Soziale Unterstützung der Mutter im Wochenbett Melita Grieshop Hebamme, Dipl. Pflegepädagogin Universität Osnabrück Prof. Dr. med. Beate A. Schücking Universität Leipzig
Übersicht Was ist Soziale Unterstützung Formen der Sozialen Unterstützung Unterstützungsgeber Wirkungen der Sozialen Unterstützung Soziale Unterstützung von Müttern nach der Geburt Vorläufige Ergebnisse der Hebammenpräventionsstudie Fazit
Was ist soziale Unterstützung (social support)? Sozialhilfe? Psychosoziale Betreuung? Nachbarschaftshilfe? Ehrenamtliche Hilfe? Soziale Unterstützung ist [ ] die Interaktion zwischen zwei oder mehreren Menschen, bei der es darum geht, einen Problemzustand, der bei einem Betroffenen Leid erzeugt, zu verändern oder zumindest das Ertragen des Zustandes zu erleichtern, wenn sich objektiv nichts ändern lässt. (Schwarzer2004)
Formen der sozialen Unterstützung Instrumentelle Unterstützung: praktische und direkte Problemlösungshilfe Informationelle Unterstützung: Rat, Informationen und Empfehlungen Emotionale Unterstützung: Ausdruck von Empathie, Vertrauen, Trost und Zuneigung Bewertende Unterstützung: Bewertungen, die Wertschätzung, Anerkennung o. ä. entgegenbringen (House 1981)
Wer sind die Unterstützungsgeber? Informelle Unterstützungsgeber Lebenspartner Familienangehörige Freunde Kollegen Vorgesetzte
Wer sind die Unterstützungsgeber? Formelle/Professionelle Unterstützungsgeber Hebammen: Vorteile: Niedrigschwelligkeit, Nähe zum familiären Umfeld Ärzte/Ärztinnen Sozialpädagogische Bezugspersonen u. a.
Wirkungen sozialer Unterstützung Ist wohltuend und hilfreich oder zusätzlich belastend Fördert oder schädigt die Gesundheit Beeinflusst Zugang zu Ressourcen und materiellen Gütern Befriedigt Bedürfnis nach emotionaler Nähe und Anerkennung oder erzeugt einen Mangel daran Vermittelt oder beschränkt Handlungskompetenz (de-) reguliert Denken, Fühlen und Handeln
Bedingungsfaktoren der Wirkung Soziale Unterstützung basiert auf dem Austauschprinzip ist durch Zusammengehörigkeitsgefühl hängt von der Sozialisation der Betroffenen
Zusammenhang zwischen Sozialer Unterstützung und Gesundheit Soz. Unterstützung a b c Stress Gesundheit a) Präventionseffekte: Soz. Unterstützung beugt der Entstehung von Stressoren vor und vermindert vorhandene Belastung b) Puffereffekte: Soz. Unterstützung vermindert schädigende Wirkungen der Stressoren oder fängt sie ab, bevor sie schädigen können. c) Direkteffekte: Soz. Unterstützung fördert Gesundheit und Gesundheitsverhalten.
Soziale Unterstützung von Müttern nach der Geburt 32% der Mütter geben Soziale Unterstützung als Bedürfnis nach der Geburt an. (Kanotra et al. 2007) 21% der Mütter empfinden im Wochenbett einen Mangel an Unterstützung in der Versorgung des Kindes. (ebd.) Soziale Unterstützung korreliert mit der Zufriedenheit der Mutter mit ihrer Fähigkeit, das Kind zu versorgen. (Tulman& Fawcett 2003) Mehrgebärende fühlen sich durch Partner, Familie und Freunde emotional weniger unterstützt als Erstgebärende. (Schäfers 2011) Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Unterstützung und dem Auftreten einer Postnatalen Depression. (Leahy-Warren 2008) Effekte professioneller Unterstützung konnten bisher nur in Samples mit erhöhter Belastung nachgewiesen werden. (Reid et al. 2008)
Soziale Unterstützung von Müttern im Wochenbett (Hellmers 2005) im Haushalt (%) bei der Versorgung des Kindes (%) 35,0 31,9 29,5 80 73,7 30,0 70 25,0 60 20,0 15,0 16,7 15,2 50 40 30 10,0 6,7 20 7,6 14,9 5,0 10 3,8 0,0 0
Hebammenpräventionsstudie Forschungsdesign (Schücking et al.) Ausweitung der Wochenbettbetreuung durch Hebammen auf 6 Monate Prospektive quasi-experimentelle Kontrollstudie Schriftliche Befragung von Hebammen und Eltern t1: Betreuungsbeginn/8-14 Tage post partum t2: 6 Monate post partum Experimentalgruppe: 6 Monate Betreuung Kontrollgruppe: 8 Wochen Betreuung
Vorläufige Ergebnisse der Hebammenpräventionsstudie Gesundheit und soziale Unterstützung der Mutter Psychische Gesundheit Belastung durch Stress Somatische Gesundheit Soziale Unterstützung
Psychische Gesundheit der Mutter 9 * 8 7 6 5 4 T1 T2 3 2 1 0 EG (p<.001) KG (p=.059) P=.049 * Signifikanter Unterschied
Belastung der Mutter durch Stress 14,5 14,2 14 13,4 13,3 13,5 13 12,5 t1 t2 12,5 12 11,5 EG KG
Belastung der Mutter durch das Weinen des Kindes (T2) Wie empfinden sie das Weinen ihres Kindes? (n=99) % 35 32,3 33,3 28,3 30 25 20 15 10 6,1 5 0 sehr belastend eher belastend eher nicht belastend nicht belastend
Somatische Gesundheit der Mutter (EG) % 60 50 * T1 (n=267) M (SD) T2 (n=101) M (SD) 40 30 * Allg. Gesundheit 1,84 (0,74) 1,80 (0,80) 20 T1 (n=267) T2 (n=101) Som. Beschwerden 1,49 (1,74) 1,34 (1,09) 10 0 Subj. Gesundheit * 1,65 (0,72) 2,04 (1,13) * Signifikanter Unterschied
Soziale Unterstützung der Mutter 14,2 14,1 14 13,8 13,8 13,8 13,6 13,4 t1 t2 13,4 13,2 13 EG KG p=.082 n.s.
Unterstützung durch den Partner Ich wünsche mir mehr Unterstützung durch meinen Partner. EG (n=194/78) KG (n=57/12) 70,0 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 11,5 9,3 8,2 24,4 21,6 33,3 60,8 30,8 60,0 56,1 % % 50,0 41,7 40,0 33,3 29,8 30,0 20,0 16,7 8,3 8,8 10,0 5,3 t1 t2,0 stimmt genau stimmt eher stimmt eher nicht stimmt überhaupt nicht,0 stimmt genau stimmt eher stimmt eher nicht stimmt überhaupt nicht P<.001 P<.039
Unterstützung durch den Partner t2 Ich wünsche mir mehr Unterstützung bei der Versorgung des Kindes. % 50,0 45,0 40,0 35,0 48,1 50,0 44,2 41,7 30,0 25,0 EG KG 20,0 15,0 10,0 5,0 7,8 8,3,0 ja sehr ja, etwas nein
Unterstützung durch das Umfeld Ich bin mit der Unterstützung durch mein Umfeld zufrieden. EG (=201/83) KG (n=58/12) 70,0 60,0 50,0 40,0 30,0 67,7 61,4 30,1 26,4 % t1 t2 80,0 70,0 60,0 50,0 40,0 30,0 72,4 50,0 24,1 41,7 % t1 t2 20,0 20,0 10,0,0 stimmt genau stimmt eher 5,0 6,0 stimmt eher nicht 1,0 2,4 stimmt überhaupt nicht 10,0,0 stimmt genau stimmt eher 8,3 1,7 1,7 stimmt eher nicht stimmt überhaupt nicht
Zusammenhangsanalyse I (n=100) Out-Come- Kriterium Psychische Gesundheit t2 Prädiktor Stress β=.394 Somatische Gesundheit β=.297 Ausgeschlossen: Rollenrestriktion, soziale Unterstützung, Stress des Partners, Rollenrestriktion des Partners, Somatische Gesundheit t2 Stress β=.317 Rollenrestriktion des Partners β=.308 Regression R 2 =.331 P<.001 R 2 =.232 P<.001 Ausgeschlossen: Partnerschaftsqualität t1, Stress, Rollenrestriktion, soziale Unterstützung, Betreuungszufriedenheit, Rollenrestriktion des Partners, soziale Unterstützung des Partners
Zusammenhangsanalyse II (n=100) Out-Come- Kriterium Prädiktor Stress t2 Rollenrestriktion β=.652 Psych. Gesundheit t2 β=.328 Parität β= -.235 Rollenrestriktion Partner t2 β= -.330 Stress Partner t2 β=.191 Ausgeschlossen: somatische Gesundheit, psychische Gesundheit t1 Soziale Unterstützung t2 Soziale Unterstützung der Mutter t1 β=.761 Belastung durch Weinen des Kindes β=.202 Regression R 2 =.614 P<.001 R 2 =.636 P<.001 Ausgeschlossen: Rollenrestriktion der Mutter t1 und t2, subj. Wohlbefinden der Mutter t1, somatische Beschwerden der Mutter t2
Fazit Auch 6 Monate nach der Geburt leidet ein großer Teil der Mütter unter somatischen Beschwerden. 9% der Frauen haben depressive Befindlichkeitsstörungen. Stress und die erlebte Rollenrestriktion der Eltern stehen im Zusammenhang mit der psychischen und somatischen Gesundheit der Mutter Eine frühzeitige Identifikation von Belastungen (z. B. Weinen des Kindes) und Ressourcen ist für den weiteren Verlauf von Bedeutung. Soziale Unterstützung durch Partner, Familie und Freunde sollte im Rahmen der Wochenbettbetreuung aktiviert und bewusst als Ressource genutzt werden.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: mgriesho@uos.de