Neurologie im Alter Was therapieren? Martin Müller Neurologische Abteilung Luzerner Kantonsspital

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Transkript:

Neurologie im Alter Was therapieren? Martin Müller Neurologische Abteilung Luzerner Kantonsspital

Therapie im Alter Was ist die Zielgruppe Wie intensiv behandeln Sie in der gleichen Zielgruppe intern. Erkrankungen, z.b. Herzinsuffizienz COLD KHK Tumorerkrankungen

Therapie im Alter Neurologische Erkrankungen gehen mit Behinderung, mit merkbarer Einbusse in der Lebensqualität einher Ziel der Therapie ist die der jeweiligen Lebenssituation angemessene Lebensqualität Zu hause allein oder mit Hilfe von Angehörigen Im Alten-/Pflegeheim Wie aktiv ist der Mensch wie mobil möchte er sein unabhängig davon wo er lebt Comorbiditäten: Demenz? Tumorleiden?

Therapie im Alter Die Therapieschemata unterschieden sich nicht prinzipiell von denen, die bei jüngeren Patienten angewendet werden. Internistische Komorbiditäten spielen selten eine Rolle Bis auf ganz wenige Ausnahmen erfolgt keine Anpassung an die physiologische Nierenfunktion!!

Therapie im Alter Immer gilt: Heilgymnastische Beübung zur Behandlung der motorischen Fähigkeiten nützt immer, auch der alte Mensch ist erstaunlich trainierbar / rehabilitierbar Sumic et al: Physical activity reduces the risk of dementia in oldest old (>85 years) Jette et al:... therapy intensity correlates with outcomes of rehabilitation in skilled nursing facilities. Jorgensen et al : The effect of a stroke unit: reductions in mortality, discharge rate to nursing home, length of hospital stay, and cost. A communitybased study. Stroke. 1995; 26:178-82.

Stroke Was mit welcher Intensität therapien Stroke: best mögliche Therapie Immer zuweisen DD Ischämie vs Blutung (Ausnahme: bettlägriger Pat. mit mittelschwerer bis schwerer Demenz) Lysetherapie altersunabhängig Jeder Schlaganfallpatient kann von den Therapieoptionen einer Schlaganfalleinheit profitieren!! Time is Brain Compared with the normal rate of neuron loss in brain aging, the ischemic brain ages 3.6 years each hour without treatment JL Saver

Was mit welcher Intensität therapien Stroke: best mögliche Therapie Ischämischer Stroke Sekundärprophylaxe: ASS100-300 mg, Plavix 75 mg, Asasantin 200/25 (2x1) VHF: Antikoagulation (Pat > 60-65 Jahre); INR 2.5-3.5 Sortis immer? Karotis-TEA bei - symptomatischen Stenosen > 50% nach NASCET und > 70% nach ECST - asymptomatischen Stenosen > 60% nach NASCET > 80% nach ECST

Was mit welcher Intensität therapien Querschnittssyndrome: best mögliche Therapie Notfall; zu jeder Tages- und Nachtzeit zuweisen, da Lebensqualität entscheidend beeinflusst wird Raumforderungen Ischämie: spinalis anterior Syndrom

Was mit welcher Intensität therapien Parkinson-Syndrome: best mögliche Therapie Parkinson-Syndrome Differenziere in - Idiopathische PS - Symptomatische PS Therapie L-Dopa (stets in Kombination mit Decarboxylasehemmer Carbidopa), Dopaminagonisten, COMT- Inhibitoren, MAO-B-Hemmer, NMDA-Antagonisten (Amantadin), Anticholinergika (Akineton) Apomorphin-Pumpen Hirnstimulator Antidepressiva, Antipsychotika (Clozapin, Quetiapin)

Was mit welcher Intensität therapien Parkinson-Syndrome: best mögliche Therapie Parkinsonkrise Therapie Bei wachen Geist bewegungslos eingefroren Immer zuweisen da Vitale Bedrohung wegen Schluckstörung, Exsikose, Temperturanstieg, Aspirationspneumonie Flüssigkeitszufuhr, Amantadin i.v. 200 600 mg/tag (cave Niereninsuffizienz) Neuaufbau der Parkinsontherapie

Was mit welcher Intensität therapien Myasthenia gravis: best mögliche Therapie Gehört in die Hand des Neurologen bis stabile Phase erreicht ist Dauertherapie mit Mestinon so wenig wie möglich Imurek - Zieldosis 100-150 mg/tag Krisenintervention (stationär!) mit - Steroiden - Immunglobulinen - Plasmapheresen

Was mit welcher Intensität therapien Polyneuropathien: best mögliche Therapie Therapeutischer Nihilismus (man kann ja doch nichts machen) obsolet! PNP gehören elektroneurographisch differenziert, um die kausal therapierbaren Neuropathien zu finden Kausale Therapie bei Entzündliche PNP - GBS: IVIG, Plasmapherese, - CIDP: Steroide, IVIG, Plasmapherese D.m, Alkohol, Kollagenosen Symptomatische Therapie der Beschwerden RLS: L-Dopa, Dopa-Agonisten Dysästhesien: Na-Kanal-Blocker (Carbamazepin), Kalium-Kanal- Blocjker (Lyrica ), Serotoninwiederaufnahmehemmer (Amitryptilin), Serotonin-Noradrenalinaufnahmehemmer...

Was mit welcher Intensität therapien Meningoenzephalitis: best mögliche Therapie Nackensteifigkeit kann auch bei bakt. M. fehlen Fieber und Nackensteifigkeit im Rahmen einer generellen Muskeltonuserhöhung? Bei V.a. Meningoenzephalitis immer Diagnostik Therapie Im Spital mit neurol. Abteilung BM: - Dexamethason 10 mg initial, dann alle 8 Stunden 10 mg für 3 Tage - Cephalosporin 3. Generation - Ampicillin Antivirale Therapie: Viel hilft viel!! - Aciclovir 10 mg/kg KG solange keine Niereninsuffiziens bekannt ist, - Erst nach Auftritt der Niereninsuff. Dosisanpassung.

Erstmaliger akuter Verwirrtheitszustand: richtige Zuordnung Umfassende DD, dann best mögliche Therapie TGA Komplexfokale Anfälle Fehlgedeutete Aphasie Meningo-Enzephalitis Bislang nicht bekannte Demenz Hydrozephalus Delirante Psychosen bei - Medikamenten - Alkohol

Plötzliche/ungewohnte Bewusstseinsstörungen richtige Zuordnung DD im Vordergrund Basilaris-Ischämie Komplexfokale Anfälle Demenzen Synkope Vigilanzschwankungen bei fluktuierenden deliranten Bildern

Epilepsie Synkope, unklare Bewusstseinszustände Therapie: zumeist erfolgreich; Mittel der Wahl heute in erster Linie Keppra, da kaum Interaktionen, schnell aufdosierbar, gut verträglich Isolierte Hirnmetastasen können operativ angegangen werden Epilepsien: Anfallsfreiheit vs Nebenwirkungen

Schmerzen: Beschwerdefreiheit bis akteptable Lebensbedingungen Schmerzen HWS-/LWS- Syndrome Depressive Anteile Tumorschmerzen Trigeminusneuralgie Carabamzepin Lyrica Phenytoin i.v. Plus evtl. - Übliche Schmerzmittel Haldol OP nach Janetta

Sturz im Alter Alles Stolpersturz oder anderes? Sackt in sich zusammen Fällt um wie ein Baum Bleibt hängen / Stolpersurz Rhythmogen, RR-verhalten Tonischer Anfall DD Schlaganfall Extrapyramidalmotorische Störung (Parkinson, Senile Hyperkinesen) Komplexfokaler Anfall PNP

Neurologische Störungen im Alter - Neurodegenerative Erkrankungen Demenzen Parkinson plus Demenz - Syndrome Multisystematrophien Mischbilder werden zus. mit zerebrovaskulären Erkrankungen häufigste Ursache für Heimunterbringen werden Ziel: häusliche Pflege solange wie möglich Multimodale Therapie mit Antidementiva (kognitive Ebene) Antidepressiva und Neuroleptika (Erlebnis- und Verhaltensebene) Beschäftigungstherapie u. andere die soziale Kompetenz fördernde Massnahmen

Statler u. Waldorf Hallo Leute, wir wollen fit bleiben!