Komplexerkrankungen. Typ-III Hypersensitivität (Verzögerte Reaktion)

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Transkript:

Querschnitt Immunologie-Infektiologie Mittwochs 10.15 Uhr Bergmannsheil, Pathologie Hörsaal 1 Komplexerkrankungen Albrecht Bufe www.ruhr-uni-bochum.de/homeexpneu Typ-III Hypersensitivität (Verzögerte Reaktion) Komplementreaktion Immunkomplexe Lokale oder systemische Entzündungsreaktion 1

Typ-III Hypersensitivität (Verzögerte Reaktion) Lokale Reaktion (Arthus-Reaktion) Systemische Reaktion (Serumkrankheit) C5a Antigene Antikörper Lokale Entzündung, gesteigerter Flüssigkeitseinstrom, Verschluß der Blutgefäße Komplementreaktion Der klinische Fall Bochum 08.6.2011 www.ruhr-uni-bochum.de/homeexpneu 2

Vorgeschichte 15 Jahre alter Junge Seit 2 Tagen Halsschmerzen und Fieber bis 39.4 C Hausarzt diagnostiziert Tonsillitis und behandelt mit Penicillin Kurze Besserung, am 9. Tag Bauchschmerzen und Schwächegefühl Mutter findet Augen geschwollen, der Junge meint, sein Urin sei dunkel. Einweisung Befund: Deutlich krank wirkender, blasser Knabe in reduziertem AZ mit Lid- und Unterschenkelödemen. Klinisch sonst unauffällig. RR 165/84 mm Hg Gewicht 75 kg bei 178 cm Größe 3

Befund: Deutlich krank wirkender, blasser Knabe in reduziertem AZ mit Lid- und Unterschenkelödemen. Klinisch sonst unauffällig. RR 165/84 mm Hg Gewicht 75 kg bei 178 cm Größe Paraklinik HB und HK im Normbereich Leukozytose von 15.000 /fl BSG 43/78; CRP mit 15 mg/l leicht erhöht Kreatinin mit 119 µmol/l, Harnstoff mit 9,95 mmol/l und Harnsäure mit 401 µmol/l jeweils leicht erhöht Gesamteiweiss und Gerinnung o.b. Rachenabstrich physiologische Standortflora 4

Im Urinsediment zahlreiche dysmorphe Erythrozyten Gesamtprotein im 24h Sammelurin mit 0,9 g/dl erhöht Mäßig vergrößerte Niere, verstärkte Echogenität Immunologische Parameter C3-Komplement 0,45 g/l (normal > 0,5 g/l) C4-Komplement 0,25 g/l (normal > 0,2 g/l) Antistreptolysin-Titer mit 575 u/ml deutlich erhöht. Kein Nachweis von ANF, p-anca, c-anca oder Antibasalmembran AK Hepatitis Antigen und Antikörper negativ Immunglobuline im Serum normal 5

Diffuse endokapilläre Glomerulonephritis mit Glomerulusvergrößerung durch Endothelproliferation und zahlreiche neutrophile Granulozyten in den Kapillarschlingen 6

Virus- oder Bakterienantigene als Mimotope Antikörper gegen ß-hämolysierende Streptokokken erkennen auch ein Antigen auf Glomerula Niere Akutes rheumatische Fieber nach einer Mandelentzündung durch Streptokokken Differenzialdiagnose: 1. Akute postinfektiöse GN 2. GN infolge chronischer Bakteriämie 3. Nephritis bei Purpura Schoenlein Henoch 4. IgA-Nephritis 5. Ideopathische fokal-segmental sklerosierende GN (10%) 6. Mikroskopische Polyangiitis (ANCA assoziiert) 7. Systemerkrankungen (z.b. Lupus Erythematodes) 7

Nephrotischer Symptomkomplex: 1. Erythrozyturie 2. Proteinurie 3. Ödeme 4. Hypertonus 5. Erniedrigte glomeruläre Filtrationsrate (GFR) IgA-Nephritis Diffuse mesangioproliferative GN mit Mesangiumproliferation und matrixvermehrung sowie umschriebenen Kapillarläsionen 8

Fluoreszenzmikroskopischer Nachweis von IgA-Ablagerungen im Mesangium 1. Mesangium 2. Monozyt 3. Mesangiummatrix (verbreitert) 4. IgA-Depot 25% aller IgA-Nephritiden enden in der terminalen Niereninsuffizienz Bochum 08.6.2011 www.ruhr-uni-bochum.de/homeexpneu 9

ELISA: Nachweis der humoralen Immunität enzymgekoppelter Immunadsorptionstest (enzyme-linked immunosorbent assay) zur Bestimmung von Viren (z.b. HIV) Y Zugabe von Enzymgekoppelten Anti-A-Ak Vorraussetzungen: Gereinigtes Antigen oder Antikörper Standard Auswaschen freier Ak Enzym erzeugt farbiges Produkt aus farblosen Substrat Messung d. Lichtabsorption durch farbiges Substrat Serumverdünnung Immunfluoreszenz Prinzip: Direkte Darstellung von Antigenen in Zellen und Geweben mittels spezifischer Antikörper, an die Fluoreszenzfarbstoffe (Fluorochrome) gekoppelt sind. Y Bedeutung: Nachweis verschiedener Zelltypen in Suspension (Differentialblutbild) und Gewebeschnitten IgA-Komplexe in den Glomerula 10

Prinzip der Fluoreszenz Y l=488 nm Laser (Anregung) Fluorochrom l=530 nm Antikörper Photodetektor + angeschlossenes Emission Analysesystem (PC) Häufig verwendete Fluorochrome Anregung (nm) Abstrahlung (nm) Markierungstechniken Y Direkt: Indirekt: Fluorochrom 1 Fluorochrom 1 Antikörper 2 (z.b. Ziege-anti-Maus) Antigen 1 Antikörper 1 (Maus-anti-human) Fluorochrom 2 Antigen 1 Antikörper 1 (Maus-anti-human) Antigen 2 Antikörper 2 (Maus-anti-human) 11

Detektion und Analyse Y Fluoreszenzmikroskopische Analyse Lichtquelle: Laser, Quecksilberdampflampe Anregungslicht Abgestrahltes Licht Vorteile: Fluoreszenz und Morphologie (qualitativ!) 10 Jahre altes Mädchen, seit 6 Monaten Bronchitiden, die unter Antibiose nicht besser werden. Hauptsymptome: nicht produktiver, hartnäckiger Husten, Atembeschwerden bei geringer körperlicher Belastung ( keucht wie ein Hund ). Bei den Attacken erhöhte Temperatur; in vier Monaten 4 kg abgenommen. Haustiere: Hund und Hamster; Schimmel an der Wand im Kinderzimmer. Vorgeschichte 12

Befund Mäßig krank wirkendes Mädchen, Tachypnoe, keine Zyanose. Auskultation: unauffällig; internistischer Status unauffällig. Besserung der Symptomatik nach Umgebungswechsel. Restriktive Ventilationsstörung in der Spirometrie Paraklinik Säure-Basenhaushalt nach Belastung ph 7,41 (7,32-7,45) pco 2 4,03 (4,3 5,7) po 2 8,31 (9,5 13,9) Blutbild: Hb, HK unauffällig, Leukos mit 8.900 /fl normal, Diff: unauffällig Weitere Befunde: CRP < 10 mg/l (< 10 mg/l) BSG 28/49 Urinstatus unauffällig Serologische Diagnostik (Chlamydien-, Legionellentiter etc. negativ) 13

Achtung! Ein unauffälliger Rö-Befund schließt eine Alveolitis nicht aus. Antikörperreaktionen gegen verschiedene rekombinante Aspergillus fumigatus Allergene Crameri,R. Int.Arch.Allergy Immunol.. (1998), 115:99-114 14

Exogen Allergische Alveolitis (z.b. Vogelzüchterlunge) Im Lungenparenchym sammeln sich Immunkomplexe mit z.b. Vogelantigenen und IgG-Antikörpern. Diese lösen eine lokale Entzündungsreaktion aus, welche zu pathologischen Veränderung der Alveolen führt. Diese kann reversibel sein, aber auch in einer irreversiblen Fibrose enden. Präzipitations- (Heidelberger-) kurve Äquivalenz Antikörperüberschuss Antigenüberschuss 15

Geldiffusion im Agarose-Gel (Ouchterlony-Test) Identität zwischen 1 & 5 1 AG-1 Präzipitationslinie im Gel 5 AG-5 AK 2 AG-2 Partielle Identität zwischen 3 & 4 4 AG-4 AG-3 3 Keine Identität zwischen 2 & 3 und 4 & 5 Patientenserum Verdünnungsreihe Tauben-Serum Tauben-Kot 16

Therapie Allergenkarenz: Umgebungswechsel, häusliche Sanierung, Expositionsprophylaxe Symptomatisch Systemische Gabe von Kortikosteroiden (Methylprednisolon [Metypred 16: 3-5 mg/kg] mindestens 6 Wochen, dann Beendigung über Dosisreduktion) Sekretolyse; gegebenenfalls Sauerstoffgabe Prognose Bei rechtzeitiger Therapie gut Immunsuppression mit Kortikosteroiden Bochum 08.6.2011 www.ruhr-uni-bochum.de/homeexpneu 17

Prednisolon OH CH 3 CH 2OH O OH Wirkung der Steroide über den intrazellulären Steroidrezeptor CH 3 O Steroidrezeptor Hsp90 Cytoplasma Gen Zellkern Regulatorische Gensequenz Kortikosteroidtherapie Wirkung auf IL-1, TNF-a, GM-CSF, IL-3, IL-4, IL-5, IL-8 Stickoxide Phospholipase A2 Cyclooxygenase Typ 2 Adhäsionsmoleküle Endonukleasen Physiologische Effekte Entzündung Entzündung Prostaglandine Leukotriene Leukozytenwanderung Apoptose bei Lymp./Eos. 18

Kernfragen beantwortet? Anteil des Immunsystems an Ätiologie und Pathophysiologie der jeweiligen Erkrankung Bedeutung des Immunsystems für Verlauf und mögliche Chronifizierung Immuntherapeutische Möglichkeiten Ja! Komplexbildung Nein! Ja! Kortikosteroide 19