6. Aktive Filter Filterschaltungen sind Schaltungen mit einer frequenzabhängigen Übertragungsfunktion. Man unterscheidet zwischen Tief, Hoch und Bandpässen sowie Sperrfiltern. Diesen Filtern ist gemeinsam, daß ihre Übertragungsfunktion in Sperr und Durchlaßbereiche unterteilt ist. Als Grenze zwischen Sperr und Durchlaßbereich gibt man die Grenzfrequenz an. Die Grenzfrequenz ist die Frequenz, bei der der Betrag der Übertragungsfunktion um db (Faktor / ) gegenüber der Durchlaßamplitude abgefallen ist. Die frequenzabhängige Abschwächung des Signales im Sperrbereich hängt von der Ordnung 4 des Filters ab. Je höher die Ordnung ist, desto steiler ist der frequenzabhängige Abfall. Ebenfalls zu den Filtern gehören die Allpässe 5. Sie verändern die Signalamplitude nicht, drehen aber die Phase des Signals in Abhängigkeit von der Frequenz. Sperrfilter und Allpässe werden in diesem Abschnitt nicht näher behandelt. Man unterscheidet ferner zwischen aktiven und passiven Filtern. Aktive Filter sind Filter, die aktive Bauelemente enthalten. Die aktiven Bauelemente werden dabei als Impedanzwandler eingesetzt, so daß Filter höherer Ordnung aus rückwirkungsfreien, in Kette geschalteten Filtern. Ordnung zusammengesetzt werden können. Dies vereinfacht den Entwurf und die meßtechnische Prüfung der Filter gegenüber passiven Filtern. Des weiteren kann durch den Einsatz aktiver Bauelemente auf Induktivitäten verzichtet werden. Aktive Filter enthalten in der Regel als frequenzbestimmende Bauelemente nur Widerstände und Kondensatoren. Passive Filter sind aus Widerständen, Kondensatoren und Induktivitäten zusammengesetzt. Sie enthalten keine aktiven Bauelemente. Aktive Filter: active filters Tiefpassfilter: lowpass filter Hochpassfilter: highpass filter Bandpassfilter: bandpass filter Sperrfilter: bandstop filter Grenzfrequenz: critical frequency, db point 4 Ordnung: order 5 Allpass: allpass filter Seite 6.
6. Theorie der Tiefpässe Die Übertragungsfunktion eines Tiefpasses sei anhand eines LRCTiefpasses. Ordnung (siehe Abb. 6.a) erläutert: Abbildung 6.: LRCTiefpaß. Ordnung a) Schaltung, b) Frequenzgang u a j C u F j e j L R j C j RC j LC Für kleine Werte von ist der Betrag der Funktion F(j ) näherungsweise Eins. Für großewerte von ist der quadratische Term im Nenner maßgebend: Der Betrag von F(j ) fällt mit 40 db/dekade ab. Im Bereich der Eigenfrequenz bestimmt die Dämpfung den Übergang vom Durchlaßbereich zum Sperrbereich. Bei geringer Dämpfung entsteht eine Resonanzüberhöhung, bei großer Dämpfung fällt der Betrag von F(j ) bereits deutlich vor der Eigenfrequenz ab. Auf die Bereiche sehr großer und kleiner hat die Dämpfung praktisch keinen Einfluß (Abbildung 6.b). Normierung: Man ersetzt j durch die komplexe Frequenz s und normiert diese auf die Grenzfrequenz g mit s= g S. So ergibt sich: und F s RC s LC s mit j s mit S s g RC S g LC S g Ersetzt man die Koeffizienten von S durch allgemeine reelle Koeffizienten a und b, so erhält man eine von der konkreten Schaltung unabhängige, allgemeine Funktion eines Tiefpasses. Ordnung: a S b S Seite 6.
Einen Tiefpaß höherer Ordnung, d. h. ein Tiefpaß mit steilerem Abfall oberhalb der Grenzfrequenz, realisiert man durch die Kettenschaltung mehrerer rückwirkungsfreier Tiefpässe. und. Ordnung. Die allgemeine Übertragungsfunktion eines Tiefpasses nter Ordnung lautet dann: F 0 a S b S a S b S a n S b n S (F 0 : Gleichspannungsverstärkung) Der Tiefpaß. Ordnung ist der Grundbaustein, aus dem aktive Tiefpaßschaltungen höherer Ordnung zusammengesetzt werden. Einen steileren Abfall oberhalb der Grenzfrequenz erhält man, wenn man mehrere Tiefpässe. und. Ordnung in Kette schaltet. Tiefpässe. Ordnung können hierbei als Sonderfall des Tiefpasses. Ordnung angesehen werden, bei dem der Koeffizient b gleich Null ist. Der Faktor F 0 im Zähler berücksichtigt eine frequenzunabhängige Verstärkung der Tiefpaßschaltung. Die höchste Potenz des Nennerpolynoms nennt man die Ordnung des Tiefpasses. Sie bestimmt den Abfall der allgemeinen TiefpassFunktion oberhalb der Grenzfrequenz. Je Ordnung ergibt sich ein Abfall von 0 db/dekade. Die Nullstellen des Nennerpolynoms nennt man die Pole der Funktion F(S). Sie können reell oder konjugiert komplex sein, je nachdem, welchenwert die Koeffizienten a i und b i haben. Konjugiert komplexe Nullstellen bewirken eine Resonanzüberhöhung im Übergang zwischen Sperr und Durchlaßbereich. Die Anzahl der Pole ist gleich der Ordnung des Filters. Den Übergang zwischen Durchlaß und Sperrbereich bestimmen die Koeffizienten a i und b i. Funktionen mit konjugiert komplexen Polen besitzen eine höhere Grenzfrequenz gegenüber Funktionen mit reellen Polen (siehe Abb. 6.) und bewirken damit einen steileren Übergang vom Durchlaßbereich zum Sperrbereich. Technische Filter werden aus diesem Grund praktisch ausnahmslos mit konjugiert komplexen Polen ausgeführt. Abbildung 6.: Frequenzgang eines Tiefpasses. Ordnung mit konjugiert komplexen und reellen Polen Seite 6.
Man unterscheidet verschiedene Filtercharakteristiken, je nach Wahl der Koeffizienten a i und b i (siehe Abb. 6.): Butterworth (Potenzfilter): Der Amplitudengang der Funktion F(S) verläuft fast bis zur Grenzfrequenz maximal glatt auf F 0. Bessel: Das Filter hat unterhalb der Grenzfrequenz ein optimales Rechteck Übertragungsverhalten. Tschebyscheff: Der Amplitudengang hat im Durchlaßbereich eine definierte Welligkeit (Resonanzüberhöhung). Dadurch wird der Abfall oberhalb der Grenzfrequenz besonders steil. Kritische Dämpfung: Filter mit reellen Polen. Alle Pole haben den gleichenwert. Das Filter hat keinerlei Resonanzüberhöhung. Abbildung 6.: Tiefpässe 4. Ordnung im Vergleich. Tschebyscheff,. Bessel,. Butterworth, 4. Filter mit kritischer Dämpfung Filter gleicher Ordnung und gleicher Grenzfrequenz, aber mit verschiedenen Charakteristiken unterscheiden sich nur durch ihre Koeffizienten a i und b i. Das bedeutet, daß Filter unterschiedlicher Charakteristik sich durch gleiche Schaltungen mit unterschiedlicher Dimensionierung der Bauelemente realisieren lassen. Die Koeffizienten für verschiedene Filtercharakteristiken sind in den Tabellen 6. bis 6.4 bis zur 6. Ordnung wiedergegeben, die Amplitudengänge der entsprechenden Übertragungsfunktionen in den Abbildungen 6.4 bis 8.7. Die fünfte und sechste Tabellenspalte geben die normierte Grenzfrequenz der Einzelfilter und deren Güte wieder. Diese Angaben dienen zur meßtechnischen Kontrolle der Einzelfilter. Seite 6. 4
Butterworth: Ordnung n i a i b i f gi /f g Q i,44 0,700 4 5 6,8478 0,7654,680 0,680,99,44 0,576,000,7 0,79,90 0,8590,4480 0,6760,4790 Tabelle 6.: Koeffizienten zum ButterworthFilter,00 0,54, 0,6,6 0,5 0,7,9 Abbildung 6.4: ButterworthTiefpässe. bis 6. Ordnung Seite 6. 5
Bessel: Ordnung n i a i b i f gi /f g Q i,67 0,680 0,5800 4 5 6 0,7560 0,9996,97 0,774 0,6656,40 0,66,7 0,9686 0,5 0,477 0,4889 0,890 0,48 0,45 0,887 0,505 0,756,,44 0,978,797,50,84,8,06,4,447 Tabelle 6.: Koeffizienten zum BesselFilter 0,69 0,5 0,8 0,56 0,9 0,5 0,6,0 Abbildung 6.5: BesselTiefpässe. bis 6. Ordnung Seite 6. 6
Tschebyscheff mit 0,5 db Welligkeit: Ordnung n i a i b i f gi /f g Q i,64,87 0,8600 4 5 6,866 0,640,68 0,648,95,05 0,90,8645 0,758 0,589,9,44,509,54,08 6,9797,857,07 0,57,5 0,58,49 0,4 0,88,480 0,66,078,495,7 0,7,94,8 4,54 0,68,8 6,5 Tabelle 6.: Koeffizienten zum Tschebyscheff mit 0,5 db WelligkeitFilter Abbildung 6.6: TschebyscheffTiefpässe. bis 6. Ordnung mit 0.5 db Welligkeit Seite 6. 7
Tschebyscheff mit db Welligkeit: Ordnung n i a i b i f gi /f g Q i,0650,905,0 4 5 6,496 0,559,85 0,964 5,64 0,760 0,7,7 0,4077 0,085,9 5,59,009,650,0686,677,987,086 0,99,96 0,557,40 0,78 0,97,500 0,79,086,489,07,08 5,58,4 8,8,04,46,78 Tabelle 6.4: Koeffizienten zum Tschebyscheff mit db WelligkeitFilter Abbildung 6.7: TschebyscheffTiefpässe. bis 6. Ordnung mit db Welligkeit Seite 6. 8
6. Berechnung von Tiefpässen Die Berechnung eines Tiefpasses verläuft in folgenden Schritten:. Wahl des Filtertyps, der Grenzfrequenz und der Ordnung.. Wahl einer Filterschaltung (siehe auch Kap 6.).. Berechnung der Übertragungsfunktion F(s) und Normierung mit S = s/ g. 4. Umformung der normierten Übertragungsfunktion anhand der allgemeinen Gleichung (Seite 6.). 5. Bestimmung der Bauteilwerte mittels Koeffizientenvergleich mit den Koeffizienten a i und b i (hierdurch wird die Zahl der Gleichungen kleiner als die Zahl der Variablen, so daß einige Bauteile frei wählbar sind). 6. Sollten für einige Bauteile ungünstigewerte herauskommen, können diewerte umgerechnet werden, ohne die gesamte Berechnung neu durchzuführen: Eine Änderung von C in C' ändert R und L in: R R C C und L L C C Eine Änderung von R in R' ändert C und L in: C C R R und L L R R Eine Änderung von L in L' ändert R und C in: C C L L und R R L L Die fünfte und sechste Tabellenspalte f gi / f g und Q i sind eine Hilfe, um die Einzelfilter. oder. Ordnung meßtechnisch zu überprüfen. BEISPIEL: Berechnung eines TschebyscheffTiefpaß mit dbwelligkeit. Ordnung für die Grenzfrequenz f g = 0kHz. Zur Realisierung wurde die Schaltung nach Abbildung 6.8 ausgewählt. Abbildung 6.7: Tiefpass. Ordnung Die Übertragungsfunktion der Schaltung lautet: mit S=s/ g : F s R C s R C s L C s g R C S g R C S g L C S a a b Seite 6. 9
Aus der Tabelle 6.4 werden wird entnommen: a =,496, b =, a =0,559, b =,9 C und C werden vorab gewählt: C =0nF und C =0nF. Daraus folgt für R, R und L : R a, 498 5, 4k g C 0kHz 0nF R a 0, 559 g C 0kHz 0nF 567 L b, 9 g C 0kHz 0nF 0mH 6. Tiefpassschaltungen Nichtinvertierender Tiefpass. Ordnung: Abbildung 6.8: Nichtinvertierender Tiefpaß. Ordnung a) mit Operationsverstärker und b) mit Emitterfolger als Impedanzwandler Invertierender Tiefpass. Ordnung: F 0 as R /R g R C S a Abbildung 6.9: Invertierender Tiefpaß. Ordnung F 0 as R /R g R C S Seite 6. 0 a
Invertierender Tiefpass. Ordnung: Abbildung 6.0: Invertierender Tiefpaß. Ordnung F 0 a S b S R /R g C R R R R /R S+ g C C R R S Man wählt C und C vorab. Dann wird: a b R ac a C 4bC C F 0 g C C ; R R F 0 ; R b g C C R Damit sich ein reeller Wert für R ergibt, muss gelten: C C 4b F 0 a Nichtinvertierender Tiefpass. Ordnung: Abbildung 6.: Nichtinvertierender Tiefpaß. Ordnung a) mit Operationsverstärker und b) mit Emitterfolger als Impedanzwandler F 0 a S b S g C R R S+ g C C R R S Man wählt C und C vorab. Dann wird: a b R, R ac a C 4bC C g C C Damit sich reelle Werte für R und R ergeben, muss gelten: C C 4b a Seite 6.