Teil 3: Electronic Business Anwendungen



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Transkript:

Vorlesung Wirtschaftsinformatik IV Electronic Commerce / Electronic Business Sommersemester 2007 Teil 3: Electronic Business Anwendungen in der Wertschöpfungskette eproducts & eservices (Kap. 4) eprocurement (Kap. 5) emarketing (Kap. 6) econtracting (Kap. 7) edistribution (Kap. 8) epayment (Kap. 9) ecustomer Relationship Management (Kap. 10)

Inhalte dieses Kapitels ecrm: Von Produktorientierung zu Kundenorientierung Wie misst man den Wert eines Kunden? Analytisches Kundenbeziehungsmanagement Operatives Kundenbeziehungsmanagement Nutzung von CRM-Systemen Controlling des Kundenbeziehungsmanagements Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 2

ecrm: Definitionen (Electronic) Customer Relationship Management (CRM): Wirtschafts- und Technikdisziplin, in der Anwendungs- systeme eingesetzt t werden, um sämtliche Geschäftsprozesse in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Dienstleistung zu koordinieren, die mit den Interaktionen zwischen dem Unternehmen und den Kunden in Beziehung stehen [Laudon+ 2006, p.107] ecrm-systeme: Anwendungssysteme, die sämtliche Interaktionen der Firma mit Kunden verfolgen und analysieren, um Umsatz, Rentabilität, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung zu optimieren [ditto] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 3

Entwicklungsstufen des CRM Integrationsstufen Kundenorientierung Customer Relationship Management (CRM) Prozessmanagement Computer-Aided Selling (CAS) Qualitätskontrolle Total Quality Management (TQM) [nach: Meier+ 2005, p. 156] 1980 1990 2000 Zeit Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 4

Qualitätssicherung 80-er Jahre: Umsetzung umfassender Qualitätskonzepte in den Unternehmen Methoden und Verfahren zur frühen Erkennung / Vermeidung von Mängeln oder Fehlern in Produkten Normenreihe ISO 9000: Entwickelt von der International Organization for Standardization (ISO) Ende der achtziger Jahre, regelt: Verfahren zur Vermeidung von Fehlern Umfassende Dokumentation der Produktionsprozesse Kontrollmechanismen für Teilschritte Abnahme (Zertifizierung) durch externe Gutachter (Auditoren) Wird mittlerweile auch im Dienstleistungsbereich angewendet Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 5

Prozessmanagement Seit Anfang der 90-er Jahre: Erweiterung des qualitätsorientierten Ansatzes um Analyse und Neugestaltung von Geschäftsprozessen Schwerpunkt: Optimierung von Vertriebs- und Service- Prozesse Vorrangiges Ziel: Effizienzsteigerung der Verkaufsorganisation sowie verbessere Marktdurchdringung Entwicklung / Einführung von Informationssystemen und Datenbanken für den Vertrieb, z.b. Sales Force Automation Computer Aided Selling Call Center Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 6

Merkmale der Verlagerung von Produkt- zur Kundensicht Im Zuge der Globalisierung und Liberalisierung der Märkte: Generelle Abnahme der Kundenloyalität Differenzierung i über P&D allein ist oft nicht mehr ausreichend bewusste Ausrichtung der Wertschöpfungskette auf den Kunden Verkauf eines P&D soll Beginn einer langfristigen Kundenbindung darstellen Produktorientierung Kundenorientierung Zielmarkt Kundensegmente Kunden mit hohem Kundenwert Kanäle Mono-Channel Multi-Channel Kommunikation Einwegkommunikation Interaktion Zeithorizont Periodische Kampagnen Lebenszyklus des Kunden Informationssysteme Funktionsorientiert Integriert in Customer Datawarehouse Hauptfokus Marketing- u. Vertriebsaktivitäten Steigerung des Kundenkapitals Analyse Statistische Transaktionsauswertungen Profile und Verhalten von Kunden [nach: Meier+ 2005, p. 157] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 7

CRM und Integration In der Vergangenheit waren Geschäftsprozesse für Vertrieb, Kundenservice und Marketing in Unternehmen stark abteilungsbezogen Austausch von Kundendaten nur in sehr beschränktem Ausmaß (z.b. kontenbezogene Daten) Daten oft den Produkten zugeordnet, die der Kunde gekauft hatte Keine Möglichkeit der Zusammenführung dieser Daten, damit die Abteilungen ein einheitliches e es Bild des Kunden gewinnen können CRM hat in erster Linie ein Integrationsproblem zu lösen Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 8

CRM-Tools und Integration CRM-Werkzeuge versuchen, dieses Problem zu lösen durch: Integration kundenbezogener Prozesse Konsolidierung von Kundendaten aus verschiedenen Kommunikationskanälen Bereitstellen von Analysemethoden [Quelle: Laudon+ 2006, p.108] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 9

Typische Fragestellungen des CRM (nach [Laudon+ 2006, p.108]) Welchen Wert hat ein bestimmter Kunde künftig für die Firma? Wer sind unsere loyalsten Kunden? Mit welchen Kunden machen wir die meisten Umsätze? Was möchten diese umsatzstarkent Kunden kaufen? Akquisition neuer Kunden Besseren Kundenservice und Support Angebot auf Präferenzen der Kunden abstimmen Bindung umsatzstarker Kunden Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 10

Kundenservice oder Diskriminierung? CRM kann zu einer Diskriminierung von Bürgern in Abhängigkeit von ihrem Einkommen (oder sonstigen Kriterien?) führen "In the brave new banking world, the "unprofitable" customer will find that bankers don't want you or your money.." ["Big banker is watching you", www.bankrate.com, 1999] " you charge them higher fees because you don't want them make them know they're not welcome. [ ] Unprofitable customers will pay an additional price in terms of service. Each time a customer calls or E-Mails a bank, the sales rep need only type his name to view his CRM profile. [ ] You answer the cash cows first, the losers can wait 20 minutes if they call in a question. The losers will just make you drown. " [nach: Merz 2002, p.535] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 11

Kundenwert Kundenkapital (auch Kundenstammwert, Customer Equity): Wert eines Kunden bzw. des Kundenstamms zur Erreichung der monetären und nicht-monetären Ziele aus Sicht des Unternehmens Drei Komponenten des Kundenkapitals [nach Rust + 2000] Nutzenkapital (value equity) begründet durch Nutzenwahrnehmung des Produkts durch den Kunden Markenkapital (brand equity) Umfasst subjektive Beurteilung der Marken durch den Kunden Beziehungskapital (relationship equity) Beschreibt Erfolg der Kundenbindungsprogramme Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 12

Wie kann man das Kundenkapital berechnen Customer Equity - Modell von Blattberg et al. Kundenertrag Add-on Selling Kundengewinnung Kundenbindung Kundenlebenszyklus Kunden- investition Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 13

Customer Equity Modell nach Blattberg et al. Berechnung des Kundenwertes über den Kundenlebenszyklus erfordert Berücksichtigung bestehender und zukünftiger Kundeninvestitionen und Kundenerträge Diese Berechnung berücksichtigt t die Phasen: Kundengewinnung Kundenbindung "Add-on Selling" (= Cross-Selling & Up-Selling) Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 14

Cross- und Up-Selling [Laudon+ 2005, p. 422] Cross-selling: Verkauf zusätzlicher Produkte, wird erzielt, wenn den Kunden ergänzende Produkte angeboten werden Up-selling: Verkauf höherwertiger Produkte oder umfangreicherer Leistungen, wird erzielt, wenn neuen oder bestehenden Kunden höherwertige Produkte oder umfangreichere Leistungen angeboten werden Bündelung (Bundling): Verkauf zusätzlicher Produkte, wobei eine Produktkombination im Bündel verkauft wird und der Verkaufspreis niedriger ist als der Gesamtverkaufspreis der einzelnen Komponenten Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 15

Berechnung des Kundenkapitals Hier Betrachtung des Kundenkapitalwertes für in einer Periode akquirierte Neukunden über ein Kundensegment Kundenkapitalwert t pro Kunde ergibt sich als Summe aus Akquisitionskapital Kundenbindungskapital Zusatzkapital aus Add-On-Selling-Aktivitäten Gesamtbetrachtung erfordert Berechnung des Kundenkapitalwertes über alle zukünftige Zeitperioden Aufsummierung über alle Kundensegmente Abdiskontierung des Kundenbindungs- und Zusatzkapitals Wir verzichten hier auf die detaillierte Betrachtung (s. Folie 22 dieses Kapitels für die allgemeine Formel zur Berechnung des Kundenkapitalwertes) Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 16

Hauptkomponenten des Blattberg-Modells Akquisitionskapital (Rate a Marge a ) Cost a Kundenbindungskapital 1 pro Kunde (Marge b Cost b ) (1 Rate b ) Kundenkapital pro Kunde Zusatzkapital Rate z 1 (Marge z Cost z ) (1 Rate b ) Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 17

Berechnung des Akquisitionskapitals pro Kunde Akquisitionskapital Gewinnmarge Akquiseaufwänden Gewinnmarge pro Segment = Umsatz des Segments zur Zeit t "Cost of goods" für Segment Bemerkungen Gewinnmarge muss mit Akquiserate (= Akquisewkt.) multipliziert werden, da nur Neukunden betrachtet werden (es kann nicht gesamte Zielgruppe gewonnen werden) Beim Aufwand wird der gesamte Aufwand einbezogen (nicht mit Akquiserate multipliziert) Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 18

Berechnung des Kundenbindungskapitals pro Neukunde Berechnet aus: Erwartete Beziehungsdauer * Gewinn pro Zeitperiode Beziehungsdauer berechnet sich durch 1/ (1- Kundenbindungsrate) Kundenbindungsrate: d Wie viele Kunden des akquirierten Kundenbestandes können in der nächsten Periode gehalten werden (z.b. 70% 0.7) Annahme im Modell: Diese Rate bleibt über die Zeit konstant Die Beziehungsdauer wird mit Kundenbezogener Gewinnmarge multipliziert Einnahmen in Betrachtungsperiode "Cost of Goods" (für Segment) Auch Aufwendungen zur Kundenbindung werden erfasst Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 19

Berechnung des Zusatzkapitals pro Neukunde Berücksichtigt Margen und Aufwände für die Kundenprogramme des Up- und Cross-Selling Annahme: Dauer der Wirkung des Add-On-Selling = Kundenbeziehungsdauer Zusatzrate Rate z : Größe des Zusatzkapitals ist davon abhängig, wie intensiv das Unternehmen die Instrumente des Up- and Cross-Selling anwendet 0 ("gar nicht") bis 1 ("für alle Kunden") Auch hier ist der Gewinn für Add-On-Selling aus der Differenz der Einnahmen und der Aufwände für Add-On- Selling zu berechnen Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 20

Allgemeines Modell nach Blattberg et al. Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 21

Diskussion Das vorgestellte Modell beschränkt sich auf quantitative Einflussfaktoren Tatsächlich müssen auch qualitative Größen bei der Berechnung des Kundenkapitals berechnet werden z.b. Weiterempfehlungen Potenzial der Meinungsbildung ("Lead customer potential") Wie kann Information zur Bildung des Kundenkapitals und Erfassung der qualitativen Einflussgrößen gesammelt werden? Customer Datawarehouses als vielversprechender Ansatz Teil des sog. Analytischen Kundenbeziehungsmanagement Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 22

Analytisches CRM I&K-Technologien erleichtern den Weg von der Produkthin zur Kundenorientierung Analytisches CRM: Bestehende Kunden mit Hilfe spezifischer Datensammlungen besser kennen lernen Potentielle Kunden systematischer erfassen Frühzeitige Erkennung der wertvollsten Kunden Gewinnung für längerfristige Kundenbeziehung Gestaltung differenzierter Produkte und bedarfsspezifischer DL Identifikation und Bewertung der "wertvollsten" Kunden geschieht mit Hilfe einer gut strukturierten, mehrdimensionalen Datenbank ( WI1-Vorlesung) Customer Datawarehouse Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 23

Customer Datawarehouse Spezielle Ausprägung der in der WI1-Vorlesung behandelten Datawarehouse-Technologie Mehrdimensional Kennzahlen wie z.b. Kundenwert, Umsatzzahlen, Rentabilitätskennzahlen werden nach unterschiedlihchen Auswertungsdimensionen wie z.b. Kundensegmente, Absatzgebiete, Produktgruppen, Filialstruktur analysiert Zeitbezogen Auswertungen betreffen Vergangenheit, Gegenwart o. Zukunft Nicht änderbar Quelldaten aus der Vergangenheit ("Laden" aus operativen Systemen), d.h. dürfen nur gelesen, aber nicht geändert werden Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 24

Mehrdimensionale Datenschemata In der WI1-Vorlesung haben wir die Grundlagen von Datawarehouse-Architekturen kennen gelernt Wir haben die Definition und Anwendung des Online Analytical Processing (OLAP) und die damit verbundenen mehrdimensionalen hdi i Datenmodelle (OLAP-Datenwürfel (OLAPD mit Abbildung in das Star Schema) kennen gelernt An dieser Stelle wiederholen wir in Kürze die wesentlichen Konzepte Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 25

Grobarchitektur eines Customer Datawarehouse [Quelle: Meier+ 2005, p. 162] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 26

Beispiel eines dreidimensionalen Datenwürfels [Quelle: Meier+ 2005, p. 163] Auswertungsdimensionen i (Achsen des Datenwürfels): Dienstleistung, Region, Zeit Entwurf der Dimensionen ist bedeutend, da entlang der Achsen Auswertungen und Analysen vorgenommen werden Dimensionen i.d.r. hierarchisch (z.b. Monat Quartal Jahr) Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 27

Beispiel: OLAP-Würfel dargestellt mit PowerPlay-Werkzeug der Firma Cognos [Quelle: Laudon+ 2006, p. 338 Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 28

Operationen auf Datenwürfeln Customer Datawarehouse muss die folgenden Operationen auf OLAP-Würfeln unterstützen Drill Down: Verfeinerung der betrachteten Dimensionen z.b. Jahr Quartal Monat Woche z.b. Region Teilregion Filiale Roll Up: Aggregation inverse Operation zum Drill Down Festlegen der Aggregationsebenen zum Zeitpunkt d. Festlegung d. Datenmodells Slicing Auswahl / Analyse einer bestimmten Ausprägung einer Dimension ("Scheibe"), z.b. ein Jahr mit sämtlichen Dienstleistungen/Regionen g Dicing Ändern der Reihenfolge der Dimensionen, z.b. Kundenwert nach Zeit, Region, Dienstleistung Dienstleistung, Region, Zeit Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 29

Entwurf eines Datenwürfels Gesucht: Datenmodell, das die og. Anforderungen und Operationen unterstützt Gebräuchlichstes Schema zur Darstellung mehrdimensionaler Datenmodelle: Star-Schema Festlegen von Kennzahlen und Dimensionen Abgebildet in eine Dimensionentabelle pro Dimension Dimensionen sind herarchisch gegliedert eine Faktentabelle, die die Kennzahlen pro Kombination der Ausprägungen der Dimensionen enthält Enthält Werte für unterschiedliche Aggregationsstufen Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 30

Beispiel: Star-Schema für ein Customer Datawarehouse [Quelle: Meier+ 2005, p. 165] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 31

Data Mining: Definition und Verfahren Analyse großer Datenbestände, um Zusammen- hänge, Muster und Regeln zu finden, die als Unterstützung bei der Entscheidungsfindung und der Vorhersage künftigen Verhaltens dienen können [Laudon+ 2006, p. 339] Zwei große Problembereiche: Analyse und Prognose Unterschiedliche technische Verfahren für beide Bereiche Analyse der bestehenden Kundenbeziehungen u. des Kundenverhaltens Clusterbildung und Abweichanalyse Assoziation Generalisierung Data Mining für CRM Prognose der künftigen Beziehung zum Kunden und der Entwicklung des Verhaltens Klassifikation Wirkungsprognose Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 32

Beispielverfahren: Entscheidungsbaum Verwendbar für Klassifikationsprobleme Entscheidungsbaum besteht aus Knoten (Bedingungen) g und Kanten Blätter repräsentieren Kundenklassen Entscheidungsbäume kodieren Regeln zur Klassifikation von Kunden in Kundengruppen Oft: Erzeugen von Entscheidungsbäumen aus historischen Daten Alternative Verfahren: Genetische Algorithmen, neuronale Netze, Bayes-Netzwerke Entscheidungsbaumverfahren sind einfach, aber recht starr und statisch Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 33

Beispiel: Entscheidungsbaum [Quelle: Meier+ 2005, p. 168] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 34

Operatives CRM Festlegung, Ausgestaltung und Optimierung der Konsumprozesse zwischen Unternehmer und Kunden, bestehend aus Kundenprozess (Customer Buying Cycle, siehe Kapitel 6) Unternehmerprozess [Quelle: Meier+ 2005, p. 170] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 35

Funktionen von CRM Software [Quelle: Laudon+ 2006, p. 423] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 36

Multi-Channel Management (MCM) Im CRM: Kommunikation mit dem Kunden stellt besonderes Problem dar, da unterschiedliche Kontaktund Kommunikationskanäle zum Einsatz kommen Multi-Channel Management: Management von parallel genutzten t Kontaktkanälen auf der Kundenseite Inbound-Kommunikation: Kunde gelangt über einen Kontaktkanal an das Unternehmen Outbound-Kommunikation: Unternehmen richtet sich über Kontaktmedien t e an den Kunden Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 37

Kontaktkanäle und Kontaktmedien im MCM Vielfalt an Kombinationen von Kontaktkanälen mit direkten und indirekten Medien Kontaktkanal setzt sich aus unterschiedlichen Mitarbeiterrollen, - fähigkeiten, Aktivitäten von Front Office-Prozessen u. I&K- Medien zusammen [Quelle: Meier+ 2005, p. 173] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 38

Inbound-Kommunikationsprozesse Behandeln von Kundenanfragen Oft gebündelt mit Hilfe von Contact Centern (auch: Customer Interaction Center) Phasen: Annahme/Identifikation, Klassifikation/Bearbeitung, Protokollierung der Aktivitäten [Quelle: Meier+ 2005, p. 175] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 39

Outbound-Kommunikationsprozesse Bereitstellen und Verteilen von Angeboten und Spezialaktionen des Unternehmens an die Kunden Bereitstellen von Inhalten Kontaktierung: meist durch Customer Interaction Center Festlegung des geeigneten Mediums wesentlich, u.u. ein Mix von Medien und Kanälen Erfolgskontrolle bei Kampagnen und sonstigen Outbound- Aktivitäten mit Hilfe des CDW Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 40

Controlling des CRM Strategische Ebene Festlegen der CRM-Strategie mit Zielen und Maßnahmen Verantwortlich: Unternehmensleitung o. Customer Steering Committee Taktisch-analytische analytische Ebene Entwicklung von Kundenmodellen und Kunden-Portfolios zum Erhalt und zur Steigerung des Kundenwerts Verantwortlich: CRM-Kernteam Operative Ebene Durchführung v. Kundenprogrammen und kampagnen Verantwortlich: Funktionale Linien [Quelle: Meier+ 2005, p. 179] Das CDW wird im Laufe der Zeit zu einer Wissensdatenbank; wichtiger Teil des intellektuellen Kapitals eines Unternehmens Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 41

Zusammenfassung: Vorteile des CRM Bereitstellung eines besseren Kundendienstes Effiziente Arbeitsweise von Call Centern Effektiver Verkauf von ergänzenden Produkten Unterstützung des Verkaufspersonals, schnellere Abschlüsse zu tätigen Vereinfachung von Marketing- u. Verkaufsprozessen Anwerbung und langfristige Bindung neuer, gewinn- bringender Kunden Verkauf zusätzlicher P&D Steigerung der Produktnutzung Bereitstellung von Kundeninformationen für Entwicklung neuer P&D Reduzierung von Verkaufs- u. Marketingkosten Identifizieren und Beibehalten gewinnbringender Kunden Optimierung der Kosten für die Dienstleistungserbringung Verbesserung der Kundentreue Verbesserte Antwortraten auf direkte Anschreiben Gesteigerte Produktrentabilität Schnellere Reaktion auf Vertriebschancen [nach: Laudon+ 2006, p. 427] Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 42

Herausforderungen des CRM Einführung von CRM-Systemen teuer und zeitaufwändig Finanzielle Rendite oft zweifelhaft, insbesondere angesichts der Gesamtbetriebskosten über den Lebenszyklus (TCO) des Systems Versagensrate bei CRM-Systemen kann bei 55-75% liegen (nach [Laudon+ 2006, p. 428]) Wichtig: "Leben" der kundenorientierten Sicht; funktionsübergreifende Integration kundenbezogener Geschäftsprozesse erfordert Bereitschaft zu Änderungen der Organisationskultur s tu und der Geschäftsprozesse esse Unterstützung und Rückendeckung seitens der Unternehmensleitung unabdingbar Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 43

Literaturreferenzen Blattberg, R.C., Getz G., Thomas J.S.: Customer Equity Building and ManagingRelationships as Valuable Assets. Harvard Business School Press, 2001. Rust R.T., Zeithaml V.A., Lemon K.N.: Driving Equity How Customer Lifetime Value is Reshaping Corporate Strategy. t The Free Press, 2000. Wirtschaftsinformatik Prof. Dr. Jörg P. Müller, 2007 44