Diastrophe und Spondyloepiphysäre Dysplasie: extraskelettale Beteiligung insbesondere der Augen und des HNO-Bereichs

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Transkript:

Diastrophe und Spondyloepiphysäre Dysplasie: extraskelettale Beteiligung insbesondere der Augen und des HNO-Bereichs Annette Queißer-Luft, Bernhard Zabel Diastrophe Dysplasie Einleitung Die Diastrophe Dysplasie (DTD) ist eine autosomal-rezessiv vererbte Skeletterkrankung, deren Ursache Störungen im Sulfatstoffwechsel (Mutationen im Sulfattransporter-Gen DTDST auf Chromosom 5) sind. Ein molekulargenetischer Nachweis der Erkrankung ist möglich. Die Erstbeschreibung des insgesamt sehr seltenen Krankheitsbildes erfolgte 1960 durch Lamy und Maroteaux. Die klinischen Symptome weisen eine große Variabilität auf, durch die eine frühzeitige Diagnosestellung häufig erschwert wird. Die Auffälligkeiten des Skeletts sind ein dysproportionierter Kleinwuchs (meist auch intrauterin), Klumpfüße (häufig therapieresistent), Gelenkkontrakturen (meist große Gelenke und Interphalangealgelenke), Sub-/Luxationen sowie Instabilität der großen Gelenke, Vorhandensein von kurzen ersten Metacarpale mit nach proximal verschobenen, überstreckbaren Daumen (sogenannter Tramper -Daumen), progressive thorakolumbale Kyphoskoliose, zervikale Kyphose und die Existenz einer Spina bifida occulta (meist C 3/4). Die Befunde im Bereich des muskuloskelettalen Systems stehen im Mittelpunkt aller Symptome der DTD. Die prospektive Endlänge wird mit etwa 136 cm (männliches Geschlecht) und etwa 130 cm (weibliches Geschlecht) angegeben. Die Intelligenz der betroffenen Kinder ist normal. Extraskelettale Symptome bei Diastropher Dysplasie Neben den Skelettbefunden werden bei etwa zwei Dritteln aller Kinder mit DTD zusätzliche extraskelettale Symptome beobachtet, wobei den Befunden des HNO-Bereichs und der Augen eine wichtige Rolle zukommt. Die häufigsten nichtskelettalen Auffälligkeiten sind nachfolgend zusammengefasst dargestellt.

60 Annette Queißer-Luft, Bernhard Zabel Extraskelettale Symptome bei Diastropher Dysplasie: Gaumenspalte, Affektionen des Larynxknorpels, Ohrmuschelanomalie, Stenose des Gehörgangs/Taubheit, Auge (Kammerwinkel-Differenzierungsstörung), intrazerebrale Verkalkungen, Mittelgesichtshämangiome, auffällige Handlinien, hyperelastische Haut. Anomalien des Gaumens sind bei Patienten mit DTD relativ häufig. Bei etwa 30 50 % der Betroffenen wird eine Gaumenspalte diagnostiziert, wobei die Variationsbreite von der kompletten Gaumenspalte bis zur submukösen Spalte bzw. gespaltenen Uvula reicht. Eine Ohrmuschelanomalie tritt in ca. 84 % der Fälle auf. Diese Ohrdeformität (Abb. 1) hat eine spezifische Ausprägung und Verlaufsform. Zunächst kommt es in den ersten Wochen nach der Geburt (bis 4. Lebensmonat) zu einer zystisch-serosanguinösen Schwellung im Bereich der Ohrmuschel, die Abbildung 1 Diastrophe Dysplasie: Ohrmuschelschwellung.

Diastrophe und Spondyloepiphysäre Dysplasie 61 dann nach etwa einem Monat wieder verschwindet und eine Verdickung des Areals zurücklässt. In diesem Bereich der Ohrmuschel kommt es dann zur Kalzifizierung des Knorpels und anschließend zur Deformation. Bei einer DTD besteht häufig eine Stenose des Gehörgangs (ca. 15 %), die aber nur in wenigen Fällen zu einer Einschränkung des Hörvermögens führt. Taubheit (ca. 6 %) bzw. einer deutlichen Hörverminderung liegt fast immer eine durch die Grunderkrankung bedingte Fusion der Gehörknöchelchen (proximaler Symphalangismus) bzw. ein Residualzustand nach rezidivierenden bzw. chronischen Infektionen zugrunde. Affektionen des Larynxknorpels sind ebenfalls beschrieben. Erstes Symptom kann eine krächzende Stimme innerhalb der ersten Lebenswochen sein, die dann nach ein paar Wochen wieder verschwindet. Es wird diskutiert, dass ein ähnlicher Prozess wie bei der Entstehung der Ohrknorpeldysplasie abläuft und eine entsprechende Veränderung des Larynxknorpels stattfindet. Als Folgeschaden entsteht eine laryngotracheale Stenose, die häufig jedoch erst bei Intubationsproblemen diagnostiziert wird. Eine nasale Sprache und/oder eine spezifische Klangfarbe der Stimme können die Folge sein. In seltenen Fällen entsteht jedoch auch eine ausgeprägte Trachealstenose, die zu einer Frühsterblichkeit durch Atemstörungen führen kann. Abbildung 2 Diastrophe Dysplasie: Fehlen der palmaren Beugefalten.

62 Annette Queißer-Luft, Bernhard Zabel Der zugrunde liegende mesenchymale Defekt verursacht Veränderungen im Knochengewebe, Knorpel, Bindegewebe, Muskel und auch Veränderungen des Vorderkammerwinkels des Auges (sehr selten). Es kommt zu Kammerwinkel-Differenzierungsstörungen und zur Ausbildung breiter Stränge an der Iriswurzel. Als weitere relativ seltene extraskelettale Symptome werden intrazerebrale Verkalkungen, Mittelgesichtshämangiome, auffällige Handlinien (Abb. 2, Fehlen der Beugefalten als Folge intrauteriner Gelenkkontrakturen und dadurch verminderter Motilität) und eine hyperelastische Haut beschrieben. Zusammenfassung Neben den bekannten typischen Skelettveränderungen sind Ohrmuscheldeformitäten und Gaumenspalten häufige Symptome der Diastrophen Dysplasie. Bei etwa einem Viertel der Betroffenen besteht eine krankheitsbedingte Veränderung des Larynxknorpels, die häufiger zu Intubationsproblemen, aber nur in wenigen Fällen zu lebensbedrohlichen Atemstörungen führen kann. Sekundär auftretende Einschränkungen des Hörvermögens sind selten, Verminderungen des Sehvermögens eine Rarität. Zusätzlich zur notwendigen intensiven orthopädischen Betreuung, die neurologische und orthopädische Komplikationen der kyphoskoliotischen Veränderungen bzw. der atlantookzipitalen Instabilität vermeiden bzw. vermindern soll, sind regelmäßige HNO-ärztliche Konsiliaruntersuchungen (inkl. Hörtests) erforderlich, um sekundär auftretende mögliche Hörstörungen frühzeitig diagnostizieren zu können. Bei auffälliger Klangfarbe der Stimme und/oder Stridor ist eine HNO-ärztliche Abklärung notwendig, um eine mögliche Larynxstenose rechtzeitig erkennen zu können. Kongenitale Spondyloepiphysäre Dysplasie Einleitung Die kongenitale Spondyloepiphysäre Dysplasie (SEDc, Spondyloepiphyseal Dysplasia Congenita) ist ein Krankheitsbild, das autosomal-dominant vererbt wird. Die Ursache dieser seltenen Skelettdysplasie besteht in einem Defekt im Kollagen Typ II (Genmutation des COL2A1-Gens auf Chromosom 12). Das Kollagen Typ II ist ein wesentlicher Bestandteil des hyalinen Knorpels und des Glaskörpers, was die bekannten Hauptsymptome im Be-

Diastrophe und Spondyloepiphysäre Dysplasie 63 reich des Skeletts und der Augen erklärt. Die klinische Ausprägung der SEDc variiert jedoch insgesamt stark. Die Erstbeschreibung erfolgte 1966 durch Spranger und Wiedemann. Die Prävalenz der SEDc wird mit etwa 1 2 pro 100.000 angegeben. Dies bedeutet, dass in der Bundesrepublik Deutschland pro Jahr etwa 10 Neugeborene von dieser Skelettdysplasie betroffen sind. Im Bereich des Skeletts sind als Hauptauffälligkeiten ein dysproportionierter Kleinwuchs mit Verkürzung der Wirbelsäule und relativ langen Extremitäten zu nennen. Weitere Symptome im Bereich des muskuloskelettalen Systems sind kurzer Hals, Hypoplasie des Dens axis (atlantoaxiale Instabilität), fassförmiger Thorax, Pectus carinatum, Hyperlordose der LWS, Kyphoskoliose der BWS, Hüftdysplasie und ausgeprägte Coxa vara (Watschelgang als klinische Symptomatik), Genua valga (vara), Klumpfüße, Überstreckbarkeit der Gelenke sowie Bänderschlaffheit. Die zu erreichende Endlänge wird zwischen 90 cm und 132 cm angegeben. Die statomotorische Entwicklung der Betroffenen ist häufig etwas verzögert, die geistige Entwicklung jedoch altersgemäß. Extraskelettale Symptome bei kongenitaler Spondyloepiphysärer Dysplasie Neben den Skelettbefunden werden bei etwa zwei Dritteln aller Betroffenen mit SEDc extraskelettale Befunde erhoben, wobei es sich in den meisten Fällen um eine Visusverminderung durch Myopie und/oder Netzhautablösung handelt. Am zweithäufigsten wird bei den extraskelettalen Symptomen eine Innenohrschwerhörigkeit beschrieben. Gaumenspalten und malare Hypoplasien wurden bei Patienten mit SEDc diagnostiziert, treten aber relativ selten auf. Leichte respiratorische Beschwerden werden bei diesem Krankheitsbild häufiger beobachtet, über schwerste Atemnot (z. T. mit Todesfolge) wurde vereinzelt berichtet. Die respiratorischen Probleme begründen sich in der Thoraxdeformität (vermindertes intrathorakales Volumen, sekundäre Lungenhypoplasie), sekundär resultierenden paradoxen Atembewegungen, Horizontalstellung der Rippen und Tracheomalazie/Tracheobronchomalazie. Durch eine atlantoaxiale Instabilität (Hypoplasie des Dens axis) kann es zur Kompression des oberen Halsmarkes und somit zu einer Unterbrechung der arteriellen Blutzufuhr im Bereich der Medulla oblongata kommen, was zu einem Atemstillstand führen kann.

64 Annette Queißer-Luft, Bernhard Zabel Augenveränderungen bei kongenitaler Spondyloepiphysärer Dysplasie Augenveränderungen werden bei etwa jedem zweiten Patienten mit SEDc nachgewiesen. Die wichtigsten Diagnosen der Visusstörungen sind nachfolgend aufgelistet, wobei eine progressive, schwere Myopie ( 5 dpt; Abb. 3) und Netzhautablösungen die häufigsten Befunde darstellen. Augenveränderungen bei SEDc: schwere Myopie ( 5 dpt), gittrige Degeneration der Netzhaut, Adhäsionen (Stränge) vom Glaskörper zur Netzhaut, Flüssigkeitsverlust des Glaskörpers, Netzhautablösung. Die Ursache für die Visuseinschränkungen ist der Defekt im Kollagen Typ II, der zu den vitreoretinalen Veränderungen führt. Die wesentlichen Augenver- Abbildung 3 Augenhintergrund bei schwerer Myopie, bei SEDc zu diagnostizieren.

Diastrophe und Spondyloepiphysäre Dysplasie 65 änderungen sind zur Veranschaulichung in den Abbildungen 4 6 dargestellt. In der Literatur schwanken die Häufigkeitsangaben für die Entwicklung einer Netzhautablösung zwischen 25 und 57 %. Regelmäßige ophthalmologische Kontrolluntersuchungen sind somit bei diesem Krankheitsbild dringend erforderlich. Hörstörungen bei kongenitaler Spondyloepiphysärer Dysplasie Eine Innenohrschwerhörigkeit entwickelt sich bei 25 60 % aller Betroffenen mit SEDc (Abb. 7). Ein totaler Hörverlust ist jedoch nur sehr selten zu diagnostizieren. Kollagen Typ II ist ein wesentlicher Bestandteil von verschiedenen Anteilen des Innenohres. Diese Tatsache weist darauf hin, dass Kollagen Typ II eine wichtige Rolle bei der Bildung einer spezifischen Matrix im Innenohr spielt. Diese Matrix muss den bei der sensorischen Transduktion bestehenden mechanischen Belastungen standhalten. Bei defektem Kollagen Typ II kommt es zu einem Verlust dieser Funktion und somit zur Einschränkung des Hörvermögens. Des Weiteren wird derzeit ein Typ-II-Kollageninduzierter autoimmuner Hörverlust als mögliche Ursache der Hörstörung bei Patienten mit SEDc diskutiert. Zusammenfassung Insgesamt stehen die orthopädischen Probleme bei den Patienten mit kongenitaler Spondyloepiphysärer Dysplasie im Vordergrund. Augenveränderungen und Hörstörungen gehören neben den Skelettbefunden zu den Hauptsymptomen der SEDc. Im zeitlichen Verlauf sind Verschlechterungen dieser Befunde zu erwarten. Regelmäßige augenärztliche und HNO-ärztliche Kontrolluntersuchungen sind ein wichtiger Bestandteil bei der Betreuung dieser Kinder, um gravierende Folgeschäden zu vermindern bzw. zu vermeiden. Respiratorische Störungen (postnatal oder im zeitlichen Verlauf auftretend) sind nicht häufig, aber teilweise von schwerwiegender Bedeutung. Durch eine Instabilität des Dens axis kann es zu Atempausen bzw. einem Atemstillstand kommen. Zur Überprüfung dieses Sachverhaltes und zur Verhinderung möglicher Komplikationen ist innerhalb der ersten sechs Lebensmonate eine HWS-Röntgenaufnahme evtl. mit Funktionsaufnahmen (ggf. MRT des kraniozervikalen Übergangs) notwendig. Bei Operationen von SEDc-Patienten und damit verbundenen Intubationen muss der Anästhesist über eine atlantoaxiale Instabilität und dadurch mögliche Komplikationen informiert werden.

66 Annette Queißer-Luft, Bernhard Zabel Abbildung 4 Gittrige Degeneration der Netzhaut, bei SEDc zu diagnostizieren (aus [16]). Abbildung 5 Stränge vom Glaskörper zur Retina, bei SEDc zu diagnostizieren (aus [16]).

Diastrophe und Spondyloepiphysäre Dysplasie 67 Abbildung 6 Netzhautablösung, bei SEDc zu diagnostizieren. Abbildung 7 Audiogramm bei SEDc. Rechtes Ohr: geringgradige Innenohrschwerhörigkeit, linkes Ohr: mittel-hochgradige Innenohrschwerhörigkeit.