Risiken einschließlich einer Überprüfung der Vollständigkeit des Impfstatus sowie eine darauf abgestimmte präventionsorientierte Beratung einschließlich Informationen zu regionalen Unterstützungsangeboten für Eltern und Kind. Die Untersuchungen umfassen, sofern medizinisch angezeigt, eine Präventionsempfehlung für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention nach 20 Absatz 5, die sich altersentsprechend an das Kind, den Jugendlichen oder die Eltern oder andere Sorgeberechtigte richten kann. ( ) Der DPR geht davon aus, dass die Beratung in den Räumen der Arztpraxis stattfindet. Der Gesetzentwurf bleibt damit der üblichen Kommstruktur des Gesundheitswesens verhaftet. Gerade bei der Betreuung von vulnerablen Gruppen ist eine Bringstruktur sinnvoller und kann die Inanspruchnahme der Angebote fördern. Daher sollte explizit benannt werden, wo die Beratung stattfindet. Dabei sollte darauf hingewiesen werden, dass auch Hausbesuche möglich sind. Sonst stellt sich die Frage, ob die in 25 SGB V beschriebene präventionsorientierte Beratung nicht nur eine Alibi-Funktion erfüllt. Bei der Beratung zu Prävention nach 20 ff SGB V sollte die Berufsgruppe der Pflege mit einbezogen werden. Nach 3 KrPflG erlangen Pflegefachpersonen in der Ausbildung fachliche, personale, soziale und methodische Kompetenzen zur verantwortlichen Mitwirkung insbesondere bei der Heilung, Erkennung und Verhütung von Krankheiten. Die Pflege ( ) ist dabei unter Einbeziehung präventiver, rehabilitativer und palliativer Maßnahmen auf die Wiedererlangung, Verbesserung, Erhaltung und Förderung der physischen und psychischen Gesundheit der zu pflegenden Menschen auszurichten. Dieses wird durch die Berufsbezeichnung Gesundheits- und Krankenpflege unterstrichen. Schon heute beraten und schulen speziell qualifizierte Pflegefachpersonen. Genuine Aufgabe der Ärzte/innen hingegen besteht in der Kuration, also Krankheiten zu diagnostizieren und zu therapieren. Eine (fach)ärztliche Ausbildung zum Facharzt für Prävention und Gesundheitsförderung gibt es nicht. Seite 3 von 7

Angesichts der begrenzten Inanspruchnahme der Präventionskurse nach dem Leitfaden Prävention stellt sich die Frage, wie die Akzeptanz des Angebotes insbesondere bei gesellschaftlichen Randgruppen, vulnerablen Gruppen etc. verbessert werden kann. Der DPR plädiert für die Einfügung des Satzes: Die Leistung kann in der ärztlichen Praxis oder auch in der eigenen Häuslichkeit stattfinden. Die Einbeziehung weiterer, nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe ist möglich. Änderungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch 5, Absatz 1 Prävention in Pflegeeinrichtungen, Vorrang von Prävention und medizinischer Rehabilitation Die Pflegekassen sollen Leistungen zur Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach 71 Absatz 2 für in der sozialen Pflegeversicherung Versicherte erbringen, indem sie unter Beteiligung der versicherten Pflegebedürftigen und der Pflegeeinrichtung Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation und zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten entwickeln sowie deren Umsetzung unterstützen. ( ) Im Dezember 2011 waren in Deutschland 2,5 Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI). Mehr als zwei Drittel (70 % oder 1,76 Millionen) aller Pflegebedürftigen wurden nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zu Hause versorgt. Von diesen erhielten 1,18 Millionen Pflegebedürftige ausschließlich Pflegegeld das bedeutet, dass sie in der Regel allein durch Angehörige gepflegt wurden. Weitere 576 000 Pflegebedürftige lebten ebenfalls in Privathaushalten, bei ihnen erfolgte die Pflege jedoch zusammen mit oder vollständig durch ambulante Pflegedienste. Der DPR plädiert dafür, dass ambulante Pflegedienste viel stärker in eine präventiv orientierte Beratung und pflegerische Beratung eingebunden werden. Ansonsten entsteht eine Benachteiligung der Pflegebedürftigen, die nicht in stationären Einrichtungen versorgt werden und somit nicht von den Angeboten der Pflegekassen profitieren. Änderungsvorschlag Daher sollte der Satz ergänzt werden (in Fett): (1) Die Pflegekassen sollen Leistungen zur Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach 71 Absatz 2 sowie Leistungen zur Prävention durch ambulante Pflegedienste nach 71 Absatz 1 für in der sozialen Pflegeversicherung Versicherte erbringen, indem sie Seite 4 von 7

unter Beteiligung der versicherten Pflegebedürftigen, der pflegenden Angehörigen sowie des ambulanten Pflegedienstes und der Pflegeeinrichtung Vorschläge zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation und zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten entwickeln sowie deren Umsetzung unterstützen. 2. 18 Im Absatz 1 wird als Satz 4 eingefügt, dass ein Beratungsbedarf insbesondere im häuslichen Umfeld oder in der Einrichtung, in der der Anspruchsberechtigte lebt, hinsichtlich Leistungen zur individuellen Verhaltensprävention nach 20 Absatz 5 SGB V identifiziert werden soll. Aus dem Begründungstext geht hervor, dass dem festgestellten Beratungsbedarf auch durch die Pflegeberatung nach 7 und 7a entsprochen werden soll. Der DPR begrüßt diese Regelung, weil sie die Prävention der Pflegebedürftigkeit bzw. ihres Fortschreitens betont. 4. 45 (ergänzt in Fett) Die Pflegekassen sollen für Angehörige und sonstige an einer ehrenamtlichen Pflegetätigkeit interessierte Personen Schulungskurse unentgeltlich anbieten, um soziales Engagement im Bereich der Pflege zu fördern und zu stärken, Pflege und Betreuung zu erleichtern und zu verbessern sowie pflegebedingte körperliche und seelische Belastungen zu mindern und ihrer Entstehung vorzubeugen. Die Kurse sollen Fertigkeiten für eine eigenständige Durchführung der Pflege vermitteln. Die Schulung soll auch in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen stattfinden. Der Großteil der Bevölkerung wünscht sich, auch im Alter in der eigenen Häuslichkeit zu bleiben. Dem tragen die Angehörigen heute bereits Rechnung, indem sie, oft unter großen eigenen Einschränkungen, mit oder ohne Unterstützung von ambulanten Pflegediensten, die Versorgung übernehmen. Daher plädiert der DPR dafür, einen individuellen Rechtsanspruch der Pflegeperson auf Schulungskurse einzuführen. Aus der Begründung des Gesetzentwurfes geht hervor, dass bestehende pflegebedingte körperliche und seelische Belastungen gemindert werden sollen. Die Pflegekurse sollen zugleich auch darauf ausgerichtet sein, bereits in der Entstehung solcher Belastungen von vornherein vorzubeugen. ( ) Dieser präventive Ansatz ist sowohl schon bei der Konzeption der Pflegekurse Seite 5 von 7

mit in den Blick zu nehmen als auch bei der praktischen Durchführung der Kurse zu beachten. Pflegefachpersonen sind laut 3 KrPflG dazu ausgebildet, die Pflege unter Einbeziehung präventiver, rehabilitativer und palliativer Maßnahmen auf die Wiedererlangung, Verbesserung, Erhaltung und Förderung der physischen und psychischen Gesundheit der zu pflegenden Menschen auszurichten. Dabei sind die unterschiedlichen Pflege- und Lebenssituationen sowie Lebensphasen und die Selbständigkeit und Selbstbestimmung der Menschen zu berücksichtigen. Daher sind die Berufsgruppe der Pflege und besonders die ambulanten Pflegedienste durch ihre Präsenz vor Ort besonders geeignet, Gesundheitsförderung und Prävention im häuslichen Pflegesetting anzubieten. Änderungsvorschlag Der DPR regt an, folgenden Satz 4 in 45 Abs. 1 einzufügen: Pflegepersonen haben zu ihrer Entlastung darüber hinaus Anspruch auf individuelle, auf Gesundheitsförderung und Prävention ausgerichtete Beratungs- und Schulungsangebote zur Bewältigung komplexer Problemlagen. Änderungsantrag der Fraktionen CDU/CSU und SPD zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz PrävG) Drucksache 18/4282 Artikel 6 (Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch) Durch die Einführung des 17a werden Regelungen zur Vorbereitung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs getroffen: In Absatz 1 geht es um Regelungen zur Erarbeitung neuer Richtlinien zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit (Begutachtungsverfahren). In Absatz 2 folgt die Nennung der fünf neuen Pflegegrade bei Beeinträchtigungen und Fähigkeitsstörungen in den Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Umgang mit krankheits- und therapiebedingten An-forderungen und Belastungen, Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte. Die Absätze 3, 4 und 5 enthalten Regelungen, die sich auf den Zeitplan, die Zusammenarbeit mit den zuständigen Ministerien und die zeitliche Verknüpfung mit der zweiten Stufe der Pflegereform beziehen. Seite 6 von 7

Der DPR begrüßt diese Regelungen. Sie werden als nützliche Vorarbeiten zur Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs bewertet. Die Einführung wird zu umfangreichen Neujustierungen der Begutachtungspraxis führen, die entsprechende Vorbereitungen unerlässlich machen. Berlin, 18. Mai 2015 Andreas Westerfellhaus Präsident des Deutschen Pflegerates Adresse: Deutscher Pflegerat e.v. DPR Alt- Moabit 91 10559 Berlin Tel.: + 49 30 / 398 77 303 Fax: + 49 30 / 398 77 304 E-Mail: info@deutscher-pflegerat.de http://www.deutscher-pflegerat.de Seite 7 von 7